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Urteil im Volltext - Ja-Aktuell

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5 St RR 246/09<br />

07.09.2009<br />

OBERLANDESGERICHT MÜNCHEN<br />

BESCHLUSS<br />

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das <strong>Urteil</strong> des Landgerichts Augsburg vom<br />

25. März 2009 aufgehoben. Der Angeklagte wird freigesprochen.<br />

II. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der<br />

Staatskasse zur Last.<br />

Gründe:<br />

Das Amtsgericht hat den Angeklagten wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von vier<br />

Monaten verurteilt. Seine Berufung hat das Landgericht mit der Maßgabe verworfen, dass er<br />

zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen verurteilt wird. Die Revision des Angeklagten hat<br />

mit der Sachrüge Erfolg.<br />

1. Nach den Feststellungen des Landgerichts bot der Angeklagte, ein Scherenschleifer, der<br />

ehemaligen Schneiderin K. am 8.11.2007 seine Dienste an. Die Geschädigte K. ließ seit 35<br />

<strong>Ja</strong>hren Messer und Scheren von einer Scherenschleiferin schleifen und hatte deshalb eine<br />

„gewisse Vorstellung, was das Schleifen normalerweise kosten würde“. Ihre Frage, ob er der<br />

Nachfolger ihrer Scherenschleiferin sei, bejahte der Angeklagte. Sie übergab ihm vier Scheren<br />

und acht Messer zum Schleifen, ohne dass ein Preis für die durchzuführenden Arbeiten<br />

vereinbart wurde. Als der Angeklagte die Aktenzeichen: 5 St RR 246/09 geschliffenen Messer<br />

und Scheren zurückbrachte, verlangte er € 225. Er erhielt zunächst € 90 in bar, da die<br />

Geschädigte und ihr Lebensgefährte nicht über mehr Bargeld verfügten. Den Restbetrag sollte<br />

der Angeklagte vereinbarungsgemäß am nächsten Tag erhalten. Nachdem den beiden<br />

Geschädigten der Preis deutlich überhöht erschien, erkundigten sie sich bei ihrer früheren<br />

Scherenschleiferin und erhielten die Auskunft, es seien lediglich etwa € 50 angemessen. Eine<br />

weitere Zahlung erfolgte nicht. Auf eine polizeiliche Anfrage erteilte ein Messerschleifbetrieb<br />

die Auskunft, für die geleisteten Arbeiten sei ein Honorar von € 50 bis € 60 angemessen.<br />

2. Die Auffassung des Landgerichts, der Angeklagte habe mit dem Verlangen nach einer<br />

überhöhten Vergütung einen Betrug begangen, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.<br />

a. Die Annahme eines Betrugs durch Abschluss eines Vertrages (Eingehungsbetrug) scheidet<br />

aus, da der Angeklagte durch sein Angebot, die ihm übergebenen Messer und Scheren zu


schleifen, keine Täuschungshandlung begangen hat. Seine Erklärung hatte nur den Inhalt,<br />

dass er Scheren und Messer gegen Entgelt schleifen würde. Dieses Angebot hat die<br />

Geschädigte durch Übergabe der Werkzeuge angenommen und dadurch mit dem Angeklagten<br />

einen Werkvertrag (§ 631 BGB) abgeschlossen. Dem steht nicht entgegen, dass bei<br />

Vertragsabschluss nicht über die Höhe der Vergütung gesprochen worden ist. Nach § 632<br />

Abs. 1 BGB gilt die Zahlung einer Vergütung für die Werkleistung als stillschweigend<br />

vereinbart, wenn die Herstellung des Werks den Umständen nach nur gegen eine Vergütung<br />

zu erwarten ist. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, so dass dem Angeklagten ein<br />

Vergütungsanspruch zustand, dessen Höhe § 632 Abs. 2 BGB festlegt. Nach dieser Vorschrift<br />

ist, wenn die Höhe der Vergütung nicht best<strong>im</strong>mt ist, bei dem Bestehen einer Taxe die<br />

taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart<br />

anzusehen. Eine taxmäßige Vergütung setzt voraus, dass die werkvertraglich geschuldete<br />

Vergütung in einer Vergütungsordnung bzw. Gebührenordnung festgesetzt ist, die eine<br />

hoheitliche Preisfestsetzung enthält und die nicht ohnehin zwingend gilt (sog.<br />

