,,Berufsbegleitende Arbeitsassistenz - Anspruch und Realität''
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Dokumentation<br />
des Workshops<br />
am 25. Oktober 2001<br />
in Saarbrücken.<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong><br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
Saarland<br />
Ministerium für Frauen, Arbeit,<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales<br />
- Der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenfragen<br />
Arbeitskammer des Saarlandes<br />
Der Landesbehindertenbeirat<br />
des Saarlandes
,,<strong>Berufsbegleitende</strong><br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
THEMA<br />
Einladung<br />
INHALT<br />
REFERENTEN<br />
Der Landesbeauftragte für Behindertenfragen<br />
des Saarlandes<br />
SEITE<br />
4<br />
Einführung<br />
Horst Backes<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
der Arbeitskammer<br />
des Saarlandes, Saarbrücken<br />
5<br />
Referate<br />
Karl Hermann Haack<br />
Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung für die Belange<br />
der Behinderten, Berlin<br />
6<br />
Referate<br />
Josef Hecken<br />
Staatssekretär im Ministerium für Frauen, Arbeit,<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales, Saarbrücken<br />
8<br />
3<br />
Referate<br />
Walter Pohl<br />
Mitglied im Vorstand der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />
der Integrationsämter <strong>und</strong><br />
Hauptfürsorgestellen, Darmstadt<br />
12<br />
Referate<br />
Dr. Corina Zolle<br />
Zentrum für selbstbestimmtes Leben<br />
behinderter Menschen, Mainz e.V.<br />
15<br />
Schlußwort<br />
Annette Pauli Geschäftsführerin der<br />
Landesarbeitsgemeinschaft ,,Hilfe für Behinderte”,<br />
Saarbrücken<br />
Pressematerial<br />
Infomaterial<br />
17<br />
18<br />
23
Wolfgang Gütlein<br />
Der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenfragen<br />
Einladung zum Workshop<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> - <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
am 25. Oktober 2001 in Saarbrücken.<br />
4<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
der Landesbeauftragte für Behindertenfragen, die<br />
Arbeitskammer des Saarlandes <strong>und</strong> der Landesbehindertenbeirat<br />
führen gemeinsam am<br />
25. Oktober 2001, den Workshop<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
- <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität”durch.<br />
Die Veranstaltung findet um 19.00 Uhr im kleinen<br />
Saal der Congresshalle in Saarbrücken<br />
statt.<br />
Innerhalb der Emanzipations- <strong>und</strong> Unabhängigkeitsbewegung<br />
von Menschen mit schweren Behinderungen<br />
hat die Forderung nach ,,persönlicher<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>” eine Schlüsselstellung eingenommen.<br />
Der Begriff verdeutlicht einen Paradigmenwechsel<br />
in der Behindertenhilfe.<br />
,,Persönliche <strong>Arbeitsassistenz</strong>” ist als neues Arbeitsmarktinstrument<br />
im Jahr 2000 neu in das Schwerbehindertengesetz<br />
aufgenommen worden. Für Menschen<br />
mit schweren Behinderungen stellt ,,persönliche<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>” oft die einzige Chance dar,<br />
einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz zu<br />
erhalten. Dies ist eine unabdingbare Voraussetzung<br />
für Betroffene zur Führung eines eigenständigen<br />
<strong>und</strong> eigenverantwortlichen Lebens.<br />
Im Rahmen des Workshops sollen auch die Formen<br />
von Hilfeleistungen für Menschen mit schweren<br />
Behinderungen unter Berücksichtigung juristischer,<br />
politischer, regionaler <strong>und</strong> persönlicher Aspekte<br />
erläutert werden.<br />
Als Referenten für die Fachtagung haben neben<br />
Herrn Karl Hermann Haack, dem Beauftragten der<br />
B<strong>und</strong>esregierung für die Belange der Behinderten,<br />
Herr Josef Hecken, Staatssekretär im Ministerium für<br />
Frauen, Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales, Herr Walter<br />
Pohl, Mitglied im Vorstand der Deutschen Integrati-<br />
onsämter auch Frau Dr. Corina Zolle, Zentrum für<br />
selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen<br />
Mainz e.V, zugesagt. Nach kurzen Einführungsreferaten<br />
ist eine Diskussion der Podiumsmitglieder mit<br />
dem Auditorium vorgesehen. Die Moderation der<br />
Veranstaltung übernimmt der Landesbeauftragte für<br />
Behindertenfragen.<br />
Wir würden uns freuen, Sie bei der sicherlich interessanten<br />
<strong>und</strong> informativen Veranstaltung begrüßen zu<br />
können.<br />
Mit fre<strong>und</strong>lichen Grüßen<br />
Wolfgang Gütlein<br />
Der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenfragen<br />
Annette Pauli<br />
Stellvertr. Vorsitzende des<br />
Landesbehindertenbeirates<br />
Werner Müller<br />
Leiter der Abteilung<br />
Gesellschaftspolitik<br />
der Arbeitskammer<br />
Der Landesbeauftragte für Behindertenfragen Franz-<br />
Josef-Röder-Straße 23 66119 Saarbrücken<br />
www.saarland.de
Horst Backes<br />
Hauptgeschäftsführer der Arbeitskammer<br />
des Saarlandes, Saarbrücken<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen.<br />
Der heutige Workshop “<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
- <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität” ist eine gemeinsame<br />
Veranstaltung des Landesbeauftragten für<br />
Behindertenfragen im Ministerium für Frauen,<br />
Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales, des Landesbehindertenbeirats<br />
<strong>und</strong> der Arbeitskammer des Saarlandes.<br />
Im Namen der Veranstalter darf ich Sie heute<br />
abend herzlich begrüßen. Ein besonderer Gruß gilt<br />
natürlich unseren Gästen im Podium, die z.T. recht<br />
weite Wege auf sich genommen haben, um uns Rede<br />
<strong>und</strong> Antwort zu stehen. Einen “Guten Abend” auch<br />
den Medien, die uns bisher tatkräftig darin unterstützt<br />
haben, unsere Anliegen in eine breite Öffentlichkeit<br />
zu tragen. Die Moderation der R<strong>und</strong>e hat<br />
Wolfgang Gütlein, der Landesbeauftragte für Behindertenfragen,<br />
übernommen. Er wird auch die Podiumsgäste<br />
im Einzelnen vorstellen.<br />
Gerne ist die Arbeitskammer bereit, wenn es darum<br />
geht, Eigenständigkeit, Eigenverantwortung <strong>und</strong><br />
Selbstbestimmung behinderter Menschen zu unterstützen<br />
<strong>und</strong> Anstöße für deren Realisierung zu<br />
geben. Seit langem ist es gemeinsames Ziel, Menschen<br />
mit Behinderungen - also Menschen mit<br />
besonderen Bedürfnissen - einen ganz normalen<br />
Platz in der Gemeinschaft aller zu sichern. Konsequenterweise<br />
steht diese Maxime auch hinter dem<br />
besonderen Anliegen des heutigen Workshops<br />
“<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> - <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong><br />
Realität”.<br />
Viele Menschen definieren sich zu einem erheblichen<br />
Teil über die Arbeit. Arbeit ist in hohem Maße<br />
identitätsbildend. Arbeit gibt dem Leben Struktur,<br />
verschafft Ansehen, sichert wirtschaftliche Unabhängigkeit,<br />
bietet Kommunikationsräume, schafft<br />
Herausforderungen, bringt Zufriedenheit. Arbeit<br />
kann aber auch Ärger <strong>und</strong> Verdruss bereiten. Nicht<br />
jeder ist mit seiner Arbeit glücklich - doch mehr<br />
Menschen sind ohne Arbeit sehr unglücklich. Aber<br />
was hilft es, darüber zu philosophieren, was im<br />
Leben eines Menschen Arbeit alles bedeuten kann.<br />
Eines jedenfalls muss Arbeit sein: sie muss ausübbar<br />
sein.<br />
Hier genügt es nicht, wenn im Gr<strong>und</strong>gesetz in Artikel<br />
12 vollm<strong>und</strong>ig geschrieben steht: “Alle Deutschen<br />
haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz <strong>und</strong> Ausbildungsstätte<br />
frei zu wählen” oder wenn im Sozialgesetzbuch<br />
I § 10 zu lesen ist “Wer körperlich, geistig<br />
oder seelisch behindert ist, oder wem eine solche<br />
Behinderung droht, hat unabhängig von der Ursache<br />
der Behinderung ein Recht auf Hilfe, die notwendig<br />
ist ... ihm einen seinen Neigungen <strong>und</strong> Fähigkeiten<br />
entsprechenden Platz in der Gemeinschaft, insbesondere<br />
im Arbeitsleben zu sichern”.<br />
Es gilt, die notwendigen Schritte auch zu gehen <strong>und</strong><br />
Möglichkeiten zu schaffen, die die Berufsausübung<br />
behinderter Menschen nachhaltig fördern <strong>und</strong><br />
unterstützen. Hier sind Gesetzgeber <strong>und</strong> die für die<br />
berufliche Integration zuständigen Einrichtungen<br />
gleichermaßen gefordert wie auch das Einstellungsverhalten<br />
derjenigen, die Arbeitsplätze anbieten<br />
können. Hierzu stehen eine Reihe von Förderinstrumenten<br />
zur Verfügung, die auch Wirkung zeigen.<br />
Doch - wie wir ja alle wissen “Nichts ist so gut, dass<br />
es nicht noch verbessert werden könnte”.<br />
Einen entscheidenden Schritt in diese Richtung<br />
sehen wir in der Festschreibung des <strong>Anspruch</strong>s auf<br />
notwendige Hilfen. Ein seit langem gefordertes<br />
Instrument ist die Bereitstellung berufsbegleitender<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> <strong>und</strong> die Übernahme der Kosten für<br />
eine notwendige <strong>Arbeitsassistenz</strong>, die erstmals als<br />
<strong>Anspruch</strong> im neuen Schwerbehindertengesetz festgeschrieben<br />
wurde.<br />
Soweit der <strong>Anspruch</strong>, den Gesetzgeber wie behinderte<br />
Menschen mit “<strong>Arbeitsassistenz</strong>” verbinden.<br />
Wie sieht nun die Realität aus?<br />
Um sowohl <strong>Anspruch</strong> als auch Realität einer Bewertung<br />
unterziehen zu können, haben wir heute eine<br />
Reihe von Expertinnen <strong>und</strong> Experten zu uns eingeladen.<br />
Ihnen gilt jetzt unsere besondere Aufmerksamkeit.<br />
Ich verspreche mir vom heutigen Workshop eine<br />
Menge an Information, erste Erfahrungsberichte <strong>und</strong><br />
Impulse, die für uns bei der Umsetzung “<strong>Berufsbegleitende</strong>r<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>” von großem Nutzen<br />
sein können. In der Erwartung, dass uns der heutige<br />
Workshop dem Ziel näher bringt, für mehr behinderte<br />
Menschen Beschäftigungsverhältnisse auf<br />
dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu ermöglichen,<br />
wünsche ich uns allen neue, positive Anstöße.<br />
Ich gebe das Wort an den Landesbeauftragten,<br />
Wolfgang Gütlein.<br />
5
Karl Hermann Haack<br />
Mitglied des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung für die Belange der Behinderten<br />
6<br />
Kompetenz von Menschen mit<br />
schweren Behinderungen nutzen.<br />
Lieber Herr Gütlein, sehr geehrter Herr Hecken, sehr<br />
geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,ich bedanke mich herzlich<br />
für die Einladung zu dem heutigen Workshop<br />
“<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong>” in Saarbrücken.<br />
Es sind hier viele Betroffene <strong>und</strong> Praktiker der<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> versammelt, so dass ich es nicht so<br />
sehr als meine Aufgabe ansehe, ein Kolleg über die<br />
Einzelheiten dieses wichtigen Instrumentes der Eingliederung<br />
von schwerbehinderten Menschen in<br />
Arbeit <strong>und</strong> Beruf zu halten. Ich will jedoch versuchen,<br />
einige Gr<strong>und</strong>gedanken, die sich mit dem<br />
Thema <strong>Arbeitsassistenz</strong> verknüpfen, anhand der Entwicklungen<br />
der Behindertenpolitik der letzten<br />
Monate darzustellen.<br />
Vor gut einem Jahr, am 01. Oktober 2001 ist das<br />
Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter<br />
in Kraft getreten. Das bis dahin gültige<br />
Schwerbehindertengesetz wurde mit dem Ziel novelliert,<br />
die Zahl der arbeitslosen Schwerbehinderten<br />
um 50 000 zu verringern. Das gilt für den Zeitraum<br />
von Oktober 1999, als 189 766 Menschen arbeitslos<br />
gemeldet waren, bis zum Oktober 2002.<br />
Das Gesetz wurde unter weitestgehender Einbindung<br />
aller Beteiligten erarbeitet. Mit Inkrafttreten<br />
wurde eine große Öffentlichkeitskampagne unter<br />
dem Titel “50.000 neue Jobs für Schwerbehinderte”<br />
gestartet. In diesem Rahmen wurde z. B. in Kooperation<br />
mit der B<strong>und</strong>esvereinigung der Deutschen<br />
Arbeitgeberverbände <strong>und</strong> der Fortbildungsakademie<br />
der Wirtschaft von RE-INTEGRA der Ratgeber<br />
“Mensch <strong>und</strong> Wirtschaft verbinden” herausgegeben.<br />
Seit 01.07.2001 ist das novellierte Schwerbehindertengesetz<br />
Bestandteil des SGB IX ( Teil 2 - Besondere<br />
Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen<br />
(Schwerbehindertenrecht)).<br />
Heute, mehr als ein Jahr nach Inkrafttreten des<br />
Gesetzes, geht die Kampagne “50 000 neue Jobs für<br />
Schwerbehinderte” in die zweite R<strong>und</strong>e. Trotz der<br />
gegenwärtig nicht leichten Situation von Konjunktur<br />
<strong>und</strong> Arbeitsmarkt hoffe ich auf eine Verstetigung der<br />
bisherigen Erfolge. Die Zahl der arbeitslosen schwerbehinderten<br />
Menschen verringerte sich von Oktober<br />
1999 bis Ende September 2001 um 23 744. Sie<br />
betrug im September 2001 166.022, davon in den<br />
alten B<strong>und</strong>esländern 129.488, in den neuen B<strong>und</strong>esländern<br />
36.534.<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
ich nenne nur einige der Maßnahmen, mit denen wir<br />
diese positive Bilanz geschafft haben:<br />
• Neugestaltung des Systems von Ausgleichsabgabe<br />
<strong>und</strong> Beschäftigungspflicht, d. h. Staffelung der Ausgleichsabgabe<br />
<strong>und</strong> Senkung der Pflichtquote auf 5%<br />
(bisher 6%)<br />
• Rechte der Schwerbehinderten <strong>und</strong> der Schwerbehindertenvertretung<br />
werden gestärkt<br />
• Integrationsvereinbarungen <strong>und</strong> Ausbau betrieblicher<br />
Prävention<br />
• Auf- <strong>und</strong> Ausbau eines flächendeckenden Netzes<br />
von Integrationsfachdiensten <strong>und</strong> Integrationsunternehmen,<br />
-betrieben <strong>und</strong> -abteilungen zur Eingliederung<br />
Schwerbehinderter in das Arbeitsleben<br />
Schließlich zählt dazu auch unserer heutiger Schwerpunkt,<br />
das Recht auf <strong>Arbeitsassistenz</strong>: gemäß § 102<br />
Abs. 4 SGB IX. Dort heißt es:<br />
“Schwerbehinderte Menschen haben im Rahmen<br />
der Zuständigkeit des Integrationsamtes für die<br />
begleitende Hilfe im Arbeitsleben aus den ihm aus<br />
der Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mitteln<br />
<strong>Anspruch</strong> auf Übernahme der Kosten einer notwendigen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>.”<br />
In § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX wurde zudem auch klargestellt,<br />
dass im Rahmen der Leistungen zur Teilhabe<br />
am Arbeitsleben ebenfalls ein <strong>Anspruch</strong> auf <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
zur Erlangung eines Arbeitsplatzes<br />
besteht.<br />
Die Rechte schwerbehinderter Menschen wurden<br />
also durch die Schaffung eines <strong>Anspruch</strong>es auf Übernahme<br />
der Kosten für die notwendige <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gegenüber dem Integrationsamt gestärkt. Es<br />
war der politische Wille, die Arbeitsaufnahme auch<br />
von schwerstbehinderten Menschen, die über eine<br />
gute Ausbildung verfügen, nicht am Assistenzbedarf<br />
scheitern zu lassen. Die Kosten für die <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
von in ABM beschäftigten schwerbehinderten<br />
Arbeitnehmern werden von den Arbeitsämtern übernommen.<br />
Ich möchte in diesem Zusammenhang darauf hinweisen,<br />
dass wir es offenbar mit unterschiedlichsten<br />
Begrifflichkeiten zu tun haben, die manchmal miteinander<br />
verquickt oder sogar verwechselt werden.<br />
Gesetzlich geregelt ist der <strong>Anspruch</strong> auf <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Darunter sind zu verstehen die begleitenden<br />
Hilfen im Arbeitsleben, also am Arbeitsplatz.
