26.11.2014 Aufrufe

Download - Dr. Nina Nestler

Download - Dr. Nina Nestler

Download - Dr. Nina Nestler

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Strafrecht Allgemeiner Teil (WS 2013/14)<br />

PD <strong>Dr</strong>. N. <strong>Nestler</strong><br />

Teil 3: Der Versuch<br />

A Allgemeines<br />

Verwirklichungsstufen: Vorbereitung >> Versuch >> Vollendung<br />

>> Beendigung<br />

Beim Versuch: Täter wollte Tatbestand eines Strafgesetzes<br />

verwirklichen, es ist ihm objektiv aber nicht (völlig) gelungen<br />

Strafbarkeit des Versuchs, § 23 Abs. 1 StGB i.V.m. § 12 StGB<br />

Strafgrund: rechtserschütternder Eindruck durch nach außen<br />

manifestierte Betätigung des rechtsfeindlichen Willens<br />

Gefahr für Rechtsbewusstsein der Bevölkerung sowie für<br />

Rechtsfrieden<br />

B Aufbau des Versuchs<br />

I. Vorprüfung<br />

Nichtvollendung der Tat<br />

Strafbarkeit des Versuchs, § 23 Abs. 1 StGB i.V.m. § 12 StGB<br />

II.Tatbestandsmäßigkeit<br />

1. Tatentschluss (= Subjektiver Tatbestand)<br />

Vorsatz bzgl. aller objektiven Tatbestandsmerkmale<br />

einschließlich Kausalität und objektiver Zurechnung<br />

Besondere subjektive Tatbestandsmerkmale (z.B.<br />

Zueignungsabsicht, § 242 StGB)<br />

Vorliegen des entsprechenden Vorsatzgrades<br />

Endgültiger Tatentschluss bloße Tatgeneigtheit<br />

Ausreichend ist sog. bedingter Handlungswille = Tatentschlossenheit<br />

auf bewusst unsicherer Tatsachengrundlage<br />

2. Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB (= Objektiver Tatbestand)<br />

