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Internationales Zentrum für Menschenrechte der Kur<strong>den</strong><br />
IMK Menschenrechtsinformationsdienst<br />
Datum: 25. Oktober – 10. November 2003 Nummer: 204-205<br />
Ermittlungen gegen Vergewaltiger<br />
eingestellt<br />
Das Polizeipräsidium in Istanbul hat die Ermittlungen<br />
im Falle von Gülbahar Gündüz von der<br />
Frauenabteilung der HADEP, die im Juni von Personen,<br />
die sich als Polizisten ausgaben, gefoltert<br />
und vergewaltigt wor<strong>den</strong> war, eingestellt. Am 15.<br />
Oktober wurde dem IHD Istanbul mitgeteilt, dass<br />
die Akte geschlossen werde, weil es sich bei <strong>den</strong><br />
Personen nicht um Polizisten handele. Die strafrechtlichen<br />
Ermittlungen bei der Staatsanwaltschaft<br />
in Gaziosmanpasa (Istanbul) sind hingegen noch<br />
nicht abgeschlossen. (Quelle: Özgür Gündem, 19.10.2003)<br />
Anwälte vor Gericht<br />
Am 17. Oktober begann ein Verfahren gegen Sezgin<br />
Tanrikulu, Vorsitzender der Anwaltskammer in<br />
Diyarbakir und Leiter des Rehazentrums der TIHV<br />
in Diyarbakir, sowie die AnwältInnen Habibe Deyar,<br />
Burhan Deyar und Sebahattin Korkmaz vor der<br />
1. Kammer des Landgerichts in Diyarbakir. Sie sind<br />
nach § 240 TSG wegen Amtsmissbrauch angeklagt,<br />
weil sie Entschädigung für Bauern gefordert hatten,<br />
die aus ihren Dörfern vertrieben wor<strong>den</strong> waren.<br />
Tanrikulu sagte, dass ihr Antrag an <strong>den</strong> Gouverneur<br />
verfälscht wor<strong>den</strong> sei. Den AnwältInnen wird vorgeworfen,<br />
die Bewohner unter Vorspiegelung falscher<br />
Tatsachen zu ihren Mandaten gemacht zu<br />
haben, um sich selber zu bereichern. Bei <strong>den</strong> betroffenen<br />
Dörfern handelt es sich um <strong>den</strong> Weiler Derecik<br />
des Dorfes Caglayan im Kreis Kulp (Diyarbakir),<br />
das 1993 evakuiert wurde, die Dörfer Ziyaret<br />
und Uluocak im Kreis Lice, die 1994 entvölkert<br />
wur<strong>den</strong>. Anfang 2002 hatten die Bewohner die<br />
Anwälte beauftragt, auf Entschädigung zu klagen.<br />
In der Verhandlung fielen drei Personen mit Waffen<br />
auf. Zwei verliessen sofort <strong>den</strong> Saal. Das Gericht<br />
beschlagnahmte die Waffe der 3. Person, die<br />
sich als Mehmet Sahin ausgab und sagte, dass er<br />
vom Geheimdienst sei. Das Verfahren wurde auf<br />
<strong>den</strong> 5. Dezember vertagt. (Quelle: TIHV vom 18.10.2003)<br />
Prügel auf der Wache in Ödemis<br />
Am 19. Oktober ging Ali Namli auf die zentrale<br />
Polizeiwache in der Kreisstadt Ödemis (Izmir), um<br />
nach seinem Sohn Resat zu fragen, der wegen Alkohol<br />
am Steuer festgenommen wor<strong>den</strong> sein sollte.<br />
Sein Bekannter Yilmaz Gümüs begleitete ihn. Sie<br />
gaben später an, dass der Polizeichef Mustafa Saygi<br />
und der Kommissar Hüseyin Ceylan sie wegen der<br />
Frechheit schlug, Rechenschaft von der Polizei zu<br />
verlangen. Da er grosse Schmerzen hatte, wurde Ali<br />
Namli von Polizisten zum Krankenhaus gebracht<br />
und hier wurde ein gebrochener Arm sowie gebrochene<br />
Rippen festgestellt. Ali Namli stellte Strafanzeige.<br />
Bei seiner Vernehmung durch <strong>den</strong> Staatsanwalt<br />
soll der Polizeichef Mustafa Saygi gesagt haben,<br />
dass er nieman<strong>den</strong> geschlagen habe und die<br />
Verletzungen wohl durch einen Sturz von der Treppe<br />
herrührten. (Quelle: Sabah vom 21.10.2003)<br />
Folterverfahren in Mus<br />
Vor dem Landgericht in Mus begann am 16. Oktober<br />
ein Verfahren gegen <strong>den</strong> Unteroffizier Mahir<br />
Özbayrak, der im März 2002 <strong>den</strong> Schuldirektor<br />
Görgü Koçlardan sowie Sadrettin Sosan und Atik<br />
Peker, die wegen des Verdachts, der Hizbullah anzugehören,<br />
festgenommen wor<strong>den</strong> waren, vier Tage<br />
lang gefoltert haben soll. Der Angeklagte hatte sich<br />
schriftlich zur Sache geäussert und angegeben, dass<br />
die Ermittlungen vom Major Hüseyin Polatsoy<br />
geführt wor<strong>den</strong> seien und die Beamten Aslan Topdag<br />
(Deckname “Özgür”) und Akim Türker (Deckname:<br />
“Abbas”) bei <strong>den</strong> Verhören anwesend waren.<br />
Das Gericht vertagte sich auf <strong>den</strong> 13. November,<br />
um diese Personen als Zeugen zu vernehmen. Dies<br />
Verfahren wurde erst eröffnet, nachdem sich die<br />
Geschädigten an <strong>den</strong> Europäischen Menschenrechtsgerichtshof<br />
gewendet hatten. Zuvor hatte die<br />
Staatsanwaltschaft die Ermittlungen eingestellt.<br />
(Quelle: Yeni Safak vom 21.10.2003)<br />
Freispruch für Todesschüsse<br />
Die 2. Kammer des Landgerichts in Kayseri hat<br />
zum zweiten Mal 22 Polizisten freigesprochen, die<br />
bei der Stürmung einer Wohnung in Istanbul am 17.<br />
April 1992 die vermeinlichen Dev-Sol Mitglieder<br />
Eda Yüksel, Taskin Usta und Sabahat Karatas erschossen<br />
hatten. Das erste Mal waren die Beamten<br />
Resat Altay, Ibrahim Sahin, Vasfi Kara, Abdullah<br />
Dindar, Mehmet Sakir Öncel, Ismail Alici, Adnan<br />
Tasdemir, Ruhi Firat, Aslan Pala, Mehmet Düzgün,<br />
Adalet Üzüm, Senel Karaman, Ömer Mesut Yagcioglu,<br />
Ismail Türk, Ali Türken, Yahya Kemal Gezer,<br />
Zülfikar Çiftçi, Sönmez Alp, Ayhan Çarkin, Salih<br />
Tonga und Yasar Karaçam am 13 Juli 2001 freigesprochen<br />
wor<strong>den</strong>, aber der Kassationsgerichtshof<br />
hatte das Urteil wegen formeller Fehler aufgehoben.<br />
Das Verfahren gegen Mehmet Baki Avci wurde<br />
nach seinem Tode eingestellt. (Quelle: Cumhuriyet<br />
vom 22.10.2003)<br />
Verfahren gegen IHD Ankara zu Ende<br />
Das SSG Ankara entschied am 21. Oktober <strong>den</strong><br />
Vorstand und die Mitglieder der Kommission in der<br />
Zweigstelle Ankara des IHD zu Gefängnisstrafen<br />
freizusprechen. Im Zusammenhang mit Aktionen<br />
gegen die Isolation in <strong>den</strong> Gefängnissen vom Typ F<br />
war ihnen die Unterstützung einer bewaffneten<br />
Bande vorgeworfen wor<strong>den</strong> (§ 169 TSG). Ausserdem<br />
war die Schliessung der Zweigstelle beantragt<br />
wor<strong>den</strong>. Das Verfahren gegen Ali Riza Bektas wurde<br />
eingestellt, da ihm Strafunfähigkeit bescheinigt<br />
wor<strong>den</strong> war. Der ehemalige Vorsitzende Lütfi<br />
Demirkapi, die Vorstandsmitglieder Ilhami Yaban,<br />
Ismail Boyraz, Erol Direkçi, Mesut Çetiner, Zeki<br />
Irmak, Riza Resat Çetinbas, und die Mitglieder der<br />
Gefängniskommission Selim Necati Ort, Saniye<br />
Simsek, Ekrem Erdin, Gökçe Otlu und Emrah<br />
Serhan Soysal waren nach <strong>den</strong> jüngsten Änderungen<br />
im § 169 TSG freizusprechen. (Quelle: TIHV<br />
vom 22.10.2003)<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 1
Polizist freigesprochen<br />
Die 6. Kammer des Amtsgerichts in Mersin hat <strong>den</strong><br />
Polizeibeamten Ergün Ilhan wegen eines Unfalls<br />
bei <strong>den</strong> Newroz-Feierlichkeiten im Jahre 2002 freigesprochen.<br />
Ergün Ilhan hatte seinerzeit Mehmet<br />
Sen mit einem gepanzerten Fahrzeug überrollt und<br />
dieser war an <strong>den</strong> Verletzungen gestorben. Das Gericht<br />
entschied am 22. Oktober, dass der Polizeibeamte<br />
<strong>den</strong> Unfall nicht verhindern konnte und gab<br />
die Schuld an dem Unfall Mehmet Sen. (Quelle:<br />
Evrensel vom 23.10.2003)<br />
Murat Celikkan: TIHV angeklagt<br />
Am 12. November wird sich die Menschenrechtsstiftung<br />
der Türkei (TIHV) vor Gericht verantworten<br />
müssen, weil für die Behandlung der Hungerstreiken<strong>den</strong><br />
über das Internet zu Spen<strong>den</strong> aufgerufen<br />
wurde. Weiter ist in der Anklageschrift zu lesen:<br />
Das <strong>Dokument</strong>ationszentrum habe einen Bericht<br />
über die Situation in <strong>den</strong> Gefängnissen erstellt,<br />
diesen in die englische Sprache übersetzt und auf<br />
internationaler Ebene verteilt. Zudem habe es Treffen<br />
mit dem Verantwortlichen der UN zu “Verschwun<strong>den</strong>en”<br />
und dem Verantwortlichen des EP<br />
zur Türkei gegeben und diesen Personen seien<br />
dabei Akten übergeben wor<strong>den</strong>. Der TIHV wird<br />
vorgeworfen, mit Einrichtungen im Ausland zusammenzuarbeiten,<br />
ohne dafür eine Genehmigung<br />
des Ministerrates zu haben.<br />
(Quelle: Radikal vom 22.10.2003)<br />
Entschädigung für Anwältin<br />
Der Rechtsanwältin Seyma Dögücü wur<strong>den</strong> 3 Milliar<strong>den</strong><br />
TL Entschädigung wegen nicht gerechtfertigter<br />
