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(NÖV) 2/2006 - Bezirksregierung Köln

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<strong>NÖV</strong><br />

Nachrichten aus dem öffentlichen Vermessungswesen<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Innenministerium<br />

des Landes<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

<strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong><br />

Geodätischer Raumbezug in NRW – gestern, heute und zukünftig –<br />

Wolfgang Irsen 3<br />

Mit ALKIS ® in ein neues Zeitalter<br />

Stephan Heitmann 13<br />

Präsentation von ALKIS ® Standardausgaben in NRW<br />

– ein Werkstattbericht<br />

Klaus Heyer 17<br />

Amtliche Hauskoordinaten, ein Angebot der AdV<br />

Martin Knabenschuh und Gerfried Westenberg 27<br />

Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen mit SAPOS ®<br />

Wolfgang Kuttner, Katja Nitzsche und Peter Reifenrath 37<br />

Zur Vertretung von Kirchengemeinden im Grenzfeststellungsund<br />

Abmarkungsverfahren<br />

Markus Rembold 51<br />

GPS-Antennenkalibrierungen beim Landesvermessungsamt NRW<br />

– Konzept und erste Erfahrungen<br />

Manfred Spata, Bernhard Galitzki, Klaus Strauch und<br />

Heidrun Zacharias 62<br />

Neue Mess-Schiene mit CFK-Stab zur EDM-Eichung<br />

beim Landesvermessungsamt NRW<br />

Walter Knapp 78<br />

Zur Überprüfung der NN- und NAP-Höhen der Unterirdischen<br />

Festlegungen (UF) an der Grenze zu den Niederlanden<br />

Reiner Boje, Winfried Klein, Jürgen Schulz und Manfred Spata 81


Inhaltsverzeichnis<br />

Aufsätze, Abhandlungen 3<br />

Geodätischer Raumbezug in NRW – gestern, heute und zukünftig –<br />

Wolfgang Irsen 3<br />

Mit ALKIS ® in ein neues Zeitalter<br />

Stephan Heitmann 13<br />

Präsentation von ALKIS ® Standardausgaben in NRW – ein Werkstattbericht<br />

Klaus Heyer 17<br />

Amtliche Hauskoordinaten, ein Angebot der AdV<br />

Martin Knabenschuh und Gerfried Westenberg 27<br />

Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen mit SAPOS ®<br />

Wolfgang Kuttner, Katja Nitzsche und Peter Reifenrath 37<br />

Zur Vertretung von Kirchengemeinden im Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahren<br />

Markus Rembold 51<br />

GPS-Antennenkalibrierungen beim Landesvermessungsamt NRW<br />

– Konzept und erste Erfahrungen<br />

Manfred Spata, Bernhard Galitzki, Klaus Strauch und Heidrun Zacharias 62<br />

Neue Mess-Schiene mit CFK-Stab zur EDM-Eichung beim Landesvermessungsamt NRW<br />

Walter Knapp 78<br />

Zur Überprüfung der NN- und NAP-Höhen der Unterirdischen Festlegungen (UF)<br />

an der Grenze zu den Niederlanden<br />

Reiner Boje, Winfried Klein, Jürgen Schulz und Manfred Spata 81<br />

Nachrichten/Aktuelles 93<br />

Termine 104<br />

Aufgespießt 104<br />

Buchbesprechungen 105


Aufsätze, Abhandlungen<br />

Der geodätische Raumbezug in Nordrhein-Westfalen<br />

– gestern, heute und zukünftig –<br />

Von Wolfgang Irsen<br />

Einleitung<br />

Der geodätische Raumbezug steht in Deutschland<br />

vor einem großen Umbruch. Die Auswirkungen<br />

des Global Positioning System (GPS)<br />

machen sich überall im Vermessungswesen<br />

bemerkbar, nicht zuletzt bei der Einführung<br />

eines einheitlichen, europaweiten Bezugssystems<br />

in allen Bereichen der Landesvermessung<br />

und des Liegenschaftskatasters. Die AdV hat<br />

2004 in einem Grundsatzbeschluss eine Strategie<br />

für den einheitlichen Raumbezug in<br />

Deutschland vorgeschlagen. Möglichkeiten für<br />

die in NRW beabsichtigte Umsetzung dieses<br />

Beschlusses werden vorgestellt und diskutiert.<br />

1 Wie war der geodätische Raumbezug<br />

bisher festgelegt und geregelt?<br />

Um Punkte in der Ebene oder im dreidimensionalen<br />

Raum untereinander in Beziehung zu<br />

bringen, werden bekanntlich Koordinaten und<br />

Höhen benutzt, die in einem festgelegten<br />

Bezugssystem bestimmt sind. Grundlegende<br />

Bedingung hierfür ist der Bezug auf eine einheitliche<br />

geodätische Grundlage. Diese<br />

Grundlagen ermittelten in zurückliegender<br />

Zeit die einzelnen Staaten jeweils für sich,<br />

sodass es für Europa über mehrere Jahrhunderte<br />

hinweg keine einheitlichen Festlegungen<br />

gab, sondern stets nur nationale Referenzsysteme.<br />

Dabei wurde die Positionierung von<br />

Punkten an der Erdoberfläche in die lagemäßige<br />

und in die höhenmäßige Bearbeitung aufgeteilt,<br />

bedingt durch verschiedene Messverfahren<br />

der Lage- und Höhenmessung wie auch<br />

durch die Tatsache, dass für beide Angaben<br />

völlig andersartige Bezugssysteme zugrunde<br />

liegen. Während Lageangaben stets auf einer<br />

mathematisch definierten, geometrischen Bezugsfläche<br />

basieren, gründen sich Höhensysteme<br />

meist auf physikalisch festgelegte<br />

Bezugsflächen. Die Realisierung der Bezugssysteme<br />

für die Lage, die Höhe und die Schwere<br />

erfolgte durch dauerhaft vermarkte Festpunkte<br />

an der Erdoberfläche, für die jeweils<br />

Koordinaten, Höhen oder Schwerewerte in den<br />

jeweiligen Bezugssystemen bestimmt und<br />

nachgewiesen wurden. Neben der Bestimmung<br />

der Referenzwerte dieser Punkte erforderte<br />

vor allem die Pflege und Erhaltung der<br />

Festpunkte einen großen und kostenträchtigen<br />

Personaleinsatz.<br />

1.1 Lagebezug<br />

Der heutige amtliche Lagebezug in Nordrhein-<br />

Westfalen geht zurück auf die Königlich<br />

Preußische Landesaufnahme nach 1875 und in<br />

einigen Bereichen sogar auf die Zeit davor, also<br />

datiert in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.<br />

Mehrfach wurde der Lagebezug im Laufe der<br />

Zeit erneuert und den Gegebenheiten und<br />

Erfordernissen abgepasst, vornehmlich in solchen<br />

Gebieten, in denen sich die Erdoberfläche<br />

als Auswirkung von Bergbauaktivitäten veränderte.<br />

So verzeichnen wir heute in NRW mehr<br />

als 20 unterschiedliche Lagebezugssysteme,<br />

die zwar zumeist nur regionale Bedeutung<br />

haben, aber oft nicht zueinander kompatibel<br />

sind und nicht miteinander vermischt werden<br />

dürfen. Eine durchgreifende Erneuerung erfuhr<br />

der Lagebezug in NRW in den 70er Jahren<br />

des 20. Jahrhunderts. Das bis dahin zugrunde<br />

liegende Lagefestpunktfeld war fast<br />

ausschließlich durch Winkelmessung entstanden,<br />

seinen Maßstab erhielt das gesamte trigonometrische<br />

Netz in Preußen lediglich durch<br />

einige wenige, über Preußen verteilte Basismessungen.<br />

Ein Maßstabsgefälle im gesamten<br />

Netz sowie Spannungen bei der Stückvermessung<br />

im Liegenschaftskataster im Detail waren<br />

die Folge. Durch die in den 1970er Jahren aufkommende<br />

elektronische Streckenmessung<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 3


konnte man erstmals die Strecken zwischen<br />

Trigonometrischen Punkten (TP) unmittelbar<br />

messen und somit die Mängel des bestehenden<br />

Lagebezugsnetzes aufdecken und nachweisen.<br />

Sehr bald genügte das vorhandene Lagenetz<br />

nicht mehr den Anforderungen und man entschloss<br />

sich zu einer groß angelegten Netzerneuerung,<br />

die hauptsächlich auf dem Verfahren<br />

der Trilateration basierte. In vielen Bundesländern<br />

machte man ähnliche Erfahrungen; man<br />

konnte sich jedoch aus verschiedenen Gründen<br />

nicht zu einem bundesweit einheitlichen Handeln<br />

verständigen. So entstanden unterschiedliche<br />

Realisierungen dieser Netzerneuerung<br />

auf der Ebene einzelner Länder, wie z.B. in<br />

NRW das Netz77, in Rheinland-Pfalz das<br />

Netz80 oder in Niedersachsen das Netz mit der<br />

Bezeichnung Lagestatus 100. Für NRW wurde<br />

durch geeignete Anschlussvermessungen und<br />

-berechnungen ein nahtloser Übergang zu den<br />

Nachbarländern sicher gestellt.<br />

1.2 Höhenbezug<br />

Auch der amtliche Höhenbezug in Nordrhein-<br />

Westfalen geht zurück auf die Königlich<br />

Preußische Landesaufnahme. Nach einer ersten<br />

weitmaschigen Höhenmessung und -auswertung<br />

ohne Berücksichtigung des Erdschwerefeldes<br />

erneuerte man ab 1912 das<br />

Höhenfestpunktfeld unter Verwendung normalorthometrischer<br />

Korrektionen. Die Höhen<br />

werden als Höhen über Normal Null (NN)<br />

bezeichnet, Ausganghöhe war in beiden Fällen<br />

der Haupthöhenpunkt bei Berlin, der vom<br />

Amsterdamer Pegel abgeleitet worden war.<br />

1980 – 1986 haben die (alten) Bundesländer<br />

der Bundesrepublik Deutschland das Haupthöhennetz<br />

nach einheitlichen Kriterien neu<br />

gemessen und anschließend in einer Gesamtausgleichung<br />

ausgewertet (DHHN85). Bevor<br />

die Ergebnisse des neuen Haupthöhennetzes<br />

in den Bundesländern eingeführt waren, kam<br />

es zur Wiedervereinigung mit der DDR. Da<br />

auch dort nur wenige Jahre zuvor eine Erneuerung<br />

des Höhennetzes durchgeführt worden<br />

war, hat man auf Empfehlung der Arbeitsgemeinschaft<br />

der Vermessungsverwaltungen der<br />

Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

(AdV) Verbindungen zwischen den beiden<br />

Höhennetzen gemessen und eine Gesamtausgleichung<br />

aller Nivellementmessungen durch-<br />

4<br />

geführt. Das Ergebnis ist das heutige amtliche<br />

Höhenbezugssystem, das Deutsche Haupthöhennetz<br />

1992 (DHHN92). Die Gebrauchshöhen<br />

sind als Normalhöhen nach Molodenski<br />

berechnet und werden als Höhen über<br />

Normalhöhennull (NHN) bezeichnet. Bezugsfläche<br />

ist das Quasigeoid, das unter Verwendung<br />

von Parametern des GRS80 berechnet ist<br />

und durch den Nullpunkt des ehemaligen<br />

Amsterdamer Pegels verläuft.<br />

1.3 Schwerebezug<br />

Die Entwicklung der Schweremessungen<br />

hoher Genauigkeiten ist sehr eng mit der Entwicklung<br />

geeigneter, vor allem auch mobiler<br />

Geräte verbunden. In der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts<br />

wurde in Deutschland die Schwere im<br />

Rahmen der geophysikalischen Reichsaufnahme<br />

durch Pendelbeobachtungen im Potsdamer<br />

Schweresystem bestimmt. Mit der technischen<br />

Verbesserung der Absolut- und der Relativgravimeter<br />

wurden in der Folge immer wieder<br />

amtliche gravimetrische Beobachtungen in<br />

Netzen durchgeführt, die heute nur noch historische<br />

Bedeutung haben (Günther, 2005). Heutige<br />

Grundlage des Schwereniveaus in<br />

Deutschland ist das Deutsche Schweregrundnetz<br />

1994 (DSGN94). Durch Einrechnung des<br />

Deutschen Hauptschwerenetzes 1982 in dieses<br />

Grundnetz entstand in den alten Bundesländern<br />

das Deutsche Hauptschwerenetz 1996<br />

(DHSN96), während es in den neuen Bundesländern<br />

durch Neumessung entstand (AdV,<br />

1999).<br />

2 Änderungen durch das Satellitenpositionierungssystem<br />

GPS<br />

Infolge der Ende des 20. Jahrhunderts ständig<br />

fortschreitenden Entwicklung des weltweit<br />

zugänglichen Global Positioning Systems<br />

(GPS) und dessen Nutzbarmachung für Positionierungen<br />

und hochgenaue Vermessungsarbeiten<br />

entstanden sehr bald Forderungen nach<br />

einem europaweit einheitlichen Bezugssystem.<br />

Diese Vorschläge wurden durch die zur gleichen<br />

Zeit ständig wachsende europäische Integration<br />

auf politischer Ebene – einschl. der<br />

Wiedervereinigung der deutschen Staaten<br />

1990 – unterstützt. Bereits 1989 fand auf Anregung<br />

europäischer Vermessungsverwaltungen<br />

eine erste, weite Teile Europas umfassende<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


GPS-Beobachtungskampagne zur Realisierung<br />

eines einheitlichen europaweiten Bezugssystems<br />

statt, die sogenannte EUREF-Messung,<br />

die Geburtsstunde des Europäischen<br />

Terrestrischen Referenz Systems 1989<br />

(ETRS89).<br />

Schon 2 Jahre später, im Mai 1991, hat die<br />

AdV die Einführung dieses europaweit favorisierten<br />

Bezugssystems ETRS89 für die Bereiche<br />

Landesvermessung und Liegenschaftskataster<br />

beschlossen. Dieser Beschluss wurde<br />

1995 nach sorgfältiger Prüfung nochmals<br />

bestätigt und gleichzeitig die Universale<br />

Transversale Merkator Abbildung (UTM) als<br />

verebnete Darstellung für groß- und kleinmaßstäbige<br />

Karten festgelegt (AdV, 1995).<br />

Das ETRS89 ist ein geozentrisches Bezugssystem,<br />

das auf dem weltumspannenden Internationalen<br />

Terrestrischen Referenzsystem<br />

(ITRS) basiert. Aufgrund der Plattentektonik<br />

und anderer globaler Einflüsse unterliegen die<br />

Koordinaten der erdfesten ITRS-Stationen<br />

einer ständigen Änderung. Daher wird das<br />

ITRS in etwa zweijährigen Abständen unter<br />

Einsatz von GPS und weiterer hochgenauer<br />

Messverfahren wie Satellite-Laser-Ranging<br />

(SLR) und Very Long Baseline Interferometry<br />

(VLBI) neu beobachtet und ausgewertet. Diese<br />

ständig eintretenden Veränderungen in den<br />

Koordinaten der ITRS-Stationen sind im vermessungstechnischen<br />

Alltag äußerst störend.<br />

Deshalb wurden die in und um Europa gelegenen<br />

Stationen des ITRS mit den zum Jahresbeginn<br />

1989 gültigen Koordinaten festgehalten<br />

und als Grundlage für das ETRS89 festgelegt.<br />

Alle das ETRS89 definierenden Stationen des<br />

ITRS liegen auf der eurasischen Platte, die in<br />

sich als weitgehend stabil angesehen wird. Von<br />

diesen, also als gegenseitig fest anzunehmenden<br />

Stationen ausgehend, wurden durch umfangreiche<br />

Messungen in ganz Europa weitere<br />

Vermessungspunkte mit ETRS89-Koordinaten<br />

bestimmt und bilden den Rahmen für das zeitgemäße,<br />

europaweit einheitliche Bezugssystem<br />

ETRS89.<br />

Das ETRS89 definiert ein dreidimensionales<br />

kartesisches Koordinatensystem mit Ursprung<br />

im Massenschwerpunkt der Erde (Geozentrum).<br />

Die Z-Achse ist die Erdachse, die X-Z-<br />

Ebene steht senkrecht auf der Äquatorebene<br />

und verläuft parallel zur Meridianebene der<br />

Sternwarte von Greenwich, ihre Schnittgrade<br />

mit der Äquatorebene ist die X-Achse; die Y-<br />

Achse ist durch 90°-Drehung der X-Achse<br />

gegen den Uhrzeigersinn definiert. Durch die<br />

Dreidimensionalität des Bezugssystems steht<br />

für geodätische Anwendungen ein auf einfache<br />

Weise nutzbares einheitliches Bezugssystem<br />

für die Lage und die Höhe zur Verfügung.<br />

Als Bezugsfläche für das ETRS89 wird das<br />

geozentrisch gelagerte Erdellipsoid des Geodätischen<br />

Referenzsystems 1980 (GRS80) verwendet.<br />

Die geozentrische Lagerung des Ellipsoids<br />

unterscheidet sich hier von nahezu allen<br />

anderen herkömmlichen Landesvermessungen,<br />

bei denen die Referenzellipsoide jeweils<br />

über konkrete Punkte für begrenzte Bereiche<br />

bestanschließend zur Erdoberfläche gelagert<br />

sind.<br />

Die mit dem Satellitenpositionierungssystem<br />

ermittelten Höhen beziehen sich auf den Erdschwerpunkt<br />

bzw. auf das im Erdschwerpunkt<br />

gelagerte GRS80-Ellipsoid, weshalb sie auch<br />

als ellipsoidische Höhen bezeichnet werden.<br />

Sie sind mit den Gebrauchshöhen der Landesvermessung<br />

und des Liegenschaftskatasters<br />

nicht unmittelbar vergleichbar, sondern sie<br />

müssen durch rechentechnische Umformung<br />

mittels geeigneter Passpunkte oder Parameter<br />

(Undulationen) erst in Gebrauchshöhen umgewandelt<br />

werden (Abb.1).<br />

Abb. 1: Zusammenhang zwischen ellipsoidischen und<br />

Gebrauchshöhen<br />

Das ETRS89 wird durch an der Erdoberfläche<br />

vermarkte Punkte realisiert, wie bisher auch<br />

die anderen Bezugssysteme. Es wird aber auch<br />

durch die GPS-Satelliten transportiert und<br />

übermittelt: Die aus GPS-Messungen abgelei-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 5


teten Koordinatenunterschiede im Bezugssystem<br />

der Satelliten, das World Geodetic System<br />

1984 (WGS84) basieren auf gleichen geodätischen<br />

Grundlagen wie das ETRS89 und sind<br />

mit ihm nahezu identisch. Hierdurch kommt<br />

dem Satellitenpositionierungssystem der deutschen<br />

Landesvermessung SAPOS ® , das auf<br />

dem GPS basiert, in zweifacher Hinsicht große<br />

Bedeutung zu; zum einen ist es ein äußerst<br />

wirtschaftliches Vermessungssystem, zum<br />

anderen dient es der Realisierung des Bezugssystems<br />

ETRS89. Alle mit SAPOS ® bestimmten<br />

Koordinaten sind unmittelbar diesem europaweit<br />

einheitlichen Bezugssystem ETRS89<br />

zugehörig. Man bezeichnete also nicht ohne<br />

Grund bald nach den ersten Einsätzen von GPS<br />

in der Landesvermessung im Jahre 1983 die<br />

GPS-Satelliten auch als aktives Festpunktfeld,<br />

im Gegensatz zum passiven Festpunktfeld der<br />

vermarkten Vermessungspunkte.<br />

3 Strategie der AdV für ein bundesweit<br />

einheitliches Festpunktfeld<br />

Sehr schnell erkannte man in der deutschen<br />

Landesvermessung die enormen Vorteile des<br />

GPS, insbesondere die Realisierung eines einheitlichen<br />

Bezugssystems. Die Auswirkungen<br />

waren jedoch in den einzelnen Bundesländern<br />

sehr unterschiedlich, die einen stellten zugunsten<br />

des Aufbaus von SAPOS ® jegliche Erneuerungs-<br />

und Pflegearbeiten an den traditionellen<br />

Lagenetzen ein, während die anderen<br />

zunächst die weitere Entwicklung des GPS-<br />

Geschehens abwarteten. So entstanden vornehmlich<br />

in den 90er Jahren im Lagefestpunktfeld<br />

und somit in der Grundlage für das<br />

Liegenschaftskataster äußerst heterogene Verhältnisse<br />

in der Bundesrepublik Deutschland.<br />

W. Lindstrot u.a. haben diese Ziellosigkeit in<br />

einem Bericht über die Anfänge der SAPOS ® -<br />

Permanentstationen in (Lindstrot u.a., 1997)<br />

trefflich formuliert: „Mit dieser Vision wirft<br />

mancher bereits ganze AP-Felder aus dem Fenster<br />

des Katasteramtes und hofft damit .. die<br />

geforderte Kosteneinsparung zu erreichen“.<br />

Zwar hatte die AdV bereits recht früh das<br />

ETRS89 als einheitliches Bezugssystem für<br />

die Bereiche Landesvermessung und Liegenschaftskataster<br />

empfohlen, doch wurde nichts<br />

6<br />

über den Aufbau oder die Gestalt eines zukünftigen<br />

Festpunktfeldes ausgesagt. Der Aufbau<br />

von SAPOS ® war in den 90er Jahren die wichtigste<br />

Aufgabe der Grundlagenvermessung<br />

und band so viel Kapazitäten, dass daneben<br />

kaum weitere Schwerpunkte, wie insbesondere<br />

der Umbau der bisherigen Festpunkfelder,<br />

behandelt werden konnten.<br />

So befasste sich der Arbeitskreis Raumbezug<br />

(damals noch AK Grundlagenvermessung) erst<br />

im Jahre 2001 mit dieser Thematik und richtete<br />

eine Arbeitsgruppe ein, die die Verfahrensweisen<br />

in den traditionellen Netzen überprüfen<br />

und Zielsetzungen für den Aufbau und die<br />

Gestalt zukünftiger Netze erarbeiten sollte.<br />

Der Kernauftrag wurde als Optimierung der<br />

Festpunktfelder beschrieben, wobei man an<br />

„kombinierte Festpunkte mit ETRS- und traditionellen<br />

Lagekoordinaten, Höhen- und<br />

Schwerewerten in gleichmäßiger Dichte“<br />

dachte. Zusätzlich waren Stichworte wie z.B.<br />

Wirtschaftlichkeitsanalysen, zeitgemäße Vermarkung,<br />

Untersuchung rationeller Verfahrensweisen<br />

zur Pflege der Festpunktfelder,<br />

Aufgabe oder Fortbestand hierarchischer Netze<br />

oder Auswirkung neuer Messverfahren in<br />

den Auftrag eingebunden – eine wirklich nicht<br />

einfache Aufgabe! Die verschiedenartigen<br />

Vorstellungen der Bundesländer konnten erst<br />

unter einen Hut gebracht werden als man 2003<br />

im AK Raumbezug eine langfristig angelegte<br />

Gesamtstrategie für die Zukunft aller Festpunkte<br />

erarbeitete. Das Ergebnis stellte man<br />

der AG in einem Eckpunktepapier als Grundlage<br />

für ihre weitere Arbeit zur Verfügung. Im<br />

Herbst 2004 beschloss dann das Plenum der<br />

AdV auf ihrer Sitzung in Wismar die zuvor im<br />

AK Raumbezug kontrovers diskutierte und mit<br />

Kompromissen versehene Strategie für den<br />

einheitlichen Raumbezug des amtlichen<br />

Vermessungswesens in der Bundesrepublik<br />

Deutschland (AdV, 2004).<br />

Danach wird der Raumbezug des amtlichen<br />

Vermessungswesens in Deutschland realisiert<br />

durch ein bundeseinheitliches, homogenes<br />

Festpunktfeld, das aus vier, z.T. unterschiedlichen<br />

Komponenten besteht (Abb. 2):<br />

a) Geodätische Grundnetzpunkte im Bezugssystem<br />

ETRS89<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


) Referenzstationspunkte im Bezugssystem<br />

ETRS89<br />

c) Höhenfestpunkte 1. Ordnung im Bezugssystem<br />

DHHN92<br />

d) Schwerefestpunkte des Schweregrundnetzes<br />

und des Schwerenetzes 1.Ordnung im<br />

Bezugssystem DHSN96<br />

Für die Geodätischen Grundnetzpunkte sind<br />

folgende Spezifikationen festgelegt:<br />

� Punktabstand bis 30 km<br />

� 3D-Vermarkung<br />

� mindestens 2 Punkt-Sicherung<br />

� satellitengeodätisch hochgenau bestimmte<br />

ETRS89-Koordinaten<br />

� Anschluss an das amtliche Höhenfestpunktfeld<br />

mittels Präzisionsnivellement im<br />

System DHHN92<br />

� Periodische Überwachung<br />

� Erhaltungsmaßnahmen und Ersatzpunktbestimmung<br />

bei Zerstörung<br />

� Anschluss an das amtliche Schwerefestpunktfeld<br />

Damit alle Bundesländer diesem einheitlichen<br />

homogenen Raumbezug zustimmen konnten,<br />

wurde als Kompromiss zusätzlich auch zugelassen,<br />

dass der Raumbezug des amtlichen Vermessungswesens<br />

aufgrund von länderspezifischen<br />

Gegebenheiten durch weitere Festpunkte<br />

ergänzt werden kann. Diese Anforderungen,<br />

der Umfang und die Dichte sind nicht bundeseinheitlich<br />

festgelegt; die Ausgestaltung der<br />

länderspezifischen Festpunktfelder obliegt den<br />

Vorgaben der einzelnen Bundesländer und ist<br />

nicht Gegenstand einer bundesweit einheitlichen<br />

Regelung. Besonders in der Übergangs-<br />

Abb. 2: Grundstruktur des bundeseinheitlichen Festpunktfeldes<br />

zeit, bis in allen Bereichen von Landesvermessung<br />

und Liegenschaftskataster das<br />

ETRS89 als einheitliches Bezugssystem eingeführt<br />

ist, wird im Lagebereich dieses Nebeneinander<br />

von neuem und altem Bezugssystem<br />

erforderlich sein. Danach muss jedes Bundesland<br />

für sich entscheiden, welche weiteren Vermessungspunkte<br />

man über das einheitliche<br />

homogene Festpunktfeld hinaus bereitstellen<br />

und pflegen will.<br />

4 Realisierung in Nordrhein-Westfalen<br />

Das Gesetz über die Landesvermessung und<br />

das Liegenschaftskataster (VermKatG NRW)<br />

vom 1. März 2005 legt in § 1 fest, dass das amtliche<br />

Vermessungswesen den einheitlichen<br />

geodätischen Raumbezug einrichtet. Es erhebt<br />

hierzu Festpunktdaten und unterhält einen<br />

Positionierungsdienst. Der Gesetzgeber weist<br />

dem einheitlichen geodätischen Raumbezug<br />

hohe Bedeutung zu, denn er ist in Verbindung<br />

mit den Geobasisdaten als Grundlage für alle<br />

raum- und bodenbezogenen Informationssysteme,<br />

Planungen und Maßnahmen der Landesverwaltung<br />

und der Kommunen zu verwenden.<br />

Andere öffentliche und private Stellen sollen<br />

die Daten verwenden.<br />

In der Durchführungsverordnung zum Verm-<br />

KatG NRW, die bislang nur als Entwurf vorliegt,<br />

wird der geodätische Raumbezug weiter<br />

präzisiert: Er wird realisiert durch den Satellitenpositionierungsdienst,<br />

das Raumbezugspunktfeld<br />

der Landesvermessung und die Vermessungspunktfelder<br />

des Liegenschaftskatasters.<br />

Das Raumbezugspunktfeld umfasst<br />

alle geodätischen Grundnetzpunkte, Lagefestpunkte,<br />

Höhenfestpunkte, Schwerefestpunkte<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 7


und Referenzstationspunkte, die im Geobasisinformationssystem<br />

für den Bereich der<br />

Landesvermessung geführt werden. Mit dieser<br />

Formulierung wird einerseits die neue Philosophie<br />

und Terminologie der AdV berücksichtigt<br />

und andererseits das Koordinatenkataster<br />

im Liegenschaftskataster festgeschrieben.<br />

Dadurch wird das einheitliche Bezugssystem<br />

neben SAPOS ® durch jeden in diesem Bezugssystem<br />

koordinatenmäßig festgelegten Punkt<br />

realisiert. Folglich kann zukünftig, wenn diese<br />

Vorgabe konsequent eingeführt und realisiert<br />

ist, auf die große Menge der bislang bestimmten<br />

und gepflegten Lagefestpunkte und Anschlusspunkte,<br />

wie z.B. TP und AP, zu einem<br />

großen Teil verzichtet werden.<br />

Wie sehen nun die Pläne für eine Realisierung<br />

in Nordrhein-Westfalen konkret aus?<br />

4.1 Geodätische Grundnetzpunkte<br />

Das LVermA NRW hat nach der Verdichtung<br />

des EUREF-Netzes durch das DREF91 bereits<br />

1993 eine weitere Verdichtungsstufe für Nordrhein-Westfalen<br />

geschaffen, das NWREF-<br />

Netz. 114 gleichmäßig über das Land verteilte<br />

Punkte wurden in einer zusammenhängenden<br />

Messkampagne mit GPS eingemessen und<br />

ausgewertet. Alle Punkte sind nach einheitlichen<br />

Kriterien durch Platte mit Kugelbolzen<br />

vermarkt, sodass auch eine exakte Höhenbestimmung<br />

möglich ist (Geef u.a., 1999). Da für<br />

alle Punkte mindestens Koordinaten im Netz77<br />

und im ETRS89 vorliegen, konnten sie seit<br />

ihrer Realisierung als Anschluss für weitere<br />

GPS-Messungen sowie als Stützpunkte für<br />

Transformationen zwischen den beiden Systemen<br />

dienen. In Zusammenarbeit mit dem Bundesamt<br />

für Kartographie und Geodäsie (BKG)<br />

hat das LVermA 1999 73 ausgewählte Punkte<br />

dieses NWREF-Netzes erneut mit GPS eingemessen<br />

und im Rahmen der AdV-Quasigeoidbestimmung<br />

durch das BKG auswerten lassen.<br />

Die bestehenden Koordinaten wurden durch<br />

diese Neubestimmung im Zentimeterbereich<br />

bestätigt, was als Bestätigung für die Zuverlässigkeit<br />

der gesamten NWREF-Bestimmung<br />

angesehen wurde.<br />

In Nordrhein-Westfalen werden die 4 EU-<br />

REF-, 5 DREF- und 114 NWREF-Punkte<br />

zusammen mit den 27 SAPOS ® -Referenzsta-<br />

8<br />

tionen das Netz der Geodätischen Grundnetzpunkte<br />

bilden. Durch die Hinzunahme der<br />

Referenzstationen zu den Grundnetzpunkten<br />

weicht man zwar von den Vorgaben der AdV<br />

ab, aber man sieht durch den Zusammenhang<br />

dieser beiden Punktgruppen und deren Wechselwirkung<br />

zueinander einen besonders festen<br />

Rahmen für die Realisierung des ETRS89.<br />

Die Koordinatenbestimmung aller SAPOS ® -<br />

Referenzstationen, die kontinuierlich von 1995<br />

bis 2002 eingerichtet wurden, erfolgte aus dem<br />

stabilen NWREF-Netz heraus. Die übrigen<br />

Bundesländer bestimmten auf ähnliche Art und<br />

Weise die Koordinaten ihrer Referenzstationen,<br />

nur selten wurden dabei Verbindungen<br />

über die Landesgrenzen hinweg berücksichtigt.<br />

Bei der Einführung des Verfahrens der<br />

vernetzten SAPOS ® -Referenzstationen wurden<br />

für die SAPOS ® -Korrekturdatenbestimmung<br />

auch die Verbindungen zu den Stationen<br />

in den benachbarten Bundesländern geschaffen.<br />

Es zeigte sich sehr schnell, dass die innere<br />

Genauigkeit des SAPOS ® -Netzes nun nicht<br />

mehr ausreichte; verlangten doch die zur Berechnung<br />

einer Echtzeitvernetzung eingesetzten<br />

Programme Zentimetergenauigkeit für die<br />

Referenzstationskoordinaten untereinander.<br />

Diese Genauigkeit war bei den Koordinaten<br />

der SAPOS ® -Stationen insbesondere über die<br />

Ländergrenzen hinweg nicht überall gewährleistet.<br />

Auch SAPOS ® -Nutzer, die länderübergreifend<br />

tätig sind, verlangten bundesweit<br />

hochgenaue und homogene Koordinatensätze<br />

für alle SAPOS ® -Referenzstationen. Die AdV<br />

hat deshalb auf ihrer Sondertagung am<br />

20.09.2002 in Hannover beschlossen, zur Diagnose<br />

der SAPOS ® -Netze die Daten aller Stationen<br />

einer Woche (GPS Woche 1188, 42.<br />

Kalenderwoche 2002) gemeinsam auszugleichen.<br />

Das Plenum der AdV legte weiterhin fest,<br />

die Neuausgleichung im DREF91 zu lagern,<br />

um eine möglichst geringe Abweichung gegenüber<br />

der Menge der bereits vor diesem<br />

Zeitpunkt im ETRS89 sowohl vom vermarkten<br />

Punktfeld als auch von SAPOS ® -Referenzstationen<br />

abgeleiteten Koordinaten zu erhalten.<br />

Diesem Vorteil steht der Nachteil gegenüber,<br />

dass mögliche Spannungen zu den Nachbarstaaten<br />

Deutschlands in Kauf genommen werden,<br />

die ihre Stationskoordinaten zumeist an<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Abb. 3: Grundstruktur des einheitlichen Festpunktfeldes in Nordrhein-Westfalen<br />

die jeweiligen neuesten Lösungen des ITRF<br />

anpassen.<br />

Die Diagnoseausgleichung wurde vom Bundesamt<br />

für Kartographie und Geodäsie (BKG)<br />

ausgeführt und das Ergebnis von der AdV festgestellt,<br />

die die Einführung auf allen SAPOS ® -<br />

Referenzstationen mit Nachdruck empfohlen<br />

hat. Man erzielte durch diese Neubestimmung<br />

für die SAPOS ® -Referenzstationen in ganz<br />

Deutschland einen homogenen Koordinatensatz<br />

mit einer inneren Genauigkeit von etwa<br />

einem Zentimeter im ETRS89 (Beckers u.a.,<br />

2005).<br />

Nordrhein-Westfalen hat die neuen Koordinaten,<br />

die in der Lage maximal 2 cm, in der Höhe<br />

jedoch bis 5 cm von den alten Werten abweichen,<br />

zum 1. September 2003 eingeführt und<br />

im Anschluss daran sämtliche im ETRS89<br />

bereits vorhandenen Koordinaten der Landesvermessung<br />

und des Liegenschaftskatasters an<br />

diese neue Realisierung (ETRS89/Realisierung<br />

2003) angepasst. Somit stehen die Koordinaten<br />

des NWREF-Netzes in einem sehr<br />

engen Zusammenhang zu den SAPOS ® -Referenzstationen,<br />

was die Integration beider<br />

Punktgruppen zu Geodätischen Grundnetzpunkten<br />

zumindest in NRW rechtfertigt.<br />

Die geodätischen Grundnetzpunkte (Abb. 4)<br />

werden zukünftig den festen Rahmen für die<br />

Realisierung des ETRS89 in Nordrhein-Westfalen<br />

bilden; sie werden in einem dreijährigen<br />

Turnus vom LVermA NRW überwacht und<br />

instand gehalten, während die Masse der übrigen<br />

TP nicht weiter gepflegt wird. Dies gilt insbesondere<br />

für die Zeit ab 2010, wenn alle<br />

Daten des Liegenschaftskatasters in das<br />

ETRS89 überführt sein sollen, wie im<br />

ETRS89/UTM-Einführungserlass des Innenministeriums<br />

NRW vom 9. August 2004<br />

(ETRS89/UTM-Einführungserlass, 2004)<br />

festgeschrieben ist. NRW macht also von der<br />

Kompromissformel, dass auch länderspezifische<br />

Festpunktfelder das Bezugssystem<br />

ETRS89 definieren, für den Lagebereich keinen<br />

Gebrauch.<br />

4.2 Höhenfestpunkte 1. Ordnung<br />

Die Höhenfestpunkte 1. Ordnung wurden in<br />

den neuen Bundesländern zuletzt Mitte der<br />

70er Jahre und in Westdeutschland Anfang der<br />

80er Jahre durch Netzerneuerung neu bestimmt<br />

und gemeinsam als DHHN92 in den<br />

Nachweis der Festpunkte übernommen. Verschiedene<br />

Gründe haben dazu geführt, dass<br />

von <strong>2006</strong> bis 2011 ausgewählte Nivellementlinien<br />

nach fast 30 Jahren erneut gemessen werden.<br />

Unter Berücksichtigung der im Strategiepapier<br />

zu einem einheitlichen Raumbezug in<br />

Deutschland (AdV, 2004) dargelegten Vorgaben<br />

sollen neben dem Präzisionsnivellement<br />

auch epochengleiche GNSS- und Absolutschweremessungen<br />

durchgeführt werden. Ziel<br />

dieses Projektes sind nach (AdV, 2005a):<br />

� Überprüfung des amtlichen Höhenbezugssystems,<br />

� Einbindung des DHHN in ein zukünftiges,<br />

integriertes Raumbezugssystem,<br />

� Modellierung hochgenauer Geoidinformationen,<br />

� Schaffung aktueller Grundlagen für wissenschaftliche<br />

Arbeiten (Rezente Krustenbewegungen).<br />

Mit einer Fertigstellung dieses Projektes, an<br />

dem NRW neben der Messung des eigenen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 9


10<br />

Abb. 4: Geodätische Grundnetzpunkte in Nordrhein-Westfalen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Linienanteils auch als Nivellement-Auswertestelle<br />

erheblich beteiligt sein wird, kann nicht<br />

vor 2013 gerechnet werden.<br />

4.3 Weitere Höhenfestpunkte<br />

Der Netzentwurf für das geplante DHHN-Netz<br />

ist aus wirtschaftlichen Gründen gegenüber<br />

der Messung der 80er Jahre um etwa 40% ausgedünnt.<br />

In einem Land wie NRW, das mit seinen<br />

geotektonisch und bergbaulich beeinflussten<br />

Regionen stets auf aktuelle Höhenangaben<br />

angewiesen ist, müssen auf jeden Fall<br />

auch die nicht zu dem bundesweiten Projekt<br />

gehörenden Niv-Linien des Haupthöhennetzes<br />

gleichzeitig neu gemessen werden, um eine<br />

homogene Ausgangssituation für Folgearbeiten<br />

zu haben. Zu diesen Folgearbeiten zählen<br />

auf jeden Fall, die in regelmäßigen Abständen<br />

in Kooperation mit den Bergbaubetreibern<br />

durchgeführten Leitnivellements, die zur<br />

Überprüfung der Gebrauchshöhen in den<br />

durch Bergbau beeinflussten Gebieten dienen.<br />

Inwieweit auch die Nivellementlinien 2. Ordnung,<br />

die zuletzt ab Mitte der 70er Jahre systematisch<br />

erneuert und in den Rahmen der<br />

1. Ordnung eingerechnet wurden, wiederum<br />

neu gemessen werden, ist noch zu diskutieren.<br />

Dies gilt insbesondere auch für die Folgenetze<br />

der 3. Ordnung. In NRW kann es also durchaus<br />

für den Bereich der Höhenfestpunkte über das<br />

homogene Festpunktfeld hinaus zu einer länderspezifischen<br />

Lösung kommen.<br />

Bei dieser Diskussion ist auch zu berücksichtigen,<br />

dass in NRW ein sogenanntes Undulationsmodell<br />

zur Verfügung steht, das die mit<br />

GPS ermittelten ETRS89-Höhen mittels Quasigeoidundulationen<br />

in die Gebrauchshöhen<br />

im DHHN92 (Höhenstatus 160) transformiert<br />

(Abb.5). Neben der Möglichkeit der Postprocessing-Auswertung<br />

gibt es auch ein Modul<br />

für die Integration in GPS-Empfänger, sodass<br />

bei der GPS-Messung NHN-Gebrauchshöhen<br />

in Echtzeit bestimmt werden können. Diese<br />

Transformation liefert mit dem heute vorliegenden<br />

Modell bereits Genauigkeiten der<br />

Höhen im Zentimeterbereich. Verbesserungen<br />

des Quasigeoidundulationsmodells, wie z.B.<br />

durch die geplanten Maßnahmen zur Erneuerung<br />

des DHHN sowie durch die künftige Nutzung<br />

des europäischen Satellitennavigations-<br />

systems GALILEO lassen noch eine deutliche<br />

Steigerung der Genauigkeiten erwarten. Für<br />

viele technische Anwendungen reichen derart<br />

ermittelte Höhen schon heute aus und eine<br />

Nutzen-Kostenanalyse muss erweisen, ob und<br />

wie wichtig höhere Genauigkeiten der Gebrauchshöhen<br />

tatsächlich sind. Bei dieser Diskussion<br />

müssen auch Sicherheitsgesichtspunkte<br />

des Außendienstes einen sehr hohen<br />

Stellenwert erhalten, denn Nivellementmessungen,<br />

die zumeist auf Straßen stattfinden<br />

müssen, stellen in der heutigen stark motorisierten<br />

Welt eine große Gefahrenquelle für die<br />

Messtrupps, aber auch für die Verkehrsteilnehmer<br />

dar. Die Frage wird also zu beantworten<br />

sein, wofür man absolute Höhen in der derzeit<br />

vorliegenden Genauigkeit tatsächlich braucht<br />

oder ob nicht mit GPS ermittelte Höhen für die<br />

meisten Zwecke ausreichen.<br />

Abb. 5: Ausschnitt aus der Karte der Quasigeoidundulationen<br />

von NRW<br />

4.4 Schwerefestpunkte des Schweregrundnetzes<br />

und des Schwerenetzes 1. Ordnung<br />

Für die Bestimmung hochgenauer Quasigeoide,<br />

die für die Ableitung von Gebrauchshöhen<br />

aus satelliten-geodätischen Messungen erforderlich<br />

sind, kommt den Schwerefestpunkten<br />

heute eine entscheidende Bedeutung zu. Alle<br />

vorhandenen Schwerefestpunkte liegen in dem<br />

im AdV-Beschluss vorgegebenen Schwerebezugssystem<br />

des Deutschen Hauptschwerenetzes<br />

1996 vor. Durch die bei der Erneuerung des<br />

Haupthöhennetzes vorgesehenen Absolutschweremessungen<br />

wird dieser Rahmen noch<br />

deutlich verbessert und dürfte für die in absehbarer<br />

Zeit erkennbaren Nutzungen voll ausreichen.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 11


5 Perspektiven<br />

Der geodätische Raumbezug steht derzeit vor<br />

einem großen Umbruch. Durch die schnelle<br />

Entwicklung der GPS-Technik und der damit<br />

verbundenen Satellitenpositionierungsdienste<br />

werden alte traditionelle Realisierungen der<br />

Bezugssysteme weitgehend überflüssig. Erste<br />

Ansätze und Strategien wurden erarbeitet,<br />

doch das volle Potential dieser neuen Technik<br />

ist sicherlich noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

Wenn in wenigen Jahren das europäische<br />

Satellitennavigationssystem GALILEO seine<br />

volle Operabilität aufnimmt, wird mit den dann<br />

weltweit über 60 verfügbaren Satelliten (GPS<br />

und GALILEO) nochmals ein gewaltiger<br />

Schritt zur Ablösung klassischer Vermessungsverfahren<br />

gemacht werden. Die Deutsche<br />

Landesvermessung ist schon heute gut<br />

aufgestellt, um dann auch diese neuen Entwicklungen<br />

wieder für sich nutzbar zu<br />

machen.<br />

Literaturangaben:<br />

AdV: Einführung und Anwendung des European<br />

Terrestrial Reference System 1989 (ETRS89), AdV-<br />

Beschluss, Potsdam 1995<br />

AdV: Berechnung des Deutschen Hauptschwerenetzes<br />

1996 (DHSN96), AdV-Beschluss, Berlin<br />

1999<br />

AdV: Strategie für den einheitlichen Raumbezug<br />

des amtlichen Vermessungswesens in der Bundesrepublik<br />

Deutschland, AdV-Beschluss, Wismar 2004<br />

AdV: Erneuerung des DHHN – Kostenabschätzung<br />

und Begründung –, Vorlage des AK Raumbezug zur<br />

116. Tagung der AdV, 2005 (nicht veröffentlicht)<br />

AdV: Erneuerung des DHHN, AdV-Beschluss,<br />

Bonn 2005<br />

H. Beckers, K. Behnke, H. Derenbach, U. Faulhaber,<br />

J. Ihde, W. Irsen, J. Lotze, M. Strerath: Diagnoseausgleichung<br />

SAPOS ® -Homogenisierung des<br />

Raumbezugs im System ETRS89 in Deutschland,<br />

ZfV, 130. Jahrgang, 2005, Seiten 203 - 208<br />

D. Geef,W. Lindstrot, B. Ruf, M. Spata: Zur Realisierung<br />

des Systems ETRS89 in Nordrhein-Westfalen<br />

– Die Bestimmung des NWREF-Netzes, <strong>NÖV</strong>,<br />

32. Jahrgang, 1999, Seiten 142 - 155<br />

G. Günther: Schwerenetze in Deutschland und<br />

GCG05, Anhang 1 zu Gravimetrisches Glossar,<br />

Bonn, 2005<br />

12<br />

IM NRW: Einführung des Europäischen Terrestrischen<br />

Referenzsystems 1989 mit Universaler Transversaler<br />

Mercatorabbildung (ETRS89/UTM) als<br />

amtliches Bezugssystem für das Liegenschaftskataster<br />

in NRW (ETRS89/UTM-Einführungserlass),<br />

RdErl. des IM NRW vom 9.8.2004<br />

W. Irsen, M. Spata: ETRS89 – European Terrestrial<br />

Reference System, <strong>NÖV</strong>, 32. Jahrgang, 1999, Seiten<br />

135 - 141<br />

C. H. Jahn: Das Lagebezugssystem heute – Grundlagenvermessung<br />

100 Jahre nach Oskar Schreiber,<br />

Hannover 2005<br />

W. Lindstrot, K. A. Heinz, F. J. Schauerte, H.<br />

Calefice, N. Schlüter, W. Flöck, J. Seidel: Polare<br />

GPS-Punktbestimmung – ein Praxisbericht, ZfV,<br />

122. Jahrgang, 1997, S. 175-185<br />

Wolfgang Irsen<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

Muffendorfer Str. 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail: irsen@lverma.nrw.de<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Mit ALKIS ® in ein neues Zeitalter<br />

Von Stephan Heitmann<br />

1 Kurzinhalt<br />

Geodaten sind sowohl Planungsgrundlage als<br />

auch Wirtschaftsgut. Sie können ihren organisatorischen<br />

und finanziellen Wert aber nur<br />

dann voll entfalten, wenn die Rahmenbedingungen<br />

richtig gesetzt werden. Der Beitrag der<br />

Katasterverwaltung ist das Amtliche Liegenschaftskatasterinformationssystem<br />

ALKIS ® .<br />

ALKIS ® stellt die Geobasisinformationen des<br />

Liegenschaftskatasters – die Liegenschaftskarte<br />

sowie die Personen- und Bestandsdaten –<br />

Nutzern in Wirtschaft und Verwaltung in einem<br />

bundesweit einheitlichen Datenmodell und<br />

einem bundesweit einheitlichen Austauschformat<br />

zur Verfügung. Die Verwendung internationaler<br />

Normen bei der Definition des Datenmodells<br />

und des Austauschformats sichert eine<br />

größtmögliche Verwendbarkeit der Daten.<br />

Das Amtliche Liegenschaftskataster, steht als<br />

Informationssystem nicht isoliert, sondern ist<br />

in die Konzepte so genannter Geodateninfrastrukturen<br />

eingebettet. Diese sind ihrerseits<br />

Bestandteil der E-Government-Bemühungen<br />

aller staatlichen und kommunalen Stellen und<br />

sollen die Verfügbarkeit von Geoinformationen<br />

nachhaltig verbessern.<br />

2 Die Bedeutung von Geoinformationen<br />

Geoinformationen beschreiben Sachverhalte,<br />

die sich auf einen bestimmten Punkt oder<br />

abgrenzbaren Bereich der Erdoberfläche beziehen.<br />

Oder anders ausgedrückt: Geoinformationen<br />

lassen sich in einer Karte darstellen 1) .<br />

Nach den Erkenntnissen des Markforschungsunternehmens<br />

MICUS 2) haben 80% aller Entscheidungen<br />

einen Raumbezug, sind also mit<br />

Fragen nach dem „Wo“ oder nach dem<br />

„Wohin“ verknüpft. Zielgerichtetes Handeln<br />

ist demnach ohne das Vorhandensein geeigneter<br />

Geoinformationen kaum möglich.<br />

Auch die Daten des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

zählen zu den Geoinformationen. Sie<br />

sind jedoch nicht nur für das Liegenschaftskataster<br />

selbst von Bedeutung, sondern eignen<br />

sich darüber hinaus als geometrische Grundlage<br />

zur Darstellung weiterer Fachinformationen<br />

(z.B. Leitungsnetze, Bebauungspläne etc.).<br />

Daher werden sie speziell als Geobasisinformationen<br />

bezeichnet.<br />

Angesichts der Bedeutung von Geoinformation<br />

überrascht es nicht, wenn ihre Verfügbarkeit<br />

auch im Rahmen des E-Government eine entscheidende<br />

Rolle spielt. Dabei nimmt sie, oftmals<br />

aufbereitet als Karte, in der Praxis verschiedene<br />

Rollen ein. So dient sie der<br />

Kommunikation der Verwaltung mit dem Bürger,<br />

wenn z.B. Planungsvorhaben der Öffentlichkeit<br />

vorgestellt werden. Ebenso stellt sie<br />

ein Planungswerkzeug dar, indem sie eine Örtlichkeit,<br />

ein geplantes Vorhaben, rechtliche<br />

Gegebenheiten u.ä. anschaulich visualisiert<br />

und Wechselwirkungen erkennen lässt. Darüber<br />

hinaus ist sie ein Wirtschaftsgut.<br />

Hinter letzterem verbirgt sich das Bild vom<br />

„Rohstoff Geoinformation 3) “. Bieten die Produzenten<br />

von Geoinformationen diese in<br />

geeigneter Form an, so die Vorstellung, wird<br />

dieser Rohstoff von der Privatwirtschaft zu<br />

kundengerechten Produkten (z.B. Dienstleistungen<br />

im Rahmen von Immobilienbewertungen)<br />

weiter veredelt. Mit der wachsenden<br />

Nachfrage beim Endkunden wächst auch der<br />

Bedarf am Rohstoff selbst und damit der<br />

Gebührenumsatz des Datenproduzenten.<br />

Während Geobasisdaten traditionell lediglich<br />

als Bestandteil der Daseinsvorsorge gesehen<br />

wurden, tritt damit die Gewinnung eines volkswirtschaftlichen<br />

Mehrwertes als neuer Aspekt<br />

hinzu.<br />

1) Die beim Land NRW gebräuchliche, detailliertere Definition lautet: Geoinformationen sind Informationen zu Erscheinungen, die direkt<br />

durch räumliche Koordinaten oder indirekt durch Adresse, Postleitzahlbezirk, administrative Einheit o.ä. mit einer auf die Erde bezogenen<br />

