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Steh Auf Und Geh Steh Auf Und Geh - fraternität Deutschland

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Forum 4/2012<br />

<strong>Steh</strong> <strong>Auf</strong> <strong>Und</strong> <strong>Geh</strong>


Z<br />

INHALT<br />

Inhaltsverzeichnis / Zum Titelbild / Editorial 2<br />

Stolperstein<br />

• Abbé André Kolly: »Zum Leben berufen – <strong>Steh</strong> auf und geh«<br />

– Wesentliche Grundsätze und ursprüngliche Intuitionen … 3<br />

Miteinander unterwegs – Fraternität vor Ort<br />

• Aus dem Franziskanischen Krankenapostolat<br />

sowie den Fraternitätsgruppen Aachen, Bonn, Marburg<br />

und Regensburg 9<br />

Miteinander unterwegs – Bundes<strong>fraternität</strong><br />

• Nachruf 18<br />

• Zum neuen Jahresthema 19<br />

• Kurzinformationen aus dem Bundesleitungsteam 19<br />

• 3. BLT-Tagung 2012 19<br />

• Jahreshauptversammlung 2012 20<br />

• Weihbischof Dieter Geerlings –<br />

Predigt zum JHV-Abschlussgottesdienst 24<br />

• Gedanken des Bundesseelsorgers 27<br />

Miteinander unterwegs – Fraternität weltweit<br />

• Asienreise der Internationalen Kernequipe 28<br />

• Interkontinentaler Tag der Menschen mit Behinderung 28<br />

Aus Kirche und Welt 29<br />

Vorschau / Impressum 31<br />

Geistig fit 33<br />

»<strong>Geh</strong>« – Hilfen<br />

• »In der Dunkelheit leuchtet uns auf ein Licht …« –<br />

Texte zur Advents- und Weihnachtszeit 36<br />

Titelbild: »Leben erwacht« – Gemälde von Juan Guzmán, Guatemala<br />

Quelle: missio-Kunstkalender 2006<br />

(Wir danken für die Abdruckgenehmigung)<br />

Zum<br />

Titelbild<br />

Ein Kind ist geboren.<br />

Es bringt Veränderung,<br />

neue Hoffnung,<br />

eine große Verheißung.<br />

Es ist die Krone der Schöpfung,<br />

die schönste allen Blumen. <br />

Editorial<br />

L iebe Leserinnen und Leser,<br />

durch diese Ausgabe unseres Bundesorgans zieht sich<br />

wie ein roter Faden die Beschäftigung mit »den Wurzeln«<br />

von bestimmten Ereignissen. Dies geschieht nicht<br />

so sehr aus (kultur)historischem Interesse, sondern<br />

vielmehr aus dem Bestreben heraus, zu deren eigentlichen<br />

Ursprüngen und »Quellen« zu gelangen, aus denen<br />

sie »gespeist« werden. Denn diese Kenntnis der Ursachen<br />

und Hintergründe hilft, Werte aus früheren Zeiten<br />

zu bewahren, sie also für unser Heute zu »buchstabieren«<br />

und entsprechend zu nutzen, sowie auch bei der<br />

Entwicklung von Perspektiven für die Zukunft.<br />

An erster Stelle sei deshalb auf unsere Beiträge in den<br />

»<strong>Geh</strong>«-Hilfen verwiesen. Mit den meditativen Texten<br />

und Geschichten zur Advents- und Weihnachtszeit<br />

möchten wir Sie anregen, sich auf die spirituellen Zusammenhänge<br />

und die Bedeutung dieser ganz besonderen<br />

Zeit im Jahr zu besinnen. Leider besteht heutzutage<br />

zunehmend die Gefahr, dass diese und insbesondere<br />

auch deren Höhepunkt, das Fest der Geburt Jesu,<br />

durch den ganzen vorweihnachtlichen Rummel und<br />

vor allem auch durch ein entsprechendes Warenangebot<br />

des Handels, das schon kurz nach den Sommerferien<br />

einsetzt, in Vergessenheit gerät und unser Brauchtum<br />

ausgehöhlt und »sinn«-entleert wird …<br />

Des Weiteren war uns das oben Gesagte auch in Hinblick<br />

auf unsere Fraternitätsbewegung ein wichtiges<br />

Anliegen. <strong>Und</strong> so freuen wir uns, Sie im »Stolperstein«<br />

mit den Inhalten des Vortrags von Abbé André Kolly,<br />

dem Nationalseelsorger der Schweizer Fraternität, bekannt<br />

zu machen, den dieser anlässlich der Vollversammlung<br />

der Europäischen Fraternität gehalten hat.<br />

Um Wurzeln und Ursprünge, sowie auch um aktuelle<br />

Ereignisse und Erlebnisse, geht es ebenfalls in unserer<br />

Rubrik »Miteinander unterwegs«, in der wir wieder<br />

ausführlich von den verschiedenen Ebenen unserer Bewegung<br />

berichten. Besonders erwähnenswert ist in diesem<br />

Zusammenhang auch die Berichtserstattung zu<br />

unserer diesjährigen Hauptversammlung (03.–07.10.),<br />

bei der wir ein dreifaches Jubiläum feiern durften.<br />

Für die kommende Advents- und Weihnachtszeit wünschen<br />

ich uns allen, dass die Erwartung und die Freude<br />

der »ersten Weihnacht« unsere Herzen erfüllen und uns<br />

ins neue Jahr begleiten möge.<br />

Ihre<br />

Christine Osafo<br />

Mitverantwortliche im Bundesleitungsteam<br />

<br />

2 STEH AUF UND GEH 4/2012


»STOLPERSTEIN«<br />

Y<br />

In der Rubrik »Stolperstein« sprechen wir schwerpunktmäßig Themen an, die zurzeit in Gesellschaft,<br />

Kirche, Politik bzw. Wissenschaft aktuell sind, und möchten Sie so zum Nachdenken darüber<br />

anregen.<br />

In dieser Ausgabe unseres Forums veröffentlichen wir, mit der freundlichen Abdruckgenehmigung<br />

von Abbé André Kolly, dessen Vortrag, den er Ende Juli 2012 in Krzeszowice/Polen zum inhaltlichen<br />

Schwerpunkt der diesjährigen Europäischen Vollversammlung gehalten hat. In seiner »In die<br />

Zukunft gerichtete Lektüre der wesentlichen Grundsätze und ursprünglichen Intuitionen der Christlichen<br />

Fraternität der kranken und behinderten Personen« geht der Nationalseelsorger der Schweizer<br />

Fraternität zu den Ursprüngen der Interkontinentalen Fraternitätsbewegung zurück und verdeutlicht,<br />

dass die großen, in der Charta festgelegten Richtlinien in Bezug auf die Entwicklung von<br />

Perspektiven für die Zukunft der Fraternitätsbewegung nach wie vor aktuell und wichtig sind. <br />

» Zum Leben berufen:<br />

<strong>Steh</strong> auf und <strong>Geh</strong>«<br />

Wesentliche Grundsätze und ursprüngliche Intuitionen der<br />

Christlichen Fraternität der kranken und behinderten Personen<br />

Einleitung<br />

Die europäische Equipe hat mich für unsere Arbeitstagung<br />

um einen Vortrag gebeten. Der vorgeschlagene Titel<br />

heißt »<strong>Auf</strong>gerufen zu leben, steh auf und geh«. Es<br />

geht um die Wiederentdeckung der Charta der Fraternität<br />

und ihrem Echo in der Botschaft von Père François<br />

zu dem Lyoner Kongress im Jahr 1985, wenige Monate<br />

vor seinem Tod. Ich war so leichtsinnig, diese <strong>Auf</strong>gabe<br />

anzunehmen, trotz meiner Arbeit in der Gemeinde und<br />

Diözese, trotz der Widrigkeiten mit denen sich meine<br />

Gesundheit auseinandersetzen muss; ich werde mich<br />

dieser Herausforderung stellen:<br />

• Erstens weil ich die Fraternität liebe und gerne von<br />

ihr spreche.<br />

• Zweitens weil ich ihre Entwicklung miterlebt habe:<br />

ich gehöre ihr seit 1970 an und habe an vielen europäischen<br />

und interkontinentalen Begegnungen teilgenommen.<br />

• Dann weil ich während meiner Universitätsarbeiten<br />

darüber nachgedacht habe.<br />

Aber ich bin mir der Schwierigkeit bewusst. Es ist ein<br />

großes Thema für einige Stunden; die Zuhörerschaft ist<br />

anders, ebenso wie die Erwartungen: Es gibt Fraternitäten,<br />

die seit mehr als 50 Jahren existieren und andere,<br />

die noch ganz jung und mutig sind. Gegenseitiges Lehren<br />

und Lernen muss geübt werden, damit die Älteren<br />

den Jüngeren helfen und die Kleinen den Grossen, so<br />

wie es ein Schweizer Pädagoge des 19. Jahrhunderts, Pater<br />

Grégoire Girard, Freund von Pestalozzi, sagte.<br />

Von vornherein sei gesagt, dass ich mich nicht als Historiker<br />

der Fraternität und deren Gründung sehe; es ist<br />

sicher wichtig, Père François, sowie die Orte Verdun<br />

und Benoîtevaux zu kennen, aber ich möchte Euch nicht<br />

in die VERGANGENHEIT mitnehmen, sondern zu dem<br />

URSPRUNG. Ich möchte mit und für Euch einige der<br />

Intuitionen von Père François aufdecken, einige Quellen<br />

erforschen, die unsere aktuellen Fraternitäten weiterhin<br />

beleben. Wir finden die großen Vorhaben von Père François<br />

in dem Buch »<strong>Steh</strong> auf und gehe« von Père Thierry<br />

d’Argenlieu wieder, in dem er die erste Fraternität aufleben<br />

lässt; aber auch in der Broschüre »<strong>Steh</strong> auf und geh«<br />

die von den Equipen der Fraternität herausgegeben und<br />

übersetzt worden ist. Auch habe ich mich weitgehend<br />

von den Weihnachts- und Osterbotschaften von Père<br />

François inspirieren lassen, die er regelmäßig an die<br />

Fraternitätsmitglieder geschickt hat.<br />

Die Charta – wesentliche Grundsätze<br />

Der Geist wird folgendermaßen dargestellt:<br />

• Die Fraternität legt den Hauptwert auf den fraternellen<br />

evangelisierenden Geist.<br />

• Sie richtet sich an alle Kranken und Behinderten.<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 3


Z<br />

»STOLPERSTEIN«<br />

• Sie schafft persönliche und gemeinschaftliche Verbindungen<br />

zwischen Kranken und Behinderten.<br />

• Die Fraternität belebt die Kranken und Behinderten.<br />

Sie hilft ihnen, sich in ihrer Umwelt einzugliedern.<br />

• Die Fraternität lebt durch die Equipen der Verantwortlichen,<br />

Kranken und Behinderten.<br />

• Sie erhält ihre geistige Belebung vor allem durch die<br />

Seelsorger.<br />

So wird die Fraternität systematisch vorgestellt; es ist<br />

gewissermaßen ihre Visitenkarte; in ihr findet man den<br />

Geist wieder, er belebt die Bewegung (dieses Wort ist<br />

sehr wichtig, um unserem Tun die ganze Dynamik zu<br />

geben), die Akteure und Empfänger, die Arbeitswelt,<br />

das beabsichtigte Ziel und die Organisation, die Lebendigkeit.<br />

Das Wirken und die Organisation der Fraternität<br />

werden ihre Ausstrahlung ermöglichen. Ihr Ziel: Die<br />

Selbstverwirklichung aller Kranken. Diejenigen, die die<br />

Erfahrung von Verdun wieder erleben, werden die gegebenen<br />

Umstände achtsam berücksichtigen, die unterschiedlichen<br />

Temperamente, die Möglichkeiten der behinderten<br />

Personen; aber die Charta muss wie der Prototyp<br />

jeder neuen Equipe sein.<br />

Père François wollte, dass die Fraternität eine Bewegung<br />

sei. Das bedeutet, dass sie weder ein Verein noch eine<br />

Wohltätigkeitsinstitution, noch eine sonstige Institution<br />

ist. Die Fraternität ist eine BEWEGUNG und somit anpassungsfähig,<br />

aber gleichzeitig anfällig, dem Risiko<br />

ausgesetzt, von den Normen abzuweichen, zu ermüden,<br />

zu Aktivismus zu neigen oder in der Routine zu landen.<br />

<strong>Und</strong> sie ist den zur Krankheit oder zum Handicap gehörenden<br />

Risiken ausgesetzt.<br />

Nach dem eben klar Gesagten möchte ich drei Leseschemen<br />

der Fraternitätserfahrung in ihren Anfängen<br />

gebrauchen, drei Intuitionen, die Père François, unserem<br />

Gründer, am Herzen lagen:<br />

a) Im Hinblick auf den Menschen: Was ist der Mensch<br />

in der Fraternität?<br />

b) Die Suche nach dem Antlitz Gottes und Jesus Christus,<br />

dem die Fraternität den Vorzug gibt<br />

c) Welchen Platz und welche Rolle spielt die Fraternität<br />

in der Kirche und für die Welt?<br />

Als Schlussfolgerung steht die Lektüre der Botschaft<br />

von Lyon.<br />

A. Was ist der Mensch?<br />

Père François war kein Theoretiker. (Andere haben ihm<br />

geholfen seine Intuitionen zu formulieren und niederzuschreiben).<br />

Er war vom Menschen selbst hingerissen<br />

um ihm Jesus Christus zu offenbaren.<br />

Von nun an wollen wir mit ihm sprechen: Von der Menschenwürde,<br />

von seinen Fähigkeiten, seiner Verantwortung,<br />

seiner Freiheit und seiner Reaktion in Bezug auf<br />

das Leiden und die Behinderung. All diese Punkte finden<br />

wir in den Schriftstücken von Père François wieder,<br />

in der Methode und der Anwendung in der Fraternität.<br />

1. Die Menschenwürde<br />

Zunächst muss an die hervorragende Würde des Kranken<br />

erinnert werden. Es gibt keinen Ausschluss. Die<br />

Fraternität geht zu Allen. Père François rät zu Unermüdlichkeit<br />

um die Kranken aufzusuchen, zu den Einsamsten<br />

zu gehen, zu den Verlassenen; die Fraternität<br />

glaubt an die Werte jedes Menschen, seine Möglichkeiten<br />

und seinen Verantwortungssinn. Sie nennt ihn PER-<br />

SON, nicht Blinder oder Gelähmter sondern Person;<br />

eine Person, die einen Vornamen trägt und deren Wichtigkeit<br />

wiederholt wird. Diese Personenbenennung ist<br />

in der Fraternität zur Gewohnheit geworden und erscheint<br />

auch in ihrer Abkürzung FCPMH; »das große<br />

Leid der Armen ist, dass Niemand ihre Hilfe braucht«.<br />

Die Fraternität widerlegt diesen Satz des Abtes Maurice<br />

Zundel.<br />

Weltkongress in Porto 2010<br />

Foto: privat<br />

2. Die Fähigkeiten<br />

Père François lädt seine Freunde dazu ein persönliche<br />

und gemeinschaftliche Verbindungen herzustellen. Jeder<br />

ist in der Lage kostenlos, großzügig, gänzlich vom<br />

4 STEH AUF UND GEH 4/2012


»STOLPERSTEIN«<br />

Y<br />

Evangelium geprägt, Freundschaft zu schenken. Daher<br />

die Wichtigkeit der persönlichen Kontakte und Besuche.<br />

Père François, möchte, dass in den Großversammlungen,<br />

die zu Beginn als »Massenversammlungen« bezeichnet<br />

wurden, eine geschwisterliche Stimmung<br />

herrscht. Er befürwortet anhand des Engagements in<br />

der Fraternität, die Entfaltung des menschlichen Wesens,<br />

und zwar auf humaner und geistiger Ebene.<br />

»Auch der Kranke wird zu einem aufrecht gehenden<br />

Menschen, selbst wenn er ein Bein weniger hat!«. Er<br />

wird den Mut haben zu sagen ICH und wird an Geduld<br />

und Vertrauen GEWINNEN, ohne unrealistische Überbewertung<br />

oder Herabwürdigung, ohne systematisch<br />

beiseite geschoben zu werden. Er weiß, dass er nicht in<br />

ein Ghetto eingeschlossen ist. Es ist ein langer Weg,<br />

Vertrauen zu erlernen. Unsere Welt – und die von 1945<br />

vielleicht noch mehr – erniedrigt die behinderte Person;<br />

sie ist nicht rentabel, sie kostet die Gesellschaft Geld, sie<br />

ist eine unnötige Last; oft wird aus ihr ein Gegenstand<br />

des Mitleids, man behandelt sie nachsichtig oder man<br />

verdummt sie. Die Behinderten sind nicht nur Personen,<br />

die man liebt, sie sind selbst liebende Personen.<br />

»Der Mensch ist Begegnung« sagt der deutsche Philosoph<br />

Martin Buber. Das heißt also, dass auch für den<br />

behinderten Menschen diese Begegnung möglich ist.<br />

Sein Leid, seine Behinderung werden nicht verfliegen,<br />

aber er wird in der Lage sein zu existieren und auf die<br />

anderen zuzugehen. Es besteht in der Fraternität ein<br />

großes Bestreben in Hinsicht auf soziale Integration, auf<br />

ein besseres Kennenlernen des sozialen Milieus und<br />

der Lebensbedingung der behinderten Person. Père<br />

François hat immer wieder auf die Notwendigkeit dieser<br />

Begegnung hingewiesen.<br />

3. Die Verantwortung<br />

In der Fraternität sind alle für ihre Schwestern und Brüder<br />

verantwortlich; alle sind in der Lage aufeinander<br />

zuzugehen, persönliche Kontakte zu haben. In den großen<br />

Versammlungen haben wir erlebt wie geschwisterliche<br />

Gesten und geschwisterliche Gemeinsamkeit aussehen.<br />

Aber einige dieser kranken und behinderten Schwestern<br />

und Brüder werden die Equipen der Verantwortlichen<br />

bilden, die befähigt und willig sind, die Bewegung<br />

zu beleben.<br />

Sie sind die Bürgen, in der Lage Entscheidungen zu<br />

treffen und um Dienstleistungen bemüht. Das war der<br />

Fall, gleich zu Beginn der Fraternität – und in den Gruppen<br />

der Verantwortlichen waren zahlreiche Frauen. Es<br />

ist wichtig, dass das in einer Kirche unterstrichen wird,<br />

in der noch zu oft männlich gedacht wird.<br />

Jemandem eine Verantwortung zukommen zu lassen<br />

bedeutet nicht ein Stückchen Trost, sondern ein Zeichen,<br />

um zu zeigen, dass man an den Wert der behinderten<br />

Person glaubt. Jesus hat die Behinderten nicht<br />

von der Verantwortung der Mission ausgeschlossen.<br />

Die Bewegung von Père François hat sich weitgehendst<br />

von der Aktion inspirieren lassen, die von der katholischen<br />

Arbeiteraktion (ACO) entwickelt wurde, die Pater<br />

Cardijin 1936 vorgeschlagen hatte, als er sagte: »Der<br />

Apostel des Arbeiters wird der Arbeiter sein«. Die Entscheidung<br />

von Père François, kranke und behinderte<br />

Personen selbst zu Verantwortlichen der Bewegung zu<br />

machen, wurde häufig kritisiert: Die Gesunden könnten<br />

es besser; warum sie um etwas bitten, das Apostolat<br />

wäre viel wirksamer etc., aber Père François blieb eisern;<br />

er hat sein Vertrauen immer dem Behinderten gegeben:<br />

Auch er kann zum Späher werden, Diener und<br />

Freund; seine Verantwortlichkeit wird zu einem Liebesdienst.<br />

Ein wichtiger Punkt ist die Schulung der Verantwortlichen.<br />

Diese Schulung muss menschlich, geistig und<br />

apostolisch sein. »Gleich beim ersten Treffen, nachdem<br />

er uns zugehört hatte, hat Père François vom Apostolat<br />

gesprochen.« Die Schulung ist in erster Linie menschlich:<br />

Man muss das Kennenlernen erlernen, lernen einander<br />

zu begegnen, einander zu dienen, miteinander zu<br />

teilen, in dieser Welt anwesend zu sein. Sie ist geistig im<br />

Kontakt mit der Bibel, mit dem Wort Gottes, dem Gebet,<br />

den Sakramenten. <strong>Und</strong> sie ist apostolisch: So wie die<br />

Apostel von Christus ausgeschickt wurden, so werden<br />

auch die Verantwortlichen in der Welt der Kranken anwesend<br />

sein. Sie sind die wirklichen Apostel (Ich habe<br />

diesbezüglich meine Arbeit folgendermaßen überschrieben:<br />

»Ein Apostel nicht wie die anderen«).<br />

Durch diese Schulung wird die behinderte Person aufblühen,<br />

sie wird wachsen und in ihr der geschwisterliche<br />

Geist. Es wurde von einer Heilung durch den<br />

Dienst gesprochen.<br />

Bereits von Beginn an wurden in der Fraternität Orte<br />

und Mittel der Schulung vorgesehen: Kongresse, Tagungen,<br />

Treffen in den Diözesen, Exerzitien; die Charta<br />

wurde den Equipen zur Verfügung gestellt und nach<br />

und nach sind Broschüren und audiovisuelle Mittel<br />

hinzugekommen, um die Fraternität bekannt zu machen.<br />

Die angewandte Methode heißt: sehen, urteilen handeln;<br />

eine Methode, die der katholischen Aktion am<br />

Herzen liegt und die den verantwortlichen Equipen mit<br />

Hilfe des Seelsorgers erlaubt, einen Blick auf das Erlebte<br />

zu werfen, auf die Dinge des Lebens; eine Methode, die<br />

erlaubt, die Equipen über das Gotteswort aufzuklären<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 5


