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Notfall Lawine

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<strong>Notfall</strong> <strong>Lawine</strong><br />

Effiziente Hilfe nach einem <strong>Lawine</strong>nunfall


Impressum<br />

2. Auflage 2008: 1001 bis 2000<br />

Herausgeber und Medieninhaber: Oesterreichischer Alpenverein<br />

Wilhelm-Greil-Straße 15, 6010 Innsbruck<br />

Autoren: Walter Würtl, Michael Larcher, Peter Plattner<br />

Redaktionsteam: Michael Larcher, Peter Plattner, Stefan Rössler, Walter Würtl<br />

"Sicher am Berg" - Gesamtkonzept und Leitung: Michael Larcher<br />

Dank für Anregungen und Feedback an das OeAV-Lehrteam: Paul Mair, Christian Damisch,<br />

Christine Lang, Stephan Mitter, Paul Held, Christian Piccolruaz, Peter Weber<br />

Druck: ALPINA, 6020 Innsbruck<br />

Grafik und Layout: Christine Brandmaier, Grafische Auseinandersetzung, 6410 Telfs<br />

Illustrationen: Lisa Manneh<br />

Titelfoto: <strong>Lawine</strong>nwarndienst Tirol<br />

© 2008 Oesterreichischer Alpenverein<br />

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb<br />

der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Eigentümers<br />

unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen<br />

und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.


<strong>Lawine</strong>ngefahr ist Lebensgefahr (Unfallbeispiele) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />

Unfallstatistik Österreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />

Problemfelder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

<strong>Lawine</strong>nauslösung vermeiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21<br />

<strong>Lawine</strong>nverschüttung vermeiden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23<br />

<strong>Lawine</strong>nverschüttung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Standardausrüstung, <strong>Notfall</strong>ausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33<br />

Hintergrundinformation zu Unfällen und Ausrüstung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

<strong>Notfall</strong>strategie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />

Hubschrauberrettung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101<br />

<strong>Lawine</strong>nauslösungen melden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103<br />

Inhalt


Liebes Alpenvereinsmitglied!<br />

Das Bergsteigen und alpine Sportarten zu fördern, ist das vorrangige Ziel des<br />

Oesterreichischen Alpenvereins und begründet eine seiner vornehmsten, in der<br />

Satzung festgeschriebenen Aufgaben: "bergsteigerische Erziehung und Ausbildung".<br />

Wenn wir Bergsport risikobewusst ausüben wollen, müssen wir uns mit<br />

den spezifischen Gefahren auseinandersetzen und uns jene Fertigkeiten aneignen,<br />

die uns helfen, das Risiko möglichst gering zu halten.<br />

Mit SicherAmBerg bieten die Sektionen des Alpenvereins ihren Mitgliedern ein<br />

qualitativ hochwertiges und kostengünstiges Ausbildungsprogramm. Hier lernen<br />

Sie den eigenverantwortlichen Umgang mit alpinen Gefahren und erwerben sich<br />

die für die jeweilige Tätigkeit notwendigen Kompetenzen.<br />

Ich wünsche Ihnen erlebnis- und lehrreiche Stunden bei ihrem SicherAmBerg -<br />

Kurs und viel Freude mit dieser Begleitbroschüre. Ich bin sicher, dass sie Ihnen<br />

ein nützliches Nachschlagewerk sein wird. Ein herzliches Dankeschön auch an<br />

alle SicherAmBerg - Trainerinnen und Trainer für ihr großes Engagement!<br />

Andreas Ermacora, Vizepräsident


Liebe Kursteilnehmerin, lieber Kursteilnehmer!<br />

herzlich willkommen bei SicherAmBerg - <strong>Notfall</strong> <strong>Lawine</strong>!<br />

Gleich vorweg: Auch mit modernster Ausrüstung und bei effizienter Rettung<br />

bedeutet <strong>Lawine</strong>ngefahr immer Lebensgefahr! <strong>Lawine</strong>nunfälle zu vermeiden<br />

muss daher immer unser erstes Ziel sein!<br />

Die Zielgruppe dieses Kurses sind TourengeherInnen und VariantenfahrerInnen,<br />

die diesen Sport in ihrer Freizeit und in privatem Rahmen ausüben.<br />

Auch EinsteigerInnen sind herzlich willkommen.<br />

Das Kursziel von SicherAmBerg - <strong>Notfall</strong> <strong>Lawine</strong> ist die theoretische und praktische<br />

Vermittlung der Maßnahmen zur effizienten Kameradenrettung nach einem<br />

<strong>Lawine</strong>nunfall und die ausführliche Darstellung der <strong>Notfall</strong>ausrüstung. Im Bereich<br />

der LVS-Suche liegt unser Ziel in der Lösung einer "Einfachverschüttung", da dies<br />

das häufigste Szenario ist.<br />

Noch ein wichtiger Hinweis zuletzt: Bitte beachte, dass alle SicherAmBerg -<br />

Kurse nur eine Station in einem Lernprozess sind und durch Erfahrung, Übung<br />

und weitere (vertiefende) Auseinandersetzung ergänzt werden müssen.<br />

Walter Würtl, Projektleiter<br />

Michael Larcher, Referat Bergsport


Februar 2001, Plenderleseekogel - Kühtai, Tirol<br />

Zwei unerfahrene Tourengeher stiegen in unmittelbarer Nähe eines Skigebietes in Richtung Gipfel<br />

auf. Am Ende des Liftes angekommen, entschlossen sie sich, in den freien Skiraum zu queren.<br />

100 Höhenmeter über der Liftstation disponierten sie neuerlich um und querten einen 35<br />

bis 40 Grad steilen Hang, um wiederum auf die Skipiste zu gelangen. Dabei lösten sie ein etwa<br />

50 m breites und 150 m langes Schneebrett aus, von dem eine der Personen erfasst und total<br />

verschüttet wurde.<br />

Beide Skitourengeher waren ohne <strong>Lawine</strong>nverschüttetensuchgerät unterwegs, weshalb sich die<br />

Kameradenrettung vorerst auf eine optische und akustische Suche auf dem <strong>Lawine</strong>nkegel<br />

beschränkte. Der <strong>Lawine</strong>nabgang wurde von zahlreichen Skifahrern gesehen und schon 5 Minuten<br />

nach Meldungseingang war der Notarzthubschrauber mit <strong>Lawine</strong>nhund in Richtung Unfallstelle<br />

unterwegs. Am <strong>Lawine</strong>nkegel konnte der <strong>Lawine</strong>nhund die Person nach einer Verschüttungszeit<br />

von etwa 20 Minuten orten. Der 43-jährige Tourengeher wurde von den Suchmannschaften<br />

aus einer Tiefe von 1 m freigeschaufelt. Er hatte keine Atemhöhle und verstarb nach<br />

der Überstellung ins Krankenhaus.<br />

Unfallursachen<br />

fehlende Planung<br />

fehlende <strong>Notfall</strong>ausrüstung<br />

Verhalten, das den Verhältnissen nicht angepasst war, da bei einer<br />

<strong>Lawine</strong>ngefahrenstufe 4 ein 38° steiler Hang befahren wurde.


unerfahrene Tourengeher lösen bei Querung <strong>Lawine</strong> aus<br />

eine Person (ohne LVS) wird verschüttet<br />

Bergung ✝ nach 30 min (<strong>Lawine</strong>nhund)<br />

Hangneigung 38°, NO<br />

Gefahrenstufe 4<br />

<strong>Lawine</strong>nwarndienst Tirol<br />

Unfallbeispiel 1<br />

9


März 2007 Gaislachkogel, Ötztal, Tirol<br />

Eine geführte fünfköpfige Gruppe fuhr vom Skigebiet kommend in eine Variante ein. Nach einem<br />

ersten Sammelplatz fuhr man nacheinander einzeln einen Steilhang (40°) bis zu einem weiteren<br />

Sammelplatz ab. Der letzte Skifahrer löste am Übergang von wenig Schnee zu viel Schnee eine<br />

<strong>Lawine</strong> aus. Drei der vier am Sammelplatz wartenden Personen wurden von den Schneemassen<br />

erfasst und mitgerissen. Zwei Personen wurden oberflächlich verschüttet - eine Person wurde<br />

ca. 250m mitgerissen und gänzlich verschüttet. Obwohl die gesamte Gruppe mit der vollständigen<br />

<strong>Notfall</strong>ausrüstung ausgestattet war, konnte der Ganzverschüttete im Zuge des planmäßigen<br />

Einsatzes erst nach ca. 35 Minuten nur noch tot geborgen werden.<br />

Unfallursachen<br />

Befahrung eines mit Triebschnee gefüllten 40° Hanges bei Stufe 3<br />

ungünstiger Sammelplatz<br />

erst im Zuge des planmäßigen Einsatzes konnte der Verschüttete geborgen<br />

werden.


