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Trauerrede zum Gedenkgottesdienst für Hans Purin ... - ZV Vorarlberg

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<strong>Trauerrede</strong> <strong>zum</strong> <strong>Gedenkgottesdienst</strong> für <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong><br />

"Ich komme vom Handwerk. Ich habe Maurer gelernt, war aber auch in der Zimmerei tätig. Das bildet<br />

natürlich, hin zu einer handwerklichen Ordnung", so beschrieb <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> sein berufliches Fundament.<br />

Der 1933 geborene Sohn eines Kunsterziehers studierte bei Roland Rainer an der Akademie der<br />

Bildenden Künste in Wien. Der Mitstudent Jakob Albrecht beschreibt ihn als einen der fleißigsten. Am<br />

Morgen meistens der erste, am Abend meistens der letzte in der Meisterklasse. Er war einer der<br />

wichtigsten Studenten, war bestens ausgerüstet und hat stets allen geholfen. Durch Exkursionen zu<br />

anonymen Architekturbeispielen im Burgenland, nach Holland und zur Weltausstellung nach Brüssel<br />

wurden wichtige Erfahrungen gesammelt. Die Fahrt 1958 nach Dänemark und die dortige Architektur<br />

waren prägend für die weitere Arbeit. Vor allem die Werke junger Kollegen ‐ neu entstandene<br />

Holzhäuser mit sichtbarer Konstruktion und Ausfachungen ‐ lösten Faszination und Begeisterung aus.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> setzte mit radikalen Projekten eindrucksvolle Zeichen <strong>zum</strong> Beginn seiner über fünf<br />

Jahrzehnte währenden Tätigkeit. Der bereits während seines Studiums begonnene Auftrag für den<br />

puristischen Umbau der Kirche des Zisterzienserklosters Mehrerau in Bregenz materialisierte auf<br />

zeitgenössische Weise die Ordensregel des Bernhard von Clairvaux. Der Umbau wurde <strong>zum</strong> international<br />

bedeutsamen Beispiel für modernen Kirchenbau und eine weltoffene Kirche.<br />

Die Hangsiedlung „Halde“, 1963 bei Bludenz errichtet, war eine beeindruckende Symbiose von<br />

Ökonomie und gestalterischer Klarheit. Die Reihenhausanlage ist ein Modell des gemeinschaftlichen,<br />

einfachen und ressourcenschonenden Bauens und Wohnens und gilt als Hauptwerk der frühen 60er‐<br />

Jahre. Sorgsamkeit im Umgang mit der Landschaft, Einfachheit und Leistbarkeit verbanden sich mit<br />

handwerklicher Präzision zu einer Vision der Moderne.<br />

Durch die beständige Suche nach dem Dahinter, nach dem Transzendentalen prägte er an<br />

entscheidenden Punkten die Entwicklung einer eigenständigen <strong>Vorarlberg</strong>er Baukultur und war lange<br />

Zeit beharrlicher Vorkämpfer für eine neue Handwerkskultur und das moderne Bauen im regionalen<br />

Kontext.<br />

Langjährige Kollegen charakterisieren ihn als eigentlichen Wegbereiter und als kritischen Mentor, als<br />

zentrale Figur der damaligen Szene, als Leitfigur für die junge Architektenschaft, die bis heute<br />

Philosophie und Stil der <strong>Vorarlberg</strong>er Architektur prägt. In seiner architektonischen Position war er<br />

radikal, genau, präzise und zuverlässig. Er war geradlinig, institutionskritisch und kämpferisch, in<br />

praktischer Selbsthingabe kämpfte er für die Freiheit der Kunst im Widerstand gegen Kammer,<br />

Behörden, Krankenkassen und Pensionsversicherungen. Als scharfer Kritiker war er eher gefürchtet, er<br />

brachte frischen Wind ins muffige Klima der damaligen Amtsstuben. Baueingaben wurden <strong>zum</strong> Teil bis<br />

<strong>zum</strong> Verwaltungsgerichtshof durchgekämpft.<br />

Innerhalb der Kollegenschaft jedoch war <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> sehr geschätzt, er galt als der geistig lebendigste,<br />

der engagierteste, mit sehr hohem Berufsethos und großem Sendungsbewusstsein, unglaublich korrekt<br />

und bescheiden, und konsequenter Anwalt seiner Auftraggeber. Er verkörperte, wie kein anderer, die<br />

wichtige Eigenschaft des Architekten als nicht käufliche, immer hinterfragende Instanz.<br />

Damit Absolventen sofort nach dem Studium mit dem Arbeiten beginnen konnten, war er vielen<br />

