05.11.2012 Aufrufe

infos 2007 - Die Mürwiker Werkstätten

infos 2007 - Die Mürwiker Werkstätten

infos 2007 - Die Mürwiker Werkstätten

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

FLEK<br />

<strong>infos</strong><br />

Ausgabe 2<br />

<strong>2007</strong>


Vorwort<br />

Liebe Leserinnen<br />

und Leser,<br />

es sind ganz unterschiedliche Menschen,<br />

die im Mittelpunkt der Artikel<br />

dieser Ausgabe stehen. Alle Menschen<br />

sind gleich geschaffen, aber<br />

es ist normal, verschieden zu sein.<br />

Jeder Mensch ist einzigartig. Und<br />

sie alle, von denen hier die Rede ist,<br />

stehen mitten im Leben und mitten<br />

in der Gesellschaft. Es handelt sich<br />

um Menschen mit und ohne Behinderung<br />

– wobei, wie Sie sehen werden,<br />

diese Unterscheidung nichts<br />

zur Sache tut und daher hier völlig<br />

überflüssig ist.<br />

Da ist zum Beispiel der Spitzensportler,<br />

dem es um „Erfolg und Nervenkitzel“<br />

geht (S. 6). <strong>Die</strong>se Motivation<br />

für tägliches Tun dürfte vielen von<br />

uns vertraut sein, unabhängig davon,<br />

ob jemand Leistungssport<br />

betreibt oder nicht - und natürlich<br />

gänzlich unabhängig von Behinderung.<br />

Gruppe GmbH <strong>Die</strong>nstleistungen für Menschen mit Behinderungen<br />