Gruppe fährt zum Sammelplatz (roter Kreis)<br />

Letzter löst eine <strong>Lawine</strong> aus<br />

am Sammelplatz werden 3 Personen erfasst<br />

eine Person wird 250 m mitgerissen, verschüttet und ✝<br />

Hang: 40°, N<br />

Gefahrenstufe 3<br />

<strong>Lawine</strong>nwarndienst Tirol<br />

Unfallbeispiel 2<br />

11


Februar 2003, Torspitze, Wattener Lizum, Tirol<br />

Sieben einheimische Tourengeher vereinbarten gemeinsam auf Tour zu gehen. In einer Seehöhe<br />

von ca. 2400 m überholte die Gruppe einen Alleingänger, der bis dorthin die Spurarbeit leistete.<br />

Der Alleingänger schloss sich der Gruppe an. Bei prachtvollem Wetter sah die Gruppe, wie gerade<br />

mehrere Skitourengeher in einen knapp 40° steilen Westhang gemeinsam einfuhren. Das<br />

Jubelgeschrei der Abfahrer, die schönen Abfahrtsspuren sowie die Tatsache, dass sich in dem<br />

Hang trotz der Belastung keine <strong>Lawine</strong> löste, veranlasste die Aufsteigenden, ihr Tourenziel zu<br />

ändern. Gegen 13:40 Uhr betrat die Gruppe den Unglückshang, wobei sie zwischen den Personen<br />

Entlastungsabstände von etwa 10 m einhielten. Als sich die gesamte Gruppe inklusive des<br />

Einzelgängers im Hang befand, löste sich kurz oberhalb des Vorausgehenden auf einer Seehöhe<br />

von etwa 2520 m ein Schneebrett mit einem Gesamtausmaß von ca. 200 m Breite und 300 m<br />

Länge. Die Anrissmächtigkeit betrug bis zu 140 cm. Die <strong>Lawine</strong> erfasste alle Gruppenmitglieder<br />

sowie den nachkommenden Alleingänger und verschüttete insgesamt 4 Tourengeher total. Durch<br />

schnelle Kameradenrettung konnten 3 Personen sofort geortet und unverletzt ausgegraben werden.<br />

Der Einzelgänger konnte erst nach etwa 2,5 Std. von einen <strong>Lawine</strong>nhund tot aufgefunden<br />

werden. Er hatte sein (im Rucksack befindliches) <strong>Lawine</strong>nverschüttetensuchgerät nicht eingeschaltet.<br />

Die Verschüttungstiefe betrug 1 m.<br />

Unfallursachen<br />

Einzelne Spuren garantieren keine <strong>Lawine</strong>nsicherheit, selbst wenn ein Hang<br />

ohne <strong>Lawine</strong>nauslösung befahren wurde, bedeutet das nicht, dass er „sicher“ ist.<br />

Ohne die vollständige und funktionstüchtige <strong>Notfall</strong>ausrüstung ist eine Rettung<br />

aus der <strong>Lawine</strong> nur schwer möglich. Die perfekte Kameradenrettung der<br />

Gruppe zeigt deutlich, dass mit effizienter Hilfe schwerwiegende Folgen abgewendet<br />

werden können.


Gruppe (7) + 1 im Aufstieg<br />

Alle werden mitgerissen, 4 Ganzverschüttete<br />

gute Kameradenrettung<br />

Bergung ✝ 150 min (<strong>Lawine</strong>nhund)<br />

Hang: 40°, W (frisch verspurt)<br />

Gefahrenstufe 3<br />

<strong>Lawine</strong>nwarndienst Tirol<br />

Unfallbeispiel 3<br />

13


Dezember 2004, Gilfert, Tirol<br />

Eine 51-jährige Salzburgerin unternahm alleine eine Skitour in Richtung Gilfert im Tiroler Unterland.<br />

Als sie einen nordostseitigen Hang queren wollte, löste sich ca. 50 m oberhalb ein Schneebrett.<br />

Sie wurde nur ca. 8 m mitgerissen und dennoch „ganz verschüttet“ (mit Kopf und Oberkörper),<br />

wobei ein kleines Stück von ihrem Ski aus dem <strong>Lawine</strong>nkegel ragte. Nachdem die Tourengeherin<br />

nicht nach Hause gekommen ist, wurde die Suche eingeleitet, Im Zuge eines Suchfluges<br />

am nächsten Morgen wurde der <strong>Lawine</strong>nkegel entdeckt und die Tote geborgen. Es konnte keine<br />

Atemhöhle festgestellt werden, sie war bereits tot.<br />

Unfallursache<br />

Der vorliegenden Fall zeigt einmal mehr, dass man als AlleingängerIn bei<br />

<strong>Lawine</strong>nabgängen besonders schlechte Überlebenschancen hat.<br />

Schon kleine Zwischenfälle können dabei fatale Auswirkungen haben.


Alleingängerin löst <strong>Lawine</strong> aus<br />

wird 8 m mitgerissen und verschüttet<br />

bei Suchflug entdeckt<br />

Bergung ✝ 22 Std. (Oberflächensuche)<br />

35° steiler Nord-Ost Hang<br />

Gefahrenstufe 3<br />

<strong>Lawine</strong>nwarndienst Tirol<br />

Unfallbeispiel 4<br />

15


Trotz moderner Ausrüstung und guter Rettungstechnik sterben zu viele<br />

Wintersportler bei <strong>Lawine</strong>nunfällen!<br />

Die Unfallzahlen variieren von Jahr zu Jahr sehr stark. Gab es im Winter<br />

2003/04 „nur“ 8 <strong>Lawine</strong>ntote, waren im darauf folgenden Jahr 48 <strong>Lawine</strong>ntote<br />

zu beklagen. Die große Schwankungsbreite der Unfallzahlen ist in erster Linie auf<br />

die unterschiedlichen Verhältnisse zurückzuführen. In Wintern mit günstigem<br />

Schneedeckenaufbau gibt es prinzipiell weniger <strong>Lawine</strong>nunfälle als in Wintern<br />

mit schlechtem Schneedeckenaufbau.<br />

Eine alte Erkenntnis: Schneearme Winter sind häufig gefährliche Winter!<br />

Im langjährigen Durchschnittlich versterben 26 Menschen pro Jahr in Österreichs<br />

Bergen. Der Schwerpunkt des Unfallgeschehens liegt dabei im Westen<br />

(Tirol, Sbg. Vbg), was nicht zuletzt auch an der Häufigkeit der Befahrungen liegt.<br />

Allerdings muss festgestellt werden. dass sich die Anzahl der Aktiven in den<br />

letzten zwanzig Jahren vervielfacht hat. Das heißt, dass die Unfallzahlen relativ<br />

gesehen sinken.


BM.I Alpinpolizei, Kuratorium für Alpine Sicherheit, Bergrettung Österreich<br />

<strong>Lawine</strong>ntote Österreich 1987/88 - 2006/07<br />

17


Bei vielen Unfällen ist das Verhalten nicht den Verhältnissen angepasst!<br />

Die Kameradenrettung bleibt als letzte Chance zu oft ungenutzt!<br />

Betrachtet man das Unfallgeschehen so zeigen sich wiederkehrende Unfallmuster,<br />

die für den Großteil der <strong>Lawine</strong>nopfer verantwortlich sind. Grundsätzlich<br />

lassen sie sich darauf zurückführen, dass das Verhalten nicht der aktuellen<br />

Schnee- und <strong>Lawine</strong>nsituation angepasst ist. Beispielsweise werden in rund 40 %<br />

der Unfälle sehr steile Hänge trotz hoher <strong>Lawine</strong>ngefahrenstufe befahren.<br />

Weitere Unfallmuster sind: Alleingänger; gleichzeitiges Abfahren; Aufstieg oder<br />

Abfahrt in unbekanntes Gelände oder auch Missachtung von Absperrungen.<br />

In vielen Fällen ist die Kameradenrettung sozusagen die letzte Chance, die<br />

Konsequenzen aus der lebensbedrohlichen Situation des <strong>Lawine</strong>nabgangs zu<br />

minimieren. Leider zeigt die Praxis, dass es in ca. 20 % aller <strong>Lawine</strong>nunfälle zu<br />

schweren Mängeln bei der Rettung kommt. Konkrete Problemfelder sind:<br />

- Mangelhafte LVS-Suche;<br />

- die <strong>Notfall</strong>ausrüstung ist unvollständig oder fehlt vollkommen;<br />

- die Oberflächensuche wird nur „nachlässig“ durchgeführt;<br />

- die richtigen Rettungsmaßnahmen (Rettungskette) sind nicht bekannt.


