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Osdorfer Born - Westwind

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Stadtteilgeschichte<br />

<strong>Osdorfer</strong> <strong>Born</strong> – ein „Vorzeigestadtteil“ entsteht (5)<br />

I<br />

m 5. und letzten Teil seiner Serie berichtet Heiko Stolten über seine Erinnerungen von Mitte bis<br />

Ende der 1970er Jahre. Die Teile 1 – 4 finden Sie in <strong>Westwind</strong> 9, 10 und 11/2011 und 1-2/2012.<br />

Es zogen jedenfalls<br />

die ersten<br />

Familien Mitte<br />

der siebziger Jahre<br />

wegen der Umstände<br />

aus dem<br />

<strong>Born</strong> fort. Das, was<br />

für meine Eltern<br />

und viele andere<br />

auch wie ein<br />

Sechser im Lotto<br />

anfing, endete oft<br />

mit Frust und Angst.<br />

Wurde man Anfang der<br />

70er Jahre noch gefragt, wo<br />

man wohne und gab zur Antwort<br />

im <strong>Osdorfer</strong> <strong>Born</strong>, war einem<br />

die Hochachtung derer, die nicht<br />

so viel Glück hatten, sicher. Im <strong>Osdorfer</strong><br />

<strong>Born</strong> zu wohnen war einst<br />

wie ein Ritterschlag. Mitte der siebziger<br />

Jahre schlug diese Meinung<br />

um und man erntete oft Bedauern,<br />

dass man noch immer da wohnen<br />

muss. Der <strong>Born</strong> wandelte sich aus<br />

der Sicht vieler „vom Paradies zum<br />

Getto“. Es wurden Stimmen laut,<br />

die sagten, dass die Architekten<br />

des <strong>Born</strong>s oder die Stadtplaner mal<br />

für ein Jahr in ihre Hochhäuser einziehen<br />

sollten, damit sie leibhaftig<br />

fühlen können, was sie angerichtet<br />

hatten.<br />

Bei meinen Freunden<br />

und mir war es<br />

sonnenklar: Wenn wir<br />

uns eines Tages eine<br />

erste eigene Wohnung<br />

leisten können, dann muss die<br />

so weit wie möglich vom <strong>Born</strong> weg<br />

gelegen sein. Die ersten, die gingen,<br />

waren echte Glückspilze. Einer zog<br />

gleich bis nach Wedel hinaus. Ich<br />

selbst bin 1978 mit meiner Freundin<br />

(heute die Frau meines Herzens und<br />

ebenfalls ein Kind der ersten Stunde<br />

des <strong>Born</strong>s) nach Bahrenfeld, gegenüber<br />

der Trabrennbahn, in unsere<br />

erste Wohnung eingezogen. Heute<br />

Familien<br />

ziehen weg.<br />

wohne ich mit meiner Familie wieder<br />

ganz in der Nähe, in Lurup. Von<br />

unserem Dachfenster aus können<br />

wir die Achtern-<strong>Born</strong>-Hochhäuser<br />

sehen. Und wir haben es uns reiflich<br />

überlegt, ob wir dem <strong>Born</strong> wirklich<br />

wieder so nahe kommen wollten.<br />

Dabei ist „<strong>Osdorfer</strong> <strong>Born</strong>“ doch<br />

so ein schöner Name und bedeutet<br />

<strong>Osdorfer</strong> Quelle, oder Achtern <strong>Born</strong>:<br />

hinter der Quelle, <strong>Born</strong>heide: Quellenheide.<br />

Die wenigsten können<br />

sich heute vorstellen, was den <strong>Born</strong><br />

einst ausmachte und dass hier auch<br />

der Mittelstand wohnte. Nach und<br />

nach aber zog ein Teil<br />

des Mittelstandes aus<br />

dem <strong>Born</strong> aus, sicherlich<br />

auch wegen der<br />

Gewalttaten, die die<br />

Behörden nicht in den Griff bekamen.<br />

Später folgte der meiner Meinung<br />

nach schlimmste politische<br />

Fehler für den <strong>Born</strong>: Die Fehlbelegungsabgabe!<br />

Diese hatte zur Folge,<br />

dass weitere Bewohner, insbesondere<br />

aus dem kaufkräftigen Mittelstand,<br />

auch noch das Weite suchte.<br />

Arko, Juwelier Christ, Gerd Mohr,<br />

Roshop und Hildegard Mehrens sind<br />

mit sinkender Kaufkraft im <strong>Born</strong> zur<br />

Geschichte geworden.<br />

Ob die Überdachung<br />

des <strong>Born</strong>centers nun<br />

notwendig war oder<br />

nicht, die Vielfalt hat<br />

sich jedenfalls verringert.<br />

Wenn sich Leute<br />

wie die langjährigen<br />

ehemaligen Inhaber<br />

der Eisdiele im <strong>Born</strong>center<br />

wegen einer<br />

drastischen Mieterhöhung<br />

ein Bleiben nicht<br />

leisten können und daraufhin<br />

in einem anderen<br />

Stadtteil eine Eisdiele<br />

eröffnen, dann ist<br />

etwas ziemlich schief.<br />

Viele Bewohner der ersten Stunden<br />

zogen auch aus, weil sie sich<br />

ein Haus bauen konnten. Aus dem<br />

weitgehend mittelständischen <strong>Osdorfer</strong><br />

<strong>Born</strong> wurde nach und nach<br />

ein sozialer Brennpunkt.<br />

1975 – 1978: Auf der Suche<br />

nach einer Disco<br />

Im discofähigen Alter – einige<br />

von uns, ich auch, hatten 1975 bereits<br />

eine Lehrstelle und verdienten<br />

ihr erstes Geld – orientierten wir<br />

uns bereits weit aus dem <strong>Born</strong> hinaus.<br />

Ich glaube, es gab sogar einmal,<br />

wenn ich es recht erinnere, eine<br />

Diskothek im <strong>Born</strong>center. Dort wo<br />

sich noch heute Salon Müller befindet.<br />

Dorthin zu gehen wäre für uns<br />

absolut indiskutabel gewesen, wir<br />

wollten Spaß und keine Prügelei.<br />

Zunächst wichen wir nach Schenefeld<br />

aus und besuchten die Diskothek<br />

Cobra in der Friedrich-Ebert-Allee.<br />

Die Cobra entpuppte sich bald<br />

als ziemlich berüchtigt, weil ausländische<br />

Jugendliche eifersüchtig auf<br />

ihre deutschen Freundinnen aufpassten.<br />

Die Mädchen wurden als<br />

persönliches Eigentum, so wie die<br />

dicke Goldkette am weit offen ste-<br />

12 westwind März 2012

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