1 Ich glaube an Gott â zum Credo, Predigt von Pfr. Heinz-Ulrich ...
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<strong>Ich</strong> <strong>glaube</strong> <strong>an</strong> <strong>Gott</strong> – <strong>zum</strong> <strong>Credo</strong>, <strong>Predigt</strong> <strong>von</strong> <strong>Pfr</strong>. <strong>Heinz</strong>-<strong>Ulrich</strong> Richwinn<br />
Liebe Gemeinde,<br />
Mehrere Annäherungen werde ich predigen –<br />
heute, wo es darum geht: ich <strong>glaube</strong> <strong>an</strong> <strong>Gott</strong>.<br />
Dabei k<strong>an</strong>n es meinerseits Annäherungen <strong>an</strong> <strong>Gott</strong> nur geben, wenn es mir auch ein<br />
Bedürfnis ist, mich dem Lebendigen, der Segnenden <strong>an</strong>zunähern.<br />
Wenn ich mir alles in allem bin,<br />
wenn mir nichts fehlt,<br />
wenn ich nichts über mich hinaus erwarte,<br />
wenn ich mich nicht nach etwas sehne, was ausserhalb meiner ist, werde ich das <strong>Credo</strong><br />
nicht sprechen.<br />
Warum sollte ich auch – es gäbe keinen Grund.<br />
I. Es überkommt uns<br />
Denn das <strong>Credo</strong>, das Glaubensbekenntnis, beginnt mit einer Bezugnahme.<br />
<strong>Ich</strong> wende mich <strong>an</strong> <strong>Gott</strong>.<br />
<strong>Ich</strong> <strong>glaube</strong> diesem <strong>Gott</strong>-dazwischendrin, wie <strong>Gott</strong> sich schon vor meiner Initiative auf<br />
alles bezieht, was lebendig ist – in irgendeiner Art und Weise.<br />
So verstehe ich das, was Calvin als Allgemeinstes <strong>von</strong> <strong>Gott</strong> zu sagen weiss:<br />
„Wohin m<strong>an</strong> die Augen blicken lässt, es ist ringsum kein Teilchen der Welt, in dem nicht<br />
wenigstens irgendwelche Fünklein seiner Herrlichkeit zu sehen wären!<br />
M<strong>an</strong> k<strong>an</strong>n dieses gewaltige, wundervolle Gebäude, das ringsum daliegt, gar nicht mit<br />
einem Blick erschauen, ohne unter der Gewalt dieses unermesslichen Gl<strong>an</strong>zes<br />
zusammenzusinken.“<br />
Etwas <strong>von</strong> <strong>Gott</strong> da und dort,<br />
was jeweils <strong>Gott</strong>es Herrlichkeit zeigt: <strong>an</strong>deutungsweise.<br />
Fünklein seiner Herrlichkeit – sie funkeln im g<strong>an</strong>zen Kosmos, im Weltenraum, im<br />
Multiversum, auch auf der blauen Erde in einer der Milchstrassen <strong>von</strong> so vielen ...<br />
<strong>Gott</strong>-dazwischendrin.<br />
Soweit hat sich <strong>Gott</strong> mir genähert.<br />
Mit diesem Gespür dafür beginnt für mich das Nachdenken über das, was wir ‚<strong>Gott</strong>’<br />
nennen.<br />
<strong>Ich</strong> bin da<strong>von</strong> abgekommen, <strong>Gott</strong> abgehoben allein als höhere Wahrheit zu verstehen.<br />
Dafür setzt sich <strong>Gott</strong> zu sehr auf Erden ein. Dafür mischt <strong>Gott</strong> zu sehr lebensnah mit.<br />
<strong>Gott</strong>-dazwischendrin.<br />
1
Das überkommt mich m<strong>an</strong>chmal.<br />
D<strong>an</strong>n merke ich <strong>Gott</strong>.<br />
Spüre ihn, wie ER/SIE da ist: die Lebendige, der Segnende.<br />
II.<br />
Mitteilung<br />
Was wollten mir meine Eltern eigentlich mitteilen, als sie mir das Wort ‚<strong>Gott</strong>’<br />