Seite 2<br />

Oder: Träume nicht dein Leben, lebe<br />

deinen Traum. <strong>Die</strong>sem Motto verpflichtet<br />

erscheint eine Reise an das<br />

andere Ende der Welt (S. 10), zu der<br />

– insbesondere, wenn man auf einen<br />

Rollstuhl angewiesen ist – nicht<br />

nur der Wunsch, sondern auch viel<br />

Mut gehört. Und der Bericht zeigt,<br />

dass Probleme nicht nur dazu da<br />

sind, gelöst zu werden, sondern zu<br />

beeindruckenden Erlebnissen führen<br />

können.<br />

Intensität ganz anderer Art kommt<br />

zum Ausdruck, wenn Mitglieder<br />

eines Vorstandes ein Bistro betreiben<br />

(S. 5), ehrenamtlich sonntags<br />

nachmittags, um der Stamm- und<br />

Laufkundschaft zu Gaumengenüssen<br />

zu verhelfen, und um damit zu<br />

verbinden, für ihre Vereinigung, für<br />

die Sache der behinderten Menschen,<br />

Öffentlichkeitsarbeit, public<br />

relations im besten wortwörtlichen<br />

Sinn zu betreiben. Bürgerschaftlicher<br />

kann Engagement nicht sein.<br />

Da, wo es in diesem Heft um die<br />

oben genannten Themen geht,<br />

oder um das Miteinander in der Tagesförderstätte<br />

(S. 4) oder um die<br />

R<br />

Arbeit im Freibad (S. 3), oder um das<br />

Landessportfest (S. 7): Ohne dass<br />

die Redaktion es gezielt geplant<br />

hätte, ist meinem Eindruck nach<br />

eine Sammlung von Darstellungen<br />

besonderer Lebensfreude entstanden.<br />

Ich hoffe, es macht auch Ihnen<br />

Spaß, sie zu lesen.<br />

Dass nicht alles nur angenehm und<br />

eitel Sonnenschein ist, sondern genug<br />

Baustellen bleiben, das zeigen<br />

die Beiträge über den notwendigen<br />

Ausbau der ganz konkreten Beratung<br />

vor Ort (S. 8) und über die<br />

Agenda 22 (S. 8) auf europäischer<br />

Ebene. Innovationen in Praxis und<br />

Wissenschaft, darum geht es in dem<br />

Bericht über ein dreijähriges Praxisprojekt<br />

(S. 9), das mit einer Fachtagung<br />

im Herbst abgeschlossen<br />

wird. Der Besuch sei Ihnen genauso<br />

empfohlen, wie die Artikel dieser<br />

Ausgabe.<br />

Mathias Kolaczinski<br />

Geschäftsführer FLEK Gruppe<br />

GmbH<br />

INHALT<br />

Vorwort, Inhalt 2<br />

Arbeitsfelder 3<br />

Kunst, Sport u. Kultur 6<br />

Verbunden 8<br />

Politik 8<br />

Wissenschaft u. Praxis 9<br />

Report 10<br />

Termine 12<br />

Titelfoto: Marita Tetens in Sydney,<br />

Report S. 10<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong>


Arbeitsfelder<br />

<strong>Werkstätten</strong> übernehmen<br />

kommunale<br />

Aufgaben<br />

Zum Beispiel im Eiderbad in<br />

Kiel<br />

Wenn Sven Glock früh am Morgen<br />

auf seinen Aufsitzmäher steigt, dann<br />

hat der das Eiderbad noch fast für<br />

sich allein. Erst in rund zwei Stunden<br />

werden die Badegäste kommen<br />

und im Freibad ihre Bahnen ziehen.<br />

Bis dahin haben Sven Glock und seine<br />

Kollegen aus der Werkstatt am<br />

Drachensee alle Hände voll zu tun,<br />

um den Rasen zu mähen, Müll zu<br />

beseitigen oder die Sanitärräume<br />

zu säubern.<br />

Seit die Werkstatt am Drachensee<br />

vor zwei Jahren den Betrieb des Eiderbades<br />

übernahm, haben acht<br />

Menschen mit Behinderungen hier<br />

einen Saisonarbeitsplatz. Sie sind<br />

für die Reinigung zuständig, für<br />

den Imbiss, kassieren Eintrittsgelder<br />

oder halten wie Sven Glock die<br />

Grünanlagen in Ordnung.<br />

Für ihn ein idealer Arbeitsplatz: „Ich<br />

arbeite gern hier“, meint er lächelnd,<br />

„die Leute sind sehr nett, vor allem<br />

die Stammkunden“.<br />

Zu denen gehört auch ein Club rüstiger<br />

Damen im besten Alter, die<br />

sich selbst „Eiderbadenten“ nennen.<br />

„Ihrem Bad“ halten sie schon seit<br />

Jahrzehnten die Treue und sie gingen<br />

auf die Barrikaden, als es hieß,<br />

das Bad solle geschlossen werden.<br />

2004 war es fast soweit. Der Stadt<br />

Kiel wurden angesichts der angespannten<br />

Haushaltslage Instandhaltung<br />

und Personal für das Eiderbad<br />

zu teuer. Ein Vertrag mit der Stiftung<br />

Drachensee bedeutete für das besonders<br />

bei Familien beliebte Freibad<br />

Rettung in letzter Minute. <strong>Die</strong><br />

Stiftung Drachensee bietet Menschen<br />

mit Behinderungen im Rahmen<br />

der sozialen und beruflichen<br />

Rehabilitation einen Saisonarbeits-<br />

platz im Eiderbad. <strong>Die</strong> Wasseraufsicht<br />

stellen vier hauptamtliche<br />

Rettungsschwimmer sowie ehrenamtliche<br />

Mitglieder der DLRG sicher,<br />

außerdem sind zwei Fachkräfte für<br />

Bäderbetriebe im Einsatz. Eine von<br />

ihnen wird im Rahmen eines Personalgestellungsvertrages<br />

von der<br />

Stadt Kiel zur Verfügung gestellt.<br />

<strong>Die</strong> Landeshauptstadt Kiel verpflichtete<br />

sich, einen jährlichen Investitionszuschuss<br />

von 18 000,- €<br />

zu zahlen, um notwendige Instandhaltungs-<br />

und Reparaturarbeiten<br />

zu gewährleisten. Sie konnte damit<br />

ihre Ausgaben für das Eiderbad um<br />

mehr als die Hälfte auf 48.000 € re-<br />

duzieren.<br />

„Ich arbeite gern hier“, sagt Sven Glock<br />

Rund 14.500 Besucher wurden in<br />

der Saison 2006 gezählt. Viele von<br />

ihnen schätzen den besonderen<br />

Aquafitness für Erwachsene - ein neues Angebot, das gut ankommt.<br />

Charme des kleinen Bades mit der<br />

idyllischen Lage. Das Wasser ist<br />

hier kälter als anderswo, denn es<br />

wird nur durch die Sonneneinstrahlung<br />

aufgeheizt, aber man zahlt ja<br />

auch weniger Eintritt. Kinder haben<br />

viel Platz zum Spielen, können<br />

Schwimmkurse machen oder sich<br />

auf der Hüpfburg austoben – Angebote,<br />

die es früher nicht gab. „Viele<br />

Besucher sagen uns auch, dass das<br />

Eiderbad deutlich gepflegter ist, seit<br />

wir hier am Werk sind“, freut sich Betriebsleiter<br />

Bernd Huck.<br />

Gerade ist eine neue Schaukel aufgebaut<br />

worden, seit 2006 schmücken<br />

zwei bunte Umkleidehäuschen<br />

im Retro-Look die Liegewiese<br />

und das Planschbecken wird zurzeit<br />

modernisiert.<br />

Das Eiderbad Hammer ist zu einem<br />

Ort geworden, an dem Menschen<br />

mit und ohne Behinderungen arbeiten,<br />

sich begegnen und ihre Freizeit<br />

verbringen.<br />

Feierabend ist für Sven Glock gegen<br />

16.00 Uhr. Dann tut er manchmal<br />

das, was an einem heißen Sommertag<br />

an seinem Arbeitsplatz sehr<br />

nahe liegt: Nach der kalten Dusche<br />

gönnt er sich ein erfrischendes Bad.<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong> Seite 3


„Morgen bin ich wieder<br />

da. Bis gleich.“<br />

<strong>Die</strong> Entstehung einer Tagesförderstätte<br />

Es ist früh am Morgen. <strong>Die</strong> Uhr zeigt<br />

gerade 8 Uhr an. In einem großen,<br />

hellen, lichtdurchflutetem Raum finden<br />

sich nach und nach Menschen<br />

ein, die sich herzlich begrüßen, kleine<br />

Gesten austauschen oder einen<br />

gellenden Schrei zum morgendlichen<br />

Erwachen erschallen lassen.<br />

Gerade fährt ein Bus auf den Hof,<br />

alle schauen gespannt nach draußen.<br />

Sie, die jeden Tag diesen Weg<br />

nimmt, steigt mit einem fröhlichen<br />

Lachen heraus in den Tag und begrüßt<br />

sie alle: „Ich freue mich, dass<br />

ich auch heute wieder hier sein<br />

darf.“<br />

Gerne geben Teammitglieder Auskunft über ihre Arbeit<br />

Vor einigen Wochen noch sah es hier<br />

in diesem Raum noch ganz anders<br />

aus. Handwerker entfernten Wände,<br />

Elektriker verlegten Leitungen,<br />

Maler veredelten die Räume mit<br />

Farben, Sanitärtechniker stemmten<br />

sich mit schwerem Gerät durch den<br />

Raum, Fliesenleger verlegten behutsam<br />

ihre Ware. Viele Handwerker gestalteten<br />

in nur drei Monaten einen<br />

gesamten Bereich völlig neu. Das<br />

Ergebnis ist wunderbar. Aus einstmals<br />

dunklen, verwinkelten und mit<br />

Fluren unnötig beladenen Räumen<br />

erstanden helle und freundliche,<br />

große und klar fassbare Räume, die<br />

Seite 4<br />

nunmehr die Heimat der am 2. April<br />

eröffneten Tagesförderstätte der<br />

Marli GmbH darstellen.<br />

Torsten Lengsfeld begrüßt die Gäste bei der<br />

offiziellen Eröffnung am 22.05.07<br />

Für neun Menschen mit Behinderung<br />

bietet sie die Möglichkeit einer<br />

intensiven Förderung mit dem<br />

Ziel, die Voraussetzungen für einen<br />

Übergang in die Berufliche Bildung<br />

oder einen Arbeitsbereich des Bereiches<br />

<strong>Werkstätten</strong> zu schaffen.<br />

Eine Heilerzieherin,<br />

zwei Ergotherapeuten,<br />

eine<br />

Krankenschwester<br />

sowie zwei<br />

Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer<br />

am BerufsvorbereitendenSozialen<br />

Jahr sorgen<br />

für die Sicherstellung<br />

einer be-<br />

darfsorientierten,<br />

individuellen Förderung<br />

in der Tagesförderstätte.<br />

Den Boden dafür haben sie sich selber<br />

schaffen können im Rahmen der<br />

vorangestellten Tafö-kickoff-Projekt-<br />

wochen, als deren Ergebnis die Kolleginnen<br />

und Kollegen die Tafö einrichten<br />

und für einen Start vorbereiten<br />

sollten. <strong>Die</strong> Ergebnisse können<br />

sich sehen lassen: Ein Kreativraum<br />

bietet den Teilnehmerinnen und<br />

Teilnehmern beste Möglichkeiten,<br />

sich handwerklich zu erproben. Ein<br />

großer Gemeinschaftsraum dient<br />

der Gruppe als Lebensmittelpunkt<br />

innerhalb des Systems Tafö. Hier<br />

wird nicht nur miteinander der Tag<br />

eingeläutet, sondern auch mitein-<br />

ander am Klavier musiziert. Oft höre<br />

ich es den Flur entlang schallen,<br />

wenn wieder einmal jemand am<br />

Klavier neue musikalische Linien<br />

entwirft. In diesem Raum werden<br />

auch die Mahlzeiten zusammen<br />

eingenommen. Ein großer Tisch<br />

lädt zum Verweilen ein. Bilder entstehen,<br />

es wird genäht, ein anderer<br />

hört Musik oder ein Hörspiel. Andere<br />

wieder entspannen sich auf einer<br />

Insel am Boden. In der barrierefreien<br />

Küche kochen und backen die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer miteinander<br />