Karl Hermann Haack<br />
Mitglied des Deutschen B<strong>und</strong>estages<br />
Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung für die Belange der Behinderten<br />
Zu unterscheiden hiervon sind aber<br />
• Persönliche Assistenz, die die Hilfe im täglichen<br />
Leben meint, aber zunächst nichts mit der Berufstätigkeit<br />
zu tun hat; sowie:<br />
• Unterstützte Beschäftigung, z.B. bei Menschen mit<br />
geistiger Behinderung, die der Einarbeitung am<br />
Arbeitsplatz dient <strong>und</strong> durch Integrationsfachdienste<br />
zu leisten ist.<br />
Die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Hauptfürsorgestellen<br />
hat im März 2001 ein Merkblatt<br />
“<strong>Arbeitsassistenz</strong>” herausgegeben, welches im<br />
Internet unter www.integrationsaemter.de abrufbar<br />
ist. Dieses Merkblatt dient als Gr<strong>und</strong>lage für die Entscheidungen<br />
der Integrationsämter. Gegenwärtig<br />
wird die Entwicklung der Inanspruchnahme von<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>en beobachtet. Die Ergebnisse werden<br />
sicher in einer noch zu verabschiedenden Verordnungsermächtigung<br />
ihren Niederschlag finden.<br />
An dieser Stelle möchte ich auch ein besonderes Lob<br />
den Herausgebern von “ZB - Zeitschrift: Behinderte<br />
Menschen im Beruf” aussprechen, da sie für alle verständlich<br />
<strong>und</strong> praxisnah über die Gesetzesänderungen<br />
informieren.<br />
Auch die B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft “Unterstützte<br />
Beschäftigung” beobachtet <strong>und</strong> begleitet den persönlichen<br />
Rechtsanspruch im Rahmen eines von der<br />
Aktion Mensch finanzierten Projektes. Sie hat eine<br />
Beratungs- <strong>und</strong> Informationsstelle aufgebaut. Die<br />
Internetadresse lautet www.arbeitsassistenz.de.<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
dieser Workshop dient dem Austausch praktischer<br />
Erfahrungen <strong>und</strong> soll damit beitragen, etwaige Probleme<br />
in der Anwendung des Gesetzes zu identifizieren<br />
<strong>und</strong> zu beheben. Diese Begegnung mit Ihnen<br />
heute Abend steht damit in der Tradition des Weges<br />
der direkten Gespräche, <strong>und</strong> ich gebe zu, manchmal<br />
auch der direkten Auseinandersetzung über die<br />
Behindertenpolitik, den wir in den vergangenen Jahren<br />
beschritten haben: Die B<strong>und</strong>esregierung <strong>und</strong> ich<br />
als Beauftragter suchen <strong>und</strong> brauchen die Kompetenz<br />
der Betroffenen, um gemeinsam die Verbesserungen,<br />
die wir brauchen, auf den Weg zu bringen.<br />
So war es etwa beim neuen Sozialgesetzbuch IX<br />
(SGB IX) - Rehabilitation <strong>und</strong> Teilhabe behinderter<br />
Menschen -, das am 1. Juli 2001 in Kraft getreten ist.<br />
Die Regierungskoalition aus SPD <strong>und</strong> Bündnis 90 /<br />
Die Grünen, das federführende B<strong>und</strong>esministerium<br />
für Arbeit <strong>und</strong> Sozialordnung <strong>und</strong> ich als Beauftragter<br />
der B<strong>und</strong>esregierung haben immer auf die enge<br />
Zusammenarbeit mit den betroffenen behinderten<br />
Menschen <strong>und</strong> ihren Organisationen, aber auch mit<br />
den anderen Beteiligten, insbesondere den Rehabilitationsträgern<br />
<strong>und</strong> den Ländern Wert gelegt. Diese<br />
Kooperation hat in einem Gesetz geendet, das auf<br />
breite Zustimmung von allen Seiten gestoßen ist.<br />
Das Gleiche gilt für das Gleichstellungsgesetz, das in<br />
diesen Tagen für den Kabinettsbeschluss vorbereitet<br />
wird.<br />
Vor einem Jahr habe ich in Düsseldorf gemeinsam<br />
mit dem Deutschen Behindertenrat den Kongress<br />
“Gleichstellungsgesetze jetzt!” durchgeführt. Die<br />
700 Teilnehmerinnen <strong>und</strong> Teilnehmer waren sich<br />
damals einig: Das Gesetz muss bald kommen, wir<br />
wollen nicht länger warten. Der Kongress machte<br />
darüber hinaus deutlich, was ich insgesamt für vorbildlich<br />
<strong>und</strong> unverzichtbar in der Behindertenpolitik<br />
halte: Die Einbindung der Kompetenz der Betroffenen<br />
- in diesem Fall insbesondere durch die enge<br />
Zusammenarbeit mit dem Forum behinderter Juristinnen<br />
<strong>und</strong> Juristen.<br />
Wir werden diese Kompetenz auch weiterhin nutzen,<br />
sei es auf der Ebene von Begegnungen wie<br />
heute, sei es über die Einbindung der behinderten<br />
Menschen <strong>und</strong> ihrer Organisationen in die Begleitforschung<br />
<strong>und</strong> Evaluierung zum SGB IX, die in den<br />
kommenden Wochen <strong>und</strong> Monaten auf den Weg<br />
gebracht werden wird.<br />
Für mich besitzt dieser Rückgriff auf vorhandene<br />
Kompetenzen eine ganz gr<strong>und</strong>sätzliche Qualität <strong>und</strong><br />
Notwendigkeit: Behindertenpolitik ist wie alle Bürgerrechtspolitik<br />
<strong>und</strong> Sozialpolitik ein Prozess, der<br />
immer wieder neue Fragestellungen <strong>und</strong> sich wandelnde<br />
Herausforderungen aufgreifen <strong>und</strong> politisch<br />
bearbeiten muss. Wir leben in einer Zeit, in der nur<br />
die “lebende Gesetzgebung” im Austausch zwischen<br />
der Politik <strong>und</strong> Gesellschaft, d.h. den organisierten<br />
Interessen wie den einzelnen kompetenten<br />
Betroffenen, das Potential zur Entwicklung <strong>und</strong> zum<br />
Gelingen besitzt.<br />
In diesem Sinne freue ich mich auf eine interessante<br />
Diskussion.<br />
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.<br />
7
Josef Hecken<br />
Staatssekretär<br />
8<br />
Menschen mit schweren<br />
Behinderungen stärker in die<br />
Arbeitswelt integrieren<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
liebe Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen,<br />
jeder einzelne Arbeitslose ist ein Arbeitsloser zuviel.<br />
Das ist eine Binsenweisheit!<br />
Das ist eine Aussage, die uns aber trotzdem zu denken<br />
geben muss.<br />
Denn wenn sie richtig ist, dann hat Politik, dann hat<br />
Gesellschaft, dann hat unser System seit vielen Jahren<br />
immer wieder in 3,5 - 4 Mio. Fällen versagt.<br />
Seit Jahren sind im Jahresschnitt um die 4 Mio. Menschen<br />
ohne Arbeit.<br />
Nun kann <strong>und</strong> darf man diese Arbeitslosen nicht einfach<br />
in einen Topf werfen <strong>und</strong> als einheitliche<br />
Gruppe betrachten.<br />
Etwa die Hälfte von ihnen sind sogenannte “Sucharbeitslose”,<br />
die im Schnitt nach ca. 10 Wochen<br />
Arbeitslosigkeit wieder in Lohn <strong>und</strong> Brot stehen.<br />
Diese Gruppe ist keine Problemgruppe, um sie<br />
braucht man sich politisch kaum zu kümmern.<br />
Aber:<br />
- Was ist mit den fast 1,4 Mio. Langzeitarbeitslosen,<br />
die länger als ein Jahr ohne Beschäftigung sind?<br />
- Was ist mit den 450.000 jungen Menschen unter 25<br />
Jahren, die keine Arbeit <strong>und</strong> damit unmittelbar nach<br />
der Schule keine Lebensperspektive haben?<br />
- Und: Was ist mit den über 166.000 Schwerbehinderten,<br />
die Zuhause sitzen, obwohl sie arbeiten können<br />
<strong>und</strong> arbeiten wollen?<br />
Um diese drei Gruppen müssen wir uns besonders<br />
bemühen, denn hier liegt in jedem Einzelfall großer<br />
sozialer Sprengstoff. Und hier liegen auch die großen<br />
menschlichen Probleme für die Betroffenen. Arbeitslosigkeit<br />
ist für jeden dieser Menschen nicht nur eine<br />
“kleine” Befindlichkeitsstörung, sondern ein Schicksalsschlag.<br />
Hier geht es dann auch nicht allein darum, ob diese<br />
Menschen durch Geld aus der Arbeitslosenkasse, der<br />
Sozialhilfe oder aus einem anderen Topf materiell<br />
abgesichert sind.<br />
Das ist zwar wichtig, aber bei weitem nicht alles.<br />
Hier geht es vielmehr darum, dass diese Betroffenen<br />
oft das Gefühl haben, nicht mehr Teil unserer Gesellschaft<br />
zu sein.<br />
Sie fühlen sich ausgegrenzt, alleingelassen, isoliert<br />
<strong>und</strong> - was das schlimmste ist - häufig unnütz <strong>und</strong><br />
überflüssig.<br />
Und hier erhält dann die eingangs zitierte Binsenweisheit<br />
ihren echten Sinn:<br />
Wenn Langzeitarbeitslose, Jugendliche <strong>und</strong> Schwerbehinderte<br />
ohne Arbeit für sich keine Lebensperspektive<br />
mehr sehen <strong>und</strong> sich ausgegrenzt fühlen,<br />
dann muss dies jeden Verantwortlichen alarmieren.<br />
Und Verantwortliche, das sind nicht nur die Politiker.<br />
Verantwortlich sind auch die Arbeitgeber.<br />
Verantwortlich ist aber darüber hinaus auch jeder<br />
einzelne, der aufgefordert ist, sein eigenes Verhalten<br />
<strong>und</strong> seine eigenen Urteile <strong>und</strong> Vorurteile zu hinterfragen.<br />
Die Integration von Behinderten ist hierfür ein schönes<br />
- oder richtiger gesagt - unschönes Beispiel.<br />
Theoretisch <strong>und</strong> abstrakt auf der Ebene von Feierst<strong>und</strong>en<br />
bekennt sich jeder uneingeschränkt zur<br />
Integration.<br />
Im Grau des Alltags sieht es demgegenüber oft ganz<br />
anders aus.<br />
Arbeitgeber sehen Behinderte viel zu oft noch als<br />
generell leistungsgemindert <strong>und</strong> unproduktiv an, so<br />
dass man sie unter Zahlung von Ausgleichsabgabe<br />
lieber aus dem Betrieb fernhält.<br />
Und ges<strong>und</strong>e Kolleginnen <strong>und</strong> Kollegen haben<br />
Berührungsängste <strong>und</strong> sehen in dem behinderten<br />
Kollegen keinen echten Mitstreiter, sondern einen<br />
Menschen, auf den man besondere Rücksicht nehmen<br />
muss <strong>und</strong> der eher Last als Hilfe darstellt.<br />
Das ist noch die traurige Realität in vielen Köpfen,<br />
obwohl die Wirklichkeit anders aussieht:<br />
- Behinderte sind nicht generell leistungsgemindert,<br />
wenn sie mit den richtigen Hilfen versehen <strong>und</strong> auf<br />
den richtigen Arbeitsplätzen eingesetzt werden.