weitersagten und mir damit empfahlen<br />
Eine gute Adresse.<br />
Dahin k<strong>an</strong>nst Du Dich wenden.<br />
Wenn Du eine Sorge hast,<br />
wenn Du dich freust,<br />
wenn du D<strong>an</strong>ke sagen möchtest, bed<strong>an</strong>ke Dich bei IHM, dem lieben <strong>Gott</strong>.<br />
Annäherungen ...<br />
War das beim Abendgebet unserer Kindheit<br />
Vor dem Einschlafen, bevor das Licht ausgemacht werden musste.<br />
Und die Tür noch etwas offen ...<br />
Also zwischen Gutenachtgeschichte und Gutenachtkuss<br />
Kennen wir noch unsere Kindergebete K<strong>an</strong>n ich noch eines auswendig<br />
Oder war es auch ein Morgengebet<br />
Es war jedenfalls <strong>Gott</strong>-um mich herum ...<br />
So erinnere ich das.<br />
Wie Sie, wie Ihr<br />
Oder waren es gar nicht die Eltern, die Ihnen und Euch das Wort ‚<strong>Gott</strong>’ nahebrachten,<br />
sondern die Grossmutter oder der Grossvater<br />
Oder wer war es überhaupt<br />
Wer es auch war, es war jedenfalls etwas <strong>von</strong> <strong>Gott</strong>-um mich herum.<br />
Vielleicht so – nach Ps 91:<br />
„Wenn <strong>Gott</strong> mich beschützt, habe ich keine Angst.<br />
Keine Angst vor der dunklen Nacht,<br />
keine Angst vor den heissen Sonnenstrahlen am Tag.<br />
Wie ein grosser Vogel bedeckt mich <strong>Gott</strong>.<br />
<strong>Ich</strong> bin sicher im Schatten seiner Flügel.“<br />
(Regine Schindler)<br />
2
III.<br />
Eine besondere Annäherung<br />
In der Bibliothek der Bibel erfahren wir vieles, was <strong>Gott</strong> betrifft, ohne dass wir damit<br />
<strong>Gott</strong> vollumfänglich und d<strong>an</strong>n vollkommen zutreffend aussagen könnten.<br />
Vollkommene Klarheit ist uns erst für die Ewigkeit verheissen.<br />
Eine besondere Annäherung unter vielen <strong>Gott</strong>eserfahrungen der Bibel möchte ich<br />
erwähnen.<br />
<strong>Gott</strong> nähert sich dem Schafhirten Mose in einem stacheligen Busch, der brennt, ohne zu<br />
verbrennen.<br />
In einem Augenblick, in dem viel auf dem Spiel steht.<br />
Es geht um Freiheit, die dem Leben dient.<br />
Woher soll sie kommen<br />
Oder bleiben wir versklavt in dem, was dem Tod zuarbeitet<br />
„Mose sagt zu <strong>Gott</strong>: ‚wenn ich aber zur Gemeinde Israel zurückkomme und ihnen sage:<br />
‚Die <strong>Gott</strong>heit eurer Vorfahren hat mich zu euch geschickt’, d<strong>an</strong>n werden sie fragen: ‚Wie<br />
heisst sie’ Was soll ich ihnen da <strong>an</strong>tworten’<br />
<strong>Gott</strong> erwiderte Mose: ‚<strong>Ich</strong> bin da, weil ich da bin!’ Er sagte: ‚Das sollst du den Israeliten<br />
mitteilen: ICH-BIN-DA hat mich zu euch geschickt.’<br />
(Ex 3,13f.)<br />
Mose wird geschickt, weil <strong>Gott</strong> da ist, verlässlich da ist.<br />
Von Augenblick zu Augenblick bewegt da ist.<br />
Doch was ist, wenn ich <strong>Gott</strong>esferne spüre<br />
Schmälert das das Dasein <strong>Gott</strong>es<br />
Schwierige Frage ...<br />
<strong>Ich</strong> vermute, aufgrund dieser all<strong>zum</strong>enschlichen Frage wurde sich die Geschichte vom<br />
Dornbusch immer wieder erzählt, eben weil <strong>Gott</strong> besonders da ist und sich d<strong>an</strong>n als<br />