Position verbunden sind.<br />

2) http://www.micus.de<br />

3) MICUS<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 13


Geoinformationen können ihren Wert im oben<br />

beschriebenen Sinne nur dann entfalten, wenn<br />

sie ihren Nutzern – Bürgern, Verwaltungen<br />

oder der Privatwirtschaft – in einfacher Weise<br />

zugänglich gemacht werden. Im Rahmen des<br />

E-Government wird daher der Aufbau so<br />

genannter Geodateninfrastrukturen vorangetrieben.<br />

Ansatz der Geodateninfrastruktur ist<br />

es, Anbieter und Nutzer von Geoinformationen<br />

über ein Netzwerk (z.B. Intranet oder Internet)<br />

miteinander zu verknüpfen. Die Katasterverwaltung<br />

übernimmt dabei die Aufgabe, durch<br />

die Bereitstellung der Daten des Liegenschaftskatasters<br />

weiteren Anwendungen eine<br />

eindeutige Geobasis zur Verfügung zu stellen.<br />

ALKIS ® darf daher nicht allein als Werkzeug<br />

innerhalb der Vermessungsverwaltung betrachtet<br />

werden. Vielmehr ordnet es sich als<br />

Basisinformationssystem in den beschriebenen<br />

Gesamtzusammenhang ein. Der Erfolg<br />

von ALKIS ® muss sich demzufolge daran messen<br />

lassen, welche Vorteile für die Vermessungsverwaltung<br />

selbst, aber insbesondere für<br />

ihre Kunden und für den Aufbau von Geodateninfrastrukturen<br />

erzielt werden.<br />

3 Das Liegenschaftskataster bis zur<br />

ALKIS ® -Einführung<br />

Traditionell besteht das Liegenschaftskataster<br />

aus einem beschreibenden Teil, dem Liegenschaftsbuch,<br />

und einem darstellenden Teil, der<br />

Liegenschaftskarte. Als in den 70er Jahren<br />

Konzepte entwickelt wurden, das Liegenschaftskataster<br />

auf eine digitale Führung<br />

umzustellen, musste diese Trennung aufgrund<br />

der damaligen technischen Möglichkeiten weiterhin<br />

beibehalten werden. Es entstanden zwei<br />

getrennte Datenbanken, zunächst das Automatisierte<br />

Liegenschaftsbuch (ALB) und in einem<br />

zweiten Schritt die Automatisierte Liegenschaftskarte<br />

(ALK), samt der dazugehörigen<br />

Austauschformate für die Datenabgabe.<br />

Die Einführung des ALB und später der ALK<br />

war seinerzeit richtungsweisend und hat eine<br />

durchgreifende Technisierung der Arbeitsabläufe<br />

in der Vermessungsverwaltung bewirkt.<br />

Gleichwohl wurzeln die technischen Strukturen<br />

des Liegenschaftskatasters bis heute im<br />

informationstechnischen Kenntnisstand der<br />

14<br />

70er Jahre. Um das Liegenschaftskataster<br />

grundlegend zu modernisieren und die neuen<br />

Möglichkeiten der Informationstechnik zu nutzen,<br />

wurde daher Mitte der 90er Jahre durch<br />

die Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik<br />

Deutschland (AdV) der Beschluss gefasst,<br />

ALB und ALK durch ein gemeinsames System,<br />

ALKIS ® zu ersetzen.<br />

Dabei wird bei der Umsetzung ein neuer Weg<br />

beschritten. Während ALB und ALK noch<br />

weitgehend von verschiedenen kooperierenden<br />

Landesverwaltungen selbst programmiert worden<br />

sind, hat sich die Verwaltung bei der Konzeption<br />

von ALKIS ® rein auf die fachlichen<br />

Vorgaben beschränkt. Die Entwicklung der<br />

entsprechenden Software wird hingegen bewusst<br />

der Privatwirtschaft überlassen.<br />

4 Vorteile der ALKIS ® -Einführung für<br />

die Kunden von Geobasisinformationen<br />

4.1 Einheitlichkeit durch fest definierte<br />

Produkte<br />

Kunden von Geobasisinformation sind oftmals<br />

überregional tätig. Dementsprechend beziehen<br />

sie Daten des Liegenschaftskatasters häufig<br />

nicht nur aus einem Katasteramtsbezirk, sondern<br />

für das ganze Landes- oder Bundesgebiet.<br />

Diese Kunden fordern daher völlig zu<br />

recht, dass Verwaltungsgrenzen keine Datengrenzen<br />

darstellen. Die Daten der örtlichen<br />

Katasterbehörden müssen vielmehr nach einheitlichen<br />

Regeln bereitgehalten werden:<br />

Datensätze müssen über Amtsbezirksgrenzen<br />

hinweg gleiche Inhalte aufweisen; Datenformate<br />

müssen identisch sein.<br />

In der Praxis hat sich seit der Einführung von<br />

ALB und ALK jedoch gezeigt, dass diese Zielvorstellung<br />

bis heute nur teilweise erreicht<br />

werden konnte. Interpretationsspielräume in<br />

den entsprechenden Dokumentationen haben<br />

dazu geführt, dass sich die Daten des Liegenschaftskatasters<br />

von Amt zu Amt unterscheiden<br />

können. Kunden mit Bedarf nach Verwaltungsgrenzen<br />

überschreitenden Daten sind<br />

daher gegebenenfalls gezwungen, diese mit<br />

eigenem Aufwand nachzubearbeiten.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Um diesem Problem zu begegnen, wird es<br />

unter ALKIS ® künftig auf Bundes- und auf<br />

Landesebene fest definierte Produkte geben,<br />

die bei allen katasterführenden Stellen für<br />

ihren Amtsbezirk verfügbar sein müssen.<br />

Einem Kunden wird sich dann erstmalig die<br />

Möglichkeit bieten, für das gesamte Bundesgebiet<br />

einheitliche Datensätze bzw. daraus<br />

abgeleitete, einheitliche Produkte zu beziehen,<br />

deren Informationsgehalt anhand des so genannten<br />

AdV-Grunddatenbestandes in Strenge<br />

festgelegt ist. Nordrhein-Westfalen hat zudem<br />

von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, für<br />

sein Landesgebiet zusätzlich einen NRW-<br />

Grunddatenbestand festzuschreiben, der einen<br />

im Vergleich erweiterten Inhalt aufweist.<br />

Neben den bundesweit verfügbaren Produkten<br />

werden damit für das Landesgebiet Nordrhein-<br />

Westfalens auch standardisierte NRW-Produkte<br />

erhältlich sein. Darüber hinaus ist es den<br />

Katasterbehörden in NRW freigestellt, weitere<br />

Daten entsprechend den Bedürfnissen vor Ort<br />

zu erheben und anzubieten.<br />

Selbstverständlich bietet ALKIS ® immer auch<br />

die Möglichkeit, Datenlieferungen nach Nutzervorgaben<br />

individuell zu konfigurieren. Der<br />

Kunde kann Inhalt und räumliche Ausdehnung<br />

frei bestimmen und hat dabei die Möglichkeit,<br />

neben aktuellen auch historische Daten zu<br />

erwerben. Im Zuge der Einführung von<br />

ALKIS ® wird der Begriff des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

daher endgültig zu einer<br />

verlässlichen Produktbezeichnung ohne dabei<br />

den Katasterbehörden vor Ort die notwendige<br />

Flexibilität zu nehmen.<br />

4.2 Offene Standards der Vermessungsverwaltung<br />

Die Führung des Liegenschaftskatasters ist<br />

kein Selbstzweck. Vielmehr soll es als Geobasisinformationssystem<br />

anderen als Grundlage<br />

eigener Anwendungen zur Verfügung stehen.<br />

Es ist daher konsequent, die zugrunde liegenden<br />

Standards der Vermessungsverwaltung<br />

offenzulegen. Dementsprechend steht die<br />

Dokumentation von ALKIS ® , d.h. insbesondere<br />

der Objektartenkatalog, der beschreibt, wie<br />

die reale Welt digital im Liegenschaftskataster<br />

abgebildet wird, im Internet allen Interessierten<br />

kostenfrei zum Download zur Verfügung 4) .<br />

Darüber hinaus existiert ein ebenfalls im Internet<br />

bereitstehender Leitfaden zur Modellierung<br />

von Fachinformationen nach den Regeln,<br />

die auch ALKIS ® zu Grunde liegen 5) . Anwendern,<br />

die das Liegenschaftskataster als geometrische<br />

Grundlage für die eigenen Fachinformationen<br />

verwenden wollen, wird auf diese<br />

Art und Weise ein Informationspool zur Verfügung<br />

gestellt, der als Grundlage weiterer<br />

Arbeiten dienen kann.<br />

4.3 International anerkannte Normen<br />

Die Verfügbarkeit von Geoinformationen ist<br />

weltweit als notwendige Voraussetzung für<br />

geplantes Handeln von Staat und Wirtschaft<br />

anerkannt. Dementsprechend vielfältig sind<br />

die entwickelten Lösungen um Geoinformationen<br />

bereitzustellen. Um die erforderliche<br />

Harmonisierung bemühen sich die International<br />

Organization of Standardization (ISO) und<br />

das Open Geospatial Consortium (OGC). In<br />

Absprache miteinander entwickeln und veröffentlichen<br />

diese beiden Institutionen Regelwerke<br />

(vergleichbar den DIN-Normen in<br />

Deutschland), die als Grundlage zur Datenmodellierung<br />

und zur Entwicklung von Schnittstellen<br />

herangezogen werden können.<br />

Bei der Konzeption von ALKIS ® wurden diese<br />

Normen zu Grunde gelegt. Für den Kunden<br />

von Geoinformationen bedeutet dies eine auch<br />

über nationale Grenzen hinweg vergleichsweise<br />

einfache Nutzung der Daten, für den Hersteller<br />

von Software größtmögliche Verwendbarkeit<br />

einmal entwickelter Module.<br />

Auch beim Datenformat zur Abgabe von<br />

ALKIS ® -Daten wird auf Eigenentwicklungen<br />

verzichtet und auf Standardtechniken zurückgegriffen.<br />

Als Format wird künftig die Normbasierte<br />

Austauschschnittstelle (NAS) angeboten.<br />

Diese basiert auf Regeln der so genannten<br />

Extensible Markup Language (XML), einem<br />

Werkzeug, das im Bereich des Internets weite<br />

Verbreitung gefunden hat. In Kombination mit<br />

dem genormten Objektmodell sind ALKIS ® /<br />

4) http://www.adv-online.de<br />

5) Modellierung von Fachinformationen unter Verwendung der GeoInfoDok – Leitfaden; http://www.adv-online.de<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 15


NAS-Daten trotz ihrer Komplexität für Nutzer<br />

daher relativ einfach zu interpretieren.<br />

5 Vorteile der ALKIS ® -Einführung für<br />

die Arbeitsabläufe in der Katasterverwaltung<br />

Die Aufspaltung des Liegenschaftskatasters in<br />

die zwei Datenbanken ALB und ALK hat dazu<br />

geführt, dass eine Vielzahl von Informationen<br />

im Liegenschaftskataster doppelt enthalten ist.<br />

Hieraus resultiert bei jeder Fortführung ein<br />

Mehraufwand, der bei der gemeinsamen<br />

Datenhaltung in ALKIS ® nicht auftreten wird.<br />

Zudem besteht im Falle mehrfach vorhandener<br />

Daten immer die Gefahr, dass sich eigentlich<br />

identische Informationen z.B. durch Fehlbedienung<br />

der entsprechenden Softwaresysteme<br />

auseinanderentwickeln. Die Katasterämter<br />

müssen daher z.Z. im Rahmen ihres Qualitätsmanagements<br />

geeignete organisatorische<br />

und technische Gegenmaßnahmen treffen.<br />

ALKIS ® führt die beiden Informationsquellen<br />

Liegenschaftsbuch und Liegenschaftskarte<br />

erstmalig zusammen. Die Nachteile der bisherigen<br />

Doppelführung entfallen.<br />

6 Vorteile der ALKIS ® -Einführung für<br />

den Aufbau von Geodateninfrastrukturen<br />

Auf allen Ebenen des Verwaltungshandelns<br />

(Europäische Union 6) , Bund 7) , NRW 8) , Kommunen<br />

9) ) werden gegenwärtig Geodateninfrastrukturen<br />

aufgebaut. Dabei ist die individuelle<br />

Zielrichtung dieser Initiativen durchaus<br />

unterschiedlich. Teilweise liegt der Schwerpunkt<br />

auf der Optimierung von Verwaltungsprozessen,<br />

teilweise wird der marktwirtschaftliche<br />

Aspekt betont. Verbindendes Element<br />

und damit Garant für gegenseitige Integrationsfähigkeit<br />

ist jedoch die Forderung nach<br />

Bereitstellung von Geoinformationen in standardisierten<br />

Formaten und Schnittstellen. Das<br />

Liegenschaftskataster als Informationssystem<br />

muss sich in diesen Kontext einfügen. Durch<br />

den Rückgriff auf übergeordnete, allgemein<br />

anerkannte Normen (s.o.) ist dies unter<br />

ALKIS ® sichergestellt.<br />

16<br />

Wer eine Ware anbietet, muss auch die entscheidenden<br />

Eigenschaften seines Produktes<br />

benennen können. Nur so ist es einem Kunden<br />

möglich, die Eignung des betreffenden Angebots<br />

für seine Zwecke zu beurteilen. Dieses<br />

Prinzip gilt selbstverständlich auch für die<br />

Anbieter von Geodaten. Fragen z.B. zu Aktualität,<br />

räumlicher Überdeckung und Genauigkeit<br />

müssen beantwortet werden können.<br />

Befindet sich der Nutzer innerhalb derselben<br />

Verwaltung, so mag eine mündliche Beratung<br />

noch ausreichen. Unter dem Gesichtspunkt der<br />

Geodateninfrastruktur genügt dies nicht mehr.<br />

Zwingende Voraussetzung für ihr Funktionieren<br />

ist das Vorhandensein von Daten über<br />

Daten, den so genannten Metadaten.<br />

Wesentliches Kennzeichen der Geodateninfrastruktur<br />

ist die Verfügbarkeit von Geoinformationen<br />

in einem – im Falle des Internets letztlich<br />

weltweiten – Netzwerk. Die Informationsrecherche<br />

im Internet wird von zentralen Einstiegsseiten<br />

geprägt. Es liegt daher nahe, für<br />

Geodaten vergleichbare Mechanismen aufzubauen.<br />

Genau wie die Geodaten selbst müssen<br />

die Metadaten für eine größtmögliche Verständlichkeit<br />

in bestimmten, fest definierten<br />

Strukturen vorliegen. Daher existieren von den<br />

bereits genannten Gremien ISO und OGC auch<br />

normierende Regeln für Metadaten. Die Einführung<br />

von ALKIS ® umfasst folgerichtig<br />

auch die Beschreibung der Geobasisdaten mit<br />

Metadaten, denen diese internationale Standards<br />

zugrundegelegt werden.<br />

7 Fazit<br />

ALKIS ® erfüllt die zentralen Anforderungen<br />

der Kunden der Vermessungsverwaltung: Erstmalig<br />

werden bundes- bzw. landesweit einheitliche<br />

Produkte des Liegenschaftskatasters verfügbar<br />

sein. Durch die Verwendung international<br />

anerkannter Normen wird zudem<br />

der Gefahr einer vermessungstechnischen<br />

Insellösung vorgebeugt. Damit genügt<br />

ALKIS ® auch den Anforderungen, die in jüngster<br />

Zeit durch die Konzepte zum Aufbau von<br />

Geodateninfrastrukturen an das Liegenschaftskataster<br />

formuliert worden sind.<br />

6) http://inspire.jrc.it<br />

7) http://www.imagi.de; www.gdi-de.de<br />

8) http://www.gdi-nrw.org<br />

9) http://www.lverma.nrw.de/produkte/liegenschaftsinformation/katasterinfo/alkis/ALKIS_Geobasis_NRW.htm<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


ALKIS ® ist daher mehr als ein neues technisches<br />

System, das die alten Werkzeuge ALB<br />

und ALK ablösen wird. Mit der Einführung<br />

von ALB und ALK wurde der Übergang vom<br />

analog zum digital geführten Liegenschaftskataster<br />

eingeleitet. Auch ALKIS ® steht nunmehr<br />

für einen Evolutionssprung in der Vermessungsverwaltung.<br />

So wie seinerzeit der Wechsel<br />

in das Computerzeitalter vollzogen wurde,<br />

1 Ausgangssituation<br />

Mit den neuen Präsentationsvorschriften in<br />

NRW werden die altgedienten Richtlinien zur<br />

Darstellung von Signaturen und Beschriftungen<br />

in der Liegenschaftskarte und der Deutschen<br />

Grundkarte 1: 5000 abgelöst. Die Zeichenvorschrift<br />

NW, die ZV-Aut NRW und das<br />

Musterblatt DGK 5 haben über Jahrzehnte hin<br />

das Erscheinungsbild nordrhein-westfälischer<br />

Karten geprägt.<br />

Die ZV-Aut NRW legt die uns bekannten vier<br />

Standardausgaben der Liegenschaftskarte fest:<br />

a) Liegenschaftskarte/Flurkarte,<br />

b) Liegenschaftskarte/Stadtgrundkarte,<br />

c) Liegenschaftskarte/Schätzungskarte,<br />

d) Deutsche Grundkarte.<br />

Das neue VermKatG NRW definiert die Deutsche<br />

Grundkarte – im neuen Sprachgebrauch<br />

als Amtliche Basiskarte (ABK) bezeichnet –<br />

als ein Bestandteil des Liegenschaftskatasters.<br />

Die Standardausgaben ABK und Liegenschaftskarte/Flurkarte<br />

ergeben sich aus ein und<br />

demselben Datenbestand. Mit dem Programm<br />

MAP (Maßstabsabhängige Präsentation) lassen<br />

sich hieraus Kartendarstellungen im mittleren<br />

und großmaßstäbigen Bereich ableiten.<br />

repräsentiert ALKIS ® heute den notwendigen<br />

Eintritt des Amtlichen Vermessungswesens in<br />

die vernetzte Kommunikationsgesellschaft.<br />

Stephan Heitmann<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

Muffendorfer Str. 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail: heitmann@lverma.nrw.de<br />

Die Präsentation von ALKIS ® -Standardausgaben in Nordrhein-Westfalen<br />

– ein Werkstattbericht –<br />

Von Klaus Heyer<br />

Soweit die Digitale Grundkarte bzw. ABK<br />

bereits hergestellt wurde, werden auch farbige<br />

Präsentationen ausgegeben.<br />

In NRW wurde bisher z.B. für die Standardausgabe<br />

Liegenschaftskarte/Flurkarte ein<br />

Minimal- und ein Maximalinhalt (ZV-AUT<br />

NRW) festgelegt. Innerhalb dieser Grenzen<br />

liegt die Entscheidung zur Erfassung und Präsentation<br />

von Objekten in der Kompetenz der<br />

jeweiligen Katasterbehörde. D.h. trotz vereinbarter<br />

Standardausgaben bzw. -auszüge konnte<br />

die Liegenschaftskarte nach außen hin unterschiedlich<br />

erscheinen. Mit dem DGK-Erlass<br />

werden übergangsweise bis zur Festlegung<br />

neuer Präsentationsvorschriften kartographische<br />

Darstellungen akzeptiert, die sich an<br />

denen des Musterblattes orientieren. Durch die<br />

verschiedenen, z.T. unterschiedlichen Vorgaben<br />

hat sich, insbesondere durch den Einsatz<br />

des Programms MAP, die kartographische<br />

Darstellung der digitalen Grundkarte im Vergleich<br />

zum Musterblatt gleichwohl verändert.<br />

2 Präsentationsvorschriften der AdV<br />

und im Land NRW<br />

2.1 Präsentationsvorschriften der AdV<br />

Mit der Einführung von ALKIS ® ändert sich<br />

nicht nur die Datenmodellierung im Liegen-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 17


schaftskataster. Die AdV hat im Rahmen der<br />

GeoInfoDok 1) im Kapitel 7.3 den Signaturenkatalog<br />

ALKIS ® (AdV-SK) mit Teilbereichen<br />

zur Signaturenbibliothek (Teil B) und zu Präsentationsvorschriften<br />

(Teil C) veröffentlicht.<br />

Der AdV-SK enthält die Vorgaben für die Präsentation<br />

von ALKIS ® -Bestandsdaten (Präsentationsausgaben).<br />

Ziel des AdV-SK ist eine<br />

bundeseinheitliche Kartendarstellung für die<br />

bundeseinheitlich definierten Standardprodukte<br />

(Liegenschaftskarte mit bzw. ohne<br />

Bodenschätzung) jeweils in einer Farb- und<br />

Schwarzweißausgabe.<br />

Der AdV-SK liegt derzeit in der Version 4.0<br />

vor; die Veröffentlichung der Version 5.0 bzw.<br />

5.1 steht in diesem Frühjahr an. Mit den bisherigen<br />

verschiedenen Versionen waren z.T. gravierende<br />

Änderungen bezüglich der Präsentation<br />

verbunden.<br />

Anders als bisher in der ALK NRW legt das<br />

ALKIS ® -Konzept Standardausgaben inhaltlich<br />

exakt fest. Das Erscheinungsbild der Standardauszüge<br />

für die Liegenschaftskarte verändert<br />

sich darüber hinaus z.B. durch die Harmonisierung<br />

mit dem ALKIS ® , aber auch<br />

aufgrund einer zukünftig moderneren, durch<br />

die Internettechnologie mitgeprägten anderen<br />

Sicht auf die Darstellung kartographischer<br />

Inhalte. Ausführungen zur bundeseinheitlichen<br />

Definition und Darstellung der ABK 5 (AdV-<br />

Ausgabe) sind in (Gärtner <strong>2006</strong>) zu finden.<br />

2.2 Präsentationsvorschriften im Land<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Im Rahmen von ALKIS ® besteht die Möglichkeit,<br />

auf der Basis des von der AdV definierten<br />

Grunddatenbestandes eigene länderspezifische<br />

Festlegungen sowohl für den Grunddatenbestand<br />

als auch für die Präsentation zu treffen.<br />

Von dieser Möglichkeit macht NRW<br />

Gebrauch und definiert grundlegend den<br />

Gesamtdatenumfang des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

NRW. Der einheitliche Grunddatenbestand<br />

NRW für das Liegenschaftskataster<br />

ist eine Teilmenge des Amtlichen Liegenschaftskatasters<br />

NRW, er umfasst zugleich den<br />

Grunddatenbestand der AdV. Aus diesem<br />

1) Dokumentation zur Modellierung der Geoinformationen des amtlichen Vermessungswesens<br />

2) Namensvorschläge der Projektgruppe Präsentation<br />

18<br />

Grunddatenbestand NRW werden dann die<br />

inhaltlich fest definierten Standardausgaben<br />

Flurkarte NRW 2) , Schätzungskarte NRW 2) und<br />

Amtliche Basiskarte NRW 2) in einer Farb- und<br />

Schwarzweißdarstellung abgeleitet. Das bedeutet,<br />

dass über den Grunddatenbestand der<br />

AdV hinaus wichtige individuelle Ergänzungen<br />

und Abweichungen vorgenommen werden.<br />

Das bedeutet allerdings auch, dass die<br />

Katasterbehörden dem Nutzerwunsch entsprechend<br />

sowohl die AdV-Ausgaben als auch die<br />

NRW-Ausgaben präsentieren können müssen.<br />

Auf der Basis der Grunddatenbestände AdV<br />

und NRW werden alle Standardausgaben inhaltlich<br />

festgelegt. Die Signaturenkataloge der<br />

AdV sind wiederum grundlegend für die Festlegung<br />

der Präsentationsvorschriften für die<br />

o.a. Standardausgaben in NRW. Dabei wird<br />

grundsätzlich versucht, den Umfang der landesspezifischen<br />

Abweichungen auf ein Mindestmaß<br />

zu beschränken. Die Signaturenkataloge<br />

für NRW werden darüber hinaus aber auch<br />

Präsentationsempfehlungen für alle im<br />

ALKIS ® -Objektartenkatalog NRW nachgewiesenen<br />

darstellungsrelevanten Objekte enthalten,<br />

die über den festen Inhalt der Standardausgaben<br />

hinausgehen.<br />

3 Entwicklung und Stand der<br />

Präsentationsvorschriften in NRW<br />

3.1 Gründung einer landesweiten<br />

Projektgruppe „Präsentation“<br />

Das Innenministerium beauftragte eine Projektgruppe,<br />

bestehend aus Vertretern der kommunalen<br />

Spitzenverbände, des Landesvermessungsamtes<br />

und der <strong>Bezirksregierung</strong>en, mit<br />

der Konzeption landesspezifischer Vorgaben<br />

für die Präsentation nordrhein-westfälischer<br />

Kartenausgaben im mittleren und großmaßstäbigen<br />

Bereich (1: 500 – 1: 5000). Dabei sollte<br />

geprüft werden, inwieweit der AdV-SK zur<br />

Ausgabe der Liegenschaftskarte eine zufrieden<br />

stellende Präsentation einer nordrheinwestfälischen<br />

Liegenschaftskarte und auch<br />

Grundkarte ermöglicht. Die Projektgruppe<br />

„Präsentation“ arbeitet neben den zahlreichen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


übrigen Projektgruppen der übergeordneten<br />

PG ALKIS-Vorschriften bzw. der sich gerade<br />

aus ihr neu gegründeten PG Katastermodernisierung<br />

zu.<br />

Die Arbeiten wurden bereits im Sommer 2003<br />

aufgenommen. Die Präsentationsvorschriften<br />

in ALKIS ® befanden sich zu dieser Zeit in<br />

einem sehr frühen Stadium. Die Installation<br />

der NRW-Projektgruppe zu diesem Zeitpunkt<br />

war sehr sinnvoll, da auf diese Weise frühzeitig<br />

wertvolle Erkenntnisse für die konkrete<br />

Fortentwicklung der AdV-Präsentationsvorschriften<br />

(GeoInfoDok von Version 2 zur Version<br />

5) an die entsprechenden AdV-Gremien<br />

weitergegeben werden konnten. Im Rahmen<br />

der Bearbeitung der Präsentationsthematik<br />

konnten Probleme im Detail erkannt werden,<br />

die ihrerseits auch Auswirkungen auf die Weiterentwicklung<br />

des Migrationskonzeptes NRW<br />

hatten.<br />

3.2 Grundsätze zur Präsentation<br />

Die Präsentation der landesspezifischen Standardausgaben<br />

orientiert sich am AdV-Signaturenkatalog<br />

für die Liegenschaftskarte. Analog<br />

der AdV-Ausgaben erscheinen die Schriften<br />

generell in Schriftart Arial und die Angaben<br />

zur Bodenschätzung in der Schätzungskarte in<br />

der Schriftart Times New Roman. Eigennamen<br />

erscheinen in Fettschrift. Für die Standardausgaben<br />

ist jeweils eine Schwarz-Weiß- und eine<br />

Farbausgabe vorgesehen.<br />

3.2.1 Präsentation der Flurkarte NRW<br />

und der Schätzungskarte NRW<br />

Ziel ist, unter weitgehender Berücksichtigung<br />

des AdV-SK das bisherige Erscheinungsbild<br />

der Liegenschaftskarte möglichst zu erhalten.<br />

Dies gilt insbesondere für die bisherigen freien<br />

Schriftzusätze, die im erforderlichem Maß<br />

das Kartenbild erläutern. Diese freien Texte<br />

– ob Bezeichnung oder Eigenname – werden<br />

als Präsentationsobjekte mit neuer Schrift<br />

(Arial), ggf. in anderer Schriftgröße, aber am<br />

selben Kartenort dargestellt. Mit der Übernahme<br />

der Verortung der Schriften aus der Liegenschaftskarte<br />

wird auch ein bei der Neupräsentation<br />

der Liegenschaftsdaten nach<br />

ALKIS ® -Anforderungen ggf. erforderlicher<br />

Nachbearbeitungsaufwand möglichst gering<br />

gehalten.<br />

Abweichend zum AdV-SK werden in NRW die<br />

Gebäude entsprechend ihrer Erfassungsgenauigkeit<br />

unterschiedlich dargestellt. Im Liegenschaftskataster<br />

NRW werden Gebäude in den<br />

Folien 011 und 084/086 der ALK nachgewiesen.<br />

In den letzten Jahren wurde der Gebäudebestand<br />

in der ALK durch Auswertungen<br />

von Orthophotos und der Deutschen Grundkarte<br />

umfassend ergänzt. Da diese Gebäude<br />

nur in topographischer Genauigkeit erfasst<br />

wurden, ist auch weiterhin eine spezielle Kennzeichnung<br />

im Kartenwerk des Liegenschaftskatasters<br />

erforderlich.<br />

Die Farben bzw. Grautöne, die im Signaturenkatalog<br />

der AdV festgelegt sind, können im<br />

Wesentlichen übernommen werden. Ausnahmen<br />

werden da notwendig, wo das gesamte<br />

Kartenbild erheblich gestört wird. Dazu zählen<br />

die grau präsentierten Flächen der Tatsächlichen<br />

Nutzung „Industrie- und Gewerbefläche“<br />

(Weiß für NRW), die z.T. zu dunklen Grautöne<br />

der Gebäudeflächen und die ebenfalls mit einer<br />

grauen Flächenfüllung dargestellten Standflächen<br />

von Bauwerken.<br />

In der Farbausgabe erfolgt die Schriftausgabe<br />

nicht in verschiedenen Farben (AdV: Gewässername<br />

in Blau, Gewannennamen in Braun,<br />

Waldeigennamen in Grün) sondern generell im<br />

Schwarzton. Auch soll die in Gelb/Ocker dargestellte<br />

Straßenklassifizierung der Bundesautobahnen,<br />

Bundes- und Landesstraßen nicht<br />

übernommen werden, da diese hervorgehobene<br />

Darstellung eher für eine Straßenkarte als<br />

für die amtliche Flurkarte geeignet erscheint.<br />

Während die ZV-Aut NRW bisher für die Darstellung<br />

der Gebäudenutzungen Textausgaben<br />

festlegte, sieht der AdV-SK (Zielmaßstab<br />

1:1000) hierfür überwiegend Signaturen vor.<br />

Soweit die Signaturen gut interpretierbar sind,<br />

sollen sie für NRW übernommen werden. Leider<br />

konnte im AdV-SK keine durchgängige<br />

Struktur für die Ausgabe von Signaturen oder<br />

alternativ Schriften gefunden werden. Dies<br />

liegt natürlich am begrenzten Vorrat an allgemeingültigen,<br />

sprechenden und auch gleichzeitig<br />

in den verschiedenen Maßstäben (1:500<br />

bis 1:2000) ausreichend erkennbaren Signaturen.<br />

Neben den klassischen Signaturen für<br />

Postamt, Krankenhaus oder Kirche kommen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 19


jetzt ganz neue Signaturen für Bücherei, Theater,<br />

Kindergarten, Zoo, Spielplatz etc. hinzu.<br />

Daneben werden Gebäudenutzungen wie Rathaus,<br />

Zoll, Museum, Schule, etc. weiterhin mit<br />

Textausgaben dargestellt.<br />

Tabelle 1: Diskussionsbeispiele Gebäudesignaturen<br />

Bei der Auswahl der Signaturen für den AdV-<br />

SK stand nur die Präsentation der Liegenschaftskarte<br />

im Maßstab 1:1.000 an. Da in<br />

NRW auch die ABK NRW aus dem gleichen<br />

Datenbestand des Liegenschaftskatasters abgeleitet<br />

wird wie die Flurkarte NRW bietet sich<br />

hier zwangsläufig eine „ganzheitliche“ Sicht<br />

an. D.h. bei der Prüfung der Übernahmemöglichkeiten<br />

der AdV-SK-Signaturen spielt die<br />

Erkennbarkeit nach entsprechender Verkleinerung<br />

für den Maßstab der ABK NRW eine<br />

große Rolle. Von daher werden in Einzelfällen<br />

Signaturenentwürfe aus der ABK NRW rückwirkend<br />

für die Flurkarte vorgeschlagen, damit<br />

zwischen den beiden Kartenwerken eine Einheitlichkeit<br />

hergestellt wird.<br />

Im Teil B – Signaturenbibliothek – des AdV-<br />

SK ab Version 4.0 wurden standardmäßige<br />

Textabkürzungen für Präsentationsobjekte mit<br />

spezieller Signaturnummer (SNR) definiert<br />

(z.B. Fhs für Forsthaus, Tabelle 1). Allerdings<br />

existieren hierfür noch keine Präsentationsregeln<br />

im Teil C des AdV-SK. Wird die Präsentation<br />

dieser Abkürzungen künftig realisiert,<br />

20<br />

Bezeichnung ALKIS � SK Flurkarte ABK<br />

Theater Oper<br />

Spielplatz<br />

Kindergarten<br />

Zoo Zoo Zoo<br />

Umformer<br />

Bahnhof Bahnhof<br />

Omnibusbahnhof Busbahnhof Busbahnhof<br />

Bf<br />

Windmühle<br />

Forsthaus Fhs 3<br />

Gewächs- und Treibhaus Gwhs 3<br />

Tankstelle<br />

Bf Bf<br />

3) Diese Abkürzung ist nicht in ALKIS ® zu sehen!!!<br />

Sie ist bislang nur im AdV-SK Teil B „definiert“.<br />

T<br />

so eröffnen sich für die ABK NRW und damit<br />

auch für die Flurkarte NRW nochmals neue<br />

Wege. Alle bisherigen Überlegungen, die stets<br />

einen Kompromiss darstellten, der niemals<br />

allen Grundsätzen gerecht werden konnte,<br />

können wieder neu angestellt werden. In diesem<br />

Fall wäre es möglich für die ABK NRW –<br />

wie auch bisher in der Grundkarte – mehr<br />

Textabkürzungen zu verwenden. Im Vergleich<br />

zu Signaturen, die im Maßstab 1:5000 eine<br />

Flächenausdehnung von ca. 300 m 2 haben, verdecken<br />

Abkürzungen oder eine kurze textliche<br />

Bezeichnung insgesamt weniger Grundrisssituation<br />

und lassen sich besser positionieren.<br />

Die Überlegungen zu diesen Einzelsignaturen<br />

sind noch nicht abgeschlossen, einzelne Vorschläge<br />

wurden und werden auch weiterhin<br />

dem Revisionsausschuss der AdV zugeleitet.<br />

Mit einer gewissen Spannung werden die Festlegungen<br />

des AdV-SK in der Version 5.1 mit<br />

einem sehr weit reichend überarbeiteten SK<br />

erwartet.<br />

Der AdV-SK ermöglicht die Ausgabe von<br />

Flächensignaturen im festgelegten Raster, in<br />

einer zufallsgenerierten Einzelsignaturendarstellung<br />

und in Gruppenanordnung. Den Vorstellungen<br />

der Arbeitsgruppe nach, sollen<br />

Flächensignaturierungen nur für Vegetationsflächen<br />

(AdV: auch z.B. Flächen für Abbauland)<br />

vorgesehen werden. Die Möglichkeiten<br />

der unterschiedlichen Anordnung der Signaturen<br />

werden auch für NRW übernommen.<br />

Jedoch belasten die nach AdV-SK in Schwarz<br />

erscheinenden Signaturen sehr stark das Kartenbild,<br />

„überschwemmen“ praktisch andere<br />

Inhalte (Bild 1). Für NRW sieht die Arbeitsgruppe<br />

entweder die Ausgabe von Flächensignaturen<br />

im Grauton und/oder in deutlich<br />

reduzierter Anzahl von Einzelsignaturen pro<br />

Flächeneinheit vor (Bild 2, 3 und 4).<br />

Im NRW-Entwurf (Bild 3) ist abweichend auch<br />

die Flurstücksnummer zur besseren Erkennbarkeit<br />

freigestellt.<br />

In ALKIS ® ist zukünftig eine Aggregation von<br />

bisher flurstücksbezogenen Nutzungsarten zu<br />

Großobjekten vorgesehen. Dabei entsteht das<br />

Problem, dass die Flächensignaturen, die dann<br />

über die Nutzungsartengrenzen hinausgehen,<br />

durch die in der Darstellungspriorität höher-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Abb. 2: AdV-SK Original 4)<br />

Abb. 1: AdV-SK Original mit Rasteranordnung 4)<br />

Abb. 3: NRW-Entwurf Grau 4)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 21


Abb. 4: NRW-Entwurf mit reduzierten Abständen 4)<br />

rangigen Grenzen durchkreuzt werden. Abhilfe<br />

für derartige „unschöne“ Darstellungen<br />

könnten nur aufwändigere Präsentationsprozesse<br />

liefern.<br />

Die generelle Prüfung der von der Arbeitsgruppe<br />

definierten Signaturen, Schriften, Farben,<br />

etc. für den NRW-SK erfolgt in einem<br />

Musterkartenentwurf, der sich mit veränderten<br />

Einstellung aus MAP erzeugen lässt.<br />

3.2.2 Präsentation der ABK<br />

Nach (Gärtner <strong>2006</strong>) existieren auf Bundesebene<br />

neben grundsätzlichen Ausführungen<br />

keine konkreten Festlegungen für die Präsentation<br />

der ABK 5-AdV. Doch gilt auch hier der<br />

Grundsatz einer möglichst weitgehenden<br />

Anlehnung an den AdV-SK. Die Anlehnung<br />

hat natürliche Grenzen, dort wo z.B. bereits in<br />

der Flurkarte sehr komplizierte und detaillierte<br />

Signaturen vorgesehen sind, die im Maßstabsbereich<br />

der ABK NRW von 1:2500 bis<br />

1:10000 nicht mehr erkennbar sind. Grenzen<br />

werden auch dort erreicht, wo der Projektgruppe<br />

eine Übereinstimmung im Kartenbild<br />

mit der Flurkarte NRW wichtiger erschien, als<br />

eine Übereinstimmung mit der AdV-Ausgabe.<br />

Viele der für die Flurkarte NRW entworfenen<br />

Darstellungen bzw. Abweichungen zum AdV-<br />

SK gelten auch für die Abbildung der ABK<br />

NRW. Dazu gehören die einheitliche Beschrif-<br />

4) Originale AdV-SK-Festlegungen mit MAP nachgeahmt.<br />

22<br />

tung in Schwarz, die Überlegungen zur<br />

Flächensignaturierung im Bereich der Vegetationsflächen<br />

und nicht zuletzt auch die einheitliche<br />

Färbung aller Straßen in Weiß. Dieser<br />

„Weißdecker“, den der AdV-SK nicht vorsieht,<br />

wird hier wie auch in der Flurkarte NRW<br />

benötigt, um unerwünschte Darstellungen von<br />

z.B. Brückenbauwerkslinien im Straßenverlauf<br />

abzudecken. Die Darstellungspriorität liegt<br />

dabei niedriger als die der Flurstücksgrenzen.<br />

Die bisher in der DGK 5 verwendete Schriftdifferenzierung<br />

in Abhängigkeit von statistischen<br />

Daten (Flächengröße von Seen, Länge<br />

von Gewässern, Einwohnerzahlen bei Wohnplatznamen<br />

etc.) werden aufgegeben bzw. stark<br />

eingeschränkt.<br />

So ist vorgesehen, die Schriftgröße z.B. von<br />

Wohnplatznamen unabhängig von der Einwohnerzahl<br />

nur nach der Bedeutung des Wohnplatzes<br />

(kreisfreie Stadt, Stadtteil oder kreisangehörige<br />

Gemeinde, Gemeindeteil) festzulegen.<br />

Hierdurch wird zukünftig Fortführungsaufwand<br />

reduziert, der immer dann<br />

erforderlich würde, wenn sich statistische<br />

Daten ändern.<br />

Der größte Teil der Schriften für die ABK<br />

NRW (Bezugsmaßstab 1:5000) kann automatisch<br />

über einen Umrechnungsfaktor aus der<br />

Schriftvorgabe für die Flurkarte NRW<br />

(Bezugsmaßstab 1:1000) abgeleitet werden.<br />

Soweit damit kein zufrieden stellendes Resultat<br />

zu erreichen ist, soll eine spezielle Schriftgröße<br />

angegeben werden. Für mögliche Ausgabemaßstäbe<br />

von 1:2500 bis 1:10000<br />

empfiehlt die Projektgruppe unterschiedliche<br />

Anpassungsfaktoren, die eine ausreichende<br />

Lesbarkeit in den unterschiedlichen Maßstäben<br />

gewährleisten sollen.<br />

Während in der Farbausgabe der ABK alle<br />

Flächen der TN Farbdecker erhalten, wird die<br />

SW-Ausgabe generell ohne Flächenfarbe<br />

(Grauraster) ausgegeben.<br />

3.3 Inhaltliche und formale Gestaltung der<br />

Standardauszüge in NRW<br />

Alle Standardauszüge umfassen einen fest<br />

definierten Inhalt, der sich aus dem Grunddatenbestand<br />

NRW ergibt. Im Einzelnen sind diese<br />

Inhalte noch detailliert festzulegen. Ein Aus-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


zug aus dem Liegenschaftskataster umfasst<br />

maximal den Datenumfang des in NRW definierten<br />

Amtlichen Liegenschaftskatasters.<br />

Darüber hinaus sind auch weitere Auszüge aus<br />

dem Liegenschaftskataster denkbar z.B. als<br />

„Topographische Stadtkarte“ in einer Art<br />

Nachfolge zur bisherigen Liegenschaftskarte/<br />

Stadtgrundkarte.<br />

Ähnlich wie in der ZV-Aut NRW wird auch die<br />

formale Gestaltung des Standardauszuges<br />

Abb. 5: Ausgabekopf Standardauszug NRW<br />

Abb. 6: Ausgabekopf Standardauszug Schätzungskarte NRW<br />

Abb. 7: Ausgabekopf Standardauszug ABK NRW<br />

5) In der digitalen Version auf der Homepage des LVermA NRW erscheinen die Farbausgaben.<br />

selbst mit Ausgabekopf und Kartenbild vorgegeben.<br />

Der einfach gestaltete Kartenrahmen<br />

mit Gitterkreuzen und Koordinaten unter<br />

Angabe des jeweiligen Bezugssystems in der<br />

linken unteren Blattecke wird sowohl für die<br />

Flurkarte NRW und Schätzungskarte NRW als<br />

auch für die ABK NRW einheitlich in den<br />

Standardformaten DINA4/A3 verwendet.<br />

(Bild 10: Flurkarte NRW, Bild 11: ABK<br />

NRW) 5) . Alle drei Standardauszüge werden<br />

mit einem nahezu identischen Ausgabekopf<br />

versehen.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 23


Die unterlegten Felder (Bild 5) können ausgabespezifisch<br />

belegt werden (Bilder 6 - 9).<br />

Wichtig erschien der Projektgruppe, die postalische<br />

Adresse des in der Auskunft nachgefragten<br />

Flurstücks mit auszugeben. Die<br />

zugehörigen Katasterbezeichnungen des Flurstücks<br />

können bei mehreren beantragten<br />

zusammenhängenden Flurstücken mit der<br />

Angabe „u.a.“ ergänzt werden. Da die Grenzen<br />

eines Bodenordnungsverfahrens, in dem das<br />

beantragte Flurstück liegen könnte, auf dem<br />

Kartenauszug nicht immer erkennbar sind,<br />

werden in der Bemerkungszeile zum Bodenordnungsverfahren<br />

entsprechende Hinweise<br />

(z.B. Umlegung) aufgenommen. An gleicher<br />

Stelle erscheint in der ABK NRW mit Höhenangabe<br />

ggf. der Hinweis auf Bodenbewegungen.<br />

Obwohl die Inhalte der Standardauszüge fest<br />

definiert sein werden, sollte in Ausnahmefäl-<br />

24<br />

Abb. 8: Ausgabekopf Historische Flurkarte NRW<br />

Abb. 9: Ausgabekopf Topographische Stadtkarte NRW<br />

len eine manuelle Ergänzung um z.B. Straßennamen<br />

oder Flurnummern möglich sein.<br />

Alle Standardauszüge enthalten nur noch ein<br />

Ausgabedatum. Die bisher für die Grundkartenblätter<br />

nachgewiesenen detaillierten Angaben<br />

zum Fortführungsstand lassen sich nicht<br />

mehr realisieren. Das Ausgabedatum entspricht<br />

dem an diesem Tag erreichten Stand der<br />

Übername der Daten in das Liegenschaftskataster.<br />

Zusätzlich kann dem Auszug auf Wunsch ein<br />

Beiblatt mit einer Legende beigefügt werden,<br />

die die Interpretation der verwendeten Farben<br />

und Signaturen möglich macht. Diese Erläuterungen<br />

sind z.B. dann sehr hilfreich, wenn in<br />

der Liegenschaftskarte auf die unterschiedlichen<br />

Genauigkeiten von Gebäuden (Folie 011<br />

durchgezogene Darstellung und Folie 086<br />

strichpunktierte Darstellung) hingewiesen<br />

werden soll.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Abb. 10: Entwurf Standardauszug Flurkarte NRW (SW) 5)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 25


26<br />

Abb. 11: Entwurf Standardausgabe ABK NRW (SW) 5)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


4 Fazit und Ausblick<br />

Obwohl bereits viele Grundsätze und Details<br />

der Präsentation unserer nordrhein-westfälischen<br />

Standardauszüge zumindest in der Projektgruppe<br />

feststehen, ist immer noch einiges<br />

im Fluss. Doch dies ist ein augenblicklich ganz<br />

normaler Zustand. Die Präsentation steht in<br />

enger Wechselwirkung mit den Modellierungen<br />

in ALKIS und den Festlegungen des<br />

Migrationskonzeptes NRW.<br />

Was bleibt noch zu tun? Die Arbeiten zur Definition<br />

von Signaturen und Schriften sind kurzfristig<br />

abzuschließen. Für die weiteren Arbeiten<br />

fehlen z.T. noch detailliertere Vorgaben<br />

(Grunddatenbestand NRW, definitiver Inhalt<br />

der Standardauszüge). Der Aufbau der landesspezifischen<br />

Signaturenkataloge für die Flurkarte<br />

NRW/Schätzungskarte NRW sowie für<br />

die ABK NRW beginnt sinnvollerweise mit der<br />

Veröffentlichung der neuen Version der GeoInfoDok<br />

in der Version 5.1.<br />

Literaturangabe:<br />

Gärtner, <strong>NÖV</strong> 1/<strong>2006</strong>, S. 4-14<br />

Klaus Heyer<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>, Dezernat 33<br />

Zeughausstr. 10-12<br />

50606 <strong>Köln</strong><br />

E-Mail: klaus.heyer@bezreg-koeln.nrw.de<br />

Amtliche Hauskoordinaten – ein Angebot der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

Von Martin Knabenschuh und Gerfried Westenberg<br />

1 Der Markt – Ausgangssituation,<br />

Entwicklung und Anforderungen<br />

Der Geodatenmarkt hat sich in der näheren<br />

Vergangenheit in einem rasanten Tempo entwickelt.<br />

Auf den diversen Messen, Fachveranstaltungen<br />

und Kongressen werden immer<br />

mehr Lösungen präsentiert, die einer Vielzahl<br />

von Branchen helfen, effizienter zu arbeiten<br />

und immer bessere Ergebnisse zu erzielen.<br />

Dabei gelingt es zunehmend, den Mehrwert<br />

eines geografischen Bezuges deutlich zu<br />

machen, der bei der Beantwortung komplexer<br />

Fragestellungen Garant für einfache und transparente<br />

Lösungen ist. Dass die zugrunde liegenden<br />

Geodatenbestände dabei eine fundamentale<br />

Bedeutung haben, führt zu einer<br />

spürbar zunehmenden Wertschätzung von<br />

Kundenseite. Auch das Bewusstsein für die<br />

besondere Rolle der amtlichen Geobasisdaten,<br />

als Basismodelle für die Abbildung raumbezogener<br />

Fachinformationen wächst allmählich,<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 27


ebenso wie das Bewusstsein auf Seiten der Vermessungsverwaltung,<br />

maßgeschneiderte Geobasisprodukte<br />

und -dienste bereitzustellen.<br />

Mit der fortschreitenden Entwicklung des<br />

Geodatenmarktes wachsen auch die Anforderungen<br />

an die Geoprodukte und Geodienste.<br />

So können heute durch Integration hausgenauer<br />

Geodaten in die Unternehmensprozesse<br />

neue Wertschöpfungs- und Marktpotenziale<br />

erschlossen werden. Standen bei vielen bundesweit<br />

agierenden Unternehmen in der Vergangenheit<br />

die aus dem Navigationsbereich<br />

bekannten digitalen Straßenkarten im Fokus<br />

des Interesses, erfordern heute zunehmend<br />

feinräumigere Fragestellungen der Kunden<br />

gebäudescharfer Basismodelle. Eine Betrachtung<br />

auf Straßenebene reicht heute in vielen<br />

Fällen nicht mehr aus. Mit der Erschließung<br />

der neuen Dimension gebäudescharfer Betrachtungen<br />

sind auch die Dienstleister gehalten,<br />

ihre Produkte und Dienste entsprechend<br />

anzupassen.<br />

Das amtliche Liegenschaftskataster der Bundesländer<br />

umfasst eine Vielzahl von Informationen<br />

zu Flurstücken und Gebäuden. Es bildet<br />

eine wesentliche Basis für den Grundstückverkehr<br />

in Deutschland und stellt als Solches eine<br />

einzigartige Quelle flurstücksbezogener und<br />

hausgenauer Informationen dar. Die Führung<br />

des Liegenschaftskatasters obliegt den regional<br />

agierenden Katasterbehörden der Länder. Für<br />

großräumig agierende Unternehmen bedeutet<br />

dies, dass bei überregionalem Bedarf Kontakt<br />

zu mehreren Datenanbietern aufgenommen<br />

werden muss, dass gegebenenfalls unterschiedliche<br />

Nutzungsmodelle zugrunde liegen,<br />

und dass die bezogenen Datenbestände<br />

unter Umständen in ein gemeinsames Format<br />

überführt werden müssen, bevor sie für den<br />

vorgesehenen Nutzungszweck eingesetzt werden<br />

können. Um den Zugang zu den Geobasisdaten<br />

des Liegenschaftskatasters zu erleichtern,<br />

haben die meisten Bundesländer Geodatenzentren<br />

zur Verbreitung von Katasterdaten<br />

bei katasteramtsübergreifender Anforderung<br />

installiert. Damit wurde ein wichtiger<br />

Schritt zur Öffnung des Geodatenmarktes<br />

getan.<br />

Der nächste konsequente Schritt hin zu einer<br />

bundesweiten Bündelung der Kompetenzen<br />

28<br />

blieb zunächst aus. Erst der immer konkreter<br />

werdende Bedarf einer zunehmenden Zahl von<br />

Kunden nach bundesweit homogenen Daten<br />

des Liegenschaftskatasters, die zu einheitlichen<br />

Konditionen und zentral bereitgestellt<br />

werden, führte zu einem Umdenken und einer<br />

kompletten Neuausrichtung in der Vermarktung<br />

amtlicher Datenangebote des Liegenschaftskatasters.<br />

2 Die Gemeinschaft – Modell zur<br />

länderübergreifenden Verbreitung<br />

Im Herbst 2003 legten die Bundesländer Bayern,<br />

Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-<br />

Westfalen und Rheinland-Pfalz den Grundstein<br />

zur bundesweiten Vermarktung eines aus<br />

dem Basisdatenbestand des Liegenschaftskatasters<br />

generierten Marktproduktes, den amtlichen<br />

Hauskoordinaten. Damit wurde eine<br />

wichtige Voraussetzung zur optimalen Erfüllung<br />

einer der Kernaufgaben der amtlichen<br />

Vermessungsverwaltungen geschaffen: Amtliche<br />

Geobasisdaten konnten nun auch für länderübergreifende<br />

Anwendungen der Nutzung<br />

zugeführt werden, weil Wertschöpfungsprozesse<br />

im Sinne einer bedarfsgerechten Aufbereitung<br />

und Bereitstellung von Folgeprodukten<br />

und Folgediensten fortan leichter möglich<br />

waren.<br />

Zu diesem Zweck unterzeichneten die genannten<br />

Länder eine Verwaltungsvereinbarung,<br />

nach der alle Beitrittsländer länderübegreifend<br />

die „Gemeinschaft zur Verbreitung der Hauskoordinaten<br />

(GVHK)“ bilden. Die GVHK hat<br />

sich dabei an den Kernanforderungen des<br />

Marktes orientiert und deren Erfüllung als<br />

erklärtes Ziel in den Mittelpunkt ihres Wirkens<br />

gestellt.<br />

Dementsprechend waren die folgende Aspekte<br />

unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche<br />

Vermarktung des neuen Angebotes:<br />

� Alle Aktivitäten zur gemeinsamen Verbreitung<br />

des neuen Geobasisproduktes müssen<br />

auf die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet<br />

sein.<br />

� Das Geobasisprodukt muss ein bundesweit<br />

einheitliches Datenformat aufweisen.<br />

� Der Einräumung von Nutzungsrechten und<br />

der Preisbildung im Zusammenhang mit<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Abb. 1: Entwicklung der „Gemeinschaft zur Verbreitung der amtlichen Hauskoordinaten“<br />

der Bereitstellung des Geobasisproduktes<br />

muss ein einheitliches Lizenzmodell zugrunde<br />

liegen.<br />

� Das Geobasisprodukt muss von einer zentralen<br />

Stelle (zentraler Ansprechpartner für<br />

aktuelle und potenzielle Kunden) aus bereitgestellt<br />

werden.<br />

Bis zum Ende 2004 waren der Gemeinschaft<br />

bereits insgesamt 9 Bundesländer beigetreten.<br />

Zum Ende 2005, also binnen 2 Jahren seit<br />

Gründung, hatten sich dann alle 16 Bundesländer<br />

der GVHK angeschlossen. Damit haben<br />

die Vermessungsverwaltungen der Länder wesentlich<br />

dazu beigetragen, das für eine erfolgreiche<br />

Vermarktung der amtlichen Hauskoordinaten<br />

zwingend erforderliche bundesweit<br />

einheitliche Geobasisdatenangebot zu realisieren.<br />

3 Der Auftrag – Rolle einer zentralen<br />

Stelle<br />

Mit der Vermarktung der amtlichen Hauskoordinaten<br />

für die Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder wurde das Landesvermessungsamt<br />