Josef Hecken<br />
Staatssekretär<br />
- Behinderte sind für Arbeitgeber kein betriebswirtschaftliches<br />
Hemmnis, sondern sie können auch produktiv<br />
arbeiten, wenn man ihnen nur die Chance<br />
dazu gibt.<br />
Und hier sehe ich den Sinn <strong>und</strong> die Ziele des heutigen<br />
Workshops:<br />
Wir müssen heute gemeinsam<br />
• aufklären über das, was Behinderte leisten können<br />
<strong>und</strong> leisten wollen,<br />
• darstellen, was es für breitgefächerte Hilfs- <strong>und</strong><br />
Unterstützungsangebote gibt<br />
• <strong>und</strong> damit dazu beitragen, dass Barrieren in den<br />
Köpfen abgebaut werden.<br />
Im Baurecht können wir Barrieren vielleicht durch<br />
Gesetzesänderungen <strong>und</strong> etwas Geld abbauen. Das<br />
ist schon schwer genug, aber noch vergleichsweise<br />
einfach gegen den Abriss der Barrieren in den Köpfen.<br />
Denn das geht nicht durch Gesetze <strong>und</strong> Geld, sondern<br />
nur durch mühselige <strong>und</strong> oft frustrierende<br />
Überzeugungsarbeit, die täglich neu zu leisten ist,<br />
bis es auch der letzte kapiert.<br />
Dabei sind Gesetze <strong>und</strong> Geld aber nicht überflüssig,<br />
sondern wichtig, um jenseits der flammenden<br />
Appelle auch mit Anreizen <strong>und</strong> Druck (“Zuckerbrot<br />
<strong>und</strong> Peitsche”) gleichermaßen arbeiten zu können.<br />
Ich will hier nicht “herunterbeten”, was in B<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />
Land hier in diesem Bereich in den letzten Jahren<br />
alles an differenzierten Hilfsangeboten geschaffen<br />
<strong>und</strong> bereitgestellt worden ist.<br />
Wir sind stolz darauf, dass sich die Zahl der schwerbehinderten<br />
Arbeitslosen seit ihrem Höchststand im<br />
Jahr 1994 hier im Saarland von 4.600 auf 2.800 um<br />
fast 40 % reduziert hat.<br />
Wir wissen, dass dies nicht von allein gegangen ist,<br />
sondern das Ergebnis harter Arbeit war.<br />
Über 1.200 Arbeitsplätze konnten mit fast 14 Mio.<br />
DM aus der Ausgleichsabgabe neugeschaffen oder<br />
gesichert werden.<br />
3 Mio. DM wurden für Wohnraumgestaltung, technische<br />
Arbeitshilfen <strong>und</strong> KfZ-Hilfen ausgegeben.<br />
Davon haben 260 schwerbehinderte Menschen profitiert.<br />
Der berufsbegleitende Dienst ebenso wie der vom<br />
B<strong>und</strong> modellhaft geförderte Integrationsfachdienst<br />
der Fortbildungsakademie der Wirtschaft haben sich<br />
ebenso bewährt wie unser Saarländisches Schwerbehinderten-Sonderprogramm,<br />
in dem 11 Mio. DM<br />
ausgegeben worden sind <strong>und</strong> durch das über 1.060<br />
Menschen gefördert werden konnten.<br />
Weil dieses Programm so gut “eingeschlagen” ist,<br />
werden wir es mit weiteren 3 Mio. DM dotiert um<br />
zwei Jahre verlängern.<br />
Arbeitstrainingsplätze, Integrationsfachbetriebe <strong>und</strong><br />
Werkstätten r<strong>und</strong>en unser Spektrum ab.Allein in den<br />
Werkstätten finden 2.700 Behinderte Arbeit.<br />
Und dennoch reicht das alles noch nicht.<br />
Ende September waren bei uns im Saarland immer<br />
noch 2.821 Schwerbehinderte arbeitslos, b<strong>und</strong>esweit<br />
waren es die bereits erwähnten über 166.000<br />
Menschen.<br />
Deshalb war es richtig <strong>und</strong> gut, dass die B<strong>und</strong>esregierung<br />
im letzten Jahr das Gesetz zur Bekämpfung<br />
der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter initiiert hat.<br />
Das war nicht einfach, es gab viele Wiederstände.<br />
Wenn das Gesetz trotzdem durch B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong><br />
B<strong>und</strong>esrat gegangen ist, dann war das auch ein Verdienst<br />
<strong>und</strong> Erfolg von Karl Hermann Haack, der hinter<br />
<strong>und</strong> vor den Kulissen unendlich viele Gespräche<br />
geführt, Überzeugungsarbeit geleistet, Kompromisse<br />
gesucht <strong>und</strong> “Strippen gezogen” hat.<br />
Dafür sage ich ausdrücklich Dank.<br />
Nicht die einzige, aber eine der wichtigen innovativen<br />
Neuerungen, die das Gesetz schafft, ist die<br />
gesetzliche Anerkennung <strong>und</strong> Absicherung der<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Erstmals wird nun unmittelbar <strong>und</strong> direkt auch den<br />
schwerbehinderten Menschen ein eigener Rechtsanspruch<br />
auf Übernahme der Kosten einer notwendigen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> eingeräumt.<br />
Dieser neue <strong>Anspruch</strong> spiegelt die Gr<strong>und</strong>sätze der<br />
neuen Behindertenpolitik.<br />
Zwar gab es bisher auch Assistenzansprüche, also<br />
Ansprüche auf Hilfen beim Arbeitsplatz, die durch<br />
persönliche Assistenz erbracht wurden.<br />
Diese Ansprüche - die es auch weiterhin gibt - sind<br />
jedoch Ansprüche des Arbeitgebers gegen das Integrationsamt.<br />
Und das ist ein entscheidender Unterschied.<br />
9
Josef Hecken<br />
Staatssekretär<br />
10<br />
Selbstbestimmung spielt heute eine herausragende<br />
Rolle.<br />
Entsprechend geht der Gesetzgeber davon aus, dass<br />
Arbeitgeber des “Assistenten” gr<strong>und</strong>sätzlich der<br />
schwerbehinderte Mensch selber ist. Dieser kann<br />
einen Assistenten suchen, beauftragen <strong>und</strong> unter<br />
Vertrag nehmen.<br />
Da hiermit Arbeitgeberpflichten verb<strong>und</strong>en sind, die<br />
unter Umständen eine hohe Hürde bedeuten, können<br />
schwerbehinderte Menschen über eine Abtretungserklärung<br />
erreichen, dass die Assistenz über<br />
das Integrationsamt abgerechnet wird.<br />
Dies bedeutet aber gr<strong>und</strong>sätzlich, dass der betroffene<br />
behinderte Mensch auf seinen Antrag eine<br />
Geldleistung erhält, von der er alsdann die Assistenzleistungen<br />
seines “Assistenten” begleichen<br />
kann.<br />
Die <strong>Arbeitsassistenz</strong> setzt voraus, dass der betroffene<br />
schwerbehinderte Mensch in der Lage ist,<br />
selbständig zu arbeiten.<br />
Eine <strong>Arbeitsassistenz</strong> darf keine ungeeigneten oder<br />
schlechtausgestatteten Arbeitsplätze kompensieren.<br />
Sie beschränkt sich auf Hilfstätigkeiten. <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
soll es behinderten Menschen ermöglichen,<br />
selbst zu arbeiten. Keineswegs darf die unterstützende<br />
Person die Arbeit für den behinderten Menschen<br />
erledigen. Auch der Arbeitgeber muss mit der<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> einverstanden sein.<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung ist ermächtigt, durch Rechtsverordnung<br />
mit Zustimmung des B<strong>und</strong>esrates das<br />
Nähere über die Voraussetzung des <strong>Anspruch</strong>s sowie<br />
die Höhe <strong>und</strong> die Dauer der Leistung zu regeln. Von<br />
dieser Befugnis hat die B<strong>und</strong>esregierung allerdings<br />
bisher keinen Gebrauch gemacht.<br />
Und ich sage mit Bedacht: Ich bin froh darüber, dass<br />
dies noch nicht geschehen ist, denn so haben wir im<br />
Augenblick noch viele Erprobungsspielräume, die<br />
ansonsten verschlossen wären.<br />
Für die Betroffenen hat das Fehlen der Verordnung<br />
keine Nachteile. Denn um gleichwohl diese Leistungen<br />
anbieten zu können hat die Arbeitsgemeinschaft<br />
der Integrationsämter anstelle der fehlenden<br />
Rechtsverordnung vorläufige Empfehlungen zur<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> erarbeitet.<br />
Diese Empfehlungen haben zwar keinen rechtsverbindlichen<br />
Charakter, bestimmen aber tatsächlich<br />
die Praxis der Integrationsämter.<br />
Danach verfährt auch das saarländische Integrationsamt.<br />
Erstaunlicherweise ist der erwartete “Run” auf die<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> bisher ausgeblieben.<br />
Im Saarland gibt es bisher noch keinen einzigen<br />
Antrag.<br />
Ende Mai 2001 gab es b<strong>und</strong>esweit 110 Anträge mit<br />
Schwerpunkt in Kassel (25 %) <strong>und</strong> Hamburg.<br />
Woran kann das liegen?<br />
Folgende Kritikpunkte bestimmen die Diskussion in<br />
der Fachliteratur:<br />
• Es sei falsch davon auszugehen, dass die Arbeitszeit<br />
der Assistenz höchstens nur im Umfang der<br />
Hälfte der Arbeitszeit des behinderten Menschen<br />
anfällt.<br />
• Der pauschalierte Höchstsatz (2.000,00 DM) sei<br />
bei einer tariflichen Bezahlung der Assistenz nicht<br />
bedarfsdeckend <strong>und</strong> die Integrationsämter gingen<br />
zu selten über diesen Höchstsatz hinaus.<br />
• Menschen mit intellektuellen Einschränkungen<br />
(geistig Behinderte, Lernbehinderte) seien in der<br />
Regel nicht anspruchsberechtigt.<br />
• Vom zeitlichen Bedarf der <strong>Arbeitsassistenz</strong> würde<br />
ein angeblicher Bedarf an Pflegezeit mit der Begründung<br />
abgelehnt, dass dafür die Pflegeversicherung<br />
zuständig sei.
Josef Hecken<br />
Staatssekretär<br />
• Die Bearbeitungszeit der Integrationsämter sei zu<br />
lange, dadurch würden Arbeitsverhältnisse gefährdet<br />
oder kämen erst gar nicht zustande.<br />
Diese Kritikpunkte muss man ernst nehmen <strong>und</strong> im<br />
Einzelfall überprüfen.<br />
Aber: Man muss darauf achten, dass man durch<br />
manchmal auch voreilige Kritik die <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
nicht insgesamt gefährdet.<br />
Der Rechtsanspruch auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist ein<br />
neues Instrumentarium, dessen rechtliche Ausgestaltung<br />
durch die Erfahrung noch veränderbar ist.<br />
Das ist ein wichtiger Fortschritt!<br />
Damit sind - jedenfalls prinzipiell - für schwerbehinderte<br />
Menschen auch solche Arbeitsplätze zugänglich<br />
geworden, die zwar ihrer Qualifizierung entsprechen,<br />
aber dennoch bis heute unerreichbar für sie<br />
waren, da die Frage der Organisation <strong>und</strong> Finanzierung<br />
von regelmäßiger Unterstützung nicht geklärt<br />
war.<br />
Menschen mit Behinderungen haben nun mehr<br />
Wahlfreiheit hinsichtlich ihrer beruflichen Tätigkeit.<br />
Sie können darüber hinaus selbstbestimmt als<br />
Arbeitgeber ihre Assistenz aussuchen <strong>und</strong> finanzieren.<br />
Die konkrete Umsetzung des Rechtsanspruchs auf<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> hängt davon ab, wie die Richtlinien<br />
für die Bearbeitung der Anträge inhaltlich gestaltet<br />
sind. Die “vorläufigen Richtlinien” sind dabei nur ein<br />
Versuch, sich der Materie zu nähern.<br />
Und auf dieser Basis müssen wir alle gemeinsam<br />
nun Erfahrungen sammeln <strong>und</strong> experimentieren.<br />
Denn wir dürfen eines nicht vergessen:<br />
Auch wenn wir uns als Sozialpolitiker, als Verbände<br />
<strong>und</strong> als Betroffene in jedem Detail einig wären, dann<br />
ist das noch keine Garantie dafür, dass wir unsere<br />
Forderungen auch durchsetzen, denn auch die Mittel<br />
der Ausgleichsfonds sind nicht unerschöpflich <strong>und</strong><br />
der Kreis derjenigen, die aus ihm “bedient” werden<br />
wollen, ist groß.<br />
Deshalb bin ich eigentlich ganz froh darüber, dass<br />
der B<strong>und</strong> von seiner Verordnungsermächtigung noch<br />
keinen Gebrauch gemacht hat, denn wenn eine solche<br />
Verordnung erst einmal vorliegt, dann ist es nur<br />
noch sehr schwer möglich, Veränderungen durchzusetzen<br />
<strong>und</strong> vor allem Leistungen u. U. auch zu<br />
erhöhen.<br />
Ich bin deshalb sehr dafür, dass wir gemeinsam<br />
zunächst noch mindestens ein Jahr auf der Basis der<br />
vorläufigen Empfehlungen Praxiserfahrungen sammeln,<br />
um festzustellen, wo Probleme bei den Betroffenen<br />
liegen, wo es Schwachstellen gibt <strong>und</strong> wo<br />
nachjustiert werden muss.<br />
Nur so können wir sicherstellen, dass die Neuregelung<br />
kein Flop wird, sondern am Ende wirklich etwas<br />
in der B<strong>und</strong>esverordnung geregelt ist, was tatsächlich<br />
auch funktioniert <strong>und</strong> den Betroffenen hilft.<br />
Die Obergrenze von 2.000,— DM ist dabei ein wichtiges<br />
Thema. Sie ist zu niedrig, das hat man schon<br />
gemerkt.<br />
Aber daneben gibt es noch Dutzende anderer Probleme<br />
<strong>und</strong> Fragen, über die wir in Ruhe diskutieren<br />
müssen, so wie wir es heute tun.<br />
In diesem Sinne erhoffe ich mir von der heutigen<br />
Veranstaltung wichtige Anregungen für die weitere<br />
Ausgestaltung des Instituts der <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Der Rohbau steht mit dem Gesetz.<br />
Wir sind nun alle die “Innenarchitekten”.<br />
Und beim Innenausbau kann man vieles verändern,<br />
wenn man sich Zeit nimmt <strong>und</strong> vernünftig überlegt.<br />
Diese Zeit müssen wir uns nehmen:<br />
Im Interesse der Betroffenen!<br />
11
Walter Pohl<br />
Integrationsamt LWV Hessen<br />
12<br />
Selbstbestimmte Teilhabe am<br />
beruflichen Leben fördern<br />
Meine sehr verehrten Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
als Vertreter der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft der<br />
Integrationsämter <strong>und</strong> Hauptfürsorgestellen bin ich<br />
gerne zu Ihnen nach Saarbrücken gekommen, um<br />
mit Ihnen das Thema “<strong>Arbeitsassistenz</strong>” zu besprechen<br />
<strong>und</strong> auch - wie von Ihnen gewünscht - über die<br />
Zielsetzungen <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität zu diskutieren.<br />
Info zur Person<br />
Allgemeines - Einleitung<br />
Zwischen Oktober 2000 <strong>und</strong> Juli 2001 hat das aus<br />
dem Jahr 1974 stammende Schwerbehindertengesetz<br />
die gr<strong>und</strong>legendsten Veränderungen in seiner<br />
r<strong>und</strong> 27jährigen Geschichte erfahren. In zwei wichtigen<br />
Schritten hat der Gesetzgeber das bisherige<br />
System der beruflichen Eingliederung schwerbehinderter<br />
Menschen stark verändert. Es stand zunächst<br />
im Herbst 2000 eine erneute Novellierung des<br />
zuletzt im Jahr 1986 reformierten Schwerbehindertengesetzes<br />
an. So hat das Inkrafttreten des Sozialgesetzbuches<br />
