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PFLEGE FÜR MENSCHEN MIT PFLEGEBEDARF - Carers

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<strong>PFLEGE</strong> FÜR <strong>MENSCHEN</strong> <strong>MIT</strong><br />

<strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

MODUL 5: <strong>PFLEGE</strong> EINES KINDES <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktische Blätter<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

●<br />

5.1. Die Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf<br />

5.2. Wie man die Entwicklungsbedürfnisse von Kindern<br />

abdecken kann<br />

5.3. Wie man Kinder mit Pflegebedarf großzieht (erzieht)<br />

5.4. Unabhängig werden<br />

5.5. Meine Gefühle als pflegende/r Angehörige/r gegenüber<br />

meinem Kind<br />

5.6. Die eigene Lebensqualität<br />

5.7. Wie man Informationen über Gesetze, Leistungsanspruch,<br />

und Möglichkeiten der Assistenz findet<br />

Manfred Pretis<br />

S.I.N.N. (Sozial Inovatives Netzwerk) Graz, 2008.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.1. Kinder mit Pflegebedarf 5.1.1. Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

Bewusstsein in Bezug auf die Mehrdeutigkeit von Das Erkennen und richtige Interpretieren von<br />

Signalen (Kinder mit Pflegebedarf senden uns verbalen oder nicht verbalen Signalen des<br />

oftmals Signale, die schwierig zu interpretieren Kindes, die die Bedürfnisse des Kindes<br />

sind, oder haben Schwierigkeiten, ihre Bedürfnisse widerspiegeln.<br />

auszudrücken).<br />

Die Förderung des Selbstvertrauens des Kindes,<br />

Wissen über das Ziel von Entwicklungsprozessen indem man das Kind eigenständig Erfahrungen<br />

in Richtung zunehmender Eigenständigkeit. sammeln lässt.<br />

Wissen über die Wichtigkeit der Ausgewogenheit Das Erkennen von möglichem Leidensdruck<br />

von Training/Therapie und Zeit für das Kind im durch überfordernde Therapien.<br />

Sinne von Zeit für Spiele, Spaß und Bindung.<br />

.<br />

A.1 Präsentation des Themas<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

Richtiges Erkennen und<br />

Interpretieren der Signale von<br />

Kindern mit Pflegebedarf.<br />

Förderung der Eigenständigkeit des<br />

Kindes.<br />

Die Bedeutung von Spaß und Zeit<br />

zum Spielen für ein Kind mit<br />

Pflegebedarf.<br />

A.2 Persönliche Erfahrungen der<br />

pflegenden Angehörigen<br />

Welche persönlichen Erfahrungen habe ich in<br />

Bezug auf das Thema der Eigenständigkeit<br />

meines Kindes<br />

Wie interpretiere ich Signale meines Kindes<br />

In welchen Situationen ist es einfach für mich,<br />

die Signale meines Kindes zu interpretieren,<br />

wann ist es schwierig<br />

Wie habe ich in dieser realen Situation<br />

reagiert<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B1 Hauptaspekte<br />

Für die meisten Eltern ist es schwierig, Signale von kleinen Kindern zu<br />

interpretieren, da Kleinkinder keine große Vielfalt an verbalen Mustern<br />

zeigen (z.B. Weinen, wenn sie müde, hungrig, durstig sind oder<br />

Schmerzen haben). Auch für Eltern von Kindern ohne Pflegebedarf ist<br />

es manchmal schwierig, herauszufinden, welches Bedürfnis das Kind<br />

durch welches spezielle Verhalten ausdrückt. Für Eltern, die Kinder mit<br />

speziellen Bedürfnissen pflegen, ist es sicherlich oftmals noch<br />

schwieriger, die Signale des Kindes richtig zu interpretieren.<br />

Jedes Verhalten des Kindes spiegelt ein Bedürfnis des Kindes wider.<br />

Manchmal ist die Versuchs- und Irrtumsmethode ein guter Weg<br />

herauszufinden, was das Kind ausdrücken möchte. Es ist wichtig, sich<br />

als Elternteil eines Kindes mit Pflegebedarf Zeit zu nehmen, vor allem,<br />

wenn die Signale des Kindes unklar oder mehrdeutig sind.<br />

Aufmerksamkeit dem Kind gegenüber stellt immer die Basis für die<br />

Bedürfnisse des Kindes dar. Ungeduldigkeit ist verständlich, vor allem,<br />

wenn es schwierig ist, das Verhalten des Kindes zu interpretieren,<br />

jedoch unterstützt diese das Kind nicht. Geduld und Aufmerksamkeit<br />

dem Kind gegenüber sind die zwei Hauptfaktoren für Eltern, Signale<br />

ihres Kindes richtig zu interpretieren.<br />

Mein Kind etwas selbst tun zu lassen, ist der wichtigste Schritt, seine<br />

Selbstständigkeit zu steigern. Eltern von Kindern mit Abhängigkeiten<br />

muss immer bewusst sein, dass sie einschätzen müssen, ob ihr Kind<br />

in der Lage ist, gewisse Aktivitäten alleine durchzuführen oder<br />

welche Art von Hilfe zur eigenständigen Durchführung der Tätigkeit<br />

notwendig ist. Kinder mit Abhängigkeit sind nicht nur Patienten, die<br />

therapeutische Intervention benötigen, sie sind auch und vor allem<br />

Kinder, die genau die gleichen Dinge brauchen, die auch Kinder ohne<br />

Pflegebedarf brauchen: Liebe, Bindung, Freude, Spiele, die<br />

Möglichkeit „unsinnige“ Dinge zu tun. Kinder brauchen<br />

Ausgewogenheit zwischen therapeutischen Handlungen und<br />

gelenkten Aktivitäten wie Spielen.<br />

Weiterführende Literatur<br />

Pretis, M. (2003). Fruehfoerderung planen, durchfuehren und evaluieren. Muenchen: Reinhardt<br />

http://www.thespasticcentre.com.au/files/docs/social_skills.pdf<br />

http://www.dhss.mo.gov/PediatricToolkit/Childrenwithspecialneeds/Childrenwithdisabilities.doc<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.1. Kinder mit Pflegebedarf 5.1.2. Fallbeispiel<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

Die Eltern (Mutter und Vater) von Chris, einem vier Jahre alten,<br />

querschnittsgelähmten Buben, suchten nach speziellen Therapien<br />

für ihren Sohn. Chris besuchte täglich von 8 bis 14 Uhr einen<br />

Kindergarten für Kinder mit speziellen Bedürfnissen. Im Kontext<br />

des Kindergartens hatte er Kontakt zu einer Logopädin, einem<br />

Physiotherapeuten, speziellen PädagogInnen und<br />

PsychologInnen. Chris ging gern in den Kindergarten, genoss den<br />

Kontakt mit Gleichaltrigen und den Ablauf seiner Therapien im<br />

Rahmen der Spiele im Kindergartensetting. Dann hörten die<br />

Eltern jedoch von einer neuen Therapiemethode, die die<br />

Grobmotorik von Chris stimulieren konnte. Diese Methode<br />

basierte auf einem sehr streng strukturiertem Ablauf und deshalb<br />

mussten die Eltern ihr Leben auf der Basis der Therapien neu<br />

organisieren. Chris fuhr gemeinsam mit seiner Mutter auf ein<br />

dreiwöchiges Intensivtraining in eine andere Stadt. Es zeigten<br />

sich einige Fortschritte in Bezug auf seine grobmotorischen<br />

Fähigkeiten. Die Eltern bekamen einen speziellen Trainingsplan<br />

für den täglichen Ablauf. Einige Wochen später kamen die Eltern<br />

zur Beratungsstelle und schilderten ihre Ängste und Sorgen<br />

bezüglich der verschriebenen Therapie. Vor allem die Mutter<br />

äußerte große Belastungen, weil sie den ganzen Tag über immer<br />

daran denken musste, was sie hinsichtlich des Trainings mit<br />

ihrem Kind machen sollte. Zusätzlich zeigte Chris erste<br />

Anzeichen von Unbehagen, als seine Mutter versuchte, aus dem<br />

Kochen eine Therapiesituation zu gestalten. Chris verweigerte<br />

jegliche Übung und fing auch an, die Mutter zu schlagen. Die<br />

Mutter war schockiert und fragte sich, ob die Therapie<br />

eingehalten werden sollte oder nicht.<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

Fallbeispiel<br />

Ein Kind mit Pflegebedarf braucht eine<br />

sichere Basis im Sinne einer positiven,<br />

stabilen und beständigen Bindung zu<br />

mindestens einem Erwachsenen.<br />

Ein Kind mit Pflegebedarf braucht eine<br />

Langzeitperspektive in Bezug auf seine<br />

Selbstständigkeit und weitere Entwicklung.<br />

Ein Kind mit Pflegebedarf ist vielleicht<br />

nicht in der Lage, alle Pflegeprozesse und<br />

Behandlungen zu verstehen. Versuchen Sie<br />

dem Kind trotzdem zu erklären, was Sie<br />

oder andere Pflegepersonen mit ihm<br />

machen werden. Versuchen Sie im Falle<br />

einer beängstigenden Intervention, die<br />

eventuell auch weh tut, das Kind so gut wie<br />

möglich abzulenken.<br />

Kinder mit Pflegebedürfnissen lösen<br />

oftmals Mitleid oder Traurigkeit bei<br />

pflegenden Angehörigen aus. Versuchen<br />

Sie, normale Lebenswege zu gehen z.B. in<br />

Bezug auf Geburtstagsfeiern, Urlaube, das<br />

Mitmachen bei öffentlichen Festen,<br />

Familienfeiern und so weiter. Das wird<br />

Ihnen als pflegende/r Angehörige/r helfen<br />

zu verstehen, dass ein pflegebedürftiges<br />

Kind an Strukturen und Ereignissen in<br />

unserer Kultur teilhaben kann.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

Pretis, M. (2003). Fruehfoerderung planen, durchfuehren und evaluierrn. Muenchen: Reinhardt<br />

http://www.bemyparent.org.uk/features/providing-a-secure-base-for-troubled-children-the-role-of-attachment,66,AR.html<br />