Nordrhein-Westfalen (LVermA NRW) betraut.<br />

Es bündelt somit die Kompetenzen der<br />

GVHK-Mitglieder, fungiert als Ansprechpartner<br />

für die Kunden und wird bei länderübergreifenden<br />

Kundenaufträgen als Vertreter der<br />

Länder tätig. Im Rahmen dieser Aufgabe wird<br />

beim LVermA NRW bis auf weiteres ein<br />

Sekundärdatenbestand der Daten aller Länder<br />

vorgehalten, aus dem Kundenanfragen beantwortet<br />

und Bestellungen bedient werden. Der<br />

Vermarktungsaktivität liegt ein Konzeptpapier<br />

zugrunde, das im Start der Initiative entwickelt<br />

worden war, und das seitdem kontinuierlich<br />

fortgeschrieben wird.<br />

Das LVermA NRW war seit Gründung der<br />

GVHK außerdem damit befasst, die Gemeinschaft<br />

aktiv auszubauen, indem weitere Vermessungsverwaltungen<br />

schrittweise hinzugewonnen<br />

werden. Ziel war es, den Kundenwunsch<br />

nach einer bundesweit einheitlichen<br />

Lösung so kurzfristig wie möglich nachzukommen<br />

und die Initiative als Referenzprojekt<br />

auf Ebene der Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik<br />

Deutschland (AdV) zu einem<br />

Erfolgsmodell werden zu lassen. Im Zuge dieser<br />

verwaltungsinternen Akquisition galt es,<br />

die Ziele der GVHK und die Rollenverteilung<br />

in der Gemeinschaft transparent zu machen,<br />

Unterstützung bei dem Abbau diverser Hemmnisse<br />

zu leisten und bestehende Unklarheiten<br />

aus dem Weg zu räumen. So wurden aus Informationsgesprächen<br />

nicht selten Akquisitionsgespräche,<br />

deren Erfolg nicht zuletzt davon<br />

abhing, inwieweit es gelang, den ideellen und<br />

materiellen Nutzen überzeugend darzulegen.<br />

Nichts anderes geschah und geschieht heute im<br />

Rahmen von Kundengesprächen; die Erfolgfaktoren<br />

sind identisch.<br />

Wesentlicher Bestandteil eines reibungslosen<br />

Vertriebs ist die einwandfreie technische Aufbereitung<br />

der Hauskoordinaten. Dazu werden<br />

die Länderdaten zum 01. April eines jeden Jahres<br />

an das LVermA NRW geliefert und dort<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 29


zusammengeführt. Das LVermA NRW stellt<br />

die Abgabe der Hauskoordinaten aller Länder<br />

in dem einheitlichen, von der AdV verabschiedeten<br />

Abgabeformat sicher. Die Qualität der<br />

gelieferten Daten bleibt dabei unverändert. Im<br />

Zuge der Zusammenführung des Gesamtdatenbestandes<br />

aller Länder werden ebenfalls im<br />

Jahresrhythmus postalische Informationen<br />

(insbesondere die Postleitzahl) zugespielt. Diese<br />

Aufgabe wird im Vergabewege aufgrund<br />

bundesweiter Ausschreibung erledigt und im<br />

direkten Kontakt des jeweiligen Dienstleisters<br />

mit dem LVermA NRW abgewickelt. Nach der<br />

Anfelderung der postalischen Informationen<br />

wird der dann komplette Datenbestand der<br />

„Hauskoordinaten Deutschland“ zur abschließenden<br />

Qualitätsprüfung an die Länder<br />

gegeben.<br />

Mit der Freigabe von Seiten der Länder (zum<br />

01. Juli eines jeden Jahres) stehen die aktuellen<br />

Daten zur Nutzung bereit. Zu diesem Zeitpunkt<br />

werden die aktualisierten Daten wahlweise<br />

als neuer Komplett- oder als Differenzdatensatz<br />

an solche Kunden ausgeliefert,<br />

die eine jährliche Aktualisierungslieferung<br />

lizenziert haben. Im Anschluss an eine jede<br />

Auslieferung von Hauskoordinaten, sei es zur<br />

Datenaktualisierung bei bestehenden Kunden<br />

oder zur Erstbelieferung von Neukunden,<br />

erfolgt die Abrechnung sowohl gegenüber<br />

dem Lizenznehmer als auch im Innenverhältnis<br />

mit den jeweils betroffenen Ländern. Das<br />

LVermA NRW erstellt und versendet dazu entsprechende<br />

Rechnungen und Übersichten, aus<br />

denen die Verteilung der auf die Mitglieder der<br />

GVHK entfallenen Einnahmeanteile hervorgeht.<br />

Vertriebsbegleitend erfordert die angestrebte<br />

Marktnähe ein rasches und zuverlässiges Handeln<br />

aller beteiligten Personen. Dabei messen<br />

die Kunden das LVermA NRW an klassischen<br />

Faktoren, die mitentscheidend für den Erfolg<br />

oder Misserfolg der Gemeinschaft sind:<br />

� Verständliche und in aller Kürze aufbereitete<br />

Basisinformationen zum aktuellen<br />

Angebot.<br />

� Rasche Bereitstellung von Testdaten ausgewählter<br />

Gebiete.<br />

� Erstellen individueller Angebote, die neben<br />

einer detaillierten Kostenaufstellung auch<br />

30<br />

Nutzenargumente für jeden einzelnen Kunden<br />

beinhalten.<br />

� Zuverlässige und umfassende Auskünfte<br />

zu allen Fragen rund um das Produkt.<br />

� Rasche und sichere Korrektur von aufgetretenen<br />

Fehlern.<br />

Aufgrund zahlreicher positiver Rückmeldungen<br />

von Kundenseite ist davon auszugehen,<br />

dass die ersten Schritte in ein vom Wettbewerb<br />

geprägtes Umfeld erfolgreich absolviert wurden.<br />

Damit konnte eine günstige Ausgangsbasis<br />

geschaffen werden, die es erlaubt, sich<br />

ernsthaft am Markt zu bewegen und das Leistungsspektrum<br />

schrittweise auszubauen.<br />

4 Das Produkt – Merkmale und<br />

Verfügbarkeit<br />

Die amtlichen Hauskoordinaten definieren die<br />

genaue Position eines Hauses. Datenquelle ist<br />

das Liegenschaftskataster der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder und somit das amtliche<br />

Verzeichnis aller Flurstücke und Gebäude<br />

in Deutschland. Im Gegensatz zu den durch<br />

Interpolation berechneten Daten, wie sie im<br />

Navigationsbereich verwendet werden, beruhen<br />

die amtlichen Hauskoordinaten auf einer<br />

individuellen Vermessung vor Ort. Der Gebäudedatenbestand<br />

wird durch die örtlichen Katasterbehörden<br />

permanent fortgeführt und stellt<br />

damit eine zuverlässige und werthaltige<br />

Grundlage für alle gebäudescharfen Geoanwendungen<br />

von Wirtschaft, Wissenschaft und<br />

Verwaltung dar.<br />

Abb. 2a: Hausgenaue Positionierung mit den<br />

amtlichen Hauskoordinaten<br />

Die Hauskoordinaten werden bundesweit in<br />

einem einheitlichen einfachen marktüblichen<br />

Format (ASCII-Format) bereitgestellt. Dadurch<br />

ist eine einfache Weiterverarbeitung und<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Abb. 2b: Hausgenaue Positionierung mit den amtlichen Hauskoordinaten<br />

Integration in die verschiedensten Kundenlösungen<br />

gewährleistet.<br />

Der Datenbestand umfasst heute folgende<br />

Inhalte:<br />

� Kennung des Datensatzes, bundesweit eindeutige<br />

ID.<br />

� Qualitätsangabe A, B<br />

– exakte Hauskoordinate, Flurstückskoordinate.<br />

� Land, Regierungsbezirk, Kreis/kreisfreie<br />

Stadt, Gemeinde<br />

– aufgebaut nach bundesweit gültigem Statistikschlüssel.<br />

� Straßenschlüssel, Straßenname, Hausnummer,<br />

Adressierungszusatz, Postleitzahl,<br />

postalischer Ortsname, Zusatz zum postalischen<br />

Ortsnamen.<br />

� Koordinatenpaar<br />

– Gauß-Krüger, UTM oder geografische<br />

Koordinaten.<br />

Abb. 3: Lagequalität der amtlichen Hauskoordinaten<br />

Hervorzuheben ist die Integration der postalischen<br />

Informationen (Postleitzahl und postalischer<br />

Ortsname plus Zusatz). Bei der Postleitzahl<br />

handelt es sich um ein unbedingt nachgefragtes<br />

Element zu einer jeden Adresse, das<br />

jedoch nicht in allen Ländern zum originären<br />

Bestandteil des Liegenschaftskatasters zählt.<br />

Um den Kunden dennoch einen optimalen<br />

Basisdatenbestand anbieten zu können, haben<br />

sich die Vermessungsverwaltungen der Länder<br />

dazu entschieden, diese Informationen entweder<br />

in Eigenregie oder durch Einbindung eines<br />

externen Dienstleisters zu ergänzen. Hier sind<br />

die Anforderungen des Marktes unmittelbar<br />

maßgebend für die Inhalte des amtlichen Angebotes;<br />

ein Beleg für die verstärkte Ausrichtung<br />

der amtlichen Produkte an den tatsächlichen<br />

Anforderungen der Kunden.<br />

Mit der Freigabe des derzeit in Vorbereitung<br />

befindlichen Updates zum 01. Juli <strong>2006</strong> wird<br />

erstmals ein bundesweit flächendeckender<br />

Datenbestand vorliegen. Das heißt, alle derzeit<br />

verfügbaren amtlichen Hauskoordinaten der<br />

Bundesländer können fortan über das LVermA<br />

NRW bezogen werden. Dabei sind die Hauskoordinaten<br />

aller Gebäude mit einer Lagebezeichnung<br />

(Adresse), die im Liegenschaftskataster<br />

nachgewiesen sind, im Datenbestand<br />

enthalten. Die Vollständigkeit des Datenbe-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 31


standes entspricht dabei dem aktuellen Stand<br />

des Gebäudenachweises im Liegenschaftskataster.<br />

Abb. 4a: Datendichte der amtlichen Hauskoordinaten<br />

Bundesland Hauskoordinaten [Anzahl]<br />

Nordrhein-Westfalen 3.900.964<br />

Bayern 3.071.307<br />

Baden-Württemberg 2.638.845<br />

Niedersachsen 2.277.997<br />

Hessen 1.417.855<br />

Rheinland-Pfalz 1.133.966<br />

Schleswig-Holstein 790.726<br />

Sachsen 744.231<br />

Sachsen-Anhalt 587.983<br />

Brandenburg 532.405<br />

Berlin<br />

– lieferbar ab Juli <strong>2006</strong><br />

zirka 500.000<br />

Saarland 310.413<br />

Hamburg 262.923<br />

Bremen/Bremerhaven 165.177<br />

Mecklenburg-Vorpommern<br />

– lieferbar ab Juli <strong>2006</strong><br />

zirka 150.000<br />

Thüringen 117.289<br />

GESAMT zirka 18.000.000<br />

Abb. 4b: Anzahl der amtlichen Hauskoordinaten<br />

je Bundesland (Stand: März <strong>2006</strong>)<br />

Mit der bundesweiten Flächendeckung konnte<br />

ein wichtiger Meilenstein in der länderübergreifenden<br />

Vermarktung von Geobasisdaten<br />

des Liegenschaftskatasters erreicht werden.<br />

5 Die Vermarktung<br />

– Aspekte, Strategien und Aktivitäten<br />

Seit Bestehen der zentralen Vermarktung wurde<br />

eine Vielzahl von Gesprächen mit Unternehmen<br />

aus den verschiedensten Branchen<br />

geführt. Ziel der Gespräche war es, die Anforderungen<br />

der Kundenseite kennen zu lernen,<br />

32<br />

das Marktpotenzial der amtlichen Hauskoordinaten<br />

abzuschätzen, und in Erfahrung zu<br />

bringen, welche Branchen heute und zukünftig<br />

für die Vermarktung relevant sein werden.<br />

Darüber hinaus dienten die Aktivitäten dazu,<br />

das neue Angebot der amtlichen Vermessungsverwaltungen<br />

am Markt bekannt zu machen,<br />

Informationen über potenzielle Wettbewerber<br />

zu erhalten, die Möglichkeit von Kooperationen<br />

zu erörtern und im Idealfall gemeinsame<br />

Geschäftsmodelle zu entwickeln.<br />

Ausfluss dieser aktiven Markterschließung<br />

war unter anderem die wesentliche und für das<br />

weitere Vorgehen entscheidende Erkenntnis,<br />

dass es nicht genügen würde, die Hauskoordinaten<br />

ausschließlich in der oben beschriebenen<br />

„Rohform“ anzubieten, da sich die Wünsche<br />

der potenziellen Kunden als sehr individuell<br />

erweisen: Branchenspezifische Schwerpunktthemen<br />

und -anwendungen bestimmen dabei<br />

maßgeblich das Geschehen. Diese richten sich<br />

nach aktuellen Bedürfnissen, Markttrends und<br />

Entwicklungen und ändern sich in immer kürzeren<br />

Zyklen. Damit einhergehend ermöglichen<br />

auch technische Neuentwicklungen<br />

schon heute Applikationen, die gestern noch<br />

nicht realisierbar erschienen.<br />

Wesentliche Nutzenargumente aus Kundensicht<br />

sind die folgenden Aspekte:<br />

� Gewährleistung höchster Qualität und<br />

Zuverlässigkeit<br />

– Basis ist das amtliches Liegenschaftskataster.<br />

� Flächendeckende Erfassung und Fortführung<br />

– auch in ländlichen Regionen.<br />

� Exakte (hausgenaue) Hauskoordinaten<br />

– keine Interpolation.<br />

� Langfristige Investitionssicherheit<br />

– durch garantierte kontinuierliche Bereitstellung.<br />

Auf diese Anforderungen musste reagiert werden.<br />

Die Idee, ein „Produkt für alle“ zu generieren<br />

und anzubieten, ist nicht tragfähig.<br />

Ebenso wenig gelingt es, individuelle Nutzungs-<br />

und Geschäftsmodelle für alle erdenklichen<br />

Anwendungen und bis in das letzte<br />

Detail zu regeln. Der Kunde wünscht sich zwar<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


einheitliche Datenformate und Preisstrukturen,<br />

sieht eine angemessene Preisbildung im<br />

Zusammenhang mit der Lizenzierung amtlicher<br />

Daten aber immer nur gegeben, wenn der<br />

eigene Nutzen und die unternehmensspezifischen<br />

Mehrwerte dabei berücksichtigt wurden.<br />

Im Ergebnis gleicht kein Geschäftsmodell dem<br />

anderen, und unterschiedliche Geschäftsmodelle<br />

erfordern verschiedene Lizenzmodelle.<br />

Der Phantasie der Marktteilnehmer sind dabei<br />

keine Grenzen gesetzt. Überraschende Ideen<br />

werden immer wieder mit innovativen Ansätzen<br />

über moderne Formen der Datenlizenzierung<br />

kombiniert. Darauf gilt es auf jeden konkreten<br />

Einzelfall rasch zu reagieren und in<br />

vertrauensvoller Zusammenarbeit mit den<br />

Ländern einen bundesweiten Konsens herbeizuführen.<br />

Intensive und auf das Wesentliche<br />

fokussierte Kommunikation bildet an dieser<br />

Stelle die Basis für immer kürzere Entscheidungszeiträume.<br />

Es steht außer Frage, dass die Vermessungsverwaltungen<br />

die Vermarktung ihrer Produkte<br />

weiter forcieren müssen. Unabdingbare Voraussetzung<br />

dafür sind Produkte, die nicht alleine<br />

durch technische Reife bestechen, sondern<br />

auch durch konsequente und ständige Orientierung<br />

an den Bedürfnissen des Marktes und<br />

der Kunden. Gepaart mit einem marktfähigen<br />

Lizenzmodell ist die Grundlage für eine erfolgreiche<br />

Vermarktung der Hauskoordinaten<br />

gegeben. Produkt und Preis haben sich in vielen<br />

Bereichen als marktfähig erwiesen. Wo<br />

dies nicht der Fall war, wurde schnell nachgebessert.<br />

So wird das Lizenzmodell auch zurzeit<br />

wieder überarbeitet.<br />

Tragende Säule einer nachhaltigen Erlössteigerung<br />

ist aber der aktive Vertrieb. Und genau<br />

in diesem Punkt unterscheidet sich die Initiative<br />

zur gemeinsamen Verbreitung der amtlichen<br />

Hauskoordinaten erheblich von den vorangegangenen<br />

Projekten der AdV: Das LVermA<br />

NRW sondiert bei diesem neuen Projekt systematisch<br />

und kontinuierlich den Markt, geht auf<br />

die potenziellen Kunden zu, generiert aus den<br />

Rückmeldungen der Gesprächspartner erhebliches<br />

Marktwissen und steigert so signifikant<br />

den Bekanntheitsgrad des neuen Angebotes<br />

der Vermessungsverwaltungen. Das Feedback<br />

des Marktes fließt kontinuierlich in die Opti-<br />

mierung von Produkt und Vermarktung ein und<br />

wird darüber hinaus in alle Bundesländer hinein<br />

kommuniziert.<br />

6 Der Vertrieb – zielgruppengerechte<br />

Varianten<br />

Der Direktverkauf der Hauskoordinaten an<br />

Endkunden darf als klassischer Weg der<br />

Lizenzierung gesehen werden. Bedingt durch<br />

die einfache Datenstruktur des Angebotes und<br />

die unkomplizierte Integrierbarkeit in existierende<br />

Datenstrukturen und Softwarelösungen<br />

erfolgt der Direktvertrieb in erster Linie an<br />

klassische Nutzer von Geoinformationssystemen.<br />

Oftmals werden die Hauskoordinaten<br />

zusätzlich zu anderen bereits lizenzierten amtlichen<br />

Geobasisdaten bezogen, um das Datenportfolios<br />

des Kunden zu ergänzen. Dabei profitiert<br />

das LVermA NRW oftmals nicht zuletzt<br />

vom Wissen des Kunden um die amtlichen<br />

Datenangebote.<br />

Neue Zielgruppen, die bislang nicht zum festen<br />

Kundenstamm der Vermessungsverwaltungen<br />

gehörten, erreicht das LVermA NRW hingegen<br />

verstärkt über Partnerunternehmen.<br />

Diese Unternehmen lizenzieren die Hauskoordinaten,<br />

„veredeln“ sie durch individuelle und<br />

branchenspezifisch unterschiedliche Aufbereitung<br />

und stellen Folgeprodukte und Folgedienste<br />

bereit. Dabei profitiert das LVermA<br />

NRW in zunehmendem Maße vom Know How<br />

der Unternehmen, die sich seit Jahren mit den<br />

speziellen Bedürfnissen ihrer Kunden auseinandersetzen.<br />

Sie sind in der Lage, aus dem<br />

Basisprodukt amtliche Hauskoordinaten maßgeschneiderte<br />

Angebote zu generieren, mit<br />

deren Hilfe die Nutzenerwartungen der Kunden<br />

bestmöglich erfüllt werden.<br />

Über das im Aufbau befindliche engmaschige<br />

Netzwerk von Partnerunternehmen möchte<br />

das LVermA NRW heute und in Zukunft Kunden<br />

erreichen, die<br />

� neben Geodaten noch weitere Fach- und<br />

Sachdaten (Soziodemografie-, Wirtschaftsund<br />

Adressdaten etc.) inklusive ergänzender<br />

Services benötigen,<br />

� umfassenden Beratungs- und Schulungsbedarf<br />

weit über das reine Datenangebot hinaus<br />

wünschen,<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 33


� den „Mehrwert für mein Unternehmen“<br />

zurzeit nicht zwingend mit den amtlichen<br />

Vermessungsverwaltungen verbinden,<br />

� individuelle Dienstleistungen und Produktangebote<br />

benötigen, die durch das LVermA<br />

NRW selbst nicht erbracht werden können,<br />

� im eigenen Umfeld nicht über eine ausreichende<br />

„Geo-Kompetenz“ verfügen.<br />

Es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben,<br />

dass auch die Partnerunternehmen und<br />

ihre Kunden erheblich vom Wandel im amtlichen<br />

Vermessungsumfeld profitieren. Auch sie<br />

können ihr Angebotsportfolio hochwertig ergänzen<br />

und in einer Qualität bundesweit „hausgenau<br />

agieren“, was bisher nicht möglich war.<br />

Viele Anbieter verfeinern und erweitern nun<br />

ihre bislang auf interpolierten Daten basierenden<br />

Angebote mit Hilfe der Hauskoordinaten.<br />

Hierdurch wird die Realisierung von Wertschöpfungsprozesse<br />

begünstigt und letztend-<br />

34<br />

lich auch das Image der Vermessungsverwaltungen<br />

verbessert.<br />

Seit Gründung der Gemeinschaft gelang es,<br />

eine Vielzahl von Unternehmen aus verschiedenen<br />

Branchen als Kunden zu gewinnen.<br />

Dabei erfolgte der Abverkauf der Daten sowohl<br />

direkt als auch über Partnerunternehmen.<br />

Insbesondere in den nachfolgend aufgeführten<br />

Kernbranchen konnten diverse Kunden erreicht<br />

werden:<br />

� Immobilien,<br />

� Navigation (Fahrzeugnavigation, Internetdienste,<br />

Location-Based-Services),<br />

� Netzdokumentation (Kabelnetzbetreiber,<br />

Telekommunikation, Ver- und Entsorgung),<br />

� Rettungsdienste,<br />

� Zustellung (Zeitungsverlage, Anzeigenblätter,<br />

Pressevertrieb, alternative Postzustellung).<br />

Abb. 5: Öffentliche Portale mit Zugriff auf die amtlichen Hauskoordinaten<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


7 Die Zukunft – Vermarktungsgrundsatz<br />

und neue Produkte<br />

Abb. 6a: „Adressnavigation“ mit Hilfe der amtlichen Hauskoordinaten<br />

Abb. 6b: „Adressnavigation“ mit Hilfe der amtlichen Hauskoordinaten<br />

Mit der Komplettierung der Hauskoordinaten<br />

zu einem bundesweiten Datenangebot ist ein<br />

wesentlicher Schritt für eine erfolgreiche Vermarktung<br />

des Produktes getan. Nun gilt es, den<br />

Vertrieb weiterhin aktiv zu betreiben und das<br />

bestehende Partnernetzwerk konsequent auszubauen,<br />

ohne dabei den Direktvertrieb an<br />

Endkunden zu vernachlässigen. Dies erfordert<br />

eine kontinuierliche Anpassung an die Markterfordernisse;<br />

dies gilt für das Vertriebsgeschäft<br />

an sich als auch für alle weiteren Marketing-Bausteine<br />

– Produkt, Preis und Kommunikation.<br />

Dabei wird der permanente Wandel<br />

die einzige Konstante im Räderwerk von<br />

Angebot und Nachfrage sein. Die Zeit starrer<br />

Gebühren- und Lizenzmodelle ist vorbei. Sie<br />

müssen sukzessive einfachen und flexiblen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 35


Strukturen Platz machen. Gleiches gilt für die<br />

Produktgestaltung. Auch hier werden permanente<br />

Anpassungen nötig sein.<br />

Eine wesentlicher Punkt ist der von Kundenseite<br />

in den vergangenen Jahren immer wieder<br />

angesprochene Wunsch nach Realisierung<br />

weiterer selektiver Datenangebote aus der<br />

Datenbasis des Liegenschaftskatasters. Diesem<br />

Wunsch wollen die amtlichen Vermessungsverwaltungen<br />

schrittweise nachkommen,<br />

um sich so langfristig als kompetenter Partner<br />

für Wirtschaft, Wissenschaft und Verwaltung<br />

zu etablieren. Dabei müssen am Kundennutzen<br />

orientierte bundesweite Produkte und Services,<br />

die zu marktgerechten Konditionen und in<br />

einheitlichen Datenformaten angeboten werden,<br />

immer im Vordergrund stehen. Erster, die<br />

Hauskoordinaten ergänzender Baustein werden<br />

die Hausumringe sein. Dabei handelt es<br />

sich um georeferenzierte Umringpolygone,<br />

welche die Grundrisse der Gebäude beschreiben.<br />

Ein Konzeptentwurf mit allen wesentlichen<br />

und für die Vermarktung erforderlichen<br />

Eckpunkten wird in Kürze an die Ländervertreter<br />

versandt. Erklärtes Ziel ist die Bereitstellung<br />

erster Daten noch in diesem Jahr.<br />

Ergänzend zur Ableitung weiterer Produkte<br />

aus dem Basisdatenbestand des Liegenschaftskatasters<br />

wird die Verknüpfung und die kombinierte<br />

Bereitstellung von Hauskoordinaten<br />

36<br />

mit den Daten des ATKIS ® -Basis-DLM angestrebt.<br />

Die Kombination beider Geobasisdatenbestände<br />

soll die Attraktivität des Gesamtangebotes<br />

der amtlichen Vermessungsverwaltungen<br />

nachhaltig verbessern und so<br />

dazu beitragen, neue Zielgruppen zu erschließen.<br />

Durch diese Zusammenführung<br />

amtlicher Geobasisdaten von Landesvermessung<br />

und Liegenschaftskataster sollen vorhandene<br />

Synergien effizienter genutzt werden.<br />

Außerdem befindet sich ein GDI-konformer<br />

Geocodierungsdienst in der Entwicklung<br />

(Gazetter-Service), mit dem eine Online-<br />

Codierung von Adressen im Internet möglich<br />

sein wird. Mit dieser Erweiterung der Angebotspalette<br />

wird ein erster wichtiger Schritt zur<br />

vernetzten Bereitstellung der Hauskoordinaten<br />

erreicht.<br />

Gerfried Westenberg<br />

GeoMarketing<br />

Hohenzollernstraße 56<br />

30161 Hannover<br />

E-Mail: gerfried.westenberg@t-online.de<br />

Martin Knabenschuh<br />

Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen<br />

Muffendorfer Straße 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail: knabenschuh@lverma.nrw.de<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Veröffentlichung des Handbuches:<br />

„Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen mit SAPOS ®<br />

Von Wolfgang Kuttner, Katja Nitzsche und Peter Reifenrath<br />

1 Einführung<br />

Im März <strong>2006</strong> hat bei der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> eine Fortbildungsveranstaltung zum Thema<br />

„Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen<br />

mit SAPOS ® “ stattgefunden. Dabei<br />

wurden die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft<br />

„Anwendung satellitengeodätischer<br />

Verfahren“ präsentiert. Sie sind auch in einem<br />

Handbuch dargestellt, welches unter anderem<br />

kostenfrei im Internet zur Verfügung gestellt<br />

wird.<br />

Eines der vorrangigen Ziele der neuen Landesregierung<br />

ist die Verwaltungsmodernisierung.<br />

Privatisierung und Kommunalisierung<br />

sind die Zauberworte, mit denen die Sanierung<br />

der öffentlichen Haushalte erfolgen soll.<br />

Wenn auch die Erhebung und Bereitstellung<br />

von Geobasisdaten auf der Grundlage des Liegenschaftskatasters<br />

als wichtige Aufgabe<br />

bestehen bleiben und zukünftig für immer<br />

mehr geobasierte Anwendungen als Grundlage<br />

dienen wird, werden auch auf die Vermessungsverwaltung<br />

tiefgreifende Änderungen<br />

zukommen und Einsparungen gefordert werden.<br />

Was die Organisationsstruktur betrifft, ist die<br />

Vermessungsverwaltung schon sehr modern<br />

aufgestellt:<br />

� Das operative Vermessungsgeschäft, d.h.<br />

die Erhebung der Geobasisdaten, liegt im<br />

Bezirk <strong>Köln</strong> schon heute zu ca. 90 % in den<br />

Händen der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure.<br />

� Die Führung und Bereitstellung der Geobasisdaten<br />

ist komplett kommunalisiert und<br />

damit Aufgabe der Katasterbehörden.<br />

Einsparpotenzial im Sinne der Verwaltungsmodernisierung<br />

besteht daher vor Allem im<br />

Einsatz moderner Verfahren, der Straffung der<br />

Aufgabenwahrnehmung und der Optimierung<br />

der Schnittstellen zwischen freiem Beruf und<br />

Katasterbehörden.<br />

Die <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong> versteht sich dabei<br />

als moderne Behörde, die bei dem hohen Grad<br />

der Privatisierung und Kommunalisierung für<br />

die erforderliche Einheitlichkeit sorgt. Das ist<br />

nur zu erreichen, wenn sie über die Mittel der<br />

klassischen Aufsicht hinausgeht und sich als<br />

Kompetenzzentrum versteht, das die Katasterbehörden<br />

und Vermessungsstellen berät und<br />

bei der Einführung und Entwicklung neuer<br />

Verfahren im Sinne von § 23(4) VermKatG<br />

NRW unterstützt.<br />

Die <strong>Bezirksregierung</strong> forciert daher seit Jahren<br />

die Anwendung moderner, kostensparender<br />

Vermessungsmethoden unter Nutzung des<br />

GPS-Satellitensystems. Das Land Nordrhein-<br />

Westfalen hat mit SAPOS ® einen zukunftsweisenden<br />

Satellitenpositionierungsdienst aufgebaut.<br />

Die Kommunen profitieren bereits<br />

davon durch den Wegfall von Arbeiten im Aufnahmepunktfeld.<br />

Wichtig ist, auch die ÖbVermIng<br />

von den Vorteilen der neuen Technik zu<br />

überzeugen.<br />

Angesichts der vielfältigen Anforderungen<br />

und Probleme bei der Anwendung der neuen<br />

Technik im Liegenschaftskataster wurde bereits<br />

vor einigen Jahren eine Arbeitsgemeinschaft<br />

„Anwendung satellitengeodätischer<br />

Verfahren“ ins Leben gerufen, in der sowohl<br />

der freie Beruf (3 ÖbVermIng), die Kreise und<br />

kreisfreien Städte als Katasterbehörden (3 Vertreter)<br />

und die <strong>Bezirksregierung</strong> (3 Vertreter<br />

incl. Leitung und Koordination) vertreten sind<br />

(Abb. 1).<br />

Abb. 1: Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 37


Es handelt sich dabei also um eine „public private<br />

partnership“ im weitesten Sinne dieses<br />

Wortes. Ziel ist die Erarbeitung praxistauglicher<br />

Verfahrensabläufe und einer einheitlichen<br />

Dokumentation der Vermessungsergebnisse.<br />

Mit diesen Maßnahmen verbindet sich die<br />

Hoffnung, einen beachtenswerten Beitrag zur<br />

rationelleren Bearbeitung von Liegenschaftsvermessungen<br />

bei ÖbVermIng und Katasterbehörden<br />

zu leisten.<br />

2 Einrichtung der AG „Anwendung<br />

satellitengeodätischer Verfahren“<br />

Die Anwendung des NAVSTAR-Global-Positioning-System<br />

(GPS) hat in der Landesvermessung<br />

und im Liegenschaftskataster inzwischen<br />

Tradition. Bereits seit Mitte der<br />

80er-Jahre wurden GPS-Beobachtungen bei<br />

Messungen im Festpunktfeld des Landes NRW<br />

eingesetzt. Planung, Durchführung, Auswertung<br />

und Beurteilung der Arbeiten waren einer<br />

handvoll Spezialisten vorbehalten. Mit der<br />

vollständigen Operabilität des GPS-Spacesegments<br />

wurden diese Arbeiten von einem erweiterten<br />

Personenkreis durchgeführt. Trotzdem<br />

wurde die Technik fast ausschließlich im TP-<br />

Feld des Landes eingesetzt.<br />

Die erste signifikante Änderung im Anwendungsspektrum<br />

wurde durch die Einführung<br />

der sogenannten RTK-Systeme (Echtzeitmessung)<br />

eingeleitet. Sie wurden von Mitte der<br />

90er-Jahre bis zum Jahr 2000 vornehmlich zur<br />

Bestimmung eines ausgedünnten AP(1)-Feldes<br />

eingesetzt. Diese Systeme arbeiteten mit zwei<br />

Empfängern auf der Anwenderseite, einer<br />

Referenz und einem Rover. Dieser Aufwand<br />

stand einer weiten Verbreitung im Liegenschaftskataster<br />

über das AP-Feld hinaus im<br />

Weg. Darüber hinaus wurden diese Systeme<br />

als geschlossene Mess- und Auswertesysteme<br />

angeboten. Diese für den Weltmarkt konzipierten<br />

Systeme hatten von der Dokumentation<br />

und den Auswertestrategien her nur wenig<br />

mit den Anforderungen des Liegenschaftskatasters<br />

gemein. Der Anwender hatte mitunter<br />

Schwierigkeiten prüffähige Ergebnisse zu<br />

erzeugen. Auch dieser Aspekt stand der Akzeptanz<br />

der GPS-Verfahren im Liegenschaftskataster<br />

entgegen.<br />

38<br />

Mit der Vernetzung der SAPOS ® -Stationen<br />

und den GPS-Richtlinien wurde im Jahr 2002<br />

eine neue tragfähige Grundlage für die Anwendung<br />

der GPS-Technik im Liegenschaftskataster<br />

geschaffen. Durch den SAPOS ® -HEPS-<br />

Dienst wurde das Beschaffungserfordernis und<br />

der Einsatzaufwand in der Örtlichkeit auf<br />

einen GPS-Empfänger (SAPOS ® -Rover) reduziert.<br />

Messergebnisse sind unter Nutzung der<br />

SAPOS ® -Dienste Koordinaten im amtlichen<br />

Bezugssystem ETRS89. Diese Neuerung wurde<br />

von den GPS-Richtlinien aufgenommen<br />

und zu einem einheitlichen Auswerteweg und<br />

einer einheitlichen Dokumentation von GPS-<br />

Messungen zusammengefasst. Damit wurde in<br />

Verbindung mit den Beschlüssen der AdV, das<br />

Liegenschaftskataster in den Lagebezug<br />

ETRS89/UTM zu überführen, eine ganz neue<br />

Perspektive für den Einsatz der GPS-Technologie<br />

im Liegenschaftskataster eröffnet. Dabei<br />

werden über die Kombination der SAPOS ® -<br />

und Tachymeteranwendung neue wirtschaftliche<br />

und qualitative Potenziale in der Liegenschaftsvermessung<br />

geschaffen.<br />

Die damalige Prognose der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> über die Vielfalt der Einsatzbereiche für<br />

SAPOS ® -Anwendungen wird bis heute<br />

bestätigt. Die bisherige Entwicklung des Einsatzes<br />

der SAPOS ® -Anwendung ähnelt dabei<br />

sehr stark der der EDM-Anwendung. Wir<br />

gehen davon aus, dass sich die zukünftige Entwicklung<br />

des Einsatzes der SAPOS ® -Anwendung<br />

im Liegenschaftskataster ähnlich verhalten<br />

wird.<br />

Um das Potenzial der SAPOS ® -Anwendung<br />

im Liegenschaftskataster aufzuzeigen und eine<br />

einheitliche Anwendung und Dokumentation<br />

zu etablieren, verfolgte die <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> eine neue Strategie. Es wurde eine<br />

Arbeitsgemeinschaft gegründet, in der Vertreter<br />

der Katasterbehörden und Vermessungsstellen<br />

mit Praxiserfahrung das Thema grundlegend<br />

bearbeiten sollten. Darin sollten die<br />

Interessen und Ziele aller Beteiligten nach dem<br />

Leitsatz „Aus der Praxis für die Praxis“<br />

berücksichtigt werden. Dem Leitsatz wurde<br />

das Ziel beiseite gestellt, die Arbeitsergebnisse<br />

immer auf absehbare zukünftige Entwicklungen<br />

abzustimmen. Für die Verbreitung der<br />

Arbeitsergebnisse wurden drei Wege gewählt:<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


eine schriftliche Form, eine Fortbildungsveranstaltung<br />

und die Beratung durch alle beteiligten<br />

Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft.<br />

Das erste Projekt wurde im Handbuch „Auswertung<br />

von SAPOS ® -Messungen im Kataster“<br />

(Handbuch I) dargestellt. In der zugehörigen<br />

Informationsveranstaltung am 4.<br />

Dezember 2002 wurden neben dem Handbuch<br />

SAPOS ® -Anwendungen im Liegenschaftskataster<br />

und die GPS-Richtlinien vorgestellt.<br />

Bereits kurz darauf wurde durch neue Softwareprodukte<br />

eine neue überarbeitete Auflage<br />

notwendig.<br />

3 Projekt „Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen<br />

mit SAPOS ® “<br />

Bereits während der Beratungen zum Handbuch<br />

I hat die Arbeitsgemeinschaft festgestellt,<br />

dass das Thema SAPOS ® -Anwendung in der<br />

Liegenschaftsvermessung noch viel breiter<br />

angelegt werden müsste. Alle Prozesse der Liegenschaftsvermessung<br />

sind mehr oder minder<br />

durch die Anwendung von SAPOS ® beeinflusst.<br />

Die Fortbildungsangebote beziehen sich<br />

bisher schwerpunktmäßig auf die technische<br />

Durchführung von SAPOS ® -HEPS-Messungen,<br />

der Fortbildungsbedarf bei der Vorbereitung<br />

und Nachbereitung der Messung und der<br />

Integration von SAPOS ® in die bestehenden<br />

Arbeitsprozesse im Außendienst wird bisher<br />

vernachlässigt. Ein Grund für diesen Mangel<br />

ist sicher die komplexe Materie aus der sich die<br />

bestehenden Prozeduren entwickelt haben.<br />

Allein sie zu beschreiben, wäre ein umfangreiches<br />

Projekt.<br />

„Das ist aber viel Arbeit“ war die einhellige<br />

Meinung der Arbeitsgemeinschaft über unser<br />

neues Projekt im Mai 2003. Deswegen hatten<br />

wir ein Jahr Zeit bis zur Präsentation des nächsten<br />

Handbuches eingeplant. Es dauerte dennoch<br />

2 1/2 Jahre bis zum Redaktionsschluss für<br />

das aktuelle Handbuch „Arbeitsabläufe bei<br />

Liegenschaftsvermessungen mit SAPOS ® “.<br />

Obwohl wir von Anfang an die Verhältnisse in<br />

den bestehenden Arbeitsabläufen bei Liegenschaftsvermessungen<br />

als sehr inhomogen eingeschätzt<br />

haben, waren wir immer wieder aufs<br />

neue überrascht, wie schwierig es ist, die<br />

Arbeitsabläufe allgemeingültig zu beschreiben.<br />

Die unterschiedlichen Interessen und<br />

Sichtweisen der beteiligten Stellen in eine Darstellungsform<br />

zu bringen, die für alle Stellen in<br />

ihrer Begründung nachvollziehbar ist und<br />

dabei gleichzeitig ein Interesse an den Inhalten<br />

erzeugt, gestaltete sich von Anfang an als<br />

schwierig. Wenn man bedenkt, dass es sich<br />

hierbei um täglich angewandte Routinen handelt,<br />

ist es erstaunlich, wie unterschiedlich die<br />

Arbeitsprozesse ausfallen können, die doch<br />

zum gleichen Produkt führen und den gleichen<br />

Verwaltungsvorschriften folgen.<br />

Neben der Vereinheitlichung sollten aber auch<br />

die Erfahrungen der Mitglieder, die sich<br />

abzeichnenden Entwicklungen bei der Anwendung<br />

von SAPOS ® im Liegenschaftskataster<br />

und der bevorstehende Lagebezugswechsel des<br />

Katasternachweises in das ETRS89 in der<br />

Abbildung UTM dargestellt werden. Hier war<br />

die Erarbeitung eines Arbeitsablaufes notwendig,<br />

der den Zielzustand nach dem Lagebezugswechsel<br />

und der Etablierung von SAPOS ®<br />

als Standardmessmethode im Liegenschaftskataster<br />

beschreibt. Denn nur mit diesem konkreten<br />

Arbeitsablauf als Entwicklungsziel<br />

konnten die notwendigen Veränderungen im<br />

derzeitigen Arbeitsablauf ermittelt werden.<br />

Auch hier waren die Ergebnisse zunächst<br />

unkonkret und deswegen schwierig zu gebrauchen.<br />

Denn Anfang 2003 war SAPOS ® zwar<br />

bereits realisiert, aber die Erfahrungen der<br />

Anwendung im Liegenschaftskataster noch<br />

sehr dürftig. Als konzeptionelle Basis für unsere<br />

Arbeit dienten uns die vorhandenen Entwürfe<br />

der beim Innenministerium im Jahr 2001<br />

eingerichteten Arbeitgruppe ETRS89 und<br />

ihrer Unterarbeitsgruppen. Die Unterarbeitsgruppe<br />

1 erarbeitete dabei Überführungsstrategien<br />

für den Katasternachweis, die Unterarbeitsgruppe<br />

3 beschrieb Verfahrensabläufe bei<br />

Katastervermessungen im ETRS89/UTM. Im<br />

späteren Verlauf war der Einführungserlass<br />

ETRS89/UTM vom 09.08.2004 eine wichtige<br />

Absicherung für unsere Arbeit.<br />

Durch den frühen Zeitpunkt unserer Tätigkeit<br />

wollten wir einen einheitlichen Arbeitsablauf<br />

anbieten, bevor sich zu viele individuelle<br />

Lösungen etabliert haben. Mit den tief greifenden<br />

Veränderungen der Realisierung des<br />

Lagebezuges bei Liegenschaftsvermessungen<br />

durch SAPOS ® sollte der komplette Arbeitsab-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 39


lauf der Liegenschaftsvermessung einheitlich<br />

strukturiert werden. Ein höheres Maß an Einheitlichkeit<br />

ist der entscheidende Schlüssel zu<br />

wirtschaftlichen Abläufen. Dies ist das wichtigste<br />

Ergebnis unserer Beratungen. Bei der<br />

Erledigung der täglichen Arbeiten geht zuviel<br />

Energie in Auseinandersetzungen über Missverständlichkeiten<br />

konkreter Liegenschaftsvermessungen<br />

verloren. Reibungsverluste, die<br />

durch mangelnde Koordinierung der Arbeitsabläufe<br />

auftreten. Mehr Einheitlichkeit und<br />

damit weniger Differenzierungen, weniger<br />

Zwänge und mehr Transparenz müssen das<br />

Ziel sein. Deswegen wollten wir dem Leser<br />

einen einheitlichen Arbeitsablauf präsentieren,<br />

der vielen heutigen Ansprüchen gerecht wird.<br />

Dieser soll eine Orientierung bieten, um die<br />

eigenen Arbeitsprozesse kritisch zu betrachten<br />

und die Möglichkeit öffnen den eigenen<br />

Arbeitsprozess neu zu strukturieren und sich<br />

mit den Sachbearbeitern vor- und nachgeschalteter<br />

Arbeitsprozesse neu abzustimmen.<br />

Je schwieriger die Analyse des Ist-Zustandes<br />

ausfiel, desto motivierter waren wir, die Abläufe<br />

für die Zukunft einheitlich zu beschreiben.<br />

Alle Bereiche des Arbeitsablaufes mit der gleichen<br />

hohen Kompetenz in der Arbeitsgemeinschaft<br />

zu vertreten, war uns unmöglich. Dies<br />

bedeutete für unsere Arbeit, dass wir Abgrenzungen<br />

und Schwerpunkte schaffen mussten.<br />

So werden nur von der SAPOS ® -Anwendung<br />

betroffene Arbeitsprozesse dargestellt.<br />

Schwerpunkt ist nicht die Beschreibung der<br />

technischen Abläufe bei der SAPOS ® -Anwendung,<br />

sondern deren Integration in die tägliche<br />

Arbeit.<br />

Das Handbuch ist neben dem kostenlosen<br />

Download aus dem Internet in einer begrenzten<br />

Auflage als Druck verfügbar. Zu dieser<br />

schriftlichen Darreichung unserer Arbeitsergebnisse<br />

haben wir am 15. März <strong>2006</strong> eine<br />

Informationsveranstaltung bei der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