IX - Rehabilitation <strong>und</strong> Teilhabe behinderter<br />
Menschen - zum 01.07.2001 nochmals f<strong>und</strong>amentale<br />
Veränderungen gebracht. Diese sind weniger<br />
im materiell rechtlichen Kern des bisherigen<br />
Schwerbehindertengesetzes zu sehen - hier hatte die<br />
Novellierung vom Oktober 2000 schon die einschneidendsten<br />
Veränderungen vorweggenommen -<br />
sondern in der Form <strong>und</strong> der gr<strong>und</strong>sätzlichen Änderung<br />
der Begrifflichkeiten.<br />
Der eingeleitete Paradigmenwechsel durch das SGB<br />
IX kommt einer seit langem bestehenden Forderung<br />
nach, das Recht der Rehabilitation behinderter Menschen<br />
weiterzuentwickeln <strong>und</strong> im Sozialgesetzbuch<br />
als weiteres Buch zusammenzufassen. Im Mittelpunkt<br />
der Rehabilitation sollen jetzt nicht mehr die<br />
Fürsorge <strong>und</strong> Versorgung von behinderten Menschen<br />
stehen, sondern ihre selbstbestimmte Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen Leben <strong>und</strong> die Beseitigung der<br />
Hindernisse, die ihrer Chancengleichheit entgegenstehen.<br />
Diejenigen, die von diesem Gesetz tangiert sind bzw.<br />
mit ihm arbeiten, müssen sich umstellen. Wesentliche<br />
Begriffe wurden verändert <strong>und</strong> stehen für eine<br />
gr<strong>und</strong>legende Programmatik des Gesetzgebers. So<br />
erscheinen bereits die Begriffe “Behinderter” oder<br />
“Schwerbehinderter” nicht mehr im Gesetz, sondern<br />
es finden durchgehende Begriffe, wie “behinderter<br />
Mensch” oder “schwerbehinderter Mensch” Verwendung.<br />
Mag vielleicht mancher diese Änderung der Begrifflichkeit<br />
als umständlich oder letztlich überflüssig<br />
ansehen. Der Gesetzgeber wollte mit dieser Änderung<br />
einen Paradigmenwechsel deutlich machen.<br />
Der Behinderte als passives Objekt öffentlicher Versorgung<br />
<strong>und</strong> Fürsorge wird ersetzt durch den aktiven<br />
<strong>und</strong> selbstbestimmenden Menschen mit einer<br />
Behinderung, der eigenverantwortlich mitgestaltet,<br />
wie die vielfältigen Barrieren bei seiner gleichberechtigten<br />
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft<br />
überw<strong>und</strong>en werden können.<br />
Nun konkret zum Thema “<strong>Arbeitsassistenz</strong>”<br />
I. <strong>Arbeitsassistenz</strong> als Leistung des<br />
Integrationsamtes<br />
1.Neues SGB IX seit 01.07.2001:<br />
In das neue Sozialgesetzbuch -Neuntes Buch- SGB IX<br />
wurde das alte Schwerbehindertengesetz (SchwbG)<br />
als Teil 2 “ Besondere Regelungen zur Teilhabe<br />
schwerbehinderter Menschen” übernommen.<br />
Damit verb<strong>und</strong>en war die Namensänderung:<br />
Die Hauptfürsorgestelle heißt jetzt Integrationsamt.<br />
Die Leistungen für <strong>Arbeitsassistenz</strong> wurden bereits<br />
durch die Änderung des SchwbG seit 01.Oktober<br />
2000 ins Gesetz aufgenommen <strong>und</strong> durch das SGB<br />
IX nicht verändert.<br />
2. Ziel der Arbeit des Integrationsamtes ist die Sicherung<br />
der Eingliederung von behinderten Menschen<br />
ins Arbeitsleben.<br />
• Der “richtige” Arbeitsplatz ermöglichst “Normalität”<br />
(= Selbstständigkeit, Unabhängigkeit von<br />
fremder Hilfe).<br />
• Arbeitgeber (AG) sind gr<strong>und</strong>sätzlich verpflichtet<br />
diese “Normalität” herzustellen.<br />
3.Unsere Leistungen beziehen sich immer auf bestehende<br />
Arbeitsverhältnisse im Sinne des § 73 SGB IX.
Walter Pohl<br />
Integrationsamt LWV Hessen<br />
4. Gesetzlicher <strong>Anspruch</strong>:<br />
Schwerbehinderte Menschen haben im Rahmen der<br />
Zuständigkeit des Integrationsamtes für die begleitenden<br />
Hilfen im Arbeitsleben aus den ihm aus der<br />
Ausgleichsabgabe zur Verfügung stehenden Mittel<br />
<strong>Anspruch</strong> auf Übernahme der Kosten einer notwendigen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> (§102 Abs. 4 SGB IX).<br />
Die Förderung von <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist nicht neu,<br />
auch vor dem 01.10.2000 haben die Hauptfürsorgestellen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> gefördert:<br />
a) als Leistung an den Arbeitgeber, als sogenannte<br />
personelle Hilfe oder<br />
b) in besonderen Fällen, als Leistung an den schwerbehinderten<br />
Menschen.<br />
Vorteile der Variante a: Die Assistenzkraft ist in den<br />
Betrieb integriert. Sie unterliegt den dortigen<br />
arbeits- <strong>und</strong> sozialrechtlichen Regelungen. Keine<br />
Probleme wegen Haftung, Schweigepflichten,<br />
Arbeitsplatz <strong>und</strong> -mitteln. Vertretungsregelungen<br />
lassen sich leichter finden <strong>und</strong> sind ein gemeinsames<br />
Problem für den schwerbehinderten Menschen <strong>und</strong><br />
seinen Arbeitgeber.<br />
Hinweis auf das Merkblatt über Arbeitgeberpflichten<br />
bei <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Variante b wurde bisher gewählt, wenn besonders<br />
betroffene Behinderte bereits für die alltäglichen<br />
Verrichtungen Assistenzkräfte einsetzen (ZDL,<br />
Honorarkräfte, Pflegedienste), die durch einen anderen<br />
Kostenträger abgedeckt sind. Hier trägt das Integrationsamt<br />
den auf die berufliche Tätigkeit entfallenden<br />
Teil. Der Behinderte muss die Arbeitsplanung<br />
<strong>und</strong> Vertretungskräfte organisieren, er muss mit seinem<br />
Arbeitgeber Absprachen treffen, er trägt die<br />
sozialrechtlichen Pflichten als “Arbeitgeber”. In der<br />
hessischen Praxis gab es solche Konstellationen<br />
eigentlich nur bei öffentlichen Arbeitgebern oder bei<br />
Vereinen oder Unternehmen der Behindertenselbsthilfe.<br />
5. Definition: Was ist <strong>Arbeitsassistenz</strong>?<br />
Diese Frage wird durch den Gesetzestext nicht<br />
beantwortet.<br />
Historisch entstanden ist der Begriff aus den Regelungen<br />
im öffentlichen Dienst für Vorlesekräfte für<br />
Blinde.<br />
• Unterstützung bei der Arbeitsausführung;<br />
• Der Kernbereich der arbeitsvertraglich geschuldeten<br />
Arbeitsleistung wird selbstständig erledigt;<br />
• Es besteht ein dauerhafter Bedarf, wobei Qualifizierung,<br />
Auswahl eines geeigneteren Arbeitsplatzes,<br />
Technische Ausstattung ausgeschöpft sein bzw. werden<br />
müssen.<br />
(Hinweis auf die Begriffsbestimmung in den vorläufigen<br />
Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der<br />
Deutschen Hafü. Nr. 2.1.)<br />
6. Welche Rolle kann das Integrationsamt für die<br />
behinderten Menschen in Hessen spielen?<br />
Unsere Aufgabe ist die Sicherung bestehender<br />
Arbeitsverhältnisse. Jetzt auch befristete ab einer<br />
Dauer von 8 Wochen, (§ 73 Abs. 3 SGB IX).<br />
Das Integrationsamt kann keine Förderung zum Einstieg<br />
in das Berufsleben bei Praktika, Außenarbeitsplätzen<br />
oder innerhalb einer Werkstatt für behinderte<br />
Menschen (WfbM) leisten. Hierfür sind die<br />
anderen Reha-Träger, z. B. B<strong>und</strong>esanstalt für Arbeit,<br />
zuständig (§ 64 (5) <strong>und</strong> § 278 SBB III).<br />
Das Integrationsamt ist mit den ihm zur Verfügung<br />
stehenden Mittel in der Lage, einen Beitrag zu leisten,<br />
muss sich aber auf den Erhalt von Arbeitsplätzen<br />
konzentrieren. Von den uns jährlich netto zur<br />
Verfügung stehenden Ausgleichabgabemitteln in<br />
Höhe von etwa 54 Mio. DM geben haben wir im Jahr<br />
2000 10,4 Mio. DM an außergewöhnlichen Belastungen<br />
der Arbeitgeber nach § 27 Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung<br />
(SchwbAV) <strong>und</strong><br />
Leistungen gem. § 25 SchwbAV erbracht.<br />
7. Wie sieht es nach fast einem Jahr aus? Wie viele<br />
Leistungen auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> wurden bewilligt?<br />
Um handlungsfähig zu sein hat die AG Hafü. am<br />
27.10.2000 vorläufige Empfehlungen zur <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gemäß § 31 Abs. 3a SchwbG herausgegeben.<br />
Die unter Nr. 4 genannten Förderhöchstgrenzen für<br />
das persönliche Finanzbudget sind knapp kalkuliert,<br />
das gibt immer wieder Anlass für Kritik, aber wir<br />
haben Spielraum für Einzelfallentscheidungen.<br />
13
Walter Pohl<br />
Integrationsamt LWV Hessen<br />
Anträge auf Assistenzleistungen wurden nach<br />
Absprache mit den Betroffenen (AN+AG) meist als<br />
Leistung an den Arbeitgeber bewilligt, um dem<br />
schwerbehinderten Arbeitnehmer die Arbeitgeberpflichten<br />
zu ersparen.<br />
Einige Leistungen für selbst organisierte <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
wurden erbracht.<br />
Ausblick<br />
Der Gesetzgeber hat zum 01.10.2000 einen Rechtsanspruch<br />
des schwerbehinderten Menschen auf notwendige<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> geschaffen, der lediglich<br />
durch die zur Verfügung stehende Ausgleichsabgabemittel<br />
beschränkt wird. Die Leistungen zur <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
sind gegenüber der begleitenden Hilfe im<br />
Arbeitsleben gem. § 102 (4) SGB IX vorrangig.<br />
anderen Integrationsämtern so gesehen.<br />
Mit dem Instrumentarium wird ein wichtiger persönlicher<br />
Beitrag zur Eingliederung von Menschen mit<br />
schweren Behinderungen gesehen. Die zunächst von<br />
uns in Hessen im Herbst 2000 erwartete Antragsflut<br />
auf Leistungen der <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist nicht eingetroffen.<br />
Aus meiner Sicht ist zusammenfassend festzustellen:<br />
Den bisherigen Beratungs- <strong>und</strong> Unterstützungsgr<strong>und</strong>sätzen<br />
der Integrationsämter gemäß, ist jeder<br />
Einzelfall dezidiert zu prüfen <strong>und</strong> darauf zu achten,<br />
dass ein möglichst einfaches <strong>und</strong> problemloses Verfahren<br />
gef<strong>und</strong>en wird, um den schwerbehinderten<br />
Menschen <strong>und</strong> dessen Arbeitgebern die günstigste<br />
Möglichkeit für die notwendige <strong>Arbeitsassistenz</strong> zu<br />
finden <strong>und</strong> entsprechend zu bewilligen.<br />
14<br />
Sinn <strong>und</strong> Zweck dieser gesetzlichen Regelung ist es,<br />
behinderten Menschen, die bisher wegen der<br />
Schwere ihrer Behinderung vom ersten Arbeitsmarkt<br />
ausgeschlossen waren, eine Beschäftigungsmöglichkeit<br />
zu eröffnen. Als Integrationsämter gilt es deshalb,<br />
die Chancen zu nutzen, für besonders betroffene<br />
schwerbehinderte Menschen Arbeitsmöglichkeiten<br />
zu finden. Da die Vermittlung von geeigneten<br />
Arbeitsplätzen in erster Linie Aufgabe der Arbeitsverwaltung<br />
ist, kommt den Integrationsämtern die<br />
Sicherung der Eingliederung zu. Die von der B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft<br />
der Integrationsämter vorgelegten<br />
vorläufigen Empfehlungen zur <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
sind Anhaltspunkte. Die dort beschriebene Förderhöchstgrenze<br />
von 2000,00 DM bei einem arbeitsfähigen<br />
Unterstützungsbedarf von mindestens 3<br />
St<strong>und</strong>en ist ein Anhaltspunkt <strong>und</strong> muss ggf. aufgr<strong>und</strong><br />
der Einzelfallsituation <strong>und</strong> der tatsächlich notwendigen<br />
arbeitstäglichen Unterstützung erhöht<br />
werden. Dies ist hessische Praxis <strong>und</strong> wird auch von
Corina Zolle<br />
Zentrum für selbstbestimmtes Leben<br />
behinderter Menschen, Mainz e.V.<br />
Beratung verbessern -<br />
Chance der persönlichen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> nutzen<br />
Da ich beim Zentrum für selbstbestimmtes Leben<br />
neben meiner beratenden Tätigkeit ehrenamtlich<br />
auch für die Personalorganisation unseres Vereins<br />
zuständig bin, kann ich nun auch ein bißchen aus<br />
dem Nähkästchen plaudern, denn ich glaube, ich<br />
kann mit Fug <strong>und</strong> Recht behaupten, daß das ZsL in<br />
Mainz im gesamten Bereich des Landesarbeitsamts<br />
Rheinland-Pfalz/Saarbrücken der Arbeitgeber ist, der<br />
die meisten behinderten Menschen, die auf Assistenz<br />
angewiesen sind, beschäftigt.<br />
• Eine Mitarbeiterin, die am 30.10.2000 bei uns ihre<br />
Beschäftigung im Rahmen einer ABM begonnen<br />
hat, bekam gestern (!), also ziemlich genau ein<br />
Jahr zu spät einen ablehnenden Bescheid, da der<br />
Antrag für eine <strong>Arbeitsassistenz</strong> beim Arbeitsamt<br />
erst nach Beginn der Maßnahme eingegangen sei.<br />
Es ist nämlich so, daß Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer<br />
bereits vor Arbeitsbeginn wissen müssen<br />
wozu <strong>und</strong> in welchem Umfang Assistenz benötigt<br />
werden wird. In diesem Fall waren wir aber schlau<br />
<strong>und</strong> hatten bereits vor Beginn der Maßnahme<br />
einen Antrag bei der Hauptfürsorgestelle gestellt,<br />
die wäre nämlich vor Einführung des neuen Gesetzes<br />
Kostenträger für eine <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gewesen. So gesehen war unser Antrag doch fristgerecht,<br />
nur eben bei der falschen Stelle eingegangen.<br />
Leider war unser Antrag von der Hauptfürsorgestelle<br />
nicht an die richtige Stelle, das<br />
Arbeitsamt, weitergeleitet worden. Dies müssen<br />
wir nun im Widerspruch selbst nachholen.<br />
• Weniger erfolgreich wird allerdings der Widerspruch<br />
einer Ratsuchenden sein. Sie hatte eine<br />
ABM in einer Firma begonnen, in der sie ihre<br />
Arbeit ohne Hilfe durchführen konnte. Nach zwei<br />
Monaten jedoch zog die Firma in andere Räume<br />
um. Unter diesen neuen Bedingungen kam sie<br />
nicht mehr alleine zurecht. Ein daraufhin gestellter<br />
Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> mußte vom Arbeitsamt<br />
abgelehnt werden, da die Maßnahme bereits<br />
begonnen hatte. Der Mitarbeiter des Arbeitsamtes<br />
war darüber regelrecht verzweifelt.Aber Vorschrift<br />
ist Vorschrift!<br />
• Bei einem anderen Kollegen konnte nach langem<br />
Hin <strong>und</strong> Her gemeinsam mit der Hauptfürsorgestelle,<br />
dem Mainzer Arbeitsamt <strong>und</strong> dem rheinland-pfälzischen<br />