Dispositivtaxen), also z.B. die Gebührenordnungen für Rechtsanwälte, Ärzte, Zahnärzte,<br />

Architekten, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer (Busche in MünchKomm-<br />

BGB 5. Aufl. 2009 § 632 Rdn. 21). Da es für Schleifleistungen keine Taxe und damit auch<br />

keine taxmäßige Vergütung gibt, ist die übliche Vergütung <strong>im</strong> Sinne von § 632 Abs. 2 BGB<br />

als vereinbart anzusehen, also die Vergütung, die zur Zeit des Vertragsschlusses nach<br />

allgemeiner Auffassung der beteiligten Kreise am Ort der Werkleistung gewährt zu werden<br />

pflegt (Sprau in Palandt BGB 68. Aufl. Rdn. 15 m.w.N.). Vergleichsmaßstab sind Leistungen<br />

gleicher Art, gleicher Güte und gleichen Umfangs. Die Anerkennung der Üblichkeit setzt<br />

gleiche Verhältnisse in zahlreichen Einzelfällen voraus (vgl. BGHZ 43, 154, 159 ). Die<br />

übliche Vergütung bewegt sich regelmäßig innerhalb einer best<strong>im</strong>mten Bandbreite. Diese ist<br />

vorliegend bei etwa € 50 bis € 60 anzusetzen, so dass in dieser Höhe ein Vergütungsanspruch<br />

des Angeklagten bestand.<br />

b. Nach den <strong>Urteil</strong>sfeststellungen hat der Angeklagte die Werkleistung ordnungsgemäß<br />

erbracht, so dass ihm ein Vergütungsanspruch nach Maßgabe des § 632 Abs. 2 BGB zusteht.<br />

Die in der Übergabe der Werkleistung liegende konkludente Erklärung, dass die vereinbarten<br />

Leistungen mängelfrei erbracht worden sind, ist nach den <strong>Urteil</strong>sfeststellungen zutreffend und<br />

daher keine Vorspiegelung einer falschen Tatsache. Ein Erfüllungsbetrug liegt insoweit daher<br />

nicht vor.<br />

c. Die den gesetzlichen Vergütungsanspruch übersteigende Forderung des Angeklagten nach<br />

Zahlung einer Vergütung in Höhe von € 225 enthält keine ausdrückliche Täuschung, denn<br />

seine Erklärung hat nur den Inhalt, dass er für die durchgeführten Leistungen (nun) € 225<br />

verlange.<br />

Der Angeklagte hat mit dieser Forderung allerdings auch nicht konkludent vorgespiegelt, dass<br />

ihm tatsächlich ein Vergütungsanspruch in Höhe von € 225 zusteht.<br />

Behauptungen über Rechte können dann Gegenstand einer Täuschungshandlung sein, soweit<br />

sie zugleich inzident Tatsachenbehauptungen enthalten ( BGHSt 46, 196, 198; Fischer,<br />

StGB 56. Aufl. § 263 Rdn. 8b m.w.N.). Die bloße (unzutreffende) Behauptung eines<br />

Vergütungsanspruches wäre deshalb allein nicht geeignet, eine Täuschungshandlung <strong>im</strong> Sinne<br />

des § 263 StGB zu begründen ( BGHSt 46, 196, 198 ). Insoweit käme allenfalls in Betracht,<br />

dem Zahlungsverlangen einen zusätzlichen tatsächlichen Aussagegehalt dergestalt beizulegen,<br />

dass die begehrte Summe auch die übliche Vergütung <strong>im</strong> Sinne des § 632 Abs. 2 BGB ist,<br />

also die vom Angeklagten erbrachte Leistung überall nur zum selben Preis zu erhalten ist und


daher den Marktgegebenheiten entspricht. Einen solchen Erklärungswert vermag der Senat<br />

dem Zahlungsverlangen allerdings nicht beizumessen.<br />

Der Erklärungswert eines Verhaltens ergibt sich nicht nur aus demjenigen, was ausdrücklich<br />

zum Gegenstand der Kommunikation gemacht wird, sondern auch aus den Gesamtumständen<br />

der konkreten Situation ( BGHSt 51, 165, 170 ). Dieser unausgesprochene<br />

Kommunikationsinhalt wird wesentlich durch den dem Erklärenden bekannten<br />

Empfängerhorizont und damit durch die ersichtlichen Erwartungen der Beteiligten best<strong>im</strong>mt<br />