Z<br />

»STOLPERSTEIN«<br />

und sie dazu zu bringen, dass sie der Wirkungserreger<br />

werden.<br />

Die Pädagogik findet stufenweise statt, ist systematisch,<br />

treu am Leben und auf die Aktion hin ausgerichtet. »In<br />

der Fraternität sind wir permanente Studierende«.<br />

Bevor wir unseren Enttäuschungen nachtrauern, sehen<br />

wir, was wir geschafft haben. Das ist, was ich als Erfolgspädagogik<br />

bezeichne.<br />

Man muss sich immer vergewissern, dass die Verantwortlichen<br />

selbst die Kranken, ehemalige Kranke oder<br />

Behinderte sind, die in Equipen zusammenarbeiten<br />

möchten. Auch die Gesunden können eine Rolle bei den<br />

Verantwortlichen haben, aber zweitrangig, ohne das<br />

Aktionsmonopol und das Wissen an sich zu reißen.<br />

Auch die Seelsorger sind vollwertig Verantwortliche;<br />

auch sie müssen die Laien respektieren, an deren Fähigkeit<br />

glauben, die Initiativen der Laien nicht zum Erlöschen<br />

bringen und sich nicht als Sheriffs aufführen. (Ich<br />

werde von der Rolle des Seelsorgers sprechen, wenn ich<br />

die Stelle der Fraternität in der Kirche behandle.)<br />

4. Freiheit und Akzeptanz des Leidens.<br />

In diesem letzten Punkt möchte ich vor allem unterstreichen<br />

wie sehr das Leiden, die Behinderung nicht<br />

mehr eine Last ist, nein, sie wird zum Sprungbrett für<br />

die Freiheit. Der Reaktion der behinderten Person im<br />

Hinblick auf das Leid ist Rechnung zu tragen. Selbst<br />

wenn wir durch unser Engagement in der Fraternität an<br />

Wert gewinnen, so bleibt doch für uns, so wie für jeden<br />

einzelnen die Frage nach dem »Warum« der Behinderung,<br />

die Frage der Schuld. In der Fraternität bemühen<br />

wir uns, wirklichkeitsnah zu sein und unsere Andersartigkeit<br />

nicht zu verneinen. Wir verleugnen auch nicht<br />

die Schwierigkeit, der wir begegnen, auch nicht die<br />

Hoffnungslosigkeit oder unsere Infragestellung. Die behinderte<br />

Person hat – wie jeder andere auch – das Recht,<br />

ihren Angstschrei oder ihre Revolte auszudrücken oder<br />

eine Antwort auf die Frage nach dem »Warum in ihrem<br />

Leben« zu suchen. Aber in der Fraternität haben wir<br />

keinen philosophischen, keinen moralisierenden und<br />

auch keinen tröstenden Diskurs. Aber indem wir unsere<br />

Leiden und Schmerzen anerkennen, fühlen wir wie<br />

einen <strong>Auf</strong>ruf, diese Behinderung zu überwinden und<br />

zu sagen: »Ja, wir sind lebendig«, denn wir erleben für<br />

uns diesen Befehl Christi zu dem Gelähmten in Kapernaum:<br />

»<strong>Steh</strong> auf und geh« (Markus 2,1-12).<br />

Diese Dynamik der Freiheit wird durch die Devise der<br />

Herkunftsstadt von Père François gut ausgedrückt:<br />

»Durch meine Leiden werde ich wachsen«.<br />

B. Das in der Fraternität<br />

bevorzugte Antlitz Gottes<br />

Nachdem es sich um die Welt der Kranken und Behinderten<br />

handelt, könnte man erwarten, ein Gottesbild erscheinen<br />

zu sehen, das uns beauftragt, Armen und<br />

Kranken zu dienen. Indem wir sie heilen, heilen und<br />

helfen wir Jesus.<br />

Man könnte auch ein Gottesbild erscheinen sehen, das<br />

uns auffordert, ihm unsere Leiden darzubieten, um seinen<br />

Zorn zu mildern und um am Heil der Welt mitzuarbeiten.<br />

Diese beiden Gesichtspunkte sind im christlichen<br />

Glauben und Handeln wichtig; durch sie sind<br />

Mildtätigkeitsmonumente entstanden und wunderbare<br />

Seiten über das erlösende Leiden geschrieben worden,<br />

aber wir müssen auch die zahlreichen sprachlichen<br />

Missbräuche bemerken, so zum Beispiel bei bestimmten<br />

Predigern, die sagen: Ihr habt Glück, liebe Kranke, Ihr<br />

seid dem Herzen Gottes ganz nah, etc…<br />

Gott ist nicht der, der das Leiden liebt, aber er ist gekommen,<br />

dem Leid innezuwohnen; wir werden immer<br />

Menschen brauchen, die Kranke wie ihre Herren betrachten,<br />

aber die Fraternität wird ein anderes Gottesbild<br />

vorziehen: Es ist das Bild des liebenden Gottes, des<br />

Gott Vaters, der alle seine Kinder liebt: »Wer ist denn<br />

dieser Gott, der uns derart liebt, Söhne der Erde, wer ist<br />

denn dieser verlierende Gott, der den menschlichen<br />

Händen ausgeliefert wurde, der unser Elend beweint<br />

wie eine Mutter?«. Père François hat es vorgezogen, vom<br />

LIEBENDEN GOTT zu sprechen. Er ist ein Gott der<br />

Nähe, der Gott der Allianz. Er ist DER, der die Klagen<br />

der Unglücklichen erhört; Gott liebt das Böse nicht, er<br />

ist DER, der die Leiden seines Volkes sieht und es befreit.<br />

»Gott hat dieses Wunder bewirkt, unserem Leiden<br />

eine Bedeutung zu schenken, eine wirksame Tatsache.«<br />

Er ist DER, der eine Mission aufgibt, heute, wie zu Zeiten<br />

der Propheten. Er arbeitet mit uns zusammen an der<br />

Befreiung des Menschen; wir sind seine Kinder, er ist<br />

ein Gott, der uns zum Tanze einlädt und er ist es, der<br />

uns stärkt.<br />

Ein Gott, in Jesus Christus offenbart. Die Fraternität ist<br />

keine neutrale oder nichtkirchliche Bewegung. Sie ist<br />

EVANGELISIEREND, sie findet in Jesus, in SEINEN<br />

WORTEN und in SEINEM TUN, ihren Lebenszweck,<br />

ihre Wirkungskraft. Die Fraternität ist versenkt im<br />

Evangelium. »Wir haben ein »Modell« und das ist Jesus<br />

Christus. Wie Er, mit Ihm empfangen wir, treffen wir<br />

uns, legen Zeugnis ab. Wir haben einen <strong>Auf</strong>trag: LIE-<br />

BEN«. Seid Träger der Guten Nachricht; wir haben das<br />

Beispiel für ein geschwisterliches Leben mit den Armen,<br />

den Sündern, den Geringen. Jesus lehrt uns aufrichtige<br />

Solidarität, den Schwachen nahe zu stehen, die<br />

6 STEH AUF UND GEH 4/2012


»STOLPERSTEIN«<br />

Y<br />

Ungerechtigkeiten zu bekämpfen. Nur Jesus kann sagen:<br />

»<strong>Steh</strong> auf und geh«. Er ruft uns auf, diesen Satz für<br />

uns geltend zu machen und ihn in seinem Namen zu<br />

sagen.<br />

Jesus ist der wirkliche Gründer der Fraternität. Unsere<br />

Geistigkeit und unser Tun sind evangelisierend; die Begegnung<br />

mit Christus unterdrückt uns nicht; sie richtet<br />

uns auf und befreit uns für einen noch größeren Dienst.<br />

So wie Père François gebrauchen wir zahlreiche biblische<br />

Stellen, vor allem des Neuen Testaments, in unseren<br />

Jahresprogrammen und unseren Nachrichten. Für<br />

uns heißt es: Der gestorbene und wieder auferstandene<br />

Christus sendet uns aus.<br />

Auch der Heilige Geist spielt im Leben der Fraternität<br />

eine wesentliche Rolle, selbst wenn wir keine charismatische<br />

Bewegung sind. Jesus hat ihn uns versprochen,<br />

damit er uns beim Evangelisieren helfe, damit aus uns<br />

LEBENDIGE WESEN werden, obwohl uns viele für<br />

»tot« hielten. Durch den Geist können wir von seinen<br />

Früchten profitieren und er gibt uns die Kraft, »einen<br />

guten Kampf zu kämpfen«.<br />

C. Die Fraternität in der Kirche<br />

und für die Welt<br />

Zu diesem Punkt habe ich im<br />

Zusammenhang mit den Gedanken<br />

von Père François nur<br />

einige Bemerkungen, aber<br />

das Thema selbst ist Grund<br />

zahlreicher Überlegungen<br />

und Veröffentlichungen. »Der<br />

Kranke möchte wie ein lebender<br />

Teil der lebendigen Kirche<br />

sein« (Père François) Für<br />

ihn ist die Fraternität eine Bewegung<br />

der Kirche:<br />

Père François<br />

• Père François war immer auf die Verbindung zur Hierarchie<br />

bedacht. Die Bischöfe von Verdun, Msgr. Petit<br />

und Boillon haben die Originalität dieses neuen Apostolats<br />

gesehen und als Bewegung der Evangelisierung<br />

unterstützt. Sie waren es, die die Verbindung<br />

zur französischen Bischofskonferenz hergestellt haben.<br />

• Wir sind durch unsere Taufe in der Kirche. Von diesem<br />

Moment an sind wir vollwertige Mitglieder der<br />

Kirche. <strong>Und</strong> wir leben unsere Berufung und unsere<br />

Mission in dieser Kirche als Volk Gottes.<br />

• Die Laien werden einen <strong>Auf</strong>trag bekommen, Weisungen<br />

und Beratung, um ihr universelles Priesteramt zu<br />

leben. Sie stehen für ihr Handeln in Verbindung mit<br />

der Kirche.<br />

• Die Equipe der Verantwortlichen ist Keim der Kirche.<br />

• Die Behinderten haben einen Platz in dieser Kirche<br />

gefunden, sie können ihren Beitrag leisten; sie sind<br />

nicht Gegenstand für Mitleid, sondern Wesen und<br />

Apostel. Die Fraternität hat vielen Frauen einen bevorzugten<br />

Platz in der Kirche ermöglicht. Frauen waren<br />

die ersten vierzig Jahre lang die internationalen Verantwortlichen<br />

der Fraternität. Wie auch in den caritativen<br />

<strong>Auf</strong>gaben und der Katechese waren sie von Anfang<br />

an in der Fraternität anwesend. Es ist die Rolle<br />

der Frau in diesen Bereichen, die der Kirche erlaubt<br />

hat, ihren Standpunkt der Frau gegenüber zu ändern<br />

sowie auch bezüglich der ergänzenden Gemeinsamkeit<br />

Mann-Frau in der Evangelisierung und der Mission.<br />

• In der Kirche, verglichen mit dem menschlichen Körper,<br />

war die Fraternität nie ein Einzelgänger. Père<br />

François war immer um Verbindung und Zusammenarbeit<br />

mit anderen Bewegungen bemüht. Die Fraternität<br />

nimmt ihren Platz in der Krankenpastoral ein. Die<br />

Diözese, und vor allem die Gemeinde, wurden zur<br />

Plattform für die Ausdehnung der Gruppen der Fraternität.<br />

<strong>Und</strong> nicht zuletzt sind es die Seelsorger, die<br />

diese Verbindung mit der Kirche sichern; sie werden<br />

von der Kirche ernannt. In der Fraternität vertritt der<br />

Seelsorger die Kirche, er bringt Kranken und Behinderten<br />

das Wort Gottes, das sie lehrt und erleuchtet;<br />

er ist der Bruder in den Werken und ein Vater für die<br />

geschwisterliche Schulung; aber er ist keinesfalls weder<br />

autoritär noch paternalistisch. Er steht im Dienst<br />

der verantwortlichen Equipe. In den großen Versammlungen<br />

ist er nicht nur da, um die Messen abzuhalten,<br />

sondern auch um die Diskussionen zu beleben<br />

und die Kontakte und den Austausch zu erleichtern,<br />

all das auf ganz bescheidene Weise. Die Seelsorger,<br />

wie auch die Laien, benötigen SCHULUNG.<br />

• <strong>Und</strong> zum Schluss ein kurzes Wort zur Anwesenheit<br />

in der Welt: Père François hat niemals ein kirchliches<br />

Ghetto aus der Fraternität machen wollen. Wir sind<br />

gesandt in die Welt und in dieser Welt werden wir<br />

Anwesenheit und Frage sein.<br />

• Père François empfiehlt das soziale Einflechten, ein<br />

Engagement in die familiären Strukturen und in die<br />

Wohnbereiche. Die Fraternität hat für eine Anwesenheit<br />

und Wirkung in der Welt neue Horizonte geöffnet.<br />

Sie möchte das Einbinden der Behinderten in die<br />

Gemeinschaft und das soziale Leben; sie wird zu zuständigen<br />

Organisationen führen, die den Behinderten<br />

so häufig unbekannt sind.<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 7


Z<br />

»STOLPERSTEIN«<br />

• Aber vor allem wird die Fraternität die Stimme sein<br />

in der Welt ohne Stimme, um der Welt die Gegenwart<br />

der behinderten Person und ihrer Rechte und Pflichten<br />

in Erinnerung zu rufen, um die Welt an ihre<br />

Schwerpunkte zu erinnern, an ihre Wertekriterien, an<br />

die Anerkennung der Menschenwürde für jeden Einzelnen,<br />

an das Recht auf Leben. Auch da wird die Fraternität<br />

die Intuition von Père François weiterführen:<br />

Zum Beispiel auf Vorschlag der Interkontinentalen<br />

Equipe hin, arbeiten die Fraternitäten zahlreicher<br />

Länder an dem Dokument der UNO »Konvention in<br />

Bezug auf die Rechte behinderter Menschen«. Der Dialog<br />

mit der Welt muss erhalten bleiben, ohne Angst,<br />

ohne Arroganz aber mit Güte und Entschiedenheit.<br />

SCHLUSSFOLGERUNG:<br />

Ich nehme die Botschaft von Père François auf, die er<br />

1985 an das Interkontinentale Komitee in Lyon geschickt<br />

hat, es war einige Monate vor seinem Abschied<br />

in die Ewigkeit. Der Text ist auf französisch in dem<br />

Buch »Père François und die Fraternität« zu finden<br />

(S. 419).<br />

Er wiederholt das, was er von Anfang an gesagt hat:<br />

• Die Wichtigkeit der geschwisterlichen Bindungen:<br />

»Schreibt einander mit viel herzlichem Gefühl« »Dass<br />

die Fraternität zwischen Kopf und Gliedern herrscht«.<br />

»Die Erfahrungen jeder Fraternität können den Anderen<br />

dienlich sein«. »Vergesst die finanzielle Solidarität<br />

nicht«. Er erinnert an die evangelisierende Mission<br />

der Fraternität: »Wenn sie nicht evangelisiert, wird die<br />

Fraternität zu einer freundschaftlichen, rein menschlichen<br />

Begegnung.«<br />

• Verbindung zur Kirche: »Ich habe für dieses Treffen<br />

zur Evangelisierung ein Dokument geschaffen, das<br />

ich Msgr. Boillon (Bischof von Verdun, d.Red.) vorgelegt<br />

habe. Es entspricht auch seiner Überzeugung und<br />

im Namen der Kirche bietet er seine Befürwortung<br />

für unser Engagement an.«<br />

• »Ich bin glücklich über das, was sich auf ökumenischer<br />

Ebene tut und wünschte, Ihr könntet nach Taizé<br />

gehen. Mit unseren protestantischen Geschwistern<br />

haben wir dasselbe Ideal: Dass der Geist des Evangeliums,<br />

die Liebe Christi in allen Seelen der Kranken<br />

und Behinderten wohnen möge.« (Anmerkung: Tatsächlich,<br />

die Fraternität, die in der katholischen Kirche<br />

geboren wird, hat sich auf die anderen Kirchen<br />

ausgedehnt: Protestanten, Lutheraner, Orthodoxe und<br />

sogar andere Religionen, Kontakte zu Muslimen und<br />

Buddhisten).<br />

Ja, Père François hat die Fraternität geliebt und lehrt<br />

uns, sie zu lieben und sie weiterhin lebendig zu erhalten.<br />

In den gemeinsamen Gesprächen, Gruppenarbeiten<br />

oder in den unterschiedlichen Equipen jedes Landes<br />

können viele Punkte aus dieser Konferenz vertieft werden:<br />

• Die Fraternität, eine Bewegung der Evangelisation<br />

• Was gibt uns der Blick auf den Ursprung der Fraternität?<br />

• Überlegung zum behinderten Menschen mit seinen<br />

Fähigkeiten und seiner notwendigen Schulung<br />

• Die Fraternität und das Evangelium; die Bezüge auf<br />

das Wort Gottes<br />

• <strong>Auf</strong>gabe und Stellung in der Kirche<br />

• <strong>Auf</strong>gabe und Schulung der Seelsorger<br />

• Unterschiedliche Zusammenarbeit<br />

• Die Fraternität und die Welt – Zeugnis und Engagement.<br />

Ich habe versucht, in dem ich möglichst klar und einfach<br />

geblieben bin, die mir anvertraute <strong>Auf</strong>gabe zu beantworten.<br />

Aber man braucht Zeit, um all das zu »verdauen«,<br />

um es in die Praxis umzusetzen! Also: »Piano,<br />

piano…« und einen Schritt nach dem anderen!<br />

Herzlichen Dank dafür, dass ihr so mutig wart und mir<br />

erlaubt habt, einen Baustein für eine bessere Kenntnis<br />

unserer Fraternität und für einen besseren Dienst an<br />

unserer Bewegung hinzuzufügen.<br />

»Es würde mich fröhlich stimmen,<br />

diese Welt mit der Gewissheit zu verlassen,<br />

dass ich eine<br />

FRATERNITÄT,<br />

EINE EVANGELISIERENDE BEWEGUNG<br />

hinterlassen habe.«<br />

(Msgr. Henri François)<br />

Abbé André Kolly<br />

Nationaler Seelsorger der FCPMH Schweiz<br />

Genf, Juillet 2012<br />

<br />

8 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Aus den Fraternitätsgruppen<br />

Y<br />

Franziskanisches Krankenapostolat<br />

»Ihr seid der Welt zum Heil gegeben«<br />

nter diesem Leitthema fand vom 25. September bis<br />

U 1. Oktober 2012 die 36. Religiöse Woche der Briefgemeinschaften<br />

im Franziskanischen Krankenapostolat<br />

(FKA) im Caritas-Freizeit- und Begegnungszentrum<br />

»St. Elisabeth« in Altötting statt. Dieses Mal gab es einen<br />

besonderen Anlass zur Freude, denn am 29. September<br />

konnte das FKA sein 50-jähriges Bestehen feiern.<br />

Auch in diesem Jahr wurden bestimmte Aspekte des<br />

Leitgedankens durch Unterthemen vertieft, die sich vor<br />

allem auf unseren <strong>Auf</strong>trag in der Welt und die Quelle,<br />

aus der wir die dazu nötige Kraft schöpfen können, bezogen.<br />

Dabei begleiteten uns inhaltlich unsere beiden<br />

Referentinnen Ursula Gremminger und Schwester Paula<br />

Mammen (Ingelheim) und seelsorgerlich unsere beiden<br />

wohlbekannten Geistlichen Pater Franz Maria Siebenäuger<br />

OFMCap (Altötting) und Pater Fritz Korte SJ<br />

(Frankfurt/M.) sowie teilweise auch Pater Fritz Kaestner<br />

CSsR aus Cham. Der Redemptorist ist als guter<br />

Freund und Weggefährte der FKA-Gründerin Magdalena<br />

Payerl ein wichtiger Zeitzeuge. Da die amtierende<br />

Nationale FKA-Leiterin Silvia Hagenauer ihre Teilnahme<br />

kurzfristig absagen musste, sprang ihre Vorgängerin<br />

Anni Schlecht (Wemding) als Leiterin der Veranstaltung<br />

ein. Sie wurde dabei von Birgit Kramer (Bodenwöhr),<br />

berufenes Mitglied für Bildungsarbeit im FKA-<br />

Vorstand, unterstützt, die auch als Moderatorin durch<br />

diese Tage führte.<br />

Mit den Tagesgästen waren wir dieses Mal zeitweise bis<br />

zu 40 Personen, darunter auf Einladung des FKA-Vorstandes<br />

auch Ilona Pintér (Budapest/Ungarn), die von<br />

2008 bis 2012 Koordinatorin des Leitungsteams der Europäischen<br />

Kontinental<strong>fraternität</strong> war. Bedauerlicherweise<br />

konnten mehrere FKA-Mitglieder, die in den vergangenen<br />

Jahren regelmäßig teilgenommen haben, ausgerechnet<br />

in diesem Jahr – meist gesundheitlich bedingt<br />

– nicht dabei sein.<br />

Voller Vorfreude und Erwartung auf die kommenden<br />

Tage trafen sich bei der abendlichen Vorstellungsrunde<br />

am Anreisetag Teilnehmende aus den meisten der derzeit<br />

18 deutschen Briefgruppen und der einen seit ca.<br />

2009 aktiven E-Mail-Gruppe. Symbolisch wurde für jeden<br />

von ihnen ein Edelstein zusammen mit einem Kärtchen,<br />

auf dem der Name und die jeweilige Entfernung<br />

zwischen Wohn- und Tagungsort standen, rund um<br />

eine Kerze in der Mitte des Stuhlkreises gelegt.<br />

»Der Welt zum Heil gegeben«<br />

Am ersten gemeinsamen Morgen führte Ursula Gremminger<br />

zunächst in die Thematik dieser Religiösen Woche<br />

ein. Passend zum Tagesthema galt es danach, Begriffe<br />

zu den Buchstaben des Wortes »Heil« zu finden,<br />

z.B. bei »H« Heiland, Hoffnung … Im Anschluss daran<br />

feierte Pater Korte mit uns Eucharistie.<br />

Zurück zu unseren »Wurzeln« ging es dann am Nachmittag<br />

mit einer Fahrt nach Söllhuben im Chiemgau<br />

(inzwischen Ortsteil der Gemeinde Riedering), dem Geburtsort<br />

von Magdalena (»Leni«) Payerl (1911–2002), die,<br />

unterstützt von Pater Arno Fahrenschon OFMCap, 1962<br />

das Franziskanische Krankenapostolat ins Leben gerufen<br />

hat. In der Pfarrkirche St. Rupert, wo uns bereits<br />

Lenis Angehörige sowie Mitglieder aus der örtlichen<br />

Briefgemeinschaft und der Pfarrgemeinde erwarteten,<br />

hielten wir eine Dankandacht. Wir besuchten auch das<br />

Grab unserer Gründerin und den Gedenkstein, der 2005<br />

auf Initiative von Hans Schmid, einem guten Freund<br />

und Wegbegleiter, auf dem »Kirchhof« errichtet worden<br />

war. Vom Friedhof ging’s dann in den Gemeindesaal,<br />

wo ein herrliches Kuchenbuffet auf uns wartete. Sehr<br />

bewegend waren die sehr persönlichen Gespräche mit<br />

allen Anwesenden bei Kaffee und Kuchen.<br />

Wieder zurück in Altötting, klang dieser Tag im wahrsten<br />

Sinne des Wortes mit einem »Feier«-Abend aus,<br />

denn es galt gleich mehrere Anlässe zu würdigen: Da<br />

war zum einen der 100. Geburtstag von Leni Payerl sowie<br />

das 50-jährige Priesterjubiläum von Pater Franz<br />

Maria Siebenäuger und zum anderen das 50-jährige Bestehen<br />

des FKA.<br />

»Die Freude an Gott ist unsere Kraft« (Nehemia 8)<br />

Nach dem Morgenlob und einem ausgiebigen Frühstück<br />

vermittelte uns Ursula Gremminger am nächsten<br />

Tag einen Impuls zum Tagesthema. Danach trafen wir<br />

uns zu einer Eucharistiefeier, zelebriert von Pater Siebenäuger.<br />

Im Anschluss an eine ausgiebige Mittagspause<br />

vertieften wir das Tagesthema in Kleingruppen, in<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 9