Haft gewährt. Sie war am 22.10.2001 mit <strong>den</strong><br />
KollegInnen Arife Gökkaya und Salih Dögücü zur<br />
Theologischen Fakultät der Universität Marmara<br />
gegangen, um Stu<strong>den</strong>tinnen Rechtbeistand zu gewähren.<br />
Dabei waren sie festgenommen wor<strong>den</strong>.<br />
Nach dem Freispruch in einem Verfahren vor dem<br />
Landgericht in Üsküdar, wo wegen illegaler Demonstration<br />
verhandelt wurde, hatte die Anwältin<br />
<strong>den</strong> Antrag auf Entschädigung gestellt. (Quelle: Bianet<br />
vom 22.10.2003)<br />
TOHAV-Zentrum: In 6 Monaten<br />
128 Neuanträge auf Beratung<br />
Das Zentrum für rechtliche und medizinische Hilfe<br />
für Folteropfer und Vertriebene, TOHAV, hat in<br />
<strong>den</strong> ersten 6 Monaten des Jahres 128 Neuanträge<br />
auf Hilfeleistungen erhalten. Über 40 % der Anträge<br />
wur<strong>den</strong> von Frauen gestellt. Allein 40 Fälle sind<br />
Opfer von sexueller Misshandlung bis hin zur Vergewaltigung<br />
durch Angehörige der Sicherheitsbehör<strong>den</strong>.<br />
(Quelle: ISKU (Yeni<strong>den</strong> Özgür Gündem, 22.10.2003)<br />
Ankara lehnte Saddams Vorschlag, die<br />
Kur<strong>den</strong> gemeinsam zu vernichten, ab<br />
Laut des türkischen Außenministers, Abdullah Gül,<br />
schlug der frühere Präsi<strong>den</strong>t Irak’s, Saddam Hussein,<br />
der Türkei unmittelbar vor Kriegsbeginn einen<br />
gemeinsamen Schlag gegen die Kur<strong>den</strong> vor.<br />
Sein Plan, die Kur<strong>den</strong> „einen Kopf kürzer zu machen“,<br />
wurde von Ankara sofort zurückgewiesen,<br />
Gül setzte noch hinzu, „die Türkei hätte die irakischen<br />
Kur<strong>den</strong> länger als ein Jahrzehnt geschützt,<br />
und lehnten es deshalb ab, sich an einem solchen<br />
Überfall zu beteiligen“.<br />
Sich aus einer Entfernung von 8000 Kilometern zu<br />
äußern sei leicht erklärte der Außenminister und<br />
wies damit die Kritik einiger muslimischer Länder<br />
über die mögliche Entsendung türkischer Truppenverbände<br />
in <strong>den</strong> Irak zurück. Er schlug vor, statt das<br />
von <strong>den</strong> US geführten Frie<strong>den</strong>scorps zu verstärken,<br />
sollte die Islamische Konferenz eine Vermittlergruppe<br />
aufstellen.<br />
Wie man aus Kreisen türkischer Diplomaten hörte,<br />
war der Aufruf des Ministers frie<strong>den</strong>serhaltende<br />
Truppen aus muslimischen Ländern in <strong>den</strong> Irak zu<br />
sen<strong>den</strong>, keine (nur)taktische Äußerung. (Quelle:<br />
NTV/MSNBC, 14.10.03)<br />
MENSCHENRECHTE:<br />
Schon ein Kinobesuch kann die<br />
Familienehre verletzen<br />
In der Osttürkei begehen auffallend viele junge<br />
Mädchen Selbstmord. Frauenrechtlerinnen glauben<br />
in vielen Fällen eher an Mord durch die eigene<br />
Familie.<br />
Als man Leyla fand, war es zu spät. Arbeiter entdeckten<br />
die 17-Jährige morgens auf einer Baustelle.<br />
Das Mädchen hatte sich aus dem vierten Stock<br />
eines Rohbaus am Stadtrand von Batman gestürzt.<br />
Leyla gab noch schwache Lebenszeichen von sich,<br />
aber als sie ins Hospital eingeliefert wurde, war sie<br />
bereits tot. "Suizid" stellten Ärzte als Todesursache<br />
fest.<br />
Die "Stadt der Selbstmorde" wird Batman genannt.<br />
Rund 150 Mal im Jahr versuchen sich hier Menschen<br />
das Leben zu nehmen - jedem dritten gelingt<br />
es. Über 70 Prozent der Opfer sind weiblich. Nirgendwo<br />
in der Türkei wer<strong>den</strong> so viele Selbstmorde<br />
unter jungen Frauen registriert wie im Südosten des<br />
Landes. Jetzt kommt der Verdacht auf, dass es sich<br />
in vielen dieser Fälle um Morde handeln könnte.<br />
Junge Mädchen müssen sterben, weil sie gegen <strong>den</strong><br />
strengen Ehrenkodex der Familien verstoßen.<br />
Die Sozialarbeiterin Nebahat Akkoc hat seit Ende<br />
der 90er Jahre in <strong>den</strong> südostanatolischen Städten<br />
Batman, Diyarbakir, Kiziltepe und Bingöl Frauenzentren<br />
gegründet. Ein wichtiger Teil ihrer Arbeit<br />
ist, in Interviews mit Frauen möglichst viel über<br />
deren Lebenssituation zu erfahren. Mehr als 5000<br />
solcher Gespräche hat Akkoc geführt, knapp 2000<br />
davon systematisch ausgewertet. 15 Prozent der<br />
befragten Frauen berichteten von Morddrohungen,<br />
aber nur sieben Prozent trugen sich mit Selbstmordgedanken.<br />
"Wir glauben, dass es sich in der<br />
Mehrzahl der Selbstmord-Fälle in Wirklichkeit um<br />
Morde handelt", sagt Akkoc.<br />
Dabei geht es meist um die Familienehre. Frauen,<br />
die diese Ehre "beschmutzen", wür<strong>den</strong> oft zum<br />
Selbstmord gedrängt oder von männlichen Familienmitgliedern<br />
umgebracht, wenn sie die Selbsttötung<br />
verweigern, glaubt Akkoc: "In <strong>den</strong> meisten<br />
Fällen sprangen die Frauen von Balkonen oder<br />
tranken Gift - aber sprangen sie wirklich oder wur<strong>den</strong><br />
sie gestoßen?" Bei <strong>den</strong> so genannten Ehrenmor<strong>den</strong><br />
gehe es nicht immer um Liebe und Sexualität,<br />
sagt die Frauenrechtlerin Akkoc. "Manche Familien<br />
verhängen schon wegen eines unerlaubten<br />
Kino-Besuchs gegen eine Tochter die Todesstrafe."<br />
Die Befragung gibt ein erschreckendes Bild von<br />
<strong>den</strong> Lebensverhältnissen der Frauen in der überwiegend<br />
kurdisch besiedelten Südosttürkei. 99<br />
Prozent der interviewten Frauen sind psychischer,<br />
57 Prozent physischer Gewalt ausgesetzt. 19 Prozent<br />
sind Opfer von Inzest, acht Prozent wur<strong>den</strong><br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 2
vergewaltigt. Obwohl gesetzlich verboten, ist die<br />
Vielehe an der Tagesordnung. Zwar hat das Parlament<br />
in Ankara schon vor einiger Zeit das Heiratsalter<br />
für Mädchen von 15 auf 17 Jahre heraufgesetzt.<br />
Aber das interessiert viele Familien im Südosten<br />
nicht.<br />
Frauen und Mädchen, die sich nicht <strong>den</strong> Regeln des<br />
strengen, traditionellen Ehrenkodex unterwerfen,<br />
oder später aus arrangierten Ehen auszubrechen<br />
versuchen, riskieren ihr Leben. Nach Schätzungen<br />
von Menschenrechtsorganisationen wer<strong>den</strong> in der<br />
Türkei pro Jahr mindestens 200 Ehrenmorde begangen.<br />
Der Verlust der Jungfräulichkeit, auch<br />
durch Vergewaltigung, gilt als ein Ehrverlust für<br />
die Familie, der nur durch <strong>den</strong> Tod der Frau wettgemacht<br />
wer<strong>den</strong> kann. Oft beauftragt die Familie<br />
mit der Vollstreckung des Todesurteils ein minderjähriges<br />
Mitglied, das nicht bestraft wer<strong>den</strong> kann.<br />
Aber auch volljährige Täter können meist auf Verständnis<br />
der Richter hoffen. Das türkische Strafgesetzbuch<br />
sieht für Ehrenmorde mildernde Umstände<br />
vor. (Quelle: (GERD HÖHLER / ATHEN) Frankfurter<br />
Rundschau, 25.10.2003)<br />
Mehr Rechte für Deutsche in der Türkei<br />
Die Rechtsstellung von Deutschen in der Türkei hat<br />
sich verbessert. Seit Anfang 2003 seien in der Türkei<br />
Gesetze in Kraft getreten, die <strong>den</strong> Status von<br />
Deutschen aufwerten, teilte die Bundesregierung<br />
mit. Mit türkischen Staatsangehörigen Verheiratete<br />
und EU-Bürger wür<strong>den</strong> ohne Fristen und Voraussetzungen<br />
eine Arbeitserlaubnis erhalten. Auch der<br />
Immobilienkauf wurde erleichtert. (sav.) (Quelle:<br />
Berliner Zeitung, 21.10.03)<br />
Journalist verhaftet<br />
Sinan Kara, Reporter für die Agentur DHA und<br />
Besitzer der Zeitung “Datça Haber” trat am 27.<br />
Oktober eine 144-tägige Strafhaft an. Er war wegen<br />
Beleidigung der Leibwächter von Mert Ciller, Sohn<br />
der ehemaligen Premierministerin Tansu Çiller<br />
verurteilt wor<strong>den</strong>. Gegen Sinan Kara sind weitere<br />
Verfahren anhängig, die vor allem vom Landrat von<br />
Datca initiiert wur<strong>den</strong>. (Quelle: Cumhuriyet, 28.10.2003)<br />
Fehler der Anklage nach 9 Jahren<br />
entdeckt<br />
Am 28. Oktober nahm die 4. Kammer des SSG<br />
Istanbul das Verfahren gegen 25 Angeklagte erneut<br />
auf. Den Angeklagten waren 6 Aktionen im Namen<br />
der PKK zur Last gelegt wor<strong>den</strong>, von <strong>den</strong>en sich in<br />
zwei Fällen herausstellte, dass sie nie stattgefun<strong>den</strong><br />
haben. Dennoch sind bis zum jetzigen Zeitpunkt<br />
Metin Dogan, Kemal Güngü, Talip Kalin und Ekrem<br />
Ütebay weiter in Haft. Von <strong>den</strong> Stadtwerken in<br />
Istanbul wurde mitgeteilt, dass es einen Anschlag<br />