Ministerium für Arbeit, Soziales<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit schließlich eine Lösung gef<strong>und</strong>en<br />
werden, in der sich das Mainzer Arbeitsamt<br />
schließlich bereiterklärte die Kosten für eine<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> zu übernehmen. Dies gelang aber<br />
erst, nachdem wir den rheinland-pfälzischen<br />
Behindertenbeauftragten, Herrn Dr. Richard<br />
Auernheimer, eingeschaltet hatten.<br />
• Eine andere Kollegin von mir hatte rechtzeitig vor<br />
Maßnahmebeginn ihren Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gestellt. Da sie ihren Arbeitsplatz nicht<br />
direkt bei uns in Mainz hat, ist für die Kostenübernahme<br />
der ABM <strong>und</strong> der <strong>Arbeitsassistenz</strong> ein<br />
anderes Arbeitsamt zuständig. Das Mainzer<br />
Arbeitsamt haben wir in punkto <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
durch den zuvor geschilderten Fall ja schon richtig<br />
fit gemacht. Kurz vor Beginn der Maßnahme<br />
wurde mir vom zuständigen Sachbearbeiter mitgeteilt,<br />
daß das Arbeitsamt nicht für die Kostenübernahme<br />
von <strong>Arbeitsassistenz</strong> zuständig sei sondern<br />
die Hauptfürsorgestelle. Ich habe ihm daraufhin<br />
die Durchführungsanweisung der B<strong>und</strong>esanstalt<br />
für Arbeit zukommen lassen <strong>und</strong> mußte überrascht<br />
feststellen, daß nicht nur der Sachbearbeiter<br />
sondern auch der Reha-Berater <strong>und</strong> der<br />
Arbeitsvermittler nichts von dieser Durchführungsverordnung<br />
wußten. Ein netter Arbeitsamtmitarbeiter<br />
empfahl mir, ein Honorar für die<br />
Beratung seiner Kollegen zu fordern.<br />
• Ein weiterer Beratungsfall: Ein junger Mann mit<br />
einer sehr hohen Querschnittslähmung macht in<br />
einer Kreisverwaltung eine Ausbildung zum Bürokaufmann.<br />
Die monatlichen Kosten für einen Zivildienstleistenden,<br />
der ihm während der Arbeit zur<br />
Hand geht, in Höhe von über 1000 DM zahlt er<br />
selbst vom Schmerzensgeld, das er aufgr<strong>und</strong> seines<br />
Unfalls bekommen hat. Haarsträubend an dieser<br />
Situation finde ich, daß eine Kreisverwaltung<br />
nicht in der Lage ist, ihren Mitarbeiter zu beraten<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> zu beantragen. Nein, es wird mitangesehen,<br />
daß ein schwerbehinderter Mensch<br />
seine Assistenz vom Schmerzensgeld finanziert<br />
(welches ohnehin nicht dafür herangezogen werden<br />
soll) <strong>und</strong> somit mehr Geld ausgibt, als er letztlich<br />
monatlich verdient, um eine Ausbildung zu<br />
machen <strong>und</strong> später die Möglichkeit zu haben,<br />
erwerbstätig zu sein.<br />
15
Corina Zolle<br />
Zentrum für selbstbestimmtes Leben<br />
behinderter Menschen, Mainz e.V.<br />
16<br />
• Noch ein Beispiel: Die ABM eines Kollegen hat vor<br />
wenigen Wochen begonnen, der Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
wurde bereits vor mehreren Monaten<br />
gestellt. Bevor nun aber eine Bewilligung ausgestellt<br />
wird, muß eine Begutachtung stattfinden,<br />
in der der Bedarf an <strong>Arbeitsassistenz</strong> festgestellt<br />
wird. Nun gibt es aber in ganz Rheinland-Pfalz<br />
<strong>und</strong> Saarland nur einen einzigen technischen<br />
Berater, der diese Begutachtungen durchführen<br />
kann. Und der hat neben diese Begutachtungen<br />
noch eine ganze Reihe anderer Dinge zu tun. Nun<br />
warten wir also seit mehreren Monaten auf die<br />
Begutachtung <strong>und</strong> unser neuer Mitarbeiter kann<br />
eigentlich noch gar nicht so richtig arbeiten. Wir<br />
sind nun mal ein netter <strong>und</strong> sozial eingestellter<br />
Betrieb <strong>und</strong> wissen, gut Ding will Weile haben <strong>und</strong><br />
zahlen unserem Mitarbeiter trotzdem pünktlich<br />
sein Gehalt. Ich könnte mir aber auch ein paar<br />
Arbeitgeber vorstellen, die das anders sehen würden.<br />
• Beispiel Integrationsamt. Beispiel bin ich selbst!<br />
Aufgr<strong>und</strong> der Schwere meiner Behinderung bin<br />
ich auf umfassende persönliche Assistenz angewiesen,<br />
die unabhängig von Ort <strong>und</strong> Zeit von einer<br />
Person durchgeführt wird, die bei mir selbst als<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>, Pflegeassistenz, Haushaltshilfe<br />
usw. beschäftigt ist. Kostenträger für dieses<br />
Modell ist die Pflegeversicherung <strong>und</strong> der Sozialhilfeträger<br />
im Rahmen der Eingliederungshilfe<br />
<strong>und</strong> Hilfe zur Pflege. Für diesen Personenkreis, der<br />
selbst als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin auftritt,<br />
wurde nun speziell in den “Vorläufigen Empfehlungen<br />
der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen<br />
Hauptfürsorgestellen” ein Absatz eingeführt, so<br />
daß “Zum Zwecke der Leistungserbringung an die<br />
Schwerbehinderten aus einer Hand sowie zur Verwaltungsvereinfachung...<br />
die Leistung seitens der<br />
Hauptfürsorgestelle in Fällen dieser Art auch in<br />
der Form erbracht werden (kann), dass sie dem<br />
anderen (vorrangigen) Leistungsträger die Kosten<br />
der notwendigen <strong>Arbeitsassistenz</strong> in dem durch<br />
ihren Bewilligungsbescheid festgelegten Umfang<br />
erstattet, nachdem die Schwerbehinderten ihren<br />
<strong>Anspruch</strong> nach § 31 Abs. 3 a SchwbG an diesen<br />
abgetreten haben.”<br />
Ich habe diesen <strong>Anspruch</strong> natürlich sofort nach<br />
Einführung des neuen Gesetzes an mein örtliches<br />
Sozialamt abgetreten. (Die Kommunen jammern<br />
ja sowieso immer über die erdrückenden Kosten<br />
im Sozialbereich). Sie haben nach geraumer Zeit<br />
wohl auch einen Antrag an die zuständige Hauptfürsorgestelle<br />
gestellt. Telefonisch wurde mir mitgeteilt,<br />
dass eine Begutachtung zur Feststellung<br />
meines Bedarfs an <strong>Arbeitsassistenz</strong> anberaumt<br />
werden müsse. Bisher ist noch nichts passiert, die<br />
Kommune zahlt <strong>und</strong> jammert!<br />
• Zum Abschluß noch ein Positivbeispiel:<br />
Ein schwerbehinderter Mann, macht sich selbstständig<br />
<strong>und</strong> gründet eine Computerfirma. Zur<br />
Unterstützung beschäftigt er einen ebenfalls<br />
schwerbehinderten Langzeitarbeitslosen auf<br />
ABM. Die Finanzierungslücke, die er mit den Einnahmen<br />
seines jungen Unternehmens noch nicht<br />
schließen kann, behebt er durch Gelder der Hauptfürsorgestelle,<br />
die ihm seinen Bedarf an <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
zugestehen. Er hat somit eine 1 zu 1-Assistenz,<br />
die ihn zu seinen diversen Terminen fährt,<br />
den Aktenkoffer trägt, Türen öffnet, Stecker in<br />
Steckdosen unter dem Schreibtisch steckt usw.. Es<br />
hat eine Weile gedauert dieses Modell durchzusetzen,<br />
doch es funktioniert <strong>und</strong> zwei schwerbehinderte<br />
Arbeitslosen haben Arbeit gef<strong>und</strong>en.
Annette Pauli<br />
Stellv. Vorsitzende des Landesbehindertenbeirates<br />
Schlußwort<br />
Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,<br />
wir haben viel zu einem eigentlich nicht mehr ganz<br />
neuen Konzept gehört, das nun aber erstmals<br />
gesetzlich verankert wurde <strong>und</strong> in den Rahmen der<br />
neuen Gleichstellungs-Gesetzgebung fast zwingend<br />
hineingestellt werden muss. Die Forderung nach<br />
einem Konzept wie das der <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist eine<br />
logische Konsequenz der Selbstbestimmung <strong>und</strong> der<br />
Emanzipation von Menschen mit Beeinträchtigung.<br />
Aber wir haben auch viel gehört von praktischen<br />
Umsetzungsproblemen, wie es uns hier anhand<br />
anschaulicher Beispiele erläutert wurde, allein durch<br />
verspätete Gutachten <strong>und</strong> ähnliche Hürden.<br />
Es gibt sicherlich noch viele Lücken im Informationsfluss,<br />
die eine gute Idee behindern, <strong>und</strong> der “Kampfgeist”<br />
der betroffenen Personen wird einmal mehr<br />
von Behörden ganz offensichtlich zu sehr abgefordert.<br />
Also doch nur ein Gesetz “für Fitte”, wie hier von<br />
einem Teilnehmer benannt?<br />
Arbeit ist ein wichtiges Thema für alle, wie die Teilnehmer<br />
einhellig feststellten, <strong>und</strong> ich meine, nicht<br />
auch für Menschen mit einer Behinderung, sondern<br />
gerade für diesen Personenkreis ist sie ein wesentlicher<br />
Faktor sich aus Abhängigkeiten <strong>und</strong> Fremdbestimmung<br />
zu lösen.<br />
17<br />
Bisher bewährte Formen sollen weiterbestehen, die<br />
neuen Formen sinnvoll daran anknüpfen <strong>und</strong> passend<br />
an die Frau, an den Mann gebracht werden. Ich<br />
denke, hier ist noch umfangreiche Aufklärungs- <strong>und</strong><br />
Informationsarbeit bei <strong>Anspruch</strong>sberechtigten <strong>und</strong><br />
Arbeitgebern nötig, um diesem Konzept die Chance<br />
zu geben, die es verdient.<br />
Von daher ist nur zu wünschen, dass man sich nach<br />
den ersten praktischen Erfahrungen wieder in einem<br />
solchen Rahmen trifft, um die Erfahrungen von allen<br />
Seiten auszutauschen.<br />
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
PRESSE<br />
✎<br />
MATERIAL<br />
18<br />
,,<strong>Arbeitsassistenz</strong> - Nutzen Sie dieses<br />
wichtige Instrument zur Integration<br />
von Menschen mit schweren Behinderungen<br />
in den Arbeitsmarkt!”<br />
Staatssekretär Josef Hecken erklärt<br />
anlässlich des Workshops ,,<strong>Berufsbegleitende</strong><br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> - <strong>Anspruch</strong><br />
<strong>und</strong> Realität” am 25. Oktober 2001:<br />
,,Arbeitslosigkeit ist gerade für schwerbehinderte<br />
Menschen ein Schicksalsschlag. Betroffene berichten,<br />
dass sie oft das Gefühl hätten, nicht mehr<br />
Teil unserer Gesellschaft zu sein. Sie fühlten sich<br />
ausgegrenzt, alleingelassen, isoliert <strong>und</strong> häufig<br />
unnütz <strong>und</strong> überflüssig.<br />
Ende September waren im Saarland 2.821<br />
Schwerbehinderte arbeitslos, b<strong>und</strong>esweit<br />
166.026 Menschen.<br />
Mit dem neuen Gesetz zur Bekämpfung der<br />
Arbeitslosigkeit schwerbehinderter Menschen<br />
haben Betroffene nun die Möglichkeit, einfacher<br />
als bisher in den Arbeitsprozess integriert zu werden.<br />
Der schwerbehinderte Mensch hat nun selbst<br />
einen eigenen Rechtsanspruch auf Kostenübenahme<br />
einer <strong>Arbeitsassistenz</strong>. Damit ist der<br />
Schwerbehinderte selbst der Arbeitgeber des<br />
,Assistenten’. Dies ist ein wichtiger Schritt hin zu<br />
mehr Selbstbestimmung <strong>und</strong> Eigenverantwortlickeit.<br />
Traurig ist: Im Saarland wurde noch kein einziger<br />
Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> gestellt, während<br />
b<strong>und</strong>esweit Ende Mai 2.001.110 Anträge vorlagen.<br />
Der Gr<strong>und</strong>: zahlreiche ernstzunehmende Kritikpunkte<br />
- wie beispielsweise der Höchstsatz<br />
von monatlich 2.000 DM, der bei einer tariflichen<br />
Bezahlung der Assistenz selten bedarfsdeckend<br />
sei.<br />
Die <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist ein neues Instrumentarium,<br />
dessen Ausgestaltung in den ,,Vorläufigen<br />
Empfehlungen der AG der Integrationsämter”<br />
(http://www.integrationsaemter.de/normallaktuel/pinnwand/m<br />
arb as.pdf)<br />
fixiert <strong>und</strong> noch veränderbar ist. Ich spreche mich<br />
deshalb dafür aus, dass wir gemeinsam zunächst<br />
noch mindestens ein Jahr auf der Basis der vorläufigen<br />
Empfehlungen Praxiserfahrungen sammeln,<br />
um festzustellen, wo Probleme bei den<br />
Betroffenen liegen, wo es Schwachstellen gibt<br />
<strong>und</strong> wo nachjustiert werden muss.<br />
In diesem Sinne erhoffe ich mir von diesem<br />
Workshop wichtige Anregungen für die weitere<br />
Ausgestaltung des Instruments der <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Information zur Integration arbeitsloser<br />
Menschen im Saarland:<br />
Über 1.200 Arbeitsplätze für schwerbehinderte<br />
Menschen konnten seit 1994 mit fast 14 Millionen<br />
DM aus der Ausgleichsabgabe neugeschaffen<br />
oder gesichert werden. 3Mio. DM wurden für<br />
Wohnraumgestaltung, technische Arbeitshilfen<br />
<strong>und</strong> KfZ-Hilfen ausgegeben. Davon haben 260<br />
schwerbehinderte Menschen profitiert.<br />
Der berufsbegleitende Dienst ebenso wie der<br />
vom B<strong>und</strong> modellhaft geförderte lntegrationsfachdienst<br />
der Fortbildungsakademie der Wirtschaft<br />
haben sich ebenso bewährt wie unser Saarländisches<br />
Schwerbehinderten-Sonderprogramm,<br />
in dem 11 Mio. DM ausgegeben worden<br />
sind <strong>und</strong> durch das über 1.060 Menschen gefördert<br />
werden konnten. Deshalb wird es mit weiteren<br />
3 Millionen DM um zwei Jahre verlängert.<br />
Arbeitstrainingsplätze, lntegrationsfachbetriebe<br />
<strong>und</strong> Werkstätten r<strong>und</strong>en das Spektrum ab. Allein<br />
in den Werkstätten finden 2.700 Behinderte<br />
Arbeit.<br />
Mit diesen Maßnahmen ist es der saarländischen<br />
Landesregierung gelungen, die Zahl der schwerbehinderten<br />
Arbeitslosen im Saarland seit ihrem<br />
Höchststand im Jahr 1994 von 4.600 auf 2.800<br />
um fast 40 Prozent zu reduzieren.”<br />
Wer das Instrument ,,<strong>Arbeitsassistenz</strong> im Saarland”<br />
in <strong>Anspruch</strong> nehmen möchte, wende sich<br />
bitte an das Integrationsamt:<br />
Integrationsamt<br />
Landesamt für Jugend, Soziales <strong>und</strong> Versorgung<br />
Hochstraße 67, 66115 Saarbrücken<br />
Tel.: 0681-9978-219<br />
(Eva-Maria Schöltzel,<br />
Leiterin des Integrationsamtes)<br />
Fax: 0681-9978-277<br />
Die gesamte Rede von Staatssekretär Josef Hecken<br />
finden Sie im Internet unter:<br />
http://www. soziales. saarland.de/7282.htm<br />
Franz-Josef-Röder-Straße 23, D-66117 Saarbrücken<br />
Telefon 0681-501 -3181, Telefax 0681-501-3169<br />
e-mail: m.stabel@soziales saarland de.<br />
www.saarland.de.