<strong>Köln</strong> durchgeführt, die nicht nur den<br />

Inhalt des Handbuches in ausgewählten Themen<br />

darstellte, sondern auch die Rahmenbedingungen<br />

und Zielsetzungen des Landes und<br />

Neuerungen, die vor Redaktionsschluss nicht<br />

in das Handbuch eingearbeitet werden konnten.<br />

Die Vorträge sind ebenfalls im Internet als<br />

kostenloser Download verfügbar. Darüber hin-<br />

40<br />

aus steht die Arbeitsgemeinschaft als Ansprechpartner<br />

für Fragen, Beratungen, Anregungen<br />

und Fehlerbeseitigungen im Handbuch<br />

zur Verfügung. Alle Leser des Handbuches<br />

sind aufgefordert, uns ihre Anmerkungen und<br />

Verbesserungsvorschläge zu schicken. Wir<br />

werden Sie beurteilen und, wenn sie mit unserem<br />

Ziel vereinbar sind, in einer überarbeiteten<br />

Version des Handbuches im Internet zur Verfügung<br />

stellen.<br />

Die Zielgruppe des Handbuches ist ähnlich<br />

komplex und inhomogen wie das Thema<br />

selbst. Der Fortbildungsbedarf ist nur schwer<br />

abzuschätzen. So gibt es Themenbereiche,<br />

deren Inhalte sich von selbst verbreiten, andere<br />

sind nur schwer an die zuständige Stelle zu<br />

bringen. Unsere Ansprüche an den Umgang<br />

mit unserem Handbuch haben wir deswegen<br />

mehrstufig gefasst (Abb. 2).<br />

Abb. 2: Ziele des Handbuchs II<br />

Die Neugierde an den neuen Fakten, das Interesse<br />

eigene Erfahrungen zu sammeln und das<br />

Verständnis der etablierten Prozesse soll die<br />

Verbreitung vereinfachen. Der einfachste<br />

Anspruch ist, dass wir die Diskussion über die<br />

dargestellten Inhalte anregen wollen. Des Weiteren<br />

können die Inhalte eine Orientierung bilden,<br />

die eigene Arbeitsweise zu überdenken<br />

und zu gestalten. Der eine oder andere Inhalt<br />

wird vielleicht neu sein oder in einem neuen<br />

Kontext dargestellt. Damit schaffen wir einen<br />

Rahmen der Fortbildung. Und zuletzt haben<br />

wir die Hoffnung, dass der abgebildete<br />

Arbeitsablauf eine zukünftige Arbeitsgrundlage<br />

bildet. Einheitliche Arbeitsabläufe, Dokumentationen<br />

und Beurteilungskriterien sind<br />

die Grundlage für transparente und nachvoll-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


ziehbare Prüfprozeduren und damit für wirtschaftliches<br />

Arbeiten. Diese Ansprüche sowie<br />

der Umfang der gesamten Thematik machen es<br />

notwendig, den Inhalt des Handbuches unterschiedlich<br />

detailliert darzustellen. Denn einerseits<br />

wollen wir eine übergeordnete Sichtweise<br />

wahren, andererseits trotzdem eine praxisnahe<br />

beispielhafte Darstellung bieten. Das<br />

Handbuch verfolgt eine bedarfsorientierte und<br />

themenspezifische Intensität in der Darstellung.<br />

Der Sachbearbeiter soll sich in seinem<br />

Arbeitsprozess wiederfinden, aber auch ein<br />

Interesse für die benachbarten Arbeitsprozesse<br />

entwickeln. Dies ergibt sich durch Querverweise<br />

über den Abschnitt hinaus. Da viele<br />

Sachverhalte in unterschiedlichen Arbeitsprozessen<br />

gleich oder ähnlich sind, werden solche<br />

nur an einer Stelle ausführlich behandelt. Darüber<br />

hinaus sollen die Querverweise die Sachbearbeiter<br />

benachbarter Arbeitsprozesse animieren<br />

ohne konkreten Anlass ins Gespräch zu<br />

kommen.<br />

Der Inhalt des Handbuches teilt sich in<br />

Abschnitte, die wiederum in drei Blöcke zusammengefasst<br />

werden können (Abb. 3).<br />

Abb. 3: Inhalt des Handbuches II<br />

Der erste Block enthält ein Vorwort und eine<br />

Einleitung. Des Weiteren wird die Ausgangssituation<br />

definiert. Hierbei wird der Katasternachweis<br />

in drei Fallgruppen differenziert. Auf<br />

diese wird im ganzen Handbuch immer wieder<br />

zurückgegriffen. In einer grundlegenden Betrachtung<br />

der Arbeitsabläufe einer Liegenschaftsvermessung<br />

im Außendienst wird eine<br />

reine Tachymeteranwendung einer integrierten<br />

SAPOS ® -Tachymeteranwendung gegenübergestellt<br />

und eine Abschätzung über das Einsparungspotenzial<br />

abgegeben.<br />

Der zweite Block enthält die Beschreibung der<br />

Arbeitsabläufe der Liegenschaftsvermessung<br />

von der Erstellung der Vermessungsunterlagen<br />

bis zur Übernahme in das Liegenschaftskataster,<br />

die von der SAPOS ® -Anwendung betroffen<br />

sind. Wie bereits dargestellt, handelt es sich<br />

hierbei nicht um eine detaillierte Darstellung<br />

wie in unserem ersten Handbuch, sondern um<br />

eine Anleitung zur Selbsterfahrung.<br />

Im dritten Block werden die Quellen und<br />

Ansprechpartner genannt sowie Themen in so<br />

genannten Konzeptpapieren behandelt, die<br />

durch ihren Umfang den Rahmen der einzelnen<br />

Abschnitte gesprengt hätten. Dort werden<br />

das Bezugssystem ETRS89 mit der Abbildung<br />

UTM dargestellt, Auswirkungen eines hierarchiefreien<br />

VP-Feldes und die Notwendigkeit<br />

von Anschlusspunkten aufgezeigt und die Fehlerquellen<br />

einer RTK-Messung behandelt.<br />

Wir hoffen mit dem Inhalt und der Gestalt des<br />

Handbuches dem Sachbearbeiter in den nächsten<br />

Jahren eine Hilfe zu geben. Der nachfolgende<br />

Abschnitt soll einen Einblick in ausgewählte<br />

Themenbereiche des Handbuches<br />

bieten. Unserer Meinung nach sind an den<br />

gewählten Spotlights die derzeitigen Veränderungsprozesse<br />

in einer Liegenschaftsvermessung<br />

sehr gut nachvollziehbar.<br />

4 Spotlights<br />

4.1 Verwendung der Stützpunktdatei<br />

Zur effizienten Bearbeitung einer Liegenschaftsvermessung<br />

ist es nach Meinung der<br />

Arbeitsgemeinschaft „Anwendung satellitengeodätischer<br />

Verfahren“ sinnvoll den<br />

SAPOS ® -HEPS-Dienst des Landesvermessungsamtes<br />

einzusetzen. Dabei ergeben sich<br />

als Messwerte ETRS89-Koordinaten.<br />

Bei einer koordinatenbasierten Arbeitsweise,<br />

welche vorzugsweise bei der Integration von<br />

SAPOS ® - und Tachymeter-Messwerten Einsatz<br />

finden sollte (siehe Abschnitt 4.2), muss<br />

sich die Vermessungsstelle für die Verwendung<br />

eines Koordinatensystems im Außendienst entscheiden.<br />

Die Arbeitsgruppe favorisiert hier<br />

die Verwendung des ETRS89/UTM. Denn<br />

einerseits ist es, wie in dem Erlass des Innenministeriums<br />

zur Einführung des ETRS89/<br />

UTM im Liegenschaftskataster ausgeführt,<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 41


erklärtes Ziel der Landes NRW das Lagebezugssystem<br />

des Katasternachweises auf das<br />

ETRS89/UTM umzustellen. Insofern nähert<br />

sich diese Vorgehensweise der zukünftigen<br />

Arbeit im Liegenschaftskataster an. Andererseits<br />

entstehen durch den Einsatz von<br />

SAPOS ® -HEPS im Außendienst immer<br />

ETRS89-Messwerte in Koordinatenkatasterqualität<br />

und deren hohe Qualität sollte möglichst<br />

auch bei den endgültigen Koordinatenberechnungen<br />

erhalten bleiben.<br />

Für den Wechsel zwischen dem Lagebezugssystem<br />

des Katasternachweises (i.d.R. Netz 77<br />

oder Preußische Landesaufnahme) und dem<br />

Bezugssystem ETRS89 wird eine Transformation<br />

notwendig. Um diese durchführen zu können,<br />

werden in beiden Bezugssystemen identische<br />

Punkte, so genannte Stützpunkte, benötigt.<br />

Eine einheitliche Vorgehensweise zur Verwendung<br />

von Stützpunkten kann über die Stützpunktdatei<br />

erreicht werden. Diese wird beim<br />

Landesvermessungsamt NRW als zentrale<br />

Datenbank und Auskunftssystem vorgehalten,<br />

um für den Aufbau des Stützpunktfeldes in<br />

Nordrhein-Westfalen eine einheitliche Grundlage<br />

bieten zu können. Sie ist einerseits als<br />

Datenbank für die Koordinatenpaare der Stützpunkte<br />

zu verstehen, die zum Lagebezugswechsel<br />

des Liegenschaftskatasters verwendet<br />

werden sollen. Andererseits ist die Datei als<br />

Auskunftssystem realisiert, über welches sich<br />

Vermessungsstellen selbstständig Punktauszüge<br />

erzeugen können (Abb.4). Die Datei ist über<br />

die Internetseite www.stuetzpunktdatei-nrw.de<br />

zu erreichen.<br />

Abb. 4: Zweck der Stützpunktdatei<br />

Gefüllt werden soll die Stützpunktdatei auf der<br />

Grundlage der jeweiligen Stützpunktkonzepte<br />

42<br />

der Katasterämter und daraus resultierender<br />

Stützpunktpläne. Der Stand der Befüllung<br />

spiegelt dabei auch den Umgang und Nutzen<br />

der Datenbank für die Vermessungsstellen<br />

wider:<br />

� In einer ersten Phase hat das Landesvermessungsamt<br />

unter Rücksprache mit den<br />

Katasterämtern die Stützpunktdatei mit<br />

geeigneten Stationspunkten des TP-Feldes<br />

gefüllt. Die Katasterämter haben ein Konzept<br />

zum Aufbau eines Stützpunktfeldes<br />

und einen Stützpunktplan aufgestellt. In<br />

dieser Phase hat die SAPOS ® -nutzende<br />

Vermessungsstelle selbst zu entscheiden,<br />

welche Punkte für die fachgerechte Überführung<br />

der Fortführungsvermessung in<br />

das für den Katasternachweis maßgebende<br />

Lagebezugssystem geeignet sind. Die Auswahl<br />

der lokalen, projektbezogenen Stützpunkte<br />

ist mit dem Katasteramt abzustimmen.<br />

Dabei handelt es sich in den meisten<br />

Fällen um bestehende Aufnahmepunkte.<br />

Vorhandene Sicherungsmarken können<br />

alternativ zum Zentrum bestimmt werden,<br />

wenn sie im Lagebezugssystem des Katasternachweises<br />

koordinierbar und für die<br />

SAPOS ® -Messung besser geeignet sind.<br />

� In der zweiten Phase sind die Planungen<br />

des Katasteramtes abgeschlossen und ein<br />

koordinierter Aufbau der Stützpunktdatei<br />

findet statt. Das Katasteramt erteilt den<br />

Vermessungsstellen Auskunft darüber, welche<br />

Punkte für die Transformation vom<br />

ETRS89 in das Lagebezugssystem des<br />

Katasternachweises zu benutzen sind.<br />

Dabei wird Auskunft über die bereits vorhandenen<br />

Stützpunkte und die noch im<br />

ETRS89 zu bestimmenden Punkte gegeben.<br />

Die Vermessungsstelle bestimmt die<br />

fehlenden Stützpunkte im Rahmen der<br />

Durchführung der Vermessungsarbeiten<br />

(im zumutbaren Rahmen) und benutzt beim<br />

Lagebezugswechsel die vom Katasteramt<br />

vorgegebenen Punkte.<br />

� In der dritten Phase ist die Stützpunktdatei<br />

vollständig vorhanden. Sie wurde von<br />

dem Katasteramt freigegeben. Nun ist der<br />

eindeutige Bezug zwischen dem aktuellen<br />

Lagebezugssystem des Katasternachweises<br />

und dem Lagebezug ETRS89/UTM durch<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


den Inhalt der Stützpunktdatei abgebildet.<br />

Das heißt, Transformationen sind zwischen<br />

dem Lagebezug des Katasternachweises<br />

und ETRS89/UTM und umgekehrt über das<br />

Stützpunktfeld ohne Qualitätsverlust möglich.<br />

Die Vermessungsstellen können jetzt<br />

die für ihre Vermessungen benötigten Stützpunkte<br />

aus der Stützpunktdatei selbst entnehmen.<br />

Inhaltliche Änderungen der Stützpunktdatei<br />

können nun nur noch durch das<br />

Landesvermessungsamt sowie mit Benachrichtigung<br />

von Katasteramt und Nutzern<br />

der Stützpunktdatei durchgeführt werden.<br />

Das Katasteramt legt die Gebiete, in denen eine<br />

Freischaltung der Stützpunktdatei möglich ist,<br />

selber fest und beantragt deren Freigabe beim<br />

Landesvermessungsamt. Insofern wird der<br />

Stand der Befüllung der Stützpunktdatei je<br />

Katasteramtsbezirk variieren. Aktuell ist die<br />

Stützpunktdatei mit geeigneten Stationspunkten<br />

der TP 1.- 4. Ordnung im Regierungsbezirk<br />

<strong>Köln</strong> gefüllt. Die erste Phase der Befüllung der<br />

Stützpunktdatei ist damit abgeschlossen. Eine<br />

Freigabe von Gebieten erfolgte bisher nur bei<br />

der Stadt Aachen (Abb. 5).<br />

Abb. 5: Freigeschaltete Gebiete am Beispiel<br />

der Stadt Aachen<br />

Eine Bedienungsanleitung befindet sich auf<br />

der Internetseite der Stützpunktdatei oder im<br />

Handbuch „Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen<br />

mit SAPOS ® “ der Arbeitsgemeinschaft<br />

„Anwendung satellitengeodätischer<br />

Verfahren“.<br />

Ist eine Freigabe der Stützpunktdatei gemäß<br />

der oben genannten dritten Phase für das Vermessungsgebiet<br />

erfolgt, kann die Vermessungsstelle<br />

die entsprechend in der Stützpunktdatei<br />

nachgewiesenen Stützpunkte für<br />

Transformationsberechungen bei der Liegenschaftsvermessung<br />

verwenden. Die Notwendigkeit<br />

einer Transformation bei einer koordinatenbasierten<br />

Arbeitsweise besteht dabei bis<br />

zur Überführung der Daten des Liegenschaftskatasters<br />

in das ETRS89/UTM einerseits bei<br />

der Vorbereitung der Vermessung im Innendienst<br />

(Vorabtransformation) und andererseits<br />

nach Abschluss der Koordinatenberechnungen<br />

zur Überführung der Koordinaten in das<br />

Gebrauchssystem des Liegenschaftskatasters.<br />

Die Vorabtransformation kann für die Bereitstellung<br />

von Koordinaten zum Aufsuchen von<br />

Vermessungspunkten erfolgen. Sie ist auch<br />

erforderlich, um die in Koordinatenkatasterqualität<br />

vorhandenen Koordinaten des Katasternachweises<br />

im Außendienst auf ihre Identität<br />

zu prüfen oder um vorab berechnete<br />

Sollkoordinaten in der Örtlichkeit abzustecken.<br />

Ist die Stützpunktdatei freigeschaltet (dritte<br />

Phase) können für die Vorabtransformation<br />

sowie für die endgültige Transformation ins<br />

Gebrauchsnetz des Katasters einheitliche, also<br />

dieselben, Transformationsparameter verwendet<br />

werden ( Abb. 6). Ein Vorteil dieser Vorgehensweise<br />

ist auch, dass in das Lagebezugssystem<br />

des Katasternachweises transformierte<br />

ETRS89/UTM-Koordinaten, welche ja in<br />

Koordinatenkatasterqualität vorliegen, zum<br />

Zeitpunkt der Überführung der Daten des Liegenschaftskatasters<br />

in den Jahren 2009/2010<br />

mit denselben Transformationsparametern<br />

erneut in das ETRS89/UTM zurück transformiert<br />

werden. Insofern sind die hier verwendeten<br />

Transformationsparameter eindeutig.<br />

Der Qualitätsstandard des Koordinatenkatasters<br />

bleibt dauerhaft erhalten. Die Transformation<br />

ist ohne Qualitätsverlust möglich, der<br />

Bezug zwischen den beiden Bezugssystemen<br />

ändert sich nicht.<br />

Ist bisher keine Freigabe der Stützpunktdatei<br />

erfolgt, ist die Wahl und Dichte der Stützpunkte<br />

eng mit der Frage nach der Qualität des<br />

Katasternachweises verbunden. Für deren<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 43


Auswahl ist eine individuelle Absprache mit<br />

dem Katasteramt gemäß der oben genannten<br />

zweiten Phase erforderlich.<br />

Befindet sich das Messgebiet in einem Bereich<br />

mit homogener Katastergrundlage wird i.d.R.<br />

eine Transformation über die Stützpunkte des<br />

TP-Feldes ausreichend sein. Liegt jedoch im<br />

betreffenden Gebiet eine inhomogene Netzgrundlage<br />

vor, ist eine nachbarschaftliche<br />

Transformation über lokale Stützpunkte erforderlich.<br />

Diese werden i.d.R. erst bei der Aufmessung<br />

im Außendienst gewonnen.<br />

Liegen zudem die für die endgültige Transformation<br />

der neu ermittelten Koordinaten<br />

benötigten Stützpunkte zu Beginn der Messung<br />

noch nicht vor, können für die Vorabtransformation<br />

lediglich globale Transformationsparameter<br />

(z.B. Verwendung von<br />

Stützpunkten aus dem TP-Feld) herangezogen<br />

werden. Dies ist für die Punktsuche nach Koordinaten<br />

ausreichend.<br />

Ein Nachteil der nicht freigegebenen Stützpunktdatei<br />

(Phase 1 und 2) besteht darin, dass<br />

die in das Gebrauchssystem des Katasternachweises<br />

transformierten ETRS89-Koordinaten<br />

bei der endgültigen Überführung des Lagebezuges<br />

des Liegenschaftskatasters nach<br />

ETRS89/UTM i.d.R. nicht mehr reproduzier-<br />

44<br />

Abb. 6: Auswahl der Transformationsstützpunkte<br />

bar sind. Das heißt die ursprüngliche Qualität<br />

der berechneten ETRS89-Koordinate in Koordinatenkatasterqualität<br />

bleibt nicht erhalten.<br />

Die Transformation ist nicht eindeutig reproduzierbar.<br />

4.2 Integration von SAPOS ® - und<br />

Tachymeteranwendung<br />

Die satellitengestützte Messmethode entwickelt<br />

im Außendienst die größte Effektivität,<br />

wenn sie mit der terrestrischen Messmethode,<br />

d.h. der Tachymeteraufnahme, verknüpft wird.<br />

Für den Arbeitsbereich Liegenschaftsvermessung<br />

stellt diese Verknüpfung sogar eine Notwendigkeit<br />

dar, da es die örtlichen Gegebenheiten<br />

nur selten erlauben werden, die erforderlichen<br />

Arbeiten für Grenzuntersuchung,<br />

Absteckung und Aufmaß lediglich unter Nutzung<br />

satellitengestützter Aufnahmemethoden<br />

zu erledigen. Insofern kann es nur sinnvoll<br />

sein, das von SAPOS ® ausgehende wirtschaftlich<br />

positive Potenzial in Ergänzung zur bisherigen<br />

Arbeit mit dem Tachymeter einzusetzen.<br />

Einen Standardablauf für die Kombination beider<br />

Messverfahren im Außendienst gibt es<br />

nicht. Der Einsatz eines SAPOS ® -Rovers ist<br />

stark von den örtlichen Gegebenheiten, wie die<br />

Himmelsfreiheit der einzelnen Vermessungspunkte,<br />

im Vermessungsgebiet abhängig.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Die Verknüpfung von satellitengeodätischen<br />

und terrestrischen Messdaten im Außendienst<br />

ist inzwischen von allen namhaften Geräteherstellern<br />

technisch realisiert. So stehen also bei<br />

einer koordinatenbasierten Arbeitsweise in<br />

gleicher Weise die mittels Tachymeter<br />

bestimmten Koordinaten und die mittels<br />

SAPOS ® -HEPS bestimmten Echtzeitkoordinaten<br />

zur weiteren Verwendung im Außendienst<br />

zur Verfügung. Die Controller moderner<br />

Messsysteme können i.d.R. kombinierte Messverfahren<br />

(SAPOS ® bzw. Tachymeter) in einer<br />

Projektdatenbank verwalten. Dies hat den Vorteil,<br />

dass ein einheitlicher Datenfluss trotz verschiedener<br />

Messverfahren und Messgeräte<br />

gewährleistet ist. Neben Komplettlösungen der<br />

Gerätehersteller gibt es auch Controller von<br />

Anbietern, die in Verbindung mit Geräten von<br />

verschiedenen Herstellern benutzt werden<br />

können. Für die dv-technische Integration von<br />

Messwerten im Feld gibt es derzeit drei Konzepte.<br />

Diese unterscheiden sich in der Kombination<br />

von Messgerät, Datenspeicher, Auswertesoftware<br />

und Controller:<br />

1. Tachymeter, SAPOS ® -Rover, Datenspeicher<br />

und Controller mit Auswertesoftware<br />

sind in einem Gerätesystem kombiniert.<br />

Die gesamte Datenverarbeitung erfolgt im<br />

integrierten Controller (Abb. 7).<br />

Abb. 7: Kombiniertes<br />

Gerätesystem<br />

(z.B. Fa. Leica, SmartStation)<br />

2. Tachymeter und SAPOS ® -Rover sind zwei<br />

eigenständige Geräte. Die Integration erfolgt<br />

über die Verwendung von einem Controller<br />

mit Auswertesoftware, welcher an<br />

beide Systeme angeschlossen werden kann<br />

und auch die Datenspeicherung übernimmt<br />

(Abb. 8, Fa. Trimble, Fa. Topcon, Sokkia,<br />

Gart 2000, etc.).<br />

Abb. 8: Integration von GPS-Rover und Tachymeter<br />

mittels Controller (z.B. Fa. Trimble, TCU)<br />

3. Tachymeter und SAPOS ® -Rover sind zwei<br />

eigenständige Geräte. Beide werden über<br />

ihre eigene Controllereinheit mit Auswertesoftware<br />

betrieben. Die Integration erfolgt<br />

über die Verwendung eines externen Datenspeichers<br />

(z.B. Speicherkarte), welcher das<br />

gesamte Projekt und alle zugehörigen<br />

Daten enthält (Abb. 9).<br />

Abb. 9: Integration erfolgt mittels Data Card<br />

(z.B.: Fa. Leica, System 1200)<br />

Die Umsetzung der Konzepte durch die<br />

Gerätehersteller führt zu unterschiedlichen<br />

Funktionsumfängen. Teilweise können die<br />

Systeme in Kombination mit einem Robotiktachymeter<br />

eingesetzt werden. Zum Beispiel<br />

kann möglicherweise ein solcher Tachymeter<br />

und ein SAPOS ® -Rover parallel von einem<br />

Lotstock aus bedient werden. (Abb. 10).<br />

Bei SAPOS ® -HEPS-Anwendungen ist eine<br />

koordinatenbasierte Arbeitsweise im Außendienst<br />

vorzuziehen, da als Messwerte am Controller<br />

direkt Koordinaten im ETRS89/UTM<br />

bereitgestellt werden. Da mit der Veröffentlichung<br />

des Einführungserlasses ETRS89/UTM<br />

vom 09.08.2004 die Einführung des Lagebezugssystems<br />

ETRS89/UTM für das Liegenschaftskataster<br />

eingeleitet worden ist, wird<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 45


somit auch unmittelbar die Herstellung des<br />

amtlichen Lagebezuges im ETRS89/UTM ermöglicht.<br />

Die koordinatenbasierte Arbeitsweise<br />

ist auch bisher schon über den Lageanschluss<br />

der umliegenden AP im Außendienst<br />

möglich gewesen. Insofern ist sie in ihrer<br />

Anwendung nicht neu. Sie wird aber durch die<br />

SAPOS ® -HEPS-Anwendung und dem damit<br />

verbundenen Aufbau des Koordinatenkatasters<br />

erheblich an Bedeutung gewinnen.<br />

Abb. 10: Bedienung des Robotiktachymeters und des<br />

SAPOS ®<br />

-Rovers vom Lotstock aus<br />

(z.B.: Trimble, IS-Rover)<br />

Als Vorbereitung des Außendienstes sind die<br />

Koordinaten des Katasternachweises auf ihre<br />

mögliche Verwendung im Außendienst zu<br />

überprüfen. Wie schon im vorhergehenden<br />

Abschnitt beschrieben, bietet es sich an, die im<br />

Außendienst benötigten Koordinaten des<br />

Katasternachweises aus dem Gebrauchssystem<br />

in das ETRS89/UTM zu transformieren, um<br />

sie für die Arbeiten zur Grenzuntersuchung,<br />

Identitätsprüfung und Absteckung nutzen zu<br />

können.<br />

Grundsätzlich kann davon ausgegangen werden,<br />

dass eine SAPOS ® -gestützte Liegenschaftsvermessung<br />

effizienter und vor allem<br />

zeitsparender durchführbar ist. Dies spiegelt<br />

sich z.B. auch an dem Personalbedarf bei den<br />

einzelnen Arbeitsschritten wider. Wird z.B.<br />

46<br />

eine Absteckung mittels SAPOS ® -Rover<br />

durchgeführt, reicht dafür eine Person, welche<br />

den Rover zum Punkt bewegt und gleichzeitig<br />

die Bedienung des Controllers sicherstellt. Die<br />

einzelnen Arbeitsschritte im Außendienst<br />

umfassen das Herstellen des Lagebezuges, die<br />

Grenzuntersuchung, die Identitätsprüfung, das<br />

Abstecken und ggf. das Wiederherstellen und<br />

das Aufmaß der Vermessungspunkte.<br />

Die Herstellung des amtlichen Lagebezuges<br />

mittels Tachymeter ist mitunter sehr zeitaufwändig.<br />

Um herkömmlich an das AP-Feld<br />

anzuschließen, sind meistens zusätzliche zwischengeschaltete<br />

Tachymeterstandpunkte erforderlich.<br />

Bei der SAPOS ® -gestützten Anwendung<br />

kann der Lagebezug dagegen über als<br />

Hilfspunkte genutzte temporäre Anschlusspunkte<br />

erfolgen. Dabei entstehen der Vermessungsstelle<br />

folgende wirtschaftliche Vorteile:<br />

� Das Aufsuchen, Überprüfen und ggf. das<br />

Herstellen oder Einrichten von AP entfällt.<br />

� Die Lage der temporären Anschlusspunkte<br />

kann der örtlichen Situation angepasst werden.<br />

� Die Vermessungspunkte können ggf. direkt<br />

beobachtet werden.<br />

In Gebieten mit wenigen Anschlusspunkten<br />

kann dabei mit einer Zeitersparnis von ca. 20<br />

Prozent gerechnet werden. Die temporären<br />

Anschlusspunkte können dabei so gewählt<br />

werden, dass Einflussgrößen auf die GPS-<br />

Messung (Mehrwegeeffekte, Abschattungen)<br />

möglichst gering sind. Eine dauerhafte Vermarkung<br />

dieser Anschlusspunkte ist i.d.R.<br />

nicht erforderlich, da sie nach der Vermessung<br />

nicht mehr benötigt werden. Die Arbeitsgruppe<br />

sieht hier ein sehr großes Einsparpotenzial<br />

im Gegensatz zu dem herkömmlichen Anschluss<br />

an das AP-Feld, da hier die Arbeiten an<br />

den AP vollständig entfallen können. Dies gilt<br />

natürlich vorbehaltlich der Tatsache, dass eine<br />

SAPOS ® -gestützte Anwendung im Vermessungsgebiet<br />

überhaupt möglich ist. Die Verknüpfung<br />

temporär mittels SAPOS ® -HEPS<br />

bestimmter Anschlusspunkte mit einer Freien<br />

Stationierung des Tachymeters, stellt ein fast<br />

universelles Hilfsmittel dar, um Arbeiten im<br />

Liegenschaftskataster vorzunehmen.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Bei den Arbeiten zur Grenzuntersuchung und<br />

Identitätsprüfung ist von einem durchschnittlichen<br />

Einsparpotenzial von ca. 10 Prozent auszugehen.<br />

Hier kommt insbesondere die koordinatenbasierte<br />

Arbeitsweise für das Aufsuchen<br />

der VP zum Tragen. So können die im<br />

ETRS89/UTM vorliegenden Grenzpunkte bei<br />

entsprechender Himmelsfreiheit direkt mittels<br />

SAPOS ® -Rover abgesteckt werden. Der Vermesser<br />

kann sich dabei über das Absteckmenü<br />

des Controllers am Rover bis zur Solllage des<br />

Punktes hinführen lassen. Ist ein direkter Einsatz<br />

von SAPOS ® an speziellen VP nicht möglich,<br />

kann die Arbeit über Hilfskonstruktionen,<br />

wie z.B. Bogenschlag über zwei mit SAPOS ® -<br />

HEPS bestimmte Hilfspunkte oder orthogonale<br />

Absteckung von zwei mit SAPOS ® -HEPS<br />

bestimmten Hilfspunkten aus, erleichtert werden.<br />

Die Grenzuntersuchung und Identitätsprüfung<br />

erfolgt gemäß den Vorschriften des Fortführungsvermessungserlasses.<br />

Liegen für die<br />

Grenzpunkte bereits Koordinaten in Koordinatenkatasterqualität<br />

vor, so erfolgt die Identitätsprüfung<br />

über den Koordinatenvergleich.<br />

Dies ist natürlich besonders bei einem beobachtungsfähigen<br />

SAPOS ® -HEPS-Punkt effizient,<br />

da in diesem Fall die Arbeitsschritte des<br />

Aufsuchens des Grenzpunktes, der Identitätsprüfung<br />

und des Aufmaßes in einem Arbeitsgang<br />

am SAPOS ® -Rover durchgeführt werden<br />

können. Liegt, wie es im Regelfall sein wird,<br />

im Vermessungsgebiet noch kein Koordinatenkataster<br />

vor, so erfolgt die Identitätsprüfung<br />

über die aus früheren Messungen vorliegenden<br />

Aufnahmeelemente. Bei der koordinatenbasierte<br />

Arbeitsweise können diese für die Identitätsprüfung<br />

auch aus Koordinaten abgeleitet<br />

werden.<br />

Für das Abstecken von Grenzpunkten ist bei<br />

einer möglichen Verwendung des SAPOS ® -<br />

Rovers mit einer zeitlichen Ersparnis von ca.<br />

15 Prozent zu rechnen. Es wird vor allem<br />

dadurch vereinfacht, dass die Vermessungsstelle<br />

bei dem Einsatz des SAPOS ® -Rovers<br />

nicht mehr in dem Maße auf Tachymeteraufstellungen<br />

angewiesen ist und Sichtverbindungen<br />

zu anderen Vermessungspunkten nicht<br />

benötigt werden.<br />

Die Vorgehensweise beim Aufmaß der Vermessungspunkte<br />

vereinfacht sich dergestalt,<br />

dass bereits schon bei den Arbeitsschritten<br />

Aufsuchen des Vermessungspunktes und<br />

Grenzuntersuchung ein erstes Aufmaß in<br />

SAPOS ® -HEPS erhalten wird. Diesbezüglich<br />

verschneiden sich die Arbeitsschritte. Es ist für<br />

diesen Arbeitsschritt bei einer integrierten Vermessung<br />

mit einem Einsparpotenzial von ca. 5<br />

Prozent zu rechnen. Um unnötigen Mehraufwand<br />

zu vermeiden, sollten zuerst alle Vermessungspunkte,<br />

die SAPOS ® -HEPS fähig<br />

sind, aufgemessen werden. Die restlichen<br />

Punkte werden anschließend mittels Tachymeter<br />

aufgemessen und entweder über die temporären<br />

Anschlusspunkte (mittels SAPOS ®<br />

koordiniert) oder über die AP-Netz-Masche an<br />

das amtliche Lagebezugssystem angeschlossen.<br />

4.3 Dokumentation der<br />

Liegenschaftsvermessung<br />

Für die Gewährleistung eines reibungslosen<br />

Arbeitsablaufes und einer optimalen Zusammenarbeit,<br />

kommt der Schnittstelle zwischen<br />

Katasterbehörde und Vermessungsstelle eine<br />

besondere Bedeutung zu. Neben der Erteilung<br />

der Vermessungsunterlagen, die im Abschnitt 4<br />

des Handbuches II behandelt wird, nehmen<br />

diesbezüglich die Vermessungsschriften eine<br />

besonders wichtige Stellung ein.<br />

Die Erstellung der Vermessungsschriften wird<br />

im Abschnitt 7 des Handbuches II beschrieben.<br />

Die Ansprüche an deren Dokumentation sind<br />

aus zwei Perspektiven zu beleuchten: Für die<br />

Vermessungsstelle ist die Dokumentationsform<br />

insbesondere ein Abbild der Arbeitsabläufe<br />

des vermessungstechnischen Außen- und<br />

Innendienstes. Für die Katasterbehörde ergeben<br />

sich die Notwendigkeiten aus der Übernahmeprüfung<br />

nach den geltenden Verwaltungsvorschriften.<br />

Eine isolierte Betrachtung<br />

der beiden verschiedenen Bedürfnisse an die<br />

Dokumentation würde zu kurz greifen, da z.B.<br />

die rein formelle Beschreibung aus Sicht der<br />

Katasterbehörde der Funktion der Vermessungsschriften<br />

nicht gerecht werden würde.<br />

Die Anforderungen beider Bereiche wurden<br />

zunächst von der Arbeitsgemeinschaft erarbei-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 47


tet und auf die Anlage 3 und 6 des Einführungserlasses<br />

ETRS89/UTM und die absehbaren<br />

zukünftigen Arbeitsbedingungen<br />

abgestimmt. Die Ergebnisse wurden in die Protokollierungsvorschrift<br />

der Anlage 6 zum Einführungserlass<br />

eingearbeitet. Der Umfang<br />

wurde an die preferierte Auswertestrategie<br />

angepasst. Deswegen wurden für die Vermessungsschriften<br />

keine freie und keine gezwängte<br />

Ausgleichung dokumentiert. Alle im Handbuch<br />

II gezeigten Protokolle wurden in<br />

mühsamer Handarbeit gefüllt. Sie zeigen konzentriert<br />

und übersichtlich alle Parameter der<br />

Liegenschaftsvermessung. Die Erstellung dieser<br />

oder ähnlicher Protokolle kann zukünftig<br />

nur im Datenfluss wirtschaftlich gelöst werden.<br />

Voraussetzung ist daher eine standardisierte<br />

Software, die den Bedürfnissen aller<br />

beteiligten Stellen gerecht wird.<br />

In diese Richtung weist ein neuer Ansatz, der<br />

von dem Arbeitskreis Liegenschaftskataster<br />

der AdV verfolgt wird. Grundgedanke ist, die<br />

Protokolle zukünftig nicht mehr in Formulare<br />

zu fassen, sondern eine Datenbank zu erstellen,<br />

aus der nach Bedarf Auszüge gefertigt<br />

oder auf die Prüfwerkzeuge angewendet werden<br />

können. Dementsprechend ist der Arbeitskreis<br />

mit der Erarbeitung einer logischen<br />

Datenstruktur beschäftigt, die als Grundlage<br />

für Softwareentwicklungen dienen kann.<br />

Bei allen Bestrebungen sollte die Einheitlichkeit<br />

der Durchführung der Liegenschaftsvermessung,<br />

der Dokumentation und der Beurteilungskriterien<br />

bei der Übernahmeprüfung<br />

gleichermaßen berücksichtigt werden. Nur so<br />

lässt sich durchgehende Transparenz in der<br />

Dokumentation und der Beurteilung der<br />

Ergebnisse der Liegenschaftsvermessung als<br />

Voraussetzung für eine insgesamt wirtschaftliche<br />

optimierte Bearbeitung erreichen.<br />

4.4 Gedanken zur Ausgleichungsrechnung<br />

Der Ausgleichung kommt nach Anlage 3 des<br />

Einführungserlasses ETRS89/UTM eine herausgehobene<br />

Bedeutung als Auswertemethode<br />

für Liegenschaftsvermessungen zu. Dort wird<br />

sie als Standardmethode etabliert. Neben dieser<br />

Standardmethode werden Ausnahmebedingungen<br />

definiert, unter denen weiterhin auch<br />

48<br />

hierarchisch bzw. linear ausgewertet werden<br />

darf. Diese Regeln gelten zukünftig auch für<br />

die Bearbeitung von Liegenschaftsvermessungen,<br />

für die ein Anschluss an das ETRS89 über<br />

SAPOS ® oder ein qualifiziertes Anschlusspunktfeld<br />

benötigt werden. Um die Privilegierung<br />

der Ausgleichungsrechnung verständlich<br />

zu machen, müssen die Vor- und Nachteile der<br />

einzelnen Berechnungsmethoden abgewogen<br />

werden.<br />

Die hierarchische oder lineare Auswertemethode<br />

hat eine lange Tradition in der Liegenschaftsvermessung.<br />

Dies liegt in den klassischen<br />

hierarchisch geprägten Aufnahmemethoden<br />

(Orthogonal- und Einbindeverfahren)<br />

begründet. Der Grundsatz „Vom Großen<br />

ins Kleine“ wird dabei streng umgesetzt. Die<br />

angebotenen Softwaresysteme haben über die<br />

Jahrzehnte ein hohes Maß an Bedienungsergonomie<br />

entwickelt. Seit der Einführung der<br />

tachymetrischen Aufmessungsmethode in das<br />

Liegenschaftskataster ergibt sich die Berechnungshierarchie<br />

nicht immer eindeutig aus der<br />

Aufmessung. Polare Messelemente stehen teilweise<br />

in Konkurrenz zu orthogonalen Messelementen<br />

oder werden voneinander abgeleitet.<br />

Die Auswertung und Prüfung müssen mit<br />

deutlich mehr Sachverstand und damit Aufwand<br />

durchgeführt werden. Das Berechnungsergebnis<br />

ist unter anderem von der individuellen<br />

Reihenfolge der Auswertung abhängig.<br />

Gleichwohl ist die hierarchische Auswertemethode<br />

heute noch die Übliche – ein tradierter<br />

Standard.<br />

Gegen diese Tradition hat es jede alternative<br />

Auswertemethode schwer, insbesondere wenn<br />

sie sich von der Bedienungs- und Beurteilungsergonomie<br />

der Softwarerealisierungen<br />

schlechter darstellt. Darüber hinaus ist bei<br />

Anwendung der Ausgleichung ein Mindestmaß<br />

an Vorkenntnissen in Fehlerlehre und Ausgleichungsrechnung<br />

notwendig. Für die<br />

Durchführung einer ersten Ausgleichung eines<br />

Projektes lassen sich zwar Prozeduren entwickeln,<br />

jedoch ist danach das Ergebnis mit<br />

Sachverstand zu prüfen und gegebenenfalls<br />

einem modifizierten Berechnungslauf zuzuführen.<br />

Um diesen Sachverstand herzustellen,<br />

werden Erfahrungen und Grundlagen benötigt,<br />

die bei vielen beteiligten Dienststellen zu-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


nächst intensiv erarbeitet oder in Fortbildungen<br />

erworben werden müssen. Darüber hinaus<br />

muss i.d.R. ein neuer Datenfluss realisiert werden.<br />

Diese Investitionen darf man nicht unterschätzen,<br />

sie belasten von vornherein die<br />

Bilanz.<br />

Sind die Arbeitsabläufe neu organisiert und auf<br />

die Ausgleichungsrechnung ausgerichtet, so<br />

ergeben sich Vorteile, die nicht von der Hand<br />

zu weisen sind. So ist keine Reihenfolge der<br />

Berechnung einzelner Messelemente festzulegen.<br />

Alle Messelemente werden über automatisierte<br />

Prozeduren der Berechnung in der richtigen<br />

Reihenfolge zugeführt. Eine interaktive<br />

Tätigkeit während der Berechnung entfällt<br />

vollständig. Ebenso entfällt die individuelle<br />

Prüfung der Berechnungsfolge bei der Beurteilung<br />

der Berechnungsergebnisse. Vermessungsstelle<br />

und Katasterbehörde bekommen<br />

anhand weniger statistischer Beurteilungsparameter,<br />

die in einer Liste zusammengefasst<br />

werden können (Blatt G, Anlage 6, Einführungserlass<br />

ETRS89/UTM), einen schnellen<br />

Überblick über den Erfolg der Berechnung.<br />

Die Vermessungsstelle kann bis zur Abgabe<br />

die ggf. ausgewiesenen „groben Fehler“ beseitigen<br />

oder kommentieren. Dies lässt sich ebenfalls<br />

in dem oben genannten Listenprotokoll<br />

zusammenfassen. So ist zu überlegen, ob einer<br />

Auswertung durch Ausgleichungsrechnung<br />

überhaupt ein langschriftliches Protokoll der<br />

Berechnung beigefügt werden muss. Denn bei<br />

Übernahmefähigkeit der Vermessungsschriften<br />

dürften dort keine beurteilungsrelevanten<br />

Inhalte mehr dokumentiert sein. Wie aus diesen<br />

Ausführungen geschlossenen werden<br />

kann, ist der Dokumentations- und Berechnungsaufwand<br />

einer Ausgleichungsrechnung<br />

unabhängig vom Umfang der Vermessung<br />

weitgehend konstant. Dies steht einer annähernd<br />

linearen Entwicklung des Aufwandes<br />

bei einer hierarchisch/linearen Berechnungsmethode<br />

gegenüber. Mitunter wächst der Beurteilungsaufwand<br />

einer hierarchisch/linearen<br />

Berechnung ab einer gewissen Größe exponential,<br />

da die einzelnen Abhängigkeiten der<br />

Messelemente nur noch schwer im Überblick<br />

zu halten sind. Diese Eigenschaft verschafft<br />

der Ausgleichungsrechnung ab einer bestimmten<br />

Größe einen Vorteil beim Arbeitsaufwand.<br />

Von vielen Stellen wird der konstante Teil des<br />

Arbeitsaufwandes einer Ausgleichungsrechnung<br />

sehr hoch eingeschätzt. Ist aber der<br />

Datenfluss und die Datenaufbereitung mit dem<br />

gleichen Qualitätsstandard eines vergleichbaren<br />

hierarchisch/linearen Berechnungsablaufes<br />

realisiert, so könnte sich der Break-Even<br />

sehr früh einstellen und die Ausgleichungsrechnung<br />

schnell im Vorteil sein. Leider fehlen<br />

für einen fairen Vergleich Softwareprodukte,<br />

die einen vergleichbaren, komfortablen und<br />

allumfassenden Berechnungsablauf realisiert<br />

haben. Eine weitere positive Eigenschaft der<br />

Ausgleichung ist die Anspruchslosigkeit bei<br />

der Kombination unterschiedlicher Messelemente,<br />

wie z.B. in dem Programm Kafka für<br />

Windows 2.0. Mit ihr lassen sich Koordinatenmesswerte,<br />

Tachymetermesswerte, Spannmaße,<br />

orthogonale Elemente und Bedingungen<br />

problemlos gemeinsam verarbeiten und<br />

mit adäquater Gewichtung am Ergebnis beteiligen.<br />

Jedes Element dient dem Ergebnis.<br />

Neben diesen wirtschaftlichen Vorteilen ist das<br />

Argument der Genauigkeitssteigerung durch<br />

Ausgleichungsrechnung nur von nachrangiger<br />

Bedeutung. Ja, es kann sogar gefährlich sein,<br />

da dadurch die Schraube erhöhter Anforderungen<br />

zulasten der Wirtschaftlichkeit wieder in<br />

Gang gesetzt werden kann. Bei einer normalen<br />

Standardliegenschaftsvermessung sind die<br />

Vorteile der Ausgleichung ohnehin mehr theoretischer<br />

Natur. In der Regel führt die hierarchische<br />

Berechnung im Rahmen der angestrebten<br />

Genauigkeit zu gleichwertigen<br />

Ergebnissen.<br />

Die Umstellung vom einem hierarchischen/<br />

linearen Berechnungsablauf zu einer Ausgleichungsrechnung<br />

kommt einem Dogmenwechsel<br />

gleich. Die Hemmnisse sind zu großen Teilen<br />

in der Psyche der Anwender begründet.<br />

Ausgleichung wird bisher mit komplizierten<br />

mathematischen Verfahren und einer Papierflut<br />

von Ergebnisdrucken verbunden, deren<br />

Einsatz sich nur bei komplexen Aufgaben<br />

lohnt. Von dieser Vorstellung muss man sich<br />

heute lösen. Der Anschubaufwand der Ausgleichung<br />

ist zwar groß, das Potenzial für Einsparungen<br />

aber nicht minder. Um zukünftige<br />

Arbeitsabläufe wirtschaftlich zu gestalten, sind<br />

aber auf jedem Fall auch die Dokumentations-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 49


formen der Berechnung zu überdenken und<br />

anzupassen. Denn der Status Quo berechtigt<br />

nicht neue Darstellungsformen abzulehnen.<br />

Die Ausgleichungsrechnung kann dazu einen<br />

schönen Beitrag leisten.<br />

5 Fazit<br />

Der Einsatz von SAPOS ® bei Liegenschaftsvermessungen<br />

erschließt gegenüber der herkömmlichen<br />

Arbeitsweise ein erhebliches<br />

Einsparpotential ganz im Sinne der Verwaltungsmodernisierung.<br />

Voraussetzung ist, dass<br />

die wirtschaftlichen Vorteile konsequent genutzt<br />

und nicht durch erhöhte Anforderungen<br />

kompensiert werden. Neben der Optimierung<br />

der Arbeitsabläufe liegt das größte Potential in<br />

der Optimierung der Zusammenarbeit zwischen<br />

Katasterbehörden und Vermessungsstellen.<br />

Für Land und Kommunen bringt SAPOS ®<br />

bereits durch den Wegfall des Festpunktfeldes<br />

erhebliche Einsparungen. Für die Vermessungsstelle<br />

wird durch SAPOS ® die Zugangsschwelle<br />

zur satellitengeodätischen Messung<br />

gesenkt, da nur noch ein Empfänger erforderlich<br />

ist. Weiterhin ergeben sich erhebliche Vorteile<br />

bei der Durchführung der Messung wie<br />

z.B. durch einfacheres Aufsuchen von Punkten,<br />

einfacheren Anschluss ans Landesnetz und<br />

weitgehende Unabhängigkeit von der Topografie.<br />

In Anbetracht des Lagebezugswechsels der<br />

Nachweise des Liegenschaftskatasters nach<br />

ETRS89/UTM werden sich die Vorteile des<br />

koordinatenbasierten Arbeitens zukünftig verstärkt<br />

bemerkbar machen. Da durch jede Fortführungsvermessung<br />

mit SAPOS ® ein Stück<br />

Koordinatenkataster entsteht, wird die besonders<br />

wirtschaftliche Grenzuntersuchung durch<br />

Koordinatenvergleich verstärkt zur Anwendung<br />

kommen können.<br />

Da Tachymeter- und GPS-Messung weitgehend<br />

ausgereizt sind, liegt in der nahen Zukunft<br />

Entwicklungspotential in der integrierten<br />

Anwendung von SAPOS ® - und Tachymetermessungen.<br />

Die Chance für einen wirklich bedeutenden<br />

Entwicklungsschub sieht die Arbeitsgemein-<br />

50<br />

schaft in einer ganzheitlichen Lösung für den<br />

Gesamtvorgang Liegenschaftsvermessung<br />

unter Einbeziehung der Möglichkeiten der grafischen<br />

Datenverarbeitung und der modernen<br />

Nachrichtentechnik: Ein optimierter digitaler<br />

Workflow von der Bereitstellung der Vermessungsunterlagen<br />

über die Vorbereitung des<br />

Außendienstes und die komplette Auswertung<br />

der Messung bis hin zur Erzeugung von digitalen<br />

Fortführungsdatensätzen, die von den<br />

Katasterbehörden mit entsprechender Prüfsoftware<br />

geprüft und in den Nachweis übernommen<br />

werden. Unter Nutzung des webbasierten<br />

Datentransfers und durch Einsatz<br />

grafikfähiger digitaler Feldbücher wäre insgesamt<br />

ein beträchtlicher Rationalisierungserfolg<br />

möglich.<br />

Allerdings setzt das einheitliche Arbeitsabläufe<br />

und Datenstrukturen voraus. Die von dem<br />

AdV-Arbeitskreis Liegenschaftskataster entwickelte<br />

Idee, statt eine Dokumentation vorzuschreiben<br />

eine logische Datenstruktur zu<br />

entwickeln, auf deren Grundlage ein kompletter<br />

Datenfluss realisiert werden könnte, ist<br />

daher zukunftweisend. Nach Auffassung der<br />

Arbeitsgemeinschaft „Anwendung satellitengeodätischer<br />

Verfahren“ könnte dieser Ansatz<br />

eingebettet in ein einheitliches Konzept für<br />

NRW der entscheidende Modernisierungsansatz<br />

sein. Die Erfahrungen mit der Anlage 4<br />

der GPS-Richtlinien sind ermutigend, denn sie<br />

haben gezeigt, dass der Wille zur Standardisierung<br />

in der Fachwelt durchaus vorhanden<br />

ist. Ansonsten ist zu befürchten, dass die uns<br />

allen geläufigen Zentrifugalkräfte des kommunalisierten<br />

und privatisierten Liegenschaftskatasters,<br />

wie wir sie aus den zurückliegenden<br />

Jahrzehnten nur zu gut kennen, auch<br />

hier in kontraproduktiver Weise wirksam werden,<br />

indem eine Vielzahl nicht kompatibler<br />

Einzellösungen entsteht.<br />

Literaturangaben:<br />

[1] AG „Anwendung satellitengeodätischer Verfahren“<br />

bei der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>: Handbuch<br />

I „Auswertung von SAPOS ® -Messungen im<br />

Kataster“, Neuauflage von August 2004<br />

http://www.bezreg-koeln.nrw.de/html/organisation/abt3/dez33/03330201.html<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


2] AG „Anwendung satellitengeodätischer Verfahren“<br />

bei der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>: Handbuch<br />

II „Arbeitsabläufe bei Liegenschaftsvermessungen<br />

mit SAPOS ® “, Auflage von Februar 2005<br />

http://www.bezreg-koeln.nrw.de/html/organisation/abt3/dez33/03330202.html<br />

[3] AG „Anwendung satellitengeodätischer Verfahren“<br />

bei der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong>: Vorträge<br />

der AG im Rahmen der Informationsveranstaltung<br />

am 15.03.<strong>2006</strong> bei der <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

http://www.bezreg-koeln.nrw.de<br />

[4] Innenministerium NRW: Einführung des<br />

Europäischen Terrestrischen Referenzsystems 1989<br />

mit Universaler Transversaler Mercator Abbildung<br />

(ETRS89/UTM) als amtliches Bezugssystem für das<br />

Liegenschaftskataster in NRW – Einführungserlass<br />

ETRS89/UTM vom 09.08.2004<br />

http://www.lverma.nrw.de/aufgaben/entwicklung/et<br />

rs89/ALK_ETRS89.htm#<br />

[5] Innenministerium NRW: Gesetz über die Landesvermessung<br />

und das Liegenschaftskataster – Vermessungs-<br />

und Katastergesetz (VermKatG NRW)<br />

vom 01.03.2005, in Kraft getreten am 23.03.2005<br />

(GV.NRW.2005 S. 174, SGV.NRW.7134)<br />

1 Einleitung<br />

Katholische und evangelische Kirchengemeinden<br />

nehmen wie natürliche und andere juristische<br />

Personen am Rechtsverkehr teil und können<br />

insbesondere auch Eigentümer von<br />

Grundstücken sein. Für den Fall, dass im<br />

Grundbuch als Eigentümer eines Grundstücks<br />

eine Kirchengemeinde, ein kirchliches Institut<br />

oder andere kirchliche Körperschaften des<br />

öffentlichen Rechts eingetragen sind, stellt sich<br />

die Frage, wer im Grenztermin die zur Feststellung<br />

der Grundstücksgrenzen notwendigen<br />

Anerkennungserklärungen abgeben darf und<br />

wem die Abmarkung bekannt gegeben wird<br />

(§ 21 Abs. 2 VermKatG NRW).<br />

Das VermKatG NRW stellt dabei spezialgesetzlich<br />

in § 21 Abs. 1 VermKatG NRW auf<br />

[6] Innenministerium NRW: Richtlinien zum Einsatz<br />

von satellitengeodätischen Verfahren im Vermessungspunktfeld<br />

– GPS-Richtlinien in der Fassung<br />

vom 15.04.2003; Landesvermessungsamt<br />

NRW, Bonn<br />

http://www.lverma.nrw.de/produkte/druckschriften/verwaltungsvorschriften/images/gps/GPS_<br />

Richtlinien_23_09_05_text.pdf<br />

Bildnachweise:<br />

[Abb. 7, 9 (Montage)]: Leica Geosystems AG, (mit<br />

freundlicher Genehmigung vom 9. Januar <strong>2006</strong>);<br />

www.leica-geosystems.com<br />

[Abb. 8 (Montage), 10]: Trimble Navigation Limited,<br />

(mit freundlicher Genehmigung vom 29.<br />

Dezember 2005); www.trimble.com<br />

Wolfgang Kuttner<br />

Katja Nitzsche<br />

Peter Reifenrath<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

Zeughausstr. 10-12, 50606 <strong>Köln</strong><br />

E-Mail:<br />

wolfgang.kuttner@bezreg-koeln.nrw.de<br />

katja.nitzsche@bezreg-koeln.nrw.de<br />

peter.reifenrath@bezreg-koeln.nrw.de<br />

Zur Vertretung von Kirchengemeinden im Grenzfeststellungs- und<br />

Abmarkungsverfahren<br />

Von Markus Rembold<br />

einen materiellen Beteiligtenbegriff ab und<br />

legt nicht den (allgemeineren) formellen Beteiligtenbegriff<br />

nach § 13 VwVfG NRW zugrunde<br />

(Simmerding 2000, S. 43 ff; Landtag NRW<br />

1990, S. 31).<br />

Als Körperschaften des öffentlichen Rechts<br />

sind die Kirchen und ihre einzelnen Untergliederungen<br />

als solche nicht verfahrenshandlungsfähig,<br />

sondern werden durch besonders<br />

Beauftragte vertreten (organschaftliche Vertretung;<br />

Kopp/Ramsauer 2003, S. 204). Wer die<br />

unterschiedlichen kirchlichen Körperschaften<br />

vertreten darf, ergibt sich aus dem jeweils geltenden<br />

Kirchenrecht bzw. Staatskirchenrecht.<br />

Im folgenden werden für<br />

� die katholische Kirche und<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 51