und füreinander.<br />

Der nächste Raum ist der Bewegung<br />

vorbehalten. Im Bewegungsraum<br />

können die TeilnehmerInnen unter<br />

fachlicher Anleitung körperlich aktiv<br />

zeigen. Nach vielen Anstrengungen<br />

bietet der Sinnesraum Möglichkeiten<br />

zur Ruhe und Entspannung.<br />

Ein Wasserklangbett, Lichtprojektoren,<br />

Farbkugeln und raumfüllende,<br />

warme Musik verleihen diesem<br />

Raum eine ganz besondere<br />

Atmosphäre, in der man schnell<br />

Ruhe finden kann.<br />

Komplettiert werden die Räumlichkeiten<br />

von einem Eingangsbereich,<br />

in welchem die Straßenschuhe und<br />

Jacken abgelegt werden. Ein Vollpflegebad<br />

und zwei Toiletten mit<br />

Dusche stehen für pflegerisch notwendige<br />

Tätigkeiten zur Verfügung.<br />

Das Pflegebad verfügt über eine<br />

breite, höhenverstellbare Bobath-<br />

Liege, eine Badewanne und ein<br />

Hängeliftsystem.<br />

Alle Räumlichkeiten wurden liebevoll<br />

eingerichtet und strahlen Wärme<br />

aus. Nach und nach sollen nun<br />

die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

selbst ihre Räume gestalten<br />

Axel Willenberg, li, und Christoph Dürdoth,<br />

3. v. li, im intensiven Gespräch mit Vertretern<br />

der Hansestadt Lübeck Torsten Westphal, 2. v.<br />

li, und Werner Lippe, 4.v.li<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong>