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

denen wir uns mit den beiden Fragen »Wie zeigt sich<br />

Gottes Kraft in meinen Leben?« bzw. »Ich bin als<br />

Freudenbote/-botin gesandt – spüren das die Menschen?«<br />

beschäftigten. Auch hielten wir vor dem ausgesetzten<br />

Allerheiligsten eine gemeinsame stille Zeit der<br />

Anbetung. Der Abend verlief sehr vergnüglich, da uns<br />

Ursula Gremminger unter dem Motto »Schokolade<br />

macht glücklich – Gott auch« zu einer kleinen Schokoladenreise<br />

einlud.<br />

»Ihr seid das Licht der Welt« (Matthäus 5,14)<br />

Der 3. Tag unserer Religiösen Woche war ähnlich strukturiert<br />

wie der Vortag, die Hl. Messe wurde von Pater<br />

Korte gefeiert. Nach der Mittagspause gab es drei Neigungsgruppen<br />

und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />

hatten die Wahl zwischen dem Verzieren von Kerzen,<br />

dem Bekleben von Streichholzschachteln (»Ihr seid<br />

das Licht der Welt«) oder einem Gesprächskreis mit<br />

Austausch von »Licht-Blicken«. Zur großen Freude Aller<br />

konnten beim Abendessen dann schon die ersten Jubiläumsgäste<br />

begrüßt werden, darunter u.a. von der<br />

Franziskanischen Gemeinschaft in <strong>Deutschland</strong> (OFS),<br />

in dem das FKA seit 2009 eine anerkannte Gruppe ist,<br />

die Nationalvorsteherin Mechthild Händler (Fulda), sowie<br />

der Nationalassistent Pater Georg Scholles OFM<br />

(Essen). Als Repräsentantinnen der Fraternität der Menschen<br />

mit Behinderung in <strong>Deutschland</strong>, dem das FKA<br />

bereits seit 1976 ebenfalls angehört, reisten die beiden<br />

Mitglieder des Bundesleitungsteams Christine Osafo<br />

aus Fulda und Antje Doris Menneking aus Worms an.<br />

Beim Schein von Kerzen und Teelichtern feierten wir an<br />

diesem Abend dann ein eindrucksvolles Lichter-Fest<br />

mit Liedern, Bibeltexten, meditativen Tänzen und Märchen.<br />

Dabei erfreuten uns ganz besonders Heidi Pongratz<br />

als Märchenerzählerin sowie Ursula Gremminger<br />

und Schwester Paula mit ihren einfühlsamen musikalischen<br />

Beiträgen.<br />

»50 Jahre FKA«<br />

Der 29. September war ganz von den Feierlichkeiten<br />

zum 50-jährigen Bestehen des Franziskanischen Krankenapostolates<br />

geprägt: Mitglieder, Freunde und Förderer<br />

des FKA sowie geladene Ehrengäste würdigten mit<br />

einem Festgottesdienst in St. Konrad und dem darauf<br />

folgenden Festakt in St. Christophorus, dem Begegnungszentrum<br />

der Pfarrei Altötting, die Gründung des<br />

FKA sowie dessen Engagement in den vergangenen 50<br />

Jahren. Anschließend war die Festgemeinde zum Mittagessen<br />

ins Haus »St. Elisabeth« eingeladen. Hier verbrachten<br />

alle einige gemeinsame festlich-frohe Stunden<br />

und beschlossen das offizielle Programm am Spätnachmittag<br />

mit einer feierlichen Vesper. Abends ließen die<br />

Eucharistiefeier mit P. Franz M. Siebenäuger, OFMCap.,<br />

P. Fritz Korte, SJ, geistliche Begleiter der Woche Foto: privat<br />

Teilnehmenden der Religiösen Woche den Festtag dann<br />

in gemütlicher Runde ausklingen (siehe auch Seite 11 f.).<br />

»Ihr seid Gottes auserwählte Heilige« (Kolosser 3)<br />

In seiner Predigt während der Eucharistiefeier am Sonntagvormittag<br />

betonte Pater Siebenäuger u. a. die Bedeutung<br />

von kleinen, verstreuten aber gut vernetzten Gruppen<br />

wie den Briefgemeinschaften in einer finsterer und<br />

kälter werdenden Welt. Dem Beispiel des Hl. Franziskus<br />

folgend sollten wir unser Leben in tiefer Verbundenheit<br />

mit Jesus leben: ER müsse zum Herz unseres Herzens<br />

werden. Auch spendeten die beiden Zelebranten Pater<br />

Korte und Pater Siebenäuger die Krankensalbung, denn:<br />

Wir sind geliebt, Gott liebt uns, das ist unser Heilungsweg.<br />

Am Nachmittag trafen wir uns zu einer Dank- und<br />

Schlussandacht, in der wir Gott vor dem ausgesetzten<br />

Allerheiligen für alles Gute und Schöne in diesen Tagen<br />

sowie auch für alle, die zum Gelingen dieser Woche beigetragen<br />

haben, von ganzem Herzen danken konnten.<br />

An unserem Abschlussabend erfreuten uns Christian<br />

Randl, »Hausvater« von St. Elisabeth, und Ursula Gremminger<br />

mit ihren gemeinsamen musikalischen Darbietungen.<br />

Abschied vom »Haus mit Herz«<br />

Ja, und am Montagmorgen hieß es dann nach diesen so<br />

belebenden gemeinsamen Tagen wieder Koffer packen<br />

und Abschied voneinander nehmen, aber auch von den<br />

Menschen, die das Haus St. Elisabeth durch ihre liebevolle,<br />

einfühlsame Art erst zum »Haus mit Herz« machen:<br />

Christian und Irene Randl und ihr Team von<br />

haupt- und ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern,<br />

Euch sei allen hiermit ein herzliches »Vergelt’s Gott« gesagt!<br />

Wir haben uns wieder sehr wohlgefühlt und werden<br />

uns noch lange an diese herrliche Zeit erinnern!<br />

Anni Schlecht und Christine Osafo<br />

<br />

10 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Y<br />

»Ihr seid der Welt zum Heil gegeben – das ist unser <strong>Auf</strong>trag,<br />

unsere Berufung und unsere Sendung«<br />

»50<br />

Jahre FKA – das ist ein Grund Rückschau zu<br />

halten, denn was ist nicht alles geschehen in<br />

diesen 50 Jahren!«, so betonte Pater Siegbert Mayer<br />

OFMCap, der im <strong>Auf</strong>trag seines Provinzials an der Jubiläumsfeier<br />

des FKA teilnahm, in seiner Festpredigt am<br />

Samstag, den 29. September 2012 in der St. Konrad-Kirche<br />

in Altötting. Bezug nehmend auf das Leitthema der<br />

diesjährigen Religiösen Woche des FKA fuhr er fort:<br />

»Ihr seid der Welt zum Heil gegeben – das gilt für jeden<br />

von uns, das ist unser <strong>Auf</strong>trag, unsere Berufung und<br />

unsere Sendung!«<br />

Des Weiteren verdeutlichte der Kapuzinerpater: »Man<br />

darf nicht wegschauen, wenn es um behinderte und<br />

kranke Menschen geht, man muss hinschauen, sie<br />

wahrnehmen!« Laut Pater Siegbert wollten dies – genau<br />

hinschauen – die seit ihrem 14. Lebensjahr infolge einer<br />

Polioerkrankung schwer behinderte Magdalena Payerl<br />

(1911–2002) und Pater Arno Fahrenschon OFMCap, der<br />

verwundet aus dem 2. Weltkrieg heimkehrte (er lebt<br />

mittlerweile 93-jährig im Pflegeheim München-Nymphenburg),<br />

auch tun, und so gründeten sie am 26. September<br />

1962 das Franziskanische Krankenapostolat<br />

(FKA). Mit diesem Werk wollten sie – ähnlich wie der<br />

Hl. Franziskus – Gott all das Gute, das sie selbst in ihrem<br />

Leben von IHM empfangen hatten, voller Dankbarkeit<br />

zurückgeben.<br />

Am Ende seiner Ansprache ermunterte Pater Siegbert<br />

seine Zuhörerschaft: »Hand in Hand auf dem Weg« zu<br />

bleiben, »denn Gott ist einer, der führt«. Deshalb sollten<br />

alle nach dem Jubiläum den eingeschlagenen Weg weitergehen,<br />

denn die Jubiläumsfeier sei nicht als Schlusspunkt,<br />

sondern vielmehr als Ermutigung und Stärkung<br />

zu betrachten, damit wir diesen Weg fortsetzen könnten.<br />

P. G. Scholles OFM und Mitfeiernde Foto: privat<br />

Mit dem Festgottesdienst in St. Konrad wurden die Jubiläumsfeierlichkeiten<br />

zum 50-jährigen Bestehen des<br />

Franziskanischen Krankenapostolates eröffnet. Hauptzelebrant<br />

war Pater Georg Scholles OFM., Nationalassistent<br />

des 3. Ordens (OFS). Als Konzelebranten standen<br />

ihm zur Seite: Pater Siegbert Mayer OFMCap, Pater<br />

Franz Maria Siebenäuger OFMCap, Pater Franz Maria<br />

Endres OFM-Conv., Prälat Ludwig Limbrunner, Bischöflicher<br />

Administrator der Gnadenkapelle in Altötting,<br />

sowie Pater Fritz Korte SJ, und Pater Fritz Kaestner<br />

CSsR. Die Fürbitten wurden von FKA-Mitglied Anita<br />

Nuß und Bruder Ansverus Helmich von den Franziskanerbrüdern<br />

vom Hl. Kreuz in Hausen vorgetragen.<br />

Im Anschluss an die Eucharistiefeier trafen sich im<br />

Haus »St. Christophorus«, dem Begegnungszentrum<br />

der Pfarrei Altötting, Mitglieder (das waren vor allem<br />

die Teilnehmenden an der Religiösen Woche 2012 und<br />

Gäste aus den Franziskanischen Gemeinschaften im<br />

Großraum Altötting), sowie Freunde und Förderer des<br />

Franziskanischen Krankenapostolats und verschiedene<br />

Ehrengäste zu einem Festakt, um die Gründung des<br />

FKA und seine Arbeit in den vergangenen 50 Jahren<br />

entsprechend zu würdigen: Zeitweise gab es im gesamten<br />

deutschsprachigen Raum (<strong>Deutschland</strong>, Österreich,<br />

Schweiz und Niederlande) an die 40 Briefgemeinschaften.<br />

Davon sind derzeit noch 18, z. T. länderübergreifend<br />

in <strong>Deutschland</strong> und Österreich, aktiv. Seit ca. 2009 gibt<br />

es außerdem noch eine E-Mail-Gruppe.<br />

Im Namen des FKA-Vorstandes begrüßte die ehemalige<br />

Nationale Leiterin Anni Schlecht alle Anwesenden ganz<br />

herzlich, und übergab anschließend die Moderation an<br />

Birgit Kramer, berufenes Mitglied im FKA-Vorstand.<br />

Die musikalische Umrahmung der Feier lag in den<br />

Händen von Richard Ernst (Geige) und Manfred Grimme<br />

(Klavier).<br />

Den Reigen der Gratulanten eröffnete Altöttings Bürgermeister<br />

Herbert Hofauer. In seinem Grußwort erinnerte<br />

er u.a. an den kürzlich verstorbenen Prälaten Max<br />

Absmeier, dem die Senioren- und Behindertenarbeit besonders<br />

am Herzen gelegen habe und auf dessen Initiative<br />

das Caritas-Freizeit- und Begegnungszentrum »St.<br />

Elisabeth« sowie das Begegnungszentrum »St. Christophorus«<br />

entstanden seien. Bürgermeister Hofauer freute<br />

besonders, dass durch die Briefgemeinschaften des<br />

FKA Menschen mit Behinderung aus der Isolation herauskämen.<br />

Auch Stadtpfarrer Günther Mandl entbot herzliche<br />

Glück- und Segenswünsche. Er lud alle Anwesenden<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 11


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

herzlich zur Teilnahme am 21. Welttag der Kranken ein,<br />

da die zentralen Veranstaltungen dazu am 11. Februar<br />

2013 in Altötting stattfinden werden.<br />

Mechthild Händler, Nationalvorsteherin der Franziskanischen<br />

Gemeinschaft in <strong>Deutschland</strong> (OFS – Ordo Franciscanus<br />

Saecularis), der das FKA seit 2009 als anerkannte<br />

Gruppe angehört, überbrachte die Glück- und Segenswünsche<br />

des Nationalvorstandes. Bezug nehmend auf<br />

die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen<br />

betonte sie in ihrem Grußwort, dass das FKA die darin<br />

enthaltene Forderung nach Inklusion bereits vor 50 Jahren<br />

umgesetzt habe: »Die kranken, behinderten und gesunden<br />

Menschen sind alle gleich eingebunden und haben<br />

auch alle den gleichen <strong>Auf</strong>trag: im Mit- und Füreinander<br />

Hoffnung zu geben und Segen zu sein«.<br />

Im Namen der Fraternität der Menschen mit Behinderung<br />

in <strong>Deutschland</strong>, der die Briefgemeinschaften im<br />

FKA bereits seit 1976 ebenfalls als Fraternitätsgruppe<br />

Wemding angehören, gratulierte Christine Osafo, Mitverantwortliche<br />

im Bundesleitungsteam. In ihrem Grußwort<br />

sprach sie u. a. die gesellschaftspolitischen Veränderungen<br />

in <strong>Deutschland</strong> an, die eine erstarkende Behindertenselbsthilfebewegung<br />

in den letzten 50 Jahren<br />

mit bewirkt hat. Diese Veränderungen haben dann im<br />

Frühjahr 2009 zur Ratifizierung der Behindertenrechtskonvention<br />

der Vereinten Nationen durch die Bundesregierung<br />

geführt. Wie sie in diesem Zusammenhang verdeutlichte,<br />

ist es wichtig, dass im Umgang mit behinderten<br />

Menschen auf das rechte Spannungsverhältnis von<br />

Fürsorge und Selbstbestimmung geachtet wird: Denn<br />

wie wir aus der Vergangenheit gelernt haben, kann Fürsorge<br />

ohne Selbstbestimmung leicht in Fremdbestimmung<br />

münden, wohingegen heutzutage mehr die Gefahr<br />

besteht, dass ein Zuviel an Selbstbestimmung ohne<br />

jeglichen Fürsorgegedanken zu Vereinsamung und Verwahrlosung<br />

führt. Glücklicherweise sei das im FKA<br />

nicht der Fall, da hier bereits Inklusion gelebt wurde,<br />

lange, bevor es diesen Begriff überhaupt gab.<br />

Pater Siebenäuger mit Jubiläumsgästen<br />

Foto: privat<br />

v.l. Anita Nuß. Birgit Kramer und Anni Schlecht<br />

Foto: privat<br />

Auch Christian Randl, der Leiter vom Haus »St. Elisabeth«,<br />

dankte zunächst dem Gründervater des Hauses,<br />

Prälat Max Absmeier, und erinnerte voll Freude daran,<br />

dass das FKA seit 1989 seine jährlich stattfindenden Religiösen<br />

Wochen immer in »St. Elisabeth« durchgeführt<br />

habe. Ferner wies er darauf hin, dass das FKA einen<br />

ähnlichen <strong>Auf</strong>trag wie die Caritas habe, nämlich Freund<br />

und Partner zu sein, um Menschen auf den Weg zum<br />

Heil zu bringen. Die heilende Wirkung und die heilsamen<br />

Gedanken müssten jedoch ›von oben‹ kommen.<br />

Wie Pater Georg Scholles OFM, Nationalassistent der<br />

Franziskanischen Gemeinschaft in <strong>Deutschland</strong>, in seinem<br />

Festvortrag am Beispiel des Hl. Franziskus, der einen<br />

Aussätzigen umarmt und geküsst hat, erläuterte,<br />

sehnen sich Menschen, die Krankheit und Behinderung<br />

erfahren, nach Weggefährtinnen und -gefährten. Er<br />

dankte allen FKA-Mitgliedern, dass sie – dem Beispiel<br />

des Hl. Franziskus folgend – diese <strong>Auf</strong>gabe auch in unserer<br />

Zeit wahrnehmen und sich mutig und bewusst an<br />

die Seite der Betroffenen stellen und ihnen so vermitteln,<br />

dass sie »dazugehören«.<br />

Als zweiter Festredner schilderte Pater Fritz Kaestner<br />

CSsR sehr eindrucksvoll, was er alles der »Leni«, wie<br />

Magdalena Payerl von Verwandten und Freunden liebevoll<br />

genannt wurde, zu verdanken und wie sie seinen<br />

Werdegang begleitet und geprägt habe. Auch habe sie<br />

ihm bei seinen Besuchen viel aus ihrem Leben erzählt.<br />

Alle waren sehr berührt, als der Redemptorist zum<br />

Schluss Lenis Lieblingsgebet zitierte.<br />

Abschließend dankte Anni Schlecht allen Anwesenden<br />

ganz herzlich für diese Feierstunde und lud zum Mittagessen<br />

ins Haus »St. Elisabeth« ein. In der fröhlichen<br />

Festatmosphäre kam es zu vielen netten Begegnungen<br />

und guten Gesprächen. Am Spätnachmittag klang das<br />

offizielle Jubiläumsprogramm dann mit einer feierlichen<br />

Vesper aus.<br />

Christine Osafo<br />

<br />

12 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Y<br />

Fraternitätsgruppe Aachen<br />

Nachruf<br />

»Jeden Mittwoch<br />

fahre ich mit drei Freundinnen<br />

ins benachbarte belgische<br />

Moresnet-Chapelle auf den<br />

Kalvarienberg des dortigen<br />

Franziskanerklosters, um<br />

gemeinsam Stationen des<br />

Kreuzweges Jesu zu beten. Hier<br />

können wir die ›andere Seite‹<br />

unserer ›Lebensmedaille‹<br />

betrachten und sie dem Herrn<br />

vorlegen. (…) Dieser Ort ist für<br />

mich eine Art ›Tankstelle‹. (…) Ich fühle mich dabei als<br />

erlöste Christin – deshalb vielleicht auch meine<br />

Fröhlichkeit…«<br />

Eva Mingers in einem Interview<br />

im Fraternitäts-Forum »<strong>Steh</strong> <strong>Auf</strong> und <strong>Geh</strong>« 4/2008, S. 33<br />