Bowlby, J. (2005): A secure base. London: Routledge<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.1. Kinder mit Pflegebedarf 2.1.3. Wie handeln<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate<br />

Weise umzugehen<br />

Kinder mit Pflegebedarf artikulieren womöglich keinen<br />

Leidensdruck. Die individuellen Signale des Schmerzes oder der<br />

Bedürfnisbefriedigung können mehrdeutig sein. Deshalb müssen<br />

pflegende Angehörige in der Lage sein, diese Signale der Kinder<br />

sehr feinfühlig zu interpretieren, wobei womöglich erst eine<br />

Versuchs-und-Irrtums-Methode zu einem glücklichen Kind führt.<br />

Andererseits kann auch das emotionale Leid der pflegenden<br />

Angehörigen selbst eine wichtige Rolle spielen: der Pflege von<br />

alten Menschen ist in den meisten Fällen ein glückliches,<br />

erfolgreiches und zufriedenstellendes Leben vorangegangen.<br />

Deshalb kann der Pflegprozess als ein langsamer, auf einem<br />

erfüllten Leben basierender Abschied gesehen werden. Ein Kind<br />

mit Pflegebedarf auf der anderen Seite wird manchmal als<br />

menschliches Wesen erlebt, das Chancen des Lebens verpassen<br />

wird. Aufgrund dieses Gefühls des “Zukurzkommens” zeigen<br />

pflegende Angehörige, die Kinder pflegen, meist höheres<br />

emotionales Leid als Pflegekräfte von alten Menschen. Darüber<br />

hinaus verläuft die Lebensentwicklung von Kindern ohne<br />

Pflegebedarf angefangen von der Grobmotorik, der Sprache, der<br />

Körperhygiene, über die Mobilität und Kommunikation bis hin zur<br />

finanziellen Autonomie und der eigenen Familiengründung in<br />

Richtung einer steigenden Selbstständigkeit und Autonomie. Diese<br />

Tendenz einer wachsenden Selbstständigkeit ist bei einem Kind mit<br />

Pflegebedarf gefährdet. Die Pflege eines pflegebedürftigen Kindes<br />

muss auch, und dies stellt einen sehr wichtigen Faktor dar, eine<br />

Langzeitperspektive für den/die pflegende/n Angehörige/n<br />

beinhalten. Dieses Thema ist besonders wichtig vor allem in Bezug<br />

auf die Bindung eines pflegebedürftigen Kindes zu Erwachsenen,<br />

da diese Bindung aufgrund von möglicherweise reduzierter<br />

Autonomie oftmals fester ist. Viele pflegende Angehörige von<br />

Kindern versuchen so viele Trainings und Therapien wie nur<br />

möglich mit ihrem Kind durchzuführen. Dies kann eventuell eine<br />

Bedrohung für die Bindung darstellen. Eltern bleiben Eltern, sie<br />

sind nicht die Trainer oder Therapeuten ihres Kindes. Der Alltag<br />

sollte nicht als fortwährender therapeutischer Prozess gesehen<br />

werden. Das tägliche Leben besteht aus Ritualen, der Möglichkeit<br />

Kind zu sein und Zeit mit geliebten Menschen zu verbringen.<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B3 Wichtige Ideen<br />

Spezifische Aspekte: Die Pflege eines Kindes<br />

mit Pflegebedarf beinhaltet, neben der<br />

täglichen Routine des Pflegeprozesses (die<br />

z.B. auch bei der Pflege von alten Menschen<br />

gegeben ist), verschiedene ganz spezifische<br />

Aspekte: den Aspekt des “Lehrerseins” für das<br />

Kind in Bezug auf eine eventuell verminderte<br />

Lernfähigkeit, den emotionalen Aspekt des/der<br />

Angehörigen und den Zeitaspekt in Bezug auf<br />

Langzeitperspektiven.<br />

Sichere Basis : Kinder mit Pflegebedarf<br />

brauchen eine sichere Basis im Sinne einer<br />

stabilen Bindung zu mindestens einem<br />

gesunden Erwachsenen. Das Leben eines<br />

Kindes mit Pflegebedarf sollte nicht von<br />

Therapie und Training dominiert werden.<br />

Durch negativen Stress in Bezug auf das<br />

Training, vor allem wenn die Eltern oder die<br />

pflegenden Angehörigen zu sehr involviert<br />

sind, könnte die stabile Bindung und somit die<br />

sichere Basis des Kindes gefährdet werden.<br />

Stabile Bindung: Im täglichen Leben sind<br />

Eltern in erster Linie Eltern und sollten auch<br />

Eltern bleiben. Das bedeutet, die<br />

grundsätzliche Herangehensweise sollte eine<br />

positive, stabile Bindung zu den pflegenden<br />

Angehörigen und eine herzliche Beziehung im<br />

Sinne eines Sicherheitsgefühls für das Kind<br />

darstellen. Therapien in exzessiver Form<br />

können diese sichere Basis für das Kind<br />

gefährden.<br />

B4: Übungen<br />

Beobachten Sie Ihr Kind während einer<br />

Spielsituation.<br />

Fragen Sie Ihren Partner oder Fachkräfte, wie<br />

diese gewisse Signale interpretieren.<br />

Denken Sie daran, was Sie als pflegende/r<br />

Angehörige/r zur Förderung der<br />

Selbstständigkeit Ihres Kindes brauchen.<br />

Wie kann ich einschätzen und merken, dass<br />

das Gleichgewicht zwischen therapeutischen<br />

Handlungen und eigenen, gelenkten<br />

Aktivitäten für mich und mein Kind stimmt<br />

-<br />

Weiterführende Literatur<br />

http://www.thespasticcentre.com.au/files/docs/social_skills.pdf<br />

Howe, D. (2006): Disabled children, parent-child interaction and attachment. In: Child & Family Social Work, Volume 11,<br />

Nr. 2, pp. 95-106.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.2. Wie man Entwicklungsbedürfnisse abdecken kann<br />

5.2.1 Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

<br />

Kenntnis über die Entwicklungsschritte meines Kindes.<br />

<br />

Kenntnis über die Entwicklungsschritte meines Kindes.<br />

<br />

Die Kompetenz, Entwicklungsbedürfnisse und<br />

Entwicklungsniveaus in Bezug auf die verschiedenen<br />

Entwicklungsbereiche zu beurteilen.<br />

<br />

Die Kompetenz, Entwicklungsbedürfnisse und<br />

Entwicklungsniveaus in Bezug auf die verschiedenen<br />

Entwicklungsbereiche zu beurteilen.<br />

<br />

Die Kompetenz, eigenständige Aktivitäten des Kindes<br />

zu respektieren und zu fördern.<br />

<br />

Die Kompetenz, eigenständige Aktivitäten des Kindes<br />

zu respektieren und zu fördern.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

A.1 Präsentation des Themas<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

Mein Wissen über wichtige Meilensteine in<br />

der Entwicklung.<br />

Mein persönliches Bild von meinem Kind<br />

(was erwarte ich von meinem Kind und<br />

wie kann ich eigene Aktivitäten meines<br />

Kindes bestärken<br />

A.2 Persönliche Erfahrungen der pflegenden<br />

Angehörigen<br />

Inwiefern bin ich ausreichend informiert in<br />

Bezug auf adäquate Entwicklung<br />

Wie kann ich mich über wichtige Eckpunkte<br />

der Entwicklung informieren<br />

Wie kann ich selbstständige Aktivitäten<br />

meines Kindes bestärken<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

Sowohl Kinder mit Pflegebedarf als auch Kinder ohne Pflegebedarf<br />

folgen vergleichbaren Entwicklungslinien. Dennoch kann die<br />

Entwicklung von Kindern mit Pflegebedarf in manchen Bereichen<br />

„verzögert“ sein. Das bedeutet nicht, dass alle<br />

Entwicklungsbereiche im gleichen Maße verzögert sind. Die<br />

Entwicklungsdomänen (z.B. Grobmotorik, Sprache,<br />

Spielverhalten) entwickeln sich nicht immer synchron und in<br />

gleicher Weise. Vor allem bei Kindern mit Pflegebedarf kann man<br />

beobachten, dass oftmals ein Entwicklungsbereich sehr gut<br />

ausgeprägt ist, jedoch andere Bereiche der Entwicklung erst<br />

weniger entwickelt sind.<br />

Entwicklung ist nie, auch bei Kindern ohne Pflegebedarf, ein<br />

synchroner Prozess, bei dem alle Entwicklungsbereiche gleich gut<br />

entwickelt sind. Wenn Sie Entwicklungsschritte in einem Bereich<br />

feststellen, seien Sie stolz auf Ihr Kind, bestärken Sie Ihr Kind und<br />

haben Sie Geduld, wenn Entwicklungsschritte in anderen Bereichen<br />

erst später passieren. Informieren Sie sich über statistische Daten in<br />

Bezug auf Meilensteine in der Entwicklung.<br />

Es kann auch passieren, dass Ihr Kind mit Pflegebedarf vielleicht in<br />

einigen Entwicklungsbereichen weiter entwickelt ist, als Kinder<br />

ohne Pflegebedarf. Seien Sie jedoch kritisch in Bezug auf diese<br />

Ecksteine und Daten der Entwicklung, wann ein Kind diesen und<br />

jenen Entwicklungsschritt erreichen sollte, da hier, bei Kindern mit<br />

und ohne Pflegebedarf, gravierende Unterschiede zwischen<br />

einzelnen Kindern und auch beim Kind selbst beobachtet werden<br />

können. Je älter Kinder sind, desto größer können auch die<br />

individuellen Unterschiede sein. Bestärkung von Verhalten zeigt<br />

immer bessere Effekte als Bestrafung. Kinder wollen aktiv sein und<br />

ihre Welt aktiv erforschen. Ihnen die Möglichkeit zu geben,<br />

selbstständig zu agieren, ist eine wichtige Bestärkung für das Kind<br />

Weiterführende Literatur<br />

▪http://www.nichcy.org/Disabilities/Milestones/Pages/Default.aspx<br />

http://eclkc.ohs.acf.hhs.gov/hslc/ecdh/Disabilities/Identifying%20Children%20with%20Disabilities<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.2. Wie man Entwicklungsbedürfnisse abdecken kann 5.2.2 Fallbeispiel<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