unser <strong>Gott</strong> verspricht: <strong>Ich</strong> helfe dir oder ich helfe euch aus oder ich helfe euch weiter ...<br />
Wie <strong>Gott</strong> sich uns verspricht, ist <strong>Gott</strong> besonders da, d<strong>an</strong>kenswerterweise besonders<br />
dabei.<br />
Vom <strong>Gott</strong>-dabei ist viel in der Bibel die Rede:<br />
dabei, wenn es um Leben und Tod geht;<br />
dabei, wenn es um die Zukunft geht, und ob sich nicht bald die Verheissungen des<br />
Friedens einlösen werden;<br />
dabei in vielen Begegnungen;<br />
dabei in der Stille;<br />
dabei, wo Frauen und Männer darüber nachdenken, woher sie kommen, wie es ihnen<br />
augenblicklich geht und wohin der Lebensweg gehen werde!<br />
Das haben schon viele vor uns erfahren und deswegen wurde uns da<strong>von</strong> M<strong>an</strong>ches<br />
überliefert.<br />
3
Lasse ich das Überlieferte in meinem Lebensfeld wirken,<br />
darf ich mich auf dieses <strong>Gott</strong>-dabei einlassen,<br />
dürfen wir uns als Gemeinde unter dem Wort auf diesen <strong>Gott</strong>-dabei einlassen.<br />
Hat das etwas mit „gottwärts“ zu tun (Ina Praetorius)<br />
Irgendwie merke ich sind die Zeiten vorbei, wo die Kinder <strong>Gott</strong>friede, <strong>Gott</strong>fried, Traugott<br />
und <strong>Gott</strong>hold oder Dorothea hiessen.<br />
Dorothea der Name meiner Schwester, Jg. 1965.<br />
Dennoch mein Leben: Ist es gottwärts ausgerichtet<br />
Diese Frage bleibt mir im Raum ...<br />
<strong>Ich</strong> k<strong>an</strong>n sie nicht einfach so übergehen. Sie stellt sich mir.<br />
Eine Frage, die nicht der Pfarrer für alle be<strong>an</strong>tworten k<strong>an</strong>n!<br />
Zu vielfältig sind die Anknüpfungsmöglichkeiten <strong>zum</strong> Lebensthema ‚<strong>Gott</strong>’.<br />
Anknüpfungsmöglichkeiten auch je nach unseren Lebenserfahrungen ...<br />
Vielleicht kommt einer aus der Musikszene <strong>von</strong> Jimi Hendrix her:<br />
„Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet; erst d<strong>an</strong>n wird es Frieden<br />
geben.“<br />
Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet, d<strong>an</strong>n wäre da <strong>Gott</strong>-dabei.<br />
Orgelstück: <strong>Ich</strong> bete <strong>an</strong> die Macht der Liebe<br />
Warmherzig dabei,<br />
grossherzig dabei,<br />
dabei bei dieser Überwindung,<br />
dabei bei dieser Anstrengung, zu der auch wir eingeladen sind.<br />
In dieser Bemühung k<strong>an</strong>n ich d<strong>an</strong>n auch etwas mit dem Glaubensbekenntnis <strong>an</strong>f<strong>an</strong>gen.<br />
<strong>Ich</strong> <strong>glaube</strong> <strong>an</strong> <strong>Gott</strong>.<br />
IV.<br />
Ein historisches Beispiel<br />
Dieser Anf<strong>an</strong>g des Glaubensbekenntnisses – er hat schon Menschen <strong>von</strong> <strong>Gott</strong>es<br />
Warmherzigkeit her in die Pflicht genommen, mutig zu sein.<br />
<strong>Ich</strong> möchte hier Pfarrer Paul Vogt erwähnen, der sich sehr in die umstrittene<br />
Flüchtlingspolitik der damaligen Schweiz zugunsten der Flüchtlinge im Zweiten<br />
Weltkrieg eingemischt hat.<br />