(Fischer aaO § 263 Rn. 12), die wiederum durch die Anschauungen der jeweiligen<br />

Verkehrskreise und die in der konkreten Situation relevanten rechtlichen Normen geprägt<br />

werden ( BGHSt 51, 165, 170 m.w.N.). So erwartet der Verkehr vor allem dann eine<br />

wahrheitsgemäße Darstellung der Tatsachengrundlage <strong>im</strong> Zusammenhang mit der<br />

Geltendmachung eines zivilrechtlichen Anspruchs, soweit die Tatsachen wesentlich für die<br />

Beurteilung des Anspruchs sind und der Adressat sie aus seiner Situation nicht ohne weiteres<br />

überprüfen kann (BGH 5. Strafsenat , Beschluss vom 9. Juni 2009, 5 StR 394/08, Rn. 16, zit.<br />

ü. juris). Auch die für den streitgegenständlichen Geschäftstyp charakteristische Pflichtenund<br />

Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien ist bei der Ermittlung des<br />

Erklärungswerts zu berücksichtigen ( BGHSt 51, 165, 170; BGHSt 46, 196, 199 ).<br />

Das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen oder auch das Fordern<br />

eines überhöhten Verkaufs- bzw. zu niedrigen Ankaufspreises be<strong>im</strong> Ankauf oder Verkauf von<br />

Wirtschaftsgütern enthält grundsätzlich nicht zugleich auch die Behauptung der<br />

Angemessenheit oder Üblichkeit. Vereinbarungen über den Austausch von Gütern und<br />

Leistungen, insbesondere auch die Preisgestaltung, unterliegen der Vertragsfreiheit (vgl. BGH<br />

NJW 1990, 2005f; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503, NStZ 2003, 554f und NJW 1966, 990;<br />

Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 16d, 17c; Lackner/Kühl,<br />

StGB 25. Aufl. § 263 Rn. 10; Jecht, GA 1963, 41, 43f – jeweils m.w.N.).<br />

Ausnahmen wurden von der Rechtsprechung in den Fällen anerkannt, in denen für eine<br />

Leistung ein best<strong>im</strong>mtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist, der Leistungsempfänger<br />

die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem amtlich festgesetzten<br />

Betrag überprüfen kann und der Fordernde die mangelnde Sachkunde sowie das ihm<br />

entgegengebrachte Vertrauen des Vertragspartners zur Erzielung eines überhöhten Entgelts<br />

ausnutzt ( BGH NJW 1990, 2005, 2006). Als weitere Ausnahmen wurden die Fälle<br />

herangezogen, in denen der Wert der Ware bzw. der zu erbringenden Leistung tax- oder<br />

listenmäßig festgelegt ist, es an einer individuellen Preisvereinbarung fehlt und der<br />

Geschäftspartner nach allgemeinen Marktgepflogenheiten darauf vertrauen darf, dass sein<br />

Vertragspartner nur den listen-, tax- oder handelsüblichen Preis verlangen wird ( RGSt 42,<br />

147: Arzne<strong>im</strong>itteltaxen; OLG Stuttgart NStZ 1985, 503 und NJW 1966, 990; Hefendehl in<br />

MünchKomm-StGB 2006 § 263 Rn. 128).<br />

Der vorliegende Sachverhalt ist jedoch mit den genannten Ausnahmefällen nicht vergleichbar.<br />

Da der Grundsatz der Vertragsfreiheit und der freien Preisbildung nicht aufgehoben war und<br />

auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des<br />

Bestellers eine Strafbarkeit nicht gebietet (bzgl. § 632 Abs. 2 BGB – jedoch ohne Begründung<br />

– Cramer in Schönke/Schröder StGB 26. Aufl. § 263 Rn. 17c; Lackner in LK, 10. Aufl. § 263<br />

Rn. 46), enthält das Zahlungsverlangen des Angeklagten nicht zugleich auch eine konkludente<br />