� die Evangelische Kirche im Rheinland, die<br />

Evangelische Kirche von Westfalen sowie<br />

die Lippische Landeskirche<br />

im Landesgebiet von Nordrhein-Westfalen die<br />

im (Staats-)Kirchenrecht enthaltenen Vertretungs-,<br />

Form- und Genehmigungserfordernisse<br />

zur Abgabe wirksamer Verpflichtungserklärungen<br />

im Grenzfeststellungs- und Abmarkungsverfahren<br />

erörtert. Der Schwerpunkt<br />

liegt dabei auf der Darstellung der Vertretungsregelungen<br />

der Kirchengemeinden auf<br />

Ortskirchenebene. Eine Übersicht über die<br />

deutschlandweit bestehenden Vertretungsregelungen<br />

von Kirchengemeinden findet sich beispielsweise<br />

für die Evangelischen Landeskirchen<br />

bei (Scheffler, 1977) und für die<br />

katholische Kirche bei (Loggen, 1990) und<br />

(Busch, 1995).<br />

2 Verpflichtungserklärungen und<br />

Geschäfte der laufenden Verwaltung<br />

Die Vertretung von Kirchen ist auf der Ebene<br />

der Kirchengemeinden angelehnt an die bei<br />

den politischen Gemeinden und Gemeindeverbänden<br />

vorhandenen Regelungen, wie sie beispielsweise<br />

für Gemeinden in § 64 GO NRW<br />

und für Kreise in § 43 KrO NRW manifestiert<br />

sind. Unterschieden wird in der Regel zwischen<br />

Verpflichtungserklärungen bzw. rechtsverbindlichen<br />

Erklärungen einerseits und<br />

Geschäften der laufenden Verwaltung andererseits.<br />

Analog zu den politischen Gemeinden<br />

und Gemeindeverbänden stehen auch bei den<br />

Kirchengemeinden nur diejenigen Willenserklärungen<br />

unter dem Wirksamkeitsvorbehalt<br />

bestimmter Form- und Vertretungsvorschriften,<br />

die die Gemeinde „verpflichten“ bzw. die<br />

im Gesetz als „rechtsverbindliche Erklärungen“<br />

bezeichnet sind, wobei im Vergleich zu<br />

den politischen Gemeinden „verschärfte<br />

Sicherheitsvorkehrungen“ zum Schutz des<br />

Kirchenvermögens auffallen (Zilles/Kämper<br />

1994, S. 111).<br />

Verpflichtungserklärungen sind begrifflich<br />

alle abgegebenen Willenserklärungen im Rahmen<br />

des öffentlich-rechtlichen oder bürgerlich-rechtlichen<br />

Rechtsverkehrs, die eine<br />

rechtliche Verpflichtung der jeweiligen Kör-<br />

52<br />

perschaft zum Ziel haben und die nicht ausschließlich<br />

unmittelbare Rechtswirkungen<br />

erzeugen (Kirchhof 2004, Erl. zu § 43, S. 2).<br />

Als Erklärungen, durch welche die Gemeinde<br />

verpflichtet werden soll, sind Erklärungen<br />

anzusehen, die darauf abzielen, eine Verpflichtung<br />

einzugehen (Held et al. 2004, Erl.<br />

zu § 64, S. 1). Zu den Verpflichtungserklärungen<br />

zählt demnach das Eingehen von Verträgen<br />

jeder Art (Wenner 1954, S. 74; Fritz 1983,<br />

S. 128 ff), nicht aber dingliche Rechtsgeschäfte<br />

wie zum Beispiel die Auflassung von<br />

Grundstücken (Kirchhof 2004, Erl. zu § 43,<br />

Seite 2).<br />

Die gemäß § 21 Abs. 2 VermKatG NRW zur<br />

Feststellung von Grundstücksgrenzen notwendigen<br />

Anerkennungserklärungen sind regelmäßig<br />

als Verpflichtungserklärungen zu betrachten,<br />

da die Anerkennung des Ergebnisses<br />

der Grenzermittlung eine Willenserklärung der<br />

Betroffenen in der Art darstellt, dass der in der<br />

Grenzverhandlung ermittelte Grenzverlauf als<br />

so vereinbart anerkannt wird; die Willenserklärungen<br />

werden von der Vermessungsbehörde<br />

protokollmäßig festgehalten und münden in<br />

einen Grenzfeststellungsvertrag zwischen den<br />

Beteiligten (vgl. Urteil des OVG NRW vom<br />

12.02.1992 - 7 A 1910/89, besprochen in Mattiseck/Meier<br />

1993 und Mattiseck 1999). Die<br />

Verbindlichkeit der getroffenen Feststellung<br />

über den Grenzverlauf erfolgt durch Willensbildung<br />

der Betroffenen (vgl. Urteil des OVG<br />

NRW vom 06.02.1985 - 7A 3129/83). Was für<br />

den eigentlichen Grenzfeststellungsvertrag<br />

gilt, ist auch auf die Zustimmung zur Abmarkung<br />

(§ 20 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 6 VermKatG<br />

NRW) oder amtlichen Bestätigung (§ 20 Abs.<br />

1 Sätze 2 und 3 VermKatG NRW) von Grundstücksgrenzen<br />

anwendbar (Bengel/Simmerding<br />

2000, Seite 405 ff). Die Anerkennung der<br />

Abmarkung ist jeweils eine öffentlich-rechtliche<br />

Willenserklärung, gerichtet an die Vermessungsbehörde<br />

(Häde 1993, S. 308).<br />

Der von (Suckow, 1917, S. 49; 1930, S. 20)<br />

vertretenen Meinung, es handele sich bei der<br />

Grenzanerkennung nur dem Sprachgebrauch<br />

nach um die Übernahme einer Verpflichtung,<br />

ist nicht zuzustimmen. Auch wenn durch den<br />

Grenzfeststellungsvertrag jeder der Beteiligten<br />

lediglich das erhält, was ihm gebührt (Ben-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


gel/Simmerding 2000, S. 399), und demzufolge<br />

kein Eigentum übertragen wird, besteht die<br />

Verpflichtung gerade darin, bindendes Recht<br />

für den Grenzverlauf für die Zukunft zu schaffen<br />

(Bengel/Simmerding 2000, S. 405).<br />

Dass die zur Feststellung, Abmarkung oder<br />

amtlichen Bestätigung von Grundstücksgrenzen<br />

notwendigen Anerkennungserklärungen<br />

als rechtsverbindliche Erklärungen zu qualifizieren<br />

sind, ergibt sich unmittelbar aus den<br />

vorigen Ausführungen.<br />

Es darf angemerkt werden, dass für die bestehenden<br />

Formvorschriften zur Vertretung des<br />

Kirchenvermögens es letztendlich unerheblich<br />

ist, ob die Grenzfeststellung als privatrechtlicher<br />

Vertrag (vgl. o.g. Urteile des OVG NRW),<br />

als Vertrag bzw. Verfahren sui generis (Bengel/Simmerding<br />

2000, Seite 404; Mattiseck<br />

1999, Seite 78) oder als qualifizierter verfahrensrechtlicher<br />

Mitwirkungsakt in Form einer<br />

öffentlich-rechtlichen Erklärung (Zachert<br />

2005, Seite 192) anzusehen ist.<br />

Für Geschäfte der laufenden Verwaltung gelten<br />

die Formvorschriften, wie sie für Verpflichtungserklärungen<br />

bzw. als „rechtsverbindlich“<br />

bezeichnete Erklärungen bestehen, nicht; die<br />

Gemeinden werden insoweit durch eine formlose<br />

Erklärung des jeweiligen Organs verpflichtet.<br />

Der Begriff „Geschäfte der laufenden<br />

Verwaltung“ ist ein unbestimmter Rechtsbegriff,<br />

der in vollem Umfang von den Verwaltungsgerichten<br />

nachgeprüft werden kann (Held<br />

et al. 2004, Erl. zu § 41, S. 9). Geschäfte der<br />

laufenden Verwaltung sind solche, die mit<br />

gewisser Regelmäßigkeit wiederkehren, nicht<br />

von besonderer Bedeutung für die Gemeinde<br />

sind, und deren Erledigung nach feststehenden<br />

Grundsätzen und auf eingefahrenen Gleisen<br />

erfolgt; die Ausfüllung des Begriffs ist dabei<br />

von der Größe und dem Aufgabenbestand der<br />

Gemeinde abhängig. Dabei kommt es auch<br />

nicht auf die rechtliche oder tatsächliche<br />

Schwierigkeit der Angelegenheit an (Kirchhof<br />

et al. 2004, Erl. zu § 42, S. 2; Schilberg 2003,<br />

S. 63). Teilweise wird auch der Begriff des<br />

„einfachen Geschäftes der laufenden Verwaltung“<br />

verwendet (vgl. Art. 30 Abs. 2 KO<br />

EKiR). Das beigefügte Adjektiv „einfach“<br />

bedeutet hierbei keine Einengung des Bedeu-<br />

tungsinhaltes, sondern nur eine Umschreibung<br />

des Begriffs, die die Möglichkeit unschwieriger<br />

Erledigung als ein Merkmal betonen will<br />

(Eckhardt 1961, S. 84).<br />

Der Vorsitzende des jeweiligen Organs entscheidet<br />

nach pflichtgemäßem Ermessen, ob<br />

ein Rechtsgeschäft oder ein Verwaltungsvorgang<br />

zu einem Geschäft der laufenden Verwaltung<br />

gehört oder nicht (Loggen 1990, S. 348;<br />

Kirchhof 2004, Erl. zu § 42, S. 3). Dabei kann<br />

nur vom Standpunkt der innergemeindlichen<br />

Organisation aus beurteilt werden, ob ein<br />

Geschäft der laufenden Verwaltung vorliegt,<br />

keinesfalls aber aus der Sicht des jeweiligen<br />

Geschäftspartners der Gemeinde (Fritz 1983,<br />

Seite 149).<br />

3 Katholische Kirche<br />

Gesetzliche Grundlage für die kirchliche Vermögensverwaltung<br />

ist das Gesetz über die Verwaltung<br />

des katholischen Kirchenvermögens<br />

vom 24.07.1924, im folgenden als Vermögensverwaltungsgesetz,<br />

kurz VVG bezeichnet;<br />

das Vermögensverwaltungsgesetz gilt in Nordrhein-Westfalen<br />

als Landesrecht fort (§ 4 Nr. 6<br />

des Gesetzes zur Bereinigung des in Nordrhein-Westfalen<br />

geltenden preußischen Rechts<br />

vom 07.11.1961, GV. NRW. S. 325, siehe auch<br />

Loggen 1990, S. 136 ff). Da die rechtliche Ordnung<br />

der Vermögensverhältnisse zu den der<br />

Kirche eigenen Angelegenheiten gehört, fällt<br />

diese eigentlich unter das durch Art. 140 GG<br />

i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierte Selbstbestimmungsrecht<br />

der Kirchen. Das Vermögensverwaltungsgesetz,<br />

das historisch auf die<br />

preußische Kulturkampfgesetzgebung zurückzuführen<br />

ist und nunmehr gewohnheitsrechtliche<br />

Geltung erlangt hat, stellt kirchenrechtlich<br />

somit eine sogenannte lex canonizata, eine<br />

vom kirchlichen Recht übernommene Bestimmung<br />

staatlichen Rechts dar (Loggen 1990, S.<br />

140 ff, Bauschke 2003, Seite 18). Diese<br />

Rechtslage besteht kraft Gewohnheitsrechts<br />

auch im Bereich des ehemaligen Landes Lippe,<br />

das ursprünglich nicht zum Geltungsbereich<br />

des Vermögensverwaltungsgesetzes<br />

gehörte (Bauschke 2003, S. 34). Das Vermögensverwaltungsgesetz<br />

regelt in formeller<br />

Hinsicht die Vermögensverwaltung<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 53


� in den Einzelgemeinden (Kirchengemeinden,<br />

§§ 1 - 21 VVG),<br />

� in den Gemeindeverbänden (§§ 22 - 27<br />

VVG),<br />

� der Diözesen (§ 28 VVG).<br />

In Nordrhein-Westfalen bestehen dabei die<br />

Erzdiözesen Paderborn und <strong>Köln</strong>; das Erzbistum<br />

<strong>Köln</strong> umfasst dabei in Nordrhein-Westfalen<br />

die Diözesen Aachen, Essen und Münster.<br />

Die Diözesen und Erzbistümer sind wie die<br />

dazu gehörigen Kirchengemeinden und<br />

Gemeindeverbände jeweils Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts (Art. 140 GG i.V.m.<br />

Art. 137 Abs. 5 WRV und Art. 13 RK).<br />

3.1. Kirchengemeinde<br />

Nach § 1 Abs. 1 VVG verwaltet der Kirchenvorstand<br />

das Vermögen in der Kirchengemeinde;<br />

weiterhin vertritt er die Gemeinde und das<br />

Vermögen. Der Kirchenvorstand ist demnach<br />

das gesetzliche Organ der Kirchengemeinde,<br />

durch den sie sich – als juristische Person (Körperschaft<br />

öffentlichen Rechts nach staatlichem<br />

Recht) und öffentliche juristische Person des<br />

Kirchenrechts – in Vertragsangelegenheiten<br />

äußern und dessen sie sich bei der Verwaltung<br />

des örtlichen Vermögens bedienen muss (Emsbach<br />

2000, S. 121; Bauschke 2003, S. 29).<br />

Das in § 1 Abs. 1 VVG genannte „Vermögen in<br />

der Kirchengemeinde“ besteht im wesentlichen<br />

aus dem Vermögen der Kirchengemeinde<br />

als Körperschaft des öffentlichen Rechts<br />

(Bezeichnung im Grundbuch zum Beispiel<br />

„Pfarrgemeinde St. N. in N.“) sowie weiteren<br />

Vermögensmassen, den sogenannten kirchlichen<br />

Institute (Sondervermögen, Fonds), im<br />

Einzelnen<br />

� das Gotteshausvermögen (Bezeichnungen<br />

im Grundbuch: „Fabrikvermögen“, „Fabrikfonds“,<br />

„Kirchenstiftung“ etc.),<br />

� das Stellenvermögen (Bezeichnungen im<br />

Grundbuch: „Benefizium“, „Pfründenvermögen“,<br />

„Pfründenstiftung“, „Pfarrfonds“,<br />

„Vikariefonds“, „Küstereifonds“ etc.),<br />

� das Stiftungsvermögen.<br />

(Wenner 1954, S. 20 ff, Bauschke 2003, S. 29<br />

ff) Die einzelnen kirchlichen Institute sind<br />

nach kanonischem (kirchlichem) und gemei-<br />

54<br />

nem Recht selbständige Rechtsträger; so ist<br />

zum Beispiel das Gotteshausvermögen das<br />

Vermögen, das dem Kirchengebäude als rechtlich<br />

selbständiger Institution gehört (Bauschke<br />

2003, S. 29; zur sogenannten Institutentheorie<br />

siehe Wenner 1954, S. 27 ff).<br />

Die genannten kirchlichen Institute (Sondervermögen,<br />

Fonds) besitzen auch heute noch<br />

Rechtsfähigkeit, wenn sie diese vor Einführung<br />

des Preußischen Allgemeinen Landrechts<br />

besaßen. Dies ist von Bedeutung für<br />

deren Eintragung und Bezeichnung im Grundbuch.<br />

Eine Berichtigung der Eigentümerbezeichnung<br />

durch das Grundbuchamt dahingehend,<br />

dass anstelle der kirchlichen Institute die<br />

Kirchengemeinde als Eigentümerin eingetragen<br />

wird, führt dazu, dass das Grundbuch<br />

unrichtig wird (Beschluss des OLG Hamm 15<br />

W 462/65 vom 19.12.1967, enthalten in Althaus<br />

2004, S. 502 ff). Auch die Verwaltung<br />

und Vertretung der kirchlichen Institute fällt<br />

nach § 1 Abs. 2 VVG in die Zuständigkeit des<br />

Kirchenvorstands.<br />

Das Stellenvermögen nimmt unter den<br />

genannten kirchlichen Instituten eine gewisse<br />

Sonderstellung ein; es ist vergleichbar mit<br />

einem Nießbrauchrecht nach bürgerlichem<br />

Recht, das originär dem jeweiligen Pfarrer der<br />

Kirchengemeinde zusteht. Aus dem Nutzungsrecht<br />

des Pfarrers folgt für den Kirchenvorstand<br />

eine Einschränkung seiner Verwaltungsbefugnisse.<br />

Das Vermögensverwaltungsgesetz<br />

bestimmt in § 1 Abs. 3 ausdrücklich, dass die<br />

Rechte der Kirchendiener an den zu ihrer<br />

Besoldung bestimmten Vermögensstücken<br />

durch dass VVG nicht berührt werden (Emsbach<br />

2000, S. 65). Über das Stellenvermögen<br />

darf jedoch der Pfarrer selbst nicht verfügen,<br />

da nicht er, sondern die Pfründe an sich<br />

Eigentümerin des Vermögens ist (Bauschke<br />

2003, S. 30). Die Zuständigkeit zur rechtlichen<br />

Verfügung über das Stellenvermögen liegt wiederum<br />

beim Kirchenvorstand (Emsbach 2000,<br />

Seite 65).<br />

Die Willenserklärungen des Kirchenvorstands<br />

verpflichten die Gemeinde und die vertretenden<br />

Vermögensmassen nur dann, wenn sie der<br />

Vorsitzende (i.d.R. der Pfarrer, § 2 Abs. 1<br />

VVG) oder sein Stellvertreter sowie zwei Mit-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


glieder schriftlich unter Beidrückung des<br />

Amtssiegels abgeben (§ 14 Satz 2 VVG). Bei<br />

dem Amtssiegel handelt es sich um das Kirchenvorstandssiegel<br />

(Umschrift: Kath. Kirchenvorstand<br />

St. N. zu (in) N.) und nicht um<br />

das Siegel der Kirchengemeinde, etwa das<br />

Pfarrsiegel (Umschrift: Sigillum Ecclesiae ad<br />

s. N. in N. oder Katholische(s) Kirchengemeinde/Pfarramt<br />

St. N zu (in) N. o.ä.; siehe<br />

auch Emsbach 2000, S. 95; Bauschke 2003,<br />

S. 96; Althaus 2004, S. 460). Zudem wird in<br />

den Geschäftsanweisungen für die Verwaltung<br />

des Kirchenvermögens, die die bischöfliche<br />

Behörde aufgrund der Ermächtigung in § 21<br />

Abs. 1 VVG erlassen hat, nochmals ausdrücklich<br />

klargestellt, dass Willenserklärungen des<br />

Kirchenvorstandes vom Vorsitzenden oder seinem<br />

Stellvertreter und zwei Mitgliedern<br />

schriftlich unter Beidrückung des Kirchenvorstandssiegels<br />

abgegeben werden, so zum Beispiel<br />

Art. 9 der Geschäftsanweisung für die<br />

Verwaltung des Vermögens in den Kirchengemeinden<br />

und Gemeindeverbänden der Erzdiözese<br />

<strong>Köln</strong> (abgedruckt in Emsbach 2000,<br />

S. 146 ff; für das Erzbistum Paderborn siehe<br />

Bauschke 2003, S. 127 ff; Althaus 2004,<br />

S. 397 ff).<br />

(Loggen 1990, S. 347) führt dazu aus, dass in<br />

der täglichen Verwaltungspraxis nahezu alle<br />

Geschäfte rechtsverbindliche Verpflichtungen<br />

zum Gegenstand haben und dementsprechend<br />

der Form des § 14 Satz 2 VVG bedürfen. Das<br />

Vermögensverwaltungsgesetz kennt dabei<br />

nicht den Begriff des Geschäftes der laufenden<br />

Verwaltung, so dass die beschriebenen formalen<br />

Anforderungen für alle Verpflichtungserklärungen<br />

gelten, also auch für solche<br />

Erklärungen, die ansonsten als Geschäft der<br />

laufenden Verwaltung anzusehen sind.<br />

Die Regelung des § 14 Satz 2 VVG bezieht sich<br />

dabei auf alle Willenserklärungen, also nicht<br />

nur auf die Fälle, wo schon nach bürgerlichen<br />

Recht die Schriftform verlangt wird (Wenner<br />

1954, S. 73). Wenn die Kirchengemeinde eine<br />

Willenserklärung abzugeben hat, ist die Form<br />

auch dann zu beachten, wenn die Erklärung<br />

nicht schriftlich im eigentlich Sinne, sondern<br />

in öffentlich beurkundeter Form – wie der<br />

Grenzniederschrift – abgegeben wird (Wenner<br />

1954, S. 75).<br />

Falls eine solche Willenserklärung des Kirchenvorstands<br />

in der Form des § 14 Satz 2<br />

VVG vorliegt, ist damit nach außen hin unwiderlegbar<br />

festgestellt, dass sie ordnungsgemäß<br />

durch einen entsprechenden Beschluss des<br />

Kirchenvorstandes zustande gekommen ist<br />

(Wenner 1954, S. 73, vgl. § 14 Abs. 3 VVG).<br />

Für Willenserklärungen ist somit einerseits die<br />

Form des § 14 Satz 2 VVG erforderlich, andererseits<br />

aber auch ausreichend; der Pfarrer als<br />

Vorsitzender des Kirchenvorstandes ist demzufolge<br />

zunächst nicht befugt, die Gemeinde<br />

und ihr Vermögen alleine zu vertreten.<br />

Die genannten Form- und Zuständigkeitsvorschriften<br />

des § 14 Abs. 2 VVG gelten auch für<br />

die zur Abgabe von Verpflichtungserklärungen<br />

erteilten Vollmachten, weil ansonsten der<br />

Schutzzweck des § 14 Abs. 2 VVG unterlaufen<br />

würde (Marx 1974, S. 68; Fritz 1983, S. 145;<br />

Busch 1995, S. 963; vgl. für politische<br />

Gemeinden § 64 Abs. 3 GO NRW, § 43 Abs. 3<br />

KrO NRW); diese gelten somit uneingeschränkt<br />

auch für Vollmachten (Spezial- oder<br />

Gattungsvollmacht), mit denen eine natürliche<br />

Person (im Einzelfall oder dauernd) bevollmächtigt<br />

wird, die Kirchengemeinde als Körperschaft<br />

öffentlichen Rechts oder die kirchlichen<br />

Institute im Grenztermin zu vertreten und<br />

die zur Feststellung, Abmarkung oder amtlichen<br />

Bestätigung der Grundstücksgrenzen<br />

notwendigen Anerkennungserklärungen abzugeben<br />

(vgl. § 21 Abs. 2 VermKatG NRW).<br />

Die Erteilung einer Gattungsvollmacht bedarf<br />

zu ihrer Rechtsgültigkeit zudem der Genehmigung<br />

der Erzbischöflichen Behörde (Generalvikariat),<br />

vgl. zum Beispiel Art. 7 Nr. 1 lit. n<br />

der Geschäftsanweisung für die Verwaltung<br />

des Vermögens in den Kirchengemeinden und<br />

Gemeindeverbänden des Erzbistums Paderborn<br />

(Bauschke 2003, S. 127 ff; Althaus 2004,<br />

S. 397 ff; siehe auch Bekanntmachung vom<br />

02.03.2003 zur Ausführung des Gesetzes über<br />

die Verwaltung des katholischen Kirchenvermögens<br />

vom 24.07.1924, GV. NRW. S. 215).<br />

Die vom Kirchenvorstand ohne Genehmigung<br />

durch die Bischöfliche Behörde getroffenen<br />

Beschlüsse verpflichten die Kirchengemeinde<br />

nicht und sind auch dann unwirksam, wenn der<br />

andere Teil, gegenüber dem der Bevollmächtigte<br />

Erklärungen abgegeben hat, von der<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 55


Beschränkung der Vertretungsmacht keine<br />

Kenntnis hatte (Wenner 1954, Seite 110 ff).<br />

Eine Spezialvollmacht ist gegenüber dem Verhandlungsleiter<br />

durch eine Vollmachtsurkunde<br />

in der Form des § 14 Satz 2 VVG nachzuweisen.<br />

Aus dieser hat hervorzugehen, dass die<br />

natürliche Person unter Bezugnahme auf den<br />

entsprechenden Kirchenvorstandsbeschluss<br />

bevollmächtigt ist, die Kirchengemeinde im<br />

Grenztermin zu vertreten und rechtsverbindliche<br />

Erklärungen zur Feststellung, Abmarkung<br />

oder amtlichen Bestätigung der betreffenden<br />

Grundstücksgrenzen abzugeben. Für den Fall<br />

einer Gattungsvollmacht ist zusätzlich die<br />

Genehmigung der Bischöflichen Behörde<br />

nachzuweisen.<br />

Es sei an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich<br />

darauf hingewiesen, dass der Pfarrer aufgrund<br />

seiner Eigenschaft als Vorsitzender des<br />

Kirchenvorstandes oder seiner Amtsstellung<br />

als Leiter der Kirchengemeinde nicht befugt<br />

ist, das ortskirchliche Vermögen alleine, d.h.<br />

ohne entsprechende Vollmacht, zu vertreten.<br />

3.2. Gemeindeverband<br />

Gemäß § 22 Abs. 1 VVG können Kirchengemeinden<br />

zu einem Gemeindeverband zusammengeschlossen<br />

werden, der ganz oder teilweise<br />

die Erfüllung gemeinsamer örtlicher<br />

Aufgaben sowie die Versorgung der Gemeinden<br />

mit äußeren kirchlichen Einrichtungen und<br />

mit Mitteln zur Erfüllung ihrer gesetzlichen<br />

Leistungen übernehmen kann (§ 24 VVG). Der<br />

Gemeindeverband ist wie die Kirchengemeinde<br />

eine Körperschaft öffentlichen Rechts und<br />

kann als juristische Person genau wie diese am<br />

Rechtsverkehr teilnehmen, insbesondere auch<br />

Eigentümer von Grundstücken sein (Emsbach<br />

2000, S. 125). Die Angelegenheiten des Verbandes<br />

werden nach § 25 Abs. 1 VVG von der<br />

Verbandsvertretung wahrgenommen. Diese<br />

kann nach § 26 VVG einen Verbandsausschuss<br />

bestellen, der den Verband vertritt und das Vermögen<br />

nach Maßgabe der Beschlüsse der Verbandsvertretung<br />

verwaltet. Für die Gemeindeverbände<br />

sind die Regelungen des<br />

Vermögensverwaltungsgesetzes – insbesondere<br />

auch §§ 13, 14 VVG – maßgebend (§ 27<br />

VVG). Damit gelten bei der Abgabe von Wil-<br />

56<br />

lenserklärungen für die Gemeindeverbände die<br />

gleichen Vorschriften wie für die Kirchenvorstände<br />

in den Kirchengemeinden (siehe<br />

Abschnitt 3.1). An die Stelle des Vorsitzenden<br />

des Kirchenvorstandes tritt der Vorsitzende der<br />

Verbandsvertretung, der auch gleichzeitig Vorsitzender<br />

des Verbandsausschusses ist.<br />

3.3. Diözese<br />

Die Bistümer, die Bischöflichen Stühle und die<br />

Domkapitel sind jeweils als Körperschaften<br />

des öffentlichen Rechts anerkannt (Busch<br />

1995, S. 960 mit weiteren Nachweisen), vgl.<br />

auch § 28 VVG und Art. 13 RK. Während das<br />

Bistum eine kirchliche Gebietskörperschaft<br />

ist, die von einem mit eigenberechtigter oberhirtlicher<br />

Gewalt ausgestatteten Bischof geleitet<br />

wird, dürfte der Bischöfliche Stuhl – in<br />

Abgrenzung zum persönlichen Vermögen der<br />

Bischöfe – als das Bischöfliche Verwaltungsvermögen<br />

zu kennzeichnen sein (Wenner<br />

1940, S. 252; Marx 1974, S. 62). Für die Vertretung<br />

der Bistümer, Bischöflichen Stühle und<br />

Domkapitel sind die Formvorschriften des § 14<br />

VVG nicht einschlägig (§ 28 Abs. 1 VVG). Die<br />

Bistümer und die Bischöflichen Stühle werden<br />

vielmehr vertreten durch den jeweiligen Diözesanbischof<br />

oder seinen Stellvertreter, den<br />

Generalvikar, die Domkapitel durch den ersten<br />

Dignitär des Kapitels (Dompropst oder Domdekan,<br />

im Einzelnen Marx 1974, S. 57; Bauer/Oefele<br />

1999, S. 658).<br />

4 Evangelische Landeskirchen<br />

Als Evangelische Landeskirchen bestehen in<br />

Nordrhein-Westfalen die Evangelische Kirche<br />

im Rheinland, die Evangelische Kirche von<br />

Westfalen und die Lippische Landeskirche.<br />

Die Evangelische Kirche im Rheinland umfasst<br />

dabei gebietsmäßig im wesentlichen die<br />

Regierungsbezirke Düsseldorf und <strong>Köln</strong>, die<br />

Evangelische Kirche von Westfalen die Regierungsbezirke<br />

Arnsberg, Detmold und Münster<br />

mit Ausnahme des Kreises Lippe.<br />

Im Gegensatz zu der durch das Vermögensverwaltungsgesetz<br />

staatskirchenrechtlich geprägten<br />

Vermögensverwaltung der katholischen<br />

Kirche sind die Regelungen der Evangelischen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Landeskirchen überwiegend kirchenrechtlicher<br />

Natur. Kirchenrecht ist vom Staat unabhängiges,<br />

eigenständiges und eigengeartetes<br />

Recht, das der deutsche Staat aufgrund des<br />

kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (Art.<br />

140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV) innerhalb<br />

der Schranken der für alle geltenden Gesetze<br />

im weltlichen Bereich anerkennt (Schilberg<br />

2003, S. 5). Gesetzliche Grundlage sind die<br />

entsprechenden Kirchenordnungen, im Einzelnen<br />

� die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche<br />

im Rheinland vom 10.01.2003, zuletzt<br />

geändert durch Kirchengesetz vom<br />

14.01.2005 (im folgenden mit KO EKiR<br />

bezeichnet),<br />

� die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche<br />

von Westfalen in der Fassung der<br />

Bekanntmachung vom 14.01.1999, zuletzt<br />

geändert durch Kirchengesetz vom<br />

14.11.2002 (im folgenden mit KO EKvW<br />

bezeichnet),<br />

� die Verfassung der Lippischen Landeskirche<br />

vom 17.02.1931 in der Fassung des Kirchengesetzes<br />

vom 23.11.1998, zuletzt<br />

geändert durch Kirchengesetz vom<br />

23.11.2004 (im folgenden mit KV LK<br />

bezeichnet).<br />

Die Evangelische Kirche im Rheinland und die<br />

Evangelische Kirche von Westfalen gliedern<br />

sich in Kirchengemeinden, Kirchenverbände<br />

sowie Kirchenkreise, die nach Art. 140 GG<br />

i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV jeweils – ebenso<br />

wie die Landeskirchen – Körperschaften des<br />

öffentlichen Rechts darstellen (vgl. auch Art. 3<br />

Abs. 3 KO EKiR, Art. 4 KO EKvW). Die Lippische<br />

Landeskirche gliedert sich in Kirchengemeinden<br />

und Klassen. Die Kirchengemeinden<br />

sind – ebenso wie die Lippische Landeskirche<br />

– Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5<br />

WRV, vgl. auch Art. 5 KV LK). Lediglich die<br />

Klassen sind keine Körperschaften des öffentlichen<br />

Rechts, sondern kirchenrechtliche Körperschaften<br />

sui generis (Schilberg 2003, S. 70).<br />

Das kirchliche Grundvermögen ist die<br />

Gesamtheit aller Sachen, Rechte und Verbindlichkeiten<br />

einer kirchlichen Körperschaft und<br />

im allgemeinen zweckbestimmt gegliedert in<br />

Kirchenvermögen, Pfarr- und sonstige Zweck-<br />

vermögen (zum Beispiel Diakonie-, Krankenhaus-,<br />

Stiftungs- und Friedhofsvermögen), so<br />

zum Beispiel § 14 Abs. 1 VwO EKvW. Das<br />

kirchliche Vermögensrecht war vor Inkrafttreten<br />

des Preußischen Allgemeinen Landrechts<br />

auch im evangelischen Bereich anstaltlich<br />

geordnet und auf der Trägerschaft einzelner<br />

Institute aufgebaut, die selbständige juristische<br />

Personen bildeten (Marx 1974, S. 59). Der<br />

Übergang dieser Anstalten in die Kirchengemeinde<br />

vollzog sich im Laufe der Zeit kraft<br />

Gewohnheitsrechts; diese Kirchenvermögen<br />

werden jetzt nur noch als durch Zweckbestimmung<br />

gebundene Teile eines Vermögens angesehen<br />

(Meyer 1995, S. 923 ff) und im allgemeinen<br />

auf den Namen der kirchlichen Körperschaft<br />

unter der Bezeichnung der Zweckbestimmung<br />

im Grundbuch eingetragen, vgl.<br />

auch § 16 Abs. 1 VwO EKvW.<br />

4.1. Evangelische Kirche im Rheinland<br />

Die Kirchengemeinde wird vom Presbyterium<br />

geleitet, insbesondere vertritt es die Gemeinde<br />

im Rechtsverkehr und ist verantwortlich für<br />

die ordnungsgemäße Verwaltung der Kirchengemeinde<br />

(Art. 15 KO EKiR). Zudem wird in<br />

Art. 30 Abs. 1 KO EKiR geregelt, dass die oder<br />

der Vorsitzende des Presbyteriums gemeinsam<br />

mit einem weiteren Mitglied des Presbyteriums<br />

rechtsverbindlich für die Kirchengemeinde<br />

zeichnet. Urkunden und Vollmachten sind<br />

zusätzlich zu siegeln. Für einfache Geschäfte<br />

der laufenden Verwaltung gelten die eben<br />

genannten Formvorschriften nicht, vgl. Art. 30<br />

Abs. 2 KO EKiR.<br />

Die Kirchenordnung der Evangelischen Kirche<br />

im Rheinland differenziert somit zwischen<br />

rechtsverbindlichen Erklärungen und einfachen<br />

Geschäften der laufenden Verwaltung,<br />

denen unterschiedliche Formerfordernisse zugewiesen<br />

werden. Wie schon in Abschnitt 2<br />

näher ausgeführt, kann demnach nur das Presbyterium<br />

vom gemeindeinternen Stand der<br />

Vermögensverwaltung beurteilen, ob die zur<br />

Feststellung, Abmarkung oder amtlichen<br />

Bestätigung abzugebenden Anerkennungserklärungen<br />

als einfache Geschäfte der laufenden<br />

Verwaltung zu qualifizieren sind oder<br />

nicht. In diesem Zusammenhang kommt der<br />

oder dem Vorsitzenden des Presbyteriums eine<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 57


esondere Bedeutung zu, da sie oder er die<br />

Verantwortung für die ordnungsgemäße Verwaltung<br />

der Kirchengemeinde trägt (Art. 28<br />

Abs. 2 KO EKiR).<br />

Die Kirchenkreise der Evangelischen Kirche<br />

im Rheinland werden durch den jeweiligen<br />

Kreissynodalvorstand im Rechtsverkehr vertreten<br />

(Art. 114 Abs. 2 lit. d KO EKiR). Die<br />

Superintendentin oder der Superintendent als<br />

Vorsitzender des Kreissynodalvorstandes (Art.<br />

120 Abs. 1 lit. b KO EKiR) zeichnet gemeinsam<br />

mit einem weiteren Mitglied des Kreissynodalvorstandes<br />

rechtsverbindlich für den Kirchenkreis.<br />

Urkunden und Vollmachten sind<br />

zusätzlich zu siegeln (Art. 119 Abs. 1 KO<br />

EKiR). Für einfache Geschäfte der laufenden<br />

Verwaltung gelten die eben genannten Formerfordernisse<br />

nicht (Art. 119 Abs. 2 KO<br />

EKiR).<br />

Die Evangelische Kirche im Rheinland als<br />

Körperschaft öffentlichen Rechts wird durch<br />

die Kirchenleitung als Präsidium der Landessynode<br />

im Rechtsverkehr vertreten (Art. 148<br />

Abs. 3 lit. j KO EKiR). Rechtsverbindlich<br />

zeichnen zwei Mitglieder der Kirchenleitung<br />

(Art. 151 Abs. 1 KO EKiR) bzw. die oder der<br />

nach der Geschäftsordnung des Landeskirchenamtes<br />

zuständige Dezernentin oder<br />

Dezernent oder die oder der im Rahmen der<br />

Delegation Beauftragte (Art. 162 Abs. 1 KO<br />

EKiR). Urkunden und Vollmachten sind<br />

zusätzlich zu siegeln. Für einfache Geschäfte<br />

der laufenden Verwaltung gelten die Formerfordernisse<br />

der Art. 151 Abs. 1, 162 Abs. 1 KO<br />

EKiR nicht.<br />

4.2. Evangelische Kirche von Westfalen<br />

Die Kirchengemeinde wird vom Presbyterium<br />

geleitet (Art. 55 Abs. 1 KO EKvW), es leitet<br />

und verwaltet die Kirchengemeinde (Art. 56<br />

lit. i KO EKvW), insbesondere verwaltet es<br />

das Vermögen der Kirchengemeinde und vertritt<br />

die Kirchengemeinde im Rechtsverkehr<br />

(Art. 57 lit. q, r KO EKvW). Für die Abgabe<br />

von Erklärungen im Grenztermin ist Art. 70<br />

Abs. 2 KO EKvW maßgebend. Demzufolge<br />

sind Urkunden, durch die für die Kirchengemeinde<br />

rechtsverbindliche Erklärungen abgegeben<br />

werden, sowie Vollmachten von der oder<br />

dem Vorsitzenden und zwei gewählten Mit-<br />

58<br />

gliedern des Presbyteriums zu unterzeichnen<br />

und mit dem Siegel der Kirchengemeinde zu<br />

versehen. Dadurch wird Dritten gegenüber die<br />

Gesetzmäßigkeit der Beschlussfassung festgestellt<br />

(Art. 70 Abs. 2 Satz 2 KO EKvW).<br />

Die zuvor genannten Formerfordernisse entsprechen<br />

den im Abschnitt 4.1 angeführten<br />

Regelungen der Evangelischen Kirche im<br />

Rheinland, lediglich die Anzahl der mitzeichnenden<br />

gewählten Mitglieder des Presbyteriums<br />

ist unterschiedlich. Für den Fall, dass die<br />

Erklärungen vom Presbyterium als Geschäfte<br />

der laufenden Verwaltung angesehen werden,<br />

gelten die zuvor genannten Formerfordernisse<br />

des Art. 70 Abs. 2 Sätze 1 und 2 nicht, vgl. Art.<br />

70 Abs. 2 Satz 3 KO EKvW. Es genügt dann,<br />

wenn die Erklärungen von der oder dem Vorsitzenden<br />

des Presbyteriums abgegeben werden;<br />

eine Bevollmächtigung einer natürlichen<br />

Person ist dann mittels einfacher Vollmacht,<br />

also ohne besondere Formerfordernisse möglich.<br />

Zudem kann in eiligen Fällen, in denen<br />

die Einberufung des Presbyteriums nicht möglich<br />

ist, die oder der Vorsitzende einstweilen<br />

das Erforderliche veranlassen (Art. 71 Abs. 3<br />

KO EKvW). Dies ist dem Presbyterium in der<br />

nächsten Sitzung zur Genehmigung vorzulegen.<br />

Die Kirchenkreise der Evangelischen Kirche<br />

von Westfalen werden durch den jeweiligen<br />

Kreissynodalvorstand vertreten (Art. 106 Abs.<br />

2 lit. h KO EKvW). Die Formvorschriften entsprechen<br />

im wesentlichen denen der Evangelischen<br />

Kirche im Rheinland (vgl. Abschnitt<br />

4.1), im einzelnen Art. 111 KO EKvW.<br />

Die Evangelische Kirche von Westfalen als<br />

Körperschaft öffentlichen Rechts wird durch<br />

die Kirchenleitung als Präsidium der Landessynode<br />

im Rechtsverkehr vertreten (Art. 142<br />

Abs. 2 lit. o KO EKvW). Die Formerfordernisse<br />

entsprechen denen der Evangelischen<br />

Kirche im Rheinland (vgl. Abschnitt 4.1), im<br />

einzelnen Art. 145 KO EKvW.<br />

4.3. Lippische Landeskirche<br />

In der Lippischen Landeskirche liegt die Leitung<br />

und Verwaltung der Kirchengemeinde<br />

beim Kirchenvorstand (Art. 36 Abs. 1 KV LK),<br />

er vertritt die Kirchengemeinde im Rechtsver-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


kehr (Art. 51 Abs. 1 KV LK). Für die Vertretung<br />

einer Kirchengemeinde im Grenztermin<br />

ist Art. 51 Abs. 3 KV LK maßgebend: Demnach<br />

sind Urkunden über Rechtsgeschäfte,<br />

durch die die Kirchengemeinde gegenüber<br />

Dritten verpflichtet wird, sowie Vollmachten<br />

von der oder dem Vorsitzenden und zwei weiteren<br />

Mitgliedern des Kirchenvorstandes zu<br />

unterzeichnen und mit dem Dienstsiegel des<br />

Kirchenvorstandes zu versehen; darüber hinaus<br />

bedürfen Urkunden und Vollmachten der<br />

Bestätigung durch das Landeskirchenamt. Der<br />

Kirchenvorstand ist berechtigt, durch eine<br />

gemäß Art. 51 Abs. 3 KV LK ausgefertigte<br />

Vollmacht mit der Vollziehung von Rechtsgeschäften<br />

eins oder mehrere seiner Mitglieder<br />

zu beauftragen (Art. 51 Abs. 4 KV LK). Die<br />

Lippische Landeskirche wird durch den Landeskirchenrat<br />

vertreten, vgl. im einzelnen Art.<br />

109 KV LK.<br />

5 Rechtsfolgen<br />

Die Tragweite der beschriebenen Form- und<br />

Zuständigkeitsvorschriften wird insbesondere<br />

bei Rechtsverstößen erkennbar; die Konsequenzen<br />

für einen Grenzfeststellungsvertrag<br />

sollen im folgenden kurz beschrieben werden.<br />

Dabei rechtfertigen der Schutzzweck der auch<br />

im Bereich der kirchlichen Vermögensverwaltung<br />

geltenden formgebundenen Vertretungsregelungen<br />

und die Gleichheit der Interessenlage<br />

die Anwendung der für den Kommunalbereich<br />

entwickelten Rechtsgrundsätze<br />

(Busch 1995, S. 964). Zu unterscheiden sind in<br />

diesem Zusammenhang (Zilles/Kämper 1994,<br />

S. 113 ff):<br />

1. Verstöße gegen gesetzlich normierte Vertretungsregelungen,<br />

bei denen entweder<br />

gänzlich unzuständige Personen oder aber<br />

an sich – zumindest auch – zuständige Einzelpersonen<br />

oder Personenmehrheiten unter<br />

Umgehung der organschaftlichen Kompetenz<br />

in verpflichtender Weise rechtsgeschäftlich<br />

tätig werden,<br />

2. Verstöße gegen gesetzliche Formvorschriften,<br />

bei denen beispielsweise Erklärungen<br />

unter Verstoß gegen Schriftform- oder<br />

Unterschriftserfordernisse sowie ohne<br />

Beifügung des erforderlichen Siegels abgegeben<br />

werden,<br />

3. Verstöße gegen Genehmigungsvorbehalte,<br />

bei denen übersehen wird, dass bestimmte<br />

Rechtsgeschäfte einer kirchenaufsichtlichen<br />

Genehmigung bedürfen.<br />

Bei Verstößen gegen gesetzlich normierte Vertretungsregelungen<br />

(Vertretungsmangel) richtet<br />

sich die Rechtsverbindlichkeit nach § 177<br />

BGB (Fritz 1983, S. 179 ff; Zilles/Kämper<br />

1994, S. 114), ein Grenzfeststellungsvertrag<br />

ist demzufolge zunächst schwebend unwirksam.<br />

Vertretungsunzuständiges Handeln der<br />

Organwalter kann durch die Genehmigung der<br />

vertretenen Kirchengemeinde geheilt werden<br />

(§ 184 Abs. 1 BGB); die Genehmigung bedarf<br />

zu ihrer Wirksamkeit ebenfalls der Einhaltung<br />

der jeweiligen Form- und Zuständigkeitsvorschriften<br />

(Busch 1995, S. 964).<br />

Demgegenüber hat der Verstoß gegen eine<br />

gesetzliche Formvorschrift nach § 125 Satz 1<br />

BGB in jedem Fall die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts<br />

zur Folge (Fritz 1983, S. 176 ff; Zilles/Kämper<br />

1994, S. 115); Verstöße gegen<br />

gesetzliche Formvorschriften sind das Fehlen<br />

der Schriftlichkeit, der handschriftlichen<br />

Unterzeichnung oder des Siegels.<br />

Eine weitere Wirksamkeitsvoraussetzung für<br />

rechtsverbindliche Erklärungen der ortskirchlichen<br />

Vertretungsorgane ist die kirchenaufsichtliche<br />

Genehmigung; beispielsweise<br />

bedarf in der katholischen Kirche eine Gattungsvollmacht,<br />

mit der eine natürliche Person<br />

grundsätzlich – also unabhängig vom Einzelfall<br />

– bevollmächtigt wird, die Kirchengemeinde<br />

und ihr Vermögen im Grenztermin zu<br />

vertreten und rechtverbindliche Erklärungen<br />

zur Feststellung, Abmarkung und amtlichen<br />

Bestätigung von Grundstücksgrenzen abzugeben,<br />

der Genehmigung der Erzbischöflichen<br />

Behörde (vgl. Abschnitt 3.1). Auch soweit sie<br />

auf kirchlichen Vorschriften beruhen (vgl. beispielsweise<br />

die Bestätigung von Vollmachten<br />

und Urkunden durch das Landeskirchenamt<br />

der Lippischen Landeskirche in Art. 51 Abs. 3<br />

KV LK), sind die Genehmigungsvorbehalte<br />

auch im säkularen Rechtsverkehr wirksam; sie<br />

beinhalten ein gesetzliches Verbot im Sinne<br />

des § 134 BGB, welches die Vertretungsmacht<br />

der Organwalter nachgeordneter Rechtsträger<br />

einschränkt (Busch 1995, S. 966 ff); gleichwohl<br />

wird aber nach dem Zweck der Regelun-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 59


gen nicht die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB<br />

ausgelöst (Zilles/Kämper 1994, S. 113). Vielmehr<br />

sind die abgebebenen Willenserklärungen<br />

wie beim Handeln eines vollmachtlosen<br />

Vertreters zunächst schwebend unwirksam bis<br />

zum Zeitpunkt der nachträglichen Erteilung<br />

oder Versagung der aufsichtlichen Genehmigung.<br />

Dagegen ist beim Vorliegen einer bezüglich<br />

Vertretungsmacht, Form und ggf. Genehmigungsvorbehalt<br />

ordnungsgemäß vorliegenden<br />

Verpflichtungserklärung nicht zu hinterfragen,<br />

ob es im Vorfeld überhaupt zu einem wirksamen<br />

Presbyteriums- oder Kirchenvorstandsbeschluss<br />

gekommen ist. Liegt eine ordnungsgemäße<br />

Verpflichtungserklärung vor, so ist<br />

nach außen gegenüber Dritten die Ordnungsbzw.<br />

Gesetzmäßigkeit der Beschlussfassung<br />

unwiderleglich festgestellt, siehe explizit § 14<br />

Satz 3 VVG, § 70 Abs. 2 Satz 2 KO EKvW.<br />

6 Zusammenfassung<br />

Katholische und evangelische Kirchengemeinden<br />

werden bei der Teilnahme am Rechtsverkehr<br />

durch ihre gesetzlichen Organe oder im<br />

Wege der Vollmacht durch einzelne Organmitglieder<br />

oder auch Dritte vertreten (Zilles/<br />

Kämper 1994, S. 115). Dabei setzt die Abgabe<br />

wirksamer Verpflichtungserklärungen die Einhaltung<br />

bestimmter Vertretungs-, Form- und<br />

Genehmigungserfordernisse voraus, wobei ein<br />

Verstoß gegen eine oder mehrere dieser Voraussetzungen<br />

in der Regel die Unwirksamkeit<br />

der Erklärung zur Folge hat. Für den Fall der<br />

Grenzfeststellung führt dies im Regelfall zu<br />

Grenzen, die katasterrechtlich als nicht festgestellte<br />

Grenzen zu werten sind, da aufgrund<br />

unwirksamer Willenserklärungen im Grenztermin<br />

die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19<br />

Abs. 1 VermKatG NRW nicht erfüllt sind.<br />

Das Liegenschaftskataster wird in Nordrhein-<br />

Westfalen wie auch in den anderen Bundesländern<br />

mit hohen vermessungstechnischen<br />

und rechtlichen Standards geführt, um seiner<br />

in § 11 VermKatG NRW manifestierten<br />

Zweckbestimmung gerecht zu werden. Dazu<br />

zählt auch, dass die Grenzniederschrift als<br />

öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 ZPO<br />

(Simmerding 2000, S. 145) besonders in Streit-<br />

60<br />

und Zweifelsfällen als überzeugendes Beweismittel<br />

herangezogenen werden kann (Mattiseck<br />

1999, S. 79). Dies kann bei der Beteiligung<br />

von Kirchengemeinden bzw. deren Vermögensmassen<br />

nur dann erfüllt sein, wenn die<br />

zur Feststellung, Abmarkung und amtlichen<br />

Bestätigung abgegebenen Erklärungen unter<br />

Beachtung der beschriebenen Vertretungs-,<br />

Form- und ggf. Genehmigungserfordernisse<br />

wirksam erklärt werden.<br />

Literaturangaben<br />

Althaus, Rüdiger: Sammlung des Rechts im Erzbistum<br />

Paderborn Bonifatius, 2. Auflage, Paderborn<br />

2004<br />

Bauer, Hans-Joachim/Oefele, Helmut von:<br />

Grundbuchordnung, Kommentar Verlag Franz Vahlen,<br />

München 1999<br />

Bauschke, Karl: Der Kirchenvorstand im Erzbistum<br />

Paderborn; Bonifatius, 2. Auflage, Paderborn<br />

2003<br />

Bengel, Manfred/Simmerding, Franz: Grundbuch,<br />

Grundstück, Grenze. Handbuch zur Grundbuchordnung<br />

unter Berücksichtigung katasterrechtlicher<br />

Fragen Luchterhand Verlag, Neuwied/<br />

Kriftel/Berlin 2000<br />

Busch, Wolfgang: Die Vermögensverwaltung und<br />

das Stiftungsrecht im Bereich der katholischen Kirche<br />

in: Handbuch des Staatskirchenrechts der Bundesrepublik<br />

Deutschland, Hrsg. Joseph Listl und<br />

Dietrich Pirson Duncker & Humblot, 2. Auflage,<br />

Berlin 1995<br />

Eckardt, Ulrich: Privatrechtsgeschäftliche Außenvertretung<br />

der deutschen Gemeinden. Zugleich ein<br />

Beitrag zum allgemeinen Organisationsrecht Dissertation,<br />

Münster 1961<br />

Emsbach, Heribert: Rechte und Pflichten des Kirchenvorstandes<br />

J. P. Bachem, 8. Auflage, <strong>Köln</strong> 2000<br />

Fritz, Christoph: Vertrauensschutz im Privatrechtsverkehr<br />

mit Gemeinden – Insbesondere<br />

zum Vertrauensschutz bei Nichtbeachtung der<br />

gemeinderechtlichen Sondervorschriften für Verpflichtungserklärungen<br />

Duncker & Humblot, Berlin<br />

1983<br />

Häde, Ulrich: Rechtsfragen der Grenzabmarkung<br />

Zeitschrift für Vermessungswesen 7/1993, S. 305-<br />

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: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 61


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11.08.1919 (RGBl. S. 1383), „Weimarer Reichsverfassung“<br />

