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Betrachtung und Ermittlung des Arbeitsaufwandes in ... - INVEP

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Insolvenzdienstleister<br />

<strong>Betrachtung</strong> <strong>und</strong> <strong>Ermittlung</strong> <strong>des</strong> Arbeitsaufwan<strong>des</strong> <strong>in</strong> Insolvenzverfahren<br />

von André Koppel, Geschäftsführer der André Koppel Software GmbH<br />

<strong>und</strong> Initiator der Insolvenzverwaltungssoftware <strong>INVEP</strong> <strong>und</strong> Dipl.Phys. Bernd Rues,<br />

freier Mitarbeiter der André Koppel Software GmbH<br />

E<strong>in</strong>e Insolvenzverwaltungskanzlei ist wie jede andere Firma<br />

auch darauf ausgelegt, Gew<strong>in</strong>ne zu erwirtschaften. Die<br />

alle<strong>in</strong>ige Feststellung, ob <strong>und</strong> dass die E<strong>in</strong>nahmen größer<br />

als die Ausgaben s<strong>in</strong>d, ist jedoch <strong>in</strong> hohem Maße unbefrie<br />

digend. Von tatsächlich entscheidendem Interesse ist<br />

schließlich, <strong>in</strong> welchem Zusammenhang der erbrachte Umsatz<br />

zum geleisteten Aufwand steht. E<strong>in</strong>e derartige <strong>Ermittlung</strong><br />

von Kennzahlen ist jedoch zumeist nicht ohne weiteres<br />

möglich, da kaum bekannt ist, wie groß der tatsächliche<br />

Aufwand für die Bearbeitung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Verfahrens <strong>in</strong><br />

den verschiedenen Fachbereichen ist. Damit e<strong>in</strong>hergehend<br />

ergeben sich e<strong>in</strong>e Vielzahl von zusätzlichen Fragen,wie zum<br />

Beispiel <strong>in</strong>terne St<strong>und</strong>ensätze, Synergieeffekte zwischen<br />

Verfahren, verfahrensgrößenbed<strong>in</strong>gte Abhängigkeiten <strong>und</strong><br />

andere. Interessant ist sicherlich auch die <strong>Betrachtung</strong>, ob<br />

e<strong>in</strong>e Kanzlei zu e<strong>in</strong>em gegebenen Zeitpunkt <strong>in</strong> der Lage ist,<br />

e<strong>in</strong> Verfahren mit e<strong>in</strong>er bestimmten Größe zu managen <strong>und</strong><br />

gegebenenfalls gegenüber e<strong>in</strong>em Insolvenzgericht sogar den<br />

entsprechenden Nachweis zu erbr<strong>in</strong>gen, um für e<strong>in</strong> bestimmtes<br />

größeres Verfahren <strong>in</strong> die nähere Verwalterauswahl<br />

zu kommen. Im Rahmen dieses Artikels sollen hierzu<br />

e<strong>in</strong>ige <strong>Betrachtung</strong>en angestellt werden.<br />

1. Aufgabenstellung<br />

Der Gesamtkomplex der Aufwandsermittlung zur Bearbeitung<br />

von Insolvenzverfahren ist dermaßen groß, dass es<br />

überaus s<strong>in</strong>nvoll ist, zuerst festzulegen, welche Kennwerte<br />

überhaupt ermittelt werden sollen <strong>und</strong> was die Voraussetzungen<br />

zur <strong>Ermittlung</strong> der Kennwerte s<strong>in</strong>d.<br />

Folgende Liste haben wir hier zusammengestellt, die jedoch<br />

nicht vollständig <strong>in</strong> diesem Artikel abgehandelt werden<br />

kann:<br />

• Welche E<strong>in</strong>heit def<strong>in</strong>iert die Größe e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens<br />

• Wie können die Daten ermittelt werden<br />

• Gibt es Unterschiede <strong>in</strong> verschieden großen Verfahren<br />

• Gibt es Unterschiede zwischen den e<strong>in</strong>zelnen Verfahrenstypen<br />