mit Molotowcocktail auf einen Bus im Stadtteil<br />
Gaziosmanpasa im Jahre 1994 nicht gegeben habe.<br />
Die oberste Polizeidirektion teilte des Weiteren mit,<br />
dass auch der vermeintliche Anschlag auf eine<br />
Schule im Stadtteil Gazi nicht stattgefun<strong>den</strong> habe.<br />
Das Verfahren vor dem SSG Istanbul war 1994 gegen<br />
46 Angeklagte eröffnet wor<strong>den</strong>. 10 Angeklagte<br />
waren freigesprochen wor<strong>den</strong>, die Verfahren von<br />
weiteren 10 Angeklagten wur<strong>den</strong> abgetrennt und<br />
ein Verfahren war fallengelassen wor<strong>den</strong>. Die verbliebenen<br />
25 Angeklagten waren zu Strafen zwischen<br />
30 Monaten und lebenslanger Haft verurteilt<br />
wor<strong>den</strong>. Der Kassationsgerichtshof hatte das Urteil<br />
im Jahre 2000 aufgehoben, so dass es zu einem<br />
erneuten Verfahren kommen musste. In diesem<br />
Verfahren wäre auch Cüneyt Aydinlar mit angeklagt<br />
gewesen, wenn er nicht in der Polizeihaft<br />
“verschwun<strong>den</strong>” wäre. Die Mitgefangenen gaben<br />
an, dass 6 Beamte der politischen Polizei am 2.<br />
März 1994 in seine Zelle kamen und ihn fragten, ob<br />
er bereit sei, <strong>den</strong>n er werde in <strong>den</strong> Tod gehen. Später<br />
hatte die Polizei behauptet, dass Cüneyt Aydinlar<br />
bei einem Ortstermin geflohen sei. (Quelle: Özgür<br />
Politika vom 29.10.2003)<br />
Projekt zur Minensäuberung<br />
Der Verein Junger Unternehmer in Urfa hat ein<br />
Projekt entwickelt, mit dem eine Fläche von 35.000<br />
Hektar in <strong>den</strong> Provinzen Hatay, Kilis, Sanliurfa und<br />
Mardin gesäubert wer<strong>den</strong> soll. Es wurde der Weltorganisation<br />
von Jungen Unternehmern vorgelegt.<br />
Mit diesem Projekt soll ungenutztes Land wieder<br />
nutzbar wer<strong>den</strong>. Durch organischen (biologischen)<br />
Anbau soll damit 100.000 Menschen eine Arbeitsmöglichkeit<br />
geschaffen wer<strong>den</strong>. Die Unternehmer<br />
tauften ihr Projekt “Ökopark”. (Quelle: Bianet vom<br />
30.10.2003)<br />
Buch über extra-legale Hinrichtungen<br />
Pervin Buldan, Frau des kurdischen Unternehmers<br />
Savas Buldan, der von unerkannten Tätern ermordet<br />
wurde, hat ein Buch zu politischen Mor<strong>den</strong> in<br />
<strong>den</strong> 90er Jahren herausgegeben. Darin stellt sie fest,<br />
dass von 306 solcher Morde 168 in Batman begangen<br />
wur<strong>den</strong>. Als Erster sei dort der Journalist Cengiz<br />
Altun im Jahre 1992 ermordet wor<strong>den</strong>. In Batman<br />
wur<strong>den</strong> 1992 43 politische Morde begangen,<br />
1993 waren es 63 und 1994 gab es 44 Opfer. 1995<br />
ging die Zahl auf 11 zurück. 1996 waren es noch 2<br />
und zwischen 1997 und 2000 gab es 3 Opfer. In<br />
dem Buch wer<strong>den</strong> Details vieler Morde geschildert,<br />
deren Täter nie gefun<strong>den</strong> wur<strong>den</strong>. In 20 Fällen<br />
haben sich die Familien an Gerichte gewandt, aber<br />
auch hier keinen Erfolg erzielt. (Quelle: Özgür Politika<br />
vom 31.10.2003)<br />
Ein Türban kommt Sezer nicht ins Haus<br />
Der türkische Staatspräsi<strong>den</strong>t Sezer duldet in seinem<br />
Palast keine Frau mit Kopftuch, egal wer ihr<br />
Mann ist. Emine Erdogan, die Frau des türkischen<br />
Ministerpräsi<strong>den</strong>ten bekam keine Einladung in <strong>den</strong><br />
Präsi<strong>den</strong>tenpalast zum Nationalfeiertag. Denn sie<br />
trägt einen Türban, wie man in der Türkei das<br />
Kopftuch nennt, mit dem immer mehr Frauen ihre<br />
muslimische Rechtgläubigkeit demonstrieren.<br />
Für viele Türken ist der Türban das Sinnbild von<br />
orientalischer Rückständigkeit, religiösem Fanatismus<br />
und der Unterdrückung der Frau. Sie sehen in<br />
dem Kopftuch eine Provokation, ein Symbol des<br />
politischen Islam, dessen Anhänger in Anatolien<br />
angeblich einen Gottesstaat errichten wollen.<br />
Staatspräsi<strong>den</strong>t Sezer ließ nachforschen, welche<br />
Politikergattinnen Kopftücher tragen. Sie wur<strong>den</strong><br />
von der Einladungsliste des Staatsempfangs gestrichen.<br />
Die Reaktion auf die Entscheidung Sezers,<br />
die Kopftuch tragen<strong>den</strong> Ehefrauen nicht einzula<strong>den</strong>,<br />
ist gespalten. Die Kemalisten unterstützen ihn.<br />
Rückendeckung kann der Präsi<strong>den</strong>t auch von <strong>den</strong><br />
Generälen erwarten, <strong>den</strong> strengsten Wächtern über<br />
die Trennung von Staat und Religion.<br />
Die regierungsnahen Medien jedoch zeigen sich<br />
empört. Sezer zeige mangeln<strong>den</strong> Respekt vor <strong>den</strong><br />
Menschenrechten. (Quelle: Frankfurter Rundschau,<br />
27.10.2003)<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 3
DGM - Prozesse dauern ewig –<br />
Auflösung der DGM für die EU ?<br />
Im Rahmen der Rechtsanpassung an die EU – Standards<br />
ist auch die Auflösung der DGM auf die<br />
Tagesordnung gekommen. Ein Problem dabei stellt<br />
die Tatsache dar, dass einige Prozesse seit 10 Jahren<br />
andauern und nicht beendet sind. In einem dieser<br />
Prozesse gegen 13 Angeklagte wegen DHKP/C<br />
Tätigkeit wurde jetzt die Verhandlung erneut vertagt,<br />
weil Aussagen eines Beschuldigten nicht abgeschlossen<br />
wer<strong>den</strong> konnten. (Quelle: ISKU (DIHA,<br />
27.10.2003)<br />
Gerichtsklagen gegen<br />
Buchstabenverbote /<br />
Über 200 Festnahmen<br />
Das türkische Innenministerium erliess ein Verbot<br />
für kurdische Namen mit <strong>den</strong> Buchstaben Q, X und<br />
W. Für die Beibehaltung der Namen in kurdischer<br />
Schreibweise wur<strong>den</strong> Anträge bei <strong>den</strong> Gerichten<br />
eingereicht. In Diyarbakir wur<strong>den</strong> etwa 200 Antragsteller<br />
deswegen festgenommen; sie wer<strong>den</strong> in<br />
einer grossen Sporthalle festgehalten. Anträge bei<br />
<strong>den</strong> Gerichten wur<strong>den</strong> auch in <strong>den</strong> Städten Van,<br />
Mardin, Sirnak, Adana, Mersin, Elazig, Cukurova<br />
und Batman abgegeben. (Quelle: ISKU (DIHA,<br />
27.10.2003)<br />
Kur<strong>den</strong> kämpfen für illegale<br />
Buchstaben<br />
Kürzlich hat die türkische Regierung Eltern erlaubt,<br />
ihren Kindern kurdische Vornamen zu geben. Aber<br />
sie dürfen die Buchstaben W, Q und X nicht benutzen,<br />
weil sie im türkischen Alphabet nicht vorkommen.<br />
Politiker der kurdischen Partei DEHAP<br />
wollten das neue Gesetz testen und stellten Anträge<br />
bei Gerichten in Ankara und Istanbul, um ihre türkischen<br />
Namen in kurdische zu ändern. Dabei wollten<br />
sie die im Kurdischen gebräuchlichen drei<br />
Buchstaben verwen<strong>den</strong>. Der Istanbuler DEHAP-<br />
Chef Mehmet Toprak sagte, seine Eltern hätten ihn<br />
eigentlich Welad Amedi nennen wollen. Dies sei<br />
damals nicht möglich gewesen. Das Urteil des Gerichts<br />
steht noch aus. DEHAP-Politiker, die auf<br />
einem Plakat „Newroz“ (Neujahr) mit dem verbotenen<br />
W geschrieben hatten, stan<strong>den</strong> aber jetzt in<br />
Istanbul vor einem Strafgericht. Der Richter fand,<br />
die Sache sei lächerlich, weil niemand sich aufrege,<br />
wenn jemand in der Türkei Englisch verwende.<br />
Auch türkische Firmen und Fernsehsender („Show-<br />
TV“) benutzen das verbotene W. (Quelle: Süddeutsche<br />
Zeitung, 30.10.2003)<br />
Türkisches Schweigen über Berner<br />
Vorfälle / Widersprüche in Bezug auf<br />
Geheimdienstvorwürfe<br />
Die türkische Presse hat am Montag die Enthüllungen<br />
des „Tages-Anzeigers“ vom Samstag in Bezug<br />
auf <strong>den</strong> vorgesehenen Türkeibesuch von Bundesrätin<br />
Micheline Calmy-Rey genauso wie auch am<br />
Wochenende ignoriert und zur schwellen<strong>den</strong> Krise<br />
der türkisch-schweizerischen Beziehungen einfach<br />
geschwiegen. Nur die auflagestarke Tageszeitung<br />
‚Hürriyet’ berichtet in ihrer Montagausgabe, dass<br />
unbenannte Behör<strong>den</strong> die Angaben der Schweizer<br />
Presse dementieren. Laut dem Zeitungsbericht sei<br />
der Türkeibesuch der Außenministerin nicht geplatzt,<br />
weil der türkische Geheimdienst MIT ihr<br />
Treffen mit einem Kur<strong>den</strong>vertreter beobachtet habe,<br />
sondern weil der Waadtländer Grosse Rat am 23.<br />
September <strong>den</strong> Tod von Hunderttausen<strong>den</strong> von<br />
Armeniern in Anatolien nach dem Ersten Weltkrieg<br />
als Genozid anerkannt habe.<br />