1 Einleitung<br />

Das Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen<br />

(LVermA NRW) kalibriert seit Dezember<br />

2000 die geodätischen GPS-Antennen der<br />

nordrhein-westfälischen SAPOS ® -Referenzstationen.<br />

Das Ziel der Kalibrierung besteht<br />

darin, genaue Kenntnisse über die elektrischen<br />

Empfangseigenschaften einer GPS-Antenne<br />

zu erhalten, damit unterschiedliche Antennentypen<br />

und Fabrikate gleichzeitig eingesetzt<br />

werden können, ohne dass es bei den SAPOS ® -<br />

Nutzungen zu Qualitätsverlusten kommt<br />

(www.saposnrw.de). Der vorliegende Beitrag<br />

gibt eine Einführung in die Thematik der GPS-<br />

Antennenkalibrierung am praktischen Beispiel<br />

des Kalibrierstandortes LVermA NRW in Bonn<br />

(Spata 2001). Danach wird über die bisher<br />

gewonnenen Erfahrungen aus rund 120 Einzelkalibrierungen<br />

mit dem Vergleich relativer<br />

und absoluter Antennenparameter sowie mit<br />

dem Vergleich individueller und typspezifischer<br />

Parameter ausführlich berichtet.<br />

2 GPS-Antennenparametermodell<br />

Zur eindeutigen Zuordnung von Kalibrierparametern<br />

müssen der Antennenreferenzpunkt<br />

(ARP) und die Nordorientierung der GPS-<br />

Antenne definiert sein. Der ARP ist definiert<br />

als Durchstoßpunkt der vertikalen Symmetrieachse<br />

der Zentriervorrichtung durch die dazu<br />

senkrecht stehende horizontale Antennenreferenzebene.<br />

Der virtuelle ARP liegt stets auf der<br />

Unterseite des Antennengehäuses und wird im<br />

englischen mit „bottom of antenna mount“<br />

62<br />

Markus Rembold<br />

Kreisverwaltung Ennepe-Ruhr-Kreis<br />

Hauptstr. 92<br />

58332 Schwelm<br />

E-Mail: m.rembold@en-kreis.de<br />

GPS-Antennenkalibrierungen beim Landesvermessungsamt NRW<br />

– Konzept und erste Erfahrungen<br />

Von Manfred Spata, Bernhard Galitzki, Klaus Strauch und Heidrun Zacharias<br />

bezeichnet (http://www.lverma.nrw.de/produkte/raumbezug/SAPOS/antennenphasen/im<br />

ages/antgraph.txt).<br />

Vom ARP aus werden sowohl die Exzentrizität<br />

zur Vermarkung des Vermessungspunktes<br />

(Zentrierelemente nach Lage und Höhe) als<br />

auch die Antennenparameter bestimmt<br />

(Abb. 1). Nicht bei allen GPS-Antennen ist<br />

eine Nordmarkierung werkseitig angebracht.<br />

Vor der Kalibrierung wird in solchen Fällen<br />

Norden auf der Antenne durch das LVermA<br />

NRW gekennzeichnet.<br />

Abb. 1: Geometrische Definition des Antennenreferenzpunktes<br />

(ARP) und des elektrischen<br />

Phasenzentrums (PZ)<br />

Das mechanische Phasenzentrum ist in der<br />

Regel ein dünnes Stück Metall, das als Messelement<br />

(engl.: Patch) bezeichnet wird<br />

(Abb. 2). Für Zweifrequenz-Messungen muss<br />

die Antenne sowohl L1- als auch L2-Satellitenträgerphasen<br />

empfangen können. Um einen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


optimalen Empfang zu gewährleisten, weist<br />

das Messelement für jede GPS-Frequenz andere<br />

Abmessungen auf.<br />

Abb. 2: Auseinandergebaute Spectra-Precision-<br />

Choke-Ring-Antenne (Foto: Strauch)<br />

Das elektrische Phasenzentrum (PZ) der GPS-<br />

Antenne befindet sich im Idealfall im Mittelpunkt<br />

des Messelementes, dem mechanischen<br />

Zentrum der Antenne. In der Praxis ist das<br />

effektive elektrische Phasenzentrum der Antenne<br />

jedoch kein konstanter Punkt, sondern<br />

unterliegt kleinen Variationen. Diese Variation<br />

ist eine Funktion des aktuellen Azimuts und<br />

der Elevation des verfolgten Satelliten. Die<br />

Variation zwischen diesen elektrischen Antennenphasenzentren<br />

beschreibt die Form eines<br />

Fehlerellipsoids (Görres 2001, Krantz et al.<br />

2001).<br />

Zur Beschreibung der Variationen werden zwei<br />

Typen von Korrektionsparametern unterschieden:<br />

Der konstante Antennenphasenoffset<br />

(engl.: Phase Center Offset, PCO) sowie<br />

Antennenphasenvariationen (engl.: Phase Center<br />

Variations, PCV), die aus elevations- oder<br />

elevations- und azimutabhängigen Termen<br />

bestehen können (Abb. 3). Die Bestimmung<br />

von Antennenphasenoffsets und Antennenphasenvariationen<br />

sind voneinander abhängig und<br />

dürfen nur als konsistenter Datensatz gemeinsam<br />

zur Korrektion verwendet werden.<br />

Der Antennenphasenoffset (PCO) beschreibt<br />

in seinen drei Komponenten die Exzentrizität<br />

nach Lage (Nord, Ost) und Höhe in einem<br />

antennenfesten Bezugssystem zwischen dem<br />

Antennenreferenzpunkt (ARP) und elektrischen<br />

Antennenphasenzentrum (PZ).<br />

Abb. 3: Definition der Antennenphasenoffsets (PCO)<br />

und der Antennenphasenvariationen (PCV)<br />

(Campbell et al. 2004)<br />

Die Antennenphasenvariationen (PCV) beschreiben<br />

die azimut- und elevationsabhängigen<br />

Abweichungen (d�) der realen von der<br />

idealen Phasenfront im antennenfesten Bezugssystem.<br />

Die Phasenfehler dF werden in<br />

einem Raster über alle Elevationen W und alle<br />

Azimute W bestimmt. Die Antennenparameter<br />

sind getrennt für beide GPS-Observablen L1<br />

und L2 zu ermitteln. Die Ergänzung einer<br />

GPS-Antenne um eine Grundplatte oder eine<br />

Wetterschutzhaube (Radom) beeinflusst das<br />

elektrische Antennenphasenzentrum und erfordert<br />

somit eine eigenständige Kalibrierung<br />

(Görres 2001, Menge 2003, Becker et al.<br />

<strong>2006</strong>).<br />

3 Bezugsniveau und Datenformate<br />

Relatives Niveau<br />

Die Antennenparameter einer relativen Kalibrierung<br />

beziehen sich auf eine Referenzantenne,<br />

hier konkret auf die allseits anerkannte<br />

US-amerikanische Referenzantenne Dorne-<br />

Margoline-Choke-Ring-Antenne, deren Lage-<br />

Offset-Werte und PCV-Werte zu Null gesetzt<br />

sind; lediglich Höhen-Offset-Werte von 110<br />

mm für L1 und 128 mm für L2 sind berücksichtigt.<br />

Auch die vom International GPS Service<br />

for Geodynamics (IGS) veröffentlichten<br />

Antennenparameter in Form von Typmitteln<br />

beziehen sich auf diese Referenzantenne (Görres<br />

2001, Wanninger 2002).<br />

Absolutes Niveau<br />

Die Antennenparameter einer absoluten Kalibrierung<br />

beziehen sich auf die zu kalibrieren-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 63


de Antenne selbst (i.d.R. auf den ARP), also<br />

nicht auf eine Referenzantenne (Menge 2003,<br />

Wübbena 2003a, Campbell et al. 2004, Becker<br />

et al. <strong>2006</strong>).<br />

AdV-Nullantenne<br />

Die Nullantenne bezeichnet eine quasi fehlerfreie<br />

GPS-Antenne. Werden die Messdaten<br />

einer Antenne um die in einer Kalibrierung<br />

bestimmten Einflüsse der PCO und PCV korrigiert,<br />

kann diese Fehlerfreiheit praktisch<br />

erreicht werden. Eine Nullantenne ist nur auswertetechnisch<br />

realisierbar, konstruktiv ist<br />

eine Nullantenne nicht möglich (Schmitz et al.<br />

2005). Die Antennenbezeichnung „ADVNUL-<br />

LANTENNA“ zeigt an, dass die gemessenen<br />

Satellitendaten um die absoluten Antennenparameter<br />

korrigiert sind und dass sich die Beobachtungen<br />

auf den Antennenreferenzpunkt<br />

ARP beziehen. Im SAPOS ® -HEPS wird zur<br />

Kennzeichnung dieses Bezugs in der RTCM-<br />

V2.3-Botschaft 23 der String „ADVNUL-<br />

LANTENNA“ verschickt (AdV SAPOS ® -<br />

Techkom, 8. Sitzung 2002; AdV-SAPOS ® -<br />

Flyer 2004).<br />

Datenformate<br />

Antennen-Kalibrierdaten gibt es in firmenspezifischen<br />

und firmenunabhängigen Formaten.<br />

Von SAPOS ® werden die firmenunabhängigen<br />

Formate IGS und ANTEX (engl.: Antenna<br />

64<br />

Abb. 4: Antennenparameter im IGS-Format (Auszug)<br />

Exchange) verwendet. Das IGS-Format<br />

(Abb. 4) berücksichtigt für die Frequenzen L1<br />

und L2 neben den PCO nur elevationsabhängige<br />

PCV in 5 Grad Schritten, theoretisch ab<br />

Null Grad Elevation, praktisch ab 10 Grad; es<br />

werden jedoch keine azimutabhängigen Terme<br />

berücksichtigt. Der internationale Dienst IGS<br />

veröffentlicht seit 1996 typspezifische Kalibrierergebnisse<br />

(Typmittel) verschiedener<br />

Nutzergruppen unter ftp://igscb.jpl.nasa.gov/<br />

pub/station/general/igs_01.pcv. Die Typmittel<br />

werden aus mehreren individuellen Kalibrierergebnissen<br />

baugleicher Antennen berechnet.<br />

Auch das NGS (National Geodetic Survey,<br />

U.S.A.) stellt im Internet typspezifische Kalibrierdaten<br />

im IGS-Format unter http://<br />

www.ngs.noaa.gov/ANTCAL/ frei zur Verfügung.<br />

GPS-Antennen werden nach den<br />

Namenskonventionen des IGS bezeichnet. Die<br />

Bezeichnungen sind im Internet unter<br />

http://www.epncb.oma.be/ftp/station/general/rcvr_ant.tab<br />

aufgelistet. Im SAPOS ® -<br />

Dienst werden diese Bezeichnungen ebenfalls<br />

verwendet.<br />

Um dem Wunsch von Wissenschaft und Praxis<br />

nachzukommen, eine detaillierte Beschreibung<br />

einer kalibrierten Antenne zu erhalten,<br />

wurde auf dem IGS-Symposium im März 2004<br />

in Bern ein neues Antennenparameterformat,<br />

das ANTEX-Format (Abb. 5), propagiert.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


(ftp://igscb.jpl.nasa.gov/pub/station/general/a<br />

ntex13.txt) Das neue Datenformat beinhaltet<br />

zusätzlich zum IGS-Format u.a. folgende<br />

Informationen:<br />

� Bezugsniveau,<br />

� individuelle Antennenangaben,<br />

� Kalibrierverfahren,<br />

� Kommentarzeilen,<br />

� azimutale Korrektionswerte in 5-Grad-<br />

Schritten.<br />

Hinsichtlich der Antennen-Nordrichtung<br />

besteht auch im neuen ANTEX-Format nur die<br />

Möglichkeit, diese als Kommentar zu erfassen,<br />

ohne eine wünschenswerte Abbildung.<br />

Das ANTEX-Datenformat für relative und<br />

absolute Kalibrierergebnisse sollte ab 2004 das<br />

bisherige offizielle IGS-Format ablösen. Die<br />

Einführung der Absolutparameter stieß jedoch<br />

bei den IGS-Beteiligten auf erhebliche logistische<br />

Schwierigkeiten, so dass in Bern noch<br />

kein konkreter Einführungszeitpunkt benannt<br />

worden ist (Rothacher und Schmid 2002,<br />

Schmid et al. 2004). Der Umstieg vom relativen<br />

auf das absolute Niveau soll innerhalb des<br />

IGS zeitgleich mit dem Umstieg auf das neue<br />

System ITRF2005 nun im Mai <strong>2006</strong> stattfinden.<br />

Bereits auf seiner Sitzung am 16./17.06.2004<br />

in Schwerin fasste der AdV-Arbeitskreis Geodätischer<br />

Raumbezug folgenden Beschluss:<br />

Abb. 5: Antennenparameter im Format ANTEX (Auszug)<br />

1. Der Arbeitskreis beschließt die Nutzung des<br />

Formates ANTEX zur Verwaltung der<br />

Antennenkorrektionsparameter.<br />

2. Die von den Ländern bei der Zentralen Stelle<br />

SAPOS ® vorliegenden Kalibrierwerte<br />

werden in das Format ANTEX gewandelt<br />

und von den Ländern gepflegt.<br />

Bei allen GPS-Auswertungen ist darauf zu<br />

achten, dass konsistente Kalibrierformate benutzt<br />

werden.<br />

4 Verfahren zur Kalibrierung von<br />

GPS-Antennen<br />

Zur Kalibrierung von GPS-Antennen gibt es<br />

folgende Messmethoden:<br />

� Absolute Kalibrierung in einer Messkammer,<br />

� Absolute Kalibrierung im Feldverfahren,<br />

� Relative Kalibrierung im Feldverfahren.<br />

Im folgenden werden die absolute und relative<br />

Feldkalibrierung näher behandelt, hingegen<br />

wird die absolute Kammerkalibrierung hier<br />

nicht erörtert.<br />

Die absolute Feldkalibrierung hat den<br />

großen Vorteil, das die Ergebnisse unabhängig<br />

von einer Referenzantenne (Mutterantenne)<br />

sind. Die Parameter aus einer Absolutkalibrie-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 65


ung sind nahezu frei von Mehrwegeeffekten<br />

und reichen bis zum Nullhorizont (Menge<br />

2003, Wübbena et al. 2003a, Campbell et al.<br />

2004, Becker et al. <strong>2006</strong>). Dazu muss die zu<br />

prüfende Antenne (Prüfling) in Azimut und<br />

Elevation auf einem Roboterarm gedreht werden<br />

(Abb. 6).<br />

Abb. 6: Roboterarm der Firma Geo++ ®<br />

(Foto: Geo++ ®<br />

)<br />

Das absolute Feldkalibrierverfahren wurde<br />

von der Firma Geo++ ® (www.geopp.de) in Zusammenarbeit<br />

mit dem Institut für Erdmessung<br />

(IfE) der Universität Hannover entwickelt. Das<br />

automatisierte Echtzeitverfahren setzt auf<br />

Epochendifferenz-Beobachtungen auf (Menge<br />

2003, Wübbena et al. 2003a).<br />

Beim Verfahren der relativen Feldkalibrierung<br />

werden stets in Bezug auf die bekannten<br />

Parameter der Mutterantenne die Antennenphasenoffsets<br />

(PCO) und Antennenphasenvariationen<br />

(PCV) des Prüflings bestimmt<br />

(Abb. 7) (Görres 2001, Wanninger 2002, Menge<br />

2003, Becker et al. <strong>2006</strong>). Seit Dezember<br />

2000 wird das Verfahren der relativen Feldkalibrierung<br />

beim Landesvermessungsamt NRW<br />

praktiziert. Die Eignung des Kalibrierstandortes<br />

wurde vorab vom Ingenieurbüro Wanninger<br />

untersucht. Eine erneute Untersuchung fand<br />

im Januar 2005 statt. Auf dem Flachdach des<br />

66<br />

Abb. 7: Prinzipieller Messaufbau der relativen<br />

Feldkalibrierung (nach Menge 2003)<br />

LVermA-Gebäudes ist eine rund vier Meter<br />

lange Messeinrichtung (Stahlschiene) fest<br />

montiert (Abb. 8). Auf dem einen Ende ist sie<br />

mit der Antenne vom Typ Trimble (TRM<br />

29659.00 TCWD) der SAPOS ® -Station RS<br />

0576 Bonn als Referenzantenne besetzt, auf<br />

dem anderen Ende der Schiene befindet sich<br />

die zu kalibrierende Antenne.<br />

Abb. 8: Messeinrichtung zur relativen Feldkalibrierung<br />

auf dem Flachdach des LVermA NRW, links die<br />

Referenzantenne (Mutterantenne), rechts der Prüfling<br />

(Foto: Galitzki)<br />

Um höchste Genauigkeiten für das Kalibrierergebnis<br />

zu erreichen, wurde der Höhenunterschied<br />

zwischen den beiden Antennenreferenzpunkten<br />

(ARP) vorab nivellitisch im<br />

Submillimeterbereich bestimmt (Abb.7). Die<br />

Kalibriermessungen werden über einen langen<br />

Beobachtungszeitraum von mehreren Tagen<br />

aufgezeichnet. Die Bestimmung von azimutabhängigen<br />

Phasenvariationen ist wegen des<br />

bekannten Nordlochs der GPS-Satellitenkonfiguration<br />

erst bei Messung in mindestens zwei<br />

Ausrichtungen des Prüflings sinnvoll. Die<br />

SAPOS ® -Referenzstationsantennen werden<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


über einen Zeitraum von 4 x 24 Stunden kalibriert,<br />

wobei der Prüfling in seiner horizontalen<br />

Lage alle 24 Stunden um 90 Grad gedreht<br />

wird. Mit dieser Vorgehensweise sind die<br />

Lagekomponenten Nord und Ost des PCO-<br />

Vektors absolut bestimmbar, d.h. unabhängig<br />

von der Mutterantenne; sie sind nahezu frei<br />

von Mehrwegeeffekten. Dagegen werden die<br />

Höhenkomponenten des PCO und die PCV-<br />

Werte immer nur relativ bestimmt; sie beziehen<br />

sich auf die Mutterantenne. Nachteilig am<br />

relativen Feldverfahren ist der Einfluss der<br />

lokalen Mehrwegeeffekte und die nicht mögliche<br />

Ermittlung der horizontnahen Parameteranteile<br />

(Görres 2001, Schmitz et al. 2001,<br />

Wanninger 2002, Menge 2003, Becker et al.<br />

<strong>2006</strong>).<br />

Alle GPS-Antennen der SAPOS ® -Referenzstationen<br />

werden gemäß GPS-Richtlinien<br />

NRW Nr. 2.3.3 (3) individuell kalibriert und in<br />

der SAPOS ® -Vernetzung NRW verwendet.<br />

5 Auswertestrategie des LVermA NRW<br />

mit WaSoft/Kalib<br />

Laut AdV-Beschluß 10/3 vom 13.11.2002 sind<br />

die auf den SAPOS ® -Referenzstationen eingesetzten<br />

GPS-Antennen hinsichtlich elevationsund<br />

azimutabhängiger Phasenzentrumsvariationen<br />

für den Elevationsbereich 5 bis 90 Grad<br />

und den Azimutbereich 0 bis 360 Grad mit<br />

einer formalen Unsicherheit (RMS über den<br />

gesamten Winkelbereich) von ≤1 mm in L1<br />

und ≤1,5 mm in L2 zu kalibrieren.<br />

Die Auswertung der relativen Feldkalibrierung<br />

geschieht mit dem Programmsystem WaSoft/<br />

Kalib des Ingenieurbüros Wanninger. Das Programm<br />

unterstützt unterschiedliche Arten von<br />

Antennenkalibrierungen im relativen Feldverfahren.<br />

Die einsetzbaren Mess- und Auswerteverfahren<br />

unterscheiden sich im Beobachtungsaufbau,<br />

in der Wahl der gewünschten<br />

Korrektionsparameter und im Ausgabeformat<br />

(www.wasoft.de, Wanninger 2002).<br />

Die Kalibrierauswertung mit WaSoft/Kalib<br />

besteht aus zwei Teilschritten:<br />

1. Basislinienauswertung und<br />

2. Berechnung der Antennenkorrektionswerte.<br />

Das Kalibrierergebnis umfasst Korrektionswerte<br />

für das mittlere Antennenphasenzentrum<br />

(PCO) und Korrektionen für Phasenzentrumsvariationen<br />

(PCV). Für die SAPOS ® -Referenzstationsantennen<br />

wird der Berechnungsansatz<br />

„unbekannte Basislinie“ gewählt.<br />

Zwingende Voraussetzung für diesen Rechenansatz<br />

ist die Antennenrotation des Prüflings,<br />

da nur so eine präzise Bestimmung der Lage<br />

seines Phasenzentrums möglich ist. Die Beobachtungsdaten<br />

werden im 60-Sekundentakt<br />

aufgezeichnet. Aufgrund der kurzen Basislinie<br />

von ca. 4 m zwischen Mutterantenne und Prüfling<br />

können die Mehrdeutigkeiten einfach<br />

gelöst werden. Das Ergebnis ist praktisch frei<br />

von ionosphärischen und troposphärischen<br />

Fehlern.<br />

Mit Bezug auf das bekannte Phasenzentrum<br />

der Mutterantenne werden die Parameter des<br />

Prüflings bestimmt. Es werden zunächst die<br />

PCO-Werte ermittelt und danach die PCV-<br />

Werte über Kugelfunktionsentwicklungen<br />

modelliert. Die Wahl der Korrektionsparameter<br />

für die Mutterantenne bestimmt das Niveau<br />

der Antennenkorrektionen des Prüflings im<br />

Sinne einer Relativkalibrierung oder einer<br />

Absolutkalibrierung. Da für die Mutterantenne<br />

Parameter auf dem relativen und absoluten<br />

Niveau vorliegen, können mit den Beobachtungen<br />

aus dem relativen Feldverfahren beim<br />

Landesvermessungsamt NRW Parameter auf<br />

beiden Niveaus bestimmt werden. Für die beim<br />

LVermA NRW kalibrierten GPS-Antennen<br />

beziehen sich<br />

� die Kalibrierergebnisse auf relativem<br />

Niveau auf die Werte der Mutterantenne<br />

Trimble (TRM29659.00 TCWD<br />

Nr. 022011 7349), die vom Geodätischen<br />

Institut der Universität Bonn GIUB 1999<br />

bestimmt wurden,<br />

� die Kalibrierergebnisse auf absolutem Niveau<br />

auf die Werte derselben Mutterantenne<br />

Trimble, die von der Firma Geo++ ® 2002<br />

bestimmt wurden.<br />

Desweiteren liegen für die Mutterantenne und<br />

für den Prüfling die Kalibrierparameter Parameter<br />

in den Formaten IGS und ANTEX vor.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 67


Im SAPOS ® -Dienst werden absolute und relative<br />

Parameter verwendet.<br />

� Bei SAPOS ® -HEPS werden Antennenparameter<br />

aus der Absolutkalibrierung in die<br />

RTCM-Korrekturdaten der SAPOS ® -Referenzstationen<br />

vor dem Versenden eingerechnet<br />

und mit der Botschaft „ADVNUL-<br />

LANTENNA“ ausgesandt. Ist die Nullantenne<br />

in der Rover-Firmware implementiert,<br />

braucht der Nutzer keine Kenntnis<br />

vom Bezugsniveau der verwendeten Antennenparameter<br />

der SAPOS ® -Referenzstationsantennen<br />

zu haben, sondern kann dafür<br />

immer die „ADVNULLANTENNA“ wählen.<br />

� Die RINEX-Daten des SAPOS ® -GPPS<br />

sind nicht auf diese Weise vorab korrigiert,<br />

sondern stellen unveränderte Rohdaten mit<br />

Bezug zum elektrischen Phasenzentrum<br />

dar. Im Postprocessing ist nun dafür Sorge<br />

zu tragen, dass bei allen weiteren Berechnungen<br />

ein einheitliches (absolutes oder<br />

relatives) Niveau verwendet wird (Görres<br />

2001, Dick 2002, Becker et al. <strong>2006</strong>). Für<br />

die Postprocessing-Anwendungen GPPS<br />

werden in NRW individuelle Kalibrierungen<br />

auf IGS-Niveau (relatives Niveau) für<br />

SAPOS ® -Stationsantennen unter (http://<br />

www.lverma.nrw.de/produkte/raumbezug/SAPOS/antennenphasen/images/SAP<br />

OS_Ref-Ant_NRW.txt) zum Download<br />

bereitgestellt. Auch Typmittel für eine Auswahl<br />

von GPS-Antennen bietet das Landesvermessungsamt<br />

NRW seit April <strong>2006</strong><br />

zusätzlich im Internet an.<br />

Damit in Postprocessing-Anwendungen (z.B.<br />

mit den Programmen ViGO und WaSoft/Virtuell)<br />

auch die individuellen Korrektionswerte<br />

den SAPOS ® -Stationsantennen in NRW zugeordnet<br />

werden können, wird das IGS-Format<br />

vom LVerma NRW leicht modifiziert. An Stelle<br />

der gebräuchlichen Herstellerbezeichnung<br />

(Vendor) verwendet das LVermA NRW die<br />

Seriennummer der Antenne. Auf Anfrage sind<br />

für die SAPOS ® -Antennen auch Kalibrierwerte<br />

auf absolutem Niveau im ANTEX-Format<br />

erhältlich.<br />

68<br />

6 Vergleich verschiedener Kalibrierergebnisse<br />

Beim Vergleich von Kalibrierergebnissen dienen<br />

alle Datenformate nur zur Darstellung der<br />

PCO- und PCV-Werte (mit Elevation oder Elevation<br />

und Azimut). Problematisch bleibt der<br />

Vergleich von Kalibrierergebnissen verschiedener<br />

Quellen. Ursache dafür sind folgende<br />

Einflüsse:<br />

� Örtliche Kalibriersituation (z.B. Mehrwegeeffekte,<br />

Antennenträger),<br />

� Bezeichnung der Antenne (eindeutige Feststellung<br />

des Typs, Seriennummer),<br />

� Definition des ARP und der Nordausrichtung<br />

der GPS-Antenne,<br />

� Kalibrieraufbau (z.B. mit und ohne<br />

Radom),<br />

� Kalibrierverfahren (relative Feldkalibrierung,<br />

absolute Feldkalibrierung, Messkammer),<br />

� Messverfahren (z.B. 4 x 24 Stunden mit<br />

Rotation des Prüflings),<br />

� Auswerteprogramm,<br />

� Parametermodell (z.B. mit oder ohne PCV-<br />

Werte).<br />

Daraus folgt, dass ein Vergleich von Kalibrierergebnissen<br />

aus verschieden Quellen nur mit<br />

genauer Kenntnis des Kalibrieransatzes und<br />

mit geeigneter Software (z.B. CCANT, Wanninger<br />

2004), statthaft ist. PCO-Werte dürfen<br />

hier nie für sich alleine betrachtet werden, da<br />

sie immer im Zusammenhang mit den PCV-<br />

Werten stehen. Die Auswirkung der Korrektionswerte<br />

für die Observablen L1 und L2 auf<br />

die ionosphärenfreie Linearkomibination L0<br />

sind erheblich (Wübbena et al. 2003a, Menge<br />

2003, Becker et al. <strong>2006</strong>).<br />

Alle nachfolgenden Vergleichsrechnungen<br />

wurden mit dem Programm CCANT des Ingenieurbüros<br />

Wanninger durchgeführt. Das Programm<br />

ermöglicht die differenzierte Betrachtung<br />

von verschiedenen GPS- Antennenkorrektionen,<br />

u.a.:<br />

� Umwandlung von Datenformaten,<br />

� Wechsel zwischen Relativ-Niveau und Absolut-Niveau,<br />

� Vergleich von Einzelkalibrierergebnissen,<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


� Zusammenfassung von Einzelkalibrierergebnissen<br />

zu Typmitteln einer Baugruppe.<br />

In den nachfolgenden Tabellen werden folgende<br />

CCANT-Begriffe verwendet (Wanninger<br />

2004):<br />

� dy (Nord), dx (Ost), dh (Höhe) = Differenzen<br />

des individuellen PCO zum mittleren<br />

PCO (Typmittel).<br />

� PCV-RMS = Standardabweichung einer<br />

einzelnen Antenne, berechnet über alle<br />

PCV-Werte aus den Differenzen zwischen<br />

mittlerem (Typmittel) und individuellem<br />

Datensatz.<br />

� RMS_diff = quadratisches Mittel über alle<br />

Differenz-PCV-Werte. Dieser Wert ist für<br />

die Beurteilung zweier Datensätze ausschlaggebend:<br />

Standardabweichungen für<br />

L1 und L2 um einen Millimeter deuten auf<br />

eine gute Übereinstimmung hin.<br />

� max_diff = maximaler Wert aller Differenz-<br />

PCV-Werte.<br />

Die Differenzbildung in CCANT geschieht<br />

folgendermaßen:<br />

� die PCV-Werte werden über den Elevationsbereich<br />

von 5 bis 90 Grad betrachtet,<br />

� für beide Datensätze werden die PCO in die<br />

PCV hineingerechnet (die PCO betragen<br />

dann für Nord, Ost und Höhe Null, wobei<br />

sich die Gesamtkorrekturwirkung aber<br />

nicht ändert),<br />

� es werden die Differenzen der PCV berechnet,<br />

� aus diesen Differenzen werden neue PCO<br />

geschätzt und die Differenz-PCV entsprechend<br />

angepasst.<br />

7 Ergebnisvergleich aus verschiedenen<br />

Kalibriereinrichtungen<br />

7.1 Tabelle 1a und 1b: Ergebnisvergleich<br />

individueller Antennenkalibrierungen<br />

aus verschiedenen Kalibriereinrichtungen<br />

In einem ersten Vergleich werden für vier<br />

Antennen vom Typ Trimble-Zephyr-Geodetic<br />

(TRM41249.00 NONE) (Abb. 9) die Kalibrierergebnisse<br />

des LVermA NRW und der Firma<br />

Geo++ ® gegenübergestellt. Die Tabellen zei-<br />

gen die Differenzen der Kalibrierungsergebnisse<br />

dieser vier Antennen zwischen Geo++ ®<br />

(Roboter 4. Quartal 2004) und LVermA NRW<br />

(Messeinrichtung 4. Quartal 2004). Trotz<br />

unterschiedlicher Kalibriermethoden, Kalibrierorte<br />

und Auswerteprogramme stimmen<br />

die PCO und PCV dieser vier Trimble-Zephyr-<br />

Geodetic-Antennen gut überein. Die Tab. 1a<br />

zeigt Differenzen zwischen Kalibrierungen auf<br />

absolutem Niveau, wobei die Kalibrierungen<br />

des LvermA mit einer Mutterantenne vorgenommen<br />

wurden, die durch Geo++ ® absolut<br />

kalibriert wurde. Die Tab. 1b enthält Differenzen<br />

zwischen Kalibrierungen auf relativem<br />

Niveau, wobei die Mutterantenne des LVermA<br />

durch das Geodätische Institut der Universität<br />

Bonn kalibriert wurde.<br />

Die Differenzen der Lageoffsets (dy, dx) liegen<br />

für L1 und L2 im Submillimeterbereich. Die<br />

Differenzen der Höhenoffsets (dh) liegen unter<br />

1,6 mm, lediglich die Antenne #948 weist für<br />

die L1-Frequenz eine ungeklärte Differenz von<br />

-2,3 mm auf. Für die Beurteilung der Übereinstimmung<br />

der PCV ist der Wert RMS_diff ausschlaggebend.<br />

Die Standardabweichungen für<br />

L1 und L2 streuen nur im Submillimeterbereich<br />

und bedeuten eine gute Übereinstimmung.<br />

7.2 Tabelle 1c:Vergleich von Typmitteln aus<br />

verschiedenen Kalibriereinrichtungen<br />

Um eine Aussage zur Übereinstimmung der<br />

Kalibrierwerte des NGS mit denen des Landesvermessungsamtes<br />

NRW machen zu können,<br />

wurden beispielhaft die Typmittel von<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen (Abb. 9)<br />

verglichen. In Tabelle 1c liegen die Differenzen<br />

der Lageoffsets (dy, dx) für L1 und L2 im<br />

Submillimeterbereich. Die Differenzen der<br />

Höhenoffsets (dh) betragen für L1 weniger als<br />

1 Millimeter, lediglich für L2 erhöht 3 Millimeter.<br />

Berechnet man eine ionosphärenfreie<br />

Linearkombination L0, wirken sich diese Differenzen<br />

in der Höhenkomponente mit etwa<br />

6 mm aus.<br />

Ein Vergleich der Typmittel von Trimble-Choke-Ring-Antennen<br />

ist nicht möglich, da bei<br />

den Kalibrierungen des NGS eine andere Wetterschutzhaube<br />

(Radom) verwendet wurde<br />

sowie Nordrichtung und ARP nicht beschrie-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 69


70<br />

Tab. 1a: Differenzen individueller Kalibrierungen von vier Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen (TRM41249.00 NONE)<br />

auf absolutem Niveau<br />

Tab. 1b: Differenzen individueller Kalibrierungen von vier Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen (TRM41249.00 NONE)<br />

auf relativem Niveau<br />

Tab. 1c: Differenzen der Typmittel des LVermA NRW und<br />

des NGS der Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne<br />

(TRM41249.00 NONE), 18 Antennen LVermA NRW und<br />

4 Antennen NGS auf relativem Niveau<br />

Abb. 9: Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen<br />

(TRM41249.00 NONE)<br />

(Foto: Galitzki)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


en sind. Deshalb sind Typmittel des NGS von<br />

den SAPOS ® -Betreibern für die Referenzstationsantennen<br />

nicht zu verwenden.<br />

8 Ergebnisvergleich individueller und<br />

typspezifischer Antennenparameter<br />

Zur Überprüfung der Produktgleichheit innerhalb<br />

der Fertigungstoleranz von GPS-Antennen<br />

wurden mit dem Programm CCANT Typmittel<br />

gerechnet. Bei der Berechnung des<br />

Typmittels werden individuelle Kalibrierdatensätze<br />

von baugleichen Antennen zu einem<br />

Kalibrierdatensatz zusammengefasst. Nach<br />

einer gemeinsamen Neuberechnung der PCOund<br />

PCV-Werte für jeden einzelnen Datensatz<br />

und einer Mittelbildung aller Datensätze werden<br />

hier die Differenzen zwischen mittlerem<br />

Datensatz (Typmittel) und den einzelnen Datensätzen<br />

ausgegeben. Die Darstellung erfolgt<br />

getrennt für L1 und L2 und besteht jeweils aus<br />

den PCO-Werten für Nord/Ost/Höhe und der<br />

Standardabweichung PCV-RMS.<br />

8.1 Tabelle 2a: Typmittelberechnung aus 6<br />

Spectra-Precision-Choke-Ring-Antennen<br />

(SPP571908273 SPKE)<br />

Bisherige Erfahrungen der IGS-Beteiligten<br />

haben gezeigt, dass die Parameterwerte zwischen<br />

einer Individualkalibrierung und einem<br />

Typmittel (z.B. von IGS oder NGS) bis zu<br />

wenigen Zentimetern differieren können.<br />

Tab. 2a: Typmittel aus 6 Spectra-Precision-Choke-Ring-<br />

Antennen (SPP571908273 SPKE), Feldkalibrierung<br />

beim LVermA NRW auf relativem Niveau; gegenläufige<br />

Lageoffsets sind farbig hinterlegt (in der Internetversion)<br />

Offenbar gibt es auch Antennentypen mit Bauuntergruppen,<br />

deren PCV-Werte um 180 Grad<br />

gedreht sind, was auf entsprechende Änderungen<br />

im elektrischen bzw. mechanischen Aufbau<br />

der Antennen einer Typreihe hindeutet<br />

(Schmid et al. 2004). In der ersten Ausbaustufe<br />

von SAPOS ® -NRW wurden u.a. sechs Spectra-Precision-Choke-Ring-Antennen<br />

(Abb. 2,<br />

10a und 10b) eingesetzt.<br />

Abb. 10a: Spectra-Precision-Choke-Ring-Antenne<br />

(SPP571908273), hier ohne Radom (Foto: Galitzki)<br />

Abb. 10b: Spectra-Precision-Choke-Ring-Antenne<br />

(SPP571908273 SPKE), hier mit Radom (Foto: Galitzki)<br />

Die Berechnung des Typmittels aus den sechs<br />

individuellen Datensätzen mit CCANT zeigt<br />

deutlich, dass dieser Antennentyp große<br />

gegenläufige Lageoffsets hat.<br />

Die Spectra-Precision-Choke-Ring-Antennen<br />

wurden von der U.S.-amerikanischen Firma<br />

AeroAntenna Technologies hergestellt. Die<br />

Konstruktion der Antenne erlaubt einen um<br />

180 Grad gedrehten Einbau der Antennenteile<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 71


(Patches, Abb. 2) für L1 und L2 im Antennengehäuse.<br />

Daraus folgt, dass eine uneinheitliche<br />

Nordausrichtung möglich ist und somit auch<br />

unterschiedliche Werte für die Lageexzentriztäten<br />

bei verschiedenen Antennen der gleichen<br />

Baureihe auftreten können. Hieraus erklären<br />

sich die umgekehrten Vorzeichen der Exzentrizitäten<br />

für Nord und Ost bei den Ergebnissen<br />

in Tab. 2a. Für diesen Antennentyp sollten deshalb<br />

keine Typmittel, sondern nur individuelle<br />

Kalibrierdatensätze verwendet werden. Ansonsten<br />

kann es zu Fehlern in der Lagebestimmung<br />

von bis zu 2 cm kommen.<br />

8.2 Tabelle 2b: Typmittelberechnung aus<br />

15 Trimble-Choke-Ring-Antennen mit<br />

Radom (TRM29659.00 TCWD)<br />

Die Trimble-Choke-Ring-Antenne (Abb. 11a<br />

und 11b) ist speziell für den stationären Einsatz,<br />

z.B. in Referenzstationsnetzen, konzipiert.<br />

Beim Aufbau des SAPOS ® -Referenzstationsnetzes<br />

in NRW wurden bis 2005 überwiegend<br />

diese Antennen mit Wetterschutzhaube<br />

(Abb. 11b) verwendet. Die 15 Antennen<br />

stimmen fertigungstechnisch gut überein.<br />

Nach Tab. 2b betragen die Differenzen der<br />

individuellen Lageoffsets für L1 und L2 zum<br />

Typmittel etwa 1 mm. Erwartungsgemäß sind<br />

die Höhenoffsets etwa zweifach größer, maximal<br />

–2,3 mm.<br />

72<br />

Abb. 11a: Trimble-Choke-Ring-Antenne (TRM29659.00)<br />

ohne Radom (Foto: Galitzki)<br />

Abb. 11b: Trimble-Choke-Ring-Antenne<br />

(TRM29659.00 TCWD) hier mit Radom (Foto: Galitzki)<br />

Tab. 2b: Typmittel aus 15 Trimble-Choke-Ring-Antennen (TRM29659.00 TCWD) mit Radom, Feldkalibrierung<br />

beim LVermA NRW auf relativem Niveau.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


8.3 Tabelle 2c:Typmittelberechnung aus 18<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen<br />

(TRM41249.00 NONE)<br />

Die Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne hat<br />

eine ähnlich hohe Produktgleichheit (Fertigungstoleranz)<br />

wie die Trimble-Choke-Ring-<br />

Antenne. Auch hier deuten in Tab. 2c die kleinen<br />

Differenzen der individuellen PCO zum<br />

Typmittel in dx, dy und dh sowie in PCV-RMS<br />

auf eine hohe fertigungstechnische Übereinstimmung<br />

der einzelnen Antennen hin. Die<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antennen werden<br />

z.Z. auf 18 der 27 SAPOS ® -Referenzstationen<br />

in NRW eingesetzt.<br />

Die Abbildungen 12a und b zeigen die gute<br />

Übereinstimmung der 18 individuellen elevationsabhängigen<br />

PCV-Werte gegenüber ihren<br />

Typmitteln in L1 und L2 auf relativem Niveau.<br />

Die Abweichungen zum Typmittel sind auch<br />

darin begründet, das die individuellen PCO-<br />

Werte nicht vorab auf einen Mittelwert gezwängt<br />

worden sind.<br />

Abb. 12a und 12b: Individuelle Kalibrierergebnisse und<br />

Typmittel von 18 Timble-Zephyr-Geodetic-Antennen<br />

(TRM41249.00 NONE); elevationsabhängige PCV,<br />

relatives Niveau, Feldkalibrierung beim LVermA NRW;<br />

Typmittel mit großen Rauten dargestellt<br />

Tab. 2c: Typmittel aus 18 Trimble-Zephyr-Geodetic-<br />

Antennen (TRM41249.00 NONE), Feldkalibrierung<br />

beim LVermA NRW auf relativem Niveau<br />

Die Abbildungen 13a und b enthalten die<br />

Typmittel in L1 und L2 der elevationsabhängigen<br />

PCV-Werte auf absolutem Niveau.<br />

Abb. 13a und 13b: PCV-Typmittel der 18 Timble-Zephyr-<br />

Geodetic-Antennen (TRM41249.00 NONE), dargestellt<br />

mit dem NRW-Programm BIANKA für L1 und L2;<br />

Zenitwinkel 0 o im Zentrum; absolutes Niveau,<br />

Feldkalibrierung beim LVermA NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 73


9 Kalibrierung unter verschiedenen<br />

Montagebedingungen (Grundplatte,<br />

Radom, Dreifuß)<br />

Der Einfluss eines veränderten Nahfeldes<br />

(Montage der Antenne) und seine elektrische<br />

Kopplung können das Empfangsverhalten der<br />

Antenne verändern (Wübbena et al. 2003b,<br />

Becker et al. <strong>2006</strong>). Die Kalibrierergebnisse<br />

wurden an folgenden drei Fällen untersucht:<br />

� Antenne mit Grundplatte,<br />

� Antenne mit Grundplatte und Radom,<br />

� Antenne mit zweitem Dreifuß über Grundplatte<br />

mit Radom.<br />

9.1 Tabelle 3a: Trimble-Zephyr-Geodetic-<br />

Antenne mit Grundplatte<br />

Die Montage einer Grundplatte unter einer<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne (Abb. 14)<br />

bewirkt eine Änderung beim L1–Höhenoffset<br />

von +1,89 mm und beim L2 –Höhenoffset von<br />

–1,10 mm (Tab. 3a). Die PCV-Werte weisen<br />

Differenzen von bis zu 4 mm aus.<br />

Tab. 3a: Differenzen der Antennenparameter einer<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne (TRM41249.00) mit<br />

bzw. ohne Grundplatte bei Feldkalibrierung des<br />

LVermA NRW auf relativem Niveau<br />

9.2 Tabelle 3b: Trimble-Zephyr-Geodetic-<br />

Antenne mit Grundplatte und Radom<br />

Die Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne wird<br />

auf den Referenzstationen in der Regel ohne<br />

Wetterschutzhaube (Radom) eingesetzt (Abb.<br />

9 und 15). Allerdings ist es sinnvoll, in Mittelgebirgslagen<br />

die Antenne durch Montage eines<br />

Radomes mit Grundplatte gegen Witterungseinflüsse<br />

zu schützen. Der Einfluss dieser<br />

Montage auf das Kalibrierergebnis (Tab. 3b)<br />

beträgt beim L1-Höhenoffset –3,18 mm und<br />

beim L2-Höhenoffset –2,16 mm. Die PCV-<br />

74<br />

Werte weisen Differenzen von bis zu 5 mm<br />

aus. Erfahrungen mit Eis und Schnee auf der<br />

GPS-Antenne liegen bei den eigenen Kalibrierungen<br />

nicht vor.<br />

Tab. 3b: Differenzen der Typmittel einer Trimble-Zephyr-<br />

Geodetic-Antenne (TRM41249.00) mit Trimble Conical<br />

Weather Dome (TCWD) bzw. ohne (NONE),<br />

Feldkalibrierung beim LVermA NRW auf relativem<br />

Niveau<br />

Abb. 14 Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne<br />

(TRM29659.00) mit Grundplatte auf Dreifuß<br />

(Foto: Galitzki)<br />

9.3 Tabelle 3c: Trimble-Zephyr-Geodetic-<br />

Antenne mit zweitem Dreifuß über<br />

Grundplatte im Radom<br />

Auch die Veränderung des Abstandes zwischen<br />

Antenne und Grundplatte durch Montage<br />

eines zusätzlichen Dreifußes im Radom<br />

(Abb. 15) hat einen signifikanten Einfluss auf<br />

das Empfangsverhalten (Tab. 3c). Dieser<br />

erhöhte Abstand von der Grundplatte wirkt auf<br />

den L1–Höhenoffset mit –3,61 mm und beim<br />

L2–Höhenoffset mit +6,73 mm. Die maximalen<br />

Differenzen bei den PCV-Werten betragen<br />

ca. 7 mm.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Tab. 3c: Differenzen der Antennenparameter einer<br />

Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne (TRM41249.00<br />

TCWD) mit bzw. ohne Dreifuß über Grundplatte im<br />

Radom, Feldkalibrierung beim LVermA NRW auf<br />

relativem Niveau<br />

Abb. 15: Trimble-Zephyr-Geodetic-Antenne<br />

(TRM29659.00) mit zusätzlichem Dreifuß auf<br />

Grundplatte, hier ohne Radom<br />

(Foto: Galitzki)<br />

Fazit: Diese drei Untersuchungen (Tab. 3a bis<br />

3c) verdeutlichen, dass Veränderungen im<br />

Nahfeld (Montage) der Antenne signifikante<br />

Auswirkungen auf das Empfangsverhalten<br />

haben. Es stellte sich heraus, dass hierbei die<br />

Höhenoffsets und auch die PCV-Werte bei L1<br />

und L2 Differenzen von mehreren Millimetern<br />

aufweisen. Bei Auswertungen mit der Linearkombination<br />

L0 können sie Höhenfehler von<br />

bis zu 2 cm zur Folge haben. Demgegenüber<br />

sind die Lagekomponenten durch die unterschiedliche<br />

Montage nicht signifikant beeinflusst.<br />

Die Betreiber von Referenzstationsnetzen<br />

haben daher zwingend Sorge zu tragen,<br />

dass der Kalibrieraufbau mit dem Referenzstationsaufbau<br />

übereinstimmt.<br />

10 Wiederholung und Alterung der<br />

Kalibrierergebnisse<br />

10.1 Tabelle 4: Wiederholung der Antennenkalibrierung<br />

Für eine Antenne Trimble microcentered<br />

L1/L2 w gp (TRM 33429.00+GP, #445,<br />

Abb. 16) ergaben die beiden direkt zeitlich<br />

aufeinanderfolgenden Kalibrierungen, dass die<br />

PCO-Werte im Submillimeterbereich übereinstimmen<br />

und somit die Kalibriersituation an<br />

diesen Tagen ausreichend stabil war (Tab. 4).<br />

Die Feldkalibrierungen auf relativem Niveau<br />

liefen an den Tagen 346 bis 350 und 351 bis<br />

354 des Jahres 2000, jeweils über 4 x 24 Stunden.<br />

Tab. 4: Wiederholung der Kalibrierung einer Trimble-<br />

Microcentered-Antenne mit Grundplatte<br />

(TRM33429.00+GP) im Jahr 2000 (Tage 346 und 351)<br />

Feldkalibrierung auf relativem Niveau<br />

Abb. 16: Trimble-Microcentered-Antenne<br />

(TRM33429.00+GP) mit Grundplatte<br />

(Foto: Galitzki)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 75


10.2 Tabelle 5:Alterung einer Trimble-<br />

Choke-Ring-Antenne<br />

Es ist nicht auszuschließen, dass die Antennenparameter<br />

einiger GPS-Antennen sich<br />

langfristig durch technische Alterung signifikant<br />

ändern. RTK-Feldantennen altern vermutlich<br />

stärker als Choke-Ring-Antennen<br />

(Wübbena et al. 2003a). Im Februar 2001 wurde<br />

eine Trimble-Choke-Ring-Antenne beim<br />

Landesvermessungsamt NRW erstmals kalibriert.<br />

Diese Antenne wurde nach vier Jahren<br />

Einsatz auf einer SAPOS ® -Referenzstation im<br />

Januar 2005 erneut unter vergleichbaren Bedingungen<br />

kalibriert. Der Vergleich der Kalibrierwerte<br />

von 2001 und 2005 zeigt lediglich<br />

eine Änderung von max. -1,6 mm im L2-Ostwert<br />

(Tab. 5). Berücksichtigt man, dass bei der<br />

wiederholten Kalibrierung die Differenzen im<br />

Submillimeterbereich liegen, kann die Differenz<br />

im L2-Ostwert zwar als signifikant bezeichnet<br />

werden, jedoch ist hieraus noch nicht<br />

auf eine Veränderung der Empfangseigenschaften<br />

durch technische Alterung zu<br />

schließen. Hierzu sind weitere, langjährigere<br />

Kalibrierwiederholungen erforderlich.<br />

Tab. 5: Alterung einer Trimble-Chokering-Antenne mit<br />

Radom (TRM29659.00 TCWD), Feldkalibrierung beim<br />

LVermA NRW auf relativem Niveau im<br />

Februar 2001 und Januar 2005<br />

11 Zusammenfassung<br />

Der Vergleich der Kalibrierergebnisse des<br />

LVermA NRW mit anderen Kalibrierstellen<br />

zeigt eine gute Übereinstimmung und bestätigt<br />

die bisherige Vorgehensweise bei der Antennenkalibrierung<br />

des LVermA NRW. Sowohl die<br />

Relativergebnisse als auch die Absolutergebnisse<br />

sind mit den entsprechenden Ergebnissen<br />

76<br />

anderer Stellen gleichwertig. Die Anforderungen<br />

nach Nr. 2.1.6 der GPS-Richtlinien NRW<br />

(Stand vom 23.09.2005) zur GPS-Antennenkalibrierung<br />

werden voll erfüllt. Alle zur Zeit<br />

eingesetzten SAPOS ® -Referenzstationsantennen<br />

in NRW sind individuell kalibriert; sie weisen<br />

innerhalb ihrer Baugruppen eine hohe Fertigungstoleranz<br />

auf. Somit können auch<br />

SAPOS ® -Nutzer mit hochpräzisen Anwendungen<br />

bedient werden. Dagegen reichen den<br />

SAPOS ® -Anwendern bei Katasterfortführungsvermessungen<br />

die Typmittel für die<br />

Referenzstationsantennen in NRW aus. Die<br />

Ergebnisvergleiche haben bestätigt, dass die<br />

Antennenmontagen vor Ort mit den entsprechenden<br />

Kalibriermontagen übereinstimmen<br />

müssen.<br />

Die Antennenkalibrierungen werden auch<br />

künftig beim LVermA NRW fortgeführt.<br />

Wesentliche Aspekte sind dabei die Untersuchung<br />

zur möglichen technischen Alterung<br />

von Antennen und zu verschiedenen Antennenmontagen.<br />

Eine messtechnisch wünschenswerte<br />

Stationskalibrierung in situ ist für<br />

die Zukunft denkbar, jedoch bis heute wirtschaftlich<br />

nicht realisierbar.<br />

Literaturangaben:<br />

Becker, M., E. Schönemann, P. Zeimetz: Gelöste<br />

und ungelöste Probleme der Antennenkalibrierung.<br />

In: Elliot Gordon (Hg.), GPS und GALILEO, 66.<br />

DVW-Seminar in Darmstadt, Augsburg <strong>2006</strong>, 189-<br />

208.<br />

Campbell, J., B. Görres, M. Siemes, J.Wirsch, M.<br />

Becker: Zur Genauigkeit der GPS-Antennenkalibrierung<br />

auf der Grundlage von Labormessungen<br />

und deren Vergleich mit anderen Verfahren. In: AVN<br />

1/2004, 2-11.<br />

Dick, H.-G.: GNSS-Antennen im SAPOS ® -Baden-<br />

Württemberg. In: Bernhard Heck und Michael Illner<br />

(Hg.), GPS 2002: Antennen, Höhenbestimmungen<br />

und RTK-Anwendungen, 57. DVW-Seminar in Karlsruhe,<br />

Stuttgart 2002, 136-148.<br />

Görres, B.: Kalibrierung von GPS-Antennen. In:<br />

Rolf Bull (Hg.), GPS-Referenzstationsdienste –<br />

GPS-Antennen, Koordinatensysteme und Transformationen,<br />

VDV-Schriftenreihe Band 19, Wiesbaden<br />

2001, 31-46; desgl. in: Hans Heister und Rudolf<br />

Staiger (Hg.), Qualitätsmanagement in der geodätischen<br />

Messtechnik, 54. DVW-Seminar in Fulda,<br />

Stuttgart 2001, 206-221.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Krantz, E., S. Riley, P. Large: Neuheiten in der<br />