(Regel-, Verbraucher<strong>in</strong>solvenzen, St<strong>und</strong>ungsverfahren<br />

etc.)<br />

• Existieren Synergieeffekte<br />

• Ist es möglich, bereits zu e<strong>in</strong>em sehr frühen Zeitpunkt<br />

e<strong>in</strong>e Abschätzung <strong>des</strong> zu erbr<strong>in</strong>genden Aufwan<strong>des</strong> vorzunehmen,<br />

eventuell sogar bezogen auf e<strong>in</strong>e aktuelle<br />

Zeitachse<br />

2. Def<strong>in</strong>ition der Größe e<strong>in</strong>es Insolvenzverfahrens<br />

Für die <strong>Betrachtung</strong> der Größe e<strong>in</strong>es Verfahrens kommen<br />

mehrere Faktoren <strong>in</strong> Frage, die für sich genommen sicherlich<br />

auch ihre jeweilige Berechtigung haben. Um e<strong>in</strong>e Gesamtbetrachtung<br />

jedoch nicht überaus kompliziert zu gestalten,<br />

haben wir uns für die Anzahl der Gläubiger als Kriterium<br />

entschieden. Wobei wir hier gleichermaßen Tabellen<br />

XIV NZI 2008, Heft 4<br />

<strong>und</strong> Massegläubiger zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>heit zusammenfassen. Das<br />

monetäre Verfahrensvolumen wäre <strong>in</strong> der <strong>Betrachtung</strong><br />

zwar ebenfalls <strong>in</strong>teressant, kann jedoch nicht ohne weiteres<br />

herangezogen werden, da hier e<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong> direkter Kanzleibezug<br />

herzustellen wäre, <strong>und</strong> andererseits gerade bei im<br />

F<strong>in</strong>anzvolumen besonders großen Verfahren e<strong>in</strong>e Vielzahl<br />

von teilweise hochbezahlten Spezialisten für die Bearbeitung<br />

h<strong>in</strong>zugeholt werden muss, deren Aufwand derartig <strong>in</strong>dividuell<br />

ist, dass er kaum ohne umfangreiche Nebenbetrachtungen<br />

<strong>in</strong> die <strong>Ermittlung</strong> e<strong>in</strong>fließen kann. Gleiches gilt<br />

für e<strong>in</strong>en besonders umfangreichen Massebestand.<br />

3. Wie können die Daten ermittelt werden<br />

Der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Verfahren geleistete Arbeitsaufwand kann mit<br />

h<strong>in</strong>reichender Zuverlässigkeit nur vollautomatisch durch<br />

e<strong>in</strong>e entsprechende Software ermittelt werden. Es ist quasi<br />

unmöglich, die Mitarbeiter zur manuellen oder auch nur<br />

EDV-unterstützten Erfassung der Aufwände zu veranlassen.<br />

Das reguläre Tagesgeschäft <strong>und</strong> die Vielzahl von ständig<br />

wechselnd bearbeiteten Verfahren würde e<strong>in</strong>e deutliche<br />

Mehrbelastung mit sich br<strong>in</strong>gen, wenn die Mitarbeiter dazu<br />

angewiesen würden, jeden Arbeitsschritt zusätzlich – <strong>und</strong><br />

neben der eigentlichen Arbeit – zu dokumentieren. E<strong>in</strong>e entsprechende<br />

Insolvenzverwaltungssoftware muss selbständig<br />

für jeden e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter aufzeichnen, <strong>in</strong> welchem<br />

Insolvenzverfahren <strong>und</strong> dort <strong>in</strong> welchem Fachbereich<br />

wie viel gearbeitet wurde. Wenn für die e<strong>in</strong>zelnen Mitarbeiter<br />

zudem St<strong>und</strong>ensätze e<strong>in</strong>gepflegt wurden, so kann e<strong>in</strong>e<br />

spätere Auswertung nicht nur st<strong>und</strong>en- sondern auch aufwandsbezogen,<br />

d. h., monetär, erfolgen. Entsprechende Insolvenzverwaltungssoftware<br />

ist auf dem Markt verfügbar.<br />

4. Gibt es Unterschiede <strong>in</strong> verschieden großen Verfahren<br />

oder Unterschiede zwischen Regel- <strong>und</strong> Verbraucher<strong>in</strong>solvenzen,<br />

gibt es Synergieeffekte<br />

Basierend auf der Auswertung von mehreren tausend Verfahren<br />

hat sich e<strong>in</strong> durchaus erkennbarer, nicht l<strong>in</strong>earer<br />