Es ist wichtig, die eigenen Aktivitäten des Kindes zu beobachten,<br />

diese zu bekräftigen und auch diese zu differenzieren. Julia (2 Jahre<br />

alt) wurde mit einem schweren Herzfehler geboren, weswegen sie für<br />

viele Monte im Spital bleiben musste. Schließlich konnte sie, nach<br />

ihrer Herzoperation, endlich nach Hause zu ihren Eltern, die auf der<br />

einen Seite sehr froh und erleichtert waren, dass ihre Tochter überlebt<br />

hat und das Spital verlassen konnte. Auf der anderen Seite waren sie<br />

sehr besorgt in Bezug auf ihre eigene Kompetenz, Julia auf die<br />

richtige Art und Weise zu stimulieren. Aufgrund ihrer Herzkrankheit<br />

zeigte Julia Zeichen schneller Ermüdung. Sie schlief sehr viel und<br />

war nur zwischen einer halben Stunde und einer Stunde auf, bevor sie<br />

wieder einschlief. Julia verfügte über einige Grundfähigkeiten in<br />

Bezug auf ihre Grobmotorik. Sie konnte ihren Kopf heben. Sie zeigte<br />

auch großes Interesse an visueller Stimulation, speziell was andere<br />

Personen betraf. Sie verfolgte die Tätigkeiten ihrer Mutter sehr genau,<br />

schaute am Spielplatz sehr interessiert und genoss dort vor allem die<br />

Geräusche und Bewegungen von anderen Kindern. Das bedeutet, dass<br />

zu diesem Zeitpunkt in Julias Entwicklung der Sehsinn der<br />

hauptsächliche Wahrnehmungssinn für Julia war. Es ist sehr wichtig,<br />

die Eltern zu informieren, dass auch das Beobachten bei Kindern<br />

einen aktiven Prozess darstellt. Es war nicht vordergründig<br />

notwendig, Spiele und Spielsachen für Julia anzubieten, was<br />

vielleicht für Kinder ohne Pflegebedarf altersgemäß wäre. Julias<br />

Strategie war es, so viele Sozialkontakte wie nur möglich zu haben,<br />

bei denen sie beobachten konnte. Nachdem sie andere Menschen eine<br />

Zeit lang beobachtet hatte, schlief sie wieder ein. Aber als sie wieder<br />

aufwachte, erfreute sie sich wieder an der visuellen Stimulation durch<br />

andere Personen. Wir bemerkten, dass Julia nach einem Monat die<br />

ersten Zeichen von grobmotorischen Bewegungen zeigte, mit denen<br />

sie aktiv in Kontakt mit ihrer Umwelt treten konnte. Sie bewegte ihre<br />

Arme und versuchte, andere Menschen zu fassen. Zu diesem<br />

Zeitpunkt war es für die Eltern offensichtlich, dass Grobmotorik und<br />

Greifen die momentanen Hauptentwicklungsziele für Julia waren.<br />

Das Beispiel zeigt, das Kinder normalerweise selbst ganz klar zeigen,<br />

welche Wahrnehmungsorgane sie einsetzen und wie sie ihre Umwelt<br />

aktiv erforschen wollen. Manchmal ist es für pflegende Angehörige<br />

schwierig, diese Hinweise richtig zu interpretieren.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit<br />

der Fallstudie<br />

Es kann sehr hilfreich sein, dem<br />

Kleinkind mit Pflegebedarf einfach für<br />

einige Minuten (ca. 15 Minuten)<br />

zuzuschauen, um zu sehen, wie das Kind<br />

versucht, mit seiner Umwelt in Kontakt<br />

zu treten und diese zu erforschen.<br />

Sehr früh in der Entwicklung ist dies<br />

sicherlich eine große Herausforderung für<br />

Eltern und pflegende Angehörige, da die<br />

Zeichen, die das Kind aussendet,<br />

vielleicht nicht immer ganz eindeutig<br />

sind. Mit zunehmendem Alter werden<br />

diese Signale jedoch deutlicher, im<br />

Speziellen, wenn diesen Zeichen Sprache<br />

oder motorische Hinweise hinzugefügt<br />

werden.<br />

Das Bestätigen von eigenen Interessen<br />

und Vorlieben des Kindes kann als eine<br />

Methode angesehen werden, die die<br />

Selbstwirksamkeit des Kindes im Sinne<br />

von “Ich kann dies tun” und das<br />

Selbstwertgefühl im Sinne von „Ich<br />

merke, dass ich mit meiner Welt zurecht<br />

komme“ stärken. Spezifische Aktivitäten<br />

sind vom Entwicklungsalter von Kindern<br />

mit Pflegebedarf abhängig.<br />

Weiterführende Literatur<br />

Hauser-Cram, P. et al. (2001): Children with disabilities: A longitudinal study of child development and parent<br />

well-being. Monographs of the Society for Research on Child Development, Volume 66, No. 3<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.2. Wie man Entwicklungsbedürfnisse abdecken kann 5.2.3 Wie handeln<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf<br />

adäquate Weise umzugehen<br />

Generell folgen Kinder mit Pflegebedarf vergleichbaren<br />

Entwicklungsschritten wie Kinder ohne Pflegebedarf.<br />

Trotzdem lässt sich beobachten, dass diese<br />

Entwicklungsschritte in vielen Fällen verzögert sind. Das<br />

bedeutet, dass Kinder mit Pflegebedarf mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit mehr Zeit benötigen, die einzelnen<br />

Entwicklungsschritte zu bewältigen. Für die Pflege<br />

bedeutet dies, dass die pflegenden Angehörigen geduldig<br />

sein sollten und einfühlsam den Interessen und<br />

Aktivitäten des Kindes mit Pflegebedarf folgen müssen.<br />

Weiters lässt sich feststellen, dass verschiedene<br />

Entwicklungsschritte,<br />

unterschiedliche<br />

Entwicklungsbereiche (wie Sprache, Grobmotorik,<br />

Feinmotorik, emotionale Entwicklung) betreffend,<br />

signifikante Diskontinuitäten aufweisen können. Selbst<br />

bei Kindern ohne Pflegebedarf können wir oftmals<br />

feststellen, dass mache Kinder beispielsweise schnellere<br />

Fortschritte im Bereich der Sprachentwicklung, andere<br />

im Bereich der Grobmotorik machen. Das bedeutet, dass<br />

verschiedene Entwicklungsschritte aus allen<br />

Entwicklungsbereichen auch bei Kindern ohne<br />

Pflegebedarf zeitliche Diskontinuitäten zeigen können.<br />

Dieser Aspekt ist auch im Bereich von Kindern mit<br />

Pflegebedarf wichtig. Für pflegende Angehörige bedeutet<br />

dies, dass sie Geduld aufbringen müssen, wenn ein Kind<br />

in einem Entwicklungsbereich große Fortschritte macht,<br />

wohingegen in einem anderen nur kleine Fortschritte zu<br />

beobachten sind. Das Wichtigste für Kinder mit<br />

Pflegebedarf ist die Entwicklung von Eigenständigkeit.<br />

Um dies zu erreichen, sollten pflegende Angehörige in<br />

Bezug auf jedes Stadium der Entwicklung die<br />

Aufmerksamkeit darauf legen, was das Kind selbst und<br />

alleine kann. Auf diese Art und Weise können wir das<br />

Selbstwertgefühl des Kindes, welches möglicherweise<br />

durch Behinderung oder Krankheit bedroht ist, stärken.<br />

Wir versorgen das Kind somit mit Signalen, die<br />

bestehende Kompetenzen im Sinne von „du kannst es<br />

tun“ (Leistungen) verstärken. Dadurch unterstützen wir<br />

die Konzentration und die Stimulation des Kindes.<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B.3 Wichtige Ideen<br />

Selbstständigkeit: Um die Selbstständigkeit eines<br />

Kindes mit Pflegebedarf zu fördern, ist es<br />

notwendig, den Entwicklungsbedürfnissen des<br />

Kindes, abhängig vom Entwicklungsalter und den<br />

Interessen des Kindes, nachzukommen.<br />

B4: Übungen<br />

Welche spezifischen Interessen meines Kindes<br />

beobachte ich (Lieblingsspielzeug,<br />

Lieblingstätigkeiten). Diese Interessen können<br />

Entwicklungsbedürfnisse indizieren.<br />

Manchmal haben wir als Eltern eine sehr klare<br />

Vorstellung, was unser Kind können sollte, oder<br />

welche Interessen unser Kind haben sollte.<br />

Manchmal hindert diese persönliche Einstellung die<br />

Entwicklung meines Kindes, da wir als Eltern<br />

vielleicht versuchen, unser Kind in eine gewisse<br />

Richtung zu drängen (z.B. in Österreich ein/e<br />

berühmte/r SkifahrerIn zu werden). Reden Sie mit<br />

ihrem Partner/Ihrer Partnerin oder Ihren<br />

FreundInnen über Ihr eigenes Bild des Kindes.<br />

Hören Sie auf andere, welches Bild sie, aus ihrer<br />

Sicht von Ihrem Kind haben.<br />

Darüber hinaus können wir die Entwicklung des<br />

Kindes fördern, wenn wir das Kind mit Pflegebedarf<br />

feinfühlig und sorgfältig beobachten.<br />

Was sind seine/ihre bevorzugten Aktivitäten<br />

Was mag und macht mein Kind gerne<br />

Was mag und macht mein Kind nicht gerne<br />

Wo kann ich entsprechende Informationen über<br />

die Entwicklung meines Kindes finden<br />

Was ist für mich persönlich, die Entwicklung<br />

meines Kindes betreffend, wichtig<br />

Mit welchen Wegen und Mitteln erforscht mein<br />

Kind seine Umgebung aktiv<br />

Diese Fragen verweisen auf den Sehsinn, den Hörsinn,<br />

die Motorik, den Geruchsinn und den Tastsinn..<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

Powers, L. Ed. (1996): On the Road to Autonomy: Promoting Self-competence in Children and Youth with<br />