GPS-Antennentechnologie: Die neuen Trimble<br />

Zephyr-Antennen. White paper, Trimble Navigation<br />

Limited, Sunnyvale, California, USA 2001.<br />

Menge, F.: Zur Kalibrierung der Phasenzentrumsvariationen<br />

von GPS-Antennen für die hochpräzise<br />

Positionsbestimmung. Diss. 2003, Wissenschaftliche<br />

Arbeiten der Fachrichtung Vermessungswesen<br />

der Universität Hannover, Nr. 247, Hannover 2003.<br />

Rothacher M. und R. Schmid: GPS-Antennenkalibrierungen<br />

aus nationaler und internationaler<br />

Sicht., In: Landesvermessung und Geobasisinformation<br />

Niedersachsen (LGN) (Hg.), 4. SAPOS ® -<br />

Symposium, Hannover 2002, 124-131.<br />

Schmid, R., G. Mader, T. Herring: From Relative<br />

to Absolute Antenna Phase Center Corrections.<br />

Position Paper, IGS Workshop und Symposium in<br />

Bern März 2004.<br />

Schmitz, M., G. Böttcher, G. Wübbena: Konzept<br />

und Handhabung der NULLANTENNA in GNSS-<br />

Anwendungen. White Paper, Geo++ ® , Garbsen 2005<br />

(www.geopp.de).<br />

Schmitz, M., G. Wübbena, G. Böttcher: Umrechnung<br />

des Niveaus von GPS Antennenkalibrierungen.<br />

White Paper, Geo++ ® , Garbsen 2001<br />

(www.geopp.de).<br />

Spata, M.: Die Bedeutung der Kalibrierung in der<br />

amtlichen Vermessung. In: Hans Heister und Rudolf<br />

Staiger (Hg.), Qualitätsmanagement in der geodätischen<br />

Messtechnik, 54. DVW-Seminar in Fulda,<br />

Stuttgart 2001, 91-105.<br />

Wanninger, L.: Möglichkeiten und Grenzen der<br />

relativen GPS-Antennenkalibrierung. In: ZfV<br />

1/2002, 51-58.<br />

Wanninger, L.: Anleitung CCANT Version 2.1,<br />

07/2004 (www.wasoft.de).<br />

Wübbena, G., M. Schmitz, G. Böttcher: Analyse<br />

umfangreicher Messreihen von GPS-Antennen-<br />

PCV aus absoluten Roboter-Feldkalibrierungen seit<br />

Januar 2000. In: 5. GPS-Antennen-Workshop,<br />

Frankfurt am Main 2003a.<br />

Wübbena, G., M. Schmitz, G. Böttcher: Zum Einfluss<br />

des Antennennahfeldes. In: 5. GPS-Antennen-<br />

Workshop, Frankfurt am Main 2003b.<br />

Manfred Spata<br />

Bernhard Galitzki<br />

Klaus Strauch<br />

Heidrun Zacharias<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

Muffendorfer Str. 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail:<br />

spata@lverma.nrw.de<br />

galitzki@lverma.nrw.de<br />

strauch@lverma.nrw.de<br />

zacharias@lverma.nrw.de<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 77


Neue Mess-Schiene mit CFK-Stab zur EDM-Eichung beim LVermA NRW<br />

Von Walter Knapp<br />

1 Einleitung<br />

Die Hersteller elektronischer Tachymeter (Firmen<br />

wie Leica, Sokkia, Topcon oder Trimble)<br />

stellen u.a. EDM-Instrumente her, die teilweise<br />

noch nach dem Phasenmessverfahren arbeiten.<br />

Im Gegensatz zu EDM-Instrumenten, die<br />

nach dem Impulsmessverfahren arbeiten, fällt<br />

hier eine zyklische Korrektion an, deren Größe<br />

experimentell auf einer Mess-Schiene oder<br />

einem Laserinterferenzkomparator zu ermitteln<br />

ist. Für Nordrhein-Westfalen ist dies generell<br />

in Nr. 16 Vermessungspunkterlass (IM<br />

NRW 1996) und für die Gruppe der elektronischen<br />

Tachymeter (EDM) in dem Ergebnisbericht<br />

der Arbeitsgruppe EDM-Eichrichtlinien<br />

festgelegt (IM NRW 2003, Knapp und Spata<br />

2004). Im Herbst 2005 erhielt das LVermA<br />

NRW für seine Mess-Schiene einen neuartigen<br />

Karbonfaserstab (CFK), über dessen Installation<br />

kurz berichtet wird.<br />

2 Beschreibung des zyklischen<br />

Phasenfehlers<br />

Bei allen EDM-Instrumenten mit Phasenmessungen<br />

sind grundsätzlich drei Korrektionen<br />

bei einer Streckenmessung zu berücksichtigen,<br />

und zwar eine<br />

� Nullpunktkorrektion,<br />

� Maßstabskorrektion,<br />

� Zyklische Korrektion.<br />

Die zyklische Einflussgröße wird in der Regel<br />

durch eine gleichmäßig wiederholende Sinus-<br />

Schwingung mit der Periode des Feinmaßstabes<br />

modelliert. Der Feinmaßstab ist lediglich<br />

eine Rechengröße und entspricht der halben<br />

Modulationswellenlänge �. Die Wellenlänge �<br />

errechnet sich aus Lichtgeschwindigkeit c (im<br />

Vakuum) und Frequenz f (Schwarz und Fröhlich<br />

1982, Joeckel und Stober 1999, LVermA<br />

NRW 2003).<br />

Bedingt durch Fehler in den Bauteilen, durch<br />

die Konstruktion selbst oder unvermeidbare<br />

Einflüsse wie Temperaturschwankungen infolge<br />

Aufheizeffekten oder fehlender Akklimati-<br />

78<br />

sierung des Instrumentes müssen Korrektionen<br />

angebracht werden. Von Herstellerseite<br />

wird über die implementierte Software ganz<br />

erheblich in den Fehlerhaushalt der Streckenmessung<br />

eingegriffen, indem ein Teil der systematischen<br />

Abweichungen rechnerisch eliminiert<br />

wird. Im Labor der Hersteller werden<br />

vorweg die Fehlergrößen bestimmt und im<br />

Instrument abgespeichert. Der Prüfer vor Ort<br />

ermittelt nur noch Restfehler, die das Messergebnis<br />

nicht stärker als 2 mm beeinflussen dürfen<br />

(Bild 1 und 2).<br />

Abb. 1: Zyklischer Phasenfehler eines älteren Tachymeters<br />

Abb. 2: Zyklischer Phasenfehler eines neueren Tachymeters<br />

Zur Erfassung des zyklischen Fehlers mit dem<br />

Auswerteprogramm AED2002 wird eine Fourierreihe<br />

zweiten Grades angesetzt. Sie besteht<br />

aus 4 Unbekannten K(11), K(12), K(21),<br />

K(22) sowie dem Koeffizienten K(00), der den<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


plausibelsten Abstand vom Instrumentenstandpunkt<br />

bis zur ersten Prismenmessung<br />

repräsentiert (LVermA 2002, IM NRW 2003).<br />

3 Beschreibung der Mess-Schiene<br />

Infolge der rasanten Entwicklung in der Elektronik<br />

bzw. durch die Entwicklung in der Telekommunikation<br />

(z.B. UMTS) waren auf dem<br />

Markt elektronische Teile zu erhalten, die von<br />

den Instrumentenherstellern nicht mehr mit<br />

großen Kosten selbst entwickelt und hergestellt<br />

werden mussten. Dadurch wurden die<br />

Feinmaßstäbe der Tachymeter in den vergangenen<br />

Jahrzehnten immer kleiner, von maximal<br />

33 m bis auf 10 m. Heute liegen gängige<br />

Feinmaßstäbe zwischen 10 m (ca. 15 MHz)<br />

und 1,50 m (100 MHz)vor, und sogar Instrumente<br />

bis zu einem Feinmaßstab von 0,37 m<br />

werden von Trimble angeboten.<br />

Die im Eichlabor des LVermA vorhandene 25<br />

m lange Mess-Schiene aus Stahl, die für den<br />

bisher gängigen Feinmaßstab von 10 m im<br />

Gebrauch ist, hat Messpunkte im Abstand von<br />

1 m. Die Punktabstände sind mit übergeordneter<br />

Genauigkeit von s = 0,3 mm durch die<br />

RWTH Aachen bestimmt. Kleinere Feinmaßstäbe<br />

können wegen der dann geringeren Anzahl<br />

von Messpunkten nicht aussagekräftig<br />

überprüft werden. Daher war es erforderlich,<br />

weitere Messpunkte auf der Schiene einzubringen.<br />

Dies wurde durch eine neue Mess-<br />

Schiene vom Geodätischen Institut der Universität<br />

Bonn realisiert. Sie besteht aus dem<br />

Alu-Körper einer Präzisions-Nivellierlatte als<br />

Träger, in die ein CFK-Stab (carbonfaserverstärkter<br />

Kunststoff) von 3 m gelegt und befestigt<br />

ist. Der CFK-Werkstoff zeichnet sich<br />

durch geringes Gewicht, hohe Festigkeit und<br />

eine sogenannte „Nulldehnung“ aus. In diesem<br />

Karbonfaserstab sind 93 Bohrungen mit einer<br />

Messingbuchse im Abstand von 3,1 cm fixiert<br />

und auf 1/100 mm eingemessen. Mit 3 Winkelhalterungen<br />

ist die horizontal ausgerichtete<br />

Schiene an der Wandfläche befestigt. Auf der<br />

Schiene selbst befindet sich ein fahrbares Prisma<br />

mit einer Zentriereinheit für die Messingbuchsen<br />

(Bild 3).<br />

Um bei einem Prüfvorgang bei 93 Punkten<br />

nicht die Übersicht zu verlieren, sind auf dem<br />

seitlichen Alu-Körper Hinweise für die Feinmaßstäbe<br />

von 0,37 m, 0,50 m, 0,75 m, 1,50 m,<br />

2,00 m und 3,00 m angebracht. Die EDM-<br />

Eichrichtlinie empfiehlt, mindestens 15 Punkte<br />

gleichmäßig über den Feinmaßstab zu verteilen.<br />

Für den derzeit kürzesten Feinmaßstab<br />

von 0,37 m ist das nur suboptimal mit 13 Punkten<br />

realisierbar.<br />

Abb. 3: Mess-Schiene mit CFK-Stab und Prisma<br />

4 Beschreibung der Instrumentenhalterung<br />

Der Kellerflur, in dem sich Mess-Schiene und<br />

Instrumentenstandpunkt befinden, ist lang,<br />

aber schmal und wird zudem als Durchgang zu<br />

anderen Eichräumen (Nivellierlattenkomparator<br />

und der EDM-Frequenzmessplatz) genutzt.<br />

Fällige Flucht- und Rettungswege könnten<br />

durch das Aufstellen eines Statives oder gar<br />

einer festmontierten Instrumentenaufnahme in<br />

Flurmitte versperrt werden. So kam die Idee<br />

auf, eine dauerhafte Instrumentenhalterung<br />

(Konsole, Bild 4) seitlich an der Wand zu befestigen.<br />

Abb. 4: Mess-Schiene mit CFK-Stab und Prisma<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 79


Die feste Höhe der Konsole beträgt 1,40 m, so<br />

dass die Beobachtungshöhe am Instrument<br />

(Okular) unter Berücksichtigung einer mittleren<br />

Körpergröße des Prüfers bei ca. 1,65 m<br />

liegt. Die Messung selbst erfolgt in horizontaler<br />

Visur mit einem Abstand von ca. 22 m bis<br />

zum CFK-Stab.<br />

5 Ablauf einer Eichmessung<br />

Die Werte von Temperatur und Luftdruck zur<br />

meteorologischen Korrektion sind wie immer<br />

vor der Messung in das Instrument einzugeben.<br />

Als Vordruck zum Aufschreiben der einzelnen<br />

Messungsergebnisse kann Verm. Vordruck<br />

27.2 „Eichung elektrooptischer Distanzmessgeräte<br />

– Erfassungsbeleg“ (LVermA<br />

NRW 2002) oder sonst jede Art der Speicherung<br />

von Messwerten genutzt werden. Das<br />

fahrbare Prisma befindet sich auf dem Alu-<br />

Körper und wird vom LVermA zur Verfügung<br />

gestellt.<br />

Die erste Messung beginnt von der Konsole<br />

zum Anfangspunkt des CFK-Stabes. Diese<br />

Strecke ist unbekannt; in der AED-Auswertung<br />

wird diese Strecke mit K(00) bezeichnet.<br />

Mit dem Verschieben des Prismas vom<br />

Anfangspunkt um einen konstanten Betrag<br />

zum nächsten Punkt, abhängig vom Feinmaßstab,<br />

beginnt der Streckenvergleich zur Bestimmung<br />

der zyklischen Korrektion. Nachdem<br />

mindestens 15 Punkte bis zur Markierung<br />

des entsprechenden Feinmaßstabes angemessen<br />

worden sind, kann eine Auswertung mit<br />

dem Auswerteprogramm AED2002 oder<br />

einem anderen EDM-Auswerteprogramm erfolgen.<br />

Wird die Auswertung der Messung mit dem<br />

Programm AED2002 durch das LVermA ausgeführt,<br />

erfolgt eine Dokumentation der Auswerteergebnisse<br />

in einem Eichzeugnis. Gemäß<br />

Nr. 2.3(3) des Ergebnisberichtes (IM NRW<br />

2003) ist in einem Abstand von 3 Jahren diese<br />

Überprüfung zu wiederholen.<br />

Die Nutzung der Mess-Schiene durch Dritte ist<br />

kostenfrei. Hierbei sind in der Regel zwei Personen<br />

erforderlich. Die Auswertung durch das<br />

LVermA ist für Zwecke nichthoheitlicher Messungen<br />

kostenpflichtig. Ein Instrumentenuntersatz<br />

(Dreifuß) mit einem 5/8 "-Gewindeloch<br />

80<br />

zur Verbindung Konsole-Prüfling ist mitzubringen.<br />

Eine Terminabsprache mit dem<br />

zuständigen Eichsachbearbeiter (Herrn<br />

Knapp, Telefon: 0228-846-1111, E-Mail:<br />

knapp@lverma.nrw.de) ist stets angebracht.<br />

Weitere Informationen zur Eichung und Prüfung<br />

von Vermessungsinstrumenten stehen im<br />

Internet unter www.lverma.nrw.de >Produkte<br />

& Dienste >Dienstleistungen >Eichungen.<br />

6 Zusammenfassung<br />

Prüfmessungen zur Erfassung der zyklischen<br />

Korrektion von elektronischen Tachymetern<br />

sind eigenverantwortlich von jeder Vermessungsstelle<br />

zu besorgen. Sie sind in einem Zeitraum<br />

von 3 Jahren zu wiederholen, zu dokumentieren<br />

und bei den Berechnungen zu<br />

berücksichtigen. Im Land Nordrhein-Westfalen<br />

sind Mess-Schienen zur Erfassung der<br />

zyklischen Korrektion bereits bei den <strong>Bezirksregierung</strong>en<br />

in Arnsberg, Detmold und Münster<br />

vorhanden. Weitere Einrichtungen gibt es<br />

bei der FH Bochum, der RWTH Aachen und<br />

dem Geodätischen Institut der Universität<br />

Bonn. In einer Übersicht zu den EDM-Eichstrecken<br />

(IM NRW 2003) wird auf die Dienststellen/Hochschulen<br />

und die dort vorhandenen<br />

Eichmöglichkeiten (Eichstrecke, Mess-Schiene,<br />

Frequenzmessplatz) hingewiesen (siehe<br />

www.lverma.nrw.de). Mit dem neuen CFK-<br />

Stab der Mess-Schiene beim Landesvermessungsamt<br />

NRW hat die Vermessungsverwaltung<br />

NRW einen weiteren Beitrag geleistet, die<br />

Qualitätsanforderung der EDM-Instrumente<br />

zu erfüllen bzw. der technischen Entwicklung<br />

anzupassen.<br />

Literaturangaben:<br />

Innenministerium NRW (IM):Vermessungspunkterlass<br />

(VP-Erlass) vom 12.01.1996. Druck und Vertrieb:<br />

Landesvermessungsamt NRW, Bonn; Nr. 16<br />

Eichung der Messinstrumente und –geräte.<br />

Innenministerium NRW (IM): Ergebnisbericht<br />

der Arbeitsgruppe EDM-Eichrichtlinien. Stand<br />

2003; siehe www.lverma.nrw.de.<br />

Joeckel, R. und M. Stober: Elektronische Entfernungs-<br />

und Richtungsmessung, 4. Auflage 1999, 85<br />

ff, 119, 124-125.<br />

Knapp, W und M. Spata: Vergleich der EDM-<br />

Eichstrecken in NRW durch einen Ringversuch.<br />

<strong>NÖV</strong> 2/2004, 98 – 112.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Landesvermessungsamt NRW: Auswertung von<br />

Eichmessungen elektrooptischer Distanzmessgeräte<br />

mit AED (Version 2002), Handbuch, Bonn 2002.<br />

Landesvermessungsamt NRW: Glossar zur<br />

Eichung und Prüfung von EDM-Instrumenten.<br />

Bonn 2003; siehe www.lverma.nrw.de.<br />

Schwarz, W. und H. Fröhlich: Die Maßstabs- und<br />

die meteorologische Korrektion bei der elektrooptischen<br />

Distanzmessung. VR / Dezember 1982,<br />

Seite 419 ff.<br />

1 Einleitung<br />

Seit 1921 bestehen entlang der deutsch-niederländischen<br />

Grenze eine Anzahl unterirdischer<br />

Festlegungen (UF), die den Übergang<br />

zwischen den deutschen und niederländischen<br />

Höhenmessungen, zwischen den NN-Höhen<br />

und NAP-Höhen, vermitteln. Durch Wiederholung<br />

der Höhenmessungen in periodisch<br />

wiederholten Zeiträumen sollten etwaige geologisch-tektonische,<br />

bergbauliche oder netzspezifische<br />

Höhenänderungen festgestellt<br />

werden. Entlang des 340 km langen niederländisch-nordrhein-westfälischenGrenzverlaufs<br />

bestehen 8 solcher UF-Gruppen. Sie<br />

wurden im Verlaufe der letzten Jahrzehnte<br />

sowohl von niederländischer Seite als auch von<br />

deutscher Seite mehrmals durch Präzisionsnivellements<br />

1. Ordnung eingemessen, zuletzt in<br />

den 1990er Jahren. Die Höhenergebnisse der<br />

Höhensysteme NN und NAP werden nachfolgend<br />

zusammengestellt und analysiert. Die seit<br />

2002 in NRW eingeführten NHN-Höhen des<br />

Deutschen Haupthöhennetzes 1992 (DHHN<br />

92) finden hier noch keine Berücksichtigung.<br />

Die UF-Gruppe Losheim an der belgischen<br />

Grenze bleibt ebenfalls unberücksichtigt, weil<br />

dafür belgische Höhen nicht vorliegen.<br />

Walter Knapp<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

Muffendorfer Str. 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail: knapp@lverma.nrw.de<br />

Zur Überprüfung der NN- und NAP-Höhen der Unterirdischen<br />

Festlegungen (UF) entlang der niederländisch-nordrhein-westfälischen<br />

Landesgrenze<br />

Von Manfred Spata, Reiner Boje, Winfried Klein und Jürgen Schulz<br />

2 Die Unterirdischen Festlegungen (UF)<br />

Etwa seit 1920 verwendete die seinerzeit für<br />

Höhenmessungen zuständige Trigonometrische<br />

Abteilung des Reichsamts für Landesaufnahme<br />

(RfL) einen erhöhten Aufwand zur Vermarkung<br />

(Verfestigung) des Höhennetzes 1.<br />

Ordnung. So wurde seither jeder Pfeilerbolzen<br />

an gesicherten Standorten seitlich der Straßen<br />

mit Ortbeton vermarkt. Zur weiteren Versicherung<br />

des Höhennetzes wurden an geologisch<br />

günstigen Stellen und entlang der Reichsgrenze<br />

in Abständen von 30 km bis 50 km unterirdische<br />

Festlegungen (UF) ähnlich denen des<br />

Normalhöhenpunktes NHP 1912 in Hoppegarten<br />

eingebracht. Auf diese Weise sollten für<br />

das Höhennetz Stützpunkte geschaffen werden,<br />

die als geologisch sicher und zuverlässig<br />

gelten und die nach menschlichem Ermessen<br />

auf absehbare Zeit volle Sicherheit für eine<br />

dauerhafte Erhaltung bieten (RfL 1930).<br />

Die UF besteht nach 1932 aus der quadratischen<br />

Granitplatte (a), dem Granitpfeiler (b)<br />

und dem Granitdeckel (c), (Abb. 1). In der Mitte<br />

der oberen Pfeilerfläche ist eine Halbkugel<br />

angearbeitet, deren höchster Punkt der Aufsatzpunkt<br />

der Niv-Latte ist. Bei den vor 1932<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 81


Abb. 1: Unterirdische Festlegung nach 1932 (RfL 1936)<br />

Abb. 2: Unterirdische Festlegung vor 1932 (RfL 1936)<br />

angefertigten UF trägt der Pfeiler einen in einer<br />

senkrechten Bohrung der Kopffläche (C-D)<br />

mit Zement befestigten Bronzebolzen (d) mit<br />

Achatkugel und Bronzedeckel (Abb. 2). Die<br />

Achatkugel (e) wird durch den Schraubring (f)<br />

im Bronzebolzen festgehalten. Der Bronzedeckel<br />

(g) ist durch zwei Messingschrauben<br />

gesichert und durch den Granitdeckel (c)<br />

geschützt (RfL 1936).<br />

82<br />

Im nahen Grenzbereich zwischen den Niederlanden<br />

und Nordrhein-Westfalen enstanden<br />

zwischen 1921 und 1954 acht UF-vermarkte<br />

Verbindungen der beiden Niv-Netze 1. Ordnung,<br />

und zwar bei Gronau, Ammeloe,<br />

Bocholt, Elten, Kranenburg, Straelen, Elmpt<br />

und Aachen (Abb. 3). Die UF bestehen einzeln<br />

oder zur lokalen Sicherung in Dreiergruppen.<br />

Technische Einzelheiten sind in Tabelle 1<br />

zusammengefasst. Die UF waren in den<br />

Höhenverzeichnissen der Trigonometrischen<br />

Abteilung nicht enthalten, da sie nicht für den<br />

praktischen Gebrauch bestimmt waren. Heute<br />

sind die UF im historischen Teil des NivP-<br />

Nachweises gespeichert, jedoch nicht im aktuellen<br />

Bestand der NivP-Datenbank PfiFF<br />

(Vahlensieck und Ottweiler 1951, LVermA<br />

1984, IM 2003).<br />

3 Die geologische Situation der<br />

Unterirdischen Festlegungen<br />

Die UF liegen im diluvialen Flachland des<br />

westlichen Münsterlandes und der Niederrheinischen<br />

Bucht. Lediglich die UF Aachen liegt<br />

auf dem devonischen Gebirgssockel des Rheinischen<br />

Schiefergebirges (Nordeifel). Auf<br />

Antrag des Landesvermessungsamtes gab das<br />

Geologische Landesamt in Krefeld im Jahre<br />

1954 zu verschiedenen UF-Standorten ein geologisches<br />

Gutachten ab, worin die Stabilität der<br />

UF an Hand geologischer Karten und Befunde<br />

erörtert wurde (Udluft 1937, LVermA o.J. und<br />

1984). Danach ergeben sich folgende geologische<br />

Stabilitäten:<br />

� UF Gronau, Glanerbrücke (Niv-Linie<br />

Gronau-Enschede)<br />

Entlang der Niv-Linie Ochtrup – Glanerbrücke<br />

bestehen tektonische Aufbrüche<br />

älterer Gesteine. Ein Teil der Linie führt<br />

über Niederterrassensand, der jedoch häufig<br />

hohen Grundwasserstand aufweist. Die<br />

UF liegt in einem Bereich mit etwas tieferem<br />

Grundwasserstand. Die UF wurde nach<br />

1955 durch eine Verkehrsinsel überbaut und<br />

ist nicht mehr zugänglich.<br />

� UFAmmeloe (Niv-Linie Vreden-Eibergen)<br />

Die Niv-Linie bis zur niederländischen<br />

Grenze liegt im Bereich der sandigen Niederterrasse,<br />

die vielfach schon in geringer<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Tiefe von wasserstauendem Geschiebemergel<br />

unterlagert wird. Die UF liegt an einer<br />

der wenigen Stellen, welche bis zu 2 Meter<br />

als grundwasserfrei angesprochen werden<br />

kann.<br />

� UF Bocholt, Hemden (Niv-Linie Hemden-<br />

Aalten)<br />

Die Niv-Linie verläuft großenteils auf der<br />

Rhein-Niederterrasse, in welcher mit sehr<br />

flachem Grundwasser gerechnet werden<br />

muss. In Hemdem steigt das Gelände zur<br />

Hohen Heide an, einer etwa 12 Meter höheren<br />

Talstufe mit tieferem Grundwasserstand<br />

und zuoberst liegenden diluvialen Sanden<br />

und Kiesen.<br />

� UF Elten (Elten-Zevenaar)<br />

Die geologische Situation entspricht derjenigen<br />

von Nütterden auf der anderen Rheinseite.<br />

� UF Kranenburg, Nütterden (Niv-Linie<br />

Kranenburg-Wyler)<br />

Zwischen Nütterden und Donsbrüggen<br />

erhebt sich das Gelände stellenweise bis 20<br />

Meter über NN. Der Boden ist aus Sand und<br />

Kies der Niederterrasse zusammengesetzt<br />

und das Grundwasser liegt mehrere Meter<br />

tief. Tektonische Störungen sind im tieferen<br />

Untergrund nicht bekannt.<br />

� UF Straelen (Niv-Linie Straelen-Venlo)<br />

Keine Angaben.<br />

� UF Elmpt (Niv-Linie Elmpt-Roermond)<br />

Zwischen Elmpt und der Landesgrenze treten<br />

Kiese und Sande zu Tage, die teilweise<br />

von 1 m bis 2 m mächtigen schwach lehmigen<br />

Feinsanden bedeckt sind. Der Grundwasserspiegel<br />

liegt durchweg tief. Die UF<br />

liegt nach Bodenart und Grundwasser an<br />

günstiger Stelle.<br />

� UF Aachen, Vaalser Quartier (Niv-Linie<br />

Aachen-Vaals)<br />

Devonisches Rheinisches Schiefergebirge,<br />

keine weiteren Angaben.<br />

4 Die NN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes<br />

1912 (DHHN12)<br />

Die erstmalige Bestimmung der UF-Höhen ist<br />

dem Höhensystem des Deutschen Haupthöhennetzes<br />

1912 (DHHN12) zuzurechnen.<br />

Nach der Festlegung des neuen Normalhöhenpunktes<br />

(NHP 1912) in der Nähe von Hoppegarten<br />

(etwa 35 km östlich von Berlin) wurde<br />

in Preußen das gesamte Nivellementnetz mit<br />

Anschluss an den NHP 1912 und unter<br />

Berücksichtigung der normalorthometrischen<br />

Reduktion (NOR) berechnet. Damit war zwar<br />

das DHHN12 auf den Amsterdamer Pegel<br />

(NAP) bezogen, war aber von den langfristig<br />

zu befürchtenden küstennahen Vertikalbewegungen<br />

des NAP befreit. Die Entstehung dieses<br />

neuen Höhennetzes vollzog sich in mehreren<br />

Netzteilen, die jeweils für sich ausgeglichen<br />

wurden. Im Gebiet des nördlichen<br />

Rheinlandes erfolgten die Messungen zwischen<br />

1931 und 1937 innerhalb des Netzteiles<br />

III. Die Standardabweichung aus Hin- und<br />

Rückmessung von Niv-Strecken für 1 km Doppelnivellement<br />

betrug ss = 0,32 mm (RfL<br />

1930, Rüter 1953, Heller und Wernthaler<br />

1955). Seit 1935 wurde das neue Höhennetz<br />

„Reichshöhennetz (RHN) genannt; nach 1945<br />

lautete die Bezeichnung „Deutsches Haupthöhennetz<br />

1912“ (DHHN12) (Vahlensieck und<br />

Ottweiler 1951). Die Ergebnisse der Erstbestimmung<br />

der UF stehen in Tab. 1 mit Angabe<br />

des jeweiligen Bestimmungsjahres.<br />

5 Die NN-Höhen des Nivellementnetzes<br />

1960 (Niv-Netz 60)<br />

Das Nivellementnetz 1960 (Niv-Netz 60) ist<br />

die erste geschlossene Ausgleichung eines<br />

Niv-Netzes 1. Ordnung im damaligen Westdeutschland.<br />

Es folgte in Nordrhein-Westfalen<br />

in seiner Netzgestaltung im wesentlichen der<br />

Linienführung der Feineinwägungen des ehemaligen<br />

Reichsamts für Landesaufnahme<br />

(RfL) vor 1945. Das Haupthöhennetz wurde<br />

jedoch nach 1947 ergänzend verfestigt; die<br />

Vermarkungen stammten teilweise noch vom<br />

RfL vor 1945. Die Präzisionsnivellements der<br />

systematischen Erneuerung wurden in den<br />

Jahren 1947 bis 1960 nach den Vorschriften<br />

des Niv-Netzes 1. Ordnung ausgeführt. Es<br />

kamen teils Libellennivelliere und teils das<br />

automatisch horizontierende Zeiss-Nivellier<br />

Ni 2 zum Einsatz. Die Standardabweichung<br />

aus Hin- und Rückmessung von Niv-Strecken<br />

für 1 km Doppelnivellement betrug in NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 83


s s = 0,41 mm. Die NN-Höhen des Niv-Netzes<br />

60 entstammen einer freien Netzausgleichung<br />

mit Anschluss an den Höhenpunkt Wallenhorst<br />

(UF I mit NN-Höhe von 1928). Diese Höhen<br />

wurden nicht als Gebrauchshöhen in den amtlichen<br />

Nachweis der NivP übernommen, sondern<br />

nur in der Höhenzeitfolgedatei (HZF-<br />

DAT) gespeichert (AdV 1975). Die NN-Höhen<br />

der UF sind in Tab. 1 unter der Jahreszahl 1960<br />

eingetragen, wenn auch die Messungen aus<br />

den Jahren 1952-1954 stammen.<br />

6 Die NN-Höhen des Deutschen Haupthöhennetzes<br />

1985 (DHHN85)<br />

Das Deutsche Haupthöhennetz 1985 (DHHN<br />

85) beruht auf den in den Jahren 1980-1985<br />

nach einheitlichen messtechnischen Vorgaben<br />

ausgeführten Wiederholungs- und Erneuerungsmessungen<br />

in den Niv-Netzen 1. Ordnung<br />

der westlichen Bundesländer. Die Kompensator-Nivellierinstrumente<br />

wurden wegen<br />

des Einflusses des Erdmagnetfeldes untersucht.<br />

Für die Niv-Latten mit doppelter Teilung<br />

wurden Teilstrichverbesserungen und Temperaturausdehnungskoeffizienten<br />

auf einem<br />

Komparator der Physikalisch-Technischen<br />

Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig ermittelt.<br />

Die Standardabweichung aus Hin- und<br />

Rückmessung von Niv-Strecken für 1 km Doppelnivellement<br />

betrug in NRW s s = 0,39 mm.<br />

Als Ausgangspunkt für die zwangsfreie Netzausgleichung<br />

von NN-Höhen wurde wiederum<br />

der Höhenpunkt Wallenhorst (NivP 501) mit<br />

seiner DHHN12-Höhe angehalten. Somit lassen<br />

sich die DHHN85-Höhen mit den Niv-<br />

Netz60-Höhen unmittelbar vergleichen (AdV<br />

1993 S. 160, Müller 1989 und 1990). Diese<br />

Höhen wurden in NRW ebenfalls nicht als<br />

Gebrauchshöhen in den amtlichen Nachweis<br />

der NivP übernommen, sondern nur in der<br />

HZFDAT gespeichert. Die Ergebnishöhen des<br />

DHHN85 stehen in der Tab. 1 unter der Jahreszahl<br />

1985; die Höhenmessungen zu den UF<br />

wurden in den Jahren 1980-1984 ausgeführt.<br />

Die spätere Auswertung des DHHN85 mit<br />

NHN-Höhen des DHHN92 (AdV 1995) bleibt<br />

in der vorliegenden Analyse unberücksichtigt.<br />

84<br />

7 Die NN-Höhen der Kontrollmessung<br />

1997<br />

Auf Anregung der Niederlande ergaben sich<br />

im Zuge des Fünften Niederländischen Hauptnivellements<br />

in den Jahren 1996/97 grenzüberschreitende<br />

Nivellementschleifen zur<br />

Kontrolle der UF, siehe Abb. 3. Vergleichbare<br />

grenzüberschreitende Nivellements waren<br />

auch schon in früheren Jahren ausgeführt worden.<br />

Die deutschen und niederländischen<br />

Höhenunterschiede wurden ohne eine Normalorthometrische<br />

Schwerereduktion ausgeglichen,<br />

weil entsprechende Werte für die Niv-<br />

Linien in NL nicht vorlagen (siehe Abschnitt<br />

8). Die hierbei erzielte Standardabweichung<br />

aus Hin- und Rückmessung von Niv-<br />

Strecken für 1 km Doppelnivellement betrug<br />

ss = 0,38 mm. Die Kontrollrechnung der NN-<br />

Höhen wurde als freies Netz auf die vier nördlichen<br />

UF gelagert, um insbesondere für die<br />

drei südlichen, bodenunsicheren UF neue Vergleichshöhen<br />

zu erhalten. Auch diese NN-<br />

Höhen sind nur in der HZFDAT abgelegt<br />

(LVermA 1997). Die NN-Höhenergebnisse<br />

sind in Tab. 1 unter 1997 notiert.<br />

8 Die NAP-Höhen der Niederländischen<br />

Hauptnivellements vor 2005<br />

Seit 1891 führt der niederländische Höhenbezug<br />

den Namen „Normaal Amsterdams Peil<br />

(NAP)“, um diese Höhen deutlich von älteren<br />

Höhen des Amsterdamer Stadtpegels (AP von<br />

1675) unterscheiden zu können. Der Höhenbezug<br />

änderte sich dadurch aber nicht. Zur<br />

dauerhaften Sicherung der NAP-Fläche wurden<br />

im ganzen Land verteilt 48 unterirdische<br />

Festlegungen in das Nivellement einbezogen.<br />

Der unveränderte Höhenbezug auf den NAP<br />

gilt auch für die nachfolgenden Hauptnivellements<br />

der zuständigen Abteilung NAP des<br />

„Meetkundige Dienst van de Rijkswaterstaat“<br />

in Delft (heute: Adviesdienst Geoinformatie<br />

en ICT (AGI), www.rdnap.nl). Seit 1932 sind<br />

die deutschen grenznahen UF verschiedentlich<br />

angemessen worden. Es enstanden dadurch<br />

Höhenwerte des Höhensystems NAP (Tab. 1).<br />

So wurden beim zweiten Hauptnivellement<br />

1925 - 1940, beim dritten Hauptnivellement<br />

1950 - 1959 und beim vierten Hauptnivellement<br />

1965 - 1978 die unterirdischen Festle-<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


gungen durch Präzisionsnivellement überprüft<br />

und angemessen, aber nicht zum Höhenanschluss<br />

der niederländischen Hauptnivellementnetze<br />

genutzt (Murre 1985, Groenewoud<br />

et al. 1991).<br />

Die NAP-Höhen sind nach der sogenannten<br />

Methode der Delfter Schule nicht schwerereduziert.<br />

Eine Schwerereduktion ist für die<br />

flachen Niederlande auch vernachlässigbar,<br />

denn der Einfluss einer rein theoretisch angebrachten<br />

Normalorthometrischen Reduktion<br />

würde den Höhenunterschied von rund 200 m<br />

zwischen Amsterdam und Aachen lediglich im<br />

Subzentimeterbereich, also in der Größenordnung<br />

der Niv-Messgenauigkeit, ändern. Die in<br />

der Regel nur 2 m langen Niv-Latten wurden<br />

zwar überprüft, aber es wurden keine Lattenkorrektionen<br />

vorgenommen. Die zulässige<br />

Abweichung zwischen einer Hin- und Rückmessung<br />

beträgt Zs = 2,5 √S (mit Niv-Strecke<br />

S in km und Zs in mm). Im Rahmen einer Dissertation<br />

untersuchte L.M. Murre 1985 die<br />

Qualität des Zweiten, Dritten und Vierten<br />

Hauptnivellements durch vollständige Neuausgleichung<br />

der Niv-Netze. Danach betrugen<br />

die Standardabweichungen aus Hin- und<br />

Rückmessung von Niv-Strecken für 1 km Doppelnivellement<br />

im Zweiten, Dritten und Vierten<br />

Hauptnivellement ss = 0,76 mm bzw. 0,57<br />

mm bzw. 0,36 mm. Die Standardabweichung<br />

für 1 km Doppelnivellement im Netz betrug<br />

durchschnittlich so = 0,5 mm. Für die drei Netzausgleichungen<br />

behielt Murre wiederum den<br />

Höhenbezug im NAP jeweils streng an, so dass<br />

seine Diagnose-Höhen direkt miteinander verglichen<br />

werden können. Die Murre-Ergebnisse<br />

sind in Tab. 1 unter PR2-V, PR3-V bzw.<br />

PR4-V in der Spalte NAP-Höhen notiert.<br />

9 Die NAP-Höhen des Niederländischen<br />

Hauptnivellements nach 2005<br />

Die Präzisionsmessungen mit Digitalnivellieren<br />

des 5. Hauptnivellements 1995 - 1999 erhielten<br />

wiederum keine Lattenkorrektionen<br />

und keine Schwerereduktionen. Die Ausgleichung<br />

bestärkte frühere Vermutungen über<br />

säkulare Bodenbewegungen in den Niederlanden.<br />

Insbesondere der Westteil des Landes mit<br />

dem Amterdamer Pegel zeigt Höhendifferenzen<br />

gegenüber den bisherigen amtlichen NAP-<br />

Werten von bis zu –4 cm, wohingegen der östliche<br />

Landesteil weniger Höhendifferenzen<br />

aufweist. Wenn auch die Höhenänderungen<br />

weniger als 1 mm pro Jahr ausmachen, sind<br />

diese Änderungsraten über einen längeren<br />

Zeitraum von bis zu 100 Jahren für die Überwachung<br />

der niederländischen Wasserstände<br />

nicht mehr vernachlässigbar (Groenewoud et<br />

al. 1991, MD 1997, AGI 2004).<br />

Seit Januar 2005 veröffentlicht der AGI neue<br />

NAP-Höhen (nieuwe NAP-publicatie 2005).<br />

Deren Höhenbezug ist nicht mehr allein durch<br />

den NAP in Amsterdam gegeben, sondern<br />

durch eine mittlere Lagerung des Fünften<br />

Hauptnivellementnetzes auf alle innerhalb der<br />

Niederlande gelegenen UF-Punkte. Die<br />

Höhenänderungen zwischen NAP-Alt und<br />

NAP-Neu liegen zwischen –25 mm im Westen<br />

und +50 mm im Osten des Landes. Nutzer können<br />

via NAPINFO die neuen NAP-Höhen der<br />

Höhenfestpunkte abfragen (MD 1997, AGI<br />

2005). Im Zuge dieser Auswertung erhielten<br />

sieben grenznahe deutsche UF neue NAP-<br />

Höhen (Van Vliet 2004, Tab. 1 und 5).<br />

10 Eine Analyse der NN- und NAP-<br />

Höhen<br />

Die NN-Höhen der acht UF aus Tab. 1 sind in<br />

der Tab. 2 graphisch dargestellt. Der Höhenvergleich<br />

der einzelnen Epochen basiert auf<br />

den NN-Höhen der Epoche 1952/54. Die UF<br />

Gronau ist heute durch Straßenbau überbaut<br />

und fällt für weitere Analysen aus.<br />

Es fällt sogleich auf, dass die UF Ammeloe,<br />

Bocholt, Elten und Kranenburg über rund 40<br />

Jahre nur geringfügige Höhenänderungen von<br />


Die UF Aachen erfährt zwischen 1952/54 und<br />

1996/97 eine Hebung von +52 mm, siehe auch<br />

Tab. 4. Dies war schon bei der Auswertung des<br />

DHHN85 mit einem Wert von +50 mm aufgefallen<br />

(Müller 1989 und 1990). Der bereits im<br />

Niv-Netz 60 vorhandene Trend von +25 mm<br />

scheint sich offensichtlich bis heute fortzusetzen.<br />

Mälzer und Zippelt (1979a und b) ermittelten<br />

aus Wiederholungsnivellements der Jahre<br />

1951/54 und 1969/73 im Raum Blankenheim<br />

– Gemünd in der Nordeifel vergleichbare<br />

Hebungstendenzen von +30 mm bzw. rund<br />

2 mm/a. Die danach vermutete geologisch-tektonische<br />

Hebung des Raumes Nordeifel ist<br />

aber nicht für die Zeiträume 1939 – 1952 sowie<br />

1985 – 1997 signifikant feststellbar. Somit<br />

kann die lediglich für den Zeitraum 1952 –<br />

1985 erkennbare Hebung auch anderweitig<br />

verursacht sein, ggf. durch Niv-Netzspannungen<br />

(Kremers 1990, Abb. 6 bis 9) oder gar<br />

durch lokale Vermarkungsänderungen. So<br />

beeindruckend die Hebung durch drei zeitlich<br />

und messtechnisch separate Nivellements auch<br />

angezeigt ist, bleibt doch eine weitere Klärung<br />

durch die systematische Erneuerung des<br />

DHHN <strong>2006</strong>-2011 abzuwarten (AdV 2005).<br />

Die NAP-Höhen der acht UF aus Tab. 1 sind<br />

in Tab. 3 veranschaulicht. Dabei ist aus Gründen<br />

eines besseren Vergleichs derselbe Epochenbezug<br />

zu den NN-Höhen 1952/54 beibehalten<br />

worden. Wiederum zeigen die UF<br />

Ammeloe, Bocholt, Elten und Kranenburg die<br />

geringsten Höhenänderungen von


Abb. 3: Niv-Netzverbindungen 1. Ordnung zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen<br />

(Niv-Akte 1997/14, LVermA NRW)<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 87


88<br />

Tab. 1: Unterirdische Festlegungen (UF) im nahen Grenzbereich zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Tab. 2: NN-Höhenvergleich der UF<br />

Tab. 3: NAP-Höhenvergleich der UF<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 89


90<br />

Tab. 4: UF Aachen – Höhenvergleich NN und NAP<br />

Tab. 5: Höhenvergleich NAP-Neu minus NAP-Alt der UF<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Literaturangaben:<br />

Adviesdienst Geo-informatie en ICT (AGI): De<br />

waterpasmetingen van de 5e NWP. Delft 2004.<br />

Adviesdienst Geo-informatie en ICT (AGI): Een<br />

nieuwe NAP-publicatie – Feiten en achtergronden.<br />

Delft 2005 (www.rdnap.nl/NWE_PUB/html).<br />

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

(AdV): Nivellementnetz 1960, Anhang II Kurzbeschreibung<br />

technischer Einzelheiten der Landesnetze<br />

und Linienverzeichnisse der Länder – Nordrhein-<br />

Westfalen. Druck und Vertrieb: Bayerisches<br />

Landesvermessungsamt, München 1975.<br />

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

(AdV): Die Wiederholungsmessungen 1980 bis<br />

1985 im Deutschen Haupthöhennetz und das Haupthöhennetz<br />

1985 der Bundesrepublik Deutschland.<br />

Druck und Vertrieb: Bayer. Landesvermessungsamt,<br />

München 1993.<br />

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

(AdV): Deutsches Haupthöhennetz 1992<br />

(DHHN92). Druck und Vertrieb: Bayer. Landesvermessungsamt,<br />

München 1995.<br />

Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen<br />

der Länder der Bundesrepublik Deutschland<br />

(AdV): Erneuerung des Deutschen Haupthöhennetzes<br />

in den Jahren <strong>2006</strong>-2011. Beschluss der 116.<br />

AdV-Tagung in Bonn vom April 2005 mit Vorbericht.<br />

Tab. 6: Höhenvergleich NAP minus NN der UF<br />

Groenewoud, W., G.K. Lorenz, F.J.J. Brouwer<br />

und R.E. Molendijk: Geodetic Determination of<br />

recent Land Subsidence in the Nederlands. In: Land<br />

Subsidence, Fourth Intenational Symposium on<br />

Land Subsidence, IAHS Publ. 200, 1991, 463-471.<br />

Haupt, P.: Leitnivellements in den Bergbaugebieten<br />

Nordrhein-Westfalens – Periodische Wiederholungsnivellements<br />

mit 100-jähriger Geschichte. In:<br />

VR, 8/1999, 436-444.<br />

Haupt, P.: 100 Jahre Leitnivellement – Die periodischen<br />

Wiederholungsnivellements in den Bergbaugebieten<br />

Nordrhein-Westfalens. In: <strong>NÖV</strong> NRW<br />

3/1999, 184-201.<br />

Heller, E. und R. Wernthaler: Entwicklung und<br />

Genauigkeit des neuen deutschen Haupthöhennetzes.<br />

DGK, Reihe B, Heft Nr. 17.<br />

Innenministerium NRW (IM): Das Nivellementpunktfeld<br />

in Nordrhein-Westfalen (NivP-Erlass)<br />

i.d.F.v. 2.6.2003. Druck und Vertrieb: LVermA NRW<br />

Bonn.<br />

Kremers, J.: Deformationsanalyse der Erdoberfläche<br />

beim Landesvermessungsamt Nordrhein-<br />

Westfalen. In: <strong>NÖV</strong> NRW 1/1990, 9-32.<br />

Landesvermessungsamt NRW: Übersichtskarte<br />

„Höhenbeständigkeitsbereiche in Nordrhein-Westfalen“.<br />

Maßstab 1:500 000, Geol. Kartenarchiv Nr.<br />

9.2., ohne Jahr.<br />

Landesvermessungsamt NRW: Niv. Akte 1984/27<br />

Unterirdische Festlegungen in NRW. Archiv Geodätischer<br />

Raumbezug.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 91


Landesvermessungsamt NRW: Niv. Akte 1997/14<br />

Netzverbindungen Niederlande/Nordrhein-Westfalen.<br />

Archiv Geodätischer Raumbezug.<br />

Mälzer, H. und K. Zippelt: Local height changes in<br />

the Rhenish Massif area. In: AVN, 10/1979a, 402-<br />

405.<br />

Mälzer, H. und K. Zippelt: On the „Map of Height<br />

Changes in the Federal Republic of Germany – Status<br />

1979“ – 1:1 000 000. In: AVN, 10/1979, 362-364.<br />

Meetkundige Dienst van de Rijkswaterstaat<br />

(MD): NAP-Jaarbericht 1995-1996. Delft 1997.<br />

Müller, G.: Vergleich der Wiederholungsnivellements<br />

1980/85 im nordrhein-westfälischen Anteil<br />

des DHHN mit früheren Nivellementergebnissen.<br />

In: BDVI-Forum, 4/1989, 277-279.<br />

Müller, G.: Wiederholungsmessungen im nordrhein-westfälischen<br />

Anteil des DHHN 1980/85 und<br />

im Netz 2. Ordnung – Erfahrungen, erste Ergebnisse,<br />

Ausblick. In: Vermessungswesen und Raumordnung<br />

(VR), 52. Jg., 1990, 130-149.<br />

Murre, L.M.: Hervereffening van de tweede, derde<br />

en vierde nauwkeurigheidswaterpassing van Nederland<br />

en vergelijking van de resultaten (Neuausgleichung<br />

der zweiten, dritten und vierten Höhennetzerneuerung<br />

der Niederlande und Vergleich der<br />

Ergebnisse). Afstudeerscriptie, Technische Hochschule<br />

Delft, 1985.<br />

Reichsamt für Landesaufnahme (RfL): Ergebnisse<br />

der Feineinwägungen – Vorheft. Berlin 1930.<br />

Reichsamt für Landesaufnahme (RfL): Instrumente,<br />

Geräte und Festlegungsmittel für die Einwägungsarbeiten<br />

der Trigonometrischen Abteilung des<br />

Reichsamts für Landesaufnahme (I. Niv.). Berlin<br />

1936.<br />

92<br />

Rüter, F.: Die Feineinwägung I. Ordnung. In: Der<br />

Fluchtstab, 4/1953, 75 - 78 und 93 - 97.<br />

Udluft, H.: Die geologischen und morphologischen<br />

Verhältnisse des bearbeiteten Gebietes sowie deren<br />

Beziehungen zu den Ergebnissen der Höhenmessung.<br />

In: RfL (Hg.): Die Nivellements von hoher<br />

Genauigkeit, Dritter Teil, mit 6 Anlagen. Berlin<br />

1937, 23-42.<br />

Vahlensieck, O. und G. Ottweiler: Die Nivellements<br />

im Lande Nordrhein-Westfalen. Landesvermessungsamt<br />

NRW, Bonn-Bad Godesberg 1951.<br />

Van Vliet,A.N.: Mail-Liste der NAP-Höhen der UF<br />

vom 15.12.2004.<br />

Wings, R.W.M.G., W.M.H. Miseré, J.J.E. Pöttgens:<br />

Bodensenkung – Bodenhebung – Bergschäden?<br />

In: 125 Jahre DMV, 44. Wissenschaftliche<br />

Fachtagung des Deutschen Markscheider-Vereins<br />

e.V. (Wissenschaftliche Schriftenreihe im Markscheidewesen<br />

Heft 21), Bochum 2004, 258 - 269.<br />

Manfred Spata<br />

Reiner Boje<br />

Winfried Klein<br />

Jürgen Schulz<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

Muffendorfer Str. 19-21<br />

53177 Bonn<br />

E-Mail:<br />

spata@lverma.nrw.de<br />

boje@lverma.nrw.de<br />

klein@lverma.nrw.de<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Nachrichten / Aktuelles<br />

Zulässigkeit der Darstellung von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren/innen<br />

