Equip® EHV - hundkatzepferd
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chirurgie<br />
Sabine Tacke leitet die Abteilung Anästhesie, perioperative Intensivmedizin und Schmerztherapie<br />
der Klinik für Kleintiere (Chirurgie) der Justus-Liebig-Universität Gießen. Die Arbeitsschwerpunkte<br />
der Fachtierärztin für Anästhesiologie und Chirurgie sind Schmerztherapie,<br />
Anästhesie, perioperative Intensivmedizin und Tierschutz. Sie ist nebenamtliche Tierschutzbeauftragte<br />
an ihrer Universität und Mitglied verschiedener internationaler Verbände, u. a. der<br />
Association of Veterinary Anaesthetists (AVA) und der International Veterinary Academy of Pain<br />
Management (IVAPM). Standespolitisch engagiert sich Sabine Tacke als Vorstandsmitglied der<br />
Landestierärztekammer Hessen und als Mitglied des Ausschusses für „Fachtierarztanerkennung“<br />
sowie als Vorsitzende des Ausschusses für „Aus-, Fortbildung und Strahlenschutz“. Seit 2008<br />
leitet sie die Initiative tiermedizinische Schmerztherapie (ITIS).<br />
* Sponsoren von ITIS sind: Bayer Healthcare, Boehringer Ingelheim Vetmedica, Merial, MSD<br />
Tiergesundheit Novartis Tiergesundheit, Pfizer Tiergesundheit und Vétoquinol.<br />
Eine Normierung für die Begriffe Empfehlungen,<br />
Leitlinie oder Leitfaden gibt es<br />
nicht. Sie alle haben grundsätzlich nur einen<br />
empfehlenden bzw. Rat gebenden<br />
Charakter. Sie sind deshalb auch kein<br />
zwingender Bestandteil im Berufsalltag<br />
von Tierärzten und sie sind nicht, wie z.B.<br />
Richtlinien, rechtsbindend. Leitlinien –<br />
oder eben Empfehlungen – haben stattdessen<br />
das Ziel, durch eine ausführliche Präsentation<br />
aktueller, dem derzeitigen<br />
Wissensstand entsprechender Erkenntnisse<br />
eine Entscheidungshilfe bei bestimmten<br />
Fragestellungen zu geben.<br />
So geben auch die „Empfehlungen für<br />
die Schmerztherapie in der Kleintierpraxis“<br />
Hilfestellungen bei Fällen, die sich an<br />
durchschnittlichen Situationen in der Praxis<br />
orientieren. Dazu zählen beispielsweise<br />
der Umgang mit chronischen Gelenkerkrankungen,<br />
perioperativen Schmerzen<br />
oder die analgetische Versorgung eines<br />
akuten Polytraumas.<br />
Von den vorgeschlagenen Therapien<br />
kann im Einzelfall natürlich abgewichen<br />
werden, sie stellen lediglich eine Richtschnur<br />
für typische klinische Konstella<br />
tionen dar. Für die individuelle Diagnostik<br />
und Therapie entscheidend ist letztlich immer<br />
das Gesamtbild des Patienten.<br />
Aus der Praxis für die Praxis<br />
Aus der Humanmedizin weiß man, dass<br />
die geringste Effektivität von Leitlinien erwartet<br />
werden kann, wenn Experten ohne<br />
Beteiligung derjenigen, für die diese Leitlinien<br />
bestimmt sind, mit deren Entwicklung<br />
betraut sind. Viele Untersuchungen<br />
haben das bestätigt. Die Empfehlungen<br />
sind deshalb auch aus der Praxis für die<br />
Praxis entwickelt worden: Sie wurden verfasst<br />
von der Initiative tiermedizinische<br />
Schmerztherapie (ITIS), einem Expertengremium,<br />
das sich aus Vertretern aller<br />
deutschen veterinärmedizinischen Fakultäten<br />
und von in der Praxis tätigen Tierärzten<br />
zusammensetzt. Sie alle beschäftigen<br />
sich im Rahmen ihrer Tätigkeiten – sei<br />
es als Pharmakologin, Anästhesiologin,<br />
Heimtierpraktiker oder als Chirurg – intensiv<br />
mit dem Thema Schmerzmanagement<br />
und brachten ihre jeweilige Expertise in<br />
die Empfehlungen mit ein.<br />
Entscheidung im Einzelfall<br />
Natürlich können (und wollen) die Empfehlungen<br />
keine Lehrbücher ersetzen.<br />
Auch gibt es bereits unzählige Fachpublikationen<br />
zum Thema. Die Empfehlungen<br />
können aber die vorhandenen Informationen<br />
bündeln und damit sowohl für Berufsanfänger,<br />
aber auch für bereits erfahrene<br />
Kolleginnen und Kollegen, die trotz hohen<br />
Wissensstandes mit einem nicht alltäglichen<br />
Fall konfrontiert werden, nützlich<br />
und hilfreich sein.<br />
Nehmen wir das Beispiel eines durch ein<br />
Auto angefahrenen Hundes: Diese Patienten<br />
werden häufig um sich beißend in die Praxis<br />
gebracht. Nicht selten wird dann zu einem<br />
Sedativum gegriffen. Die zur Verfügung stehenden<br />
Wirkstoffe können jedoch mit unerwünschten<br />
HerzKreislaufwirkungen verbunden<br />
sein. Sehr viel sinnvoller ist es in der<br />
Regel, ein Schmerzmittel zu geben (z.B. ein<br />
Opioid oder Metamizol). Aufgrund der<br />
Schmerzausschaltung beruhigt sich das Tier<br />
und lässt sich untersuchen.<br />
Ein weiteres Beispiel wäre der Patient<br />
mit akuten abdominalen Schmerzen. Natürlich<br />
sollten die Schmerzen möglichst<br />
schnell gelindert werden. Was häufig nicht<br />
bedacht wird: Nicht nur die Wirkungsdauer<br />
der verschiedenen Analgetika kann unterschiedlich<br />
lang sein, sondern auch die<br />
Dauer bis zum Wirkungseintritt variiert<br />
zum Teil stark. Beim partiellen Opioid<br />
Agonisten Buprenorphin oder den nichtsteroidalen<br />
Antiphlogistika etwa kann diese<br />
bis zu 30 Minuten betragen. Daher muss<br />
bis zum Eintritt der Wirkung der Schmerz<br />
mit einem anderen Analgetikum (z.B. Butorphanol,<br />
Ketamin, Metamizol, Methadon)<br />
überbrückt werden.<br />
Nicht selten unterversorgt sind auch<br />
Augenschmerzen. Dabei sind das Auge<br />
und seine Adnexe durch die dichte sensible<br />
Innervation besonders schmerzempfindlich.<br />
Daher ist bei allen ophthalmologischen<br />
Erkrankungen auf eine adäquate<br />
Schmerztherapie zu achten. Topisch angewandte<br />
Medikamente wirken jedoch nur<br />
im vorderen Augenabschnitt bis zur Iris.<br />
Schmerzen, die durch Erkrankungen in den<br />
hinteren Augenabschnitten verursacht werden,<br />
können nur durch systemische Applikation<br />
von Analgetika therapiert werden.<br />
Die richtige Medikation<br />
Nicht jedes angewendete Medikament<br />
passt zum jeweiligen Schmerz. Es gibt aus<br />
30 <strong>hundkatzepferd</strong> 04|12