Disabilities. Brookes: Baltimore.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.3. Wie man Kinder mit Pflegebedarf großzieht (erzieht) 5.3.1. Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

Die Kompetenz, eine sichere Basis für<br />

mein Kind zu gewährleisten.<br />

Über klare Signale meinem Kind<br />

gegenüber zu verfügen.<br />

Die Fähigkeit, auch für mein Kind mit<br />

Pflegebedarf Grenzen zu setzen.<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

Um eine sichere Basis für mein Kind zu<br />

schaffen, muss ich für mein Kind physisch<br />

anwesend sein und ihm auch psychologisch zur<br />

Verfügung stehen.<br />

Die Fähigkeit, auf respektvolle und eindeutige<br />

Art und Weise zu kommunizieren, damit mein<br />

Kind meine Signale versteht.<br />

Die Fähigkeit, Grenzen und Regeln zu<br />

vermitteln und dieses Verhalten im Sinne von<br />

Vorbildwirkung vorzuleben.<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

A1 Präsentation des Themas<br />

1. Erziehungsbedürfnisse des Kindes.<br />

2. - Die Wichtigkeit von Einigkeit in Bezug auf<br />

Erziehungsstrategien innerhalb des Familiensystems.<br />

3. Die Wichtigkeit von klaren Grenzen, Regeln und<br />

Signalen.<br />

A2 Persönliche Erfahrung der pflegenden Angehörigen<br />

Was tue ich, um für mein Kind eine sichere Bindung<br />

zu gewährleisten<br />

In welchen Situationen unterstütze ich das Gefühl<br />

einer sicheren Bindung für mein Kind<br />

Welche (Art von) Erfahrungen habe ich in Bezug auf<br />

eindeutige Signale meinem Kind gegenüber, z.B. nein<br />

zu sagen, wenn ich „nein“ meine<br />

In welchen Situationen ist es für mich einfach,<br />

eindeutige Signale zu geben und Grenzen zu setzen,<br />

wann ist es schwierig<br />

Warum sind Regeln und Grenzen wichtig für die<br />

Entwicklung meines Kindes<br />

Kinder mit Pflegebedarf und Kinder ohne<br />

Pflegebedarf haben den gleichen Bedarf an<br />

Erziehung. Kinder brauchen eine sichere<br />

emotionale Bindung zu zumindest einer<br />

Pflegeperson. Diese emotionale Basis muss nicht<br />

unbedingt automatisch die Mutter sein, dies kann<br />

auch z.B. der Vater oder die Großmutter sein.<br />

Kinder mit Pflegebedarf brauchen aufgrund ihrer<br />

Entwicklungsbeeinträchtigung vielleicht klarer<br />

verständliche Signale von Seiten der Eltern.<br />

Deshalb ist es möglicherweise notwendig,<br />

Erziehungssignale auf verschienen Ebenen<br />

auszusenden (zu kodieren): z.B. durch deutliches<br />

Sprechen, durch Berührung des Kindes, durch<br />

Einsetzen von nicht sprachlichen Zeichen, durch<br />

Verringerung von ablenkenden Umwelteinflüssen.<br />

Sowohl Kinder mit als auch Kinder ohne<br />

Pflegebedarf brauchen klare Regeln und Grenzen,<br />

da diese für die Kinder wichtig sind, um ein sicheres<br />

Bild der Welt zu bekommen. Regeln, auch wenn<br />

Kinder versuchen diese auszutesten, stellen eine<br />

sichere Abgrenzung für das Kind dar, in der es sich<br />

sicher fühlen und seine Welt aktiv erforschen kann.<br />

Sowohl Kinder mit als auch Kinder ohne<br />

Pflegebedarf brauchen Sie als Eltern in der Rolle als<br />

Erzieher und liebende Eltern.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

http://www.helpguide.org/mental/parenting_attachment.htm<br />

B.2 Actividades a desarrollar.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008<br />

Hacer un listado de problemas o dificultades<br />

que se encuentran los cuidadores.<br />

Analizar hasta qué punto suponen un desgaste


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.3. Wie man Kinder mit Pflegebedarf großzieht (erzieht) 5.3.2. Fallbeispiel<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

Peter, ein dreijähriger Bub mit Down Syndrom liebte es,<br />

Musik zu hören und zu den Rhythmen von österreichischer<br />

Volksmusik zu tanzen (obwohl seine Eltern selbst nicht<br />

gerne österreichische Volksmusik hörten). Sooft er konnte,<br />

ging Peter zum CD-Player und versuchte, seine<br />

Lieblingsmusik einzuschalten. Mit der Hilfe einer<br />

Frühförderin wurden die Eltern angeregt, auch andere<br />

Fähigkeiten von Peter zu fördern. Peter konnte ein Puzzle<br />

mit 16 Teilen bauen, wenn er dazu motiviert war. Generell<br />

vermied er jedoch diese Aktivität des Puzzlebauens. Er gab<br />

seinen Eltern gegenüber immer wieder an, zu müde zu<br />

sein, durstig zu sein usw. Manchmal versuchte er, die<br />

Situation des Puzzlebauens zu vermeiden, indem er zum<br />

CD-Player ging und seine Musik einschaltete. Mit Hilfe<br />

der Frühförderin lernten die Eltern, seine Lieblingsmusik<br />

mit dem Fertigstellen gewisser Aufgaben zu verbinden.<br />

Peter wurde also mit Musik belohnt, sobald er z.B. ein<br />

Puzzle fertig gestellt hatte.<br />

Wie hat das funktioniert<br />

Anfangs versuchte Peter, seine Eltern auszutesten. Er fing<br />

an, die Puzzleteile zusammenzubauen und hörte inmitten<br />

des Bauens plötzlich auf. Er ging zum CD-Player und<br />

versuchte, seine Lieblingsmusik zu hören. Die Eltern baten<br />

ihn, zurückzukommen und nahmen ihn auch sanft bei der<br />

Hand und führten ihn zurück, damit er seine Aufgabe fertig<br />

stellte. Zuerst war Peter darüber nicht besonders glücklich<br />

und er versuchte der Situation zu entkommen, aber die<br />

Eltern schafften es, ihn mit Liebe und Konsequenz zu<br />

seinem Puzzle zurückzubringen. Nach zwei oder drei<br />

Versuchen hatte Peter gelernt, dass das Fertigstellen des<br />

Puzzles bedeutet, dass er seine Lieblingsmusik hören<br />

konnte. Wenn die Eltern aufgegeben hätten und Peters<br />

Wünschen entsprochen hätten, wäre seine Tendenz zum<br />

Vermeidungsverhalten gewachsen. Die Eltern haben mir<br />

jedoch erzählt, dass es nicht immer leicht war, diese<br />

Strategie von liebevoller Konsequenz zu verfolgen.<br />

<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

Fallbeispiel<br />

Seien Sie sich als Elternteil darüber im<br />

Klaren, dass Kinder mit Pflegebedarf einen<br />

vergleichbaren Bedarf an Regeln und<br />

Grenzen haben, wie Kinder ohne<br />

Pflegebedarf entwickelte Kinder.<br />

Stimmen Sie in der Familie oder im “Team”<br />

von pflegenden Angehörigen im Sinne einer<br />

Grundeinigkeit ab, welche grundsätzlichen<br />

Regeln der Erziehung des Kindes gelten<br />

sollen. Unterschiedliche Pflegepersonen<br />

verhalten sich unterschiedlich und das gibt<br />

dem Kind die Möglichkeit, in seinem<br />

Verhalten zwischen verschiedenen<br />

Pflegepersonen zu unterscheiden. Die<br />

Regeln innerhalb eines PflegerInnensystems<br />

sollten sich nicht widersprechen.<br />

Kinder mit Pflegebedarf haben<br />

möglicherweise, abhängig von ihrem<br />

Entwicklungsalter, Schwierigkeiten beim<br />

Verstehen von Regeln. Versuchen Sie dem<br />

Kind, mit sehr einfachen Worten und einfach<br />

zu verstehenden Zeichen deutlich zu<br />

machen, was Sie von ihrem Kind erwarten.<br />

Verstärkung von erwünschtem Verhalten<br />

funktioniert besser als Bestrafung.<br />

Auch benötigt Ihr Kind mit Pflegebedarf<br />

Ihre Liebe und Ihre konsequente Führung<br />

durchs Leben.<br />

Achten Sie auf Ihre Energie und suchen Sie<br />

Sich andere UnterstützerInnen, um Stress<br />

innerhalb der Familie in Bezug auf eine<br />

mögliche 24-Stunden-Verfügbarkeit als<br />

pflegende/r Angehörige/r zu vermeiden.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

http://www.stanswartz.com/positivebehaviorsupport.htm<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.3. Wie man Kinder mit Pflegebedarf großzieht (erzieht) 5.3.3. Wie handeln<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B.3. Wichtige Ideen<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate Weise<br />

umzugehen<br />

Die Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf stellt für die meisten Eltern,<br />