und mit ihrer persönlichen Note<br />

ausstatten.<br />

Nach einem Monat können wir feststellen,<br />

dass Alle angekommen sind<br />

und sich sehr wohlfühlen in den<br />

neuen Räumlichkeiten. Wo gerade<br />

noch Vorurteile deutlich wurden,<br />

zeigt sich jetzt ein freudiges Lächeln<br />

oder eine nicht vorauszusehende<br />

Geste. Das Konzept dieser Tagesförderstätte<br />

ist eines, welches sich nicht<br />

nur am Leben orientiert, sondern es<br />

konsequent thematisiert. Vielmehr<br />

noch – es macht Leben schöner für<br />

Menschen, die zurzeit nicht die Voraussetzungen<br />

für eine Aufnahme<br />

in eine Werkstatt mitbringen. <strong>Die</strong><br />

Tagesförderstätte ist ein Ort kleiner<br />

Erfolge. Schritt für Schritt gilt es<br />

hier, Entwicklungen voranzutreiben,<br />

Fähigkeiten zu sichern oder wiederherzustellen.<br />

Mit viel Empathie<br />

und Professionalität haben die hier<br />

arbeitenden Kolleginnen und Kollegen<br />

die Tagesförderstätte zum Leben<br />

erweckt. Mit viel Engagement,<br />

Geduld und Ausdauer fördern sie<br />

Menschen, die eine besonders intensive<br />

Begleitung benötigen.<br />

Es ist eine Arbeit, die neben aller<br />

Professionalität viel abverlangt, aber<br />

jeden Moment auch viel zurückgibt.<br />

Gerade noch saß sie am Tisch und<br />

ließ den Tag noch einmal an sich<br />

vorüberziehen. Sie erzählte lauthals<br />

und voller Begeisterung, was<br />

sie alles schaffen konnte an diesem<br />

herrlichen, einfachen Tag. Um die<br />

Ecke bog der Bus. Sie stand auf, verabschiedete<br />

sich von uns und lachte<br />

voller Freude über diesen gewonnenen<br />

Tag. Sie drehte sich ein letztes<br />

Mal um und sagte: „Und morgen<br />

bin ich wieder da. Bis gleich.“<br />

Torsten Lengsfeld<br />

Zentrumsleiter Marli-Beratungsund<br />

Bildungszentrum<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong><br />

Lebenshilfe Lübeck e.V.<br />

geht neue Wege<br />

Seit Mitte April ist das Marli-<br />

Bistro auf dem Marli-Hof in<br />

der Wesloer Landstraße sonntags<br />

von 13 – 17 Uhr geöffnet<br />

<strong>Die</strong> Idee reifte bereits Ende 2005<br />

und wurde jetzt nach eingehenden<br />

Vorbereitungen und Abstimmungen<br />

mit der Marli GmbH umgesetzt:<br />

Mitglieder des Vorstandes betreiben<br />

seit dem 15. April das Bistro ehrenamtlich<br />

für Menschen mit Behinderungen,<br />

ihren Angehörigen, aber<br />

auch für Stammgäste und diejenigen,<br />

die zufällig vorbeikommen.<br />

Von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern<br />

des Marli Bistros wurden<br />

die freiwilligen Aktiven an einem<br />

Montagabend eingehend in die<br />

räumlichen Verhältnisse wie auch<br />

die Bedienung der Technik in Küche<br />

und an der elektronischen Kasse<br />

eingewiesen – gar nicht so einfach,<br />

aber die Übung macht es am Ende.<br />

Einweisung in die Vorschriften nach dem<br />

Infektionsschutzgesetz durch Dr. Michael<br />

Kulow<br />

Am Morgen trafen sich dann alle<br />

frühzeitig im Bistro. Dr. Michael Kulow<br />

hatte sich freundlicherweise<br />

bereit erklärt, uns an diesem Sonntagmorgen<br />

zu unterweisen. Alle<br />

Anwesenden erhielten dazu anschließend<br />

eine schriftliche Teilnahmebescheinigung,<br />

wie es gesetzlich<br />

vorgeschrieben ist.<br />

Wir haben dabei einiges dazu gelernt<br />

im verantwortungsbewußten<br />

Umgang mit Lebensmitteln und<br />

der peinlichen Einhaltung von Hygiene-<br />

und Sauberkeitsvorschriften.<br />

Man sollte dies nicht auf die leichte<br />

Vor dem Start: <strong>Die</strong> „Küchen-Crew“ rief sich<br />

noch einmal in Erinnerung, wo was zu finden<br />

ist.<br />

Schulter nehmen.<br />

Anfangs standen wir uns alle noch<br />

ein wenig gegenseitig auf den Füßen.<br />

Das lag auch daran, dass wir<br />

am ersten Tag mit voller Mannschaft<br />

überbesetzt waren. Schließlich war<br />

jeder von uns noch am Üben. Aber<br />

dann fanden wir uns sehr schnell<br />

gut zurecht, und jeder übernahm<br />

seine Aufgabe. Viele Handgriffe sind<br />

nötig, um alles für die Gäste vorzubereiten:<br />

<strong>Die</strong> Kaffee- und Kakaomaschinen<br />

hochfahren, den Geschirrspüler<br />

vorheizen, Brezeln backen,<br />

den Kuchen für den Kühltresen herrichten,<br />

die Kasse mit Wechselgeld<br />

bestücken und nicht zuletzt die<br />

Außenplätze herrichten und für die<br />

Kleinen das Spielzeug für die Sandkiste<br />

herbeiholen.<br />

Natürlich sitzt (noch) nicht jeder<br />

Handgriff so, wie es die Stammgästen<br />

von den ihnen vertrauten Marli-Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern<br />

gewöhnt sind. Aber jeder Gast<br />

zeigte Verständnis, wenn es mal<br />

etwas länger dauerte oder nachgefragt<br />

werden musste, und alle fanden<br />

es toll, dass wir diese Herausforderung<br />

annehmen. Von Mal zu Mal<br />

läuft es jetzt besser.<br />

Wir kommen auf diese Weise abseits<br />

der traditionellen Anlässe mit vielen<br />

Menschen mit und ohne Behinderungen<br />

ins Gespräch – und das<br />

ist der eigentliche Sinn und Zweck<br />

unseres Engagements. Wer künftig<br />

auch mitmachen möchte, ist herzlich<br />

willkommen!<br />

Wenden Sie sich bitte an unsere Geschäftsstelle,<br />

Telefon 0451/3996311.<br />

Peter Eggert, Vorstandsvorsitzender<br />

Lebenshilfe Lübeck und Umgebung<br />

e.V.<br />

Seite 5


Kunst, Sport<br />

und Kultur<br />

Ein Siegertyp und sein<br />

Coach<br />

Christian Hippler und<br />

Stephan Schlegel<br />

Gerade haben sie noch gemeinsam<br />

mit den Kolleginnen und Kollegen<br />

600 Schnitzel gebraten, Soßen gerührt<br />

und Gemüse geputzt – jetzt<br />

gönnen sich Christian Hippler und<br />

Stephan Schlegel eine kurze Verschnaufpause.<br />

Dann tauschen sie<br />

die Kochschürzen gegen Sporthosen<br />

und ab geht´s an den Strand.<br />

Mindestens einmal pro Woche<br />

trainieren sie hier, damit Christian<br />

Hippler seinem Ziel Schritt für<br />

Schritt näher kommt: Bei den Internationalen<br />

Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften<br />

der Menschen<br />

mit Behinderung vom 20. bis 22.<br />

Juli in Singen am Bodensee will<br />

er ganz nach vorn. 2006 hat er es<br />

schon einmal geschafft, da wurde er<br />

in Halle/Saale Deutscher Meister im<br />

Weitsprung und Vizemeister im 60<br />

m Lauf. Jetzt hat Christian Hippler<br />

sich vorgenommen, seine 100-Meter-Zeit<br />

zu knacken: Unter zwölf Sekunden<br />

muss er bleiben, dann hat<br />

er eine reale Chance auf den Sieg.<br />

Seite 6<br />

Genau das ist es, was ihn am Sport<br />

so reizt, sagt er: „Der Erfolg und der<br />

Nervenkitzel.“ Außerdem tue er es<br />

auch für seine Freundin, mit der der<br />

25-Jährige in Malente zusammenlebt:<br />

„Dann kommt man in die Zeitung“.<br />

Im Goldenen Buch der Stadt<br />

Eutin steht er auch schon. Bis er<br />

aber eine weitere Urkunde mit nach<br />

Hause nehmen kann, ist es noch ein<br />

harter Weg.<br />

Wenn Christian Hippler und Stephan<br />

Schlegel am Strand trainieren,<br />

laufen sie 6 - 9 km – meistens zusam-<br />

Ein Erfolgsduo: Stephan Schlegel und Christan Hippler (re)<br />

men, Seite an Seite, der junge, ehrgeizige<br />

Sportler und der ehemalige<br />

Bundesliga-Handballer. „Training<br />

heißt sich zu quälen“, stellt Christian<br />

Hippler klar und ein Blick zum Trainer<br />

spricht Bände: „Rede nicht vom<br />

letzten Wochenende“. Da haben sie<br />

besonders intensiv Sprints und die<br />

Silber im Weitsprung und Bronze im Sprint holte Christian Hippler (li) bei den Deutschen Leichtathletik<br />

