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Requiem P. Gottfried

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Pfarrer Johannes Steinbach, Stuttgart<br />

Predigt zum <strong>Requiem</strong> für Pater <strong>Gottfried</strong> Aigner am 22. Februar 2011<br />

Schwestern und Brüder im Glauben!<br />

P. <strong>Gottfried</strong> sammelte Engeldarstellungen. Er war aber kein Engel. Auch im<br />

Nachhinein müssen wir ihn dazu nicht erklären.<br />

Wer ihn kannte, weiß, dass er ein Mensch war mit vielen Stärken und mit manchen<br />

Schwächen.<br />

Er war ein Priester, geprägt von 2. Vatikanischen Konzil und von der Würzburger<br />

Synode, die er und ich im Würzburger Dom miterleben durften, weil wir die<br />

Arbeitspapiere verteilten.<br />

Ich kannte <strong>Gottfried</strong> 55 Jahre - als Alois im Internat der Augustiner in Günzburg, als<br />

Frater <strong>Gottfried</strong> an der Theologischen Fakultät in Würzburg und schließlich als Pater<br />

<strong>Gottfried</strong> in der Seelsorge.<br />

Wir waren beide damals tief beeindruckt von der Aufbruchstimmung der Kirche. Wir<br />

erlebten bei der Würzburger Synode, wie Bischöfe und Laien miteinander rangen<br />

und dann gemeinsame Eingaben nach Rom schickten. Wir litten gemeinsam<br />

darunter, dass in der Kirche nichts vorwärts ging, dass vielmehr die Uhr wieder<br />

rückwärts gestellt wurde.<br />

Die jungen Ordens- und Priesterkandidaten legten viel mehr Wert auf klerikales<br />

Gehabe als auf das gemeinsame Miteinander von Klerus und Laien.<br />

Gegenüber der Ökumene war man wieder mehr auf Abgrenzung bedacht statt das<br />

Gemeinsame im Glauben zu suchen.<br />

In der Zeit des 2. Vatikanischen Konzils, wo Papst Joh. XXIII das Fenster zur Welt<br />

weit aufriss, durften wir wunderbare Theologen an der Uni hören, wir verschlangen<br />

geradezu theologische Bücher, diskutierten, waren begeistert von diesem Funken<br />

einer lebendigen Kirche, gingen mit mit dem „Volk Gottes unterwegs“.<br />

Nicht Kirche, sondern das Reich Gottes war das Ziel.<br />

Die Theologie war nicht geprägt von dem sicheren Besitz, von dem absoluten<br />

Wissen um Gott. Sie war verwiesen auf das Fragen und Suchen, auf das Ringen und<br />

Loslassen. Das kam in den Predigten von P. <strong>Gottfried</strong> immer wieder zum Vorschein.<br />

Wir waren uns bewusst, dass es nicht so sehr darauf ankommt, dass wir an Gott<br />

glauben müssen, dass es vielmehr entscheidend ist, dass Gott an uns glaubt.<br />

So wurden wir Priester, nicht so sehr als „Herren des Glaubens“, sondern als „Diener<br />

der Freude“, als Wegbegleiter und Mitsuchende, ganz im Sinne des Hl. Augustinus.<br />

„Mit euch bin ich Christ, für euch Bischof – das erste ist Gnade, das letztere<br />

Versuchung“.<br />

Was uns in der Pastoraltheologie bei Prof. Zerfaß ans Herz gelegt wurde, das hatte<br />

<strong>Gottfried</strong> verinnerlicht: Gerade die Kasualpredigten bei Taufe, Hochzeit und<br />

Beerdigungen brauchen Empathie in die Lebens- und Glaubensgeschichte der<br />

Betroffenen. Denn hier erreicht man Menschen, die man in den sonntäglichen<br />

Gottesdiensten nicht mehr erreicht.<br />

Ich habe immer wieder gehört, wie viel Trost und Beistand <strong>Gottfried</strong> Menschen in der<br />

Trauerbegleitung gab. Er hatte eine große Begabung, bei Hochzeiten die richtige<br />

Sprache zu finden, die auch die der Kirche Fernstehenden erreichte.


Was in allen bisherigen Würdigungen hervorgehoben wurde, das kann ich voll<br />

bestätigen – und auch das ist eine Frucht des 2. Vatikanischen Konzils – er deckte<br />

nicht nur den Tisch des Brotes, er deckte auch den Tisch des Wortes.<br />

Dafür nahm sich <strong>Gottfried</strong> viel Zeit zur Vorbereitung der Predigt. Gelegentlich bis spät<br />

in die Nacht hinein feilte er an den Formulierungen, las nach bei anderen Autoren,<br />

suchte eine passende kleine Geschichte aus, um im Sinne der Gleichnisse das<br />

Evangelium verständlicher zu machen.<br />

So geschliffen er in den Predigten war, so patzig konnte er aber auch im alltäglichen<br />

Gespräch sein, auch gegenüber manchen Mitbrüdern.<br />

<strong>Gottfried</strong> und ich waren vom Wesen her sehr verschieden. Wir konnten uns in der<br />

Verschiedenheit aber gut akzeptieren und voneinander profitieren.<br />

Ich konnte von seinem Kunstsinn, von seiner Belesenheit, von seiner Begeisterung<br />

für klassische Musik profitieren.<br />

<strong>Gottfried</strong> war ein Gourmet und kokettierte gelegentlich auch mit dieser Begabung,<br />

auch mit seinen Sprachkenntnissen.<br />

Doch einmal war ich mit ihm in Paris in einem edlen Lokal. Und <strong>Gottfried</strong> wollte sich<br />

etwas Besonderes bestellen. Da ich kein Französisch kann, bestellte ich ebenso wie<br />

er das „heute etwas Besonderes“. Und als der Gaston mit den Speisen kam, die<br />

silberne Glocke vom feinsten Porzellanteller galant hob, da musste ich lauthals in<br />

das feine Lokal hinein lachen, <strong>Gottfried</strong> aber verstummte und rollte – wie er es immer<br />

wieder tat – die Augen nach oben.<br />

Es war – o Schreck! – Eisbein in Linsen. Furchtbar!<br />

Ich fuhr trotzdem gerne mit <strong>Gottfried</strong> weg, denn er sorgte sich um das<br />

Kulturprogramm, suchte gute Lokale aus, bestellte die Eintrittskarten. Ich konnte es<br />

genießen und entspannen.<br />

Er war menschlich, Mensch, gerne Priester, manchmal weniger gern Pfarrer.<br />

Organisieren und lange Sitzungen lagen ihm nicht besonders.<br />

So wie er war, war er. Mit vielen guten Eigenschaften und Begabungen, mit einigen<br />

Ecken und Kanten. Kein Engel! Aber ein Mensch! Ein Freund! Dafür danke ich ihm!<br />

Schade, dass er seinen Ruhestand nicht länger genießen konnte.<br />

Ich wünsche ihm aber, dass er nach den Worten des Hl. Augustinus nun Gott „frui“<br />

genießen kann, in vollen Zügen.<br />

Ich wünsche ihm, dass er den Samen des Wortes Gottes, den er hier in Sillenbuch<br />

und in der Seelsorgeeinheit gesät hat, aufgehen und reifen sieht.<br />

Amen

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