zumindest am Anfang, eine sehr anstrengende Situation dar. Die<br />

meisten Eltern sind nicht darauf vorbereitet, solch einer Situation ins<br />

Auge zu sehen und gleichzeitig die Rolle des Pflegers/ der Pflegerin<br />

für ihr Kind zu übernehmen. Deswegen fühlen sich die meisten<br />

Eltern, vor allem am Beginn des Lebens eines pflegebedürftigen<br />

Kindes, unsicher, hilflos und oftmals auch uninformiert in Bezug auf<br />

die Frage, wie man ein Kind mit Pflegebedarf erzieht. Manchmal<br />

zeigen Eltern in diesem Zusammenhang die Tendenz, ihr Kind zu<br />

beschützen. Sie befürchten, dass ein „Nein“ dem Kind vielleicht<br />

schaden könnte.<br />

Oftmals haben Eltern auch Angst, dass ihr pflegebedürftiges Kind in<br />

höherem Maße darunter leidet, wenn auf Verhalten, das gegen<br />

familiäre Regeln verstößt, liebevoll vermittelte Konsequenzen folgen.<br />

In Wirklichkeit brauchen Kinder mit Pflegebedarf die gleiche Liebe,<br />

Zuneigung und Bindung wie Kinder ohne Pflegebedarf und in der<br />

Folge auch die gleichen Regeln und „Grenzen“, um im Rahmen der<br />

Familie eine sichere Basis zu erleben. Nichtsdestotrotz muss man<br />

darauf Rücksicht nehmen, dass Kinder mit Pflegebedarf<br />

möglicherweise unsere Strategien oder Erklärungen in Bezug auf<br />

Ungezogenheit (falsches Verhalten) nicht immer verstehen.<br />

Manchmal ist es sinnvoll, Kindern mit Pflegebedarf sehr deutliche<br />

Signale zu geben in Bezug darauf, was in der Familie erlaubt und was<br />

nicht erlaubt ist. Die Erziehung von Kindern mit Pflegebedarf stellt<br />

oftmals einen erhöhten physischen und psychischen Aufwand für die<br />

Eltern und Pflegekräfte dar. Um diese Aufgabe zu bewältigen, sollten<br />

Eltern dafür sorgen, dass sie die Verantwortung der Erziehung eines<br />

Kindes mit Pflegebedarf teilen.<br />

Bedürfnisse: Kinder mit Pflegebedarf haben<br />

den gleichen Bedarf an Disziplin und<br />

Erziehung wie Kinder ohne Pflegebedarf.<br />

Sowohl Kinder mit als auch Kinder ohne<br />

Pflegebedarf sollten in einem liebevollen<br />

Rahmen, in dem es auch Konsequenzen gibt,<br />

aufwachsen.<br />

Minimale Übereinstimmung: Auch wenn<br />

verschiedene Pflegepersonen (z.B.: die<br />

Mutter, der Vater, die Großeltern oder andere<br />

pflegende Angehörige) eventuell leicht<br />

unterschiedliche Pflegestrategien verfolgen,<br />

ist es sehr wichtig, dass alle beteiligten<br />

Personen eine zumindest minimale<br />

Übereinstimmung treffen in Bezug auf die<br />

Frage, was für das Kind mit Pflegebedarf in<br />

der Familie erlaubt ist und welches Verhalten<br />

nicht akzeptiert wird. Für manche Familien<br />

ist dieses Thema eine große<br />

Herausforderung, da man beobachten kann,<br />

dass oftmals Großeltern oder andere<br />

Pflegepersonen nicht die gleichen<br />

Erziehungsstrategien verfolgen wie die<br />

Eltern.<br />

B.4 Übungen<br />

Try to find out, if it makes any difference if<br />

you communicate with your child based<br />

on different levels<br />

In which areas of life is it easy for you to<br />

set borders, in which other areas might it<br />

not be so easy for you as a parent and<br />

informal carer.<br />

Discuss with you partner About<br />

educational values<br />

Imagine a world without rules and borders,<br />

how would you feel as an adult<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

http://www.stanswartz.com/positivebehaviorsupport.htm<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.4. Unabhängig werden 5.4.1. Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

<br />

<br />

<br />

Vertrauen in das Entwicklungspotenzial<br />

unserer Kinder.<br />

Wissen über Möglichkeiten des<br />

Unabhängigwerdens (z.B. Kindergarten)<br />

Bewusstsein über das Recht des Kindes<br />

unabhängig zu werden und einem<br />

normalisierten Lebensablauf zu folgen.<br />

<br />

<br />

<br />

Die Fähigkeit, einzuschätzen, in welchen<br />

Lebensbereichen mein Kind Dinge<br />

selbstständig tun kann.<br />

Die Fähigkeit, aktiv nach Informationen<br />

über Institutionen, die Selbstständigkeit<br />

fördern könnten, zu suchen.<br />

Zukünftige Herausforderungen für das<br />

Kind vorherzusehen (z.B. Schule,<br />

eigenständiges Wohnen).<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

A.1 Präsentation des Themas<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

1. Vertrauen in das Entwicklungspotenzial meines<br />

Kindes.<br />

2. Wo finde ich Unterstützung in Bezug auf die<br />

Selbstständigkeit meines Kindes<br />

3. Was bedeutet normalisiertes Leben für mein Kind<br />

4. Wie stelle ich mir die Zukunft meines Kindes mit<br />

Pflegebedarf vor<br />

5. - Welche Fähigkeiten braucht sie/er, um so<br />

selbstständig wir möglich zu werden<br />

A.2 Persönliche Erfahrungen der pflegenden<br />

Angehörigen<br />

In welcher Hinsicht fällt es mir leicht, auf das<br />

Entwicklungspotenzial meines Kindes zu vertrauen<br />

Wann ist dies schwierig<br />

Wann habe ich mein Kind erstmals bei den<br />

Großeltern oder einem Babysitter gelassen<br />

Wie kann ich sicher gehen, dass ich mein Kind<br />

bezüglich seiner Selbstständigkeit nicht unter Druck<br />

setze<br />

Wo finde ich Informationen über Institutionen, die<br />

die Selbstständigkeit meines Kindes fördern<br />

Wie kann ich normalisierte Lebensschritte<br />

gewährleisten<br />

Welche Vorstellung über das Leben<br />

Weiterführende meines Kindes Literatur mit Pflegebedarf in den<br />

▪http://www.novita.org.au/Content.aspxp=87<br />

nächsten 20 Jahren habe ich<br />

http://www.bellaonline.com/articles/art33519.asp<br />

Eltern von Kindern mit Pflegebedarf sind vielleicht besorgt<br />

über Vorstellungen Ihrer Kinder in Bezug auf deren<br />

Selbstständigkeit. Vertrauen in das Potenzial Ihres Kindes,<br />

sorgsame Interpretation, was Ihr Kind selbstständig kann und<br />

Geduld sind notwendige Faktoren, um die Selbstständigkeit<br />

Ihre Kindes zu unterstützen.<br />

Kinder mit Pflegebedarf brauchen möglicherweise mehr<br />

Zeit, um selbstständiges Verhalten zu entwickeln. Oft zeigen<br />

Kinder mit Pflegebedarf höhere Selbstständigkeit in<br />

Situationen, in denen die Eltern nicht anwesend sind z.B. auf<br />

Besuch bei Freunden, in der Kindertagestätte oder im<br />

Kindergarten. Hören Sie in Bezug auf die Fähigkeiten und<br />

eigenständigen Aktivitäten Ihres Kindes (was kann Ihr Kind<br />

schon selbstständig) auch auf andere Personen, auch wenn Sie<br />

hier nicht unbedingt davon überzeugt sind.<br />

Ein normalisiertes Leben bedeutet, anlehnend an den<br />

Lebensrhythmus von Kindern ohne Pflegebedarf, dass<br />

auch ein Kind mit Pflegebedarf Anspruch hat auf Freunde im<br />

Sinne einer Peergroup, einen Kindergartenbesuch, einen<br />

Vorschulbesuch, Jugendclubs, Sportclubs, alle Aktivitäten,<br />

die auch Kinder ohne Pflegebedarf normalerweise machen.<br />

Meist machen sich die Eltern von Kindern mit Pflegebedarf<br />

dann Sorgen über die Zukunft, wenn sie selbst alt sind und die<br />

Pflege für ihr „Kind“ eventuell nicht mehr übernehmen<br />

können. Solche Zukunftsszenarien helfen Eltern vielleicht,<br />

über die Entwicklung von Selbstständigkeit ihres Kindes<br />

nachzudenken.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.4. Unabhängig werden 5.4.2. Fallbeispiel<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

Sarah, ein fünf Jahre altes Mädchen mit Mukoviszidose,<br />

war, wie die Eltern am Spielplatz feststellten, sehr<br />

interessiert an anderen Kindern. Sie machten sich Sorgen,<br />

wegen des hohen Pflegebedarfs von Sarah. Durch die<br />

Mukoviszidose waren die Eltern gezwungen, alle drei<br />

Stunden eine Schleimabsaugung durchzuführen. Darum<br />

war für die Eltern fraglich, ob ihre Tochter einen regulären<br />

Kindergarten besuchen konnte. Die gesetzliche Situation<br />

war eindeutig: nur eine Intensivschwester oder die Eltern<br />

selbst durften diese Pflegemaßnahme durchführen. Da die<br />

Mutter wieder arbeiten gehen wollte (Teilzeit) und der<br />

Vater eine Arbeitsstelle hatte, war unklar, ob eine<br />

Integration in einen Kindergarten möglich war oder nicht.<br />

Zusätzlich äußerten die Kindergärtnerinnen Bedenken in<br />

Bezug auf den Gesundheitszustand von Sarah. Mit Hilfe<br />

von mobilen Krankenschwestern, die zwei Mal am<br />

Vormittag in den Kindergarten kamen, fand die Familie<br />

eine Lösung, bei der Sarah auf der einen Seite in einen<br />

regulären Kindergarten gehen, Beziehungen zu<br />

Gleichaltrigen aufbauen und ihre neue Selbstständigkeit<br />

genießen konnte und auf der anderen Seite die notwendige<br />

intensiv-medizinische Versorgung erhielt.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

FAllbeispiel<br />

Jedes Kind mit Pflegebedarf, wenn keine<br />

gravierenden medizinischen Einwände<br />

bestehen, hat das Recht, einem normalisierten<br />

Lebensrhythmus nachzugehen. Das beinhaltet<br />

den Kontakt mit anderen Erwachsenen und<br />

Kindern, einen Kindergarten- bzw.<br />

Schulbesuch und den Aufbau von<br />

Beziehungen zu Gleichaltrigen.<br />

Für ein Kind mit Pflegebedarf stellt es einen<br />

großen Schritt dar, das eigene Haus für einige<br />

Stunden zu verlassen und Kontakte mit<br />

anderen PflegerInnen aufzubauen.<br />

Institutionen wie Kindergärten und Schulen<br />

müssen über den Pflegebedarf des Kindes<br />

informiert werden, wobei in speziellen Fällen<br />

auch Hilfe von Außen notwendig sein wird.<br />

Neben der Notwendigkeit der Kooperation mit<br />

Kindergarten und Schule, müssen die Eltern<br />

auch darauf vertrauen, dass die Fachkräfte in<br />

der Lage sind, die Bedürfnisse der Kinder und<br />

Jugendlichen mit Pflegebedarf zu decken.<br />

Jugendliche mit Pflegebedarf haben das Recht,<br />

ihre eigene Sexualität zu erforschen. Dies<br />

sollte in einem altersadäquaten Rahmen<br />

passieren und sollte vor allem die Privatsphäre<br />

des Einzelnen/der Einzelnen respektieren.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

http://www.novita.org.au/Content.aspxp=84<br />

http://raisingchildren.net.au/articles/disabilities_play_and_friendship.html#benefit<br />