Tief betroffen haben wir von ihrem plötzlichen Tod erfahren.<br />

Wir danken Gott, dass sie bei uns war. Ihr fröhliches<br />

Wesen bedeutete für nicht wenige Menschen, besonders<br />

auch in unserer Fraternitätsgruppe, eine Lebenshilfe.<br />

In österlicher Hoffnung und Zuversicht nehmen wir mit<br />

der Familie traurig Abschied. Der Menschen liebende<br />

Gott möge Eva Mingers aufnehmen in seine ewige<br />

Herrlichkeit.<br />

Für die <strong>fraternität</strong> Aachen<br />

Ursula Mühlenbeck (Verantwortliche)<br />

Magarete Dietrich<br />

Helmut Goblet<br />

Lissy Olberts<br />

Marianne Batetzko<br />

Eleonore Schneiders<br />

Hans Menneken<br />

Eva Mingers<br />

15. 10. 1925 – 14. 08. 2012<br />

Verantwortliche der <strong>fraternität</strong>sgruppe Aachen<br />

(1990–2000)<br />

Der »Abschiedsgottesdienst« wurde gefeiert am<br />

Mittwoch, den 05.09.2012 in der Marienkapelle des<br />

Wallfahrtsortes Moresnet-Chapelle, Belgien.<br />

<br />

»Immer wieder Neues erleben, miteinander lernen und Glauben leben«<br />

ir von der Fraternität Aachen möchten auch einmal<br />

wieder etwas über unsere Aktivitäten im lau-<br />

W<br />

fenden Jahr berichten.<br />

Am 4. Juli haben wir einen Ausflug in den Kölner Zoo<br />

gemacht. Fast die ganze Gruppe nahm daran teil und<br />

wir hatten alle viel Spaß. Wie wir dabei feststellten, ist<br />

das Zoogelände sehr gut mit Rollstühlen zu befahren,<br />

außerdem hatten wir sehr gutes Wetter, was natürlich<br />

auch noch eine besonders gute Stimmung mit sich<br />

brachte. Der Wettergott war uns auch am 18. August bei<br />

unserem Grillfest in Rott (Voreifel) hold.<br />

Danach folgte vom 8. bis 18. September unser jährlicher<br />

Bildungsurlaub in Günne am Möhnesee unter der Leitung<br />

von Ruth Richter. In dieser Zeit beschäftigten wir<br />

uns noch einmal mit dem Zweijahresthema 2010–2012<br />

der Bundes<strong>fraternität</strong>. Dabei stellten wir fest, dass<br />

»Hand in Hand auf dem Weg« doch sehr viel hergab.<br />

Unter anderem gestalteten wir auch ein Plakat mit dem<br />

aktuellen Thema und unseren Vorschlägen für die bevorstehende<br />

Wahl des nächsten Zweijahresthemas auf<br />

der Jahreshauptversammlung der Bundes<strong>fraternität</strong><br />

Anfang Oktober.<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 13


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Schiffstour auf dem Programm, die wir alle sehr genossen.<br />

Am darauf folgenden Tag machten wir einen Ausflug<br />

zu Fuß nach Delecke-Möhnesee in das Thorhaus.<br />

Wir hatten hin und zurück jeweils eine Wegstrecke von<br />

ca. 6 km zu bewältigen, wobei es auf dem Rückweg<br />

recht heftig regnete.<br />

Am Möhnesee (v.l. Klaus Hermann, Ursula Miserè, Ursula Mühlenbeck)<br />

Foto: privat<br />

Dank der vielen guten Ideen unserer Leitung verbrachten<br />

wir zehn wunderschöne Tage in froher Gemeinschaft.<br />

Da war zum Beispiel das abendliche Vorlesen<br />

von mindestens einer Stunde aus dem Buch ›Lautlose<br />

Welt’ von Maria Wallisfurth, in dem sie das Leben ihrer<br />

gehörlosen Eltern schildert. Dieses spannende und zugleich<br />

sehr berührende Buch hat allen sehr gut gefallen.<br />

Kaum wieder Zuhause angekommen, erwartete uns<br />

schon unsere nächste Aktivität, und zwar das »Fest der<br />

Begegnung« am 22. September auf dem Katschhof in<br />

Aachen, an dem wir uns wieder – wie bereits seit vielen<br />

Jahren – mit einen Waffelstand beteiligten. Bei unserem<br />

Treffen am 13. Oktober erfreute uns Frau Thömmes als<br />

»Märchenoma« mit verschiedenen Kräutermärchen und<br />

der Legende vom Siebenschläfer. Unser Einkehrtag am<br />

10. November stand unter dem Motto »Neues entdecken,<br />

miteinander lernen, den Glauben zu leben«. Die<br />

21 Teilnehmenden waren alle eifrig bei der Sache.<br />

Zum Abschluss unseres Jahresprogramms ist am 8. Dezember<br />

noch eine Vorweihnachtsfeier mit »Wichteln«<br />

geplant, auf die wir uns schon alle freuen, ist sie doch<br />

einer der Höhepunkte auf unserem gemeinsamen Weg<br />

durch dieses Jahr.<br />

Da der Möhnesee praktisch direkt vor der Türe unseres<br />

Bildungshauses liegt, stand auch eine zweistündige<br />

Ursula Mühlenbeck<br />

<br />

Rast am Waldweg<br />

Foto privat<br />

14 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Y<br />

Fraternitätsgruppe Bonn<br />

Ein Schatz im Rheinland<br />

m Rahmen unseres Treffens am 6. Juni besuchten wir,<br />

I d. h. 25 Mitglieder unserer Gruppe, darunter auch unser<br />

Geistlicher Begleiter, Pater Bernhard Schrand SJ, die<br />

Doppelkirche St. Maria und Clemens in Schwarzrheindorf,<br />

eine der berühmtesten Kirchen im Rheinland.<br />

Hans Reiffs, Vorstandsmitglied, und seine Frau Hedi,<br />

Sekretärin und »Herz und Seele« der Bonner Ortsgruppe<br />

der Selbsthilfe Körperbehinderter Krautheim e. V.,<br />

aus der unsere Fraternitätsgruppe vor rund 39 Jahren<br />

hervorgegangen ist, hatten uns dazu eingeladen. Da sie<br />

in diesem Bonner Stadtteil mit uralt gewachsener Dorfstruktur<br />

wohnen und sich in der Pfarre engagieren und<br />

außerdem auch geschichtlich sehr interessiert sind,<br />

wollten sie uns an diesem Nachmittag die Besonderheiten<br />

der zu den bedeutendsten romanischen Kirchen<br />

zählenden Doppelkirche in einem Dia-Vortrag und bei<br />

einer anschließenden Führung näher bringen.<br />

Zunächst jedoch bewirtete uns das Ehepaar Reiffs im<br />

Jugendraum der Pfarrei mit Kaffee und selbstgebackenen<br />

Kuchen. Nachdem wir uns alle gestärkt hatten,<br />

zeigte uns Hans Reiffs Dias zu der wunderschönen<br />

Doppelkirche St. Maria und Clemens, die er mit Informationen<br />

zur wechselvollen Geschichte und kunsthistorischen<br />

Bedeutung begleitete: So erfuhren wir u. a.,<br />

dass die Doppelkirche vom Kölner Erzbischof Arnold<br />

von Wied (um 1098–1156) im 12. Jahrhundert als Burgund<br />

Begräbniskirche zu Ehren des Heiligen Clemens<br />

und der Gottesmutter errichtet und 1151 in Anwesenheit<br />

des Staufer-Königs Konrad III. geweiht wurde. Zusammen<br />

mit dem von Arnold von Wieds Schwester<br />

Hadwig nach dessen Tod 1156 gegründeten Benediktinerinnenkloster<br />

und späterem Damenstift und neben<br />

der Pfarre St. Peter in Vilich war sie Jahrhunderte lang<br />

Mittelpunkt des gottesdienstlichen Lebens der Bewohner<br />

von Schwarz- und Vilich-Rheindorf. Dank der Bemühungen<br />

von Fürst Karl von Wied-Runkel, einem<br />

Nachfahren des Erbauers, wurde die während der Säkularisation<br />

nach <strong>Auf</strong>hebung des Stifts vom Verfall bedrohte<br />

Kirche restauriert, 1832 wieder geweiht und ab<br />

1868 wieder als Pfarrkirche genutzt.<br />

<strong>Auf</strong> den Dias und bei der anschließenden Kirchenbesichtigung<br />

fiel sofort der mächtige Vierungsturm ins<br />

Auge, der das romanische Kirchengebäude dominiert.<br />

Wir waren fasziniert vom Blick durch die achteckige<br />

Öffnung, die den oberen und den unteren Kirchenraum<br />

miteinander verbindet. Ebenfalls beeindruckte uns sehr<br />

die um die Obere Kirche angelegte Zwerggalerie mit ihren<br />

reich verzierten Säulen und die gut erhaltenen romanischen<br />

Wandmalereien in beiden Kirchen, die – zusammen<br />

mit verschiedenen anderen Kleinodien – die<br />

kunsthistorische Bedeutung dieser Doppelkirche ausmachen.<br />

Unser Geistlicher Begleiter, der in Kunstgeschichte sehr<br />

bewanderte Bonner Jesuit Pater Bernhard Schrand, ergänzte<br />

die Ausführungen unseres Gastgebers wunderbar<br />

durch interessante weniger bekannte Details, so<br />

dass Hans Reiffs bei der Verabschiedung dankbar bemerkte,<br />

dass auch er an diesem Nachmittag manches<br />

dazu gelernt habe.<br />

Im Anschluss an den Dia-Vortrag vertieften wir das Gesehene,<br />

so gut es ging, direkt vor Ort. Leider ist die<br />

Doppelkirche rundum von einem Friedhof umgeben<br />

und nur über »echt historisches« Pflaster zu erreichen,<br />

so dass unsere Gruppenmitglieder, die auf Rollstuhl<br />

bzw. Rollator angewiesen sind, große Schwierigkeiten<br />

hatten. Doch der Blick von der Unterkirche hinauf zu<br />

den herrlichen Deckengemälden der Oberkirche entschädigte<br />

für die Strapazen!<br />

Zum Abschluss unseres Ausflugs nach Schwarzrheindorf<br />

feierte Pater Schrand mit uns in der Kirche eine Hl.<br />

Messe, in der wir u. a. auch noch einmal für diesen<br />

schönen und interessanten Nachmittag dankten.<br />

Ursula Drosdziok<br />

Suchen Sie noch ein Weihnachtsgeschenk?<br />

Hier ist es. Unser Tipp:<br />

Machen Sie uns ein Geschenk – überweisen<br />

Sie eine Ihrer Weihnachtsspenden an uns!<br />

Warum? Weil wir uns beispielsweise für<br />

Inklusion in unserer Gesellschaft, in unseren<br />

Kirchen und Gemeinden einsetzen …<br />

Alle Spenden sind steuerabzugsfähig.<br />

Spendenquittung garantiert!<br />

Förderverein Bundes<strong>fraternität</strong> e.V.,<br />

Konto 3 006 766 012,<br />

Pax-Bank e.G. Trier (BLZ 370 601 93) <br />

<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 15


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Fraternitätsgruppe Marburg<br />

Wir sind nur Gast auf Erden<br />

in langjähriges, treues Mitglied unserer Fraternitätsgruppe<br />

haben wir verabschieden müssen. Im Alter<br />

E<br />

von 75 Jahren ist Herr Klaus Gattermann nach einem<br />

langen, in großer Geduld ertragenem Leiden von Gott<br />

heimgerufen worden.<br />

Herr Gattermann gehörte von Anfang an, seit 1978, zu<br />

unserer Marburger Fraternitätsgruppe, viele Jahre auch<br />

als unser Sprecher. In dieser Eigenschaft nahm er, als es<br />

ihm trotz seiner Behinderung noch möglich war, wiederholt<br />

an den Jahrestreffen der Fraternität in Wiesbaden-Naurod,<br />

früher auch in St. Georgen (Frankfurt/M.)<br />

und in Oberwesel teil.<br />

Sein aufrichtiger, gradliniger Charakter, seine ruhige,<br />

besonnene Art, Offenheit für die Fragen der Kirche und<br />

Gesellschaft, auch Sinn für Humor, zeichneten den Verstorbenen<br />

aus. Vor allem seine unendliche Geduld in<br />

den letzten Jahren der schweren Krankheit haben wir<br />

bewundert. Kraft gab ihm sein tiefverwurzelter Glaube,<br />

der ihn getragen hat. Die regelmäßige Feier der hl. Messe<br />

und der Kommunionempfang waren ihm selbstverständlich.<br />

Herr Gattermann ist in Einbeck aufgewachsen und kam<br />

1957 zur Bundeswehr nach Marburg, wo er korrekt und<br />

aufrichtig seinen Dienst versah. Ende der sechziger Jahre<br />

zeigten sich die ersten Anzeichen der Krankheit ›mit<br />

den tausend Gesichtern‹ – Multiple Sklerose. Krankheitsbedingt<br />

musste er 1979 seinen Dienst als Oberleutnant<br />

aufgeben. Danach zeichnete ihn großes ehrenamtliches<br />

Engagement aus: bei der Lebenshilfe, in unserer<br />

Fraternität und der MS-Selbsthilfegruppe sowie als Kirchenrechner.<br />

Durch die fortschreitende Verschlechterung seiner<br />

Krankheit musste er 1999 ins Alten -und Pflegeheim St.<br />

Elisabeth in Marburg umziehen. Dort hat er sich – ebenso<br />

wie seine Familie – immer sehr wohl und gut aufgehoben<br />

gefühlt. <strong>Und</strong> dort ist er am 20. August sanft und<br />

ruhig eingeschlafen.<br />

Es war ihm noch vergönnt, im Januar den 50. Hochzeitstag<br />

und im Juli seinen 75. Geburtstag zu begehen.<br />

Mit seiner Frau Dorothea Gattermann, seiner Tochter<br />

Martina Gattermann-Glorius und ihrem Ehemann sowie<br />

dem Enkel Maximilian trauern wir um einen lieben<br />

Menschen, den wir stets in dankbarer Erinnerung behalten.<br />

Mit ihnen vertrauen wir, dass er nun im Frieden<br />

Gottes geborgen ist.<br />

Im österlichen Glauben haben wir am 28. August 2012<br />

das Requiem für ihn gefeiert und ihn am Tag darauf in<br />

Cölbe bei Marburg bestattet.<br />

Bernhard Klatt<br />

»Deinen Gläubigen, o Herr, wird das Leben<br />

gewandelt, nicht genommen.<br />

<strong>Und</strong> wenn die Herberge der irdischen<br />

Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel<br />

eine ewige Wohnung bereitet.«<br />

<br />

Fraternitätsgruppe Regensburg<br />

»Alles hat seine Zeit«<br />

nter diesem Motto standen unsere gemeinsamen<br />

U Freizeit- und Besinnungstage vom 28. bis 30. Juni<br />

2012, die wir heuer im ›Tannenhof‹ in St. Englmar im<br />

Bayrischen Wald verbrachten.<br />

Am 28. Juni machten sich zwanzig Teilnehmer frohgelaunt<br />

und bei herrlichstem ›Fraternitätswetter‹ auf den<br />

Weg. Unser erstes Ziel war die wohl älteste Wallfahrtskirche<br />

in Bayern »St. Maria Himmelfahrt am Bogenberg«.<br />

Sie liegt auf dem 432 Meter ü.N.N. und 118 Meter über der<br />

Donau aufragenden Bogenberg bei der Stadt Bogen.<br />

Wir haben den Wald-Wipfel-Weg glücklich ›gemeistert‹<br />

16 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT VOR ORT<br />

Y<br />

Anschließend ging es weiter nach St. Englmar in den<br />

›Tannenhof‹, wo uns der Heimleiter, Herr Engelberger,<br />

sehr herzlich begrüßte. Nachdem wir uns in unseren<br />

Zimmern häuslich eingerichtet hatten, kamen wir zu einer<br />

kurzen Vorstellungsrunde zusammen und besprachen<br />

auch den Ablauf der nächsten Tage. Gemeinsam<br />

feierten wir in der Hauskapelle Eucharistie. Der erste<br />

Abend stand dann ganz im Zeichen des Fußballs, doch<br />

leider haben die Deutschen (EM 2012 Halbfinale:<br />

<strong>Deutschland</strong>-Italien 1:2) das Spiel verloren.<br />

Den Freitag begannen wir mit einem kurzen Morgenimpuls,<br />

nach dem Frühstück war Kreativsein angesagt,<br />

wir bastelten Grußkarten, spielten ›Mensch ärgere Dich<br />

nicht‹ und schrieben Karten an die ›Daheimgebliebenen‹.<br />

Am Nachmittag hatten wir zwei Ziele zur Auswahl;<br />

diejenigen, die besser ›zu Fuß‹ waren, trauten sich<br />

auf den Wald-Wipfel-Weg, der war vor allem für mich<br />

eine sehr wacklige Angelegenheit, aber ich habe es<br />

überlebt. Das zweite Ziel war der Park in St. Englmar<br />

und bei herrlich warmem Wetter trafen wir uns alle bei<br />

Kaffe und Kuchen oder einem großen Eisbecher.<br />

Vor dem Abendessen dankten wir Gott bei der Hl. Messe<br />

für diesen schönen Tag und ließen ihn später im Garten<br />

mit einem lustigen Liederabend ausklingen, bei dem<br />

uns Herr Engelberger auf dem Akkordeon begleitete.<br />

Bevor es am Samstag wieder hieß Abschied zu nehmen,<br />

trafen wir uns alle noch einmal zum ›Bibelteilen in 7<br />

Schritten‹: Das Thema waren die Worte Kohelets (3.1-<br />

10), des Davidsohn, der König in Jerusalem war: ›Alles<br />

hat seine Stunde…‹, und ›für alles gibt es eine Zeit‹!<br />

<strong>Auf</strong> dem Heimweg machten wir einen ersten Halt in<br />

Kostenz unweit von St. Englmar zu einer kurzen Besichtigung<br />

der Kapelle und eines Teils des Klosters der<br />

Barmherzigen Brüder. Unser zweiter Halt war in Edt<br />

auf Mariannes Erlebnisbauernhof.<br />

Gegen 18 Uhr kamen wir wohlbehalten in Regensburg<br />

an. Es waren erfüllte Tage mit einem guten ›Miteinander<br />

unterwegs sein‹! Allen, die zum guten Gelingen<br />

dieser Tage beigetragen haben, sei auf diesem Wege ein<br />

herzliches »Vergelt’s Gott« gesagt.<br />

Gertraud Wiedemann<br />

<br />

Unsere Gruppe vorm Haus ›Tannenhof‹ in St. Englmar<br />

Fotos: privat<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 17


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Aus der Bundes<strong>fraternität</strong><br />

»Kein Mensch<br />

kann den anderen<br />

von seinem Leid befreien.<br />

Aber er kann ihm<br />

Mut machen,<br />

das Leid zu tragen!«<br />

Selma Lagerlöf<br />

Das Bundesleitungsteam trauert mit den Angehörigen sowie den Leitungsteams und Mitgliedern der Fraternitätsgruppen<br />

Aachen und Marburg um<br />

Eva Mingers<br />

15. Oktober 1925 – 14. August 2012<br />

Verantwortliche der Fraternität Aachen (1990–2000)<br />

und<br />

Klaus Gattermann<br />

11. Juli 1937 – 20. August 2012<br />

Langjähriger Verantwortlicher der Fraternität Marburg<br />

Wir danken unseren lieben Verstorbenen für ihr Engagement zum Wohle der Fraternitätsbewegung in<br />

<strong>Deutschland</strong>, das für nicht wenige Menschen eine wertvolle Lebenshilfe bedeutet hat.<br />

In geschwisterlicher Verbundenheit nehmen wir betroffen, doch auch voll Dankbarkeit Gott gegenüber<br />

und getröstet von österlicher Hoffnung und Zuversicht, Abschied. Der Menschen liebende Gott möge unseren<br />

lieben Verstorbenen Anteil am »himmlischen Jerusalem« (Offb. 21,4ff) schenken.<br />

Sie, verehrte Schwestern und Brüder, bitten wir, ihrer im Gebet zu gedenken.<br />

Für die <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Regina Rüppel, Hildesheim<br />