Gunnar Ploner, Walter Würtl<br />

Problemfeld <strong>Lawine</strong>nauslösung<br />

Verhalten nicht den Verhältnissen angepasst<br />

Problemfeld Kameradenrettung<br />

Alleingänger, keine <strong>Notfall</strong>ausrüstung, fehlende Kenntnisse<br />

19


Da <strong>Lawine</strong>ngefahr stets auch Lebensgefahr bedeutet, besteht das vorrangige<br />

Ziel darin, eine <strong>Lawine</strong>nauslösung zu vermeiden!<br />

Wie in den Unfallbeispielen dargestellt, bedeutet <strong>Lawine</strong>ngefahr tatsächlich<br />

Lebensgefahr. Die Prävention von <strong>Lawine</strong>n muss daher an erster Stelle stehen.<br />

Mit Hilfe moderner Strategien (z.B. Stop or Go) und der Bereitschaft, auch einmal<br />

auf einen steilen Hang zu verzichten, kann die Auslösung von <strong>Lawine</strong>n deutlich<br />

reduziert werden.


Walter Würtl<br />

Hauptziel: <strong>Lawine</strong>nauslösung vermeiden<br />

21


Kommt es zur <strong>Lawine</strong>nauslösung, gilt es, die Verschüttung möglichst<br />

zu vermeiden!<br />

Wird man von einer <strong>Lawine</strong> erfasst, wäre es günstig an der Oberfläche zu bleiben,<br />

da 95 % der Teilverschütteten den <strong>Lawine</strong>nabgang überleben. Teilverschüttet<br />

bedeutet in diesem Zusammenhang, dass der Körper an der Oberfläche und<br />

der Kopf nicht verschüttet ist. Im Gegensatz dazu bedeutet “ganzverschüttet”,<br />

dass der Kopf von den Schneemassen verschüttet ist, auch wenn z.B. noch eine<br />

Hand aus dem Schnee ragt.<br />

Ob man an der Oberfläche zu liegen kommt, ist während des <strong>Lawine</strong>nabgangs<br />

kaum zu beeinflussen, außer man verwendet einen <strong>Lawine</strong>n-Airbag (ABS), der<br />

nachweislich die Verschüttungstiefe reduzieren kann.


Harald Riedl<br />

Zweitbeste Strategie: <strong>Lawine</strong>nverschüttung vermeiden<br />

95 % überleben eine Teilverschüttung<br />

23


Wer einen Airbag verwendet und diesen auch aktivieren kann, steigert seine<br />

Chancen einen <strong>Lawine</strong>nunfall zu überleben auf 98 %.<br />

Der einzige Ausrüstungsgegenstand, der eine Verschüttung verhindern bzw.<br />

die Verschüttungstiefe reduzieren kann ist der ABS-<strong>Lawine</strong>nairbag. Beim Abgang<br />

der <strong>Lawine</strong> löst man über einen Griff am Rucksackträger zwei Airbags aus, die<br />

sich in wenigen Sekunden aufblasen. Durch das zusätzliche Volumen von 150<br />

Litern wird man zum „größten Körnchen“ in der <strong>Lawine</strong> (bei gleicher Dichte). Aufgrund<br />

der Bewegung in der <strong>Lawine</strong> kommt es zu einer „Entmischung“ (inverse<br />

Segregation) wodurch der Träger des ABS-Ballons an der Oberfläche oder nahe<br />

dieser bleibt.<br />

Über 100 dokumentierte Fälle haben die Wirksamkeit des Systems hinlänglich<br />

bewiesen und eine wissenschaftliche Auswertung der Unfälle (Brugger et al.<br />

2006) führte zum Ergebnis, dass die Überlebenschancen von 71 % auf 98 %<br />

gestiegen sind.<br />

Der Nachteil des Airbags liegt darin, dass er aktiv ausgelöst werden muss. Ein<br />

relativ hoher Preis und ein Zusatzgewicht von rund 2 kg verhindern bislang eine<br />

weite Verbreitung des Airbags. Der ABS - <strong>Lawine</strong>nairbag gehört zwar (noch) nicht<br />

zur Standardausrüstung, kann aufgrund seiner hervorragenden Funktion jedoch<br />

uneingeschränkt empfohlen werden.


ABS, Lisa Manneh<br />

Verschüttung vermeiden mit ABS-<strong>Lawine</strong>nairbag<br />

Überlebenschancen 98 %<br />

25


Aktiv versuchen, die Verschüttung zu verhindern bzw. sich eine Atemhöhle<br />

zu schaffen.<br />

Kommt es tatsächlich zu einem <strong>Lawine</strong>nabgang, sollte man aktiv versuchen<br />

einer Verschüttung zu entgehen. Sobald man den <strong>Lawine</strong>nabgang bemerkt hat,<br />

sind folgende Maßnahmen zu ergreifen:<br />

<strong>Notfall</strong>ausrüstung aktivieren: Airbag oder <strong>Lawine</strong>nball auslösen oder das<br />

Mundstück der Avalung zwischen die Zähne nehmen.<br />

Fluchtfahrt: In Schussfahrt versucht man seitlich aus dem <strong>Lawine</strong>nhang<br />

hinauszufahren.<br />

Versuchen, sich an Bäumen oder Felsen festzuhalten, um ein Mitgerissenwerden<br />

zu verhindern.<br />

Kämpferisch versuchen an der Oberfläche zu bleiben, indem man sich nach<br />

„oben“ strampelt!<br />

Bei Stillstand sollte man die Hände kraftvoll vor das Gesicht ziehen, um eine<br />

Atemhöhle zu schaffen sowie eine Kauerstellung einnehmen.<br />

Einen einzigen Befreiungsversuch unternehmen. Danach die Kräfte schonen<br />

und an Rettung glauben.<br />

Achtung: Stockschlaufen, Fangriemen oder Skibindungen, die sich nicht öffnen,<br />

sind bei einem <strong>Lawine</strong>nabgang ungünstig, da diese wie Anker wirken.


Airbag, <strong>Lawine</strong>nball, AvaLung aktivieren; Fluchtfahrt<br />

Festklammern an Bäumen, Felsen etc.<br />

An der Oberfläche bleiben durch strampeln und “schwimmen”<br />

Kauerstellung einnehmen, Atemhöhle schaffen<br />

Einen einzigen Befreiungsversuch unternehmen<br />

An Rettung glauben (Suchhunde riechen ☺)<br />

Walter Würtl<br />

Selbstrettungsversuch<br />

27


<strong>Lawine</strong>ngefahr ist Lebensgefahr!<br />

Nur 46 % der Ganzverschütteten überleben in der <strong>Lawine</strong>.<br />

Dass <strong>Lawine</strong>ngefahr Lebensgefahr bedeutet, wurde schon mehrmals angesprochen.<br />

Leider zeigt auch die Unfallstatistik, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

bei Ganzverschüttung nur bei 46 % liegt. Das bedeutet, dass mehr als die<br />

Hälfte aller Personen die ganz von den Schneemassen begraben werden, in der<br />

<strong>Lawine</strong> auch sterben. Durch effiziente Kameradenrettung kann diese Zahl<br />

gesenkt werden. Voraussetzung dafür ist, dass sowohl die Ausrüstung als auch<br />

die Kenntnisse über die richtige Anwendung vorhanden sind.


Walter Würtl<br />

<strong>Lawine</strong>nverschüttung<br />

54 % überleben eine Ganzverschüttung nicht!<br />

29


Zeit ist Leben! Nach 15 Minuten leben noch über 90 %, nach 30 nur mehr<br />

50 % und nach 35 Minuten nur mehr 30 % der Verschütteten.<br />

Die Überlebenswahrscheinlichkeit in <strong>Lawine</strong>n hängt in erster Linie von der<br />

Dauer der Verschüttung ab. Während nach 15 Minuten noch über 90 % der Verschütteten<br />

leben, sind nach 30 Minuten bereits ca. die Hälfte und nach 35 Minuten<br />

über 70 % verstorben. Nach etwas mehr als 2 Stunden leben nur mehr 3 %.<br />

Diese Werte beziehen sich auf die Alpen. In den USA, wo es viele <strong>Lawine</strong>n im<br />

Wald gibt, ist die Zahl der tödlich Verletzten deutlich höher (bis 50 %).<br />

In den ersten Minuten versterben all jene, die aufgrund des Absturzes tödliche<br />

Verletzungen erleiden (ca. 10 %). Die weiteren Überlebenschancen sind<br />

abhängig vom Vorhandensein einer Atemhöhle.<br />

Ohne Atemhöhle können die ersten 15 Minuten überlebt werden. Der folgende<br />

steile Abfall der Überlebenskurve zwischen 15 und 30 Minuten ist darauf<br />

zurückzuführen, dass die Verschütteten keine Atemhöhle hatten und in dieser<br />

Zeit ersticken. Wer eine Atemhöhle hat, kann auch länger in einer <strong>Lawine</strong> überleben.<br />

Ab einer Verschüttungsdauer von über einer Stunde ist zunehmend mit einer<br />

allgemeinen Unterkühlung zu rechnen, die in ca. 5 % der <strong>Lawine</strong>nunfälle Todesursache<br />

ist. Als Anhaltspunkt kann angenommen werden, dass die Körpertemperatur<br />

pro Stunde ca. 6°C abnimmt. Es wurden aber auch schon Werte von bis zu<br />

10°C Temperaturabnahme festgestellt.