Cimera, R.E. (2003): Preparing Children with Disabilities for Life. Lanham: Rowman & Littlefield Education.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.4. Unabhängig werden 5.4.3. Wie handeln<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate Weise umzugehen<br />

Gleich wie Kinder ohne Pflegebedarf sind auch Kinder mit Pflegebedarf mit<br />

verschiedenen Entwicklungsherausforderungen konfrontiert: Beziehungen zu<br />

Gleichaltrigen aufzubauen (im Sinne von z.B. einem Kindergartenbesuch), sich auch in<br />

der Abwesenheit der Eltern oder des pflegenden Angehöhrigen/der pflegenden<br />

Angehörigen sicher und geborgen zu fühlen, die Konfrontation mit intellektuellen oder<br />

schulischen Herausforderungen, Freundschaften zu knüpfen und während der Pubertät die<br />

Erforschung der eigenen Sexualität. Manchmal erscheinen diese Herausforderungen für<br />

Kinder mit Pflegebedarf etwas schwieriger, da pflegende Angehörige oder Eltern<br />

möglicherweise Sorgen in Bezug auf a) die Kompetenz des Kindes, normalen<br />

Lebensrhythmen zu folgen oder b) notwendige Strukturen, um die Bedürfnisse des Kindes<br />

mit Pflegebedarf zu befriedigen, äußern. Welche Sorgen auch immer bestehen, es ist es<br />

wichtig, dass pflegende Angehörige von Kindern mit Pflegebedarf den gleichen<br />

Lebensabläufen im gleichen Maß wie vor der Geburt und der Erziehung eines<br />

pflegebedürftigen Kindes nachgehen. Das bedeutet z.B. auf Urlaub zu fahren, auch wenn<br />

die Organisation oder das Finden der adäquaten Struktur vielleicht ein wenig schwieriger<br />

sind als zuvor. Weiters betrifft dies beispielsweise auch das Ausgehen am Abend, um<br />

Freunde zu treffen, oder die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, Aktivitäten, die für<br />

Eltern oder pflegende Angehörige wichtig sind. In diesem Zusammenhang sollten<br />

pflegende Angehörige von Anfang an an mögliche andere Pflegepersonen denken und<br />

diese langsam miteinbeziehen, damit sich das Kind an die jeweilige Person gewöhnen<br />

kann. Einen großen Schritt in Richtung Selbstständigkeit von Kindern mit Pflegebedarf<br />

stellt es dar, wenn sich die Kinder auch in Abwesenheit der Eltern, d.h. in Anwesenheit<br />

eines Pfleger/einer Pflegerin, eines Babysitters/einer Babysitterin oder eines<br />

Verwandten/einer Verwandten sicher und geborgen fühlen. Für die meisten Eltern stellt<br />

der Kindergartenbesuch ihres Kindes mit Pflegebedarf einen großen Schritt in Richtung<br />

Selbstständigkeit dar. Dieser Schritt muss gut vorbereitet sein, vor allem dann, wenn das<br />

Kind mit Pflegebedarf Schwierigkeiten im Umgang mit Gleichaltrigen zeigt. An kleineren<br />

Gruppen teilzunehmen, Kinder zu sich nach Hause einzuladen oder den Spielplatz zu<br />

besuchen, um mit Gleichaltrigen in Kontakt zu kommen, sind wichtige Vorübungen für<br />

ein Kind mit Pflegebedarf, um später den Kindergarten besuchen zu können. Manchmal<br />

erscheint es für Väter leichter als für Mütter, das Kind in den Kindergarten zu bringen, da<br />

Mütter manchmal Unsicherheit aüßern, ob sich ihr Kind in Abwesenheit der Pflegeperson<br />

oder der Eltern auch wohl fühlen wird. Es ist jedoch wichtig, den Kindergarten über<br />

notwendige Pflegetätigkeiten zu informieren, oder notwendige Versorgungshilfen<br />

innerhalb des Kindergartens zu organisieren, z.B. wenn das Kind eine Bronchoskopie<br />

(Beatmungsmaßnahme) benötigt, oder das Absaugen von Sekreten im Falle einer<br />

Mukoviszidose notwendig ist. All diese Pflegemaßnahme dürfen per Gesetz nur von<br />

speziellen Fachkräften durchgeführt werden. Das muss organisiert werden. Äußern Sie<br />

sich in diesem Zusammenhang unmissverständlich. Ein Kind mit Pflegebedarf hat das<br />

Recht, einen Kindergarten zu besuchen und Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzubauen.<br />

Nur schwerwiegende medizinische Beeinträchtigungen (z.B. künstliche Beatmung) stellen<br />

einen möglichen Kindergartenbesuch in Frage. Das Gleiche gilt auch für die Schule.<br />

Neben der Notwendigkeit eines guten Verhältnisses zu den LehrerInnen, sollten Eltern<br />

auch in der Lage sein, ihre Kinder „gehen zu lassen“, dies betrifft vor allem die<br />

Bedürfnisse von Jugendlichen mit Pflegebedarf. Zuzulassen, dass diese Jugendliche ihre<br />

eigene Sexualität erforschen, ist für Eltern von Jugendlichen mit Pflegebedarf oftmals<br />

schwierig.<br />

WICHTIGE IDEEN /<br />

ÜBUNGEN<br />

B.3 Important Ideas<br />

Normalisierter Lebensablauf:<br />

Kinder mit Pflegebedarf sollten in<br />

der Lage sein, einem normalen<br />

Lebensablauf zu folgen. Das<br />

bedeutet, dass sie, genauso wie<br />

andere Kinder, manchmal bei<br />

Freunden oder Verwandten bleiben<br />

können, den Kindergarten<br />

besuchen können und Beziehungen<br />

zu Gleichaltrigen und anderen<br />

Pflegepersonen aufbauen sollten.<br />

B.4 Übungen<br />

Habe ich mir jemals über mögliche<br />

eigene Nachteile Gedanken<br />

gemacht, wenn mein Kind zu<br />

selbstständig wird<br />

Habe ich mit meinem<br />

Partner/meiner Partnerin über die<br />

Zeit „nach“ der 24 Stunden Pflege<br />

meines Kindes gesprochen<br />

Was sind unsere eigenen<br />

Ziele und Wünsche<br />

Was hindert mich daran, mein<br />

Kind beispielsweise in einer<br />

Tagesstätte oder bei meinen<br />

FreundInnen zu lassen, während<br />

ich z.B. ein Wochenende mit<br />

meinem Partner/meiner Partnerin<br />

verbringe<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

http://articles.famouswhy.com/ways_for_integrating_the_children_with_disabilities_in_the_schoool_life/<br />

Morse J.M, Wilson S., Penrod J (2000): Mothers and their disabled children: refining the concept of<br />

normalization. In: Health Care for Women International, Volume 21, Nr. 8, pp. 659-676.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 2.5. Meine Gefühle gegenüber meinem Kind 5.5.1. Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

Das Erkennen eigener Gefühle gegenüber<br />

meinem Kind.<br />

Die Fähigkeit Gefühle auf geeignete Art<br />

und Weise auszudrücken.<br />

Die Stärke, eigene Gefühle im Griff zu<br />

haben, vor allem wenn diese besonders<br />

stark sind und die Gefahr besteht, dass sie<br />

mich überwältigen.<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

Die Fähigkeit, über meine eigenen<br />

Gefühle zu sprechen.<br />

Das Vermögen, eigene Gefühle<br />

anzuerkennen, auch wenn die<br />

Muttergefühle hier dominant sind.<br />

Die Fähigkeit meine eigenen Gefühle<br />

verbal und nonverbal auszudrücken und<br />

diese zu kontrollieren oder nach Hilfe zu<br />

suchen, wenn die Gefahr besteht, dass ich<br />

von den Emotionen überwältigt werde.<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.1 Präsentation des Themas<br />

Die Unabhängigkeit eines Kindes steht immer<br />

in Verbindung mit intensiven Gefühlen der<br />

Eltern oder Pflegepersonen.<br />

Basierend auf verschiedenen<br />

Bewältigungsphasen kann es sein, dass Eltern<br />

unter ihren eigenen Gefühlen dem Kind<br />

gegenüber leiden.<br />

Gefühle zu äußern ist ein guter Weg, dem Kind<br />

mitzuteilen, was los ist. Das Aufdecken<br />

eigener Gefühle schützt das Kind.<br />

A.2 Persönliche Erfahrungen der pflegenden<br />

Angehörigen<br />

Mit welcher Art von Gefühlen sind Sie in<br />

Bezug auf die Unabhängigkeit Ihres<br />

Kindes konfrontiert<br />

Wie gehen Sie mit eigenen negativen<br />

Gefühlen (Furcht, Angst aber auch Wut)<br />

um<br />

In welchen Situationen war es für mich<br />

einfach, mit Wut, Traurigkeit und Angst<br />

adäquat umzugehen, ohne dabei die<br />

Psyche meines Kindes zu gefährden<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