Der Bericht der ‚Hürriyet’ ist wenig aufschlussreich.<br />
Denn der türkische Botschafter in Bern, Metin<br />
Örnekol, bestätigt darin nur, dass ein MIT-<br />
Bericht über ein Treffen zwischen Calmy-Rey und<br />
einem hochrangigen Vertreter der Kurdischen Arbeiterpartei<br />
(PKK) tatsächlich vorliege. Gleichzeitig<br />
weist Örnekol laut ‚Hürriyet’ aber je<strong>den</strong> Vorwurf<br />
gegen <strong>den</strong> MIT, in der Schweiz illegal nachrichtendienstlich<br />
tätig zu sein, zurück.<br />
Ähnlich widersprüchlich war am letzten Sonntag<br />
auch der diesbezügliche Hauptkommentar der ‚Hürriyet’.<br />
Unter dem abschätzigen Titel ‚So sind die’<br />
(die Schweizer) berichtete Redakteur Oktay Eksi,<br />
der gute Kontakte zum Außenministerium haben<br />
soll, dass es noch nicht klar sei, ob die Aufschiebung<br />
der Türkeireise von Calmy-Rey auf <strong>den</strong> Beschluss<br />
des Waadtländer Parlaments zurückzuführen<br />
sei oder doch auf das Treffen zwischen der<br />
Aussenministerin und einem hochrangigen PKK-<br />
Vertreter, welches der MIT, ‚das Auge und Ohr der<br />
Türkei’, aufgezeichnet habe.. (Quelle: Neue Zürcher<br />
Zeitung, 28. Oktober 2003)<br />
Folterverfahren in Izmir<br />
Am 31. Oktober ging das Verfahren gegen 4 Polizeibeamte<br />
weiter, die <strong>den</strong> deutschen Straatsbürger<br />
Mehmet Desde im Juli 2002 über 4 Tage lang gefoltert<br />
haben sollen. Die Angeklagten Mesut Angi,<br />
Alim Erçetin und Hürriyet Gündüz sagten, dass sie<br />
an <strong>den</strong> Verhören nicht beteiligt gewesen seien und<br />
lediglich das Protokoll unterschrieben hätten. Mehmet<br />
Desde sagte, dass bei <strong>den</strong> Verhören seine Augen<br />
verbun<strong>den</strong> waren und er deshalb die Angeklagten<br />
nicht i<strong>den</strong>tifizieren könne. Allerdings ähnelt die<br />
Stimme von Ali Ercetin der Person, die ihm Drohungen<br />
von Vergewaltigung ins Ohr geflüstert habe.<br />
(Quelle: TIHV vom 03.11.2003)<br />
Bombenexplosion<br />
In der Nähe des Dorfes Andic, im Kreis Uludere<br />
(Sirnak) spielten Kinder mit einem Mörsergeschoss,<br />
das sie in der Nähe gefun<strong>den</strong> hatten. Als das Geschoss<br />
explodierte starben Nehir Ölmez (14), Selin<br />
Ölmez (10), Songül Ölmez (8) und Vedat Ölmez<br />
(7). Newroz Ölmez, Zübeyde Ölmez, Ferdi Ölmez,<br />
Sehriban Ölmez, Emine Ölmez, Gülsin Ölmez und<br />
Çilek Ölmez wur<strong>den</strong> verletzt.<br />
Der IHD untersuchte <strong>den</strong> Vorfall und kam zu dem<br />
Schluss, dass das Geschoss von der staatlichen Gesellschaft<br />
MKE (Maschinen-Chemie-Industrie)<br />
hergestellt wurde. Der IHD beschwerte sich, dass<br />
der Staatsanwalt bei <strong>den</strong> Ermittlungen nicht die<br />
Aussagen der verletzten Kinder aufgenommen<br />
habe. Die Umgebung des Dorfes soll mit 4.200 Minen<br />
"verseucht" sein. (Quelle: Milliyet vom 03.11.2003)<br />
Ermordung von Sinan Kayis<br />
Die 1. Strafkammer am Landgericht in Istanbul<br />
verkündete am 3. November das Urteil im Fall der<br />
Ermordung des ÖDP Mitglieds Sinan Kayis. Er war<br />
am 31. August 2002 beim Verteilen von Flugblättern<br />
vom Betreiber eines Cafes erschossen wor<strong>den</strong>.<br />
Der Wirt Ziya Yücetepe erhielt eine Strafe von 16<br />
Jahren und 3 Monaten Haft, da der Mord unter<br />
leichter Provokation stattgefun<strong>den</strong> habe. Der Mitangeklagte<br />
Ömer Karakus wurde wegen unerlaub-<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 4
ten Besitzes einer Waffe zu 11 Monaten und 20 Tagen<br />
Haft verurteilt. Vor der Urteilsverkündigung<br />
wurde eine Gruppe von ÖDP'lern von der Polizei<br />
daran gehindert, bis zum Gerichtsgebäude zu gehen.<br />
Dabei wur<strong>den</strong> die Rechtsanwälte Bahri Bayram<br />
Belen, Oya Meriç Eyüboglu und Murat Altindere<br />
verletzt. Murat Altindere soll wegen Schlägen<br />
auf <strong>den</strong> Kopf das Bewusstsein verloren haben.<br />
(Quelle: Cumhuriyet vom 04.11.2003)<br />
Bombenexplosion<br />
Auf einer Mülldeponie für Kriegsabfälle aus dem<br />
Irak in der Nähe der Stadt Paysa im Kreis Dörtyol<br />
(Hatay) kam es zu einer Explosion, die von einem<br />
Mörsergeschoss herrühren soll. Dabei wurde der<br />
Arbeiter Hüseyin Öksüz getötet. Die Arbeiter Ali<br />
Sönmez und Hazni Inan wur<strong>den</strong> verletzt. (Quelle:<br />
Radikal vom 05.11.2003)<br />
Aufstand im Gefängnis Buca<br />
Am 5. November kam es aus bisher ungeklärten<br />
Grün<strong>den</strong> zu einem Aufstand in der Kinderabteilung<br />
des Gefängnisses in Buca (Izmir). Nach Auskunft<br />
des obersten Staatswanwaltes von Izmir, Ilhan<br />
Mesutoglu, sollen ein paar abenteuerlustige Kinder<br />
Barrika<strong>den</strong> errichtet und Sachen in Brand gesteckt<br />
haben. Sie hätten aber überredet wer<strong>den</strong> könne, die<br />
Aktion abzubrechen.<br />
Am Folgetage sagte Özlem Mungan vom CMUK<br />
Service (Rechtsbeistand in Polizeihaft) bei der<br />
Anwaltskammer in Izmir, dass sie stets Schwierigkeiten<br />
hätten, mit <strong>den</strong> Gefangenen in Buca zu sprechen.<br />
In der Kinderabteilung seien ca. 40 Minderjährige,<br />
die <strong>den</strong> AnwältInnen von der Gewalt berichteten,<br />
der sie ausgesetzt sind. Andere Anwälte<br />
gaben an, dass Kinder in <strong>den</strong> Gefängnissen von<br />
Aydin und Buca verschie<strong>den</strong>en Willküraktionen<br />
ausgesetzt seien. Sie wür<strong>den</strong> in Einzelhaft genommen,<br />
müssten mit <strong>den</strong> Hän<strong>den</strong> essen, ihre Anträge<br />
zur Verlegung in ein Krankenhaus wür<strong>den</strong> nicht<br />
behandelt und es gebe viele Fälle von Prügelstrafen.<br />
(Quelle: Cumhuriyet vom 06.11.2003)<br />
Angeklagte mit Kopftuch des Saales<br />
verwiesen<br />
Vor der 4. Kammer des Kassationsgerichtshofes<br />
fand am 6. November eine Revisionsverhandlung in<br />
einem Verfahren gegen 63 Angeklagte (darunter<br />
auch der Bürgermeister von Ankara, Melih Gökcek),<br />
<strong>den</strong>en Betrug vorgeworfen wor<strong>den</strong> war. Die<br />
Angeklagte, Hatice Hasdemir, erschien mit Kopftuch<br />
und wurde des Saales verwiesen. Hatice Hasdemir<br />
machte darauf aufmerksam, dass sie sich als<br />
Angeklagte vor Gericht befinde, aber der vorsitzende<br />
Richter bestand darauf, dass sie <strong>den</strong> Saal verliesse,<br />
was sie dann auch tat. (Quelle: Milliyet vom<br />
07.11.2003)<br />
Verheugen: Die Türkei muss sich noch<br />
gedul<strong>den</strong><br />
Die EU-Entscheidung über die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen<br />
mit der Türkei könnte sich nach<br />
Äußerungen des Erweiterungskommissar Günter<br />
Verheugen über das kommende Jahr hinaus verzögern.<br />
Anfang November wird die Kommission einen<br />
neuen Zwischenbericht über die Fortschritte der<br />
Türkei bei der Erfüllung der politischen Bedingungen<br />
für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen vorlegen.<br />
Verheugen sieht ein "immer noch gemischtes<br />
Bild". Erfolgreichen politischen Reformen stün<strong>den</strong><br />
weiterhin Verstöße gegen die Menschenrechte und<br />
Religionsfreiheit sowie die mit dem Demokratieverständnis<br />
der EU nicht vereinbare starke Rolle<br />
des Militärs gegenüber.<br />
Abstriche von <strong>den</strong> Kopenhagener Kriterien, also<br />
der EU-Forderung nach Verwirklichung von Demokratie,<br />
Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit,<br />
werde es nicht geben.<br />
Verheugen lobte die Anstrengungen der Regierung<br />
Erdogan bei <strong>den</strong> Verfassungsreformen und gesetzlichen<br />
Schritten. Die Chance für "wirklich grundlegende<br />
Reformen" sei so groß wie noch nie. Er<br />
machte aber auch keinen Hehl daraus, dass der<br />
kommende Fortschrittsbericht abermals zahlreiche<br />
Defizite benennen werde. Besonders kritisch äußerte<br />
sich Verheugen darüber, dass in der Türkei noch<br />
immer gefoltert werde. Auch bei der Übernahme<br />
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs<br />
für Menschenrechte in das türkische Recht hapere<br />
es. Ferner klafften Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit<br />
auseinander.<br />
Gerichte und Verwaltungen legten die Reformgesetze<br />
bewusst eng aus. In vielen Fällen könne man<br />
von Obstruktion sprechen, wie z.B. Verwaltungsvorwände,<br />
um Schulunterricht und Rundfunksendungen<br />
in kurdischer Sprache zu verhindern. (Quelle:<br />
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 27.10.2003)<br />