PRESSE<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
MATERIAL<br />
zum Workshop vom 25. Oktober 2001 in Saarbrücken.<br />
VdK-Zeitung Nr.12, Dezember 2001<br />
Integration durch <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
Betroffene <strong>und</strong> Arbeitgeber nehmen<br />
kostenloses Angebot selten in <strong>Anspruch</strong><br />
Kostenlose <strong>Arbeitsassistenz</strong> für Schwerbehinderte<br />
ist seit Juli 2000 möglich -<br />
doch kaum ein Arbeitgeber weiß davon<br />
<strong>und</strong> nurwenige Betroffene nehmen diese<br />
Hilfe in <strong>Anspruch</strong>.<br />
Offensichtlich, so klagte der Staatssekretär im<br />
saarländischen Sozialministerium Josef Hecken;<br />
wissen viele Firmen noch nichts über das neue<br />
Instrument. Schon seit Sommer 2000 haben<br />
schwerbehinderte Menschen einen Rechtsanspruch<br />
auf Kostenübernahme eines Arbeitsassistenten.<br />
Diese Unterstützung brauchen viele<br />
Betroffene im beruflichen Alltag.<br />
Das trifft auch auf Corina Zolle zu. Sie begann ihr<br />
Studium 1978 zu einer Zeit, als die Universitäten<br />
noch nicht einmal behindertengerecht eingerichtet<br />
waren. Mit viel Durchsetzungsvermögen <strong>und</strong><br />
selbst organisierter Hilfe schloss sie ihr Studium<br />
erfolgreich ab <strong>und</strong> promovierte. Heute vertritt<br />
Corina Zolle - mit Hilfe eines Arbeitsassistenten -<br />
das Zentrum für selbstbestimmtes Leben behinderter<br />
Menschen in Mainz e.V. Insgesamt, so<br />
berichtet sie auf einem Workshop in Saarbrücken,<br />
sind in ganz Deutschland für Akademiker nur<br />
zwölf Anträge auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> gestellt worden.<br />
Saarland bisher ohne Anträge<br />
Staatssekretär Hecken bedauert, dass im Saarland<br />
nicht ein einziger Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gestellt wurde. B<strong>und</strong>esweit waren es bis zum<br />
Sommer 110 Anträge.<br />
Zu wenig Arbeitgeber wissen um die Förderung,<br />
die im Höchstsatz 2000 Mark monatlich betragen<br />
kann. ,,Vielleicht müssen wir die gegebenen Kriterien<br />
verbessern, denn in den seltensten Fällen<br />
decken bei einer tariflichen Bezahlung der Assistenz<br />
die Mittel den tatsächlichen Bedarf”, meint<br />
Hecken. Die Expertenr<strong>und</strong>e in der Saarbrücker<br />
Kongresshalle war sich einig, dass Theorie <strong>und</strong><br />
Praxis weit auseinander klaffen.<br />
Die neue Gesetzgebung zum Schwerbehindertenrecht<br />
hatte zum Ziel, 50 000 Schwerbehinderte in<br />
Arbeit zu bringen. Nach einem Jahr stellt der<br />
Beauftragte der B<strong>und</strong>esregierung für die Belange<br />
der Behinderten, Karl-Hermann Haack, fest,<br />
haben erst 21 000 Betroffene eine Beschäftigung<br />
gef<strong>und</strong>en. Die Förderung eines Arbeitsassistenten<br />
ist deshalb ein wichtiger Baustein. ,,Denn<br />
Arbeitslosigkeit ist gerade für schwerbehinderte<br />
Menschen ein zusätzlicher Schicksalsschlag”,<br />
sagte Staatssekretär Hecken. Die Bilanz im Saarland<br />
verlief erfreulicher als in den übrigen B<strong>und</strong>esländern,<br />
denn in den letzten sieben Jahren<br />
sank hier die Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter<br />
um fast 40 Prozent. R<strong>und</strong> 1800 Arbeitsplätze für<br />
Behinderte wurden in dieser Zeit geschaffen oder<br />
gesichert. Aber immer noch sind im Saarland<br />
über 2800 Betroffene ohne Arbeit, b<strong>und</strong>esweit<br />
sind es 166 000.<br />
19
PRESSE ✎<br />
MATERIAL<br />
20<br />
Einen Ausweg könnte die <strong>Arbeitsassistenz</strong> ermöglichen,<br />
wenn künftig mehr Unternehmer von<br />
diesem Integrationsinstrument Gebrauch machen<br />
würden. Corina Zolle berichtete von einem jungen<br />
Mann, der seinen Helfer jahrelang über sein<br />
Schmerzensgeld finanzierte.<br />
Viele Arbeitgeber bezahlen lieber eine Ausgleichsabgabe’<br />
als einen Behinderten einzustellen.<br />
Sie halten Behinderte für nicht produktiv.<br />
,,Mit diesem Vorurteil muss Schluss sein”, so<br />
Walter Pohl, Mitglied im Vorstand dei<br />
Deutschen Integrationsämter. Er erinnert daran,<br />
dass Behinderte nicht nur versorgt sein wollen.<br />
Im Gegenteil, sie wollten mitgestalten, mitbestimmen,<br />
wie alle übrigen Menschen ohne Handikap,<br />
sagte Pohl.<br />
Spätestens in einem Jahr sollen die Kriterien für<br />
die Förderung auf den Prüfstand. In dieser Zeit<br />
will Staatssekretär - Hecken Praxiserfahrung mit<br />
der neuen Regelung sammeln. ,,Dann müssen wir<br />
feststellen, wo die Probleme bei den Betroffenen<br />
liegen, wo es Schwachstellen gibt <strong>und</strong> wo nachgebessert<br />
werden muss”, so der stellvertretende<br />
Sozialminister.<br />
,,Kampfgeist” gefordert<br />
Die Expertenr<strong>und</strong>e in Saarbrücken war sich<br />
einig: Wenn die <strong>Arbeitsassistenz</strong> ein Erfolg werden<br />
soll, dann ist von allen Seiten Kampfgeist<br />
gefordert.<br />
Wer das Instrument ,,<strong>Arbeitsassistenz</strong> im Saarland”<br />
in <strong>Anspruch</strong> nehmen möchte, wende sich<br />
bitte an das Integrationsamt <strong>und</strong> Landesamt für<br />
Jugend, Soziales <strong>und</strong> Versorgung,<br />
Eva-Maria Schöltzel, Leiterin des Integrationsamtes,<br />
Hochstraße 67, 66115 Saarbrücken,<br />
Telefon (0681) 9 97 82 19 Fax (06 81) 9 97 82 77.<br />
Arbeitskammer des Saarlandes<br />
Innerhalb der Emanzipations- <strong>und</strong> Unabhängigkeitsbewegung<br />
von Menschen mit<br />
schweren Behinderungen hat die Forderung<br />
nach persönlicher <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
eine Schlüsselstellung eingenommen.<br />
Der Begriff verdeutlicht einen Paradigmenwechsel<br />
In der Behindertenhilfe.<br />
,,Persönliche <strong>Arbeitsassistenz</strong>” Ist als neues<br />
Arbeitsmarktinstrument im Jahr 2000 in das<br />
Schwerbehindertengesetz aufgenommen worden.<br />
Für Menschen mit schweren Behinderungen stellt<br />
persönliche <strong>Arbeitsassistenz</strong> oft die einzige<br />
Chance dar, einen sozialversicherungspflichtigen<br />
Arbeitsplatz zu erhalten. Dies ist eine unabdingbare<br />
Voraussetzung für Betroffene zur Führung<br />
eines eigenständigen <strong>und</strong> eigenverantwortlichen<br />
Lebens.<br />
Im Rahmen des Workshops sollen auch die Formen<br />
von Hilfeleistungen für Menschen mit<br />
schweren Behinderungen unter Berücksichtigung<br />
juristischer, politischer, regionaler <strong>und</strong> persönlicher<br />
Aspekte erläutert werden.<br />
Referenten der Fachtagung:<br />
Karl Hermann Haack, Beauftragter der B<strong>und</strong>esregierung<br />
für die Belange der Behinderten.<br />
Josef Hecken, Staatssekretär im Ministerium für<br />
Frauen, Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales.<br />
Walter Pohl, Mitglied im Vorstand der Deutschen<br />
Integrationsämter.<br />
Dr. Corina Zolle, Zentrum für selbstbestimmtes<br />
Leben behinderter Menschen Mainz e.V.<br />
Nach kurzen Einführungsreferaten ist eine Diskussion<br />
der Podiumsteilnehmer mit dem Auditorium<br />
vorgesehen. Die Moderation der Veranstaltung<br />
übernimmt der Landesbeauftragte für<br />
Behindertenfragen.<br />
Bitte weitergeben<br />
Werfen Sie die VdK-ZEITUNG nach dem<br />
Lesen nicht weg. Geben Sie dieses<br />
Exemplar bitte an Ihre Nachbarin oder<br />
Ihren Nachbarn, Ihre Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
Bekannten weiter, die sicherlich an<br />
sozialpolitischen informationen interesse<br />
haben - <strong>und</strong> sich vielleicht entschließen,<br />
dem VdK beizutreten.<br />
Für Fragen wenden Sie sich bitte an folgende<br />
Telefon (0681) 4005-323.<br />
http ://dante.arbeitskammer.de/
PRESSE<br />
Saarbrücker Zeitung<br />
Ein Assistent fürs Arbeitsleben<br />
Workshop informiert über Angebot für<br />
Schwerbehinderte.<br />
Saarbrücken (rif). Davon träumt jeder Arbeitnehmer:<br />
Einen persönlichen Assistenten zu haben,<br />
der verschiedene Botengänge für ihn erledigt.<br />
Was als nichtbehinderten Menschen als Luxus<br />
erscheint, ist für schwerbehinderte Menschen<br />
manchmal die einzige Möglichkeit, einen sozialversicherungspflichtigen<br />
Arbeitsplatz zu bekommen.<br />
Und damit Garant für ein eigenständiges<br />
<strong>und</strong> eigenverantwortliches Leben. Arbeit sei für<br />
behinderte Menschen mehr als bloße Sicherung<br />
des Lebensunterhalts, beschreibt es das Ministerium<br />
für Frauen, Arbeit Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales.<br />
,,Für die Selbstständigkeit <strong>und</strong> das Selbstwertgefühl<br />
behinderter Menschen ist es von entscheidender<br />
Bedeutung, gleiche Rechte <strong>und</strong> Möglichkeiten<br />
zur Berufsausübung zu haben wie nichtbehinderte<br />
Menschen.”<br />
Häufig jedoch werden behinderte Menschen vom<br />
Arbeitsmarkt ausgeschlossen. Im Saarland ist<br />
nach Angaben des Sozialministeriums jeder<br />
fünfte Schwerbehinderte, der dem allgemeinen<br />
Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, ohne Arbeitsplatz.<br />
Seit dem 1. Januar diesen Jahres müssen<br />
Betriebe, die keine Behinderten beschäftigen,<br />
eine Ausgleichsabgabe zahlen. Diese Mittel verwendet<br />
die Hauptfürsorgestelle des Integrationsamtes<br />
dann ausschließlich für die Arbeits- <strong>und</strong><br />
Berufsförderung Schwerbehinderter. Seit vergan-<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
MATERIAL<br />
zum Workshop vom 25. Oktober 2001 in Saarbrücken.<br />
genem Jahr ist das Recht auf eine ,,persönliche<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>” in das Schwerbehindertengesetz<br />
aufgenommen worden. ,,Die Assistenz erledigt<br />
zum Beispiel Gänge zum Kopierer”, erläutert<br />
Gütlein. Finanziert wird sie von der Hauptfürsorgestelle.<br />
Zurzeit gibt es r<strong>und</strong> 200 Anträge<br />
auf persönliche <strong>Arbeitsassistenz</strong> b<strong>und</strong>esweit, im.<br />
Saarland noch keinen einzigen. Dabei ist nach<br />
einer Statistik des Landesamtes für Jugend,<br />
Soziales <strong>und</strong> Versorgung vom Dezember 2000 im<br />
Saarland jeder fünfte Mensch körperlich, geistig<br />
oder seelisch behindert. Davon sind über 90.000<br />
Menschen als Schwerbebinderte mit einem Ausweis<br />
anerkannt ,,Wir wollen auf diese Möglichkeit<br />
aufmerksam machen”, erklärt der Landesbehindertenbeauftragte<br />
Wolfgang Gütlein. Deshalb<br />
bietet er gemeinsam mit der Arbeitskammer des<br />
Saarlandes <strong>und</strong> dem Landesbehindertenbeirat am<br />
Donnerstag, 25. Oktober, einen Workshop <strong>Berufsbegleitende</strong><br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong><br />
Realität” an. Dieser soll die verschiedenen Aspekte<br />
der Hilfeleistungen beleuchten: juristische,<br />
politische, regionale <strong>und</strong> auch persönliche.<br />
Mit dabei ist der Behindertenbeauftragte des<br />
B<strong>und</strong>es, Karl Hermann Haack. Referenten sind<br />
außerdem Walter Pohl vom Vorstand der Deutschen<br />
Integrationsämter <strong>und</strong> der Staatssekretär<br />
im Sozialministerium, Josef Hecken.<br />
21
PRESSE<br />
i<br />
MATERIAL<br />
22<br />
Arbeitskammer Nr. 12 Dez. 2001, für Arbeitnehmer<br />
Bewegte Zeiten<br />
für behinderte Menschen<br />
Für behinderte Menschen ist in der letzten Zeit<br />
einiges in Bewegung gekommen.<br />
Im Oktober 2000 trat das Gesetz zur Bekämpfung<br />
der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter in Kraft.<br />
Ab Juli 2001 gilt das Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation<br />