Christine Osafo, Fulda<br />

Georg Kraus, Schweinfurt<br />

Fred Kopps, Hannover<br />

Pfarrer Franz Hilfenhaus, Steinau-Ulmbach<br />

Hildegard Stark, Trier<br />

Bernd F. Schwanke, Berlin<br />

Für den Förderverein der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

Hartmut Rüppel, Vorsitzender<br />

18 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Y<br />

Zum neuen Jahresthema<br />

»Gemeinsam entflammt«,<br />

so lautet das neue Zweijahresthema 2012–2014, das wie eine Losung<br />

die Arbeit der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong> bis zur nächsten Jahreshauptversammlung<br />

begleiten wird. Bei Gruppentreffen, in<br />

Seminaren und anderen Veranstaltungen soll es gerade im »Jahr<br />

des Glaubens« aufgegriffen und vertieft werden.<br />

<br />

BLT-Kurzinformationen<br />

50-jähriges Jubiläum des Franziskanischen Krankenapostolates<br />

(FKA). – Im Rahmen ihrer diesjährigen Religiösen<br />

Woche (25.09.–01.10.2012) feierten am 29. September<br />

2012 in Altötting Mitglieder und Freunde mit einem<br />

Jubiläumsgottesdienst und daran anschließenden<br />

Festakt das 50-jährige Bestehen der Briefgemeinschaften<br />

im Franziskanischen Krankenapostolat. Als Repräsentantin<br />

des Bundesleitungsteams überbrachte Christine<br />

Osafo herzliche Glück- und Segenswünsche zu diesem<br />

frohmachendem Anlass (siehe auch S. 11 ff.).<br />

Neues Bundesleitungsteam gewählt. – Bei den in diesem<br />

Jahr anstehenden BLT-Wahlen wurde Georg Kraus<br />

(Fraternität Schweinfurt) neu-, sowie Christine Osafo<br />

(Fraternität Fulda), Regina Rüppel und Fred Kopps (beide<br />

Fraternität Hildesheim) wiedergewählt. Bundesseelsorger<br />

Pfarrer Franz Hilfenhaus wurde für weitere vier<br />

Jahre in seinem Amt bestätigt. Während der konstituierenden<br />

Sitzung beschlossen die vier gewählten BLT-<br />

Mitglieder – wie nach den letzten Wahlen – gemeinsam<br />

die Verantwortung für die <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

wahrzunehmen. Sie ernannten Regina Rüppel zu ihrer<br />

Sprecherin. Außerdem beriefen sie Hildegard Stark<br />

(Fraternität Trier) und Bernd F. Schwanke (Fraternität<br />

Berlin-Reinickendorf), die sich nicht zur Wahl gestellt<br />

hatten, zu ihrer Unterstützung ins Team.<br />

BLT-Beteiligung am XXI. Welttag der Kranken geplant.<br />

– Da die zentrale und liturgische Hauptfeier zum<br />

21. Welttag der Kranken am 11. Februar 2013 in Altötting<br />

stattfindet, wird voraussichtlich auch eine Delegation<br />

des BLTs an den Feierlichkeiten teilnehmen.<br />

(co)<br />

<br />

3. BLT-Tagung 2012<br />

ur 3. Ordentlichen BLT-Tagung und der ersten nach<br />

Z den Neuwahlen hat sich das Bundesleitungsteam<br />

vom 7.–9. November 2012 im Wilhelm-Kempf-Haus in<br />

Wiesbaden-Naurod getroffen.<br />

Der Bundesseelsorger, die vier gewählten und die zwei<br />

berufenen Mitglieder waren alle anwesend. Nach den<br />

auf der Jahreshauptversammlung 2012 erfolgten Wahlen<br />

und der anschließenden konstituierenden Sitzung<br />

wurden nun die Arbeitsbereiche für die BLT-Mitglieder<br />

festgelegt.<br />

Es fand ein guter Gedankenaustausch statt und die verschiedenen<br />

Tagesordnungspunkte konnten zügig behandelt<br />

werden. So berichteten die Mitglieder des BLTs<br />

von ihren Aktivitäten seit der letzten Tagung und es<br />

wurden Absprachen für anstehende Termine getroffen.<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 19


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Ein wichtiger Punkt auf der Tagesordnung war die bevorstehende<br />

Schließung des Bundes-/Kontaktbüros<br />

zum 31. Dezember 2012 und die damit verbundene Arbeit<br />

und Archivierung. Postsendungen können bis Ende<br />

März 2013 weiterhin nach Trier gesandt werden: An das<br />

Bundes-/Kontaktbüro, c/o Hildegard Stark, Peter-Lambert-Str.<br />

4, 54292 Trier. Sobald die Etablierung eines<br />

neuen Büros abgeschlossen ist (erste Schritte wurden<br />

bereits unternommen), gibt es weitere Informationen.<br />

Ferner wird Fred Kopps für jedes BLT-Mitglied eine eigene<br />

E-Mail-Adresse einrichten, damit die Erreichbarkeit<br />

bei der im BLT derzeit üblichen dezentralen Arbeitsweise<br />

noch effektiver wird.<br />

Die Reflexion der Jahreshauptversammlung 2012 seitens<br />

der Delegierten fiel sehr positiv aus und hat das<br />

BLT in seiner Arbeit gestärkt. Des Weiteren wurde über<br />

neue Informationsmaterialien gesprochen, ebenso wie<br />

über Neuigkeiten von der interkontinentalen und der<br />

europäischen Ebene der Fraternitätsbewegung sowie<br />

auch erste Überlegungen bzgl. des 10. BLT-Seminars angestellt.<br />

Die Reflexion der letzten Forum-Ausgabe und Besprechung<br />

des Konzepts für das Heft 4/2012 waren ein weiterer<br />

Tagesordnungspunkt. Auch soll auf der Homepage<br />

die Seite Förderverein der Fraternität <strong>Deutschland</strong><br />

überarbeitet werden. (www.<strong>fraternität</strong>.org)<br />

Es waren Tage eines guten und erfolgreichen Miteinander,<br />

dafür sei allen herzlich gedankt!<br />

Die 1. Ordentliche BLT-Tagung im nächsten Jahr ist für<br />

April 2013 geplant.<br />

(re)<br />

<br />

»Hand in Hand auf dem Weg«<br />

Gelungene Jahreshauptversammlung mit Neuwahlen und Dreifachjubiläum<br />

ieses Thema war über zwei Jahre unser Begleiter,<br />

D die Losung hat über gerade und holprige Wege getragen,<br />

die wir Hand in Hand gegangen sind. Sie stand<br />

auch als Motto über unserer diesjährigen Jahreshauptversammlung<br />

(JHV), die mit dem meditativen Text<br />

»Meine Hände sind ein Geschenk« eröffnet wurde.<br />

Im Namen aller BLT-Mitglieder begrüßte Regina Rüppel,<br />

Mitverantwortliche im Bundesleitungsteam (BLT),<br />

alle Anwesenden, darunter die Delegierten aus 16 Fraternitätsgruppen<br />

und Ilona Pintér (Ungarn), die ehemalige<br />

Koordinatorin des Europäischen Kontinentalteams,<br />

die auf Einladung des BLTs an der JHV teilnahm.<br />

In einem sehr persönlichen Rückblick gab uns Ilona<br />

Pintér Einblick in ihre Fraternitätsarbeit: Sie schilderte<br />

ihre Anfänge in der österreichischen Fraternitätsbewegung,<br />

die Jahre im Europäischen Kontinentalteam<br />

(2002–2012), dessen Koordinatorin sie seit 2008 war, und<br />

parallel dazu die <strong>Auf</strong>bauarbeit in Ungarn, bei der sie<br />

nun schwerpunktmäßig ihre Zukunft sieht. Abschließend<br />

dankte sie allen Anwesenden – stellvertretend für<br />

die <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong> – für die vielfältige Unterstützung<br />

und Hilfe, die sie in diesen Jahren von den<br />

deutschen Fraternitätsgeschwistern erfahren hat.<br />

Neuwahlen<br />

Bei den in diesem Jahr anstehenden Neuwahlen des<br />

Bundesleitungsteams wurden von den sieben Personen,<br />

die zur Wahl standen, folgende vier gewählt:<br />

• Georg Kraus (Fraternität Schweinfurt)<br />

• Christine Osafo (Fraternität Fulda)<br />

• Regina Rüppel (Fraternität Hildesheim) und<br />

• Fred Kopps (Fraternität Hildesheim).<br />

Foto: privat<br />

Außerdem wurde Bundesseelsorger Pfarrer Franz Hilfenhaus<br />

für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt.<br />

Während der konstituierenden Sitzung wurden erste<br />

Berufungen an Hildegard Stark (Fraternität Trier) und<br />

Bernd F. Schwanke (Fraternität Berlin-Reinickendorf),<br />

20 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Y<br />

die nicht zur Wahl gestanden hatten, ausgesprochen.<br />

Alle nahmen die Wahl bzw. Berufung an. Des Weiteren<br />

beschlossen die vier gewählten BLT-Mitglieder – wie<br />

schon in der vorhergehenden Amtsperiode – gemeinsam<br />

die Verantwortung für die <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

wahrzunehmen. Sie ernannten Regina Rüppel zur Sprecherin<br />

des Teams.<br />

Als Kassenprüfer für die nächste JHV wurden Margarete<br />

Otto und Bruno Worm (beide Fraternität Ahrensburg)<br />

gewählt.<br />

Die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit, unser Forum<br />

»<strong>Steh</strong> <strong>Auf</strong> und <strong>Geh</strong>!«, die Fraternitäts-Homepage sowie<br />

auch die Schulungsangebote des BLTs wurden, ebenso<br />

wie die Belange der Gruppen, im Verlauf der Tagung<br />

thematisiert und besprochen.<br />

»Gemeinsam entflammt«<br />

Bei der Wahl des neuen Zweijahresthemas 2012–2014 erhielt<br />

der von der Gruppe Haßberge eingesandte Vorschlag<br />

»Gemeinsam entflammt«, die meisten Stimmen.<br />

Das Thema entstand beim letzten BLT-Seminar 2011 in<br />

Hünfeld, als wir aus den Abbildern unserer eigenen<br />

Hände eine eindrucksvolle Collage anfertigten, die einer<br />

Feuerzunge ähnelte. Die Gruppe Haßberge findet<br />

darin eine starke Symbolik des Mit- und Füreinanders<br />

in der Fraternität.<br />

Dreifaches Jubiläum<br />

Ein wichtiger Bestandteil der diesjährigen Jahreshauptversammlung<br />

war der Festakt im Anschluss an den Abschlussgottesdienst,<br />

mit dem sowohl das 55-jährige Bestehen<br />

der Fraternität <strong>Deutschland</strong> als auch das 40-jährige<br />

Jubiläum der Anerkennung als Apostolische Laienbewegung<br />

durch die Deutsche Bischofskonferenz<br />

gewürdigt wurde. In seinem Festvortrag befasste sich<br />

Pfarrer Franz Hilfenhaus mit der Fraternität von ihren<br />

Ursprüngen bis heute. In diesem Zusammenhang erinnerte<br />

der Bundesseelsorger ebenfalls an die Eröffnung<br />

des 2. Vatikanischen Konzils vor 50 Jahren, durch das<br />

die Verbreitung unserer apostolischen Laienbewegung<br />

Foto: privat<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 21


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

wertvolle Impulse erhalten hat und sehr gefördert worden<br />

ist. Ganz besonders freute das BLT, dass Ingo Hampel<br />

von der Fraternität Frankfurt/M., der 1972 am Fraternitätskongress<br />

in Rom teilgenommen hat, als einer<br />

der wenigen noch lebenden Zeitzeugen jener Epoche,<br />

bei unserer Jubiläumsfeier dabei war.<br />

Im Rahmen des Festaktes würdigte Regina Rüppel auch<br />

Hildegard Stark und Ellen Gentsch, die sich beide nicht<br />

mehr zur Wahl gestellt hatten, für ihre jahrzehntelange<br />

Arbeit im Bundesleitungsteam der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong>.<br />

Zum Dank für ihre Verdienste überreichte sie jeder<br />

von ihnen ein Blumengebinde.<br />

Intensive Kleingruppenarbeit<br />

Bei der letzten JHV war es der Wunsch gewesen, mehr<br />

Zeit für die Arbeit in Kleingruppen zu haben, dies wurde<br />

in diesem Jahr mit zwei Angeboten erfolgreich umgesetzt.<br />

Im Rahmen der ersten Kleingruppenarbeit, in der es<br />

um das Thema »Inklusion im kirchlichen Bereich« ging,<br />

beschäftigten sich die Teilnehmenden – nach einem Impuls<br />

von Bernd F. Schwanke – mit der Definition des<br />

Begriffes, trugen konkrete Beispiele zusammen, in denen<br />

sie die Notwendigkeit sahen, inklusive Entwicklungen<br />

anzumahnen, voranzutreiben und zu leben, und<br />

befassten sich abschließend mit einem Inklusionsbeispiel<br />

aus dem Neuen Testament (Mk. 3,1-5).<br />

In der Bibelarbeit am nächsten Tag ging es ebenfalls um<br />

Integrations- und Inklusionsbeispiele. In dieser zweiten<br />

Kleingruppenarbeit beantwortete jede Gruppe Fragen<br />

zu jeweils einer Bibelstelle aus dem Neuen Testament<br />

Foto: privat<br />

Foto: privat<br />

(Lk 10,25-37 und Lk 5,17-26) und stellte Bezüge zur heutigen<br />

Situation her.<br />

Spirituelle Impulse, Gottesdienste und ein sowohl<br />

bewegendes als auch zauberhaftes Rahmenprogramm<br />

Schon vor dem Frühstück gab es täglich in der Hauskapelle<br />

eine Eucharistiefeier als freiwilliges Angebot, und<br />

im Morgenlob vor Tagungsbeginn stimmten wir uns<br />

dann alle auf den Tag ein.<br />

Den Eröffnungsgottesdienst zelebrierte unser Bundesseelsorger<br />

Pfarrer Franz Hilfenhaus gemeinsam mit Pater<br />

Petrus Espe OFM (Fraternität Fulda), Pfarrer Klaus<br />

Gaebler (Fraternität Rödermark) und Diakon Paul<br />

Hildebrand (Fraternität Friedrichshafen), unterstützt<br />

von Wolfgang Bernstein (Fraternität Schweinfurt) als<br />

Ministrant. Dabei gedachten wir insbesondere der uns<br />

seit der JHV 2010 bereits in die Ewigkeit vorausgegangenen<br />

Fraternitätsmitglieder.<br />

Zum Abschlussgottesdienst konnten wir Weihbischof<br />

Dieter Geerlings aus Münster begrüßen, der unsere Einladung<br />

sofort angenommen und uns schon im Februar<br />

2012 zugesagt hatte. Bereits vor dem Gottesdienst kam<br />

er ›<strong>Auf</strong> der Straße‹ des Wilhelm-Kempf-Hauses sehr offen<br />

und herzlich mit den Delegierten ins Gespräch. Ausgehend<br />

von der Lesung (Gen 2,18-24) und dem Evangelium<br />

(Mk 10,2-16) des Tages ging Weihbischof Geerlings<br />

in seiner Predigt u.a. auf unser Zweijahresthema 2010–<br />

2012 »Hand in Hand auf dem Weg« und die Inklusion<br />

von Menschen mit Behinderung in Kirche und Gesellschaft<br />

ein, bevor er abschließend der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

im Namen der Deutschen Bischofskonferenz Dank<br />

und Anerkennung für ihre Arbeit aussprach (siehe auch<br />

S. 24). Konzelebranten bei dieser Eucharistiefeier, in der<br />

wir am Schluss gesegnet wurden, waren alle anwesenden<br />

Geistlichen (siehe Eröffnungs gottesdienst).<br />

22 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Y<br />

Foto: privat<br />

Während des ›zauberhaften Abschlussabends‹ begeisterte<br />

uns Zauberer Kniege, unterstützt von seinem Assistenten<br />

Czech, mit seinen Künsten und band uns in<br />

seine Vorführung ein. Danach gab es noch lange Gelegenheit<br />

zum geselligen Beisammensein, wie auch schon<br />

die Abende vorher in den ›Georgstuben‹.<br />

Einen tiefen Eindruck hinterließ auch unser Filmabend:<br />

Der Film »Saint Jacques … Pilgern auf Französisch«, in<br />

dem eine Mutter in ihrem Testament verfügt, dass drei<br />

miteinander zerstrittene Geschwister gemeinsam den<br />

Jakobsweg gehen müssen, ehe sie ihr Erbe antreten dürfen,<br />

regte uns zum Nachdenken und Gedankenaustausch<br />

an …<br />

Wir haben Tage eines gutes Miteinanders verlebt, den<br />

Weg ›Hand in Hand‹ mit der Wahl des neuen Jahresthemas<br />

inzwischen ein wenig verlassen und hoffen nun<br />

›Gemeinsam entflammt‹ die anstehenden <strong>Auf</strong>gaben zu<br />

meistern. Allen, die zum Gelingen unserer diesjährigen<br />

Jahreshauptversammlung beigetragen haben, danken<br />

wir von ganzem Herzen: Ellen Gentsch (Fraternität Offenbach)<br />

und dem Team des Wilhelm-Kempf-Hauses<br />

für die Vorbereitung und die Betreuung während der<br />

Tagung, sowie auch ganz besonders unserer ›Schwester<br />

Ingeborg‹, Ingeborg Bassiner, die immer zur Stelle war,<br />

wenn Hilfe gebraucht wurde.<br />

Regina Rüppel<br />

<br />

Foto: privat<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 23


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Nachfolgend veröffentlichen wir – mit der freundlichen Genehmigung von Weihbischof Dieter Geerlings<br />

(Münster) – den Text der Predigt, die dieser während des Abschlussgottesdienstes der Jahreshauptversammlung<br />

2012 der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong> gehalten hat. Ausgehend von der Lesung (Gen<br />

2,18-24) und dem Evangelium (Mk 10,2-16) des Tages verdeutlicht er darin u. a., dass Inklusion ein<br />

Weg ist, der dem christlichen Welt- und Menschenbild entspricht, und macht uns Mut, unseren<br />

<strong>Auf</strong>trag als apostolische Laienbewegung weiter zu verfolgen.<br />

<br />

iebe Schwestern und Brüder im Glauben,<br />

L liebe Delegierte der Fraternität,<br />

zunächst eine kleine Anekdote aus dem Theaterleben:<br />

Ein Schauspieler stolpert abends angeheitert auf die<br />

Bühne und findet nicht in seine Rolle hinein. Die Souffleuse<br />

flüstert ihm verzweifelt die Stichworte seiner Einsätze<br />

zu. Nach mehreren vergeblichen Versuchen ruft<br />

der Schauspieler verärgert in den Souffleurkasten hinein:<br />

»Bitte keine Einzelheiten! Welches Stück?«<br />

Bitte keine Einzelheiten! Um welches Stück geht es<br />

denn bei Euch in der Kirche, in der Fraternität? So wird<br />

gefragt. Um welches Stück geht es? Was ist denn die<br />

Mitte Eures Glaubens? Was wird denn bei Euch gespielt?<br />

<strong>Auf</strong> diese Frage würde ich – auch in der Theatersprache<br />

– so antworten: Das Stück, das wir spielen, heißt<br />

schlicht und einfach: Gott, Gott und Mensch. <strong>Und</strong> es<br />

hat drei Akte: der Vater, der Sohn, der Heilige Geist.<br />

Das ist das Stück. Die Akte sind unterteilt in verschiedene<br />

Szenen, z. B. die Schrifttexte des heutigen Sonntags.<br />

Aber ehrlich: Sollte man da nicht den Souffleurkasten<br />

sofort versenken, den Vorhang schließen? Solche<br />

Schrifttexte hier beim Abschlussgottesdienst der Delegiertenversammlung,<br />

beim Jubiläum?! Die Frau aus der<br />

Rippe des Mannes, die Frage nach der Ehescheidung<br />

usw.<br />

Aber gehen wir doch einfach in diese Szenen hinein,<br />

lassen wir doch einmal unseren inneren Widerstand!<br />

Spielen wir mit. Es lässt sich vielleicht doch das eine<br />

oder andere Überraschende entdecken, das uns Zuversicht<br />

gibt, Kraft für unser Leben, für unser Leben als<br />

Christen, für die Ausrichtung der Fraternität.<br />

Also diese Erzählung, diese Szene von der Erschaffung<br />

der Frau ist ja keine Reportage. Inzwischen sollte sich<br />

die Einsicht herumgesprochen haben, dass wir es hier<br />

mit Geschichten zu tun haben, deren Bilder und Symbole<br />

man deuten muss. Das ist ja keine Historie, das ist<br />

erzählt aus einer gedachten Sicht Gottes, aus einer<br />

Theo-Logik. Was bedeutet denn diese Geschichte, was<br />

sagt sie aus über uns heute, was sagt sie aus über das<br />

Verhältnis von Mann und Frau? Schlicht: über unser<br />

Menschsein.<br />

Diese Sache mit der Rippe ist viel belächelt worden. Es<br />

gibt aber eine alte jüdische Auslegung dieser Erzählung,<br />

aus den ersten Jahrhunderten nach Christus:<br />

»Gott hat die Frau nicht aus dem Kopf des Mannes geschaffen,<br />

dass sie über ihn herrsche, auch nicht aus seinen<br />

Füßen, dass sie seine Sklavin sei, sondern aus seinem<br />

Herzen, dass sie seinem Herzen nahe sei.«<br />

Vielleicht ist das eine eher einfühlsame Auslegung, die<br />

das Gemeinte schon besser trifft! <strong>Und</strong> sie zeigt schon<br />

deutlich, dass man auch damals eine solche Geschichte<br />

nicht als Reportage aufgefasst hat, sondern als eine Erzählung,<br />

deren Bilder zur Deutung einladen.<br />

Alles schön und gut, wird mancher denken. Enthält<br />

diese Geschichte nicht doch eine kräftige Abwertung<br />

der Frau? Trägt sie nicht deutliche Spuren der damaligen<br />

patriarchalischen Gesellschaft? Der Mann wird als<br />

erster erschaffen – ist er damit nicht der Frau übergeordnet?<br />

Mag sein, dass diese Erzählung von der damaligen<br />

Männergesellschaft geprägt ist. Doch dann setzt der Erzähler<br />

überraschende Signale! Hören wir genau hin! Er<br />

schildert den Menschen, umgeben von den Herrlichkeiten<br />

der Welt. Doch sie vermögen ihm nicht zu genügen.<br />

Sie hinterlassen eine Leere, die auch Tiere nicht ausfüllen<br />

können. Dieser Zug der Erzählung sagt ganz präzis:<br />

Die Tiere sind dem Menschen nicht ebenbürtig, sie können<br />

ihm nicht Partner sein.<br />

Vielleicht lässt sich ja eine Linie ausziehen bis in unsere<br />

heutige Problematik und Diskussion über Integration<br />

und Inklusion …<br />

Würde man den hebräischen Text streng sinngemäß ins<br />

Deutsche übersetzen, müsste es heißen: »Ich will ihm<br />

eine Hilfe machen, die ihm vollwertig gegenübersteht,<br />

die ihm ganz entspricht.«<br />

24 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Y<br />

Da steht dasselbe hebräische Wort, wie wenn gesagt<br />

wird, »unsere Hilfe ist im Namen des Herrn.« Das ist<br />

etwas Göttliches, also die Frau steht an einer prominenten<br />

Stelle. Eine Unterordnung der Frau kann man an<br />

dieser Stelle nicht sehen. Das ist für die damalige Zeit<br />

sehr überraschend. Wenn man so einmal vorgeht, dann<br />

sieht man, dass hier schon etwa 500 Jahre vor Christus<br />

eine überraschende Perspektive aufgezeigt wird.<br />

Diese Geschichte ist Gottes Wort – im Wort damaliger<br />

Menschen. Zweifellos spiegeln sich in ihr noch die<br />

patriarchalischen Vorstellungen der damaligen Zeit, die<br />

für uns heute nicht mehr maßgeblich sein können.<br />

Doch wäre es ein Jammer, würden wir nur auf diese<br />

Grenze der Geschichte sehen und dadurch an ihrer<br />

wunderbaren Botschaft schlicht vorbeihören.<br />

Die Erzählung beginnt ja damit, dass Gott sich Gedanken<br />

macht, ob der Mensch auch glücklich sei. So naiv<br />

die Geschichte vordergründig scheint – was für ein<br />

großartiges Gottesbild wird hier sichtbar! Es ist der sorgende<br />

Gott, der möchte, dass Menschen miteinander ihr<br />

Glück finden, beieinander Geborgenheit finden. In dieser<br />

Perspektive auch die Fraternität sehen … Diese alte<br />

Erzählung versteht Liebe und Sexualität als Geschenk<br />

des Schöpfers an den Menschen, ein Geschenk des<br />

wohlwollenden Gottes, der um das Glück des Menschen<br />

besorgt ist.<br />

Wenn man so weit ist in der Szene, dann denkt man<br />

sehr schnell an Ihr Jahresthema »Hand in Hand auf<br />

dem Weg«; Hand in Hand auf dem Weg: darf man das<br />

von dieser Szene her auch so verstehen. Mann und Frau,<br />

Hand in Hand auf dem Weg?<br />

Ich finde diesen Text einen der hervorragenden Texte<br />

der Bibel, mit einem Lobpreis der Liebe, mit einer Hochschätzung<br />

der Sexualität. Hätte diese Hochschätzung<br />

stärker die Seelsorge der Kirche geprägt, vieles an Verbiegungen<br />

und Verklemmungen wäre uns erspart geblieben.<br />

<strong>Und</strong> dann schauen wir ins Evangelium: erster <strong>Auf</strong>tritt<br />