EU-Fortschrittsbericht mahnt<br />
Umsetzung von Reformen<br />
in der Türkei an<br />
Istanbul (AFP) - In ihrem diesjährigen Fortschrittsbericht<br />
zur Demokratisierung der Türkei lobt die<br />
EU-Kommission die Reformen der Regierung in<br />
Ankara, dringt zugleich aber auf eine entschlossenere<br />
Umsetzung. Diplomatische Kreise in Ankara<br />
bestätigten am Freitag entsprechende türkische<br />
Pressemeldungen über <strong>den</strong> Bericht, der offiziell erst<br />
am kommen<strong>den</strong> Mittwoch veröffentlicht wer<strong>den</strong><br />
soll. Mit <strong>den</strong> verabschiedeten Reformen habe die<br />
Türkei die Anforderungen der Europäischen Union<br />
auf dem Papier zwar größtenteils erfüllt, stellt der<br />
Bericht demnach fest; die praktische Umsetzung<br />
dieser Reformen verlaufe bisher aber "langsam und<br />
ungleichmäßig". Die Gesetzesreformen wirkten<br />
sich daher überwiegend noch nicht auf die Bürger<br />
aus. (Quelle: AFP, 31.10.03)<br />
Verheugen-Interview:<br />
"Wer Gesinnungshäftlinge hält, ist kein<br />
EU-Land<br />
„Verheugen: Die Kommission lobt das wirklich<br />
beeindruckende politische Reformtempo, das die<br />
Regierung von Tayyip Erdogan im letzten Jahr<br />
vorgelegt hat. Da hat jetzt auch in <strong>den</strong> Gesetzen<br />
seinen Niederschlag gefun<strong>den</strong>. Aber, das beschreiben<br />
wir im Bericht ebenso, es hapert noch gewaltig<br />
bei der Umsetzung. Es wird weiterhin gefoltert.<br />
Auch Gerichte und die Polizeibehör<strong>den</strong> neigen<br />
dazu, die Reformen sehr restriktiv auszulegen,<br />
insbesondere was die Versammlungs- und Meinungsfreiheit<br />
betrifft. Ich sage <strong>den</strong> Türken seit<br />
langem: Lasst als erstes die Leute aus dem Gefängnis,<br />
die dort sitzen, weil sie nur ihre Meinung äußerten.<br />
Ein Land, das Gesinnungshäftlinge hält,<br />
stellt sich ins Abseits.<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 5
SPIEGEL ONLINE: Wie reagiert Herr Erdogan<br />
auf Ihre Meinung?<br />
Verheugen: Er sagt, er habe die Voraussetzungen<br />
dafür geschaffen, dass die Verfahren gegen die<br />
politischen Häftlinge wieder aufgenommen wer<strong>den</strong><br />
können. Die Justiz habe jetzt das Wort. Aber auch<br />
dort gibt es Obstruktion. Es ist leider ganz eindeutig:<br />
Teile des Machtapparates vollstrecken <strong>den</strong><br />
Willen des Parlaments und der Politik einfach<br />
nicht.“ (Quelle: SPIEGEL ONLINE, 04.11.2003)<br />
Ankara räumt Schwächen bei<br />
Umsetzung von Reformen ein<br />
Die türkische Regierung hat Schwächen bei der<br />
Umsetzung rechtsstaatlicher Reformen eingeräumt.<br />
Außenminister Abdullah Gül sagte am Mittwoch<br />
nach der Veröffentlichung des neuen Fortschrittsberichts<br />
der EU-Kommission für das Bewerberland<br />
Türkei, dass es Verzögerungen in der Praxis gebe<br />
und insofern der EU-Bericht "objektiv" sei.<br />
(Quelle: Yahoo!, 05.11.2003)<br />
Theorie gut, Praxis schlecht<br />
Im Anpassungsbericht 2003 wer<strong>den</strong> Folter, Rechtsverletzungen,<br />
Gebrauch von Kurdisch im Verlagswesen<br />
und Ausbildung und die 10% - Hürde bei<br />
<strong>den</strong> Wahlen heftig kritisiert.<br />
In der EU-Kommission für die Erweiterung der EU<br />
wurde der Anpassungs-Bericht 2003 gebilligt und<br />
anschliessend veröffentlicht. Im Bericht wird festgestellt,<br />
die theoretische Anpassung anerkannt; die<br />
Praxis aber heftig kritisiert wird. In dem Bericht<br />
2003 der EU-Kommission für die Erweiterung<br />
heisst es: „trotz erfolgter Schritte gegen Folter und<br />
Misshandlungen ist die Lage im Land noch nicht<br />
gesichert; es gibt immer noch Fälle von Folter“. Eine<br />
Untersuchung von Fällen von Folter und Misshandlungen<br />
ist nicht mehr zulassungspflichtig; es<br />
gibt aber immer noch gesetzliche Hindernisse für<br />
Untersuchungsverfahren bei Fällen von „Hinrichtung<br />
ohne Urteil“, Verschwin<strong>den</strong>lasssen von Personen,<br />
Fälle wie bei Gülbahar Gündüz in Istanbul<br />
oder die Fälle von Serdar Tanis und Ebubekir Deniz<br />
in Silopi im Jahr 2001 wer<strong>den</strong> angeführt.<br />
Aufgeführte kritisierbare Bereiche:<br />
Meinungsfreiheit, Pressefreiheit bedroht durch drakonische<br />
Strafen und Zensur im Internet<br />
Recht auf Veröffentlichungen in kurdischer Sprache<br />
Kritik am Wahlsystem. In 5 Wahlbereichen erhielt<br />
die DEHAP mehr als 45 % Stimmen, aber keine<br />
Abgeordneten<br />
Opfer von erzwungener Flucht; Vertreibung aus<br />
<strong>den</strong> Dörfern und dadurch entstehende soziale und<br />
wirtschaftliche Schwierigkeiten, (auch in <strong>den</strong> Gebieten,<br />
die Fluchtziel sind: Beispiel Diyarbakir);<br />
Minenfelder in der Umgebung der entvölkerten<br />
Dörfer (Projekt: Rückkehr in die Dörfer);<br />
Über 500 Prozesse gegen Aktivisten für Menschenrechte.<br />
Gebrauch bzw. Verbot der Buchstaben X, W, Q;<br />
Anträge auf Ausbildung in Kurdisch wer<strong>den</strong> durch<br />
Gerichtsprozesse beeinträchtigt oder zurückgewiesen.<br />
Prozess gegen DEP, nachdem der Europäische<br />
Menschengerichtshof das Urteil der Türkei zurückgewiesen<br />
hatte;<br />
Gerichtsurteil (Luzidou gegen Türkei, Verfahren<br />
wegen Nord-Zypern stimmt die Türkei dem Urteil<br />
nicht zu).<br />
Die Kommision kommt zu der Meinung, die Türkei<br />
habe nicht vollständig <strong>den</strong> Kopenhagener Kriterien<br />
entsprochen. Bei politischen, zivilen, wirtschaftlichen,<br />
sozialen und kulturellen Rechten könne keine<br />
vollständige Garantie abgegeben wer<strong>den</strong>; bei der<br />
Umsetzung der gesetzlichen Reformen seien noch<br />
umfassende Bemühungen nötig.<br />
Problem Zypern: Das Problem solle bis spätestens<br />
Mai 2004 gelöst wer<strong>den</strong>; die Türkei wird als Problem<br />
für <strong>den</strong> Zusammenschluss gesehen. Das könnte<br />
auch die Aufnahme der Türkei in die EU beeinträchtigen.<br />
Ein erneuter Bericht über <strong>den</strong> Entwicklungsstand<br />
der Umsetzung an die EU-Standards wird im Oktober<br />
2004 erstellt wer<strong>den</strong>...<br />
(Quelle: Informationsstelle Kurdistan (Übersetzung aus Yeni<strong>den</strong><br />
Özgur Gündem.com, 06.11.2003)<br />
"Nur die Metho<strong>den</strong> der Folter haben<br />
sich geändert": Menschenrechtler<br />
Öndül: Keine Verbesserungen trotz<br />
neuer Gesetze in der Türkei<br />
Nach Ansicht des Vorsitzen<strong>den</strong> des türkischen<br />
Menschenrechtsvereins (IHD), Hüsnü Öndül, hat<br />
die Türkei keine nennenswerte Fortschritte bei der<br />
Bekämpfung der Folter erzielen können. Er äußerte,<br />
dass die Folter-Zahlen nicht zurückgehen und deshalb<br />
der Bericht der EU-Kommission, in dem die<br />
Gesetzesänderungen der jüngsten Zeit gelobt aber<br />
die schleppende Umsetzung kritisiert wer<strong>den</strong>, objektiv<br />
sei. Die Zahlen des IHD zeigen eher auf<br />
einen Anstieg als eine Abnahme der Folterfälle. So<br />
registrierten die Menschenrechtler im Jahr 2002<br />
insgesamt knapp 900 mutmaßliche Fälle von Folter<br />
und Misshandlung; in <strong>den</strong> ersten fünf Monaten<br />
dieses Jahres waren es 600. Öndül erklärte, dass<br />
sich nicht die Zahlen, sondern nur die Metho<strong>den</strong><br />
der Folter geändert haben.<br />
Da ein neues Gesetz eine raschere Überweisung<br />
von Festgenommenen an <strong>den</strong> Haftrichter vorschreibt,<br />
versuche die Polizei Spuren von Misshandlungen<br />
zu vermei<strong>den</strong>. Deshalb wür<strong>den</strong> weniger<br />
Elektroschocks und Schläge eingesetzt, immer<br />
mehr Festgenommene müssten sich nun aber nackt<br />
ausziehen und wür<strong>den</strong> mit kaltem Wasser übergossen.<br />
Öndül betonte, er wolle die von Ankara eingeleiteten<br />
Reformen nicht "herunterspielen", jedoch<br />
müsse die Regierung die Gesetze besser umsetzen.<br />
(Quelle: Bremer Nachrichten, 06.11.2003)<br />
125 Angeklagte auf einen Streich:<br />
Türkei: Massenprozeß in der<br />
kurdischen Stadt Bingöl.<br />
Am Freitag wurde in der kurdischen Stadt Bingöl<br />
im Südosten der Türkei ein spektakulärer Massenprozeß<br />
gegen 125 Frauen aus verschie<strong>den</strong>en<br />
Teilen des ganzen Landes eröffnet. Ihnen wurde<br />
vorgeworfen, gegen das Kundgebungs- und Versammlungsrecht<br />
verstoßen zu haben. Ihre<br />
»Schuld«: Sie hatten im Juni dieses Jahres eine<br />
Kampagne für einen »run<strong>den</strong> Tisch zum Dialog«<br />