Verletzungen<br />

Ersticken<br />

ohne Atemhöhle<br />

Ersticken<br />

mit Atemhöhle<br />

Unterkühlung<br />

Quelle: Hermann Brugger<br />

Überlebenskurve<br />

Zeit ist Leben!<br />

31


Der <strong>Lawine</strong>nball ermöglicht eine rasche Oberflächensuche.<br />

Eine Methode die Suchzeit zu verkürzen ist es, einen Gegenstand sichtbar an<br />

der <strong>Lawine</strong>noberfläche zu haben, der einen Suchenden direkt zum Verschütteten<br />

leitet. Diese Idee wird vom <strong>Lawine</strong>nball umgesetzt. In einer Tasche am<br />

Rucksack verstaut kann dieser über eine Reißleine ausgelöst werden. Eine Feder<br />

spannt eine Art Lampion auf, der als leichtestes Teil in der <strong>Lawine</strong> an der Oberfläche<br />

bleibt. Über eine 6 m lange Schnur ist der <strong>Lawine</strong>nball mit dem Körper<br />

des Tourengehers verbunden. Die Suchenden können die Leine durch den<br />

Schnee herausziehen und gelangen so zum Verschütteten. Da die Schnur als<br />

Orientierung dient, erspart man sich auch das Sondieren.<br />

Der Nachteil dieses Systems liegt darin, dass die Verschüttungstiefe nicht<br />

beeinflusst wird und dass der <strong>Lawine</strong>nball aktiv ausgelöst werden muss. Dennoch<br />

kann der <strong>Lawine</strong>nball zusätzlich zur Standardausrüstung empfohlen werden.


<strong>Lawine</strong>nball<br />

<strong>Lawine</strong>nball<br />

Deutliche Suchzeitverkürzung, wenn der <strong>Lawine</strong>nball<br />

sichtbar ist!<br />

33


Mittels Avalung kann die Überlebenszeit auf über 60 Minuten<br />

verlängert werden.<br />

Einen völlig anderen Weg, die Überlebenschancen zu erhöhen, geht die Avalung.<br />

Mit ihr kann auch unter Schnee „weitergeatmet“ werden, da selbst der dichteste<br />

<strong>Lawine</strong>nschnee noch ca. 50 % Luft enthält. Über ein Mundstück wird die<br />

Einatemluft dem Schnee an der Körpervorderseite entzogen. Die Ausatemluft mit<br />

dem giftigen CO 2 wird über ein Ventil an die Körperrückseite abgegeben. Untersuchungen<br />

haben ergeben, dass ein Atmen auch noch nach einer Stunde möglich<br />

war. Damit ist die Überlebenszeit deutlich verlängert und die Rettungsmannschaften<br />

haben mehr Zeit zum Ausgraben zur Verfügung.<br />

Der Nachteil der Avalung liegt im Umstand, dass das Mundstück im Falle<br />

einer <strong>Lawine</strong> aktiv zwischen die Zähne genommen werden muss. Leider gibt es<br />

auch bei diesem System noch zu wenige dokumentierte Unfälle. In den 5 bestätigten<br />

Fällen hat sich die Avalung jedoch bestens bewährt und alle Verschütteten<br />

überlebten die <strong>Lawine</strong>. In diesem Sinne kann die Avalung zusätzlich zur <strong>Notfall</strong>ausrüstung<br />

empfohlen werden.


Black Diamond<br />

Avalung<br />

Verlängerung der Überlebenszeit auf über 60 min!<br />

35


Das LVS-Gerät gehört zur Standardausrüstung und ist stets mitzuführen -<br />

unabhängig davon, ob man alternative Systeme (Airbag, Avalung, <strong>Lawine</strong>nball)<br />

verwendet.<br />

Die Funktionsweise von LVS-Geräten ist jene eines passiven Senders und<br />

eines aktiven Empfängers. Dadurch kann ein Verschütteter sofort nach dem <strong>Lawine</strong>nabgang<br />

von seinen Kameraden gesucht werden. Ein Vorteil des LVS-Gerätes<br />

liegt auch darin, dass es permanent sendet und nicht extra aktiviert werden<br />

muss (sofern es bei Beginn der Tour eingeschaltet wurde).<br />

Grundlegend für LVS-Geräte ist, dass sie stets am Körper (Tragesystem) getragen<br />

werden, die Batterien geladen sind und am Ende der Saison herausgenommen<br />

werden. Vor Beginn jeder Tour ist ein LVS-Check durchzuführen.<br />

Die Nachteile der LVS-Geräte sind, dass eine Verschüttung nicht verhindert<br />

wird und dass die Suche trainiert werden muss. Leider zeigen Untersuchungen,<br />

dass nur wenige Tourengeher und Variantenfahrer auch tatsächlich mit dem LVS-<br />

Gerät umgehen können.<br />

Alle Geräte, die zwingend einen Ohrhörer benötigen, wie die Doppelfrequenzgeräte<br />

Pieps DF oder Ortovox F2 bzw. alle Einfrequenzgeräte mit 2,275 kHz<br />

müssen ausgeschieden werden. Geräte, die älter sind als 5 Jahre, sollten dem<br />

Hersteller zur Funktionsüberprüfung zugesandt werden.


Backcountry Access, Ortovox, Barryvox, Pieps, Arva<br />

LVS-Geräte<br />

LVS-Geräte haben eine Such- und Sendefunktion<br />

37


LVS-Geräte mit einer Antenne gibt es als rein analoge Geräte mit hoher Reichweite<br />

oder als digitale Geräte mit eingeschränkter Menüsteuerung.<br />

Rein analoge Geräte gehören zur ersten Generation von LVS-Geräten. Sie<br />

haben nur eine Antenne. Bei der Suche muss man diese Geräte der Feldlinie entsprechend<br />

ausrichten und bei der Annäherung die Lautstärke zurückdrehen.<br />

Der Vorteil von analogen Geräten liegt in der hohen Reichweite, der Nachteil<br />

liegt in der etwas komplizierteren Handhabung im Vergleich zu modernen<br />

digitalen Geräten.<br />

Das digitale Einantennengerät von PIEPS hat den Vorteil, dass man nicht<br />

mehr von Hand zurückregeln muss und die Suche dadurch erleichtert wird, wenn<br />

auch nicht so wie bei digitalen 3-Antennen-Geräten. Der niedrige Preis sollte für<br />

all jene ein Argument sein, die bislang aus Kostengründen kein LVS-Gerät verwendet<br />

haben.


Ortovox, Barryvox, Pieps<br />

LVS-Geräte<br />

Analoge / Digitale LVS-Geräte mit einer Antenne verlangen<br />

eine aktive Signalsuche<br />

39


Zwei-Antennengeräte zeigen sowohl die Richtung<br />

als auch die Entfernung eines Verschütteten.<br />

Digitale Geräte mit zwei Antennen machen es möglich, den Suchvorgang<br />

insofern zu erleichtern, als die Geräte sowohl eine Richtung als auch eine ungefähre<br />

Entfernung des Verschütteten vorgeben. Gerade bei Anwendern, die nicht<br />

laufend mit dem LVS- Gerät üben, bringt dies einiges an Erleichterung. Trotz der<br />

einfacheren Bedienung muss auch mit diesen Geräten regelmäßig geübt werden.


Barryvox, Backcountry Access, Arva<br />

LVS-Geräte<br />

Digitale LVS-Geräte mit zwei Antennen zeigen Richtung<br />

und Entfernung<br />

41


Drei-Antennengeräte sind Stand der Technik und bieten einige Vorteile beim<br />

Suchen. Aufgrund der zahlreichen Optionen ist dennoch eine intensive<br />

Auseinandersetzung nötig.<br />

Die letzte Entwicklung im LVS-Bereich betrifft Geräte, die drei Antennen zur<br />

Lokalisierung besitzen. Ihr großer Vorteil liegt darin, dass in der letzten Suchphase<br />

(Punktortung) keine irreführenden Maxima mehr angezeigt werden. Das heißt,<br />

dass das LVS-Gerät nur einen einzigen kleinsten Entfernungswert anzeigt (geringste<br />

Entfernungsanzeige = höchste Signalstärke). Mithilfe einer ausgeklügelten<br />

Software lassen sich mit diesen Geräten auch Szenarien mit mehreren verschütteten<br />

Personen technisch lösen (wenn auch nicht mit 100%iger Sicherheit).<br />

Die besondere Herausforderung bei diesen Geräten liegt darin, dass man sich<br />

eingehend mit der Funktionsweise und den verschiedenen Optionen auseinandersetzt.<br />

Trotz großer Entwicklungsschritte im LVS-Bereich können die Suchzeiten nur<br />

dann verkürzt werden, wenn man sein eigenes Gerät auch wirklich gut<br />

beherrscht!