Hallen-Meisterschaften in Leverkusen im März <strong>2007</strong><br />

„Standfestigkeit“ trainiert, was beim<br />

100-Meter-Lauf soviel heißt wie:<br />

Nicht nur schnell durchstarten, sondern<br />

auch schnell ins Ziel kommen.<br />

„<strong>Die</strong> ersten 40 m laufe ich gut, dann<br />

baue ich ab“, meint Christian Hippler<br />

selbstkritisch. Aber sein Trainer<br />

lobt: „Er hat sich eigentlich immer<br />

gesteigert. Wenn einer vor ihm ist,<br />

den möchte er schlagen“.<br />

Ein glücklicher Zufall brachte die<br />

zwei Sportbegeisterten vor zwei<br />

Jahren zusammen: Der Eine wollte<br />

lieber in der Küche<br />

als in der<br />

Landschaf tspflegearbeiten<br />

(„Da kriegt<br />

man dreckige<br />

Fingernägel“),<br />

der Andere<br />

übernahm als<br />

ausgebildeter<br />

Koch und Ernähungsberater<br />

die Kantine<br />

in den Eutiner<br />

<strong>Werkstätten</strong> der<br />

Ostholsteiner<br />

Behinder tenhilfe<br />

GmbH.<br />

Stephan Schlegel<br />

weiß, was es heißt, beim Sport<br />

an die eigenen Grenzen zu gehen.<br />

15 Jahre lang hat er in der Handball<br />

Bundesliga gespielt, dreimal wurde<br />

ihm dabei die Nase gebrochen. Jetzt<br />

ist er ausgestiegen, trainiert verschiedene<br />

Handballmannschaften<br />

und eben den Leichtathleten Christian<br />

Hippler. Weil der „ein echter<br />

Siegertyp“ ist, macht ihm das Training<br />

großen Spaß. Unterstützt wird<br />

Christian Hippler auch von den<br />

Eutiner <strong>Werkstätten</strong>. Sie zahlen die<br />

Reisekosten zu den Turnieren – aus<br />

eigener Tasche könnte er das nicht<br />

finanzieren.<br />

Morgen früh wird der Leichtathlet<br />

wieder in der Küche stehen. Zu<br />

spät zur Arbeit kommt er nur noch<br />

ganz selten. „Sein ganzes Leben hat<br />

vom Sport profitiert“, meint sein<br />

Coach. Christian Hippler sieht´s eher<br />

sportlich: „Wir sind eine tolle Mannschaft“.<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong>


27. Landessportfest<br />

der Menschen mit<br />

Behinderungen<br />

Medaillenspiegel<br />

936 Sportlerinnen und Sportler<br />

aus 37 <strong>Werkstätten</strong> für Menschen<br />

mit Behinderungen starteten am<br />

Samstag, dem 9. Juni 07, beim 27.<br />

Landessportfest in Lübeck auf dem<br />

Buniamshof. Trotz der extremen Hitze<br />

erzielten die Aktiven Spitzenleistungen.<br />

Hier die Bestplatzierten.<br />

<strong>Die</strong> komplette Siegerliste finden Sie<br />

unter www.marli.de.<br />

1. Plätze:<br />

Dreikampf Männer<br />

Dirk Radecki 2.092 Pkt<br />

<strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong>,<br />

Flensburg<br />

Dreikampf Frauen<br />

Anja Wilke 1.373 Pkt.<br />

Holländerhof, Flensburg<br />

Schlagballweitwurf Männer<br />

Markus Schnoor 55m<br />

Möllner <strong>Werkstätten</strong><br />

Schlagballweitwurf Frauen<br />

Michaela Höftmann 38m<br />

Werkstatt am Drachensee,<br />

Kiel<br />

Schlagballwerfen Rollstuhlfahrer<br />

Ingo Drewes 14m<br />

Marli GmbH, Lübeck<br />

Schlagballwerfen Rollstuhlfahrerinnen<br />

Janina Scharata 13 m<br />

Vorwerker <strong>Werkstätten</strong>,<br />

Lübeck<br />

Kugelstoßen Männer<br />

Manuel Sommers 9,91m<br />

Marli GmbH, Lübeck<br />

Kugelstoßen Frauen<br />

Petra Misikowski 7.53m<br />

Marli GmbH, Lübeck<br />

Zielwurf in Kästen<br />

Jennifer Justin 30 Pkt. n.S.<br />

Lebenshilfewerk<br />

Neumünster<br />

Hockey-Zielschlag<br />

Andreas Förster 30 Pkt. n.S.<br />

Rendsburger Werkstatt<br />

Korbball-Zielwurf<br />

Hartwig Reinke 4 Pkt.<br />

Elbe-<strong>Werkstätten</strong>, Hamburg<br />

Weitsprung Männer<br />

Markus Schnoor 4,85 m<br />

Möllner <strong>Werkstätten</strong><br />

Weitsprung Frauen<br />

Susi Hollstein 3,81 m<br />

Hagenower <strong>Werkstätten</strong><br />

Zonenweitsprung Männer<br />

Manuel Tend 42 Pkt.<br />

WfbM Grevesmühlen<br />

Zonenweitsprung Frauen<br />

Susanne Metzner 16 Pkt.<br />

Norderstedter <strong>Werkstätten</strong><br />

75 m-Lauf Männer<br />

Markus Schnoor 9,81 sec.<br />

Möllner <strong>Werkstätten</strong><br />

75 m-Lauf Frauen<br />

Erika Zollenkopp 10,94 sec.<br />

Kappelner <strong>Werkstätten</strong><br />

Rollstuhlwettfahren für Selbstfahrer<br />

mit Handbetrieb Männer<br />

Mustafa Adilagic 14,75 sec<br />

Hamburger Werkstatt<br />

50m Rollstuhl-Wettfahren mit<br />

Zimmerrollstuhl Frauen<br />

Janina Scharata 17,28 sec<br />

Vorwerker <strong>Werkstätten</strong><br />

50m Rollstuhl-Wettfahren mit<br />

Zimmerrollstuhl Männer<br />

Tino Draeger 16,43 sec<br />

Wismarer <strong>Werkstätten</strong><br />

Slalom für Selbstfahrer mit Handbetrieb<br />

Männer<br />

Tino Draeger 24,35 sec<br />

Wismarer <strong>Werkstätten</strong><br />

Slalom mit Zimmerrollstuhl<br />

Frauen<br />

Annika Wichelmann 28,32 sec<br />

Marli GmbH, Lübeck<br />

Slalom mit Elektrorollstuhl<br />

Männer<br />

Markus Reinholdt 35,59 sec<br />

Oldenburger <strong>Werkstätten</strong><br />

Slalom mit Elektrorollstuhl<br />

Frauen<br />

Melanie Kern 33,94 sec.<br />

Geesthachter <strong>Werkstätten</strong><br />

Kegeln für Rollstuhlfahrer<br />

Norbert Rachut 11 Pkt.<br />

Kappelner <strong>Werkstätten</strong><br />

Sandsackzielwerfen für Rollstuhlfahrer<br />

Ingo Drewes 270 Pkt. n.S.<br />

Marli GmbH Lübeck<br />

Pezziballwettrollen<br />

Regina Hess 27,22 sec.<br />

Werkstatt am Drachensee,<br />

Kiel<br />

1000m Lauf Männer<br />

Marc Simon 3:14 min<br />

WfbM Wahlstedt<br />

1000m Lauf Frauen<br />

Alexandra Ihne 4:16 min<br />

Marli GmbH Lübeck<br />

Tauziehen Männer<br />

Hagenower <strong>Werkstätten</strong><br />

Tauziehen Frauen<br />

Oldenburger <strong>Werkstätten</strong><br />

Wasserwagenstaffel<br />

Norderstedter <strong>Werkstätten</strong><br />

4x100m Staffel Männer<br />

Möllner <strong>Werkstätten</strong> 56,2 sec<br />

4x100m Staffel Frauen<br />

Hagenower <strong>Werkstätten</strong><br />

1:11,9 min<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong> Seite 7


Verbunden<br />

Beratung ohne Wenn<br />

und Aber<br />

Beratungsverbund Ostholstein<br />

jetzt auch in Oldenburg<br />

Ob es um Hilfe bei Anträgen geht,<br />

um die Suche nach einem Pflegeheim<br />

oder um Freizeitangebote - wer<br />

Informationen zum Leben mit Behinderung<br />

sucht, hat seit Ende April<br />

eine neue Anlaufstelle in Oldenburg.<br />

Der Beratungsverbund Ost-<br />

holstein eröffnete am 23. April 07 in<br />

der Schuhstraße 53 eine Beratungsstelle,<br />

die bei verschiedensten Fragen<br />

und Problemen Rat und Hilfe<br />

bietet. <strong>Die</strong>nstags bis freitags von 9<br />

bis 11 Uhr sind die Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Ostholsteiner<br />