<strong>und</strong> Teilhabe behinderter Menschen.<br />
Am 15. November 2001 wurde das GleichstelIungsgesetz<br />
für behinderte Menschen im B<strong>und</strong>estag<br />
eingebracht.<br />
Die Neuerungen der kürzlich in Kraft getretenen<br />
Gesetze <strong>und</strong> das im Gesetzgebungsverfahren<br />
befindliche B<strong>und</strong>esgleichstellungsgesetz sind<br />
geprägt vom Prinzip ,,Teilhabe statt Fürsorge”.<br />
Von den Verantwortlichen wird dies als Paradigmenwechsel<br />
in der Behindertenpolitik positiv<br />
bewertet. ,,Die frühzeitige Einbindung der<br />
Betroffenen hat sich bei der Erarbeitung des Sozialgesetzbuches<br />
(5GB) IX - Rehabilitation <strong>und</strong><br />
Teilhabe behinderter Menschen bewährt. Das<br />
Gleiche zeichnet sich auch jetzt im Rahmen des<br />
Gesetzgebungsverfahrens für das B<strong>und</strong>esgleichstellungsgesetz<br />
als äußerst zielführend ab.” Dies<br />
betonte Karl Herrmann Haack, Beauftragter der<br />
B<strong>und</strong>esregierung für die Belange der Behinderten,<br />
beim Workshop ,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
- <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität” in Saarbrücken.<br />
Eingeladen hatten der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenftagen, die Arbeitskammer<br />
<strong>und</strong> der Landesbehindertenbeirat des Saarlandes.<br />
Mit dem Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit<br />
schwerbehinderter Menschen haben<br />
Betroffene nun die Möglichkeit einfacher als bisher<br />
in den Arbeitsprozess integriert zu werden. Es<br />
besteht ein eigenständiger <strong>Anspruch</strong> auf die<br />
Übernahme der Kosten einer notwendigen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>. Damit werden Schwerbehinderte<br />
selbst Arbeitgeber ihrer Assistenten. ,,Dies<br />
ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Selbstbestimmung<br />
<strong>und</strong> Eigenverantwortlichkeit” wertete<br />
Sozialstaatssekretär Josef Hecken dieses in dieser<br />
Form neue Instrument zur Schaffung <strong>und</strong> Erhaltung<br />
von Arbeitsverhältnissen behinderter Menschen.<br />
Unzufrieden zeigt er sich darüber, dass im<br />
Saarland bisher noch keine Anträge gestellt wurden,<br />
während im B<strong>und</strong>esgebiet Ende Mai 110<br />
Anträge vorlagen. Gründe für die schleppende<br />
Umsetzung der persönlichen <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
wurden auch schnell ausgemacht. Diese Möglichkeit<br />
ist zu unbekannt. Betroffene wie umset-<br />
zende Behörden zeigen Unsicherheiten im<br />
Umgang mit Verfahren <strong>und</strong> den hierzu ergangenen<br />
vorläufigen Empfehlungen der Integrationsämter<br />
zur Umsetzung persönlicher <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Die Bezahlung der Assistenten reicht in verschiedenen<br />
Fällen nicht hin. Arbeitgeber reagieren<br />
noch skeptisch auf die sich neu ergebende<br />
arbeitsrechtliche Situation. ,,Das Verfahren ist<br />
häufig nicht zeitnah, <strong>und</strong> bürokratische Hürden<br />
führen dadurch oft zum Nichtzustandekommen<br />
notwendiger <strong>Arbeitsassistenz</strong>.” wird von Experten<br />
<strong>und</strong> Veranstaltungsteilnehmern beklagt. Ausserdem<br />
seien die Möglichkeiten, die eine persönliche<br />
Assistenz bietet, nicht ausreichend bekannt.<br />
Die Arbeitskammer empfiehlt, sich beim lntegrationsamt<br />
(vormals Hauptfürsorgestelle) k<strong>und</strong>ig<br />
zu machen.<br />
Wer das Instrument der <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
im Saarland in <strong>Anspruch</strong> nehmen möchte,<br />
wendet sich an das Integrationsamt:<br />
Landesamt für Jugend, Soziales <strong>und</strong> Versorgung<br />
Hochstraße 67, Saarbrücken<br />
Manfred Leinenbach, Arbeitskammer<br />
Die Arbeitskammer <strong>und</strong> der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenfragen hatten Behindertenbeauftragte<br />
<strong>und</strong> Mitglieder von Behindertenbeiräten zu<br />
ihrer Jahrestagung nach Mandelbachtal eingeladen.<br />
Neue behindertenpolitische Perspektiven<br />
<strong>und</strong> deren Auswirkungen für die kommunalen<br />
Interessenvertretungen behinderter Menschen<br />
waren das Thema. Die Einrichtung trägerübergreifender<br />
Servicestellen für Rehabilitation, das<br />
B<strong>und</strong>esgleichstellungsgesetz <strong>und</strong> seine Konkretisierung<br />
auf Landesebene, der Landesbehindertenplan<br />
sowie Aufgaben <strong>und</strong> Ziele des Landesbehindertenbeirates<br />
waren wichtige aktuelle Diskussionspunkte.<br />
Es wurde der Beschluss gefasst, dass<br />
die kommunalen Interessenvertreter behinderter<br />
Menschen einen Sitz in diesem Gremium anstreben.<br />
Die Teilnehmer der Fachtagung forderten<br />
einmütig in der ,,Mandelbachtaler Erklärung” die<br />
saarländischen Gemeinden <strong>und</strong> Kreise auf, kommunale<br />
Behindertenbeauftragte bzw. -beiräte zu<br />
berufen. Dies sei wichtig <strong>und</strong> notwendig, damit<br />
die Vorgaben des neu erschienen Landessbehindertenplanes<br />
vor Ort umgesetzt werden können.<br />
Bei Fragen <strong>und</strong> Anregungen stehen Manfred Leinenbach, Referent<br />
für Behindertenpolitik bei der Arbeitskammer <strong>und</strong> der Landesbeauftragte<br />
für Behindertenfragen, Wolfgang Gütlein, Ministerium für<br />
Frauen, Arbeit, Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Soziales, zur Verfügung.<br />
66119 Saarbrücken<br />
Tel.: 0681 9978-219 (Eva-Maria Schöltzel, Leiterin)<br />
Fax: 0681 9978-277
PRESSE<br />
Sozialverband Deutschland<br />
Landesverband Rheinland-Pfalz/Saarland<br />
Nr.1, Januar 2002<br />
Integrationsamt/Landesamt für Jugend,<br />
Soziales <strong>und</strong> Versorgung<br />
<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität<br />
,,<strong>Arbeitsassistenz</strong> - Nutzen Sie dieses<br />
wichtige Instrument zur Integration von<br />
Menschen mit schweren Behinderungen<br />
in den Arbeitsmarkt!” erklärte Staatssekretär<br />
Josef Hecken anlässlich des<br />
Workshops ,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
- <strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität” am<br />
25. Oktober 2001 in der Kongresshalle<br />
Saarbrücken.<br />
,,Arbeitslosigkeit ist gerade für schwerbehinderte<br />
Menschen ein Schicksalsschlag.” Betroffene<br />
berichten, dass sie oft das Gefühl hätten, nicht<br />
mehr Teil unserer Gesellschaft zu sein. Sie fühlten<br />
sich ausgegrenzt, allein gelassen, isoliert <strong>und</strong><br />
häufig unnütz <strong>und</strong> überflüssig. Ende September<br />
waren im Saarland 2821 Schwerbehinderte<br />
arbeitslos, b<strong>und</strong>esweit 166.026 Menschen. Mit<br />
dem neuen Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit<br />
schwerbehinderter Menschen haben<br />
Betroffene nun die Möglichkeit, einfacher als bisher<br />
in den Arbeitsprozess integriert zu werden.<br />
Der schwerbehinderte Mensch hat nun selbst<br />
einen eigenen Rechtsanspruch auf Kostenübernahme<br />
einer <strong>Arbeitsassistenz</strong>. Damit ist der<br />
Schwerbehinderte selbst der Arbeitgeber des<br />
,,Assistenten”. Dies ist ein wichtiger Schritt hin<br />
zu mehr Selbstbestimmung <strong>und</strong> Eigenverantwortlichkeit.<br />
Traurig ist: Im Saarland wurde noch kein einziger<br />
Antrag auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> gestellt, während<br />
Ende Mai 2001 b<strong>und</strong>esweit 110 Anträge vorlagen.<br />
Der Gr<strong>und</strong>: zahlreiche ernstzunehmende<br />
Kritikpunkte, wie z.B. der Höchstsatz von monat-<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
MATERIAL<br />
zum Workshop vom 25. Oktober 2001 in Saarbrücken.<br />
lich 2000 DM, der bei einer tariflichen Bezahlung<br />
der Assistenz selten bedarfsdeckend sei. Die<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> ist ein neues Instrumentarium,<br />
dessen Ausgestaltung in den ,,Vorläufigen Empfehlungen<br />
der AG der Integrationsämter”<br />
(http://www.integrationsaemter. de/normal/<br />
index.html, siehe Merkblatt) fixiert <strong>und</strong> noch veränderbar<br />
ist. Hecker sagte: ,,Ich spreche mich<br />
deshalb dafür aus, dass wir gemeinsam zunächst<br />
noch mindestens ein Jahr auf der Basis der vorläufigen<br />
Empfehlungen Praxiserfahrungen sammeln,<br />
um festzustellen, wo Probleme bei den<br />
Betroffenen liegen, wo es Schwachstellen gibt<br />
<strong>und</strong> wo nachjustiert werden muss. In diesem<br />
Sinne erhoffe ich mir von diesem Workshop<br />
wichtige Anregungen für die weitere Ausgestaltung<br />
des Instruments der <strong>Arbeitsassistenz</strong>.“<br />
Zur Integration arbeitsloser Menschen im Saarland<br />
hier folgende Daten: Über 1200 Arbeitsplätze<br />
für schwerbehinderte Menschen konnten<br />
seit 1994 mit fast 14 Millionen DM aus der Ausgleichsabgabe<br />
neu geschaffen oder gesichert werden.<br />
Drei Millionen DM wurden für Wohnraumgestaltung,<br />
technische Arbeitshilfen <strong>und</strong> Kfz-Hilfen<br />
ausgegeben. Davon haben 260 schwerbehinderte<br />
Menschen profitiert.<br />
Der berufsbegleitende Dienst ebenso wie der<br />
vom B<strong>und</strong> modellhaft geförderte integrationsfachdienst<br />
der Fortbildungsakademie der Wirtschaft<br />
haben sich ebenso bewährt wie das Saarländische<br />
Schwerbehinderten-Sonderprogramm<br />
in dem elf Millionen DM ausgegeben worden<br />
sind <strong>und</strong> durch das über 1060 Menschen gefördert<br />
werden konnten. Deshalb wird es mit weiteren<br />
drei Millionen DM um zwei Jahre verlängert.<br />
Arbeitstrainingsplätze Integrationsfachbetriebe<br />
<strong>und</strong> Werkstätten r<strong>und</strong>en das Spektrum ab. Allein<br />
in den Werkstätten finden 2700 Behinderte<br />
Arbeit. Mit diesen Maßnahmen ist es der saarländischen<br />
Landesregierung gelungen, die Zahl der<br />
schwerbehinderten Arbeitslosen im Saarland seit<br />
ihrem Höchststand im Jahr 1994 von 4600 auf<br />
2800 um fast 40 Prozent zu reduzieren.<br />
Wer das Instrument ,,<strong>Arbeitsassistenz</strong> im Saarland” in <strong>Anspruch</strong><br />
nehmen möchte wende sich bitte an das Integrationsamt/Landesamt<br />
für Jugend, Soziales <strong>und</strong> Versorgung,<br />
Hochstr. 67, 66115 Saarbrücken Tel. 0681/99 78-219<br />
(Eva-Maria Schöltzel, Leiterin des Integrationsamtes).<br />
Fax: 06 81/99 78-277.<br />
Die gesamte Rede von Josef Hecken finden Sie im Internet unter:<br />
http://www.soziales.saarland.de/7282.htm<br />
21
INFO<br />
i<br />
MATERIAL<br />
24<br />
Merkblatt <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
Stand Oktober 2001<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
Das Wichtigste in Kürze<br />
Schwerbehinderte Menschen stehen im beruflichen<br />
Alltag gelegentlich vor einem besonderen<br />
Problem. Sie sind wegen ihrer Behinderung darauf<br />
angewiesen, dass andere für sie bestimmte<br />
,,Handgriffe” übernehmen, ihnen bei der Arbeit<br />
assistieren. Damit die Beschäftigung im Einzelfall<br />
nicht an solchen Problemen scheitert, ist im<br />
SGB IX ein Rechtsanspruch auf Übernahmen der<br />
Kosten für eine vom schwerbehinderten Menschen<br />
selbst beschaffte/organisierte notwendige<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> begründet worden. Dieses<br />
Merkblatt gibt Antwort auf die wichtigsten Fragen<br />
zur <strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Was ist <strong>Arbeitsassistenz</strong>, wer ist<br />
zuständig?<br />