Täuschung über die Angemessenheit der verlangten Vergütung.<br />

§ 632 Abs. 1 BGB dient der Ausfüllung von Vertragslücken und vermeidet die Rechtsfolgen<br />

des Dissenses (§ 154 BGB), indem er eine Einigung der Parteien über die Vergütung fingiert,


wie sie § 631 Abs. 1 BGB an sich voraussetzt (Busche aaO § 632 Rdn. 2). § 632 Abs. 2 BGB<br />

beinhaltet sodann eine Auslegungsregel zur Höhe der Vergütung, wenn sich dafür nichts aus<br />

der vertraglichen Vereinbarung (§ 631 Abs. 1 BGB) oder der Vergütungsfiktion (§ 632<br />

Abs. 1 BGB) entnehmen lässt.<br />

Sind die Parteien mit der Rechtslage, d.h. mit § 632 BGB, vertraut und kennen beide die Höhe<br />

der üblichen Vergütung, ist es ihnen dennoch <strong>im</strong> Rahmen der Vertragsfreiheit unbenommen,<br />

sich nach erbrachter Werkleistung auf eine höhere als die gesetzlich vorgesehene Vergütung<br />

zu einigen. Auch hier gilt der Grundsatz der freien Preisgestaltung. Das dem<br />

Vertragsabschluss nachfolgende Angebot auf Abänderung des Vertrages bezüglich der Höhe<br />

der Vergütung enthält hier nicht zugleich auch die Behauptung der Angemessenheit oder<br />

Üblichkeit.<br />

Geht der Besteller in Kenntnis des § 632 Abs. 2 BGB dagegen irrtümlich davon aus, die<br />

geforderte, tatsächlich aber überhöhte Vergütung sei die marktübliche, liegt dieser Irrtum in<br />

seinem Risikobereich. Ein Anfechtungsrecht steht ihm nicht zu, da es an einem<br />

Anfechtungsgrund fehlt. Weder war ein Irrtum über den Erklärungsinhalt (§ 119 Abs. 1 1.<br />

Fall BGB) noch in der Erklärungshandlung (§ 119 Abs. 1 2. Fall BGB) noch über eine<br />

verkehrswesentliche Eigenschaft der Sache (§ 119 Abs. 2 BGB) gegeben. Er unterlag<br />

lediglich einem <strong>im</strong> Rahmen des § 119 BGB unerheblichen Motivirrtum, weil sein Irrtum<br />

außerhalb der Erklärung liegende Tatsachen betraf. Ihm bleibt lediglich ein<br />

Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 1. Fall BGB).<br />

Sind die Parteien mit § 632 BGB nicht vertraut und gehen sie davon aus, dass erst noch eine<br />

Einigung über die Höhe der Vergütung zu erfolgen hat, steht es dem Besteller frei, dem<br />

vorleistungspflichtigen Werkunternehmer (§ 641 Abs. 1 Satz 1 BGB) die Zahlung in Höhe<br />

des Betrages zu verweigern, den er für nicht angemessen hält – so wie es hier auch geschehen<br />

ist – und sich, soweit der Unternehmer die Höhe des Vergütungsanspruchs für angemessen<br />

hält, auf die Zahlung des Restwerklohns verklagen zu lassen. In beiden Fällen steht es dem<br />

Besteller frei, die Forderung zu akzeptieren oder abzulehnen. Die Sachlage ist hier mit dem<br />

Verlangen nach einer überhöhten Vergütung vor Vertragsabschluss vergleichbar. Ein und<br />

dieselbe Erklärung des Werkunternehmers kann aber nicht einen unterschiedlichen<br />

Bedeutungsgehalt haben, je nachdem, ob sie vor oder nach Vertragsschluss erfolgt. Enthält<br />

das Verlangen nach einer überhöhten Vergütung bei Werkleistungen nicht zugleich auch die<br />

Behauptung der Angemessenheit oder Üblichkeit, soweit es vor Vertragsschluss geäußert<br />

wird, kann die wortgleiche Erklärung nach Vertragsschluss, ohne Hinzutreten weiterer<br />

Umstände, nicht plötzlich eine Täuschung sein, obwohl die Marktverhältnisse unverändert<br />

sind.<br />

Soweit sich die Besteller (um die Differenz zwischen der verlangten Vergütung des<br />

Angeklagten und dem üblichen Marktpreis) geschädigt fühlten, beruhte dies nicht auf einer<br />

vom Angeklagten bewirkten Fehlvorstellung bezüglich der erbrachten Leistung, sondern<br />

lediglich auf der Unkenntnis, dass nach Werkvertragsrecht die marktübliche Vergütung<br />

vereinbart war und auf der Unkenntnis, zu welchem Preis die Leistungen von anderen<br />