in einer Szene des 2. Aktes.<br />

Um anzuknüpfen an diese Geschichte von der Rippe,<br />

von der Liebe. Ja, die Liebe ist in Gefahr. Mit Liebe meine<br />

ich hier die erotische Liebe zwischen Mann und<br />

Frau. Es gibt ja noch andere Formen wie Freundschaft<br />

oder Zuneigung. Die Gefahr geht manchmal ironischerweise<br />

von dem extrem hohen Stellenwert aus, den Liebe<br />

bei uns genießt.<br />

Ein Blick zurück: Jahrtausendelang spielten romantische<br />

Gefühle in Partnerschaften kaum eine Rolle. Es<br />

ging vor allem um Geld, gesunde Nachkommen und<br />

tausend anderer Dinge, die uns heute vielleicht sogar<br />

verdächtig vorkommen. Das änderte sich mit Beginn<br />

der Romantik im 19. Jahrhundert. Die Verliebtheit entwickelte<br />

sich zum entscheidenden Kriterium.<br />

In der Liebe sind wir nun wirklich mit Gott verbunden.<br />

Aber so nah wir auch Gott in der Liebe sind: Unsere Gefühle<br />

sind nicht selbst Gott. Die Krise der erotischen<br />

Liebe heute hat nichts damit zu tun, dass wir den geliebten<br />

Menschen vergöttern. Wir bemerken ziemlich<br />

rasch seine Fehler und Macken. Das Problem ist manchmal,<br />

dass wir die Liebe zu dem anderen selbst vergöttern<br />

und sie mit Gott verwechseln.<br />

Denn Gefühle können sehr wankelmütig sein. Heute<br />

noch verliebt, weiß man morgen schon nicht mehr, was<br />

am anderen so besonders war. Die Liebe verspricht viel<br />

und hält wenig. Vergöttern wir unsere Gefühle, fahren<br />

sie Achterbahn mit uns.<br />

Was wir brauchen ist die Hilfe der Gottes- und Nächstenliebe.<br />

Die Liebe zu Gott und den Nächsten, und die<br />

Liebe Gottes zu uns hilft, den anderen auch im Wechselbad<br />

der Gefühle zu ertragen. Hand in Hand auf dem<br />

Weg meint auch, sich gegenseitig ertragen können…<br />

Ich glaube, das darf man einfach auch sagen, dass unsere<br />

menschliche Liebe nicht der verwechselte Gott wird.<br />

Wir müssen wissen: wir sind Menschen, wir sind nicht<br />

Gott.<br />

Das ist m. E. auch ein Hintergrund der Frage nach Inklusion.<br />

In einem Heft fand ich das sehr schön ausgedrückt: Inklusion<br />

ist … wenn Menschen einfach Menschen sind.<br />

(Hier wurde ein Bild kurz gezeigt.)<br />

Der Begriff Inklusion meint ja: Menschen mit Behinderungen<br />

haben nicht teil an der Gesellschaft, sondern<br />

sind Teil der Gesellschaft. Zwischen den Lebenswelten<br />

von Menschen mit und ohne Behinderung gibt es, wie<br />

man das so sagt, keine Schnittmenge mehr, sondern<br />

beide Gruppen leben als Individuen ein und denselben<br />

Kreis.<br />

So verstanden ist Inklusion dann ein Weg, der unserem<br />

christlichen Welt- und Menschenbild entspricht. Jeder<br />

Mensch ist von Grund auf ein unendlich wertvoller Teil<br />

von Gottes Schöpfung. <strong>Und</strong> jeder trägt auf seine Weise,<br />

mit seinen Talenten und Fähigkeiten, aber genauso auch<br />

mit seinen Ecken und Kanten dazu bei, dass das Werk<br />

Gottes ein vollständiges ist. <strong>Und</strong> dieses Werk ist nicht<br />

glatt, nicht reibungslos. Es steckt vielmehr voller Spannung,<br />

voller scheinbarer Widersprüche, voller Herausforderungen.<br />

<strong>Und</strong> der Status jedes Menschen, ein wertvoller<br />

Bestandteil von Gottes Schöpfung zu sein, kann<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 25


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

und muss nicht erarbeitet werden. Er ist nicht käuflich,<br />

er ist nicht vererbt. Er ist einfach da, von Anfang an.<br />

<strong>Und</strong> genauso ist doch jeder Mensch nur aufgrund seines<br />

Menschseins ein notwendiges Mitglied der Gesellschaft,<br />

in die er hineingeboren wird oder in die sein<br />

persönlicher Lebensweg ihn führt.<br />

So ist die Vision einer Gesellschaft, in deren Mitte sich<br />

alle Menschen einbringen und verwirklichen können,<br />

sinnvoll und erstrebenswert.<br />

Das ist eine Perspektive Ihres Jahresthemas: Hand in<br />

Hand auf dem Weg:<br />

Hand in Hand auf dem Weg. Dieses Motto führt noch<br />

weiter: »Das Unerhörte, in Gottes Hand zu sein!«<br />

Wer möchte so etwas von sich behaupten? Wüsste man<br />

es nicht, man würde es kaum vermuten: Dieses Wort<br />

stammt nicht aus dem Mund eines Predigers oder eines<br />

Mönches. Der damalige Generalsekretär der Vereinten<br />

Nationen, Dag Hammarskjöld, hat es, als er gerade sein<br />

politisches Amt 1954 angetreten hatte, in sein Tagebuch<br />

notiert: »Das Unerhörte, in Gottes Hand zu sein.«<br />

Da wundert sich also ein Weltmann darüber, dass es einen<br />

tragenden Grund gibt. Unerhört nennt er diese Entdeckung.<br />

Sie ist ihm alles andere als selbstverständlich.<br />

Da bezeugt also jemand, dass er inmitten des schwankenden<br />

<strong>Auf</strong> und Ab der großen Weltpolitik und der<br />

tausend persönlichen Ungereimtheiten des Lebens mit<br />

all seinen Behinderungen dennoch wie in guten Händen<br />

aufgehoben ist. Da hat jemand die innerste Gewissheit,<br />

dass er als Mensch trotz allem Hin- und Hergeworfenseins,<br />

trotz vieler Dunkelheiten, gehalten ist von<br />

einer größeren Hand. <strong>Und</strong> diese Gewissheit kann ihm<br />

nichts und niemand nehmen.<br />

Natürlich, wer so etwas behauptet, muss sich Fragen gefallen<br />

lassen: <strong>Steh</strong>t diesem Satz nicht Lebenserfahrung<br />

entgegen? Was hält uns denn, wenn wir uns nicht selber<br />

halten? Was trägt uns, wenn nicht doch unsere eigene<br />

Tüchtigkeit bei aller Behinderung, die Anerkennung,<br />

die wir uns dadurch erwerben? Haben wir nicht unser<br />

Geschick in die eigenen Hände genommen? <strong>Und</strong> das ist<br />

gut so, und Sie tun es hier in Ihrer Gemeinschaft, in der<br />

Fraternität.<br />

Was aber, wenn das alles eines Tages nicht mehr trägt?<br />

Was trägt uns dann, wenn wir uns selber überhaupt<br />

nicht mehr tragen können? Wenn wir den Eindruck haben,<br />

dass uns das Leben völlig aus der Hand gleitet?<br />

<strong>Und</strong> nun macht das gesamte Evangelium zeichenhaft<br />

dies deutlich: In unserem Leben und in all dem, was uns<br />

vorgegeben und mitgegeben ist, was uns manchmal eben<br />

zutiefst bedroht, da kommt zuinnerst auch ein Freund<br />

auf uns zu, der uns die Hand reicht. Er sucht nicht einfach<br />

etwas von uns, sondern uns selbst. Es geht ihm nicht<br />

darum, dass wir dieses oder jenes tun, sondern darum,<br />

dass wir das Leben in Fülle haben. <strong>Und</strong> dass er gleichsam<br />

das mit seiner Hand uns geben möchte.<br />

Wenn er, Christus, zuletzt und schließlich jener ist, der<br />

das Gefährt unseres Lebens steuert, der sozusagen das<br />

Gefährt unseres Lebens mit in die Hand nimmt, mit seiner<br />

guten Hand, dann dürfen wir diesem Leben trauen.<br />

Denn er hat unser Leben bis in seinen letzten Punkt gelebt.<br />

Er ist gescheitert und hat es dann noch einmal<br />

ganz neu öffnen dürfen. Er trägt als <strong>Auf</strong>erstandener immer<br />

die Wundmale, die Zeichen des absoluten Nichts.<br />

In der Hand Jesu sind wir in guten Händen. Es sind<br />

österliche Hände, es sind die Hände des <strong>Auf</strong>erstandenen.<br />

<strong>Und</strong> Ostern sagt: Wir sind davon geprägt, welche<br />

Zukunft wir haben, nicht nur von unserer Vergangenheit.<br />

Ein Mensch, dessen Leben nicht endgültig durch<br />

den Tod in Frage gestellt wird, hat Zukunft. Ganz<br />

gleich, ob er im Leben erfolgreich war oder gescheitert<br />

ist, ob er mächtig oder politisch ein Nichts war, ob er<br />

behindert oder nicht behindert ist, gesund oder krank,<br />

ob er viele oder gar keine Nachkommen hat. Die Osterbotschaft<br />

bestimmt den Menschen, jeden Menschen<br />

durch seine Zukunft, die er in Gott hat. Das ist die Inklusion<br />

von Erde und Himmel.<br />

<strong>Und</strong> damit ist jedes Lächeln, jeder hilfreiche Handgriff,<br />

jede mitmenschliche helfende Tat, die erscheint dann<br />

im Licht der Zukunft und hat insofern einen ganz anderen<br />

Stellenwert, als wenn der Tod sein vernichtendes<br />

Aus darüber ausgesprochen hätte.<br />

Aus dieser guten Hand Jesu, aus dieser österlichen<br />

Hand, das wünsche ich Ihnen, möge diese Fraternität<br />

weiter tätig sein und leben und Hand in Hand auf dem<br />

Weg sein. Ja, das ist das Stück, das Sie spielen. <strong>Und</strong> das<br />

ist für unsere Gesellschaft und für unser Zusammenleben,<br />

das ist für die ganze Kirche enorm wichtig. Dafür<br />

gebührt Ihnen große Anerkennung und Dank, Dank<br />

besonders auch von Seiten der Bischofskonferenz.<br />

Gott segne Sie. Amen.<br />

Weihbischof Dieter Geerlings, Münster<br />

Vorsitzender der Katholischen Arbeitsgemeinschaft<br />

Migration (KAM) und stellvertretender<br />

Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen<br />

Bischofskonferenz<br />

<br />

26 STEH AUF UND GEH 4/2012


MITEINANDER UNTERWEGS – BUNDESFRATERNITÄT<br />

Y<br />

Gedanken des Bundesseelsorgers<br />

Geschenk Gottes an uns<br />

iebe Freunde der Fraternität,<br />

L liebe Schwestern und Brüder,<br />

in einer Familie ereignete sich zufällig Folgendes: Ein<br />

Kind, ein kleiner Junge befand sich zuhause »auf Entdeckungsreise«<br />

und kramte in alten Schachteln und Kisten<br />

in der Dachkammer. Da fand er einen alten, zerknitterten<br />

Stern aus Silberpapier. <strong>Auf</strong>geregt kam er zur<br />

Mutter gelaufen: »Was ist das denn, Mutter?« »Es ist ein<br />

Weihnachtsstern!« »Was ist denn ein Weihnachtsstern?«<br />

fragt das Kind weiter. »Etwas von früher, von einem<br />

Fest.« »Was war das für ein Fest, Mutter?« Der kleine<br />

Junge wurde immer neugieriger und wollte noch mehr<br />

wissen. »Ach, das Fest war langweilig«, bemerkte die<br />

Mutter und wollte das Kind schnell ablenken. Aber der<br />

Junge blieb beharrlich und es interessierte ihn, was das<br />

für ein Fest war – und was für ein Stern.<br />

»Man stellte sich um einen Baum mit Lichtern und<br />

sang Lieder oder sie kamen aus dem Fernseher und dann<br />

gab es ein paar nette Geschenke für jeden und das Beste<br />

war das Essen, auf das wir alle viel zu lange warten mussten.«<br />

»<strong>Und</strong> was war mit dem Stern?« »Der war oben auf<br />

dem Lichterbaum. Man hat sich Geschichten von dem<br />

kleinen Jesus erzählt. <strong>Und</strong> der Stern soll armen Hirten<br />

und auch Königen und anderen Leuten den Weg gezeigt<br />

haben zur Krippe von dem kleinen Jesus.« »Wer ist denn<br />

dieser kleine Jesus? Erzähl mir mehr davon!« »Das mach<br />

ich ein andermal. Wirf jetzt den alten Stern weg! Schau<br />

mal, wie alt und zerknittert er schon ist. Wirf ihn weg!«<br />

Da sagt der kleine Junge ganz ruhig und nachdenklich:<br />

»Er leuchtet aber immer noch und hat auch immer noch<br />

seinen Glanz.« Die Mutter war schon wieder weg. »Ich<br />

will ihn aber aufheben und nicht wegwerfen. Vielleicht<br />

hilft er mir noch…«, meinte der Junge zu sich selber. …<br />

Später hat sich der Junge dafür interessiert, wer denn<br />

dieses Kind mit Namen »Jesus« war, weil er diesem Namen<br />

wieder irgendwo begegnet ist. <strong>Und</strong> er hat dann<br />

auch von Jesu Taten und Worten erfahren, von seinem<br />

Evangelium, seinen Wundern, von seiner Hinrichtung<br />

am Kreuz und von seiner <strong>Auf</strong>erstehung. Ob er sich<br />

dann aber auch wirklich für ihn entschieden hat, bleibt<br />

zu hoffen. Haben wir uns denn für Ihn entschieden?<br />

Für Jesus, den Herrn und Heiland unseres Lebens? Das<br />

bleibt auch immer sehr zu hoffen.<br />

Weihnachten ist ein Fest der Gemütlichkeit und der<br />

familiären Geborgenheit – sollte aber immer auch ein<br />

Fest sein, das nachdenklich macht, so wie das Kind<br />

durch den alten Silberstern nachdenklich gemacht wurde.<br />

Die Weihnachtszeit dient zum Ausruhen, Feiern und<br />

Essen miteinander. Wir verbringen Zeit zusammen mit<br />

unseren Familien und Freunden und genießen den Frieden,<br />

den wir haben. Das ist alles wichtig, macht aber allein<br />

den Wert und die Botschaft von Weihnachten noch<br />

nicht aus. Weihnachten bedeutet, von Jesus her gesehen,<br />

dass Gott gegenwärtig wird in unserem ganz alltäglichen<br />

und persönlichen Leben. In Ihm ist die Gegenwart<br />

da und Vergangenheit und Zukunft fallen in eins. In<br />

dieser persönlichen und lebendigen Gegenwart Gottes<br />

wird das aufgewertet, was wir abgewertet haben, wird<br />

das gerettet, was wir für verloren glaubten, wird das hineingenommen,<br />

was wir geringschätzig ausgeklammert<br />

und ausgeschlossen haben. Haben wir über uns oder<br />

andere eine negative Verurteilung ausgesprochen oder<br />

ausgedacht, wird diese wieder rückgängig gemacht und<br />

gelöscht. Es wird eine neue Chance geboten.<br />

Können wir das Geschenk, das Gott uns macht, auspacken<br />

und annehmen? Oder haben wir es – wie den<br />

alten, silbernen Stern – wieder verschwinden lassen in<br />

irgendeiner Klamottenkiste unseres Lebens?<br />

Das Geschenk Gottes an uns ist Jesus, der gesagt hat:<br />

»Ich aber bin unter euch, wie der, der bedient.« (Lk 22,27) In<br />

der Zeit vor Weihnachten singen wir manchmal das<br />

Lied von Jochen Klepper »Die Nacht ist vorgedrungen, der<br />

Tag ist nicht mehr fern«, im Gotteslob Nr. 111. Da heißt es<br />

in der zweiten Strophe:<br />

Dem alle Engel dienen, wird nun ein Kind und Knecht.<br />

Gott selber ist erschienen zur Sühne für sein Recht.<br />

Wer schuldig ist auf Erden, verhüll nicht mehr sein Haupt.<br />

Er soll errettet werden, wenn er dem Kinde glaubt.<br />

In diesem Sinn darf ich meinen Wunsch zu Weihnachten<br />

aussprechen: Möge die Gnade Gottes mit Euch sein<br />

und der Friede Gottes Euch begleiten!<br />

Möge die Liebe Gottes unser Leben leiten,<br />

heute und für alle Zeiten!<br />

In herzlicher Verbundenheit<br />

Ihr<br />

Franz Hilfenhaus, Pfarrer<br />

Bundesseelsorger der <strong>fraternität</strong> <strong>Deutschland</strong><br />