Die Pflege eines Kleinkindes mit Pflegebedarf steht immer in<br />

Verbindung mit tiefen Gefühlen. Meist handelt es sich<br />

dabei um Gefühle der Furcht, Angst, aber auch das Gefühl der<br />

Schuld oder Gefühle augenblicklicher Aggression gegen<br />

bestimmte Personen, Institutionen, Ereignisse oder das Leben<br />

generell. Tiefe Gefühle haben unmittelbare Auswirkungen<br />

auf die Kommunikation und Interaktion mit dem Kind.<br />

Sich seiner eigenen Gefühle bewusst zu sein, ist der erste<br />

Schritt in Richtung gesunder Bewältigungsstrategien<br />

gegenüber starken Emotionen. Manchmal werden tiefe<br />

Gefühle durch Reaktionen des Körpers (somatische<br />

Symptome) ausgedrückt. Hier ist es auch wichtig, auf die<br />

Sprache des Körpers zu hören. Gefühle vor dem Kind, dem<br />

Partner/der Partnerin oder anderen relevanten Personen<br />

auszusprechen, hilft den anderen zu verstehen, was mit<br />

dem/der pflegenden Angehörigen los ist. Es ist besonders<br />

wichtig, negative Gefühle auf gesellschaftlich akzeptierte<br />

Art und Weise auszusprechen. Das heißt, dass Kind sollte<br />

darüber informiert werden, was mit mir als pflegendem<br />

Angehörigen/pflegender Angehöriger in meiner Rolle als<br />

Mutter/Vater/Großmutter los ist. Negative Gefühle wie Angst,<br />

Traurigkeit oder Wut sind menschlich und auch<br />

wahrscheinlich. Aggressives Verhalten, das möglicherweise<br />

mit negativen Gefühlen in Verbindung gebracht wird, sollte<br />

allerdings vermieden werden. Auch kleine Kinder mit<br />

Pflegebedarf können verstehen, dass ihre Mutter oder ihr<br />

Vater böse oder traurig sind, wenn es dafür eine Erklärung<br />

gibt und die Kinder sich nicht schuldig für dieses Gefühl<br />

fühlen.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

http://raisingchildren.net.au/articles/disabilities_your_feelings.html<br />

Blaska, J.K. (1998): Cyclical Grieving. Reocurring Emotions Experienced by Parents Who Have Children with<br />

Disabilities. Online: http://eric.ed.gov/ERICDocs/data/ericdocs2sql/content_storage_01/0000019b/80/15/75/ab.pdf<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 2.5. Meine Gefühle gegenüber meinem Kind 5.5.2 Fallbeispiel<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

Einmal wurde ich von einem Frühförderdienst in Berlin<br />

angerufen, um eine alleinerziehende Mutter, die ein Kind mit<br />

Schwerstbehinderung und hohem persönlichem Pflegeaufwand<br />

aufzog, zu treffen. Die Mutter musste 24 Stunden am Tag<br />

anwesend sein. Das Kind war blind, zeigte stereotype<br />

Verhaltensweisen und Beeinträchtigungen in der Grobmotorik.<br />

Die Fachkraft erklärte, dass die Mutter sehr wütend über das<br />

Kind sei. Die Expertin nahm an, dass die Mutter ihr Kind für<br />

ihr „kaputtes“ Leben verantwortlich machte. Zusätzlich war die<br />

Fachkraft besorgt in Bezug auf mögliche Depressionen und<br />

Suizidgedanken. Ich habe der Mutter vermittelt, dass es in<br />

Ordnung sei, verärgert über das Kind zu sein und auch, dass es<br />

in Ordnung sei, traurig wegen des Kindes zu sein, was sie aber<br />

nicht war. Sie schämte sich, wütend über das Kind zu sein. Sie<br />

nahm an, dass gerade die Mutter eines Kindes mit Behinderung<br />

keine Gefühle des Zorns in Bezug auf das Kind haben sollte.<br />

Wir sprachen auch darüber, dass ein Gefühl der Wut nicht<br />

bedeutet, sich dem Kind gegenüber aggressiv zu verhalten.<br />

Hinsichtlich eines möglichen aufkeimenden<br />

Aggressionsverhalten der Mutter gegenüber ihrem Kind<br />

empfahlen wir, eine Assistentin einzusetzen, die von 8 Uhr in<br />

der Früh bis 16 Uhr am Nachmittag anwesend war. Dadurch<br />

war die Mutter erstmals nach der Geburt ihres Kindes in der<br />

Lage, ein wenig Entlastung zu bekommen und ein wenig Zeit<br />

für sich selbst zu haben. Sie verbrauchte nicht die ganzen acht<br />

Stunden für sich selbst. Ganz am Anfang schien es ihr recht<br />

schwer zu fallen, ihr Kind zu alleine mit der Assistentin zu<br />

lassen. Nach einiger Zeit fing sie an, FreundInnen zu treffen,<br />

aktiv zu werden und so fand sie nach einiger Zeit auch eine<br />

Teilzeitstelle.<br />

Über Gefühle zu sprechen, auch wenn diese negativ sind, ist ein<br />

Weg diese zu integrieren und akzeptieren zu lernen.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

Fallbeispiel<br />

Gefühle dem Kind, dem Partner/der<br />

Partnerin, dem Leben im Allgemeinen<br />

gegenüber zu spüren und diese<br />

auszusprechen, ist der erste Schritt mit den<br />

oft sehr tiefen Emotionen, die oftmals mit<br />

der Erziehung eines Kindes mit<br />

Pflegebedarf einhergehen, umzugehen.<br />

Starke Emotionen (wie beispielsweise<br />

Trauer und Zorn) zu haben, heißt nicht<br />

zwangsweise, diese auch auszuleben. Ich<br />

kann Wut gegenüber meinem Kind<br />

verspüren, aber das heißt nicht, dass ich<br />

mich meinem Kind gegenüber zornig<br />

verhalte. Wenn ich einen solchen<br />

Gefühlszustand spüre, ist es besser nach<br />

Hilfe oder stundenweiser Betreuung zu<br />

suchen, um mir selbst ein wenig Freiraum<br />

zu schaffen.<br />

Konflikte im Zusammenhang mit häuslicher<br />

Pflege eines Kindes, die auf dem<br />

Nichtvorhandensein von psychischen<br />

Ressourcen basieren, führen zu<br />

bemerkbarem Stress. Using stress-distress<br />

within the family mostly leads to a lower<br />

level of conflicts.<br />

Manchmal ist es gut, wenn durch die Hilfe<br />

von FreundInnen, andere<br />

Familienmitglieder oder Fachkräfte ein<br />

Diskussionsprozess eingeleitet wird.<br />

<br />

.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

http://www.mamashealth.com/doc/disability.asp<br />

http://www.bhia.org/articles/disabilities/copingwithchildren.html<br />

Blaska, J.K. (1998): Cyclical Grieving. Reocurring Emotions Experienced by Parents Who Have Children with<br />

Disabilities. Online: http://eric.ed.gov/ERICDocs/data/ericdocs2sql/content_storage_01/0000019b/80/15/75/ab.pdf<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 2.5. Meine Gefühle gegenüber meinem Kind 5.5.3 Wie handeln<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate Weise<br />

umzugehen<br />

Die meisten pflegenden Angehörigen, wenn diese gleichzeitig auch die Eltern<br />

des Kindes sind, erleben turbulente Gefühlsschwankungen während der Zeit<br />

der Erziehung oder Pflege eines Kindes. Manche WissenschaflterInnen<br />

beschreiben verschieden emotionale Phasen bei Eltern, die damit konfrontiert<br />

sind, für ein Kind mit Pflegebedarf zu sorgen. Die erste Reaktion der meisten<br />

Eltern ist Erschütterung und Schock über die Diagnose. Dann versuchen sie<br />

alle möglichen Ressourcen zu aktivieren, andere SpezialistInnen aufzusuchen,<br />

beginnen mit Trainings und Therapien, wobei diese Aktivitäten in den meisten<br />

Fällen viel Energie verschlingen. In einem gewissen Stadium wird die<br />

Diagnose für die Eltern zur Realität. Basierend auf dem zuvor investierten, sehr<br />

hohen Energieaufwand tendieren Eltern manchmal dazu, dies auszugleichen,<br />

indem sie tiefe Trauer, großen Schmerz und oftmals auch depressive<br />

Symptome zeigen. Ihr Kind ist und wird auch nicht so sein, wie die Eltern sich<br />

dies vorgestellt haben. In den meisten Fällen hilft den Eltern eine intakte<br />

Familie, die Unterstützung eines Partners/einer Partnerin, die Unterstützung<br />

von externen Strukturen oder eine Religion und klare Informationen in Bezug<br />

auf die mögliche Diagnose, um sich wieder auf die Bedürfnisse des Kindes zu<br />

konzentrieren und das Beste aus der Situation zu machen. Manche Eltern treten<br />

während dieser Zeit einer Elternselbsthilfegruppe bei. Der Großteil der Eltern<br />

schafft es, über diese Phasen der tiefen Trauer hinwegzukommen, jedoch<br />

äußern viele, dass sie verletzlich bleiben.<br />

Was bedeutet das Sobald eine neue Herausforderung für das Kind auftaucht<br />

(z.B. Kindergartenbesuch, Schulbesuch), sind die Eltern verletzlich in Bezug<br />

auf Zeichen oder Äußerungen des Lehrers/der Lehrerin und fragen sich selbst,<br />

ob ihr Kind in der Lage sein wird, mit der neuen Situation umzugehen. Es ist<br />

wichtig, seinen eigenen Gefühlen zu trauen und darüber mit seinem<br />

Partner/seiner Partnerin, FreundInnen oder Fachkräften zu sprechen.<br />

Manchmal reden sich die Eltern ein, dass sie kein Recht haben, verärgert über<br />

ihr eigenes Kind oder mögliche Gründe für den Pflegebedarf zu sein. Auch<br />

Wut ist eine sehr starke Emotion und Eltern sollten es zulassen, diese Wut zu<br />

verspüren und darüber zu sprechen.<br />

Manchmal entstehen, ausgelöst durch den Pflegebedarf eines Kindes, Konflikte<br />

zwischen den Elternteilen, da diese vielleicht leiden und nur über<br />

eingeschränkte psychische Ressourcen verfügen. Konflikte betreffen<br />

möglicherweise das Thema der Schuld im Sinne von wer hat Schuld an der<br />

Situation oder die Frage, wer arbeiten geht und wer zu Hause beim Kind bleibt.<br />

Meist sind diese Konflikte ein Zeichen für fehlende psychische Ressourcen.<br />

Neben der Inanspruchnahme von professioneller Hilfe ist es auch wichtig, über<br />

diese Konflikte und über die eigenen Gefühle hinsichtlich möglicher Lösungen<br />

zu sprechen: was können wir tun, um diese Situation zu bewältigen<br />

FreundInnen, Familienmitglieder oder Fachkräfte können diese<br />

Lösungsprozesse unterstützen. Bei der Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf<br />

wird meist die Familie oder der Partner/die Partnerin als Hauptenergiequelle<br />

erlebt.<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B.3 Important Ideas<br />