begonnen, der eine innergesellschaftliche Aussöhnung<br />
zwischen türkischer und kurdischer Bevölkerung<br />
zum Ziel hat.<br />
Der Prozeß begann Freitag früh im restlos überfüllten<br />
Gerichtssaal des 2. Strafgerichts in Bingöl unter<br />
Turbulenzen. Nahezu alle angeklagten Frauen waren<br />
erschienen. Die Räumlichkeiten erwiesen sich<br />
als zu klein. Zudem erregte das Verfahren in der<br />
Stadt nicht nur wegen des massiven Aufgebots an<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 6
Polizei und Armee Aufsehen. Der Antrag der acht<br />
Verteidigerinnen, daß zumindest die im Saal befindlichen<br />
bewaffneten Zivilpolizisten <strong>den</strong> Saal zu<br />
verlassen hätten, wurde abgelehnt. Während des<br />
ganzen Tages dann verhandelte das Gericht. Gegen<br />
Abend wurde schließlich mit einer Vertagung gerechnet.<br />
Zur Vorgeschichte: Unter dem Motto »die Gewaltkultur<br />
zum Schweigen bringen« waren türkeiweit<br />
seit dem Sommer »Frie<strong>den</strong>stische« durch ein breites<br />
Bündnis verschie<strong>den</strong>er Frauenorganisationen,<br />
darunter türkische und kurdische Frauen-, Lesbenund<br />
Transsexuellenorganisationen, in verschie<strong>den</strong>en<br />
Städten veranstaltet wor<strong>den</strong>. Sie verlangten,<br />
daß die »gewalttätige Politik gegen die Kur<strong>den</strong>,<br />
gegen eine ganze Geschichte, gegen die Natur und<br />
das Bewußtsein der Menschen« ersetzt wer<strong>den</strong><br />
müsse durch »eine friedliche Kultur«. Dazu müßten<br />
die Frauen die Geschichte selber »in die Hand<br />
nehmen«.<br />
Auch in Bingöl sollte der Frie<strong>den</strong>sdialog geführt<br />
wer<strong>den</strong>. Dort wurde das Treffen jedoch Anfang<br />
Juni von <strong>den</strong> Sicherheitskräften verhindert, 125<br />
Frauen wur<strong>den</strong> brutal festgenommen, 16 Stun<strong>den</strong><br />
festgehalten und dann aus der Stadt geschafft. Neben<br />
25 »Frie<strong>den</strong>smüttern« gehörten Angehörige der<br />
»Initiative zur Entwicklung eines Frauenstandpunktes«<br />
(Katagi) zu <strong>den</strong> Betroffenen. Die Beteiligten<br />
betonten insbesondere ihre Überparteilichkeit. Ihre<br />
Forderungen nach Dialog richten sich an alle Seiten,<br />
gleichermaßen an Regierung, KADEK und<br />
andere. Trotzdem wird befürchtet, daß das Gericht<br />
die Anklage erweitern könnte, und zwar um <strong>den</strong><br />
Vorwurf einer »Unterstützung« der Guerilla. Eine<br />
Verurteilung wegen derartiger Vorwürfe würde<br />
Haftstrafen zur Folge haben. (Quelle: junge Welt,<br />
08.11.2003)<br />
SADDAMS GETREUE:<br />
Besitz wird konfisziert<br />
Der irakische Regierungsrat hat die Beschlagnahmung<br />
aller Besitztümer von Verwandten und politischen<br />
Weggefährten Saddam Husseins angeordnet.<br />
Betroffen sind diejenigen, deren Namen auf der<br />
US-Liste der 55 meistgesuchten Iraker stehen, sowie<br />
181 weitere Kinder oder andere Verwandte<br />
ehemaliger Führungskader. (Quelle: taz, 22.10.2003)<br />
Der Kellner wird gleich mitverhaftet<br />
Die Demokratiebewegung in Syrien versucht sich<br />
unter schwierigen Bedingungen neu zu organisieren<br />
Einmal im Monat räumen Suheir al-Atasi und ihre<br />
Mutter nahezu alle Möbel aus ihrer Wohnung im<br />
Damaszener Vorort Al Mazzeh. Sie stellen 120<br />
weiße Plastikstühle in Wohnzimmer, Esszimmer<br />
und einen Nebenraum und installieren einen Verstärker<br />
mit Lautsprecherboxen. Das Wohnzimmer<br />
mit <strong>den</strong> blau-gol<strong>den</strong>en Vorhängen verwandelt sich<br />
am Abend in <strong>den</strong> Atasi-Salon, <strong>den</strong> letzten öffentlichen<br />
Ort für kritische politische Diskussionen in<br />
Damaskus. Das unabhängige Forum, das vor drei<br />
Jahren gegründet wurde, ist nach dem verstorbenen<br />
Oppositionspolitiker Jamal al-Atasi benannt. Seine<br />
Tochter Suheir ist die Vizevorsitzende.<br />
Über 150 Menschen drängen sich am Abend in die<br />
Wohnung. Die Menschen stehen in der Küche, im<br />
Flur und bis in <strong>den</strong> Hausflur hinein. Diejenigen, die<br />
auf dem Balkon Platz genommen haben, drücken<br />
ein Ohr an das Fliegengitter der weit geöffneten<br />
Wohnzimmerfenster, um nur ja kein Wort zu verpassen.<br />
"Wir können die Probleme des Landes nicht<br />
ohne freie Bürger und eine wirkliche Demokratie<br />
lösen", lautet die Kernaussage des Referenten des<br />
Abends, Karim M'roui. Er ist ein Reformer der<br />
libanesischen KP.<br />
Im Publikum sitzen ergraute oppositionelle<br />
Intellektuelle, interessierte Bürger, aber auch zwei,<br />
drei Universitätsprofessoren, die das Baath-Regime<br />
jedes Mal schickt, um die Position der Regierung<br />
zu vertreten. Zu <strong>den</strong> regelmäßigen Teilnehmern<br />
gehören auch die Beamten des "muchabarat", des<br />
Geheimdienstes, die <strong>den</strong> Vortrag und die Diskussionsbeiträge<br />
aufzeichnen.<br />
Illegale Treffen<br />
Die Veranstaltung ist illegal, sie wird lediglich<br />
geduldet. Immer noch gilt der 1963 verhängte Ausnahmezustand,<br />
der die politischen Freiheiten einschränkt.<br />
Vergeblich haben sich Gründer des Atasi-<br />
Salons darum bemüht, als Organisation zugelassen<br />
zu wer<strong>den</strong>. Eine Genehmigung für die Veranstaltung<br />
wäre - wenn überhaupt - nur zu erhalten, wenn<br />
zwei Wochen vorher Thema, Referent und eine<br />
Teilnehmerliste eingereicht wür<strong>den</strong>. Das aber wäre<br />
das Ende des öffentlich zugänglichen Forums. Darauf<br />
wollen sich die Initiatoren nicht einlassen.<br />
Der illegale Status des Salons verfehlt seine Wirkung<br />
nicht: "Viele Menschen haben immer noch<br />
Angst, an solchen Aktivitäten teilzunehmen", stellt<br />
der Vorsitzende des Atasi-Salons, Salim Kheirbek,<br />
fest. Wie schnell so etwas zur Verhaftung führen<br />
kann, zeigt ein Vorgang in der nordsyrischen Millionenstadt<br />
Aleppo. Dort verboten die Behör<strong>den</strong><br />
Ende August einen Vortrag über "40 Jahre Ausnahmezustand",<br />
zu dem das Kawakibi-Forum eingela<strong>den</strong><br />
hatte, das nach einem 1902 ermordeten<br />
Reformer benannt ist. Daraufhin sagten die Veranstalter<br />
<strong>den</strong> Vortrag ab. 21 Personen, die sich <strong>den</strong>noch<br />
am Versammlungsort einfan<strong>den</strong>, wur<strong>den</strong> festgenommen.<br />
Sieben wur<strong>den</strong> nach wenigen Stun<strong>den</strong><br />
freigelassen, die übrigen 14 vernommen und einen<br />
Tag später auf freien Fuß gesetzt…….<br />
Führende Köpfe in Haft<br />
Drei Jahre nach der Niederschlagung der oppositionellen<br />
Kräfte, die unter dem Namen "Damaszener<br />
Frühling" bekannt wur<strong>den</strong>, versucht sich die syrische<br />
Demokratiebewegung unter schwierigen Bedingungen<br />
neu zu organisieren. ………<br />
Zu <strong>den</strong>en, die derzeit an der Neuorganisation der<br />
vielen, kleinen Oppositionsgruppen arbeiten, gehört<br />
Michel Kilo, Journalist und Mitbegründer des Komitees<br />
für die Wiederbelebung der Zivilgesellschaft:<br />
Der Journalist Michel Kilo ist hingegen fest überzeugt,<br />
dass sich das Regime überlebt hat:<br />
"Es ist ein Kampf, <strong>den</strong> wir nicht mehr verlieren<br />
können." (Quelle: auszugsweise Frankfurter Rundschau,<br />
03.11.2003, <strong>den</strong> vollständigen Artikel können Sie auf unserer<br />
homepage www.kur<strong>den</strong>.de nachlesen.)<br />
Sorge um die Sicherheit von zwei<br />
iranischen Staatsbürgern<br />
amnesty international ist in großer Sorge um die<br />
Sicherheit der bei<strong>den</strong> iranischen Staatsbürger Hojjat<br />
Zamani und Massoud Moqtadari, die Meldungen<br />
zufolge am 3. August 2003 von türkischen Polizeibeamten<br />
in Istanbul in Haft genommen wur<strong>den</strong>.<br />
Massoud Moqtadari wurde kurze Zeit später wieder<br />
auf freien Fuß gesetzt, von Hojjat Zamani fehlt<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 7
seitdem jedoch jede Spur. Es steht zu fürchten, dass<br />
ihm die Abschiebung in <strong>den</strong> Iran droht oder er<br />
bereits in sein Heimatland abgeschoben wurde, wo<br />
ihm schwere Menschenrechtsverletzungen wie<br />
Folter und Misshandlung drohen.<br />
amnesty international fürchtet nun, dass Hojjat<br />
Zamani im Falle seiner Abschiebung in <strong>den</strong> Iran in<br />
besonderem Maße von Menschenrechtsverletzungen<br />
bedroht ist, da er der iranischen Volkmudschaheddin,<br />