Pieps, Mammut, Ortovox<br />

LVS-Geräte<br />

Digitale LVS-Geräte mit drei Antennen zeigen Richtung<br />

und Entfernung ohne irreführende Maxima<br />

43


RECCO ist ein gutes „backup“ für Tourengeher und Variantenfahrer.<br />

Zunehmend an Bedeutung gewinnt das RECCO - System. Es handelt sich<br />

dabei um Reflektoren, die man am Körper (in die Kleidung oder die Schuhe integriert)<br />

trägt und mit deren Hilfe man mittels Suchgerät relativ rasch gefunden<br />

werden kann.<br />

Das Problem dieses Systems liegt darin, dass es erst im planmäßigen Einsatz<br />

angewendet werden kann, da das Suchgerät erst zur <strong>Lawine</strong> gebracht werden<br />

muss. Durch Handyalarmierung und Hubschraubereinsatz werden die Einsatzzeiten<br />

immer kürzer und Rettungserfolge im planmäßigen Einsatz zunehmend häufiger.<br />

Dennoch steht die Kameradenrettung immer noch an oberster Stelle.<br />

Als Backup zur Standardausrüstung ist dieses preisgünstige und wartungsfreie<br />

System jedoch eindeutig zu empfehlen.


Recco<br />

Recco<br />

Gute Sucherfolge im planmäßigen Einsatz<br />

45


Die optimale Kombination der <strong>Notfall</strong>ausrüstung besteht aus: LVS-Gerät,<br />

Schaufel, Sonde, Airbag sowie Erste Hilfe Box, Biwaksack und Handy.<br />

Prinzipiell lassen sich bei der <strong>Notfall</strong>ausrüstung Rettungssysteme (z.B. Airbag)<br />

von Suchsystemen (z.B. LVS-Geräte) unterscheiden. Als Standardausrüstung<br />

muss jeder ein LVS-Gerät, Schaufel und Sonde und jeder zweite ein Handy, Erste<br />

Hilfe Box und Biwaksack mitnehmen, da nur das LVS-Gerät eine aktive Suche<br />

nach einem „passiven“ Sender und somit eine universelle Kameradenrettung<br />

erlaubt.<br />

Die Optimalvariante stellt der Airbag in Verbindung mit LVS (+ Schaufel,<br />

Sonde) dar, da er eine Verschüttung verhindern und somit die Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

deutlich steigern kann.<br />

Die Kombination von Avalung und LVS (+ Schaufel, Sonde) kann als „sehr gut“<br />

bezeichnet werden, da der Spielraum (Zeit) für die Rettung deutlich verlängert<br />

wird.<br />

Die Kombination von <strong>Lawine</strong>nball und LVS (+ Schaufel, Sonde) ist etwas weniger<br />

gut, da beides Suchsysteme sind. Eine evtl. verkürzte Suchzeit ist zwar günstig,<br />

jedoch besteht ein Hauptproblem im Ausgraben des Verschütteten und<br />

diese Zeit wird weder verkürzt (wie beim Airbag) noch die Überlebenszeit in der<br />

<strong>Lawine</strong> verlängert (wie bei der Avalung).


<strong>Notfall</strong>ausrüstung<br />

Kombinationsmöglichkeiten, stets mit Schaufel und Sonde<br />

47


Nur mit LVS-Gerät, Schaufel und Sonde bleibt man unter 15 Minuten.<br />

Die Grabezeit liegt immer über der Suchzeit!<br />

Der Wert von Schaufel und Sonde wird deutlich, wenn man sich die „Bergezeiten“<br />

bei einer Verschüttung von einem Meter Tiefe ansieht. Nur mit LVS-Gerät,<br />

Schaufel und Sonde bleibt man innerhalb der 15 Minuten in denen noch über<br />

90 % der Verschütteten am Leben sind. Ohne Schaufel und Sonde verliert man<br />

wertvolle Zeit.<br />

Wichtig ist festzuhalten, dass die Grabezeit immer über der Suchzeit liegt und<br />

daher durch effektives Graben viel Zeit eingespart werden kann.<br />

Bei Suchübungen ist jeweils auch darauf zu achten, dass ein koordiniertes<br />

und effizientes Schaufeln nicht nur angesprochen, sondern auch intensiv geübt<br />

wird.


[min]<br />

Quelle: S. Stumpert<br />

LVS. Schaufel. Sonde LVS. Schaufel LVS. keine Schaufel<br />

Grabezeiten: 1 m Tiefe<br />

Nur mit LVS-Gerät, Schaufel und Sonde ist effiziente<br />

Rettung möglich<br />

49


Die Schaufel ist immer mitzuführen.<br />

Auf stabile Ausführung, langen Stiel und großes Schaufelblatt ist zu achten.<br />

Die <strong>Lawine</strong>nschaufel gehört zur Standardausrüstung auf Tour und Variante.<br />

Jeder, der sich abseits der gesicherten Pisten bewegt, muss eine Schaufel mitführen.<br />

Damit auch effizient gegraben werden kann, sollte die Schaufel ein<br />

großes Blatt und einen langen Stiel haben. Auf eine stabile Ausführung (Metall)<br />

ist unbedingt zu achten!


Walter Würtl, G3<br />

<strong>Lawine</strong>nschaufel<br />

Wichtig: stabile Ausführung und ein großes Schaufelblatt!<br />

51


Die Sonde ist immer mitzuführen.<br />

Auf stabile Ausführung und eine Mindestlänge von 240 cm ist zu achten.<br />

Die <strong>Lawine</strong>nsonde gehört ebenso zur Standardausrüstung. Sie leistet wertvolle<br />

Dienste bei der Lokalisation eines Verschütteten. Neben einer stabilen<br />

Ausführung und einem guten Spannmechanismus ist auf eine Mindestlänge von<br />

240 cm zu achten. Die Sonde sollte sich auch rasch zusammenbauen lassen.<br />

Schraubsonden und Skistocksonden sind für die rasche Kameradenrettung<br />

nicht ideal.


Walter Würtl, Black Diamond<br />

<strong>Lawine</strong>nsonde<br />

Empfohlene Länge mindestens 240 cm<br />

53


Die Erste Hilfe Ausrüstung zählt zur Standardausrüstung.<br />

Zur Standardausrüstung (nicht nur im Winter) zählt eine angepasste Erste<br />

Hilfe Ausrüstung. Klein verpackt und gut gegen Nässe geschützt, bietet sie die<br />

Möglichkeit, nach Unfällen Erste Hilfe zu leisten.<br />

Bei Gruppen gilt als Anhaltswert, dass jeder Zweite eine Erste Hilfe Ausrüstung<br />

mitführt. Als günstig hat sich herausgestellt, dass auch Werkzeug<br />

(Multitool) bzw. Reparaturmaterial mitgeführt wird.<br />

Basisausstattung:<br />

1 Alu Rettungsdecke, 1 Beatmungshilfe (Ambu), 2 Paar Schutzhandschuhe,<br />

1 Dreieckstuch, 1 Wunddesinfektionsmittel (z.B. Betaisotona), 2 sterile Verbandspäckchen<br />

(Momentverbände), 2 Mullbinden, 4 sterile Wundauflagen (ca. 10 x<br />

10 cm), 1 Garnitur Heftpflaster, mehrere Wundnahtstreifen, 1 Rolle Tape,<br />

1 elastische Bandage, 1 Packung Blasenpflaster, 1 Schere, 1 kleine<br />

Pinzette, 3 Sicherheitsnadeln, Signalpfeife


Ronka Oberhammer, Peter Plattner<br />

Erste Hilfe Ausrüstung<br />

Standardausrüstung<br />

55


Mittels Handy kann rasch professionelle Hilfe alarmiert werden, was bei<br />

einem <strong>Lawine</strong>nabgang sehr wichtig ist.<br />

Die Effizienz eines Rettungseinsatzes hängt nicht zuletzt davon ab, ob man es<br />

schafft, rasch qualifizierte Hilfe zum Unfallort zu rufen. Ein Handy, ein Funkgerät<br />

oder ein Satellitentelefon leistet dabei hervorragende Dienste und deshalb sollte<br />

eines davon immer mitgeführt werden.<br />

Um die LVS-Suche nicht zu stören, darf das Handy nicht in unmittelbarer<br />

Nähe zum LVS- Gerät getragen werden (egal ob ausgeschaltet oder nicht), da die<br />

Antenne des Mobiltelefons die Sendeleistung des LVS-Gerätes negativ beeinflusst.<br />

Der Abstand zum LVS-Gerät muss wenigstens 30 cm betragen. Um die<br />

Akkus des Handys v.a. bei tiefen Temperaturen zu schonen, sollte es ausgeschaltet<br />

werden. Eingeschaltet kann es bleiben, wenn der Akku voll aufgeladen ist.