Behindertenhilfe GmbH, der Lebenshilfe<br />

Ostholstein, der Brücke<br />

Ostholstein GmbH und des Kastanienhofes<br />

persönlich und telefonisch<br />

erreichbar. Außerdem wird alle 14<br />

Tage mittwochs von 14 bis 16 Uhr<br />

eine Pflegeberatung angeboten.<br />

Seite 8<br />

„Nicht jeder Berater muss alles wissen“,<br />

erklärte Susanne Voß, die als<br />

Vorstand der Lebenshilfe Ostholstein<br />

die Arbeit des Beratungsverbundes<br />

koordiniert, „aber niemand,<br />

der Hilfe sucht, wird allein gelassen“.<br />

Alle beteiligten Organisationen hätten<br />

ein gemeinsames Menschenbild,<br />

das nicht auf Profit ausgerichtet<br />

sei. Stattdessen gehe es darum,<br />

dort zu helfen, wo es nötig sei.<br />

2005 war der Beratungsverbund<br />

Ostholstein in Eutin gegründet worden<br />

und hatte in der Fußgängerzone<br />

seine Beratungsstelle eingerichtet.<br />

Reihum besetzen die Fachleute<br />

der beteiligten Organisationen das<br />

Büro. „Wir sind nicht zuständig gibt<br />

es bei uns nicht. Wir bieten eine<br />

wirklich unabhängige Beratung und<br />

das kostenlos“, betonte ein Vertreter<br />

der Brücke Ostholstein GmbH. <strong>Die</strong><br />

Erfahrung in Eutin habe gezeigt,<br />

dass verschiedenste Anfragen vom<br />

Übergang zum Frauennotruf bis<br />

zur Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch<br />

an den Beratungsverbund<br />

gerichtet würden. „So ein<br />

Angebot hat in Oldenburg gefehlt“,<br />

ist Anneliese Bönisch, Leiterin einer<br />

Wohnstätte für Menschen mit Behinderung,<br />

überzeugt.<br />

In dem schmucken Backsteinhäus-<br />

Mit vereinten Kräften Rat und Hilfe zum Thema Behinderung – die „Mannschaft“ des Beratungsverbundes<br />

Ostholstein<br />

chen mit der Hausnummer 53 ist<br />

außer der Beratungsstelle ein Laden<br />

der Oldenburger <strong>Werkstätten</strong><br />

untergebracht. Hier werden Eigenprodukte,<br />

zurzeit vor allem Fledermauskästen,<br />

Kunsthandwerk und<br />

handgefertigte Kerzen angeboten.<br />

Stück für Stück soll das Sortiment<br />

erweitert werden. Der Laden ist<br />

montags, mittwochs und freitags<br />

von 11 bis 17 Uhr geöffnet. Der Beratungsverbund<br />

ist werktags außer<br />

montags von 9 bis 11 Uhr und alle<br />

14 Tage mittwochs von 14 bis 16 Uhr<br />

erreichbar. Telefon: 0 43 61/49 41 32<br />

Fax: 0 43 61/ 49 43 78, E-Mail: info@<br />

beratungsverbund-ostholstein.de<br />

Internet: www.beratungsverbundostholstein.de.<br />

Politik<br />

AGENDA 22<br />

Chancengleichheit auf<br />

europäischer Ebene<br />

Das Jahr <strong>2007</strong> ist von der Europäischen<br />

Union (EU) zum „Europäischen<br />

Jahr der Chancengleichheit<br />

für alle“ ausgerufen worden. Innerhalb<br />

der EU hat die Forderung nach<br />

Gleichstellung und Teilhabe bereits<br />

Tradition. 1981 war das „Internationale<br />

Jahr der Behinderten“ und das<br />

Leitmotiv „Nichts über uns ohne uns“<br />

stammt aus dem „Europäischen Jahr<br />

der Menschen mit Behinderungen“<br />

in 2003.<br />

Doch auf Worte müssen Taten folgen.<br />

Menschen mit Behinderungen<br />

stoßen noch immer auf viele Barrieren,<br />

die ihr Recht auf Teilhabe beschneiden.<br />

<strong>Die</strong> EU hat deshalb für ihre Mitgliedsstaaten<br />

UN - Standardregeln<br />

zur Herstellung der Chancengleichheit<br />

von Menschen mit chronischen<br />

Erkrankungen und Menschen mit<br />

Behinderungen verabschiedet. Sie<br />

beschreiben<br />

1. die Voraussetzungen für eine<br />

gleichberechtigte Teilhabe:<br />

• Sensibilisierung der Allgemeinheit<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong>