<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 27


Z<br />

MITEINANDER UNTERWEGS – FRATERNITÄT WELTWEIT<br />

Aus der Welt<strong>fraternität</strong><br />

Kernequipe besuchte asiatische Fraternitäten<br />

ährend ihrer Asienreise im April 2012 statteten Dolors<br />

W Vazquez, die Koordinatorin der Interkontinentalen Fraternitätsbewegung,<br />

und Albert Arrufat, der Interkontinentale<br />

Seelsorger, begleitet von Alicia Cuacala, verschiedenen Fraternitäten<br />

auf diesem Kontinent einen Besuch ab.<br />

In China trafen sie sich während ihres <strong>Auf</strong>enthaltes<br />

(10.–13. April) mit einer Fraternitätsgruppe in Tientsin,<br />

ca. 150 km von Peking entfernt. In Taiwan (13.–19. April)<br />

wurden Erfahrungen mit einer Gruppe aus Taipeh und<br />

einer weiteren Gruppe aus dem Inneren des Landes<br />

ausgetauscht. <strong>Und</strong> in Vietnam (19.–25. April) besuchten<br />

sie mehrere Fraternitätsgruppen sowie auch andere Verbände,<br />

die in Ho Chi Minh Stadt, dem früheren Saigon,<br />

aktiv sind.<br />

Die Kernequipe folgte mit dieser Reise dem <strong>Auf</strong>trag des<br />

Weltkongresses (Interkontinentalen Komitees) 2010, die<br />

Fraternitätsarbeit in Asien zu fördern.<br />

Quelle: Brief an die Nationen Nr. 21 vom 21. Mai 2012;<br />

siehe auch www.fratinter.org<br />

<br />

Aus der Pressemitteilung der Kernequipe zum Interkontinentalen Tag der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember 2012<br />

veröffentlichen wir nachfolgend einige Auszüge:<br />

Altbekannte Hindernisse, tägliche Schwierigkeiten, neue Ziele<br />

ie Interkontinentale Fraternität möchte sich, als Teil<br />

D des Kollektivs, das unzähligen Hürden aufgrund<br />

körperlicher und kommunikativer Beeinträchtigungen<br />

gegenübersteht, erneut zum Interkontinentalen Tag der<br />

Menschen mit Behinderung ihre geistige Einstellung<br />

und ihre Erfahrung einbringen.<br />

Zuerst fordern wir Euch auf, über das von der UNO<br />

vorgeschlagene Thema nachzudenken:<br />

»Hürden überwinden, um eine Gesellschaft zu erschaffen,<br />

die alle Menschen mit einbezieht und zu der jedermann<br />

Zugang hat.«<br />

Viel zu lange schon, leider auch noch heute, wird weder<br />

akzeptiert noch anerkannt, dass jeder Mensch gewisse<br />

Fähigkeiten besitzt, die er entwickeln und einsetzen<br />

kann. <strong>Auf</strong> diese Weise entsteht eine Gesellschaft, die<br />

manche ihrer Mitglieder ausgrenzt und die behinderte<br />

Menschen im besten Falle als »auf die Hilfe anderer Angewiesene«<br />

betrachtet.<br />

Wir glauben daher, dass mit Überwindung dieser mentalitätsbedingten<br />

Hürden, mit denen wir heutzutage<br />

konfrontiert werden (sei es durch Selbstgefälligkeit,<br />

Mitleid oder sogar zum Schutz und aus übertriebener<br />

Bewunderung), alle weiteren Barrieren – ganz egal, ob<br />

körperliche und kommunikative Einschränkungen –<br />

leichter beseitigt werden können.<br />

Wir entscheiden uns für die Einbeziehung aller Menschen<br />

unter Berücksichtigung der Tatsache, dass alle<br />

Menschen unterschiedlich sind, indem wir ihre Fähigkeiten<br />

anerkennen und wertschätzen. Mit Hilfe des notwendigen<br />

menschlichen Einsatzes und der erforderlichen<br />

materiellen Mittel werden die Hindernisse auf allen<br />

Gebieten unseres Lebens überwunden.<br />

Abschließend möchten wir noch den Barrieren einen<br />

Gedanken schenken, die wir bereits überwunden haben<br />

und wofür wir danken.<br />

Wir möchten dazu aufrufen weiterhin gegen ein System<br />

anzukämpfen, das nicht alle Menschen mit einbezieht,<br />

sondern oft nur das Wohlergehen einiger Weniger fördert.<br />

<strong>Und</strong> zuletzt möchten wir Euch alle motivieren, Euch<br />

weiterhin für das Wohl unserer Fraternität und der gesamten<br />

Menschheit dort einzusetzen, wo Ihr Euch befindet.<br />

INTERKONTINENTALE KERNEQUIPE<br />

(Zusammenfassung: re)<br />

<br />

28 STEH AUF UND GEH 4/2012


AUS KIRCHE UND WELT<br />

Y<br />

Informationen aus Kirche, Gesellschaft und Politik<br />

»Jahr des Glaubens«<br />

Papst Benedikt XVI. hat am 16. Oktober 2011 aus Anlass<br />

des 50. Jahrestages der Konzilseröffnung ein »Jahr des<br />

Glaubens« ausgerufen. Er ermutigt dazu, »den Weg des<br />

Glaubens wiederzuentdecken, um die Freude und die<br />

erneuerte Begeisterung der Begegnung mit Christus<br />

immer deutlicher zutage treten zu lassen« und so der<br />

tiefen Glaubenskrise der modernen Gesellschaft entgegenzuwirken.<br />

Das »Jahr des Glaubens« beginnt am<br />

11. Oktober 2012, dem 50. Jahrestag der Eröffnung des<br />

Zweiten Vatikanischen Konzils, und endet am Christkönigssonntag,<br />

dem 24. November 2013.<br />

http://www.dbk.de/themen/jahr-des-glaubens/<br />

Behindertenbeauftragte von Bund und Ländern hoffen auf<br />

Nachbesserung der PID-Verordnung<br />

Das Bundeskabinett hat einen Entwurf der Rechtsverordnung<br />

zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik<br />

(PID) in seiner Sitzung am 14. November 2012 gebilligt.<br />

Die Beauftragten für die Belange behinderter Menschen<br />

der Länder und der Bundesbeauftragte, Hubert Hüppe,<br />

kritisieren diesen Entwurf der PID-Verordnung, da er<br />

einer faktischen Freigabe der Präimplantationsdiagnostik<br />

gleichkomme, und fordern eine entsprechende Veränderung<br />

der PID-Verordnung im Bundesrat.<br />

http://www.behindertenbeauftragter.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/<br />

DE/2012/PM37_NachbesserungPIDVerordnung_mh.html<br />

»Land zum Leben – Grund zur Hoffnung«<br />

Unter diesem Motto rufen die evangelischen Landesund<br />

Freikirchen zur 54. Aktion »Brot für die Welt« auf.<br />

In dieser Hilfsaktion wird auch 2012/2013 der Umgang<br />

mit landwirtschaftlichen Nutzflächen und Land-rechten<br />

thematisiert.<br />

www.brot-fuer-die-welt.de<br />

»Wohnen und Mobilität in der inklusiven Gesellschaft«<br />

Barrierefreiheit ist eine der zentralen Voraussetzungen,<br />

wenn es um die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen<br />

geht. Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert<br />

die umfassende Herstellung von Barrierefreiheit in<br />

allen Lebensbereichen, etwa beim Bauen und Wohnen,<br />

in Kommunikation und Information oder bei Verkehr<br />

<br />

<br />

<br />

und Mobilität. Die im Deutschen Behindertenrat zusammenarbeitenden<br />

Verbände wollen den internationalen<br />

Tag der Menschen mit Behinderungen nutzen, Barrierefreiheit<br />

im Bereich Wohnen und Verkehr ganz oben<br />

auf die Tagesordnung zu setzen.<br />

Studien zufolge leben derzeit 2,5 Millionen mobilitätseingeschränkte<br />

Menschen in Wohnungen, die erhebliche<br />

Barrieren aufweisen. Der Bedarf an barrierefreien<br />

Wohnungen wird zudem in den nächsten Jahren demografiebedingt<br />

weiter ansteigen. Die Politik bleibt bislang<br />

Antworten schuldig, wie bezahlbarer, barrierefreier<br />

Wohnraum in dem erforderlichen Umfang geschaffen<br />

werden kann.<br />

Für die Mobilität behinderter Menschen spielt der<br />

Bahnverkehr eine große Rolle. Für eine umfassende<br />

Barrierefreiheit der Bahnstationen müssen noch rund<br />

die Hälfte der insgesamt ca. 5.400 Stationen umgebaut<br />

werden. Der barrierefreie Umbau geht nur langsam voran.<br />

Auch sind die Servicezeiten der Bahn Gegenstand<br />

intensiver Diskussionen.<br />

<strong>Auf</strong> einer Fachveranstaltung am 3. Dezember 2012 in<br />

Berlin will der Deutsche Behindertenrat mit Verantwortungsträgern<br />

von Politik, Wohnungswirtschaft und<br />

Bahn ins Gespräch kommen, wie die Barrierefreiheit<br />

von Wohnungen und Verkehr vorangebracht werden<br />

kann. Abschließend werden die behindertenpolitischen<br />

Forderungen der im Deutschen Behindertenrat zusammenarbeitenden<br />

Verbände für die nächste Legislaturperiode<br />

vorgestellt.<br />

www.deutscher-behindertenrat.de<br />

»Selig sind, die Frieden stiften«<br />

Dieses Motto wurde von Papst Benedikt XVI. zur Feier<br />

des 46. Weltfriedenstages am 1. Januar 2013 gewählt.<br />

Die alljährliche Botschaft des Papstes will im schwierigen<br />

Kontext unserer Zeit eine <strong>Auf</strong>forderung an alle<br />

Menschen sein, die Verantwortung für den <strong>Auf</strong>bau des<br />

Friedens als persönliche <strong>Auf</strong>gabe aufzufassen.<br />

http://katholisch-informiert.ch/2012/07/<br />

botschaft-des-papstes-zum-weltfriedenstag-2013/<br />

»Selig sind, die Frieden stiften«<br />

Anlässlich des Weltfriedenstages am 1. Januar beten seit<br />

vielen Jahren katholische Verbände in <strong>Deutschland</strong> ge-<br />

<br />

<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 29


Z<br />

AUS KIRCHE UND WELT<br />

meinsam für den Frieden in der Welt. Die Gemeinsame<br />

Gebetsstunde zum 46. Weltfriedenstag findet am 11. Januar<br />

2013 statt. Wie in jedem Jahr hat die Redaktionsgruppe<br />

der tragenden Verbände eine praktische Arbeitshilfe<br />

mit eigenen Gedanken, Aktionen und Impulsen<br />

für das Friedensengagement in Gemeinden und Initiativen<br />

erarbeitet.<br />

Diese kann über das Jugendhaus Düsseldorf e. V., Carl-<br />

Mosterts-Platz 1, 40477 Düsseldorf, Tel. (02 11) 46 93-0,<br />

E-Mail: shop.jhd-gmbh.de/de/<br />

Selig-die-Frieden-stiften-Weltfriedenstag-2013 bezogen<br />

werden.<br />

<br />

Präsident des Päpstlichen Rates für die Pastoral im<br />

Krankenhaus, Erzbischof Zygmunt Zimowski, und<br />

etwa zwanzig Bischöfe aus Europa, die in den nationalen<br />

Bischofskonferenzen für die Krankenseelsorge verantwortlich<br />

sind, in den größten deutschen Wallfahrtsort<br />

kommen. Der zentralen Feier in Altötting am 11. Februar<br />

geht vom 7.–8. Februar eine wissenschaftliche<br />

Konferenz an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt<br />

voraus.<br />

http://www.bistum-passau.de/aktuelle-meldungen/12/5/2012/<br />

papst-benedikt-xvi-legt-fest-21-internationaler-krankentag-2013-altoett <br />

»Segen bringen, Segen sein!«<br />

Unter diesem Leitwort werden Anfang des kommenden<br />

Jahres die Sternsinger bei ihrer 55. Aktion Dreikönigssingen<br />

unterwegs zu den Menschen sein. Beispielland<br />

der Aktion 2013 ist Tansania, thematisch geht es um die<br />

Gesundheit und das Leben der Kinder in diesem ostafrikanischen<br />

Land. Zur Eröffnung der bundesweiten Aktion<br />

werden am 28. Dezember 2012 ca. 1 500 Sternsingerinnen<br />

und Sternsinger in Würzburg erwartet.<br />

www.sternsinger.org<br />

»Mit Gott gehen« Micha 6,6-8<br />

Vom 18. bis 25. Januar wird die Gebetswoche für die<br />

Einheit der Christen 2013 von verschiedenen christlichen<br />

Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften in aller<br />

Welt gemeinsam begangen. Diese Gebetswoche bildet<br />

für die weltweite ökumenische Bewegung ein wichtiges<br />

Band der geistlichen Gemeinschaft und Verbundenheit.<br />

<br />

»Ich war fremd – ihr habt mich aufgenommen«<br />

Der Weltgebetstag 2013 findet am Freitag, den 1. März,<br />

statt. Die Gottesdienstordnung wurde von Frauen aus<br />

Frankreich vorbereitet.<br />

Der Weltgebetstag ist eine weltweite Basisbewegung<br />

von christlichen Frauen. Jedes Jahr, immer am ersten<br />

Freitag im März, feiern Frauen, Männer, Kinder weltweit<br />

den Weltgebetstag (WGT). Der Gottesdienst wird<br />

jedes Jahr von Frauen aus einem anderen Land vorbereitet.<br />

Diese Frauen sind Mitglieder in unterschiedlichen<br />

christlichen Kirchen. In unzähligen Gemeinden in<br />

ganz <strong>Deutschland</strong> organisieren und gestalten Frauen<br />

den Weltgebetstag. Auch sie arbeiten in ökumenischen<br />

Teams zusammen. Weltgebetstag – das ist gelebte Ökumene!<br />

Weltgebetstags-Engagierte übernehmen Verantwortung.<br />

Weltweit und vor ihrer Haustür. Ganz nach<br />

dem Motto des Weltgebetstags: »Informiert Beten – Betend<br />

Handeln« (»Informed Prayer – Prayerful Action«).<br />

www.weltgebetstag.de<br />

<br />

www.oikoumene.org<br />

<br />

»Wir haben den Hunger satt!«<br />

»<strong>Geh</strong> und handle genauso«<br />

Am 11. Februar 2013, dem Hochfest Unserer Lieben Frau<br />

von Lourdes, begeht die Katholische Kirche zum 21.<br />

Mal den Welttag der Kranken. An diesem Tag gedenkt<br />

sie weltweit der leidenden, alten und behinderten Menschen<br />

sowie all jener Personen, die sich in Kliniken,<br />

Heimen und Einrichtungen um diese sorgen.<br />

Der Welttag der Kranken wurde 1993 von Papst Johannes<br />

Paul II. eingerichtet. Neben einem Gottesdienst im<br />

Petersdom finden die zentralen Veranstaltungen zu diesem<br />

Tag stets in einem anderen Land statt. Für den<br />

21. Welttag der Kranken wurde auf Wunsch des Papstes<br />

Altötting ausgewählt. Aus diesem Anlass werden der<br />

So lautet das Leitwort, unter dem die 55. MISEREOR-<br />

Fastenaktion steht, die am 17. Februar 2013 in Aachen<br />

bundesweit eröffnet wird. Wie die Beispiele aus Niger,<br />

Bangladesh und Paraguay zeigen, gibt es ganz unterschiedliche<br />

Ursachen für die Entstehung von Hunger<br />

und dessen Bekämpfung. MISEREOR wendet sich mit<br />

seiner 55. Fastenaktion einem der drängendsten Probleme<br />

der Weltbevölkerung zu, denn jeder sechste Mensch<br />

auf der Welt ist von Hunger bedroht.<br />

Am MISEREOR-Fastensonntag, dem 16./17. März 2013,<br />

findet in allen katholischen Kirchen <strong>Deutschland</strong>s die<br />

Kollekte zur Unterstützung der Arbeit des Bischöflichen<br />

Hilfswerks MISEREOR statt.<br />

www.misereor.de<br />

<br />

30 STEH AUF UND GEH 4/2012


Vorschau<br />

abm – arbeitsgemeinschaft<br />

behinderung<br />

und medien e. V.<br />

Bonner Platz 1 / V – 80803 München<br />

Telefon: (089) 30 79 92-0<br />

Telefax: (089) 30 79 92-22<br />

E-Mail: info@abm-medien.de<br />

Besuchen Sie unser Internetangebot:<br />

www.abm-medien.de<br />

Sie finden dort u. a.:<br />

• Die Programmvorschau der nächsten Monate<br />

• Fernsehsendungen mit Behindertenthemen der<br />

laufenden Woche<br />

• Eine Datenbank mit über 2 000 Filmen zu<br />

Behindertenthemen<br />

»Normal« – Behindertenmagazin<br />

VORSCHAU<br />

Sender: Sport 1<br />

Sendezeiten: • samstags 11:15 Uhr<br />

• Wiederholung montags 11:00 Uhr<br />

»Challenge« – Reportagen aus dem<br />

Behindertenbereich<br />

Sender: Kabel 1<br />

Sendezeit: Jeden 1. Samstag im Monat 10:30 Uhr<br />

»Aus anderer Sicht« – Porträts von<br />

Menschen mit einer Behinderung<br />

Sender: 3sat<br />

Sendezeit: Jeden 1. Freitag im Monat 11:30 Uhr<br />

Y<br />

<br />

<br />

<br />

Sonntagsgottesdienste im ZDF<br />

Sendezeit: 9.30 – 10.15 Uhr –<br />

sofern nicht anders angegeben<br />

(E) steht für Evangelischer Gottesdienst<br />

(K) steht für Katholischer Gottesdienst<br />

(Ö) steht für Ökumenischer Gottesdienst<br />

02.12.2012 (K) Oelde<br />

09.12.2012 (E) Meldorf, Meldorfer Dom<br />

16.12.2012 (K) Bochum-Wattenscheid<br />

23.12.2012 (E) Siegen, Nikolaikirche<br />

24.12.2012 (E) Basthorst, Evangelische Kirche<br />

25.12.2012 (K) Seitenstetten<br />

30.12.2012 (E) Wiesbaden, Bergkirche <br />

Veranstaltungshinweise<br />

02.12. »Land zum Leben – Grund zur Hoffnung« –<br />

54. Aktion »Brot für die Welt«,<br />

Infos: www.brot-fuer-die-welt.de<br />

03.12. »Wohnen und Mobilität in der inklusiven<br />

Gesellschaft« – Fachveranstaltung des Deutschen<br />

Behindertenrates in Berlin, siehe unter:<br />

www.deutscher-behindertenrat.de<br />

03.12. Menschenrechte, Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit<br />

– Fortbildungsseminar von<br />

Behinderung und Entwicklungszusammenarbeit e.V.<br />

(bezev), Bonn, Infos und Anmeldung: www.bezev.de<br />

14.–27.12. »Weihnachten bewusst erleben –<br />

mit Freunden feiern!« – Weihnachtsfreizeit im<br />

Caritashaus St. Elisabeth, Altötting.<br />

Infos unter: www.hausmitherz.de und Anmeldung per<br />

Tel. (0 86 71) 95 77 08-0 oder<br />

per E-Mail: caritas-st.elisabeth@t-online.de<br />

28.12. »Segen bringen, Segen sein!« –<br />

Eröffnung der 55. Aktion Dreikönigssingen in<br />

Würzburg, Infos: www.sternsinger.org<br />

01.01. »Selig sind, die Frieden stiften« –<br />

Weltfriedenstag 2013,<br />

Infos: http://katholisch-informiert.ch/2012/07/<br />

botschaft-des-papstes-zum-weltfriedenstag-2013/<br />

11.01. »Selig sind, die Frieden stiften« – dezentrale<br />

Gebetsstunde katholischer Verbände zum 46. Weltfriedenstag,<br />

Infos: Jugendhaus Düsseldorf e.V.,<br />

Carl-Mosterts-Platz 1, 40477 Düsseldorf,<br />

Tel. (02 11) 46 93-0, E-Mail: shop.jhd-gmbh.de/de/<br />

Selig-die-Frieden-stiften-Weltfriedenstag-2013<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 31


Z<br />

VORSCHAU<br />

18.–25.01. »Mit Gott gehen« Micha 6,6-8 –<br />

Gebetswoche für die Einheit der Christen;<br />

Infos: www-oikoumene.org<br />

11.02. »<strong>Geh</strong> und handle genauso« –<br />

XXI. Weltgebetstag der Kranken in Altötting,<br />

siehe http://www.bistum-passau.de/<br />

aktuelle-meldungen/12/5/2012/<br />

papst-benedikt-xvi-legt-fest-21-internationalerkrankentag-2013-altoett<br />

17.02. »Wir haben den Hunger satt!« – Eröffnung<br />

der bundesweiten 55. MISEREOR-Fastenaktion 2013<br />

in Aachen, siehe www.misereor.de<br />

01.03. »Ich war fremd – Ihr habt mich aufgenommen«<br />

– Weltgebetstag der Frauen 2013,<br />

siehe www.weltgebetstag.de<br />

16./17.03. »Wir haben den Hunger satt!« –<br />

MISEREOR-Fastensonntag 2013,<br />

siehe www.misereor.de<br />

<br />

Wir beten mit Papst Benedikt XVI.<br />

(1 = allgemeine Gebetsmeinung, 2 = Missions-Gebetsmeinung)<br />

DEZEMBER 2012<br />

1. Dass Zuwanderer in aller Welt, vor allem in christlichen<br />

Gemeinden großherzig und mit authentischer<br />

Liebe aufgenommen werden.<br />

2. Dass Christus sich der ganzen Menschheit in jenem<br />

Licht offenbart, dass von Bethlehem ausstrahlt und<br />

sich auf dem Antlitz seiner Kirche widerspiegelt.<br />

JANUAR 2013<br />

1. Für einen tieferen Einblick in die <strong>Geh</strong>eimnisse<br />

Christi und wachsende Glaubensfreude durch das<br />

»Jahr des Glaubens«.<br />

2. Für die Christen im Nahen Osten: Der Heilige Geist<br />

schenke ihnen in der Verfolgung Glaubenskraft und<br />

Durchhaltevermögen.<br />

FEBRUAR 2013<br />

1. Für die Migrantenfamilien: besonders den Müttern<br />

werde Unterstützung zuteil.<br />

2. Für alle in Kriege verwickelten Menschen: um eine<br />

friedvolle Zukunft.<br />

MÄRZ 2013<br />

1. Um Respekt vor der Schöpfung, die uns als Geschenk<br />

Gottes überantwortet ist.<br />

2. Für die Bischöfe, Priester und Diakone: Lass sie<br />

nicht müde werden, das Evangelium überall zu verkünden.<br />

Quelle: Dezember 2012: 1/2/2011 Fidesdienst – www.fides.org<br />

Januar–März 2013: www.ordinariat-freiburg.de –<br />

Amtsblatt 29/2012<br />

<br />

IMPRESSUM »<strong>Steh</strong> <strong>Auf</strong> <strong>Und</strong> <strong>Geh</strong>«<br />