Walter Würtl, Nokia, Thuraya, Motorola<br />

Mobiltelefon, Funk, Satellitentelefon<br />

Um rasch professionelle Hilfe holen zu können<br />

57


Der Biwaksack gehört das ganze Jahr über zur Standardausrüstung<br />

bei Bergtouren.<br />

Der Biwaksack zählt wie das Handy und die Erste Hilfe Box zur Ganzjahres-<br />

<strong>Notfall</strong>ausrüstung. Da Wind und tiefe Temperaturen rasch zu kritischen Situationen<br />

führen, sollten so viele Biwaksäcke mitgenommen werden, dass die gesamte<br />

Gruppe versorgt werden kann. In Verbindung mit einer ALU-Rettungsdecke kann<br />

ein Auskühlen deutlich verlangsamt werden.<br />

Zweimann-Biwaksäcke sind deutlich besser geeignet als kleinere Modelle.


Walter Würtl<br />

Biwaksack<br />

Schutz vor Wind und Auskühlung<br />

59


Die topografische Karte ist die zentrale Planungsgrundlage und hilft auf Tour,<br />

dass man die Orientierung nicht verliert.<br />

Kritische Situationen kommen häufig dadurch zustande, dass man die Orientierung<br />

verliert. Eine topografische Karte, Kompass und Höhenmesser sollten<br />

deshalb immer dabei sein bzw. ist die Karte die wichtigste Grundlage bei der Planung<br />

von Skitouren. Die Orientierungsausrüstung gehört deshalb auch zur Standardausrüstung<br />

bei allen Bergtouren (Winter und Sommer).<br />

Bei schwierigen Touren oder am Gletscher leistet auch ein GPS-Gerät wertvolle<br />

Dienste. Dies natürlich nur, wenn man damit umgehen kann und die Batterien<br />

nicht versagen.


Walter Würtl, Garmin, Recta, Suunto<br />

Orientierungsausrüstung<br />

Orientierungsverlust führt oft zu gefährlichen Situationen<br />

61


Skihelme helfen, schwere Kopfverletzungen zu verhindern.<br />

In Anbetracht der hohen Zahl an Sturzunfällen bzw. aufgrund der Tatsache,<br />

dass zahlreiche <strong>Lawine</strong>nopfer schwere Schädel-Hirn-Verletzungen haben, ist die<br />

Verwendung von Helmen dringend anzuraten. Im Variantenbereich schon längst<br />

keine Seltenheit mehr, wird der Skihelm auch auf Tour zunehmend aktuell.


Peter Plattner<br />

Skihelm<br />

Standard<br />

63


Sturzunfälle liegen bei der Unfallursache an erster Stelle.<br />

Auch wenn aufgrund der Anzahl an Toten der Schwerpunkt der Notfälle im<br />

Bereich <strong>Lawine</strong>n liegt, darf dennoch nicht vergessen werden, dass die meisten<br />

Unfälle auf Stürze zurückzuführen sind.<br />

Auch Erschöpfung, Spaltenstürze, Erkrankungen oder das Verirren spielen<br />

eine wichtige Rolle. Es ist daher gerade im Bereich der Vorbeugung wichtig, diese<br />

Themenbereiche anzusprechen und entsprechende Gegenmaßnahmen<br />

zu ergreifen.


Quelle: Ueli Mosimann<br />

Notfälle im Winter<br />

Sturzunfälle machen fast die Hälfte der Unfälle aus<br />

65


Die Verbreitung der <strong>Notfall</strong>ausrüstung ist insgesamt unbefriedigend.<br />

Die „letzte Chance“ der Kameradenrettung bleibt somit vielfach ungenützt.<br />

Gesamthaft gesehen ist die Verbreitung der <strong>Notfall</strong>ausrüstung alles andere<br />

als zufriedenstellend. Noch immer verzichten rund 33 % der Tourengeher und<br />

67 % der Variantenfahrer auf die Mitnahme eines LVS-Gerätes.<br />

Die Verwendung alternativer Such- und Rettungsmittel ist noch wesentlich<br />

schlechter. Dies ist insofern bedauerlich, weil dadurch zu viele Wintersportler<br />

leichtfertig auf die Chance einer Rettung aus der <strong>Lawine</strong> verzichten.


Quelle: Walter Würtl<br />

Verbreitung der <strong>Notfall</strong>ausrüstung<br />

67


Die 8 Punkte bilden ein universelles Einsatzschema für die Kameradenrettung.<br />

Das <strong>Notfall</strong>kärtchen fasst alle wichtigen Punkte der <strong>Lawine</strong>nrettung<br />

zusammen. Der Wert eines solchen Kärtchens liegt nicht zuletzt darin, dass es<br />

permanent mitgeführt werden kann. Dies weniger, um im Ernstfall nachzulesen<br />

als vielmehr schon im Vorfeld immer wieder einmal durchzugehen, was im Falle<br />

eines <strong>Lawine</strong>nabganges gemacht werden soll.<br />

Erhältlich ist das <strong>Notfall</strong>kärtchen beim OeAV: shop@alpenverein.at


Quelle: Kuratorium für Alpine Sicherheit<br />

<strong>Notfall</strong>strategie<br />

69


Nach dem <strong>Lawine</strong>nabgang ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die Punkte<br />

am <strong>Notfall</strong>kärtchen nacheinander abzuarbeiten.<br />

Noch während des <strong>Lawine</strong>nabganges ist es wichtig, zu beobachten, wo sich<br />

der Erfassungspunkt und der Verschwindepunkt befinden. Diese beiden Punkte<br />

sollte man sich - falls möglich - merken und markieren.<br />

Bevor man mit der Kameradenrettung beginnt, sollte man einmal tief durchatmen,<br />

versuchen möglichst Ruhe zu bewahren und daran denken, dass die eigene<br />

Sicherheit Vorrang hat.<br />

Kommt man als Helfer zu einem <strong>Lawine</strong>nunfall, ist es besonders wichtig, sich<br />

einen guten Überblick zu verschaffen. Zeugen des <strong>Lawine</strong>nabgangs sind intensiv<br />

zu befragen: Wie viele Verschüttete Verschwindepunkt Mitgeführte <strong>Notfall</strong>ausrüstung<br />

Bei größeren Gruppen ist es notwendig, dass einer das Kommando bzw. die<br />

Koordination der Rettungsmaßnahmen übernimmt. Die Aufgabenverteilung ergibt<br />

sich aus den Punkten am <strong>Notfall</strong>kärtchen und hängt vom Ausbildungsstand der<br />

TeilnehmerInnen ab.


Einfahrtspur<br />

Erfassungspunkt<br />

Verschwindepunkt<br />

Walter Würtl<br />

Erfassungs- und Verschwindepunkt festhalten<br />

Ruhe bewahren und auf eigene Sicherheit achten<br />

Überblick verschaffen<br />

71


Sobald man einen ersten Überblick hat, sind möglichst rasch<br />

die Einsatzkräfte zu alarmieren (max. 1 Min.).<br />

Sofort nachdem man einen Überblick hat, gilt es, einen Notruf abzusetzen.<br />

Dafür darf aber maximal 1 Minute aufgewendet werden, da dies wertvolle Rettungszeit<br />

ist.<br />

Hat man einen Handyempfang, wählt man den Alpinnotruf 140. Hat man keinen<br />

Empfang mit dem eigenen Netz, jedoch Zugriff auf das eines anderen Netzbetreibers,<br />

wählt man die Nummer 112. Mit dem Euronotruf 112 kommt man in<br />

die nächstgelegene Leitstelle, von der aus der Einsatz koordiniert wird.<br />

Jede/r TeilnehmerIn sollte sich mit seinem Handy und die Möglichkeiten des<br />

Absetzen eines Notrufs auseinandersetzen. Beispielsweise gibt es Handys mit<br />

eigener Notruftaste, bzw. ist anstatt des PIN-Codes die 112 einzutippen.<br />

Rasch sind die folgenden Fragen zu beantworten: Was ist passiert Wo ist es<br />

passiert Wie viele Personen sind betroffen Wie sind die Wetter- und Sichtbedingungen<br />

Stets ist dabei den Anweisungen der Leitstelle zu folgen und deren<br />

Fragen zu beantworten. Die Leitstelle beendet das Gespräch. Danach sollte man<br />

noch erreichbar bleiben (Mobiltelefon eingeschaltet lassen).<br />

Bei der Ortsangabe ist es hilfreich, wenn man die UTM-Koordinaten des<br />

Unfallorts kennt. Diese können entweder der Karte entnommen (braucht Zeit)<br />

oder vom GPS-Gerät abgelesen werden.


Rasche Alarmierung der Einsatzkräfte (1 min)<br />

Alpinnotruf 140, Euronotruf 112<br />

Folge den Anweisungen der Leitstelle<br />

Beende das Gespräch nicht selbst und bleibe erreichbar!<br />

Walter Würtl<br />

Notruf absetzen<br />

Was Wo Wieviele Personen Wetter-/Sichtbedingungen<br />

73


Zuerst ist der primäre Suchraum festzulegen, da man dort die Suche beginnt.<br />

Die Suche beginnt, indem man anhand von Erfassungs- und Verschwindepunkt<br />

den primären Suchraum festlegt. Dies ist jener Bereich, in dem der Verschüttete<br />

wahrscheinlich liegt: Er befindet sich unterhalb des Verwindepunktes in<br />

Fließrichtung der <strong>Lawine</strong>.<br />

Erst nachdem dieser primäre Suchraum abgesucht wurde, geht man zu den<br />

Rändern. Der primäre Suchraum umfasst häufig auch Staubereiche bei Steinen,<br />

Bäumen oder Geländestufen.