(ÖbVermIng) im Internet vor dem Hintergrund des<br />

Werbeverbots<br />

1 Bisherige Entwicklung<br />

Seit einigen Jahren gewinnt das Thema „Internetdarstellungen<br />

der ÖbVermIng“ für die<br />

<strong>Bezirksregierung</strong>en als Aufsichtsbehörden<br />

zunehmend an Bedeutung. Bereits im Jahr<br />

2000 hat es seitens der <strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf<br />

eine Rundverfügung an die ÖbVermIng<br />

des Bezirks gegeben, in der Hinweise für die<br />

Gestaltung von Internetpräsentationen gegeben<br />

wurden. Eine fast gleichlautende Rundverfügung<br />

gab die <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

Anfang 2001 heraus. Die Inhalte dieser Rundverfügungen<br />

fanden Eingang in die landeseinheitlich<br />

abgestimmten Grundsätze über die<br />

„Zulässigkeit von Präsentationen der ÖbVerm-<br />

Ing im Internet unter Beachtung des Werbeverbots<br />

der ÖbVermIng BO NW“. In den folgenden<br />

Jahren nahm die Zahl der Darstellungen<br />

im Internet zu. Gleichzeitig nahmen<br />

natürlich auch die Anfragen zu Gestaltungsspielräumen<br />

sowie die Beschwerden der<br />

ÖbVermIng bezüglich der Art der Internetpräsentationen<br />

ihrer Kollegen zu.<br />

Im Zuge des Anstiegs der Zulassungszahlen<br />

bei den ÖbVermIng und der ungünstigen Wirtschaftslage<br />

wurden bzw. werden vermehrt Verstöße<br />

gegen das Werbeverbot der ÖbVermIng<br />

und auch gegen die o.a. Grundsätze festgestellt.<br />

Deshalb haben die <strong>Bezirksregierung</strong>en<br />

Düsseldorf und <strong>Köln</strong> die Internetseiten der<br />

ÖbVermIng und der Katasterbehörden in den<br />

Jahren 2004 bis 2005 komplett überprüft.<br />

Beanstandungen wurden dabei in der Regel<br />

unverzüglich behoben.<br />

2 Ahndung als berufsrechtliche<br />

Pflichtverletzung<br />

Im Bezirk Düsseldorf ist es jedoch in drei Fällen<br />

zur Einleitung berufsrechtlicher Verfahren<br />

gekommen, in einem Verfahren wurde gegen<br />

den zurückweisenden Widerspruchsbescheid<br />

Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht<br />

erhoben.<br />

In diesem Verfahren ging es um die Internetseite<br />

einer Arbeitsgemeinschaft zweier<br />

ÖbVermIng, die mit dem Link „über uns“ und<br />

den nachgeordneten Seiten „Firmenprofil“,<br />

„Mitarbeiter“, „Historisches in der Presse“ und<br />

„bei der Arbeit“ ihr Büro in Wort und Bild dargestellt<br />

hatten. Die Darstellung umfasste<br />

Angaben über die Historie, Größe und Ausstattung<br />

des Büros, detaillierte Lebensläufe<br />

des Firmengründers und seiner beiden Nachfolger,<br />

die Wiedergabe historischer Zeitungsausschnitte,<br />

sowie historische Fotos bei der<br />

Arbeit, die allesamt seitens der <strong>Bezirksregierung</strong><br />

als berufswidrige, unzulässige Werbung<br />

bewertet wurden. Dagegen hatte der ÖbVerm-<br />

Ing geklagt.<br />

3 Das Urteil des Verwaltungsgerichtes<br />

Das Verwaltungsgericht hat die Klage als<br />

unbegründet abgewiesen. Es stellt fest, dass<br />

der ÖbVermIng seine Berufspflichten verletzt<br />

hat. Das Werbeverbot ist in der Berufsordnung<br />

der ÖbVermIng von NRW (ÖbVermIng BO<br />

NRW) normiert. Es ist auch mit dem Grundrecht<br />

der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG vereinbar,<br />

weil die mit dem Werbeverbot verbundene<br />

Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit<br />

vernünftigen Zwecken des Gemeinwohls<br />

dient und den Berufstätigen nicht übermäßig<br />

oder unzumutbar trifft, wenn die<br />

Bestimmung des § 9 Abs. 1 Satz 5 ÖbVermIng<br />

BO NRW so ausgelegt wird, dass dem Öb-<br />

VermIng nicht jegliche, sondern lediglich die<br />

berufswidrige Werbung untersagt ist (vgl.<br />

Urteil des OVG NRW vom 27.April 2001, 7 A<br />

4490/99). Wo die Grenze zur berufswidrigen<br />

Werbung überschritten wird, ist gesetzlich<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 93


nicht näher definiert. Im Einzelfall muss dies<br />

die Aufsicht durch Auslegung unter Berücksichtigung<br />

der Verkehrsanschauung, des<br />

Berufsbildes und der besonderen Verantwortung,<br />

die mit der Beleihung hoheitlicher<br />

Befugnisse verbunden ist, festlegen.<br />

Das hat die <strong>Bezirksregierung</strong> im vorliegenden<br />

Fall getan und auch das Gericht kommt zu der<br />

Auffassung, dass der ÖbVermIng mit den<br />

beanstandeten Seiten seines Internetauftrittes<br />

über den berufsrechtlich erlaubten Rahmen<br />

hinaus gegangen ist.<br />

Das Werbeverbot diene „dem Zweck, die<br />

Unparteilichkeit und Unabhängigkeit des<br />

Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs<br />

als Träger eines öffentlichen Amtes (§ 9 Abs. 1<br />

Satz 1 ÖbVermIng BO NRW) zu sichern“. Der<br />

ÖbVermIng nimmt mit den ihm übertragenen<br />

Befugnissen in hervorragender Funktion am<br />

Vermessungswesen teil, das seinerseits dem<br />

Rechtsverkehr zwischen Bürgern und damit<br />

dem Rechtsfrieden in der Gemeinschaft, mithin<br />

einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut<br />

dient (vgl. BVerfG, Beschluss vom<br />

1. Juli 1986 – 1 BvL 26/83 -, BVerfGE, 73, 301<br />

(316f.); Beschluss vom 3. Februar 1993 – 1<br />

BvR 552/91 – und – 1 BvQ 1/92 -; OVG NRW,<br />

Urteil vom 27. Juni 1996 – 7 A 4924/94 -).“<br />

Im weiteren führt das Gericht aus, dass dem<br />

ÖbVermIng jedes Verhalten untersagt sei, „das<br />

den Eindruck erwecken könnte, seine Amtstätigkeit<br />

werde durch ein gewerbliches, gewinnorientiertes<br />

Marktverhalten beeinflusst“.<br />

Die Amtsausübung ist unter Beachtung des<br />

Gleichheitssatzes und der Amtsneutralität<br />

streng gesetzesgebunden und allein der Sache<br />

und nicht der Gewinnerzielung verpflichtet“.<br />

Werbung sei nur dann zulässig, wenn sie sich<br />

auf die sachangemessene Information der<br />

interessierten Allgemeinheit beschränke. Zulässig<br />

sei Informationswerbung, die hier als<br />

„adressatenneutrale, in einer dem öffentlichen<br />

Amt angemessenen Zurückhaltung veröffentlichte<br />

Darstellung der möglichen Dienstleistungen“<br />

definiert wird.<br />

Unzulässig seien dagegen die Qualitäts- und<br />

Sympathiewerbung. Zur Qualitätswerbung<br />

zählt das Gericht das auffällige, plakative,<br />

reklamehafte Anpreisen eigener Leistungen,<br />

94<br />

aber auch die unterschwellige Beeinflussung<br />

durch entsprechende Darstellungen. Als Sympathiewerbung<br />

sind nach den Darlegungen im<br />

Urteil solche Darstellungen zu verstehen, die<br />

keinen sachlichen, auf die Tätigkeit des<br />

ÖbVermIng bezogenen Informationsgehalt<br />

haben. Sie sollen ein emotionales Wohlgefallen<br />

des Betrachters herstellen. Somit ist jede<br />

Form von Sympathiewerbung, die die Person<br />

des Amtsinhabers zum Gegenstand hat,<br />

unzulässig. „Die Tätigkeit des ÖbVermIng<br />

gewinnt ihr Vertrauen nicht durch die persönlichen<br />

Eigenschaften des Amtsinhabers (...),<br />

sondern durch die gesetzlich legitimierte und<br />

begrenzte Autorität des verliehenen Amtes.“<br />

Das Gericht klärt in dem Urteil, dass nicht das<br />

Interesse des potenziellen Kunden an Information<br />

und Präsentation ausschlaggebend für die<br />

Zulässigkeit der Werbung sei. Vielmehr seien<br />

allein der Wortlaut und der objektive Zweck<br />

der gesetzlichen Bestimmungen ausschlaggebend<br />

für den Umfang des berufsbezogenen<br />

Werbeverbots.<br />

Auch die Beschwerde des Klägers, die Behördenleitung<br />

der <strong>Bezirksregierung</strong> stelle sich<br />

aber mit Bild und Lebenslauf dar, wurde mit<br />

der Begründung abgewiesen, dass die <strong>Bezirksregierung</strong><br />

in ihrem hoheitlichen Zuständigkeitsbereich<br />

weder um Kunden werbe, noch in<br />

wirtschaftliche Konkurrenz zu anderen trete.<br />

Zum Vergleich mit möglichen Internetauftritten<br />

von Katasterbehörden, die in Bezug auf<br />

Vermessungsleistungen in Konkurrenz zu den<br />

ÖbVermIng stehen, stellt das Gericht klar, dass<br />

diese Auftritte keine über die sachliche Information<br />

hinausgehende Werbung für die hoheitliche<br />

Tätigkeit der Ämter enthalten dürfen,<br />

weil damit der Rahmen ihrer auf der Verfassung<br />

und dem Gesetz beruhenden und durch<br />

sie begrenzten öffentlich-rechtlichen Legitimation<br />

überschritten würde. Alles was über<br />

sachlich neutrale, unauffällige Informationswerbung<br />

hinausgeht, greift wettbewerbswidrig<br />

in die berufliche Betätigung der beliehenen<br />

Unternehmer ein und ist damit unzulässig.<br />

„Die Verquickung öffentlicher Aufgaben mit<br />

erwerbswirtschaftlicher Tätigkeit zu Lasten<br />

privater Wettbewerber ist verboten (OLG<br />

Hamm, Urteil vom 11. März 1999, 3 U 40/98;<br />

OLG Celle. Urteil vom 9. September 2004, 13<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


U 133/04, GRUR-RR 2004, 374; BGH, Urteil<br />

vom 24. September 2002, KZR 4/01, NJW<br />

2003, 752 f.).“ Dies alles zu überprüfen und<br />

entsprechende Verstöße zu unterbinden, sei<br />

Aufgabe der <strong>Bezirksregierung</strong> als Aufsichtsbehörde,<br />

die diese auch wahrnehme. „Aus den<br />

rechtswidrigen Praktiken einzelner Katasterämter<br />

kann der Kläger keine Maßstäbe für<br />

die Auslegung seiner Berufsordnung gewinnen.“<br />

(vgl.a. FORUM 2005, Heft 4, S. 193)<br />

Abschließend stellt das Gericht fest, dass die<br />

Berufspflichtverletzung vorhersehbar und vermeidbar<br />

gewesen sei, so dass die von der Aufsichtsbehörde<br />

verhängte Ahndungsmaßnahme<br />

angemessen sei.<br />

Gegen das Urteil hat der Kläger Antrag auf<br />

Zulassung der Berufung gestellt. Dem Antrag<br />

wurde stattgegeben, die Entscheidung des<br />

OVG NRW steht noch aus.<br />

4 Weitere Vorgehensweise<br />

Die <strong>Bezirksregierung</strong>en <strong>Köln</strong> und Düsseldorf<br />

haben aufgrund der gesamten bisher ergangenen<br />

Rechtsprechung zum Werbeverbot der<br />

ÖbVermIng in Nordrhein-Westfalen die aus<br />

dem Jahr 2000 stammenden „Grundsätze der<br />

<strong>Bezirksregierung</strong>en zur gleichmäßigen Auslegung<br />

des Werbeverbots in Nordrhein-Westfalen“<br />

und die Grundsätze „Zur Zulässigkeit von<br />

Präsentationen der ÖbVermIng im Internet<br />

unter Beachtung des Werbeverbots der Öb-<br />

VermIng BO NW“ überarbeitet.<br />

Entstanden sind landeseinheitlich abgestimmte<br />

„Empfehlungen zur Auslegung des Werbeverbots<br />

der ÖbVermIng in NRW“ in Form<br />

eines Stichwortverzeichnisses, das in den<br />

Internetangeboten der <strong>Bezirksregierung</strong>en zu<br />

finden ist.<br />

Neuerungen, die sich ggf. aus der Berufungsentscheidung<br />

des OVG NRW ergeben, werden<br />

dort entsprechend eingearbeitet bzw. bei der<br />

Novellierung des Berufsrechts, welches in diesem<br />

Jahr in NRW ansteht, berücksichtigt.<br />

Annette Birkenhauer<br />

Kerstin Will<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf<br />

Dezernat 33<br />

Zusammenfassung der Podiumsdiskussion zum Berufsbild der<br />

Vermessungstechniker/innen am 1. 02. <strong>2006</strong> im Berufskolleg der Stadt Essen<br />

Auf Einladung des Berufskollegs Ost der Stadt<br />

Essen fand in den Räumlichkeiten der Schule<br />

eine Podiumsdiskussion zum Berufsbild der<br />

Vermessungstechniker/innen (VT) statt. Unter<br />

der Moderation von Prof. Dr. Kersting/FH<br />

Bochum diskutierten Vertreter der Berufsverbände,<br />

der kommunalen Spitzenverbände und<br />

Versorgungsbetriebe: Herr Kalischewski/Stadt<br />

Dortmund für den Städtetag NRW, Frau<br />

Lehmkuhl für den VDV NRW, Herr Lips/<br />

Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur in<br />

Kreuztal für den BDVI NRW, Herr Loef/Eon-<br />

Ruhrgas für Versorgungsunternehmen, Herr<br />

Störy/Stadt Ratingen für den Städte- und<br />

Gemeindebund NRW, Herr Theis/Kreis Borken<br />

für den Landkreistag NRW, Frau Will/<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf als Vorsitzende<br />

des gemeinsamen Prüfungsausschusses im<br />

Ausbildungsberuf Vermessungstechniker/in<br />

für das Land NRW.<br />

Insgesamt 129 Zuhörer waren der Einladung<br />

gefolgt: 74 Behördenvertreter, 26 Öffentlich<br />

bestellte Vermessungsingenieure/innen (Öb-<br />

VermIng), 25 Berufsschullehrer und 4 Vertreter<br />

von Ingenieurbüros, Baufirmen und Versorgungsunternehmen.<br />

Die Eingangsfrage nach den aktuellen Einsatzgebieten<br />

ergab folgendes:<br />

VT werden bei ÖbVermIng und Behörden eingesetzt<br />

im klassischen Außendienst als Messgehilfen<br />

oder Messtruppführer, im Innendienst<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 95


ei der Zusammenstellung von Vermessungsunterlagen,<br />

der Auswertung mit Rechen- und<br />

Zeichenprogrammen, der Datenerfassung für<br />

Ausgleichungsaufgaben und der Pflege von<br />

digitalen Datenbeständen. Die klassischen<br />

Aufgaben sind geblieben, die Methoden haben<br />

sich geändert. Bei Versorgungsunternehmen<br />

steht nicht mehr die eigentliche Vermessung<br />

sondern die Pflege von GIS und Auskunftssystemen<br />

im Vordergrund. Ausgebildet werden<br />

VT in NRW zu 60 % bei ÖbVermIng, zu 20 %<br />

bei öffentlichen Verwaltungen und zu weiteren<br />

20 % in der freien Wirtschaft.<br />

Abb. 1: Das Podium<br />

Einigkeit bestand in der Forderung, dass VT<br />

intensiver als bisher im GIS-Bereich ausgebildet<br />

und einige alte Zöpfe in der Ausbildung<br />

abgeschnitten werden müssen. Ebenso wurde<br />

die Notwendigkeit gesehen, das Berufsbild so<br />

zu öffnen, so dass VT auch in anderen Disziplinen<br />

der „Geo-Berufe“ Verwendung finden<br />

können.<br />

Ungeklärt blieb die Frage, ob die Spezialisierung<br />

in verschiedene Bereiche – genannt werden<br />

Bodenwirtschaft, Liegenschaftsvermessung<br />

und Geoinformation – schon innerhalb<br />

der Berufsausbildung durch das Angebot verschiedener<br />

Schwerpunkte oder erst danach<br />

stattfinden soll.<br />

Eindeutig verneint wurde die Frage, ob die<br />

Ausbildung der VT von der GIS-Ausbildung<br />

ganz getrennt werden soll. Damit die Ausbildungsbetriebe<br />

hier eine umfassende Ausbildung<br />

gewährleisten können, wurde ein Ausbildungsverbund<br />

zwischen spezialisierten Ausbildungsstellen<br />

angeregt.<br />

96<br />

Die meisten Redner sprachen sich für eine solide<br />

Grundausbildung mit erweiterten Kenntnissen<br />

in GIS ohne weitere Spezialisierung aus.<br />

Die Abgrenzung zum staatlich geprüften VT<br />

und zum Ingenieur bzw. Bachelor müsse<br />

beachtet werden.<br />

Abb. 2: Die Zuhörer<br />

Beklagt wurden allgemein die nicht ausreichenden<br />

mathematischen und allgemeinen<br />

Kenntnisse der Ausbildungsbewerber. Viele<br />

Jugendliche schreckten wegen der mathematischen<br />

Ansprüche vor dem Beruf zurück, für<br />

leistungsfähigere Jugendliche und Abiturienten<br />

sei der Beruf häufig nicht mehr attraktiv.<br />

Berufsschulen und Ausbildungsbetriebe müssten<br />

enger zusammenarbeiten.<br />

Ausführlich diskutiert wurde der Gedanke, die<br />

Berufsausbildung zum VT zweistufig zu<br />

gestalten: Nach einer zweijährigen Ausbildung<br />

wäre ein erster Berufsabschluss möglich, nach<br />

dem dritten Ausbildungsjahr ein qualifizierter<br />

und spezialisierter Berufsabschluss. Dieser<br />

Vorschlag wurde vom Vertreter des Städtetages<br />

eingebracht, der ihn aber deutlich als eigenen<br />

Vorschlag und nicht den des Städtetages apostrophierte.<br />

Dieser Gedanke wurde von einigen<br />

Vertretern der Berufskollegs unterstützt, da<br />

damit auch schwächere Bewerber zu einem<br />

Berufsabschluss kommen könnten. Alle anderen<br />

Vertreter auf dem Podium lehnten eine Stufenausbildung<br />

ab: Keinesfalls dürfe das Ausbildungsniveau<br />

schwächeren Bewerbern angepasst<br />

werden, zweijährig Ausgebildete würden<br />

dreijährig Ausgebildete bei geringerem<br />

Lohn verdrängen und die Stufenausbildung<br />

verstärke die Wechselwirkung „billiger –<br />

schlechter“. In unserem Hochlohnland habe<br />

ein „VT-light“ keine Chance, eher müsse der<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


VT eine breite Ausbildung mit der Möglichkeit<br />

des Quereinstiegs in Nachbardisziplinen erhalten.<br />

Die Vertreterin einer Ausbildungsstelle<br />

sprach sich gegen eine zweijährige Berufsausbildung<br />

aus, da nach zwei Jahren intensiver<br />

Ausbildung das dritte Ausbildungsjahr, in dem<br />

der Auszubildende sich produktiv einbringen<br />

könne, entfalle.<br />

Die Notwendigkeit, das Berufsbild für leistungsfähige<br />

Jugendliche attraktiver zu gestalten<br />

wurde allgemein gesehen. Der BDVI<br />

schlug die Berufsbezeichnung „Vermessungsund<br />

Geoinformationstechniker“ oder ähnlich<br />

vor; diese Namensänderung wurde von der<br />

Vorsitzenden des gemeinsamen Prüfungsausschusses<br />

unterstützt. Der VDV war gegen eine<br />

Änderung der Berufsbezeichnung.<br />

Die Frage, ob eine Neuordnung der Berufsausbildung<br />

notwendig ist, wurde unterschiedlich<br />

beantwortet: Die Vertreter des Städte- und<br />

Gemeindebundes und des BDVI sahen keine<br />

gravierenden Umbrüche sondern nur eine<br />

gewöhnliche Fortentwicklung wie in anderen<br />

Berufen auch. Der VDV sah dringenden<br />

Modernisierungsbedarf. Ein Vertreter der<br />

Berufskollegs stellte dar, dass bei zurückgehender<br />

Beschäftigtenzahl im Vermessungswesen<br />

gleichzeitig die Arbeitslosigkeit von VT<br />

gestiegen sei. Er sah die Gefahr, dass bei<br />

Erlassbereinigung<br />

Die Redaktion der Verkündungsblätter des<br />

Innenministeriums NRW weist darauf hin, dass<br />

immer wieder Anrufe kommen und fragen, ob<br />

und welche alten Erlasse noch gelten. Es wird<br />

vermutet, dass die Erlassbereinigung von 2002<br />

bis 2004 und ihre Auswirkung nicht hinreichend<br />

bekannt sind. Um dem offensichtlich<br />

bestehenden Informationsdefizit entgegen zu<br />

wirken, hat die Redaktion jetzt in die aktuelle<br />

SMBl.NRW. unter der Gliederungsnummer<br />

1141 und dem Datum 27.02.2004 folgenden<br />

Hinweis eingestellt:<br />

„Hinweis zu dem Projekt der Landesregierung<br />

NRW – Bereinigung der Verwaltungsvor-<br />

unverändertem Berufsbild der VT-Beruf weiter<br />

an Bedeutung verliere und für leistungsfähige<br />

Jugendliche immer unattraktiver werde. Der<br />

Vertreter des Städtetages wies darauf hin, dass<br />

die Neuordnung ein langwieriger Prozess auf<br />

Bundesebene sei und dabei die traditionsreiche<br />

Berufsbezeichnung wahrscheinlich verloren<br />

gehe. Deswegen gab er der einfachen Anpassung<br />

den Vorzug. Die Vorsitzende des gemeinsamen<br />

Prüfungsausschusses fragte, ob das vorhandene<br />

rechtliche Regelwerk ausreicht, die<br />

neuen Methoden und Techniken in der Berufsausbildung<br />

ausreichend zu berücksichtigen.<br />

Sie stellte fest, dass eine Initiative zur Neuordnung<br />

des Berufs auf Bundesebene zwecklos<br />

sei, wenn in NRW keine einhellige Meinung<br />

dazu entwickelt werde. Sie forderte alle<br />

Berufsgruppen auf, abgestimmte Stellungnahmen<br />

zu diesen Fragen zu entwickeln und ihr bis<br />

Ende März <strong>2006</strong> zukommen zu lassen.<br />

Nachträgliche Anmerkung: Inzwischen wurde<br />

im Diskussionsforum des Landesvermessungsamtes<br />

NRW (www.lverma-forum.nrw.<br />

de) ein Forum zum Thema „Neuordnung des<br />

Ausbildungsberufes Vermessungstechniker/<br />

in“ eingerichtet.<br />

Hermann Theune<br />

Berufskolleg Ost der Stadt Essen<br />

theune@cityweb.de<br />

schriften (Erlasse) 2002 bis 2004“ – Bek. D.<br />

Innenministeriums (Redaktion der Verkündungsmedien)<br />

v. 27.2.2004.<br />

Danach sind alle die in der Loseblattsammlung<br />

befindlichen Verwaltungsvorschriften (Erlasse)<br />

der Landesregierung oder der obersten<br />

Landesbehörden außer Kraft getreten, die bis<br />

dahin nicht in die neue aktuelle elektronische<br />

SMBl.NRW. aufgenommen sind. Als Zeitpunkt<br />

des Außer-Kraft-Tretens wird in der<br />

Abschlusserklärung der 15. März 2004 festgesetzt.<br />

Wolfgang Klaus<br />

Innenministerium NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 97


Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen mit neuen Angeboten<br />

auf der CeBIT <strong>2006</strong><br />

Mit einer breiten Produktpalette und gleich<br />

zwei neuen Angeboten präsentierte sich das<br />

Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen<br />

auf der diesjährigen CeBIT in Hannover am<br />

Stand „e-future in NRW“ im erstmals auf der<br />

Messe eingerichteten Public Sector Parc.<br />

Zu den Angeboten zählt die neue PDA-Software<br />

als Erweiterung der Geogrid ® -Produktreihe<br />

Top10, Top25, Top50 und Top200. Bei<br />

dem Geogrid ® -PDA-Viewer handelt es sich um<br />

ein weiteres Geogrid ® -Produkt, das in Zusammenarbeit<br />

der Landesvermessungsämter mit<br />

der EADS Deutschland GmbH entwickelt<br />

wurde. Die Software dient der Visualisierung<br />

von Kartendaten auf einem PDA. Über eine<br />

Exportschnittstelle können die Daten aus der<br />

Geogrid ® -Produktreihe vom PC auf den PDA<br />

übertragen und über eine einfach strukturierte<br />

Nutzeroberfläche an jedem Ort verwendet werden.<br />

Die Software zum Preis von 25,- Euro ist<br />

unkompliziert über die Internetseiten des Landesvermessungsamtes<br />

zu beziehen. Unter<br />

98<br />

Staatssekretär Karl Peter Brendel (Innenministerium NRW) zu Besuch am Stand „e-future in NRW“<br />

www.lverma.nrw.de sind darüber hinaus weitere<br />

Produktinformationen aufgeführt.<br />

Auf der Weltmesse CeBIT wurde auch das<br />

„Geobasisdatenportal“ vorgestellt. Sämtliche<br />

Geobasisdaten wie topografische Karten,<br />

Luftbilder und Geländemodelle aber auch Produkte<br />

wie der Geogrid ® -PDA-Viewer können<br />

nunmehr zu jeder Tages und Nachtzeit über<br />

das Internet erworben werden. Besonderer Vorteil:<br />

Die Daten werden im Anschluss an die<br />

Bestellung vollautomatisch über das Internet<br />

bereitgestellt. Dadurch lassen sich die Geobasisdaten<br />

ohne jede Wartezeit für die verschiedensten<br />

Anwendungen wie Planungen, Auswertungen<br />

und Marketingmaßnahmen einsetzen.<br />

Der Onlineshop wird vom Landesvermessungsamt<br />

NRW betrieben und ist in<br />

Zusammenarbeit mit dem Landesamt für<br />

Datenverarbeitung und Statistik entwickelt<br />

worden. Offiziell wurde das Geobasisdatenportal<br />

am 12.04.<strong>2006</strong> im Rahmen einer Pressemitteilung<br />

des Innenministeriums NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


eröffnet und ist seither unter www.geobasis.<br />

nrw.de für jedermann zugänglich.<br />

Ebenfalls für Aufsehen sorgte die erstmals auf<br />

der CeBIT vorgestellte Pilotanwendung my-<br />

SDI mit deren Hilfe sich Karten und Luftbilder<br />

der Länder über das Handy abrufen lassen. Die<br />

Anwendung ermöglicht den Zugang zu den im<br />

Internet vorhandenen Geoinformationsdiensten<br />

über das Mobilfunknetz. Nach einem<br />

Download der Applikation kann mySDI direkt<br />

auf dem Handy gestartet werden und der<br />

Anwender bekommt den gewünschten Ausschnitt<br />

auf dem Display präsentiert. Dabei können<br />

die Karten und Luftbilder verschiedener<br />

Musterausschreibung ALKIS ® -NRW<br />

Um die Umstellung des Katasternachweises<br />

auf ALKIS ® zu fördern, beteiligt sich das Land<br />

NRW auch an der Entwicklung einer Musterausschreibung<br />

durch Finanzierung externer<br />

Beratung. Es hat sich ein Arbeitskreis gebildet,<br />

der bisher vornehmlich von den Ruhrgebietsstädten<br />

Bochum, Dortmund, Gelsenkirchen<br />

und Herne und dem Kreis Paderborn getragen<br />

wird. Nach dem derzeitigen Stand der Arbeiten<br />

ist davon auszugehen, dass bis zur Jahresmitte<br />

AdV-BDVI-Eckwertepapier:<br />

Gemeinsam für Staat, Wirtschaft und Gesellschaft<br />

Das AdV-BDVI-Eckwertepapier „Memorandum<br />

über die Zusammenarbeit im amtlichen<br />

Vermessungswesen Deutschland“ mit dem<br />

Titel „Gemeinsam für Staat, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft“ wurde am 08.11.2005 von dem<br />

AdV-Vorsitzenden Reinhard Klöppel und dem<br />

BDVI-Präsidenten Volkmar Teetzmann in<br />

Wiesbaden unterzeichnet. Das Papier steht im<br />

Internet zum Download zur Verfügung unter<br />

www.adv-online.de/extdeu/ broker.jsp? uMen<br />

=6ef405db-14d8-a901-e1f4-351ec0023010<br />

und www.bdvi.de. AdV und BDVI stellen in<br />

dem Papier ihre gemeinsamen Grundpositio-<br />

Maßstäbe stufenweise verkleinert oder vergrößert<br />

werden. Das neue Angebot entstand<br />

aus der Zusammenarbeit mit dem Technologie-<br />

Anbieter con terra GmbH aus Münster und den<br />

Vermessungsverwaltungen der Länder und<br />

wurde von der con terra GmbH ebenfalls im<br />

Public Sector Parc vorgestellt. Weitere Informationen<br />

zu mySDI und zum Download werden<br />

im Internet unter www.mysdi.de angeboten.<br />

Olaf Lüders<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

mit einer Version der Musterausschreibung<br />

gerechnet werden kann, die an interessierte<br />

Katasterbehörden abgegeben werden kann.<br />

Damit verbunden sein werden Hinweise zur<br />

Wahl des korrekten Vergabeverfahrens.<br />

Reinhard Gerner<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> Detmold<br />

nen zur gesellschaftlichen Bedeutung des amtlichen<br />

Vermessungswesens und ihre jeweils<br />

spezifischen, aufeinander abgestimmten Aufgaben<br />

und Kernfunktionen heraus. Die sich<br />

daraus ergebenden gemeinsamen und sich<br />

ergänzenden Ziele werden dargestellt. Damit<br />

wollen beide Partner ihrer Verantwortung<br />

gerecht werden, das amtliche Vermessungswesen<br />

in Deutschland ganzheitlich zu stärken und<br />

weiterzuentwickeln.<br />

Ulrich Jäger, <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

Klaus Mattiseck, Innenministerium NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 99


Gelungenes Beispiel partnerschaftlicher Öffentlichkeitsarbeit<br />

Als gelungenes Beispiel partnerschaftlicher<br />

Öffentlichkeitsarbeit – ganz im Sinne des AdV-<br />

BDVI-Eckwertepapiers „Gemeinsam für<br />

Staat, Wirtschaft und Gesellschaft“ – ist ein<br />

Ende letzten Jahres vom Rhein-Erft-Kreis herausgegebener<br />

Flyer anzusehen. Darin werden<br />

die Aufgaben des Vermessungs- und Katasteramtes<br />

und der Öffentlich bestellten Vermessungsingenieure<br />

unter dem Motto „Hand in<br />

Hand im Dienste der Bürgerinnen und Bürger“<br />

dargestellt. Der informative Faltprospekt ist<br />

100<br />

attraktiv gestaltet, gibt den Kunden wertvolle<br />

Hinweise und ist im Hinblick auf die partnerschaftliche<br />

Darstellung des kommunalisierten<br />

und „privatisierten“ Vermessungswesens in<br />

Nordrhein-Westfalen wegweisend. Im Internet<br />

ist der Flyer unter www.rhein-erft-kreis.de/<br />

stepone/data/downloads/1c/80/00/62_Flyer.<br />

pdf verfügbar.<br />

Ulrich Jäger, <strong>Bezirksregierung</strong> <strong>Köln</strong><br />

Klaus Mattiseck, Innenministerium NRW<br />

EDM-Eichstrecken NRW im Internet des Landesvermessungsamtes<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

Um alle Eichstrecken in NRW einheitlich präsentieren<br />

zu können, hat das LVermA NRW<br />

die Eichstrecken, die in dem Ergebnisbericht<br />

der Arbeitsgruppe EDM-Eichrichtlinien aufgeführt<br />

sind, ins Internet gestellt.<br />

Über zwei Möglichkeiten kann auf die Eichstrecken<br />

zugegriffen werden. Unter www.lverma.nrw.de<br />

� Produkte & Dienste � Dienstleistungen<br />

� Eichungen � Tachymeter ist<br />

unter der Beschreibung der Eicheinrichtungen<br />

die Eichstrecke aufgeführt. Dort anklicken und<br />

es öffnet sich ein Fenster mit der Überschrift<br />

Eichungen und Eichstrecken in NRW. Nach<br />

einem kurzen Einführungstext folgt eine Übersichtskarte<br />

von NRW, in der alle Eichstrecken<br />

dargestellt sind.<br />

Zum Anschauen und Aussuchen einer Eichstrecke<br />

ist in der Karte der Name der Eichstrecke<br />

anzuklicken. Es öffnet sich ein Fenster<br />

mit einem Ausschnitt der TK 100. Dieser Maßstab<br />

ist gedacht, um großräumig die Möglichkeit<br />

eines Anfahrtsweges mit einem Fahrzeug<br />

zu sondieren. Eine Leiste im linken Bildrand<br />

ermöglicht eine Vergrößerung über die TK 25<br />

und die DGK5. Unter „Bild“ kann ein Foto der<br />

Eichstrecke aufgerufen werden.<br />

Die Zusammenstellung mit den Namen der<br />

Eichstrecken, Ansprechpartner, Streckenlänge,<br />

Anzahl der Pfeiler und Download folgt unter<br />

der Übersichtskarte. Hier kann eine Karte der<br />

ausgesuchten Eichstrecke unter Anklicken des<br />

Symboles ZIP-Datei herunter geladen und ausgedruckt<br />

werden, um eine Karte zum Aufsuchen<br />

in der Örtlichkeit zur Hand zu haben.<br />

Ein weiterer Weg zu den Eichstrecken ist<br />

www.lverma.nrw.de � Tachymeter � Eichstrecken.<br />

Der Einstieg zum Aufrufen der Karten<br />

erfolgt wie oben beschrieben.<br />

Walter Knapp<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Wertermittlungsrichtlinien <strong>2006</strong> bekannt gegeben<br />

Am 1. März <strong>2006</strong> gab das Bundesministerium<br />

für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung die<br />

„Wertermittlungsrichtlinien <strong>2006</strong>“ bekannt.<br />

Schwerpunkte der Änderungen liegen in den<br />

Regelungen zur Bewertung der Erbbaurechte<br />

sowie der personenbezogenen Rechte. Die seit<br />

1976 insbesondere im 4. Kapitel weitgehend<br />

unverändert gebliebenen Richtlinien sind<br />

durch die nunmehr vorgenommenen durchgreifenden<br />

Änderungen, die den aktuellen<br />

Stand der herrschenden Fachmeinung widerspiegeln,<br />

als richtungsweisend zu bezeichnen.<br />

Sie entstanden in enger Zusammenarbeit mit<br />

Mitgliedern des Arbeitskreises Wertermittlung<br />

des Deutschen Städtetags. Auch Stellungnahmen<br />

z.B. anderer Fachressorts sowie der Sachverständigenverbände<br />

wurden berücksichtigt.<br />

Neben redaktionellen Änderungen und Klarstellungen<br />

des Vorschriftenwortlauts wurde<br />

nunmehr der Liegenschaftszinssatz als der in<br />

der Regel zugrunde zu legende Zinssatz definiert.<br />

Wegen der enthaltenen Öffnungsklausel<br />

sind jedoch im Einzelfall auch andere Zinssätze<br />

zugelassen.<br />

Wesentliche Änderungen haben sich im vierten<br />

Kapitel für Bewertungen im Zusammenhang<br />

mit Erbbaurechten ergeben. Da das Vergleichswertverfahren<br />

mangels geeigneter<br />

Vergleichsfälle in der Praxis selten zur Durchführung<br />

gelangt, wurde die sogenannte finanzmathematische<br />

Methode grundlegend überarbeitet.<br />

Im Mittelpunkt der bisherigen<br />

Fassungen der WertR stand der Wertfaktor, mit<br />

dem die kapitalisierte Differenz zwischen<br />

erzielbarem und angemessenem Erbbauzins<br />

multipliziert wird – er soll gleichzeitig u.a. die<br />

Einschränkungen des jeweiligen Rechts erfassen.<br />

An seine Stelle ist ein Marktanpassungsfaktor<br />

getreten, der lokal aus dem Verhältnis<br />

Kaufpreis zu finanzmathematischem Wert des<br />

Erbbaurechts abgeleitet wird.<br />

Konsequent an den Stand der Technik angepasst<br />

richten sich die Regelungen zur Bewertung<br />

der personenbezogenen Rechte „Wohnungsrecht“<br />

und „Nießbrauch“ an der<br />

Methodik der Leibrentenberechnungen aus.<br />

Die Vor- und Nachteile für den Rechtsinhaber<br />

und den Grundstückseigentümer werden mittels<br />

der für die aktuellen Sterbetafeln des Statistischen<br />

Bundesamts ermittelten Leibrentenbarwertfaktoren<br />

kapitalisiert. Neu bei der<br />

Ermittlung des Wertes eines durch Nießbrauch<br />

belasteten Einfamilienhauses ist die Diskontierung<br />

des Wertes der unbelasteten Immobilie<br />

mit Hilfe des an die Lebenserwartung gebundenen<br />

Abzinsungsfaktors über die Restlebenserwartung<br />

der berechtigten Person. Erst<br />

danach werden die kapitalisierten Vor- und<br />

Nachteile berücksichtigt. Neu gefasst wurden<br />

auch die Modelle zur Bewertung von Wegerechten<br />

und Überbauten.<br />

In Gänze überarbeitet wurden die insgesamt 24<br />

Beispielrechnungen. Sie erhellen die ohnehin<br />

klar gefassten textlichen Formulierungen und<br />

verdeutlichen die Modellstrukturen. Hervorzuheben<br />

ist die Tatsache, dass alle darin vorkommenden<br />

Zahlen lediglich beispielhaft aufgeführt<br />

sind und keineswegs Wertansätze<br />

festschreiben wollen, die der Sachverständige<br />

ohnehin aus dem örtlichen Immobilienmarkt<br />

und seinem persönlichen Erfahrungsschatz<br />

abzuleiten hat.<br />

Hans-Wolfgang Schaar<br />

Stadt Essen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 101


Gutachterausschüsse stellen Weichen für IRIS.NRW<br />

In der Plenarversammlung ihrer Arbeitsgemeinschaft<br />

schrieben die Vorsitzenden Mitglieder<br />

der Gutachterausschüsse und des Oberen<br />

Gutachterausschusses für Grundstückswerte<br />

in Nordrhein-Westfalen am 28. März<br />

<strong>2006</strong> im Essener Ratssaal erneut Geschichte:<br />

Mit überwältigender Mehrheit beschlossen sie<br />

die Einführung des Immobilien-Richtwert-<br />

InformationsSystems IRIS.NRW. Ab Oktober<br />

<strong>2006</strong> soll schrittweise für möglichst viele Städte<br />

und Gemeinden in NRW eine Online-Auskunft<br />

über Durchschnittspreise von Einfamilienhäusern<br />

und Wohnungseigentum realisiert<br />

werden. Ein flächendeckendes Angebot ist ab<br />

Oktober 2007 geplant. Nach Eingabe weniger<br />

objektbeschreibender Parameter wie z.B. Lage<br />

des Objekts, Ausstattungsmerkmale, Wohnungsgröße<br />

wird aus den in den Kaufpreissammlungen<br />

der Gutachterausschüsse gespeicherten<br />

tatsächlich gezahlten Kaufpreisen ein<br />

Mittelwert ermittelt und samt seiner Streubreite<br />

angezeigt. Der Kunde kann sich diese Information<br />

anonymisiert als Liste ausgeben sowie<br />

auf einer Karte anzeigen lassen. Programmroutinen<br />

stellen die Plausibilität der mitgeteilten<br />

Daten sicher. Da diese Informationen nicht<br />

für Wertermittlungen im Einzelfall geeignet<br />

sind sondern lediglich einen Überblick über<br />

das Wertniveau verschaffen bzw. die Prüfung<br />

der Plausibilität einer Kaufpreisvorstellung<br />

oder einer Wertangabe ermöglichen sollen, ist<br />

ein Entgelt nicht vorgesehen. Zielgruppe der<br />

allgemeinen Preisauskunft sind Käufer, Verkäufer,<br />

Makler, Kreditinstitute sowie Behörden<br />

wie Arbeits- und Sozialverwaltung und die<br />

Finanzverwaltung. Dass das System funktionsfähig<br />

ist und auch Nachfrage besteht, wurde<br />

mit einem zur Intergeo 2005 in Düsseldorf<br />

erstellten Prototyp und im Rahmen eines Kundenforums<br />

erfolgreich getestet. Die Web-<br />

102<br />

Adresse lautet www.iris.nrw.de; vorerst können<br />

allerdings ausschließlich die Gutachterausschüsse<br />

zu Testzwecken zugreifen.<br />

Als weitere Ausbaustufe ist ab 2007 ein<br />

System von Immobilienrichtwerten geplant,<br />

das ab 2008 flächendeckend verfügbar sein<br />

soll. Hierbei wird der Kunde den bekannten<br />

Bodenrichtwerten vergleichbare Richtwerte<br />

für unterschiedliche Typen bebauter Immobilien<br />

erhalten, die mit Hilfe entsprechender Korrekturwerte<br />

an die Merkmale der zu bewertenden<br />

Immobilie angepasst werden können. Die<br />

Immobilienrichtwerte sind konzipiert als<br />

Grundlage für die Verkehrswertermittlung im<br />

Vergleichswertverfahren. Zielgruppen sind in<br />

erster Linie Sachverständige, darüber hinaus<br />

auch die oben genannten Zielgruppen.<br />

Schon einmal, im Jahr 2003, war der Plenarsaal<br />

im Essener Rathaus Schauplatz einer richtungsweisenden<br />

Entscheidung: Die AG-<br />

VGA.NRW beschloss seinerzeit ihr Erfolgskonzept<br />

BORIS.NRW, das einen weitgehend<br />

kostenfreien Zugriff auf die 30.000 in NRW<br />

beschlossenen Bodenrichtwerte ermöglicht.<br />

Heute liegen die täglichen Zugriffe auf das<br />

System zwischen 50.000 und 80.000<br />

(www.boris.nrw.de). In dieser Sitzung wurde<br />

bereits der Grundstein für ein bundesweite<br />

Linkportal zu allen Gutachterausschüssen<br />

gelegt, das von der Arbeitsgemeinschaft der<br />

Vermessungsverwaltungen der Länder entwickelt<br />

wurde (www.gutachterauschüsse-online.de).<br />

Hans-Wolfgang Schaar<br />

Stadt Essen<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Große Staatsprüfung in der Fachrichtung Vermessungs- und<br />

Liegenschaftswesen in Bonn-Bad Godesberg<br />

Das Oberprüfungsamt für den höheren technischen<br />

Verwaltungsdienst nahm vom 28. bis 30.<br />

März <strong>2006</strong> im Landesvermessungsamt Nordrhein-Westfalen<br />

in Bonn-Bad Godesberg die<br />

Große Staatsprüfung in der Fachrichtung Vermessungs-<br />

und Liegenschaftswesen ab. Fünf<br />

Vermessungsreferendarinnen und zehn Vermessungsreferendare<br />

des Landes Nordrhein-<br />

Westfalen nahmen in zwei Gruppen an diesem<br />

Examen teil. Ergebnis: Alle Teilnehmer haben<br />

die Prüfung mit Erfolg bestanden!<br />

Gruppenfoto vom 29.3.<strong>2006</strong><br />

Das Oberprüfungsamt mit Sitz in Frankfurt am<br />

Main ist als gemeinschaftliches Amt des Bundes,<br />

der Bundesländer und kommunaler Spitzenverbände<br />

für die gesamte Bundesrepublik<br />

tätig. Jährlich legen mehr als 250 Referendarinnen<br />

und Referendare nach zweijährigem<br />

Vorbereitungsdienst in den verschiedenen<br />

Fachrichtungen Hochbau, Städtebau, Wasserwesen,<br />

Straßenwesen, Bahnwesen, Maschinen-<br />

und Elektrotechnik, Vermessungs- und<br />

Liegenschaftswesen, Wehrtechnik, Luftfahrttechnik,<br />

Umwelttechnik/Umweltschutz und<br />

Landespflege ihre Große Staatsprüfung ab. Sie<br />

erwerben damit die Befähigung für den höheren<br />

technischen Verwaltungsdienst und sind<br />

berechtigt die Berufsbezeichnung „Assessor“<br />

mit einem die Fachrichtung kennzeichnenden<br />

Zusatz zu führen.<br />

Bewerberinnen und Bewerber für ein technisches<br />

Referendariat müssen ein abgeschlossenes<br />

wissenschaftliches Studium an einer Technischen<br />

Hochschule/Universität oder einer<br />

Gesamthochschule mit gleichwertigem wissenschaftlichen<br />

Studienangebot nachweisen.<br />

Die Vorraussetzung wird auch durch einen<br />

Masterabschluss an einer Technischen Hochschule/Universität<br />

oder einer Gesamthochschule<br />

erfüllt. Entsprechendes gilt für den<br />

Masterabschluss an einer Fachhochschule,<br />

wenn der betreffende Akkreditierungsbeschluss<br />

auch die Öffnungsklausel für den Zugang<br />

zum höheren Dienst enthält.<br />

Gruppenfoto vom 30.3.<strong>2006</strong><br />

Mehr Informationen zum Oberprüfungsamt<br />

für den höheren technischen Verwaltungsdienst<br />

gibt es im Internet unter:<br />

www.oberpruefungsamt.de<br />

Olaf Lüders<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 103


Termine<br />

Kolloquium im Sommersemester <strong>2006</strong><br />

Die Universität Bonn und die Bezirksgruppe<br />

<strong>Köln</strong> des Deutschen Vereins für Vermessungswesen<br />

erlauben sich, alle Fachkollegen und<br />

Freunde der Geodäsie zum Geodätischen Kolloquium<br />

im Sommersemester <strong>2006</strong> einzuladen.<br />

Vortragsfolge:<br />

Donnerstag, den 22. Juni <strong>2006</strong><br />

ÖbVermIng. Dr. Walter Schwenk, Berlin<br />

Bewertung und Übernahme einer Geschäftsstelle<br />

eines Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurs<br />

Aufgespießt<br />

Viele Vermesser haben viele Lagestati. Ich frage<br />

mich nur regelmäßig, woher sie die nehmen.<br />

Da denke ich gerne zurück an einen Referendarskollegen<br />

und großen Lateiner, der uns<br />

damals den sich aus der u-Deklination ergebenden<br />

Plural Statûs ins Gedächtnis gebrannt<br />

hat.<br />

An dieser Stelle also die Bitte an alle Fachkolleginnen<br />

und -kollegen, den Plural des Status<br />

(und damit auch des Lagestatus) mit Status zu<br />

104<br />

Donnerstag, den 06. Juli <strong>2006</strong><br />

Prof. Dr. Manfred Schneider, TU München<br />

Zur Entwicklung hochgenauer Bahntheorien<br />

Die Vorträge finden um 16.00 Uhr c.t. im Hörsaal<br />

XVI des Geodätischen Instituts, Nussallee<br />

17, 53115 Bonn, statt.<br />

Prof. Dr.-Ing. Kuhlmann<br />

Universität Bonn<br />

benennen, wobei der Plural mit einem langen<br />

u ausgesprochen wird. Es handelt sich hierbei<br />

um die so genannte u-Deklination der lateinischen<br />

Grammatik, die zum Beispiel auch für<br />

„Casus knacktus“ gilt.<br />

Deike Hagner<br />

<strong>Bezirksregierung</strong> Düsseldorf<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Buchbesprechungen<br />

Dr. Rainer Sandau (Hrsg.):<br />

„Digitale Luftbildkamera“<br />

Herbert Wichmann Verlag, Hüthig GmbH & Co. KG,<br />

Heidelberg, 2005; ISBN 3-87907-391-0; 342 Seiten,<br />

kartoniert Preis: 52,00 e<br />

Seit vielen Jahrzehnten werden Luftbilder für Zwecke<br />

der Landesvermessung mit analogen Reihenmesskammern<br />

erflogen. Auf Grund der rasanten Entwicklung<br />

in der digitalen Aufnahmetechnik stehen in den<br />

Vermessungsverwaltungen derzeit Überlegungen an,<br />

ab wann und mit welchem digitalen Aufnahmesystem<br />

sie die zur Produktion digitaler Orthophotos erforderlichen<br />

Luftbilder erfliegen lassen. Dabei stellt sich<br />

ihnen ferner die Frage, wie die Ergebnisse der neuen<br />

Technologie in die derzeit praktizierten Arbeitsprozesse<br />

einzubinden sind.<br />

Die Informationen, die Herr Dr. Sandau in seinem<br />

Buch „Digitale Luftbildkamera“ über die verschiedenen<br />

Sensorsysteme vermittelt, werden sicherlich zu<br />

einer Entscheidungsfindung beitragen. Mit Herrn Dr.<br />

Sandau hat der herausgebende Herbert Wichmann<br />

Verlag einen erfahrenen Experten als Autor gewinnen<br />

können, der seit Jahrzehnten in der Weltraumforschung<br />

tätig ist und an der Entwicklung einer digitalen<br />

Kamera beteiligt war.<br />

Das Buch, in dem alle Komponenten der Zeilen- bzw.<br />

Matrixkameras vom Aufnahmeobjektiv bis zum Massendatenspeicher<br />

eingehend abgehandelt werden,<br />

gliedert sich in folgende Kapitel:<br />

� Einleitung<br />

Chronologisch wird der Fortschritt der Technologien<br />

aufgezeigt, der von der analogen Kamera zur<br />

Realisierung digitaler Luftbildkameras, einsetzbar<br />

für Anwendungsbereiche in der Photogrammetrie<br />

und Fernerkundung, führte.<br />

� Grundlage und Definitionen<br />

� Aufnahmeobjekt und Atmosphäre<br />

In diesen beiden Kapiteln werden vertieft - durchsetzt<br />

von mathematischen Formeln und Beziehungen<br />

– die Strahlungs-, Optik- und Sensoreigenschaften<br />

behandelt, die die Qualität der optischen<br />

Abbildung der Aufnahmeobjekte beeinflussen.<br />

� Aufbau einer digitalen Kamera<br />

Die Ausführungen dieses umfangreichsten Kapitels<br />

befassen sich mit den vielfältigen Komponenten,<br />

aus denen sich das äußerst komplexe System<br />

zusammensetzt. Beginnend mit den Bausteinen<br />

der Optik und Mechanik werden die Nutzung von<br />

Filtern und optoelektronischen Wandlern, der<br />

Aufbau einer Fokalebene, das Aufbauprinzip für<br />

die sensornahe Elektronik, die Aufgaben der Digitalrechner,<br />

die Nutzung von Positions- und Lagemesssystemen<br />

und die Anforderungen an die<br />

Montageplattform ausführlich beschrieben und<br />

erläutert. Die Ausführungen schließen auch das<br />

heute praktizierte Flugmanagementsystem, das<br />

der Einsatz moderner Hard- und Softwarekomponenten<br />

ermöglicht, ein.<br />

� Kalibrierung<br />

Es wird dargelegt, dass Digitale Luftbildkameras<br />

eine modifizierte Form der Laborkalibrierung<br />

erfordern. Die anzuwendenden Verfahren richten<br />

sich nach dem Typ der Kamera (Flächen- oder Zeilensensor).<br />

� Datenprozessierung und Archivierung<br />

In diesem Kapitel wird die Abfolge der Datenverarbeitungsschritte<br />

erläutert und schematisch<br />

dargestellt.<br />

� Beispielsystem ADS40<br />

Die bisherigen Ausführungen bezogen sich auf<br />

den grundsätzlichen Aufbau und die Funktionsweise<br />

von digitalen Matrix- bzw. Zeilenkameras.<br />

Hier wird die Realisierung einer bestimmten Zeilenkamera<br />

konkret beschrieben. Bilderbeispiele<br />

von Luftbildern, die mit diesem Kamerasystem<br />

erflogen wurden, und die Abbildung davon abgeleiteter<br />

Luftbildprodukte schließen die Informationsvermittlung<br />

ab.<br />

Bis auf die mathematisch geprägten Passagen wird in<br />

dem vorliegenden Buch leicht verständlich und detailliert<br />

der Aufbau digitaler Kamerasysteme beschrieben.<br />

Überzeugend wird dargelegt, dass sich über die<br />

Nutzung der Aufnahmen digitaler Kameras für die<br />

Erledigung der bisherigen Aufgaben in der Photogrammetrie<br />

und Fernerkundung u. a. Qualitätsverbesserungen<br />

und Kostenersparnisse bei der Fertigung der<br />

abgeleiteten Produkte erzielen lassen. Darüber hinaus<br />

lassen sich weitere Anwendungsgebiete erschließen.<br />

Immer wieder wird der Vergleich zum Einsatz der bisherigen<br />

analogen Kamera und zur Nutzung ihrer Bildflugergebnisse<br />

gezogen.<br />

Zahlreiche Abbildungen und Graphiken tragen zum<br />

leichteren Verständnis bei. Angenehm ist es auch, dass<br />

des Öfteren zusammenfassende Rückblicke und<br />

erneute Einleitungen formuliert sind.<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong> 105


Die Ausführungen liefern Informationen, die eine<br />

endgültige Entscheidung für die Realisierung einer<br />

Matrix- oder Zeilenkamera noch offen lassen. Maßgebend<br />

ist hierfür letztlich der angestrebte Verwendungszweck<br />

und die verfügbare technologische Basis.<br />

Gleichermaßen offen bleibt, ob der Nutzer digitaler<br />

Bildflugergebnisse dem Einsatz des einen oder anderen<br />

Systems den Vorzug geben soll.<br />

106<br />

Nützlich sind auch das Abkürzungsverzeichnis, das<br />

umfangreiche Literatur- und Quellenverzeichnis<br />

sowie das Sachwörterverzeichnis.<br />

Wolfgang Kickbusch<br />

Landesvermessungsamt NRW<br />

: <strong>NÖV</strong> NRW 2/<strong>2006</strong>


Impressum<br />

Herausgeber<br />

Innenministerium<br />

des Landes Nordrhein-Westfalen<br />

Haroldstraße 5<br />

40213 Düsseldorf<br />

Telefon: (0211) 871- 01<br />

Telefax: (0211) 871- 2979<br />

E-Mail: referat36@im.nrw.de<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit<br />

Genehmigung des Herausgebers.<br />

Schriftleitung<br />

Ministerialrat Klaus Mattiseck<br />

Die Veröffentlichung eines Artikels besagt nicht,<br />

dass die vom Verfasser vertretene Ansicht mit der<br />

Auffassung des Innenministeriums unbedingt<br />

übereinstimmt.<br />

Einsendungen werden erbeten an:<br />

Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen,<br />

Referat 36 – Schriftleitung <strong>NÖV</strong>, 40190 Düsseldorf<br />

Satz, Druck und Vertrieb:<br />

Landesvermessungsamt NRW, 53170 Bonn

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