einer bewaffneten Oppositionsgruppe, nahesteht.<br />
Detaillierte Hintergrundinformationen und Aktionen<br />
entnehmen Sie bitte der homepage von:<br />
www.amnesty. de<br />
VEREINIGUNGSTREFFEN DER<br />
SYRISCHEN POLITISCHEN<br />
OPPOSITION IN WASHINGTON<br />
Sieben syrische Oppositionsparteien und weitere<br />
Vertreter relevanter syrischer und internationaler<br />
Organisationen treffen einander am 15. und 16.<br />
November in Washington D.C., um dort die Arbeit<br />
und ihre gemeinsamen Möglichkeiten im Rahmen<br />
einer zukünftigen "Demokratischen Koalition für<br />
ein freies Syrien" zu erörtern.<br />
Das erklärte Ziel der Bemühung richtet sich auf die<br />
Perspektive einer All-Parteien Assoziation, die als<br />
Alternative zum herrschen<strong>den</strong> Baath-Regime ausnahmslos<br />
alle Menschen des Landes repräsentiert.<br />
Im Rahmen des Modells einer demokratisch und<br />
säkular verfaßten neuen Gemeinschaft. Der Begegnung<br />
in Washington sind - auch in Europa und<br />
Deutschland - in <strong>den</strong> letzten Monaten intensive<br />
Gespräche und Verabredungen zwischen <strong>den</strong> verschie<strong>den</strong>en<br />
demokratischen Formationen der syrischen<br />
Opposition vorausgegangen, die auf dieser<br />
Grundlage der folgen<strong>den</strong> Einladung der "Reform<br />
Party of Syria" entsprechen. Die historische bedeutsame<br />
Zusammenkunft ereignet sich im Nationalen<br />
Presseclub der amerikanischen Hauptstadt.<br />
Die "Koalition für ein demokratisches Syrien"<br />
(KDS) wird an diesen Gesprächen teilnehmen und<br />
über deren Resultate ausführlich berichten.<br />
(Quelle: Presseerklärung der KDS)<br />
EU-Staaten wollen Abschiebe-Jets<br />
chartern: Innenminister einig über<br />
gemeinsame Rückführungen<br />
Die EU-Innenminister einigten sich auf Sammelabschiebungen<br />
von Menschen ohne rechtmäßigen<br />
Aufenthalt aus der EU. Bisher hat es vereinzelt<br />
solche gemeinsamen Abschiebungen von Belgien,<br />
<strong>den</strong> Niederlan<strong>den</strong> und Deutschland gegeben. Belgien<br />
und Frankreich beabsichtigen, in Zukunft hier<br />
ebenfalls eng zusammenzuarbeiten. In der jetzt<br />
beschlossenen Leitlinie wird die gemeinsame Organisation<br />
von Charterflügen vorgesehen. Hintergrund<br />
dafür sind offenbar die Probleme, die besonders<br />
bei Zwangsabschiebungen per Linienflug aufgetreten<br />
waren. Immer wieder hatten in der Vergangenheit<br />
Fluggäste zu Gunsten der Ausländer<br />
eingegriffen, die abgeschoben wer<strong>den</strong> sollten. Besonders<br />
bei offensichtlicher Gewaltanwendung<br />
durch die Begleitbeamten war es mehrfach zum<br />
Abbruch des Abschiebeversuches gekommen.<br />
Die EU-Innenminister stimmten einer unverbindlichen<br />
Liste von Mindestanforderungen bei Abschiebungen<br />
zu. So sollen die Abzuschieben<strong>den</strong> flugtauglich<br />
sein, ihr Geld und ihre Wertgegenstände<br />
während des Fluges in Verwahrung genommen<br />
wer<strong>den</strong>, die Anzahl der mitgeführten Gepäckstücke<br />
von der Abschiebebehörde festgelegt wer<strong>den</strong>. Bei<br />
der Anwendung von Zwang soll die Verhältnismäßigkeit<br />
gewahrt wer<strong>den</strong>. Gegebenenfalls soll die<br />
Abschiebung abgebrochen wer<strong>den</strong>.<br />
Wegen mehrerer Todesfälle bei gewaltsamen Abschiebungen<br />
in <strong>den</strong> vergangenen Jahren wird darauf<br />
verwiesen, dass bei Zwangsmaßnahmen freie Atmung<br />
des Zurückzuführen<strong>den</strong> gewährleistet sein<br />
muss. "Die Immobilisierung Widerstand leistender<br />
Personen kann durch Maßnahmen erreicht wer<strong>den</strong>,<br />
die deren Würde und körperliche Unversehrtheit<br />
nicht verletzen", erklärten die Minister. Deshalb<br />
soll jedem Abzuschieben<strong>den</strong> jeweils ein<br />
Flugbegleiter zugeordnet wer<strong>den</strong>. Dabei können<br />
ausdrücklich auch private Wachdienste eingesetzt<br />
wer<strong>den</strong>, jedoch müssen immer Beamte mit<br />
"Hoheitsfunktion" an Bord der Maschinen sein. Die<br />
ärztliche Versorgung soll sichergestellt wer<strong>den</strong>.<br />
(Quelle: Frankfurter Rundschau, 08.11.2003)<br />
Wie zuvor auch diesmal möchten wir an Sie appellieren, uns mitzuteilen falls Sie eine e-mail-Adresse haben,<br />
<strong>den</strong>n der Versand über e-mail ist kostengünstiger und schneller.<br />
Wir möchten Sie gleichzeitig auf unsere web-Seiten hinweisen, die interessante Beiträge enthält:<br />
• Demokratiebewegung in Syrien (FR, 3.10.03)<br />
• Befürchten Sie nicht als Kollaborateur betrachtet zu wer<strong>den</strong>? (01.10.03)<br />
• Gib uns ein wenig Zeit (Spiegel, 20.10.03)<br />
• Ein Haus für 16 Frauen (taz, 18.10.03)<br />
• Schon ein Kinobesuch kann die Familienehre verletzen (FR, 25.10.03)<br />
• Wer ist Bashar Assad? (Jerusalem Post, 15.10.03)<br />
• Misstrauen gegen die Türkei (FR,13.10.03)<br />
• Viele Fahnen in Kirkuk (NZZ, 11.10.03)<br />
• Geburtswehen einer Demokratie (Salzburger Nachrichten, 16.10.03)<br />
• Strategische Interessen der Türkei (FR, 08.10.03)<br />
• Heikle Glaubensfrage (SZ, 06.10.03)<br />
• Folterklage gegen 405 türkische Soldaten (HAZ, 10.10.03)<br />
• Türkei im Irak unerwünscht (taz, 09.10.03)<br />
• Die Araber sollten Kurdistan wieder verlassen- Interview mit Masud Barzani (FR, 16.09.03)<br />
• Das vertrocknete Paradis (taz, 15.09.03)<br />
• Interview mit Claudia Roth, Menschenrechtssituation in der Türkei (DLR-Berlin, 17.09.03)<br />
• Wir sind keine Besatzer – Powell im Nordirak (FAZ, 16.09.03)<br />
• Mit Eseln gegen die Teilung Zyperns (NZZ, 25.09.03)<br />
• Situation der Kur<strong>den</strong> im Iran<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 8
In Englisch:<br />
• Acceleration of Reforms Needed Now for EU Bid (Human Rights Watch, October 30, 2003)<br />
• Five Bad Grades For Turkey in EU Progress Report (Zaman, by Selcuk Gultasli, 23 October 2003)<br />
• Getting Tough With Syria (By Steven C. Baker, FrontPageMagazine.com | October 21, 2003)<br />
• IFJ Warns Turkey Over Media Assault on Journalists' Rights and New Press ((IFJ, 27 October 2003)<br />
• Important Progress Has Been Reached To Upgrade Human Rights Standards (Anadolu Agency, October 24, 2003)<br />
• Journalist imprisoned in Turkey (SOURCE: Reporters sans frontiE8res (RSF), Paris, October 28, 2003)<br />
• Kurds Are Finally Heard: Turkey Burned Our Villages (New York Times, October 24, 2003)<br />
• Kurds' faith in new Iraq fading fast (Guardian, by Michael Howard, October 21, 2003)<br />
• Many Turks relieved that Iraqi opposition keeping Turkish troops out of Iraq (AP, October 22, 2003)<br />
• Michael Chyet: The Jewish chronicler of Kurdish Culture (24 October 2003, Jerusalem Post)<br />
• Official support extended to Kurdish language center (Turkish Daily News, October 23, 2003)<br />
• Senior Turkmen: Turkmen Front’s decisions are made in Ankara (KurdishMedia.com, October 16, 2003)<br />
• Syria said to control $3 billion for Saddam (NYT / The International Herald Tribune, October 20, 2003)<br />
• Turkish rights activists acquitted under EU-inspired reforms (AFP, 21 October 2003)<br />
• Ankara rejected Saddam proposal to strike Kurds: PM (NTV, 10.14.03)<br />
• Barzani Says Iraqis united in opposing Turkish deployment (Source: AFP, October 11, 2003)<br />
• Suicide bomber arrested in Arbil (KurdishMedia.com, 17.10.03)<br />
• The arrest warrant against Özgü<strong>den</strong> (Source: Info-Turk/Brussels, 16.10.03)<br />
• Zebari: 'We do not want any of Iraq's immediate neighbours to take part in peacekeeping missions” . (AFP, 10.07.03)<br />
• Why Turkish Troops are Going to Iraq? (Zaman/Turkey, 10. 09, 03)<br />
• Turkey faces tough task in getting OIC support for Iraq mission (TDN, 10.13.03)<br />
• Where free speech has a price (The Guardian, 10.13.03)<br />
• Remarks and Q & A by Foreign Minister Hoshyar Zebari (THE SABAN CENTER FOR MIDDLE 10.01.03)<br />
• An Appeal to the Secretary-general of the United Nations (KDP-Iran, 10.14.03)<br />
• Ciftci tried at Istanbul's DGM f or criticisms on headscarf ban (TDN, 10.15.03<br />
• Betraying the Kurds again? (salon.com, 10.14.03)<br />
• Hundreds of Turkish soldiers to stand trial for rape of Kurdish woman (AFP, 03.10.03<br />
• Poll shows %89,5 of Iraqis against Turkish troop deployment (KurdishMedia, 10.15.03)<br />
• 4 Years In Prison for Headscarf Protests (Kurdistan Observer, 10.04.03)<br />
• Fight over Kurdish Language Use in Ankara (Radikal, 10.03.03)<br />