Einfahrtspur<br />

Erfassungspunkt<br />

Verschwindepunkt<br />

primärer Suchraum<br />

Walter Würtl<br />

Suchbereich festlegen<br />

Wo sind die wahrscheinlichen Verschüttungsbereiche<br />

Suche im primären Suchraum beginnen!<br />

75


Bei der Oberflächensuche schauen, ob Körperteile oder<br />

Ausrüstungsgegenstände an der Oberfläche sichtbar sind.<br />

Der primäre Suchraum wird möglichst rasch aber sorgfältig einer Oberflächensuche<br />

unterzogen. Fundgegenstände werden dabei an Ort und Stelle belassen<br />

und deutlich sichtbar aufgestellt.<br />

In vielen Fällen führt schon die Oberflächensuche zum Erfolg. In unmittelbarer<br />

Nähe von Fundgegenständen ist die Chance, die verschüttete Person zu<br />

finden, besonders groß. Eine besonders aufmerksame Suche in diesem Bereich<br />

ist deshalb wichtig.<br />

Gleichzeitig sollte mit der LVS- Suche begonnen werden. Bei genügend Rettern<br />

ist es besser, die LVS-Suche und die Oberflächensuche getrennt durchführen<br />

zu lassen.


Walter Würtl<br />

Oberflächensuche<br />

Gegenstände an Ort und Stelle belassen (markieren)<br />

Bei genügend Rettern: getrennte LVS-Suche durchführen<br />

77


Die LVS-Suche sollte möglichst gleichzeitig mit der Oberflächensuche<br />

beginnen.<br />

Jene Retter, welche die LVS-Suche durchführen, schalten ihr Gerät auf<br />

„Empfang“. Alle anderen schalten ihr Gerät aus (!), damit es keine störenden<br />

Signale gibt.<br />

Schaufel und Sonde sind stets mitzuführen bzw. bleibt der Rucksack am<br />

Retter.<br />

Die LVS-Suche kann mit oder ohne Skier, von oben nach unten oder von<br />

unten nach oben durchgeführt werden.<br />

Die Anzahl der Suchenden ergibt sich aus der Anzahl der Verschütteten (1:1)<br />

bzw. aus der Größe der <strong>Lawine</strong>. Bei großen <strong>Lawine</strong>n und mehreren Rettern<br />

bildet man eine Suchkette.


Walter Würtl<br />

LVS-Gerät Suche<br />

Alle nicht benötigten LVS-Geräte ausschalten<br />

Schaufel und Sonde stets mitnehmen<br />

79


Je nach Situation ergeben sich drei Möglichkeiten der Grobsuche:<br />

in Serpentinen von oben, in rechtwinkligen Suchstreifen von unten oder in<br />

parallelen Suchstreifen von unten (Suchkette).<br />

Die Suchphase bis zum Erstempfang nennt man Grobsuche. Die Suchstreifenbreite<br />

ist geräteabhängig und beträgt zwischen 20 und 50 m, wobei eine Suchstreifenbreite<br />

von 50 m in der Praxis kaum einzuhalten ist. Die maximale Suchstreifenbreite<br />

ist der Gerätebeschreibung der LVS-Geräte zu entnehmen.<br />

Kommt man von oben mit Skiern, erfolgt die Grobsuche in Serpentinen (linkes<br />

Bild). Kommt man von unten, legt man rechtwinklige Suchstreifen an, da man<br />

dadurch weniger Weg zurücklegen muss (Bild in der Mitte). Bei mehreren Rettern<br />

teilt man den <strong>Lawine</strong>nkegel in 20 m breite Streifen und geht gleichzeitig nach<br />

oben oder nach unten (rechtes Bild).<br />

Bei der Grobsuche ist es notwendig, möglichst rasch (im Laufschritt) vorzugehen.<br />

Prinzipiell sollten so viele Personen die LVS-Suche durchführen wie es Verschüttete<br />

gibt. Bei großen <strong>Lawine</strong>n ist die Grobsuche in einer Suchkette mit<br />

einem Abstand von 20 m durchzuführen. Dabei ist genau auf die klare Aufteilung<br />

und Einhaltung der Suchstreifen zu achten (rechtes Bild).


20 - 50 m<br />

20 - 50 m<br />

20 m 20 m 20 m<br />

Walter Würtl<br />

Grobsuche<br />

Suchsteifenbreite ist geräteabhängig: 20 - 50 m<br />

81


Bei der “Feinsuche” nähert man sich bogenförmig auf der Feldlinie<br />

(geräteunabhängig).<br />

Nach dem Erstempfang beginnt die Feinsuche. Dabei ist es ohne Bedeutung,<br />

welches LVS-Gerät man benutzt, man muss immer der Feldlinie folgen, das heißt<br />

die Annäherung erfolgt in einem Bogen.<br />

Die Vorgehensweise bei der Feinsuche ist vergleichbar dem Landeanflug von<br />

Flugzeugen (Airport approach): Je näher man dem Verschütteten kommt, desto<br />

genauer und langsamer geht man vor und führt dabei das LVS-Gerät auch zunehmend<br />

tiefer bis zur Schneeoberfläche. (Quelle: Manuel Genswein,<br />

www.genswein.com)


Walter Würtl, Lisa Manneh<br />

Feinsuche<br />

Annäherung erfolgt bogenförmig auf der Feldlinie<br />

83


Bei analogen Geräten suchen wir aktiv das lauteste Signal und folgen diesem.<br />

Bei analogen Geräten folgt man stets dem lautesten Ton. Um die richtige<br />

Richtung herauszufinden, wird das Gerät in einem Winkel von ca. 90° horizontal<br />

geschwenkt. Hat man den lautesten Ton festgestellt, geht man in diese Richtung<br />

weiter.<br />

Achtung: Schwenkt man das Gerät zu weit nach „hinten“, wird das Signal wieder<br />

„lauter“ - man würde dann aber direkt in die entgegengesetzte Richtung gehen.<br />

Sobald der Ton deutlich wahrnehmbar ist, dreht man den Lautstärkenregler<br />

zurück, damit die Lautstärkenunterschiede auch gut erkannt werden können und<br />

das Suchfeld zunehmend eingeengt wird.<br />

Bei der Annäherung bleibt man immer wieder (ca. alle 5 m) kurz stehen, um<br />

das Gerät zu bedienen bzw. die Richtung des stärksten Signals herauszufinden.


Walter Würtl, Lisa Manneh<br />

Feinsuche analog<br />

Bei analogen Geräten sucht man aktiv den lautesten<br />

Signalton<br />

85


Den Pfeilen bzw. der Entfernungsanzeige am Display permanent (ohne anzuhalten)<br />

folgen. Dabei zügig, jedoch nicht hektisch vorgehen.<br />

Bei digitalen Geräten folgt man den im Display angezeigten Richtungsangaben<br />

(Pfeile). Im Display wird auch die Entfernung (ungefährer Wert in Metern)<br />

angezeigt. Diese Anzeigen machen die LVS-Suche deutlich einfacher, weshalb<br />

digitale Geräte zu bevorzugen sind.<br />

Bei der Feinsuche sollte das Gerät möglichst wenig gedreht werden.<br />

Als Unterstützung dient bei den meisten Geräten ein Systemton, der bei<br />

Annäherung zunehmend lauter (schneller) wird.<br />

Bei der Annäherung geht man permanent vorwärts - ohne anzuhalten - und<br />

richtet sich dabei laufend nach den Richtungsangaben des LVS-Gerätes aus.


Walter Würtl, Lisa Manneh<br />

Feinsuche digital<br />

Bei digitalen Geräten folgt man den Anzeigen im Display<br />

87


Langsam und genau - direkt an der Oberfläche - rechtwinklig arbeiten. Dabei<br />

darf das Gerät nicht mehr gedreht werden.<br />

Spätestens bei einer Entfernung von ca. 3 m beginnt man mit der letzten<br />

Suchphase der Punktortung. Diese wird bei allen Geräten „rechtwinkelig“ ausgeführt,<br />

wozu das Gerät knapp über die Schneeoberfläche in Kreuzform bewegt<br />

wird (Einzkreuzen). Das LVS-Gerät darf dabei nicht mehr gedreht werden!<br />

Bei analogen Geräten wird die Lage des Verschütteten durch den lautesten<br />

Ton angezeigt. Bei digitalen Geräten zusätzlich durch die geringste Entfernungsanzeige<br />

oder durch ein Symbol im Display.<br />

Bei der Punktortung sollte wirklich behutsam vorgegangen werden, um eine<br />

vorhandene Atemhöhle nicht zu zerstören.<br />

Beim „Einkreuzen“ sollten keine Metallsonden oder Metallstöcke auf den<br />

Boden gelegt werden, da diese die Feldlinien des Senders stören (beugen) können.<br />

Hinweis: Führt die LVS-Suche nicht zum Erfolg, ist ein neuerlicher Notruf abzusetzen<br />

bzw. sind die Rettungsmannschaften zu kontaktieren.


