Probier's mal mit der Wirklichkeit - Kirche für morgen
Probier's mal mit der Wirklichkeit - Kirche für morgen
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Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Probier’s <strong>mal</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirklichkeit</strong>!<br />
… ganz schön provozierend<br />
– wie von <strong>Kirche</strong> <strong>für</strong> <strong>morgen</strong><br />
nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten<br />
– kommt einem <strong>der</strong> Zitronenfalter-Titel<br />
ins Haus geflattert.<br />
Als wenn wir nicht selbstverständlich<br />
in <strong>der</strong> <strong>Wirklichkeit</strong><br />
zuhause wären!<br />
Wem kommt dabei nicht<br />
zunächst <strong>der</strong> schöne Boogie<br />
von Balu, dem Bären aus dem Dschungelbuch, in den<br />
Sinn: „Probier’s <strong>mal</strong> <strong>mit</strong> Gemütlichkeit”. Gemütlichkeit<br />
statt <strong>Wirklichkeit</strong>? Aber <strong>der</strong> Maulwurf <strong>der</strong> Titelseite<br />
steht nicht <strong>für</strong> Gemütlichkeit, son<strong>der</strong>n <strong>für</strong> das<br />
mutige Auftauchen aus kirchlichen Katakomben, <strong>für</strong><br />
das Wahrnehmen einer <strong>Wirklichkeit</strong> jenseits <strong>der</strong> vertrauten<br />
unterirdischen Gänge. Indirekt stellt <strong>der</strong> Titel<br />
uns folgende Frage: Hat unsere <strong>Kirche</strong> sich nicht allzu<br />
sehr in einer bestimmten Nische gemütlich eingerichtet<br />
und verliert dadurch zunehmend Bedeutung <strong>für</strong><br />
heutige nichtkirchliche Menschen und ihre Lebenswirklichkeit<br />
in <strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne (siehe Artikel S. 3ff)?<br />
Nichts gegen Gemütlichkeit – gerade auch in <strong>der</strong><br />
<strong>Kirche</strong>. Aber wenn die Gemütlichkeit uns daran hin<strong>der</strong>t,<br />
<strong>für</strong> die heutige Welt von Bedeutung zu sein,<br />
dann wird sie zum Frömmigkeitsmief o<strong>der</strong> <strong>Kirche</strong>nmief,<br />
in dem man sich nur noch selber wohlfühlen<br />
kann, weil <strong>der</strong> frische Wind von draußen ausgesperrt<br />
wird. Mir fallen dabei zwei Spielarten dieses Miefs<br />
auf: Erstens die kirchliche Variante, die sich <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />
Kultur des Sonntag<strong>morgen</strong>gottesdienstes, ihrer Musik<br />
und ihrer klerikalen Sprache so wohl fühlt, dass man<br />
gar meint, das wäre das einzige, was theologisch zu<br />
verantworten wäre und zweitens die pietistisch-charismatische<br />
Variante: Dort hat man sich zuweilen in einer<br />
bestimmten Frömmigkeitsnische so eingerichtet, dass<br />
man den eigenen Glaubensstil gar zum Glaubenskriterium<br />
erhebt. Beide verlieren dabei die Möglichkeit,<br />
dem heutigen Volk auf’s Maul zu schauen und so erst<br />
ihre <strong>Wirklichkeit</strong> in den Blick zu bekommen.<br />
Jede(r) von uns – auch wir von <strong>Kirche</strong> <strong>für</strong> <strong>morgen</strong><br />
– haben solche Selbst-Immunisierungs-Tendenzen<br />
gegen die „raue” <strong>Wirklichkeit</strong> – und die gilt es immer<br />
wie<strong>der</strong> aufzubrechen, gerade auch in unseren <strong>Kirche</strong>ngemeinden,<br />
in Hauskreisen und an<strong>der</strong>en Gruppen.<br />
Uns allen wünsche ich ganz neu zu „Hinguckern”<br />
zu werden – wie es Axel Wiemer for<strong>der</strong>t (S. 8f) – um<br />
<strong>der</strong> Lebenswirklichkeit so ins Auge zu sehen, dass<br />