• Iraqi Council Opposed to Turkish Troops (AP, 10.07.03)<br />
• Assassination bid fails in northern Iraq (Iraq Press, 09.28.03)<br />
• Defining federalism for Iraq (KurdishMedia, 16.09.03)<br />
• Iraqi Christians hold first post-Saddam conference (Iraq Press, 09.23.03)<br />
• Iraqi Turkmen choose new Leader (Iraq Press, September 27, 2003)<br />
Diese Beiträge tragen nicht unbedingt unsere Meinung, sondern geben die aktuell für unser Themengebiet interessanten<br />
Diskussionen wieder. Besuchen Sie doch einmal www.kur<strong>den</strong>.de.<br />
Mit freundlichen Grüßen,<br />
Ihre Redaktion<br />
"Mord im Namen der Ehre"<br />
Entwicklung und Hintergründe von "Ehrenmor<strong>den</strong>" –<br />
eine in Kurdistan verbreitete Form der Gewalt gegen Frauen<br />
Eine besonders verabscheuenswürdige Form der Gewalt gegen Frauen sind die "Morde im Namen der Ehre," die bis<br />
heute im Nahen Osten und vor allem auch in Kurdistan üblich sind, ja sogar in <strong>den</strong> letzten Jahren häufiger gewor<strong>den</strong><br />
zu sein scheinen. Immer wieder wer<strong>den</strong> dort Frauen ermordet, nur weil sie in Konflikt mit <strong>den</strong> rigi<strong>den</strong> herrschen<strong>den</strong><br />
Moralvorstellungen geraten sind.<br />
Was sind die Gründe dafür, dass zahlreiche Frauen umgebracht wer<strong>den</strong>, nur um die angeblich durch sie befleckte<br />
Familienehre zu reinigen? Stehen die "Ehrenmorde" mit dem Erstarken des Islam und seinen Moralvorstellungen im<br />
Zusammenhang? Warum sind diese Morde vor allem in Kurdistan zu beobachten, handelt es sich bei ihnen etwa um<br />
eine "kurdische Tradition"? Diesen Fragen gehen in diesem Buch zwei kurdische Wissenschaftlerinnen nach. Die<br />
Rechtsanwältin Hamiyet Izol untersucht das Phänomen in <strong>den</strong> türkischen Teilen Kurdistans, Dr. Mukaddes Sahin in<br />
<strong>den</strong> irakischen Teilen des Landes, vor allem in <strong>den</strong> sog. kurdischen Selbstverwaltungs-Gebieten, die schon vor dem<br />
Sturz des Saddam-Regimes dem Zugriff des Tyrannen entzogen waren. Johannes Düchting informiert darüber, wie<br />
das deutsche Flüchtlingsrecht mit Frauen umgeht, die Gefahr laufen, in ihrer Heimat Opfer von "Ehrenmor<strong>den</strong>" zu<br />
wer<strong>den</strong>.<br />
Zu beziehen über IMK e.V. Preis: 12,-- Euro (incl. Versandkosten)<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 9
der IMK e. V. möchte alle Interessierten und MitarbeiterInnen in der Flüchtlingsarbeit darauf hinweisen, dass wir<br />
eine neue Publikation herausgegeben haben. Thema dieser Publikation ist „Traumatisierte kurdische Flüchtlinge in<br />
Deutschland“ und trägt <strong>den</strong> Namen der gleichnamigen Fachtagung, die vom 15.-16. Juni 2001 im Maternushaus in<br />
Köln, stattfand:<br />
„Odyssee ins Ungewisse“<br />
Durch Herrn Dr. Ilhan Kizilhan wird ausführlich über die spezifischen Fluchtursachen der Kurdinnen und Kur<strong>den</strong> in<br />
Nordkurdistan berichtet. Er gibt einen historischen Überblick der Flüchtlingsentwicklung und geht auf die<br />
wirtschaftliche und soziale Lage der Menschen in Nordkurdistan ein.<br />
Herr Prof. Ferhad Ibrahim und Herr Abubekir Saydam behandeln das Thema: „Fluchtursachen aus dem Irak und<br />
Südkurdistan – Gibt es eine innere Fluchtalternative?“ Sie schildern die aktuelle Situation im Irak und in Sürkurdistan<br />
und berichten von Stationen der Traumatisierung.<br />
„Fluchtwege“ ist das Thema von Herrn Jürgen Hoppe, Journalist. Hier wer<strong>den</strong> die Metho<strong>den</strong> und Vorgehensweisen<br />
von Schleppern oder Schleusern erläutert, die für hohe Geldsummen, Flüchtlinge unter oft unmenschlichen Bedingungen<br />
nach Deutschland schleusen.<br />
Frau Dipl. Psychologin Hamidiye Ünal spricht über traumatisierte Flüchtlinge in Gesellschaft und in Therapie. Sie<br />
geht auf Foltermetho<strong>den</strong> und auch auf die psychosoziale und rechtliche Situation der Flüchtlinge in Deutschland ein.<br />
Besonders behandelt wird das Thema „Trauma“, von <strong>den</strong> Folgen über Symptome bis hin zu Beratung und Therapie.<br />
Das Thema „Möglichkeiten der Behandlung von traumatisierten Flüchtlingen im Herkunftsland Türkei“ wird exemplarisch<br />
anhand einer Prozessbeobachtung in Izmir von Dr. med. Nesmil Ghassemlou behandelt. Anschliessend wer<strong>den</strong><br />
die Voraussetzungen für eine erfolgversprechende Behandlung und die Behandlungsmöglichkeiten erörtert.<br />
Die 64-seitige Publikation (Format DIN A4) kann in gebun<strong>den</strong>er Form bei uns gegen die Entrichtung eines Betrages<br />
von 8,00 Euro (inkl. Versandkosten) bestellt wer<strong>den</strong>.<br />
Neue Studie: AUSLÄNDER IM EIGENEN LAND - Die Situation staatenloser Kur<strong>den</strong> in<br />
Syrien<br />
In der Provinz Hasaka wurde 1962 ca. 120.000 Kur<strong>den</strong> die syrische Staatsangehörigkeit entzogen, sie wur<strong>den</strong> so zu<br />
Staatenlosen, zu Ausländern im eigenen Land.<br />
Die vorliegende <strong>Dokument</strong>ation beschäftigt sich mit der Situation dieser Bevölkerungsgruppe. Unser Ziel ist es, in<br />
einem ersten Schritt sowohl die Hintergründe ihrer Ausbürgerung als auch deren bis in die Gegenwart reichende<br />
Folgen darzustellen. Gezeigt wird, dass die Ausbürgerungskampagne von 1962 integraler Bestandteil der allgemeinen<br />
Arabisierungsbestrebungen der syrischen Regierung gewesen ist und dass die syrische Politik gegenüber <strong>den</strong><br />
(staatenlosen) Kur<strong>den</strong> bis in die Gegenwart durch diese Arabisierungslogik geprägt wird.<br />
In einem zweiten Schritt wird aufgezeigt, gegen welche nationalen Gesetze und internationale Abkommen die syrische<br />
Praxis gegenüber Staatenlosen verstößt.<br />
Dieser Teil der Studie schließt mit einer Reihe von Empfehlungen zur Verbesserung der Situation der Staatenlosen,<br />
die insbesondere an die syrische Regierung, aber auch an andere internationale Akteure gerichtet sind.<br />
Die Situation der aus Syrien stammen<strong>den</strong> „staatenlosen“ Kur<strong>den</strong> hat inzwischen auch die deutschen Behör<strong>den</strong> und<br />
Gerichte beschäftigt. Immer mehr dieser Kur<strong>den</strong> gelingt die Flucht nach Europa und in die Bundesrepublik Deutschland,<br />
wo sie, um ihren Aufenthalt hier zu sichern, zumeist Asyl beantragen.<br />
Lange Zeit spielte es in <strong>den</strong> Asylverfahren keine Rolle, ob es sich bei <strong>den</strong> Asylbewerbern um Kur<strong>den</strong> mit oder ohne<br />
syrische Staatsangehörigkeit handelte.<br />
Etwa Anfang 2001 änderte sich jedoch die Rechtsprechung hinsichtlich dieses Personenkreises. Inzwischen wer<strong>den</strong><br />
in Deutschland Asylanträge, die sich darauf stützen, dass man staatenloser Kurde aus Syrien sei, regelmäßig abgelehnt.<br />
Da zur Situation staatenloser Kur<strong>den</strong> kaum Veröffentlichungen in deutscher Sprache vorliegen, hoffen wir mit<br />
unserer <strong>Dokument</strong>ation einen wichtigen Beitrag zu diesem Thema geleistet zu haben.<br />
Mit Beiträgen von Eva Savelsberg, Siamend Hajo und Celal Abbas Kömür sowie Johannes Düchting<br />
Zu beziehen über IMK e.V.<br />
Preis: 10,- Euro (incl. Versandkosten)<br />
Vom 05. bis 07. Dezember 2003 findet die gemeinsame Wochenendtagung zum Thema „KURDEN an der MACHT<br />
im IRAK - Impulse für <strong>den</strong> Nahen Osten „ statt. Das gesamte Programm sowie die Anmeldung können Sie entweder<br />
über unsere WEB-Seite: www.kur<strong>den</strong>.de oder über die Evangelische Akademie Bad Boll, 73087 Bad Boll, Tel.:<br />
07164/ 79-0, Telefax: 07164/79-440. Internet: www.ev-akademie-boll.de herunterla<strong>den</strong>.<br />
ISSN 1438- 08<br />
Herausgeber: IMK e.V., Postfach 07 38, D-53137 Bonn,<br />
Telefon: + 49 228 362 802,<br />
Fax: + 49 228 363 297, e-mail: IMK-Bonn@t-online.de und imkkurds@aol.com<br />
Besuchen sie auch unsere Website: http://www.kur<strong>den</strong>.de<br />
Verantwortlicher Leiter: Abubekir Saydam<br />
Abonnementbedingungen (pro Jahr):<br />
• Stiftungen, Parteien, Regierungen und internationale Organisationen<br />
sowie Gremien: Euro 92,00<br />
• Gerichte, Rechtsanwälte, Menschenrechtsorganisationen,<br />
Flüchtlingsberatungsstellen: Euro 46,00<br />
• Förderabonnement, Einzelpersonen und kleinere Vereine: Euro 31,00<br />
Spen<strong>den</strong>konto: Volksbank Bonn (BLZ: 380 60 186), Konto-Nr.: 201 246 90 23<br />
IMK - Menschenrechtsinformationsdienst Nr. 204-205 10