Walter Würtl<br />

Punktortung<br />

Gerät nicht drehen und knapp über der Oberfläche führen<br />

89


Systematisches Sondieren spart Suchzeit, gibt Auskunft über die<br />

Verschüttungstiefe und dient als Orientierung beim Graben.<br />

Nach der Punktortung legt man das LVS-Gerät zur Seite und beginnt am<br />

Punkt der geringsten Entfernung bzw. der höchsten Signalstärke mit dem<br />

Sondieren.<br />

Führt der erste Sondenstich nicht zum Erfolg, wird spiralförmig weitersondiert<br />

(Abstand der Sondierpunkte ca. 25 cm). Durch eine systematische Sondierung<br />

lässt sich relativ rasch ein großer Bereich absuchen. Spiralförmig Sondieren hat<br />

den Vorteil, dass man kleine Wege macht und auch nach „hinten“ arbeitet. Hat<br />

man einen „Treffer“, bleibt die Sonde als Orientierung für das Ausschaufeln<br />

stecken. (Quelle: Manuel Genswein, www.genswein.com)<br />

Beim Sondieren führen wir die Sonde im rechten Winkel zur Schneeoberfläche<br />

ein. (Quelle: Manuel Genswein, www.genswein.com)<br />

Die Sonde hat den Vorteil, dass sie den Sucherfolg bestätigt, man dadurch<br />

neue Motivation schöpft und Informationen über die Verschüttungstiefe<br />

bekommt.


25 cm<br />

25 cm<br />

Walter Würtl<br />

Sondieren<br />

Am Punkt der geringsten Entfernung beginnen und<br />

spiralförmig nach außen gehen<br />

91


Beim Ausschaufeln sollte großflächig und effizient gegraben werden, da man<br />

dadurch wertvolle Zeit gewinnt.<br />

Hat man einen Treffer, bleibt die Sonde als Orientierung stecken. Wichtig ist<br />

dabei, dass großflächig und effizient gegraben wird.<br />

Der Punkt, wo ich mit dem Schaufeln beginne, befindet sich schräg unterhalb<br />

des Verschütteten im Abstand der Verschüttungstiefe. Das heißt, dass man bei<br />

einer Verschüttungstiefe von einem Meter auch einen Meter unterhalb der Sonde<br />

zu graben beginnt.<br />

Achtung: Durch gute Schaufelarbeit gewinnt man wertvolle Zeit!


Walter Würtl<br />

Ausschaufeln<br />

Sonde bleibt als Orientierung stecken<br />

Großflächig und effizient graben<br />

93


Kommt man zum Körper, gräbt man vorsichtig - zuletzt mit den Händen - und<br />

achtet auf das Vorhandensein einer Atemhöhle.<br />

Die letzte Phase der Rettung ist besonders wichtig! Arbeiten mehrere Helfer<br />

zusammen, müssen sich diese gut koordinieren. Sofort müssen der Kopf freigelegt<br />

und die Atemwege freigemacht werden. Dabei ist auf das Vorhandensein<br />

einer Atemhöhle zu achten. Diese Information ist für die medizinische Weiterbehandlung<br />

von Bedeutung.<br />

Zuletzt wird mit den Händen gegraben, um den Kopf zu schützen.<br />

Hat man den Körper freigeschaufelt, ist das LVS-Gerät auszuschalten, um die<br />

weitere LVS-Suche bei mehreren Verschütteten nicht zu stören.


Walter Würtl<br />

Ausschaufeln<br />

Sofort den Kopf freilegen und die Atemwege freimachen<br />

Atemhöhle: Ja - Nein<br />

LVS-Gerät ausschalten!<br />

95


Jeder Verschüttete sollte so schonend wie möglich geborgen und<br />

abtransportiert werden.<br />

Ist der Verunfallte freigeschaufelt, sind die lebensrettenden Sofortmaßnahmen<br />

zu ergreifen. Dabei ist auf möglichst schonende Bergung und auf Kälteschutz<br />

zu achten.<br />

Der Abtransport hat wie die Bergung so schonend wie möglich zu erfolgen.<br />

Beim Einsatz von Hubschraubern ist unbedingt den Anweisungen der Rettungsmannschaften<br />

zu folgen.<br />

Auch bei scheinbar unverletzten <strong>Lawine</strong>nopfern ist eine ärztliche Versorgung<br />

bzw. Untersuchung anzustreben.


Walter Würtl<br />

Bergen und Erste Hilfe<br />

Lebensrettende Sofortmaßnahmen und Kälteschutz<br />

Schonende Bergung und behutsamer Abtransport<br />

97


Eine effiziente Erste Hilfe gehört genau so zur Kameradenrettung wie die<br />

anderen Rettungsmaßnahmen.<br />

Aufgrund der besonderen Situation bei einem <strong>Lawine</strong>nunfall sollte man sich<br />

unbedingt eingehend mit den Erste Hilfe Maßnahmen auseinandersetzen.<br />

Die wichtigsten Punkte bei der <strong>Lawine</strong>nrettung sind:<br />

1. Ausgraben und Kopf freilegen<br />

Falls Verschütteter bewusstlos ist:<br />

Atemhöhle vorhanden sofort Atemwege von Schnee befreien anschließend<br />

Kopf überstrecken<br />

2. Atemkontrolle<br />

Falls normale Atmung feststellbar:<br />

vorsichtig weiter bergen stabile Seitenlage vor Kälte schützen und<br />

überwachen<br />

3. Sofortige Beatmung<br />

Falls keine normale Atmung feststellbar:<br />

sofort mit der Beatmung beginnen weiter ausgraben<br />

4. Herzlungenwiederbelebung 30:2<br />

Falls normale Atmung zwischenzeitlich nicht einsetzt:<br />

sobald durchführbar (fester Untergrund ...) Herzdruckmassage 30:2


Quelle: Kuratorium für Alpine Sicherheit<br />

Erste Hilfe<br />

Lebensrettende Sofortmaßnahmen<br />

99


Volle Konzentration beim Hubschraubereinsatz. Den Anweisungen der Crew<br />

unbedingt Folge leisten.<br />

Bei vielen Rettungseinsätzen im Gebirge kommt der Hubschrauber zum Einsatz.<br />

Der Landeplatz sollte einigermaßen eben, hindernisfrei und mindestens 5 x<br />

5 Meter groß sein. Die Entscheidung, ob gelandet wird, bleibt immer dem Piloten<br />

vorbehalten. Bei Tiefschnee ist der Landeplatz nach Möglichkeit mit Skiern festzutreten.<br />

Der Einweiser steht mit dem Rücken zum Wind am Ende des Landeplatzes.<br />

Da bei der Landung sehr viel Schnee aufgewirbelt wird, empfiehlt es sich, eine<br />

Skibrille aufzusetzen und die Anorakkapuze überzuziehen.<br />

Bei der Landung muss der Einweiser unbedingt stehen (knien) bleiben! Er ist<br />

bei Schnee die einzige Orientierungshilfe für den Piloten.<br />

Achtung: Der unmittelbare Bereich um den Hubschrauber ist Gefahrenzone!<br />

Lose Gegenstände (z.B. Biwaksack, Bekleidung etc.) müssen versorgt werden.<br />

Nur auf Zeichen der Besatzung annähern und deren Anweisungen strikt befolgen!


Walter Würtl<br />

Hubschrauberrettung<br />

Beim Landen auf Schnee ist ein Einweiser von großem Vorteil<br />

Landeplatz: mindestens 5 x 5 m, hindernisfrei<br />

101


Um Fehleinsätze zu verhindern, sind verursachte <strong>Lawine</strong>nabgänge zu melden.<br />

Um keine aufwändigen und gefährlichen Fehleinsätze der Bergrettung zu verursachen,<br />

sollten alle <strong>Lawine</strong>nauslösungen gemeldet werden. Dies hat auch den<br />

Vorteil, dass sie statistisch erfasst werden können und somit Grundlagen für die<br />

Unfallprävention darstellen.


Walter Würtl<br />

<strong>Lawine</strong>nauslösung melden<br />

... um Fehleinsätze zu verhindern<br />

103


“Wo aber Gefahr ist, da wächst das Rettende auch.”<br />

Friedrich Hölderlin


Peter Plattner<br />

Erlebnisreiche Touren!<br />

105


[recco von Dale Atkins] aus bergundsteigen 4/06<br />

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Effiziente Hilfe nach einem <strong>Lawine</strong>nabgang

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