• Medizinische Versorgung<br />

• Rehabilitation<br />

• Unterstützungsdienste<br />

2. die acht gesellschaftlichen Zielbereiche:<br />

• Barrierefreie Umwelt<br />

• Bildung<br />

• Beschäftigung<br />

• Einkommenssicherung und soziale<br />

Sicherheit<br />

• Familienleben und freie Entfaltung<br />

der Persönlichkeit<br />

• Kultur<br />

• Freizeit und Sport<br />

• Religion<br />

3. Regeln für die Durchführungsmaßnahmen:<br />

• Information und Forschung<br />

• Politik und Planung<br />

• Gesetzgebung<br />

• Wirtschaftspolitik<br />

• Koordinierung der Aktivitäten<br />

• Behindertenorganisation<br />

• Ausbildung von Personal<br />

• Überprüfung und Evaluierung der<br />

Behindertenprogramme<br />

• Technische und wirtschaftliche Zu-<br />

sammenarbeit<br />

• Internationale Zusammenarbeit<br />

<strong>Die</strong> UN-Standardregeln bilden die<br />

Basis der AGENDA 22. Sie soll die<br />

Umsetzung dieser Regeln auf der<br />

lokalen und regionalen Ebene sichern.<br />

<strong>Die</strong> AGENDA 22 beinhaltet<br />

die Merkmale einer guten behindertenpolitischen<br />

Planung, sie bezieht<br />

die Vertreterinnen und Vertreter<br />

der Behindertenorganisationen<br />

als gleichberechtigte Partner mit<br />

ein und sie enthält Vorschläge von<br />

der Idee bis hin zum Programm. So<br />

gesehen ist die AGENDA 22 eine europäische<br />

Handlungsanweisung zur<br />

Sicherung der Teilhabe aller.<br />

Kommunale Planungen / Aktivitäten<br />

sollten daher grundsätzlich an der<br />

AGENDA 22 gemessen werden. Zu<br />

den einzelnen UN - Standardregeln<br />

gibt es Fragen, die die Bewertung<br />

konkreter Situationen ermöglichen.<br />

<strong>Die</strong> Bundesvereinigung der Lebenshilfe<br />

hat die UN-Standardregeln in<br />

einfacher Sprache veröffentlicht.<br />

Gisela Eichholz<br />

Fachreferentin Qualitätssicherung<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong><br />

Wissenschaft<br />

und Praxis<br />

Fachtagung der Stiftung<br />

Drachensee „DemenzielleErscheinungsbilder<br />

bei Menschen mit<br />

geistiger Behinderung“<br />

Seit Oktober 2004 wird das dreijährige<br />

Praxisprojekt mit wissenschaftlicher<br />

Begleitung „Demenzielle Erscheinungsbilder<br />

bei Menschen mit<br />

geistiger Behinderung“ (DEMGEB)<br />

von der Stiftung Drachensee aus<br />

Kiel unter der Leitung von em. Prof.<br />

Dr. Dr. h.c. Wolf-Rüdiger Walburg<br />

durchgeführt und von der Aktion<br />

Mensch gefördert.<br />

<strong>Die</strong> Anzahl der Menschen mit geistigerBehinderung,<br />

die ein hohes<br />

Lebensalter<br />

erreichen, ist in<br />

den letzten Jahr-<br />

zehnten stark angestiegen.<br />

<strong>Die</strong><br />

gleichzeitig stei-<br />

gende Anfälligkeit<br />

für demenzielle Erkrankungen<br />

stellt<br />

die Betreuenden<br />

zunehmend vor<br />

komplexe Aufgaben.<br />

Im Rahmen<br />

des DEMGEB-Projektes<br />

wurde u. a. ein Wohn- und<br />

Begleitungskonzept entwickelt, um<br />

den Bedürfnissen dieses Personenkreises<br />

gerecht zu werden und dazu<br />

beizutragen, dass sie ein menschenwürdiges<br />

Altern erleben können.<br />

Am 28. September 07 endet das<br />

Projekt mit einer abschließenden<br />

Fachtagung in den Räumlichkeiten<br />

der Philosophischen Fakultät der<br />

Christian-Albrechts-Universität zu<br />

Kiel. <strong>Die</strong> Fachtagung wendet sich an<br />

die Zielgruppe der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter der Behindertenhilfe<br />

und der Altenhilfe, Wissenschaftlerinnen<br />

und Wissenschaftler und<br />

Studierende der involvierten Disziplinen,<br />

Vertreterinnen und Vertreter<br />

von Verbänden und der Politik.<br />

Neben der Vorstellung der Projektergebnisse<br />

und dem Angebot von<br />

Workshops werden verschiedene<br />

Vorträge zu folgenden Themen zu<br />

hören sein:<br />

• Demenz bei Menschen mit geistiger<br />

Behinderung - Möglichkeiten der<br />

Erkennung und Erfassung demenzieller<br />

Entwicklungen im Betreuungsalltag<br />

(Dr. Andreas Ackermann,<br />

Universität Erlangen-Nürnberg),<br />

• Alt mit geistiger Behinderung<br />

und erhöhtem Hilfebedarf – Anforderungen<br />

an Einrichtungen und<br />

<strong>Die</strong>nste (Klaus Kräling, Bundesvereinigung<br />

Lebenshilfe für Menschen<br />

mit geistiger Behinderung e. V.),<br />

• Zuhause-Sein und Leben im Alter<br />

in Einrichtungen der Behindertenhilfe<br />

(em. Prof. Dr. Dr. h.c. Wolf-Rüdiger<br />

Walburg, Heilpädagogisches<br />

Institut der Christian-Albrechts-Universität<br />

zu Kiel) und<br />

• Positive Arbeit an der Person<br />

(Christian Müller-Hergl, Universität<br />

Witten/Herdecke)<br />

Weitere Informationen zu dieser<br />

Veranstaltung sind im Internet unter<br />

www.drachensee.de zu finden oder<br />

bei Kristin Andert unter andert@<br />

drachensee.de zu erhalten.<br />

Kristin Andert<br />

Wissenschaftliche Mitarbeiterin<br />

Seite 9


Report<br />

Wenn Träume wahr<br />

werden<br />

Marita Tetens hatte einen Traum:<br />

Einmal im Leben möchte sie nach<br />

Australien fahren. Marita, 49 Jahre<br />

jung und von Geburt an auf einen<br />

Rollstuhl angewiesen, arbeitet in<br />

der Telefonzentrale der <strong>Mürwiker</strong><br />

<strong>Werkstätten</strong>. Schon seit ihrer Schulzeit<br />

hatte sie diesen Traum, als sie<br />

damals einen Aufsatz über das Land<br />

schreiben durfte.<br />

Dann, vor 22 Jahren, rückte der<br />

ferne Kontinent näher: Sie begann<br />

eine Brieffreundschaft mit einem<br />

Lehrerehepaar in Australien. Marita<br />

lernte durch die vielen Briefe<br />

Australien besser kennen und ihr<br />

Wunsch wurde größer, das Land zu<br />

besuchen. Das Lehrerehepaar hat<br />

Marita schon zu Hause besucht,<br />

aber eine Einladung konnte Marita<br />

bisher nicht annehmen. Zu teuer, zu<br />

kompliziert waren die Argumente<br />

gegen eine Reise. Doch letztes Jahr<br />

half der Zufall: Eine ehrenamtliche<br />

Mitarbeiterin in den <strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong><br />