a) Grundlagen<br />

Abgrenzung strafloser Vorbereitungshandlungen vom strafbaren<br />

Versuch<br />

Vorbereitungshandlungen sind nur ausnahmsweise strafbar,<br />

bei Verbrechen gem. § 30 StGB, i.Ü. ggf. als spezieller<br />

Straftatbestand (z.B. Vorbereiten der Fälschung amtlicher<br />

Ausweise, § 275 StGB)<br />

b) Abgrenzung: unmittelbares Ansetzen Vorbereitung<br />

Subjektiv-objektive Methode: Überschreitung der Schwelle zum<br />

„Jetzt-geht’s-los“, wobei der Täter derart zur Angriffshandlung<br />

ansetzt, dass sein Tun so eng mit der tatbestandlichen<br />

Ausführungshandlung verknüpft ist, dass es bei ungestörten<br />

Fortgang unmittelbar zur Verwirklichung des gesamten<br />

Straftatbestandes führen soll und in unmittelbaren räumlichen und<br />

zeitlichen Zusammenhang mit ihr steht<br />

Zwischenaktstheorie als Unterfall: Maßgeblich ist, ob nach<br />

Vorstellung des Täters von der Tat seine Handlung ohne<br />

Zäsur und wesentliche Zwischenakte in die Erfüllung des<br />

Tatbestandes übergehen soll<br />

24


Strafrecht Allgemeiner Teil (WS 2013/14)<br />

PD <strong>Dr</strong>. N. <strong>Nestler</strong><br />

Erschwerungen/Privilegierungen sind unselbstständige<br />

Abwandlungen eines Grunddelikts >> Täter muss sowohl zum<br />

Grunddelikt als auch zur Qualifikation angesetzt haben<br />

Rspr.: Verwirklichung eines Regelbeispiels ist Ansetzen zum<br />

gesamten Tatbestand h.Lit.: Maßgeblich ist Einzelbetrachtung<br />

nach allgemeinen Regeln<br />

c) Unmittelbares Ansetzen beim untauglichen Versuch<br />

Untauglich ist ein Versuch, wenn hinsichtlich des vom Täter<br />

gefassten Plans bzw. seiner Tathandlung schon vorher objektiv<br />

feststand, dass sie nicht geeignet sind, den Erfolg<br />

herbeizuführen, vgl. § 23 Abs. 3 StGB<br />

Untauglichkeit kann beruhen auf Tatsubjekt, Tatobjekt,<br />

Tathandlung oder vorgestelltem Kausalverlauf<br />

Strafbarer untauglicher Versuch strafloses Wahndelikt<br />

Wahndelikt bei jeweils umgekehrtem Verbots-, Erlaubnisoder<br />

Sub-sumtionsirrtum<br />

Aber: Untauglicher Versuch bei Irrtum über normative<br />

Tatbestandsmerkmale<br />

Grundsätzliche Strafbarkeit auch des grob untauglichen<br />

Versuchs, § 23 Abs. 3 StGB<br />

Grob untauglich ist der Versuch, wenn der Täter unter<br />

völliger Verkennung allgemein bekannter Ursachenzusammenhänge<br />

nicht realisiert, dass die von ihm gewählte<br />

Tathandlung unter keinem denkbaren Umstand jemals zum<br />

Erfolg hätte führen können<br />

Grob untauglicher Versuch abergläubischer bzw.<br />

irrealer Versuch<br />

3. Rechtswidrigkeit und Schuld (s.o.)<br />

4. Strafzumessung (str.)<br />

5. (Kein) Rücktritt vom Versuch<br />

a) Allgemeines<br />

Persönlicher Strafaufhebungsgrund: Rücktritt ändert nichts an der<br />

Schuld des Täters (str.)<br />

e.A.: Prämien- oder Gnadentheorie = Straflosigkeit ist<br />

Belohnung für den Täter, die dieser sich durch den Rücktritt<br />

verdient<br />

a.A. (heute wohl h.M.): Strafzwecktheorie = bei freiwilligem<br />

Rücktritt des Täters besteht keine Notwendigkeit einer<br />

Bestrafung mehr<br />

b) Rücktritt des Einzeltäters gem. § 24 Abs. 1 StGB<br />

(Kein) fehlgeschlagener Versuch<br />

Fehlgeschlagener Versuch liegt vor, wenn die Tat aus Sicht<br />

des Täters ihr Ziel verfehlt und dieser glaubt, den Taterfolg<br />

nicht oder jedenfalls nicht ohne zeitlich relevante Zäsur<br />

herbeiführen zu können<br />

o Nur objektives Scheitern begründet keinen Fehlschlag<br />

Sinnlosigkeit der Tatausführung steht Fehlschlag gleich<br />

Fehlgeschlagener Versuch bei Fortsetzungsmöglichkeit?<br />

o e.A.: Einzelaktstheorie = Fehlschlag liegt nach jedem<br />

einzelnen Ausführungsschritt vor<br />

25


Strafrecht Allgemeiner Teil (WS 2013/14)<br />

PD <strong>Dr</strong>. N. <strong>Nestler</strong><br />

o<br />

h.M.: Gesamtbetrachtungslehre = Maßgeblich ist gesamter<br />

nach wertender Betrachtung zusammenhängender<br />

Geschehensablauf<br />

Maßgebliche Perspektive<br />

o<br />

e.A.: Tatplantheorie = Perspektive vor Beginn der<br />

Tatausführung; Versuch ist beendet, wenn der Täter alle<br />

im Vorfeld geplanten Handlungen vollzogen hat<br />

o h.M.: Lehre vom (korrigierten) Rücktrittshorizont =<br />

Entscheidend ist Vorstellung des Täters/Perspektive<br />

nach der letzten tatbestandlichen Ausführungshandlung<br />

Abgrenzung: unbeendeter beendeter Versuch<br />

Bedeutung der Unterscheidung: Bei unbeendetem Versuch<br />

genügt für Rücktritt die Aufgabe der weiteren<br />

Tatausführung, § 24 Abs. 1 S. 1 1. Alt. StGB; bei beendetem<br />

Versuch ist Verhinderung der Vollendung erforderlich, § 24<br />

Abs. 1 S. 1 2. Alt. StGB<br />

o Aufgeben = endgültiges Abstandnehmen von der Tat,<br />

bloß Abstandnehmen von der konkreten Ausführungshandlung<br />

genügt nicht<br />

o Verhindern der Vollendung = Entfalten von ernsthafter<br />

und kausaler (str.) Gegenaktivität, jedoch kein optimales<br />

Rücktrittsverhalten verlangt<br />

o Bei Vollendung ohne Zutun des Täters genügt<br />

ernsthaftes Bemühen, § 24 Abs. 1 S. 2 StGB<br />

Maßgebliche Perspektive: korrigierter Rücktrittshorizont<br />

Irrelevanz außertatbestandlicher Ziele<br />

Freiwilligkeit<br />

Rücktritt erfolgt aus autonomen Motiven<br />

Kein billigenswertes oder gar sittlich hochwertiges Motiv<br />

erforderlich<br />

c) Rücktritt bei mehreren Beteiligten gem. § 24 Abs. 2 StGB<br />

<br />

<br />

<br />

Anwendbarkeit von § 24 Abs. 2 StGB<br />

Bei Mittätern immer Rücktritt nach § 24 Abs. 2 StGB<br />

Rücktritt des Alleintäters nach Anstiftung oder bei Inanspruchnahme<br />

von Beihilfe richtet sich ebenfalls nach § 24<br />

Abs. 2 StGB (vgl. den Wortlaut „Beteiligte“, str.)<br />

Haupttat im Versuchsstadium<br />

Verhinderung der Vollendung<br />

Neutralisierung des eigenen Tatbeitrags, § 24 Abs. 2 S. 1<br />

StGB<br />

Aktive Tätigkeit zur Verhinderung des Taterfolges erforderlich,<br />

wenn der eigene Tatbeitrag fortwirkt, selbst wenn<br />

Täter die Tat nicht mehr will<br />

Ernsthaftes Bemühen um die Verhinderung der<br />

Tatvollendung bei Nichtvollendung genügt, § 24 Abs. 2 S. 2<br />

StGB (s.o.)<br />

Literaturhinweise [Auswahl]<br />

Bock JuS 2006, S. 603 ff.; Bosch Jura 2011, S. 909ff.; Putzke JuS 2009, S. 894 ff., 985 ff.,<br />

1083 ff.; Trüg JA 2002, S. 102 ff.; Valerius JA 2010, S. 113 ff.; zum Rücktritt: Beckemper<br />

JA 2003, S. 203 ff.; Hecker JuS 2012, S. 947 ff.; Hoven JuS 2013, S.305 ff.; Kölbel/Selter JA<br />

2012, S. 1 ff.; Scheinfeld JuS 2002, S. 250 ff.; Trüg JA 2003, S. 836 ff.<br />

26

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!