Zusammenhang zwischen der Verfahrensgröße <strong>und</strong> dem <strong>in</strong><br />

den e<strong>in</strong>zelnen Verfahren zu erbr<strong>in</strong>genden St<strong>und</strong>enaufwänden<br />

herauskristallisiert. So zeigt sich, dass der Aufwand pro<br />

Gläubiger <strong>in</strong> Abhängigkeit von der Verfahrensgröße sehr<br />

stark abnimmt. Erklärbar ist dies durch mehrere Effekte:<br />

• Je weniger Gläubiger vorhanden s<strong>in</strong>d, <strong>des</strong>to <strong>in</strong>dividueller<br />

ist die Bearbeitung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Gläubigers<br />

• Bei e<strong>in</strong>er bestimmten Anzahl von Gläubigern gibt es<br />

Synergieeffekte, e<strong>in</strong>erseits verfahrens<strong>in</strong>tern (viele gleichartige<br />

Forderungsanmeldungen bei sehr großen Verfahren)<br />

andererseits verfahrensübergreifend (ähnliche Konstellationen<br />

<strong>in</strong> anderen Verfahren, z. B. bei Energieversorgern,<br />

Versicherungen oder Banken)<br />

Wie stark sich die unterschiedlichen Synergieeffekte auswirken,<br />

hängt e<strong>in</strong>erseits von der Qualifikation <strong>und</strong> Erfah-


Insolvenzdienstleister<br />

rung der Mitarbeiter <strong>und</strong> andererseits<br />

von den Möglichkeiten<br />

der e<strong>in</strong>gesetzten Software<br />

ab.<br />

3,50<br />

So ist es sicherlich s<strong>in</strong>nvoll, 3,00<br />

ähn liche Verfahren von immer<br />

2,50<br />

den gleichen Mitarbeitern bearbeiten<br />

zu lassen, damit die<br />

2,00<br />

dadurch gesammelte Erfahrung<br />

voll zum Tragen kommt. 1,50<br />

Die unter Umständen dadurch<br />

entstehenden Effekte von „Betriebsbl<strong>in</strong>dheit“<br />

stellen jedoch<br />

1,00<br />

0,50<br />

e<strong>in</strong> Gefahrenpotential dar,<br />

welches gesondert betrachtet<br />

0,00<br />

werden muss.<br />

Die e<strong>in</strong>gesetzte Software bestimmt<br />

dagegen andere Formen<br />

von Synergieeffekten, wie<br />

Gläubiger-Block<br />

z. B., ob Beteiligte immer wieder<br />

neu erfasst werden müssen<br />

Abbildung 1 Abbildung 1<br />

oder aus e<strong>in</strong>em Pool umkopiert werden können, oder ob<br />

es s<strong>in</strong>nvolle Gruppierungsmöglichkeiten gibt, um ähnliche<br />

Gläubiger- <strong>und</strong> Forderungskonstellationen effizienter zu<br />

bearbeiten. Auch die Möglichkeiten, verfahrensübergreifende<br />

Aktionen durchzuführen (Analysen <strong>des</strong> Gesamtdatenbestan<strong>des</strong>,<br />

Suchmöglichkeiten, Datenimport <strong>und</strong> -export,<br />

Steueranmeldungen etc.) br<strong>in</strong>gen softwarebed<strong>in</strong>gte<br />

Synergieeffekte mit sich.<br />

Aufwand <strong>in</strong> St<strong>und</strong>en<br />

Aufwand <strong>in</strong> St<strong>und</strong>en pro Gläubiger pro Block<br />