hörte, wie Marita mit einem<br />

Kollegen über ein Weihnachtspäckchen<br />

sprach, das sie nach Australien<br />

schicken wollte. Sie fragte nach und<br />

Marita erzählte von ihrem Traum.<br />

Wochen später überraschte die Mitarbeiterin<br />

Marita damit, dass sie eine<br />

Möglichkeit gefunden habe, wie sie<br />

günstig nach Australien käme: Ihre<br />

Verwandte arbeitet bei Air Canada<br />

und würde ihr ein ermäßigtes Ticket<br />

besorgen. Mehr noch, sie würde<br />

Marita sogar begleiten. Der Stein<br />

kam ins Rollen. Von vielen Helfern<br />

wurden Spenden gesammelt, Gesundheitschecks<br />

durchgeführt, Visa<br />

und Kreditkarten beantragt, Flugpläne<br />

festgelegt und Unterkünfte<br />

gebucht. Am 14. April war es soweit.<br />

Marita machte sich auf den Weg, ihren<br />

Traum zu verwirklichen.<br />

Seite 10<br />

Wir flogen von Hamburg über Frankfurt, Calgary und<br />

Vancouver (Kanada), Honolulu (Hawaii, USA), nach Sydney<br />

(Australien) über 40 Flugstunden. Eine richtige Strapaze,<br />

aber die Freude auf meine Brieffreunde war größer. Zweimal<br />

durfte ich sogar 1. Klasse fliegen.<br />

Dann der Schreck: Mein<br />

Rollstuhl passte nicht in die<br />

üblichen Taxis. Der Taxifahrer<br />

wußte Rat. Er telefonierte ein<br />

paar Mal und besorgte uns<br />

eine Stretchlimousine und<br />

gönnte mir eine herrliche<br />

Nachtfahrt durch Honolulu<br />

zum Hotel.<br />

Der Aufgang zu dem<br />

Haus meiner Brieffreunde.<br />

Zweimal war ich bei ihnen<br />

zu Hause, um zu sehen wo<br />

sie leben. Sonst haben wir<br />

in der Jugendherberge in<br />

Sydney gewohnt.<br />

Ankunft in Honolulu. <strong>Die</strong><br />

anderen Passagiere waren<br />

neidisch: Ich habe zur Begrüßung<br />

einen Blumenkanz<br />

aus echten, duftenden<br />

Blumen bekommen, nicht<br />

aus Plastik.<br />

Meine BrieffreundeWinniefried<br />

und Kevin<br />

erfüllten mir<br />

zuerst meinen<br />

Wunsch, das berühmteOpernhaus<br />

in Sydney<br />

zu erkunden.<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong>


An einen Strand komme ich selten. Aber bei einem<br />

Ausflug zur nahe gelegenen Insel Manly, einem Surfer-<br />

paradies, war alles kein Problem. Zwei gut gebaute<br />

Wellenreiter packten mich und meinen Rollstuhl und<br />

zack war ich bei ihnen am Meer.<br />

Zu den Ureinwohnern Australiens, den Aborigines,<br />

sind wir nicht in die Steppe gefahren. Das war zu<br />

weit. Trotzdem habe ich einen Eindruck bekommen.<br />

Man findet sie als Touristenattraktion am Hafen von<br />

Sydney.<br />

Sie zeigten mir die Koalabären und Känguruhs<br />

im Tierpark Featherdale und wilde Känguruhs<br />

am Fuße des „Blauen Gebirges” mit seinen<br />

riesigen Bäumen und einem atemberaubenden<br />

Ausblick von ganz oben, vom Aussichtspunkt<br />

„Echo Point“.<br />

Einmal mussten wir uns einfach ein gutes, aber<br />

leider auch sehr teures Essen gönnen. Den herrlichen<br />

Ausblick auf Sydney von hier oben aus dem<br />

Seatower werde ich nie vergessen.<br />

FLEK <strong>infos</strong> • Ausgabe 2 • <strong>2007</strong> Seite 11


Termine<br />

Datum Veranstaltung Veranstalter<br />

04.07.07<br />

28.07.07<br />

18.08.07<br />

02.09.07<br />

02.09.07<br />

07.09.07<br />

28.09.07<br />

13.10.07<br />

27.10.07<br />

27.10.07<br />

03.11.07<br />

01.12.07<br />

Gruppe GmbH<br />

Herausgegeben von der<br />

FLEK Gruppe GmbH<br />

Postfach 5810<br />

24065 Kiel<br />

Eröffnung Naturlehrpfad, 10 bis 12 Uhr<br />

Marli-Hof, Wesloer Landstraße 5 b/c, 23566 Lübeck<br />

Stäljmun, Nordfriesischer Triathlon mit Mannschaften der<br />

<strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong><br />

Sommerfest im Eiderbad, 10 bis 19 Uhr<br />

Eiderbrook, 24114 Kiel<br />

Jazz-Frühschoppen der Lebenshilfe Lübeck e.V. , ab 10 Uhr<br />

im Aegidienhof, St. Annen Straße 1, 23552 Lübeck<br />

YOU!MM mit Mannschaften der <strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong><br />

Stadtlauf<br />

Hoffest, 13 bis 18 Uhr<br />

Marli-Hof, Wesloer Landstraße 5 b/c, 23566 Lübeck<br />

Fachtagung: Demenzielle Erscheinungsbilder bei Menschen<br />

mit geistiger Behinderung, 9:30 bis 17.30 Uhr<br />

Christian-Albrechts-Universität zu Kiel<br />

Marli-Lauf, Start ca. 11 Uhr<br />

Marli-Hof, Wesloer Landstraße 5 b/c, 23566, Lübeck<br />

Tag der offenen Tür , 11 bis 17 Uhr<br />

Marli GmbH, Arnimstraße 95, 23566 Lübeck<br />

Tischtennis-Turnier, 10 bis 17 Uhr<br />

Hans-Heinrich-Sievert-Halle, Holstenstr. 10, 23701 Eutin<br />

Tag der offenen Tür, 10 bis 16 Uhr, Werkstatt Treeneweg 10a,<br />

24939 Flensburg<br />

Weihnachtsbasar Werkstatt am Drachensee, 11 bis 18 Uhr<br />

Hamburger Chaussee 219-221, 24113 Kiel<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen für Menschen mit Behinderungen<br />

04 31 - 648 44 20<br />

flek@drachensee.de<br />

www.flek.org<br />

R<br />

Redaktion: Mathias Kolaczinski<br />

Sabine Schütt<br />

Iris Guhl-Lengeling<br />

Frank Kuhnig<br />

Marli GmbH<br />

Stadt Niebüll<br />

Werkstatt am Drachensee<br />

Marli GmbH<br />

Lebenshilfe Lübeck e.V.<br />

Stadt Flensburg<br />

Marli GmbH<br />

Stiftung Drachensee<br />

Marli GmbH<br />

Marli GmbH<br />

Eutiner <strong>Werkstätten</strong><br />

<strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong><br />

Werkstatt am Drachensee<br />

Druck: SPEKTRUM, Druckerei<br />

<strong>Mürwiker</strong> <strong>Werkstätten</strong> GmbH<br />

04 61 - 570 41 10

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!