FORUM – <strong>fraternität</strong><br />

der Menschen mit Behinderung in <strong>Deutschland</strong><br />

13. Jg. Nr. 4/2012<br />

Herausgeber:<br />

Bundesleitungsteam (BLT) der <strong>fraternität</strong> der<br />

Menschen mit Behinderung in <strong>Deutschland</strong><br />

c/o Stark, Peter-Lambert-Str. 4, 54292 Trier<br />

Telefon (06 51) 4 42 50<br />

Telefax (06 51) 27230<br />

Internet: www.fraternitaet.de<br />

E-Mail: bundesbuero@fraternitaet.de<br />

Redaktion:<br />

Regina Rüppel (re), Tel. (0 51 21) 5 30 88<br />

Christine Osafo (co), Tel. (06 61) 5 91 51<br />

Fred Kopps (fk), Tel. (05 11) 66 06 42<br />

Hildegard Stark (hs), Tel. (06 51) 2 72 02<br />

Freier Mitarbeiter:<br />

Dipl.rel.päd. Bernd F. Schwanke (bs)<br />

Redaktionsanschrift:<br />

»STEH AUF UND GEH«-Redaktion<br />

Regina Rüppel<br />

Goethestr. 64, 31135 Hildesheim<br />

Tel. (05121) 53088<br />

Fax (05121) 703784<br />

E-Mail: forum-redaktion@fraternitaet.de<br />

Hinweis:<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

in jedem Fall die Meinung des Herausgebers bzw. der<br />

Redaktion wieder.<br />

Wir bitten um Ihr Verständnis für ggf. erforderliche<br />

redaktionelle Überarbeitungen und evtl. Kürzungen<br />

Bei Nachdruck – auch auszugsweise – bitte vorher<br />

Einverständnis einholen.<br />

Layout: Günter Vanecek<br />

Techn. Realisation: Andreas Ziegelmayer<br />

Druck: repaDruck, Zum Gerlen 6, 66131 Saarbrücken<br />

<strong>Auf</strong>lage: 3 000<br />

Erscheinungsweise: 4 × jährlich<br />

Das FORUM »<strong>Steh</strong> <strong>Auf</strong> und <strong>Geh</strong>« wird ausschließlich<br />

durch Spenden und Zuschüsse finanziert.<br />

Redaktionsschluss<br />

»STEH AUF UND GEH« 1/2013:<br />

25. Januar 2013<br />

Bankverbindung:<br />

PAX-BANK e.G. Trier: Bundeskonto der <strong>fraternität</strong><br />

Konto: 3 007 611 012, BLZ: 370 601 93<br />

Spendenkonto »STEH AUF UND GEH«<br />

Konto: 3 006 766 012, BLZ: 370 601 93<br />

Alle Spenden sind steuerabzugsfähig. Eine Spendenbescheinigung<br />

wird ohne <strong>Auf</strong>forderung zugesandt. <br />

32 STEH AUF UND GEH 4/2012


Wer findet die Lösung?<br />

Schneeflocken-Addition<br />

GEISTIG FIT<br />

Y<br />

ier wirbeln verschiedene Schneeflocken durch die Luft. Jede davon stellt einen bestimmten Wert dar.<br />

H Prägen Sie sich die drei Typen und die dazugehörige Zahl gut ein.<br />

Decken Sie dann diese drei Flocken mit einem Blatt zu.<br />

Addieren Sie die Werte der Flocken und zwar zeilenweise so, wie sie der Reihe nach liegen.<br />

Wenn Ihnen diese <strong>Auf</strong>gabe zu schwierig ist, dürfen Sie zuerst alle Werte unter die einzelnen Flocken schreiben und<br />

danach die Zahlen aufaddieren.<br />

<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 33


Z<br />

GEISTIG FIT<br />

Platzkontrolle<br />

etrachten Sie die verschiedenen Christbaumkugeln. Immer wenn Sie drei gleiche Kugeln so angeordnet wie im<br />

B Beispiel finden, dann verbinden Sie diese entsprechend.<br />

<br />

34 STEH AUF UND GEH 4/2012


GEISTIG FIT<br />

Y<br />

Frohe Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr …<br />

wünschen wir Ihnen hier in mehreren Sprachen. Unterstreichen Sie möglichst rasch die Ländernamen zwischen<br />

den einzelnen Wünschen und …<br />

… bleiben sie vor allen Dingen auch im kommenden Jahr GEISTIG FIT!<br />

Quelle: Übungen für die grauen Zellen<br />

Um den Geist fit zu halten genügt eine kurze tägliche Aktivierung. Die GEISTIG FIT <strong>Auf</strong>gabensammlung 2012 bietet eine Auswahl an geprüften Übungen<br />

zum gezielten Training der grundlegenden mentalen Funktionen. 160 Seiten abwechslungsreiche Übungen mit dem Gütesiegel der Gesellschaft für<br />

<strong>Geh</strong>irntraining e. V., mehr Informationen zum MentalenAktivierungsTraining und zur Zeitschrift GEISTIG FIT unter www.gfg-online.de.<br />

Friederike Sturm: GEISTIG FIT <strong>Auf</strong>gabensammlung 2012<br />

160 Seiten; ISBN: 978-3-88562-114-0, 16.95 Euro, Vless Verlag 2012, 85552 Ebersberg, www.gehirnjogger-zentrale.de<br />

Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung.<br />

Die Lösungen zu diesen <strong>Auf</strong>gaben finden Sie auf dieser Seite unten.<br />

<br />

<br />

Lösungen zu Geistig Fit von Seite 33–35<br />

Schneeflocken-Addition<br />

Die Gesamtsumme aller Flocken ist 93 <br />

Platzkontrolle<br />

10 mal mit<br />

dem Beispiel <br />

Frohe Weihnachten und ein Gutes Neues Jahr<br />

14 Länder: Brasilien – Island – Niederlande –<br />

Albanien – Portugal – England – Italien – Türkei<br />

– Schweden – Korea – Indien – Griechenland –<br />

Thailand – Irland <br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 35


Z<br />

»GEH«-HILFEN<br />

» In der Dunkelheit leuchtet<br />

uns auf ein Licht …«<br />

Die vier Kerzen<br />

ier Kerzen brennen am Adventskranz. Wenn du<br />

V ganz leise bist, kannst du hören, wie sie sprechen:<br />

Die erste Kerze sagt: »Ich bin der Frieden. Niemand<br />

kann mein Licht erhalten. Ich glaube, ich werde ausgehen.«<br />

Ihre Flamme wurde kleiner und kleiner, dann<br />

verlosch sie ganz.<br />

Die zweite Kerze sagte: »Ich bin das Vertrauen. Ich bin<br />

am verletzlichsten, und so macht es keinen Sinn, dass<br />

ich weiter brenne.« Nachdem sie gesprochen hatte, wehte<br />

ein sanfter Hauch zu ihr und sie erlosch.<br />

Leise sprach die dritte Kerze auf ihre Weise: »Ich bin die<br />

Liebe! Ich habe keine Kraft mehr. Die Menschen schieben<br />

mich beiseite und begreifen nicht, wie wichtig ich<br />

bin. Sie vergessen sogar, die zu lieben, die ihnen am<br />

nächsten stehen.« <strong>Und</strong> dann erlosch auch sie …<br />

Ein Kind betritt den Raum sieht, dass drei Kerzen ausgegangen<br />

sind. »Oh, warum brennt ihr nicht mehr?«<br />

Das Kind wurde sehr traurig.<br />

Da sprach die vierte Kerze: »Hab keine Angst, solange<br />

ich brenne, können wir die anderen wieder anzünden.<br />

Ich bin die Zuversicht.«<br />

Mit leuchtenden Augen nahm das Kind die Kerze der<br />

Zuversicht und zündete die anderen wieder an.<br />

Quellen unbekannt<br />

<br />

Weil Gott liebt<br />

in kleiner Engel kehrte enttäuscht von der Erde in den Himmel zurück. Er<br />

E hatte versucht, den Menschen in der Adventszeit die Ankunft des Herrn zu<br />

verkünden. Aber wegen all ihrer ach so wichtigen Vorbereitungen für das Fest<br />

hatte niemand Zeit, ihm zuzuhören.<br />

Nun fragte er einen weisen großen Engel: »Warum geht Gott zu den Menschen<br />

und wird einer von ihnen, wenn keiner nach ihm verlangt?«<br />

»Das ist selbst für uns Engel nicht leicht zu verstehen«, war die Antwort des<br />

anderen, »doch Gott liebt die Menschen. <strong>Und</strong> wer liebt, der kann nicht anders!«<br />

<br />

36 STEH AUF UND GEH 4/2012


»GEH«-HILFEN<br />

Y<br />

Weihnachtsbaum<br />

Bildmeditation<br />

Uralter Baum,<br />

Winterbaum.<br />

Keine Blätter,<br />

keine Blüten,<br />

keine Früchte.<br />

Schief gewachsen,<br />

greift mit<br />

knorrigen Armen<br />

und Knochenfingern<br />

in alle Richtungen.<br />

Nirgendwo Halt.<br />

Stumm ducken sich<br />

verängstigte Häuser.<br />

Schutz geben sie<br />

einander nicht.<br />

Bald wird der Baum<br />

fallen.<br />

Das Unglück droht. –<br />

Wenn nicht,<br />

wenn nicht die Frau<br />

da wäre.<br />

Die neue Eva,<br />

Miriam,<br />

das kleine<br />

israelische Mädchen.<br />

Ohne es zu wissen<br />

gibt es der Geschichte<br />

eine total<br />

andere Richtung:<br />

mit diesem einfachen<br />

Ja<br />

zur Frage des Engels.<br />

Der Baum<br />

ist nicht mehr<br />

der Todesbringer.<br />

Die Schlange<br />

ist besiegt.<br />

Ein Stern erscheint,<br />

heller als die Sonne.<br />

Maria pflückt,<br />

wie eine Frucht,<br />

das göttliche Kind<br />

vom Baum des Lebens.<br />

Du Gott,<br />

der uns<br />

erschienen ist<br />

als Kind,<br />

da, wo niemand<br />

Dich vermutete:<br />

In einer<br />

Futterkrippe<br />

aus dem Holz<br />

eines Baumes<br />

gefertigt.<br />

Prophezeit<br />

als Spross<br />

aus der<br />

Wurzel Jesse<br />

seit uralten Zeiten.<br />

Am Ende erhöht<br />

am Kreuz:<br />

Das Holz getragen,<br />

am Holz vollendet,<br />

was du vor aller Zeit<br />

aus Liebe zu uns<br />

begonnen.<br />

Beate Heinen<br />

Quelle: Weihnachtsbaum, Bild und Text: Beate Heinen, 2009;<br />

© ars liturgica Buch- & Kunstverlag MARIA LAACH, Nr. 4249<br />

Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung<br />

<br />

STEH AUF UND GEH 4/2012 37


Z<br />

»GEH«-HILFEN<br />

Die Legende vom Baum im Paradies<br />

ft hatte Adam seinen Kindern von den schönen Tagen<br />

im Paradies erzählt. Er senkte ihnen mit seinen<br />

O<br />

Geschichten eine Sehnsucht ins Herz, die alle Menschen<br />

zu allen Zeiten seitdem in sich tragen: die Sehnsucht<br />

nach paradiesischem Frieden, frei von Angst, Schrecken<br />

und jeglicher Not. Schließlich auch frei von Krankheiten<br />

und vom Sterben.<br />

Als Adam den Tod nahen fühlte, sagte er zu seinem<br />

Sohn Seth: »Mache dich auf, mein Sohn. <strong>Geh</strong> bis an die<br />

Pforten des Paradieses. Wirf einen Blick hinein und<br />

komm zurück und berichte mir, was du gesehen hast.«<br />

Seth brach auf und gelangte nach langer, mühevoller<br />

Wanderung zum Eingang des Paradieses. Schon von<br />

Weitem blendete ihn die helle Lichtgestalt des Engels,<br />

der dort Wache hielt. Sein flammendes Schwert glich<br />

zuckenden Blitzen, und Seth vermochte nicht, sich dem<br />

Garten zu nähern.<br />

»Ich kenne den letzten Wunsch deines Vaters Adam«,<br />

sprach der Engel. »Verhülle dein Haupt, presse die Hände<br />

gegen die Augen und tritt näher heran.«<br />

Seth tat, wie der Engel ihm befohlen hatte, und schritt<br />

vorwärts, ohne zu sehen, wohin er seinen Fuß setzte.<br />

Endlich sagte der Engel: »Nun schau! Aber wende dich<br />

nicht nach mir um. Kein Mensch kann den Himmelsglanz<br />

ertragen!«<br />

Da nahm Seth die Hände von den Augen. Er sah die<br />

Herrlichkeit des Gartens Eden und er schaute und<br />

schaute. Es war ihm wie im Traum: Die wunderschönen<br />

Blumen, die spielenden Tiere, die Bäume und Gräser,<br />

ein Bild vollkommener Schönheit. Nur ein Baum reckte<br />

trockene Äste in den Himmel, kein grünes Blatt an seinen<br />

Zweigen, Risse in der Rinde, ein schwarzer, toter<br />

Riese. Das war der Lebensbaum. Da fiel Seth ein, was<br />

sein Vater Adam und seine Mutter Eva getan hatten. Er<br />

wurde sehr traurig. Er schloss die Augen und wollte<br />

umkehren. doch der Engel befahl ihm: »Öffne die Augen<br />

und sieh!«<br />

Seth gehorchte. <strong>Und</strong> er erblickte in dem dürren Geäst<br />

des Lebensbaumes eine Schlange. Die hatte seine Eltern<br />

so schändlich betrogen. Er presste voll Schauder seine<br />

Hände gegen die Augen und wollte fliehen. Aber der<br />

Engel sprach: »Sohn des Adam, schaue ein letztes Mal<br />

in die Herrlichkeit des Gartens.« <strong>Und</strong> noch einmal wagte<br />

Seth einen Blick in das Paradies. Da sah er schwebend<br />

in dem Lebensbaum eine Lichtgestalt, einen Menschen,<br />

ein Knabe noch.<br />

Quelle: Kreuz und Krippe, Beate Heinen, 1986;<br />

© ars liturgica Buch- & Kunstverlag MARIA LAACH, Nr. 5425<br />

Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung<br />

<br />

»Das ist eure Hoffnung«, sagte der Engel. »Wenn die<br />

Zeit sich erfüllt hat, wird Gott seinen Sohn senden. Er<br />

hat es versprochen. Nicht für immer werdet ihr verloren<br />

sein.« Seth konnte sich von dem Anblick nicht losreißen.<br />

Der Engel aber sagte: »Nun kehre zurück zu deinem<br />

Vater und berichte, was du gesehen hast.«<br />

Da bedeckte Seth sein Haupt mit seinem Mantel. Bevor<br />

er sich jedoch auf den Rückweg machte, bat er den Engel:<br />

»Gib mir ein Zeichen, damit mein Vater weiß, dass<br />

ich wirklich die Herrlichkeit des Paradieses geschaut<br />

habe.« Der Engel schenkte Seth drei Körner. »Samen<br />

von dem Baum, von dem Adam und Eva gegessen haben«,<br />

sagte der Engel. »Lege sie unter die Zunge Adams,<br />

wenn er gestorben ist und du ihn zu Grabe trägst.«<br />

Als Seth zurückgekehrt war, erzählte er alles, was er erlebt<br />

und gesehen hatte. Adams Augen begannen zu<br />

glänzen. Ein Leuchten legte sich über sein Gesicht, als<br />

aus Seths Worten das Bild des Gartens Eden wuchs.<br />

Bald darauf starb er hochbetagt. Seth legte ihm die Samen<br />

unter die Zunge, wie der Engel gesagt hatte. Aus<br />

Adams Grab wuchsen drei Bäume hervor. Im Laufe der<br />

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»GEH«-HILFEN<br />

Y<br />

Jahrhunderte wuchsen die drei Stämme zu einem zusammen.<br />

der Baum wurde schließlich gefällt. Einen<br />

mächtigen Balken schlugen die Zimmerleute daraus.<br />

Der wurde für eine Brücke über den Kidronfluss verwendet.<br />

Später, viel später, geriet in Vergessenheit, woher<br />

der Balken stammte. Aber als der Kreuzesbalken<br />

für Jesus, den Messias gebraucht wurde, da nahmen die<br />

Menschen eben diesen Brückenbalken vom Kidronbach,<br />

den Balken vom Baum des Lebens.<br />

So geschah es, dass von diesem Baum zuerst Verderben<br />

und Tod ausgingen, dann aber durch den Tod Jesu aus<br />

eben diesem Holze die Erlösung zum ewigen Leben<br />

kam.<br />

Nacherzählt von Willi Fährmann<br />

Quelle: Willi Hoffsümmer, 99 neue Weihnachtsgeschichten,<br />

2. <strong>Auf</strong>lage 2011, © Verlag Herder GmbH, Freiburg i.Br.<br />

Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung.<br />

<br />

Der Nachweihnachtsengel<br />

ls ich dieses Jahr meine Pyramide und die Krippe<br />

A und die zweiunddreißig Weihnachtsengel wieder<br />

einpackte, behielt ich den letzten in der Hand. »Du<br />

bleibst«, sagte ich. »Du kommst auf meinen Schreibtisch.<br />

Ich brauche ein bisschen Weihnachtsfreude für<br />

das ganze Jahr.« »Da hast du aber ein Glück gehabt«,<br />

sagte er. »Wieso?« fragte ich ihn. »Na, ich bin doch der<br />

einzige Engel, der reden kann.« Stimmt! Jetzt erst fiel es<br />

mir auf. Ein Engel, der reden kann? Das gibt es ja gar<br />

nicht. In meiner ganzen Verwandtschaft und Bekanntschaft<br />

ist das noch nicht vorgekommen. Da hatte ich<br />

wirklich Glück gehabt.<br />

»Wieso kannst du eigentlich reden? Das gibt es doch<br />

gar nicht. Du bist doch aus Holz!« »Das ist so. Nur<br />

wenn jemand einmal nach Weihnachten einen Engel<br />

zurückbehält, nicht aus Versehen oder weil er sich<br />

nichts dabei gedacht hat, sondern wegen der Weihnachtsfreude,<br />

wie bei dir, dann können wir reden. Aber<br />

es kommt ziemlich selten vor. Übrigens ich heiße Heinrich.«<br />

»Heinrich? Bist du denn ein Junge? Du hast doch<br />

ein Kleid an.« Heinrich trägt nämlich ein langes rotes<br />

Gewand. »Das ist eine reine Modefrage. Hast du schon<br />

einmal einen Engel in Hosen gesehen? Na also.«<br />

Seitdem steht Heinrich auf meinem Schreibtisch. In seinen<br />

Händen trägt er einen goldenen Papierkorb, oder<br />

vielmehr: einen Müllkorb. Ich dachte erst, es sei nur ein<br />

Kerzenhalter, aber da hatte ich mich geirrt, wie ihr<br />

gleich sehen werdet. Heinrich stand gewöhnlich still an<br />

seinem Platz, hinter der rechten hinteren Ecke meiner<br />

grünen Schreibunterlage (grün und rot passt so gut zusammen!)<br />

und direkt vor ein paar Büchern, zwei Bibeln,<br />

einem Gesangbuch, einem Bändchen mit Gebeten und<br />

den Herrnhuter Losungen. <strong>Und</strong> wenn ich mich über irgendetwas<br />

ärgere, hält er mir seinen Müllkorb hin und<br />

sagt: »Wirf rein!« Ich werfe meinen Ärger hinein – und<br />

weg ist er! Manchmal ist es ein kleiner Ärger, zum Beispiel<br />

wenn ich wieder meinen Kugelschreiber verlegt<br />

habe oder eine fremde Katze in unserer Gartenlaube<br />

vier Junge geworfen hat (zur Zeit besitzen wir zehn Katzen,<br />

zwei alte und acht junge!).<br />

Es kann aber auch ein großer Ärger sein oder eine große<br />

Not oder ein großer Schmerz, mit dem ich nicht fertig<br />

werde, zum Beispiel als kürzlich ein Vater und eine<br />

Mutter erfahren mussten, dass ihr fünfjähriges Mädchen<br />

an einer Krankheit leidet, die nie mehr zu heilen<br />

ist. Wie soll man da helfen! Wie soll man da trösten! Ich<br />

wusste es nicht. »Wirf rein!« sagte Heinrich, und ich<br />

warf meinen Kummer in seinen Müllkorb.<br />

Eines Tages fiel mir auf, dass Heinrichs Müllkorb immer<br />

gleich wieder leer war. »Wohin bringst du das alles?«<br />

»In die Krippe«, sagte er. »Ist denn so viel Platz in<br />

der kleinen Krippe?« Heinrich lachte. »Pass auf! In der<br />

Krippe liegt ein Kind, das ist noch kleiner als die Krippe.<br />

<strong>Und</strong> sein Herz ist noch viel, viel kleiner.« Er nahm<br />

seinen Kerzenhalter unter den linken Arm und zeigte<br />

mit Daumen und Zeigefinger der rechten Hand, wie<br />

klein! »Denn deinen Kummer lege ich in Wahrheit gar<br />

nicht in die Krippe, sondern in das Herz dieses Kindes.<br />

Verstehst du das?« Ich dachte lange nach. »Das ist<br />

schwer zu verstehen. <strong>Und</strong> trotzdem freue ich mich. Komisch,<br />

was?« Heinrich runzelte die Stirn. »Das ist gar<br />

nicht komisch, sondern die Weihnachtsfreude, verstanden?«<br />

<strong>Auf</strong> einmal wollte ich Heinrich noch vieles fragen,<br />

aber er legte den Finger auf den Mund. »Pst!« sagte<br />

er. »Nicht reden! Freuen!«<br />

Behaltet doch mal einen Engel zurück, wegen der Weihnachtsfreude.<br />

<strong>Und</strong> spitzt die Ohren! Hört ihr’s? »Wirf<br />

rein!«<br />

Dietrich Mendt<br />

Quelle: »Von der Erfindung der Weihnachtsfreude«<br />

© Evangelisch Verlagsanstalt Leipzig 1999 (2012)<br />

Wir danken für die freundliche Abdruckgenehmigung!<br />

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Harre, hoffe,<br />

nicht vergebens<br />

zählst Du der Stunde Schlag.<br />

Wechsel ist das Los des Lebens<br />

und – es kommt ein neuer Tag!<br />

Theodor Fontane

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