Scherenschleifern angeboten wurden.<br />

Auch die Pflichten- und Risikoverteilung sowie eine etwaige Schutzbedürftigkeit des<br />

Bestellers gebieten eine Strafbarkeit nicht. Es gehört in den Risikobereich des Leistenden,<br />

dass die Schuld besteht und die Leistung den Anspruch nicht übersteigt ( BGHSt 39, 392, 398<br />

). Die von der Rechtsprechung anerkannten Ausnahmen betreffen Fälle, in denen für eine<br />

Leistung ein best<strong>im</strong>mtes Entgelt öffentlich-rechtlich festgesetzt ist und der


Leistungsempfänger die Forderung nicht ohne weiteres auf ihre Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem<br />

amtlich festgesetzten Betrag überprüfen kann, weil ihm jegliche Sachkunde fehlt und er sich<br />

die notwendigen Informationen nicht ohne weiteres verschaffen kann.<br />

Für das Schleifen von Werkzeugen gibt es keinen festen, einheitlichen Marktpreis. Die<br />

Prüfung der Möglichkeit eines preisgünstigeren Geschäfts liegt in der Sphäre des Bestellers.<br />

Für die vom Angeklagten aufgesuchten Kunden bestand auch keine Notwendigkeit, sofort den<br />

geforderten Preis zu akzeptieren. Sie konnten vor oder während der Erbringung der<br />

Werkleistung Erkundigungen einziehen oder bei Abnahme des Werkes zunächst eine<br />

Teilzahlung erbringen und sich zwischenzeitlich unschwer vergewissern, zu welchem Preis<br />

die Leistungen von anderen Scherenschleifern angeboten wurden. Einem Kunden, der von<br />

diesen Möglichkeiten keinen Gebrauch macht, strafrechtlichen Schutz vor einer überhöhten<br />

Vergütungsforderung zu gewähren, ist nicht veranlasst.<br />

d. Den Angeklagten traf auch keine Verpflichtung, darüber aufzuklären, dass die von ihm<br />

verlangte Vergütung die übliche Vergütung deutlich überstieg.<br />

Gemäß § 13 Abs. 1 StGB ist Begehen durch Unterlassung nur dann strafbar, wenn den Täter<br />

eine Garantenstellung trifft (vgl. Fischer aaO § 13 Rdn. 6), er also rechtlich dafür einzustehen<br />

hat, dass der Erfolg nicht eintritt und wenn das Unterlassen der Verwirklichung des<br />

gesetzlichen Tatbestands durch ein Tun entspricht. Aus den getroffenen Feststellungen des<br />

Landgerichts lässt sich eine Offenbarungspflicht allerdings nicht entnehmen.<br />

Vorliegend kommt ohnehin lediglich die Verletzung von Aufklärungspflichten aus Vertrag<br />

bzw. aus Treu und Glauben nach § 242 BGB in Betracht (vgl. Fischer aaO § 263 Rdn. 25 –<br />

30; BGHSt 39, 392, 399f ). Eine strafrechtlich relevante Aufklärungspflicht in allgemeinen<br />

Vertragsverhältnissen mit gegenseitigen Leistungspflichten – wie vorliegend – setzt voraus,<br />

dass besondere Umstände, etwa ein besonderes Vertrauensverhältnis oder auf gegenseitigem<br />

Vertrauen beruhende Verbindungen vorliegen ( BGHSt 46, 196, 203; BGHSt 39, 392, 399 ).<br />

Daran fehlt es. Der Abschluss von Austauschverträgen begründet keine Offenbarungspflicht<br />

hinsichtlich solcher Umstände, die in die Risikosphäre des Vertragspartners fallen,<br />

insbesondere also die Preisgestaltung oder die Angemessenheit des Preises (vgl. Fischer aaO<br />

§ 263 Rdn. 28). Allein die Behauptung, der Nachfolger der Scherenschleiferin zu sein, genügt<br />

für die Begründung einer Aufklärungspflicht nicht.<br />

3. Da lediglich ein Mangel der rechtlichen Würdigung vorliegt und auszuschließen ist, dass<br />

hinsichtlich der bemängelten Täuschungshandlung weitergehende Feststellungen getroffen<br />

werden können, entscheidet der Senat in der Sache selbst.<br />

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 StPO.

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