Die <strong>Arbeitsassistenz</strong> unterstützt/ assistiert<br />
schwerbehinderte Menschen nach deren Anweisung<br />
bei der von ihnen zu erbringenden Arbeitsleistung<br />
durch Erledigung von Hilfstätigkeiten.<br />
Die schwerbehinderten Menschen müssen also<br />
selbst über die am Arbeitsplatz geforderten fachlichen<br />
Qualifikationen verfügen, die <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
übernimmt nicht die Hauptinhalte der von<br />
den schwerbehinderten Menschen zu erbringenden<br />
Arbeitsleistung. Die <strong>Arbeitsassistenz</strong> kommt<br />
in Betracht, wenn eine nicht nur gelegentliche,<br />
regelmäßige Unterstützung von schwerbehinderten<br />
Menschen bei der Arbeitsausführung notwendig<br />
ist.<br />
Zuständig ist das Integrationsamt, in deren<br />
Bereich der Arbeitsplatz liegt. Dort muss auch<br />
der Antrag auf Kostenübernahme für die <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
gestellt werden.<br />
Wer beauftragt die <strong>Arbeitsassistenz</strong>?<br />
Auftraggeber der <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist der schwerbehinderte<br />
Mensch selbst. Er beschäftigt die<br />
Assistenzkraft, ist also ihr Arbeitgeber (Arbeitgebermodell),<br />
oder vereinbart mit einem Dritten<br />
(z.B. professionellen Hilfsdienst) das Erbringen<br />
entsprechender Dienstleistungen (Dienstleistungsmodell).<br />
Muss der Arbeitgeber beteiligt<br />
werden?<br />
Der Arbeitgeber muss schon deshalb rechtzeitig<br />
beteiligt werden, weil ein Rechtsanspruch auf<br />
Übernahme der Kosten für eine notwendige<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> nur besteht, wenn alle innerbetrieblichen<br />
Maßnahmen im Verantwortungsbereich<br />
des Arbeitgebers wie behindertengerechte<br />
Arbeitsplatzauswahl, Ausbildung, Organisation,<br />
Einrichtung <strong>und</strong> Ausgestaltung des Arbeitplatzes<br />
ausgeschöpft sein müssen (auch an diesen Kosten<br />
beteiligt sich ggf. das Integrationsamt mit Leistungen<br />
der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben).<br />
Bevor ein schwerbehinderter Mensch <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
selbst organisiert, muss der Arbeitgeber in<br />
jedem Falle schriftlich bestätigen, dass er mit<br />
einer/der ,,betriebsfremden” Assistenz einverstanden<br />
ist.<br />
Merkblatt <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
Stand Oktober 2001<br />
Welche sonstigen Möglichkeiten gibt<br />
es, die Unterstützung am Arbeitsplatz<br />
sicherzustellen?<br />
Häufig lässt sich bereits durch eine innerbetriebliche<br />
Lösung, z.B. durch Kollegen sicherstellen,<br />
dass die notwendige Unterstützung am Arbeitsplatz<br />
gewährleistet ist. Der Arbeitgeber kann ggf.<br />
für seine dadurch entstehende finanzielle Belastung<br />
von dem Integrationsamt einen laufenden<br />
Zuschuss erhalten. Die von vielen Arbeitgebern,<br />
insbesondere des öffentlichen Dienstes, zur Verfügung<br />
gestellte personelle Unterstützung z.B.<br />
durch Vorlesekräfte für Blinde soll durch den<br />
Rechtsanspruch auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> nicht in<br />
Frage gestellt werden. Punktuell erforderliche<br />
Gebärdendolmetschereinsätze bei Gehörlosen<br />
werden von dem Integrationsamt einzelfallbezogen<br />
finanziert.<br />
Welche Lösung gibt es für Schwerstbehinderte,<br />
die eine ,,R<strong>und</strong>um-die-<br />
Uhr” - Unterstützung benötigen?<br />
Das Integrationsamt kann nur Geldleistungen für<br />
die arbeitsplatzbezogene Unterstützung erbringen.<br />
Diese Leistungen werden daher ggf. durch<br />
die Leistungen der Pflegeversicherung <strong>und</strong> der<br />
Sozialämter ergänzt.<br />
Welche individuelle Lösung in Betracht kommt,<br />
hängt stark von den Umständen des Einzelfalles<br />
ab. Es wird daher dringend empfohlen, sich<br />
rechtzeitig vom Integrationsamt beraten zu lassen.<br />
B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter<br />
<strong>und</strong> Hauptfürsorgestellen<br />
Ernst-Frey-Str. 9 in 76135 Karlsruhe<br />
E-Mail: bih@lwv-baden.de www.integrationsaemter.de
INFO<br />
,,<strong>Berufsbegleitende</strong> <strong>Arbeitsassistenz</strong> -<br />
<strong>Anspruch</strong> <strong>und</strong> Realität’’<br />
MATERIAL<br />
zum Workshop vom 25. Oktober 2001 in Saarbrücken.<br />
Merkblatt <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
Stand Oktober 2001<br />
Welche weiteren Voraussetzungen<br />
müssen erfüllt sein?<br />
Leistungen zur <strong>Arbeitsassistenz</strong> können<br />
gr<strong>und</strong>sätzlich nur zur Beschäftigung auf einem<br />
Arbeitsplatz im Sinne des § 73 SGB IX, also auf<br />
einem ,,regulären” Arbeits- bzw. Ausbildungsplatz<br />
mit einer regelmäßigen wöchentlichen<br />
Arbeitszeit von mindestens 15 St<strong>und</strong>en erbracht<br />
werden. Bei befristeten Beschäftigungsverhältnissen<br />
muss eine Beschäftigungsdauer von mehr<br />
als acht Wochen vorgesehen sein. Die Leistungen<br />
des Integrationsamtes sollen zusammen mit Leistungen<br />
anderer Träger in einem vertretbaren<br />
Verhältnis zum erzielten Arbeitseinkommen stehen.<br />
Die Kosten einer notwendigen <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
für ABM-Beschäftigte sind vom zuständigen<br />
Arbeitsamt zu übernehmen.<br />
Wie hoch sind die Leistungen des Integrationsamtes?<br />
Die Leistung wird als Geldleistung erbracht<br />
deren Höhe sich nach den individuellen Bedürfnissen<br />
im Einzelfall richtet. Im Regelfall sind<br />
abhängig vom täglichen Unterstützungsbedarf<br />
zwischen 500 <strong>und</strong> 2000 DM monatlich möglich.<br />
Haben auch schwerbehinderte Selbständige<br />
einen <strong>Anspruch</strong> auf solche<br />
Leistungen?<br />
Ja! Dabei werden die vorstehenden Hinweise entsprechend<br />
angewandt.<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> als zusätzliche Leistung:<br />
Gewährt ein Rehabilitationsträger Leistungen zur<br />
Teilhabe am Arbeitsleben als Hilfe zur Erlangung<br />
eines Arbeitsplatzes an einen schwerbehinderten<br />
Menschen selbst oder an seinen Arbeitgeber können<br />
zur Sicherung der Eingliederung bis zu drei<br />
Jahren zusätzlich die Kosten einer notwendigen<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> übernommen werden. Die Leistung<br />
wird vom Integrationsamt durchgeführt,<br />
dem der für die Gr<strong>und</strong>leistung zuständige Rehabilitationsträger<br />
die Kosten erstattet.<br />
B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter<br />
<strong>und</strong> Hauptfürsorgestellen<br />
Ernst-Frey-Str. 9 in 76135 Karlsruhe<br />
E-Mail: bih@lwv-baden.de www.integrationsaemter.de<br />
25<br />
Welche Rechtsvorschriften sind zu<br />
beachten?<br />
Rechtsgr<strong>und</strong>lage für den <strong>Anspruch</strong> auf Übernahme<br />
der Kosten für eine notwendige <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
ist § 102 Abs. 4 SGB IX <strong>und</strong> § 17 Abs. la<br />
Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung<br />
(SchwbAV).<br />
Wie für alle anderen Leistungen der Integrationsämter<br />
zur begleitenden Hilfe im Arbeitsleben gelten<br />
ergänzend auch die § 73 Abs. 1 <strong>und</strong> 3, § 102<br />
Abs. 2 <strong>und</strong> 5 SGB IX sowie die § 17 Abs. 2 <strong>und</strong> §<br />
18 SchwbAV.
INFO<br />
i<br />
MATERIAL<br />
24<br />
Neue Regelungen zur Integration<br />
behinderter Menschen<br />
<strong>Anspruch</strong> auf <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
Eine wichtige Neuregelung ist das in §<br />
102 Abs. 3a eingeführte Recht auf<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong>.<br />
Der Begriff <strong>Arbeitsassistenz</strong> ist relativ weit<br />
gefasst <strong>und</strong> nicht sehr genau bestimmt. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e ist die B<strong>und</strong>esregierung dazu<br />
ermächtigt, eine Rechtsverordnung zu erarbeiten,<br />
in der alles Nähere über die Voraussetzungen des<br />
<strong>Anspruch</strong>s sowie die Höhe <strong>und</strong> die Dauer der<br />
Leistungen geregelt werden kann. Der <strong>Anspruch</strong><br />
auf <strong>Arbeitsassistenz</strong> besteht jedoch bereits mit<br />
der Einführung des Gesetzes <strong>und</strong> nicht erst mit<br />
dem Inkrafttreten der Verordnung.<br />
Was ist <strong>Arbeitsassistenz</strong>?<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> ist im praktischen Betriebsablauf<br />
die über gelegentliche Handreichung hinausgehende,<br />
tätigkeitsbezogene, regelmäßig wiederkehrende<br />
Unterstützung von schwerbehinderten<br />
Beschäftigten bei der Arbeitsausführung.<br />
<strong>Arbeitsassistenz</strong> umfasst insbesondere Hilfstätigkeiten,<br />
die den schwerbehindertenten Beschäftigten<br />
helfen, ihre arbeitsvertraglich geschuldete<br />
Arbeitsleistung gegenüber dem Arbeitgeber zu<br />
erbringen. Dazu zählen zum Beispiel, Vorlesekräfte<br />
für Blinde <strong>und</strong> hochgradig Sehbehinderte<br />
oder der immer wiederkehrende notwendige Einsatz<br />
von Gebärdendolmetschern.<br />
Die <strong>Arbeitsassistenz</strong> muss alle Bestrebungen<br />
unterstützen, die dazu beitragen, die Eingliederung<br />
<strong>und</strong> die dauerhafte Beschäftigung schwerbehinderter<br />
Menschen zu ermöglichen. Die Arbeitgeber<br />
sind nach § 81 Abs. 2 <strong>und</strong> 3 SGB IX dazu<br />
verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen,<br />
dass schwerbehinderte Menschen eine<br />
möglichst dauerhafte behinderungsgerechte<br />
Beschäftigung finden können.<br />
⁄ 102 Abs. 3a SGB IX<br />
In ihren vorläufigen Empfehlungen zur <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
geht die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen<br />
Hauptfürsorgestellen davon aus, dass die<br />
betroffenen schwerbehinderten Beschäftigten<br />
selbst die Organisation der ihnen persönlich<br />
zugeordneten <strong>Arbeitsassistenz</strong> zu regeln haben.<br />
Das bedeutet: Schwerbehinderte Beschäftigte,<br />
die selbst zur Erfüllung ihres Arbeitsvertrages<br />
Hilfe brauchen, sind in diesem Fall Arbeitnehmer<br />
<strong>und</strong> Arbeitgeber zugleich.<br />
Wenn es sich bei der Inanspruchnahme der Hilfe<br />
um betriebsfremde Personen handelt, muss<br />
außerdem der Arbeitgeber sein schriftliches Einverständnis<br />
dazu erklären, dass das Integrationsamt<br />
dem Betroffenen die Kosten für die <strong>Arbeitsassistenz</strong><br />
erstattet.<br />
Wer trägt die Kosten?<br />
Die betroffenen schwerbehinderten Beschäftigten<br />
haben einen <strong>Anspruch</strong> auf Übernahme der Kosten<br />
durch die Integrationsämter. Die Mittel dazu<br />
haben diese im Rahmen ihrer Zuständigkeit für<br />
die begleitende Hilfe im Arbeits- <strong>und</strong> Berufsleben<br />
aus der Ausgleichsabgabe zur Verfügung zu stellen.<br />
Die Integrationsämter übernehmen die Kosten<br />
nur, wenn alle Maßnahmen der Arbeitgeber,<br />
sowie alle vorrangigen Verpflichtungen der Rehabilitationsträger<br />
bzw. anderer Leistungsträger<br />
ausgeschöpft sind.<br />
Für die notwendige <strong>Arbeitsassistenz</strong> werden den<br />
schwerbehinderten Beschäftigten monatliche<br />
Budgets zur Verfügung gestellt. Diese betragen<br />
bei Vollzeitbeschäftigung bei einem durchschnittlichen<br />
arbeitstäglichen unterstützungsbedarf<br />
• von weniger als 1 St<strong>und</strong>e bis zu DM 500,-<br />
• 1 Std. bis unter 2 Std. bis zu DM 1.000,-<br />
• 2 Std. bis unter 3 Std. bis zu DM 1.500,-<br />
• mindestens 3 St<strong>und</strong>en bis zu DM 2.000,-<br />
im Monat.