wir als <strong>Kirche</strong> in sie hinein das heilsame Wort, das<br />
„euangelion” zu sagen wissen und die heilsame Tat<br />
zu leben wagen. Dann hätte <strong>Kirche</strong> sogar die Kraft,<br />
nicht nur die <strong>Wirklichkeit</strong> wahrzunehmen son<strong>der</strong>n zu<br />
verän<strong>der</strong>n.<br />
Friedemann Stöffler<br />
Editorial und Inhaltsverzeichnis<br />
Heftthema:<br />
Probier’s <strong>mal</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirklichkeit</strong><br />
Editorial Seite 2<br />
Kann <strong>Kirche</strong> postmo<strong>der</strong>n<br />
werden? Seite 3<br />
Gottesdienste im<br />
Vergleichstest? Seite 6<br />
Ein echter Hingucker –<br />
Jesus sieht uns an Seite 8<br />
Wie an<strong>der</strong>e uns sehen … Seite 10<br />
mission audit –<br />
hinsehen, hinhören, fragen Seite 11<br />
Bausteine<br />
Zeichen setzen! Seite 13<br />
Ernüchterung bei Willow Creek?<br />
Seite 14<br />
Kommunikation als<br />
„Beziehungs-Schwarzbrot“ Seite 15<br />
Gemeindeporträt Miedelsbach<br />
„Come together!“<br />
Zweitgottesdienst im Doppelpack<br />
Seite 16<br />
Kfm intern<br />
Sieben Zitronen in Aktion:<br />
Sommersynode 08 Seite 18<br />
Impressum Seite 19<br />
Zu guter Letzt Seite 20<br />
Layouter/in <strong>für</strong> Zitronenfalter gesucht<br />
Wir suchen eine Person, die sich<br />
<strong>mit</strong> den Inhalten von <strong>Kirche</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>morgen</strong> identifiziert und sich vorstellen<br />
kann, künftig das Layout<br />
<strong>der</strong> Zeitschrift „Zitronenfalter“ zu<br />
gestalten.<br />
Ein Grundlayout ist vorhanden.<br />
Die durchschnittliche Arbeitszeit<br />
nach einer Einarbeitungsphase<br />
beträgt ca. 20 Stunden pro Ausgabe<br />
(drei Ausgaben im Jahr).<br />
Bisher haben wir <strong>mit</strong> dem Programm<br />
InDesign 2.0 gearbeitet.<br />
InDesign, Quark Express o<strong>der</strong><br />
das Freeware-Programm Scribus<br />
wären <strong>für</strong> das Layout möglich,<br />
evtl. auch weitere. Microsoft Publisher<br />
genügt den Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
nicht. Unser bisheriger Layouter<br />
Lutz Eisele ist gerne bereit, eine/n<br />
Nachfolger/in einzuarbeiten.<br />
Ende <strong>der</strong> 90er brachen wir <strong>mit</strong><br />
jungen Erwachsenen aus <strong>der</strong> Gemeindejugendarbeit<br />
zu einer Freizeit nach<br />
Mittelschweden auf. Mit dabei war<br />
Florian 1 , <strong>der</strong> einfach <strong>mit</strong> einer Gruppe<br />
Urlaub machen wollte, <strong>mit</strong> Religion<br />
und <strong>Kirche</strong> aber absolut nichts anzufangen<br />
wusste. Er passte <strong>mit</strong> seiner Art<br />
eigentlich gar nicht in unsere Gruppe<br />
hinein, war aber bei den Bibelgesprächen<br />
immer dabei. Und zu unserer<br />
Verwun<strong>der</strong>ung stellte er hartnäckige,<br />
ehrliche Fragen. Am meisten beeindruckte<br />
ihn, als wir <strong>mit</strong> ihm beteten<br />
und ihn segneten. Er fing irgendwie<br />
Feuer und blieb dabei. Durch Höhen<br />
und Tiefen – und von letzteren gab es<br />
viele – hielt er den Kontakt zu uns.<br />
Die Jugendgottesdienste, zu denen er<br />
kam, waren <strong>für</strong> ihn fremd. Aber er kam<br />
immer wie<strong>der</strong>. Er fragte nach, erzählte<br />
von seinen Problemen und wir beteten<br />
<strong>mit</strong>einan<strong>der</strong>. Heute, zehn Jahre<br />
später, staune ich: Florian hat seinen<br />
Weg <strong>mit</strong> Gott gefunden, trotz <strong>der</strong> Distanz<br />
