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Lisa Ohlerich, <strong>Single</strong>-Beraterin<br />
Frau G. war<br />
schon bei der Terminvereinbarung<br />
sehr vorsichtig und wollte<br />
am Telefon nicht mehr als nötig<br />
preisgeben. Als sie zum vereinbarten<br />
Termin kam, wirkte<br />
sie zögerlich und wusste nicht<br />
recht, wie sie beginnen sollte.<br />
Fing sie ganz von vorne an, würde<br />
ich nicht verstehen, um was<br />
es ihr geht, doch wenn sie mir<br />
ihr aktuelles Problem schildern<br />
würde, dann verstünde ich wahrscheinlich<br />
ihren Hintergrund<br />
nicht. Schon in diesem Moment<br />
wird deutlich, dass sie sich sehr<br />
kontrolliert verhält und versucht,<br />
alle möglichen Folgen des<br />
Gesprächs zu bedenken. Unsicher<br />
erzählt sie mir ihren Grund<br />
für die Beratung. Sie hat nach<br />
wenigen, erfolglosen Verabredungen<br />
mit Männern die Frage<br />
an mich, wie sie ein Treffen erfolgreicher<br />
gestalten könnte. Da<br />
sie wenige Sozialkontakte hat,<br />
konnte sie kaum Erfahrungen mit zwanglosen Verabredungen<br />
sammeln. Auch mit ihren Arbeitskollegen hat<br />
sie in ihrer Freizeit fast nichts zu tun. Sie besucht einen<br />
Yogakurs, aber dort fühlt sie sich eher als Außenseiterin<br />
und geht zu den anschließenden Restaurantbesuchen<br />
nicht mit. Sie beschreibt sich als Eigenbrötlerin, die bereits<br />
in der Schulzeit keine Clique hatte. Während des<br />
Studiums hatte sie eine Lerngruppe, doch heute hat sie<br />
keine Verbindung mehr zu diesen Leuten. Die wenigen<br />
Male, die sie bisher mit Männern ausging, fühlte sie sich<br />
ausgenutzt. Ich frage sie, was geschehen würde, wenn aus<br />
einem Treffen mal eine Partnerschaft entstünde. Leise erklärt<br />
sie mir, dass sie die Veränderungen fürchtet, die auf<br />
sie zukämen, wenn sie sich tatsächlich auf einen Mann<br />
einlassen würde. Sie mag keine unvorhergesehenen Ereignisse<br />
und spontane Änderungen des Alltags kosten sie<br />
viel Überwindung. Sie traut ihren eigenen Gefühlen nicht<br />
und fürchtet, dass sie nicht spüren kann, ob ein Mann<br />
zu ihr passt. Sie betont ihre negativen<br />
Erlebnisse und es fällt<br />
ihr sichtlich schwer, die Idee<br />
zuzulassen, dass „sie“ es in der<br />
Hand hat, wie die nächsten Verabredungen<br />
mit Männern sein<br />
werden. Nach einigem Zögern<br />
überlegt sie laut, dass sie auch<br />
mal Ausnahmen von ihren Gewohnheiten<br />
machen könnte.<br />
Sie versteht, dass es nicht hilfreich<br />
ist, während eines ersten<br />
Treffens zu überlegen, ob<br />
er der Mann fürs Leben sein<br />
könnte. Sie nimmt sich damit<br />
selbst die nötige Gelassenheit<br />
und Zuversicht, dass sich mit<br />
der Zeit schon zeigen wird,<br />
ob er der Richtige ist. Gerne<br />
würde sie das Entstehen einer<br />
Partnerschaft planen und kontrollieren.<br />
Nun muss sie genau<br />
das tun, was sie am meisten<br />
fürchtet. Die Kontrolle aufgeben<br />
und etwas Neues wagen.<br />
Ihr Studium ließ sich vorausschauend<br />
planen, ebenso ihr<br />
beruflicher Werdegang. Jetzt<br />
stellt sie fest, dass es sich bei der Entstehung einer Partnerschaft<br />
genau umgekehrt verhält. Je weniger sie versucht<br />
kontrollierend einzugreifen und je offener sie sich<br />
auf eine entstehende Situation einlassen kann, desto<br />
größer wird ihre Chance auf eine glückliche Beziehung.<br />
<strong>Trendy</strong> <strong>Single</strong><br />
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