Eine Warmherzigkeit und Grossherzigkeit <strong>Gott</strong>es, die scharfsinnig macht und die in<br />
Liebe richtet, darum sollte die Kirche mit dem <strong>Credo</strong> wissen. Denn wie es in einer seiner<br />
<strong>Predigt</strong>en heisst: „Kirche ohne Liebe ist Mech<strong>an</strong>ismuskirche.“<br />
4
In ihr wird nicht die Liebe zur Macht überwunden.<br />
In einer <strong>Predigt</strong> am 29. August 1943 wird Paul Vogt <strong>von</strong> der richtenden Liebe <strong>Gott</strong>es her<br />
noch deutlicher:<br />
„Ein Christentum, in dessen Kälte das Judentum zu Tode erstarrt, ist ebenfalls<br />
todgeweiht. Es wird furchtbar gerichtet werden. Denn es wußte um seinen Auftrag und<br />
wußte um die Sendung seines Herrn und hat seinen Auftrag und hat seinen Herrn<br />
verraten und verleugnet und auch geschmäht und auch geschändet und auch gekreuzigt<br />
und ist kein bißchen besser als Herodes und Pilatus, die Jesus gekreuzigt haben ...“<br />
Paul Vogt versteht hier Jesus aus seinem Judesein heraus, auch Judesein für uns.<br />
Sod<strong>an</strong>n fährt der reformierte Pfarrer fort:<br />
„<strong>Gott</strong> sieht ... scharf zu.<br />
<strong>Gott</strong> sieht auch das fünfzehnjährige Mädchen, das nach furchtbarer Flucht viermal<br />
wieder über die Grenze zurückgestellt wurde. Und er sieht diejenigen, die es<br />
zurückgestellt haben. <strong>Gott</strong> sieht auch jene Mutter im Interniertenheim, die schrieb: ‚M<strong>an</strong><br />
hat den Eindruck, dass einem ein Eism<strong>an</strong>tel über die Schultern gelegt worden ist, dass<br />
m<strong>an</strong> allmählich vereist.’ Und <strong>Gott</strong> sieht diejenigen, die den Eism<strong>an</strong>tel über die Schultern<br />
legen.“<br />
Haben wir eben etwas aus Ps 91 gehört: <strong>Ich</strong> bin sicher im Schatten seiner Flügel, d<strong>an</strong>n<br />
hat einer Geborgenheit bei <strong>Gott</strong> gespürt.<br />
Hier muss eine Mutter erleben, wie ihr ein Eism<strong>an</strong>tel um die Schulter gelegt wird.<br />
Soziale Kälte, die <strong>von</strong> einem <strong>Gott</strong>esbezug nichts mehr weiss.<br />
Denn dieser brennende und doch nicht verbrennende Dornbusch erzählt mir <strong>von</strong> der<br />
Warmherzigkeit <strong>Gott</strong>es. Dieser Dornbusch erzählt mir sogar <strong>von</strong> <strong>Gott</strong>es feurigem<br />
Bemühen, lebensdienliche Freiheit unter den Menschen zu verbreiten und dazu<br />
<strong>an</strong>zustiften, dass sich Menschen aufein<strong>an</strong>der beziehen und ein Einsehen mitein<strong>an</strong>der<br />
haben.<br />
Dazu und deswegen sieht <strong>Gott</strong> scharf zu.<br />
Mutig zu sein und sich in schwieriger Zeit soweit vorzuwagen, das gelingt nur, wenn ich<br />
mich gleichzeitig auf <strong>Gott</strong> rückbeziehe.<br />
Ein Rückbezug ohne Rückzug!<br />
<strong>Ich</strong> <strong>glaube</strong> <strong>an</strong> <strong>Gott</strong>.<br />
Damit fängt mein Menschsein <strong>an</strong>, auch meine Menschlichkeit für <strong>an</strong>dere.<br />
Damit fängt es <strong>an</strong>, dass die Macht der Liebe die Liebe zur Macht überwindet.<br />
Amen<br />
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