<strong>der</strong> christlichen Kultur zu seiner<br />
Lebenswelt. Nach wie vor, wenn wir<br />
zusammenkommen, möchte er, dass<br />
wir gemeinsam beten und ich ihm die<br />
Hände auflege.<br />
Religiöser Pluralismus<br />
Es gibt heute viele wie Florian,<br />
<strong>der</strong>en Lebenshorizont <strong>mit</strong> dem spezifisch<br />
christlichen Weltbild kaum Berührungspunkte<br />
hat. Menschen, die<br />
keinen Glauben haben. Menschen,<br />
die nur wissen, dass es eben viele Religionen<br />
gibt – Muslime und Buddhisten<br />
leben heute ja <strong>mit</strong>ten unter uns.<br />
Welchen Glauben man wählt, so das<br />
Credo <strong>der</strong> meisten, sollte man den<br />
Leuten gefälligst selbst überlassen.<br />
In den letzten Jahren nimmt das<br />
gesellschaftliche Interesse an Religion<br />
deutlich wie<strong>der</strong> zu. Es nimmt<br />
aber an<strong>der</strong>e Formen an als früher,<br />
ist unübersichtlicher. Und spirituelle<br />
Neigungen sind heute oft weit entfernt<br />
vom christlichen Gedankengut.<br />
Die große Anzahl <strong>der</strong>er, die von den<br />
68ern geprägt sind, haben meist <strong>mit</strong><br />
<strong>der</strong> christlichen Tradition ihre handfesten<br />
Probleme.<br />
Ihren inzwischen groß gewordenen<br />
Kin<strong>der</strong>n ist das Christliche nicht<br />
selten völlig fremd geblieben. Was die<br />
Thema: Probier‘s <strong>mal</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> <strong>Wirklichkeit</strong><br />
Kann <strong>Kirche</strong> postmo<strong>der</strong>n werden?<br />
Der christliche Grundwasserspiegel unserer Gesellschaft sinkt beständig. Dieser<br />
Tatsache ins Auge zu sehen ist nicht leicht. Marc Stippich geht <strong>der</strong> Frage nach, ob<br />
sich auch in postmo<strong>der</strong>nen Strömungen Spuren <strong>der</strong> Gnade Gottes finden lassen.<br />
jüngere Generation über Religion und<br />
Glaube weiß, speist sich am ehesten<br />
aus den Medien – Zeitschriftenartikel,<br />
Filme, Comics, Blogs, Bücher. Viel gelesen<br />
wird Richard Dawkins’ „Gotteswahn“<br />
und Dan Browns „Sakrileg“.<br />
Wenn ein<strong>mal</strong> positiv über Religion<br />
gesprochen wird, dann nur unter <strong>der</strong><br />
Annahme, dass die verschiedensten<br />
– sprich alle Wege – irgendwie zu<br />
Gott führen.<br />
Abschied von <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne<br />
Subjektive<br />
Dan Kimball hat in seinem Buch<br />
„Emerging Church“ viel Bedenkenswertes<br />
zur gegenwärtigen Situation<br />
nie<strong>der</strong>geschrieben. Auch dazu, wie<br />
heute <strong>Kirche</strong> ganz neu entstehen<br />
könnte. 2<br />
Er meint, dass <strong>mit</strong> <strong>der</strong> kürzlich erwachsen<br />
gewordenen Generation die<br />
so genannte Postmo<strong>der</strong>ne im Mittelpunkt<br />
unserer westlichen Gesellschaften<br />
angekommen ist und die Mo<strong>der</strong>ne<br />
abgelöst hat. Die Mo<strong>der</strong>ne ist von<br />
Technik und Aufklärung geprägt und<br />
hat seit dem 16. Jahrhun<strong>der</strong>t mehr<br />
und mehr das traditionelle christlichreligiöse<br />
Weltbild abgelöst. In <strong>der</strong><br />
Mo<strong>der</strong>ne schuf man ein mythenfreies<br />
Weltbild aus Vernunft und Logik,<br />
das die Welt objektiv erklären sollte.<br />
Postmo<strong>der</strong>n betrachtet jedoch gibt es<br />
keine objektive Wahrheit mehr, nur<br />
unzählige subjektive Lebensentwürfe.<br />
Die Unübersichtlichkeit <strong>der</strong> Le-<br />
Lebensentwürfe<br />
statt<br />
objektiver<br />
Wahrheiten