Studienabgängern gegenüber unglaublich hilfsbereit. Die Praxis in Architekturbüros war für ihn der Tod<br />

der Architektur.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> war kein Teamplayer, er war immer Einzelgänger in seiner Arbeit, er war ein Pionier des<br />

<strong>Vorarlberg</strong>er Holzbaus und ging mit dem Baustoff Holz neue Wege. Im Laufe seiner Schaffenszeit<br />

entwickelte er eine eher traditionelle Ausrichtung, die er mit technischen Details und seinem


autechnischen Verständnis begründete, seine Häuser befinden sich bautechnisch in einem unglaublich<br />

guten Zustand. Schlampige Ausführungen charakterisierte er wörtlich mit der Aussage: so a Glump.<br />

Alles was nicht notwendig ist, ist falsch. Bauen ist eigentlich angewandte Logik, gute Architektur<br />

entsteht nur, wenn alle Teile ihren Sinn haben, Design war ihm ein Greul. Ebenso war er eigentlich ein<br />

Architekt, der dadurch vieles, was heute unter Nachhaltigkeit verstanden wird schon lange gemacht hat.<br />

Reduktion auf das Wesentliche, Dauerhaftigkeit standen im Vordergrund. Einmal hat er auf einer<br />

Exkursion den Spruch getätigt, als ein überdesigntes Gebäude mit einer Unzahl an Materialien besichtigt<br />

wurde: die Details hier würden mir ausreichen für mein ganzes Architektenleben. <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> galt als<br />

interessierter Diskussionspartner und lebendiger und humorvoller Erzähler.<br />

Legendäre Exkursionen, bei welchen man sich gegenseitig Projekte gezeigt hat, eine Art fliegendes<br />

Klassenzimmer, Lernen durch gegenseitiges Zeigen von Plänen und Projekten und schonungslose Kritik,<br />

diese alternative und kollektive Lernform, woraus eine gemeinsame Linie entstehen konnte, benannte<br />

Fritz Achleitner als <strong>Vorarlberg</strong>er Bauschule, <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> gilt als einer ihrer Gründerväter.<br />

Der damalige Kammerstreit stimulierte ironischerweise noch die persönliche und konzeptionelle Szene.<br />

1991 wurde an die Gruppe der Baukünstler kollektiv der „Internationale Kunstpreis des Landes<br />

<strong>Vorarlberg</strong>“ vergeben. Es passt <strong>zum</strong> angesprochenen Berufsethos, dass <strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong>, dem der Preis<br />

zunächst zugedacht war, diesen nur unter der Bedingung annahm, dass er die ganze Gruppe der<br />

Baukünstler miteinschloss. In der Folge wurde das Preisgeld für eine erste umfassende Dokumentation<br />

einer lebendigen Architekturszene gestiftet, deren in Folge vielbeachteten Aufstieg und mediales<br />

Aufleuchten er aufmerksam und kritisch verfolgte.<br />

Die architekturhistorische Aufarbeitung der <strong>Vorarlberg</strong>er Architekturentwicklung brachte ihm zuletzt die<br />

ihm gebührende Anerkennung, die er immer wieder für Aufrufe zur Konzentration auf eine inhaltliche<br />

und qualitätsvolle Arbeit in der Architektur nutzte.<br />

Gefragt, was er den jungen Kollegen in der heutigen Zeit raten würde, rief er mit Nachdruck: „Machen<br />

Sie ihre Arbeit so gut wie Sie können, nicht so schlecht, wie man es von Ihnen verlangt.“<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> war von Anfang der 80‐er bis Mitte der 90‐er Jahre Präsident der Zentralvereinigung der<br />

Architekten Österreich, Landesverband <strong>Vorarlberg</strong>, seit 2007 Ehrenmitglied.<br />

<strong>Hans</strong> <strong>Purin</strong> hinterlässt ein solides und umfangreiches Werk, dessen gedankliche und planerische Strenge<br />

gerade heute von großer Aktualität ist.<br />

Die <strong>ZV</strong>, das <strong>Vorarlberg</strong>er Architektur Institut und die gesamte Architektenschaft trauert um ein<br />

Ehrenmitglied, einen aufrechten Kollegen, einen der Gründerväter der <strong>Vorarlberg</strong>er Bauschule, ein<br />

großes Vorbild und um einen außerordentlich engagierten Verfechter der Baukultur.<br />

Lieber <strong>Hans</strong>, lebe wohl.<br />

10.6.2010 Andreas Cukrowicz, Präsident <strong>ZV</strong> <strong>Vorarlberg</strong><br />

Textinformationen stammen aus Gesprächen mit Jakob Albrecht, Roland Gnaiger, Walter Holzmüller und Hermann Kaufmann,<br />

teilweise Textauszüge von Robert Fabach. Vielen Dank für die Hilfe.

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