1-10<br />

11-20<br />

21-30<br />

31-40<br />

41-50<br />

51-60<br />

61-70<br />

71-80<br />

81-90<br />

91-100<br />

101-110<br />

111-120<br />

121-130<br />

5. Kann bereits zu e<strong>in</strong>em sehr frühen Zeitpunkt e<strong>in</strong>e<br />

Gesamtaufwandsabschätzung vorgenommen werden<br />

Der <strong>in</strong> die Bearbeitung e<strong>in</strong>es Verfahrens e<strong>in</strong>fließende Aufwand<br />

ist dermaßen stark von der Art e<strong>in</strong>er Kanzlei sowie<br />

der e<strong>in</strong>gesetzten Software abhängig, dass hier ke<strong>in</strong>e f<strong>und</strong>ierten<br />

Zahlen ermittelt werden können. Um brauchbare<br />

Aufwandsabschätzungen vornehmen zu können, ist nach<br />

den von uns ermittelten Daten m<strong>in</strong><strong>des</strong>tens e<strong>in</strong> Vorlauf von<br />

e<strong>in</strong>em Jahr nötig, während<strong>des</strong>sen die Aufwände für alle<br />

Verfahren ständig akkumuliert werden.<br />

Unsere <strong>Betrachtung</strong> von Daten, die über mehrere Jahre<br />

aufgezeichnet wurden, brachte – neben vielen anderen Detaileffekten<br />

– jedoch e<strong>in</strong>en<br />

deutlichen Zusammenhang.<br />

Je kle<strong>in</strong>er die Verfahren s<strong>in</strong>d,<br />

<strong>des</strong> to mehr verteilt sich der<br />

Gesamtaufwand auf die Laufzeit<br />

<strong>des</strong> Verfahrens. Je größer<br />

die Verfahren werden, <strong>des</strong>to<br />

größer ist der Aufwand am Anfang<br />

<strong>des</strong> Verfahrens, d. h., je<br />

nach <strong>Betrachtung</strong> nach Antrag<br />

oder Eröffnung. Auch zeigt<br />

sich, dass bei sehr kle<strong>in</strong>en Ver -<br />

fahren (weniger als 40 Gläu -<br />

biger) der Aufwand für den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Gläubiger sehr groß<br />

ist, da hier kaum verfahrens<strong>in</strong>terne<br />

Synergien zum Tragen<br />

kommen (Abbildung 1).<br />

6. Konklusion<br />

Für jede Kanzlei gibt es e<strong>in</strong>en „Schwellwert“ unter <strong>des</strong>sen<br />

Größe neue Verfahren ohne Reibungsverluste <strong>in</strong> den<br />

Kanz leiablauf <strong>in</strong>tegriert werden können. Innerhalb dieses<br />

Schwellwertes def<strong>in</strong>iert schlicht die Anzahl der Mitarbeiter,<br />

ob e<strong>in</strong>e entsprechende Verfahrensmenge <strong>in</strong>sgesamt gemanagt<br />

werden kann. Oberhalb e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuell zu bestimmenden<br />

Schwellwertes von Gläubigern muss e<strong>in</strong>e Kanzlei<br />

sehr kurzfristig e<strong>in</strong>en großen Personalaufwand erbr<strong>in</strong>gen,<br />

um entsprechende Verfahren „zu stemmen“. Die entsprechenden<br />

Kennzahlen lassen sich für jede Kanzlei mit entsprechender<br />

Software sowie e<strong>in</strong>em gewissen Vorlauf ermitteln.<br />

Als Nebeneffekt der Aufstellung von Kennzahlen kann<br />

für jede Kanzlei ermittelt werden, <strong>in</strong> welchen Verfahrensgrößen<br />

oder Fachbereichen es Optimierungspotential gibt.<br />

Gr<strong>und</strong>lagen für diesen Artikel bildeten e<strong>in</strong>e Vielzahl von<br />

Verfahrensdaten sowie grafischen <strong>und</strong> mathematischen<br />

Aus wertungen. Detaillierte <strong>Betrachtung</strong>en hierzu sprengen<br />

jedoch diesen kurzen Artikel <strong>und</strong> bedürften weiterer<br />

entsprechender Ausarbeitungen.<br />

NZI 2008, Heft 4<br />

XV

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