Die Pflege für ein Kind mit Pflegebedarf<br />

weckt verschiedene Gefühle. Auf der einen<br />

Seite das Glücksgefühl, ein Kind<br />

großzuziehen, eine Beziehung zu einem<br />

Kind zu haben, aber auf der anderen Seite<br />

hauptsächlich Traurigkeit, dass ein<br />

Pflegebedarf für das Kind besteht, dass es<br />

eine beängstigende Diagnose oder eine<br />

ungewisse Prognose gibt. Sich seiner<br />

eigenen Gefühle bewusst zu sein und in der<br />

Lage zu sein, über diese Gefühle zu<br />

sprechen, sind die ersten Schritte, um positiv<br />

mit dieser Vielfalt an Gefühlen im<br />

Zusammenhang mit der Pflege für ein Kind<br />

umzugehen.<br />

.<br />

B.4 Übungen<br />

Mit wem kann ich über meine Gefühle<br />

sprechen Wem kann ich meine<br />

negativen Emotionen anvertrauen<br />

Versuchen Sie über Gefühle Ihrem Kind<br />

gegenüber zu reden! Schaffen Sie eine<br />

angenehme Atmosphäre und sprechen<br />

Sie Ihre Gefühle aus – gegenüber Ihrem<br />

Partner/Ihrer Partnerin, einem<br />

Freund/einer Freundin, einer Fachkraft.<br />

Schreiben Sie Ihre Gefühle gegenüber<br />

Ihrem Kind auf, um diese selbst besser<br />

zu verstehen.<br />

Versuchen Sie Ihrem Kind Ihre Gefühle<br />

zu erklären und beobachten Sie die<br />

Reaktionen!<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

http://www.canchild.ca/Default.aspxtabid=129<br />

Owen R. (2008): Meaning in Life, Emotion-Oriented Coping, Generalized Self-Efficacy, and Family Cohesion as<br />

Predictors of Family Satisfaction Among Mothers of Children With Disabilities. In: The Family Journal, Volume 16,<br />

No. 3, pp. 212-221.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.6. Die eigene Lebensqualität 5.6.1. Einführung<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

Wissen über Indikatoren und Faktoren Reflexionsfähigkeit in Bezug auf meine<br />

eigener Lebensqualität.<br />

eigenen Bedürfnisse. Dies können z.B.<br />

Hilfe bei der Pflege eines Kindes mit<br />

Ressourcen und Bedürfnisse sein, die ich<br />

Pflegebedarf suchen zu können.<br />

schon vor der Geburt meines Kindes mit<br />

Das Erkennen von Möglichkeiten, diese Pflegebedarf hatte.<br />

Faktoren zu steigern.<br />

Die Fähigkeit, zwischen mir als Frau/Mann<br />

Fähigkeit, zwischen meiner Lebensqualität im Rahmen einer Beziehung/ Freundschaft,<br />

als Mann/Frau und der als Mutter/Vater zu mir als Vater/Mutter und mir als<br />

differenzieren<br />

pflegende/r Angehörige/r eines Kindes mit<br />

Die Fähigkeit, Dienstleistungen zu ermitteln, Pflegebedarf zu unterscheiden.<br />

die mir bei der Steigerung meiner Nach Dienstleistungen, die meine<br />

Lebensqualität helfen können..<br />

Lebensqualität verbessern, zu fragen..<br />

A.1 Präsentation des Themas<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

Die Wichtigkeit von Lebensqualität im Leben<br />

eines pflegenden Angehörigen/einer pflegenden<br />

Angehörigen.<br />

Das Erkennen von persönlichen Kriterien in<br />

Bezug auf eigene Lebensqualität.<br />

Kriterien eigener Lebensqualität.<br />

Bewertung der Lebensqualität in Situationen der<br />

Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf.<br />

Die Wichtigkeit zwischen verschiedenen<br />

Konzepten der Lebensqualität zu unterscheiden:<br />

ich als Frau oder Mann, ich in einer<br />

Partnerschaft, ich als Mutter/Vater, ich als<br />

FreundIn, ich als SportlerIn, ich als pflegende/r<br />

Angehörige/r.<br />

Die Suche nach Dienstleistungen, die meine<br />

persönliche Lebensqualität verbessern.<br />

A.2 Persönliche Erfahrungen der pflegenden<br />

Angehörigen<br />

Wo haben Sie, während der Pflege eines Kindes<br />

mit Pflegebedarf, Veränderung Ihrer eigenen<br />

Lebensqualität erlebt<br />

In welchen Bereichen könnten Sie Ihre<br />

Lebensqualität verbessern<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

Die meisten pflegenden Angehörigen beschreiben eine<br />

Veränderung, bzw. meist eine Verschlechterung der<br />

Lebensqualität, im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der<br />

Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf. Diese Verschlechterung der<br />

Lebensqualität kann mit negativen Gefühlen wie z.B. Wut oder<br />

dem Gefühl der Schuld, dass ich meine Lebensqualität beibehalten<br />

möchte, in Verbindung gebracht werden. Die Pflege eines Kindes<br />

mit Pflegebedarf bedeutet manchmal, dass sich eigene Maßstäbe<br />

der Lebensqualität verändern können.<br />

Die Bedürfnisse des Kindes werden wichtiger und meine<br />

eigenen Bedürfnisse werden als weniger wichtig angesehen als die<br />

meines Kindes. Sich seiner eigenen Bedürfnisse bewusst zu sein<br />

und zu wissen, wie diese umgesetzt werden können, auch im<br />

Zusammenhang mit Angehörigenpflege, sind wichtige Schritte,<br />

die eigene Lebensqualität zu verbessern. Das kann ganz<br />

unterschiedlich aussehen: Manche Bedürfnisse werden mich als<br />

Frau/Mann betreffen, z.B. am Abend auszugehen, FreundInnen zu<br />

treffen, Fußball zu spielen. Andere Bedürfnisse werden vielleicht<br />

mit meiner Partnerschaft in Verbindung stehen (Zeit mit meinem<br />

Partner/meiner Partnerin verbringen, Sexualität, Zeit die<br />

gemeinsam ohne das Kind verbracht wird).<br />

Es ist wichtig, sich dieser verschiedenen Bedürfnisse bewusst zu<br />

sein und zu beurteilen, welche Bedürfnisse im Zusammenhang mit<br />

einem Kind mit Pflegebedarf sehr wichtig sind und respektiert<br />

sowie auch befriedigt werden sollten. In den meisten Ländern gibt<br />

es Services, die Eltern, die ein Kind mit Pflegebedarf haben, dabei<br />

helfen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Manchmal ist es für<br />

Eltern nicht so leicht, nach dieser Hilfe zu fragen. Eltern glauben<br />

oft, dass sie die einzigen und besten Pflegepersonen für ihr Kind<br />

sind<br />

Weiterführende Literatur<br />

Bode H. et al. (2000): Quality of life in families of children with disability. In: Developmental Medicine & Child<br />

Neurology, 42. Cambridge: Cambridge University Press, pp. 354ff.<br />

http://www.parents.ro/languages/en/training_pack_for_parents.pdf<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


.<br />

MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.6. Die eigene Lebensqualität 5.6.2 Fallbeispiel<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

In Wirklichkeit brauchen Eltern meist zwei bis drei Jahre bis sie<br />

wieder an ihrer eigene Rolle als PartnerIn denken. Zu diesem<br />

Zeitpunkt werden dann oft z.B. Wochenenden ohne das Kind<br />

geplant. Die Eltern beginnen hier, sich aktiv auf die Suche nach<br />

einem Babysitter/einer Babysitterin zu begeben. Manchmal haben<br />

die Eltern die Sorge, niemanden zu finden, der dem Kind die<br />

gleiche Qualität an Pflege bieten kann, wie sie selbst. Sie äußern<br />

Bedenken, dass das Kind leiden könnte, wenn sie ins Kino oder ins<br />

Theater gehen. Es kann auch sein, dass die Eltern schon nach einem<br />

Tag wieder zurückkommen, obwohl ein ganzes Wochenende weg<br />

vom Kind geplant war. Dann kann es sein, dass sie merken, dass ihr<br />

Kind sich auch bei anderen Personen wohl fühlen kann. Manchmal<br />

ist dies eine reine Frage des Zeitmanagements. Viele Eltern<br />

berichten, dass sie dazu neigen, an Samstagen zu streiten, wenn<br />

Einkäufe gemacht werden müssen, oder das Haus geputzt wird. In<br />

diesem Zusammenhang könnte z.B. eine Putzfrau helfen, das<br />

Konfliktpotenzial erheblich zu senken. Der Zeitverlust bei<br />

Haushaltsaktivitäten kann so in eine „Insel der Zeit“ verwandelt<br />

werden, in der ich meinen eigenen Interessen oder denen meines<br />

Partners/meiner Partnerin nachgehen kann. Dies zeigt, dass ich<br />

auch noch einige andere Interessen habe, außer der Erziehung<br />

meines Kindes mit Pflegebedarf. Deswegen ist es besonders<br />

wichtig, dass Eltern, neben ihrer Rolle als pflegende Angehörige,<br />

auch noch ihre Rolle als PartnerIn, Erwachsene/r, oder ihre Rolle<br />

als Mitglied eines größeren sozialen Netzwerks (z.B. in Bezug auf<br />

sportliche oder kulturelle Aktivitäten) ausleben können.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

Fallbeispiel<br />

<br />

Es mag für Eltern, in der Rolle der<br />

pflegenden Angehörigen, eine große<br />

Herausforderung darstellen, eine für die<br />

Familie passende bzw. professionelle<br />

Betreuungsperson zu finden, die<br />

stundenweise die Pflege für ihr Kind<br />

übernimmt. Den ersten Schritt stellt die<br />

aktive Suche nach einer solchen dar.<br />

Erlebter Stress in Bezug auf die<br />

Bereuungssituation kann Konflikte mit<br />

meinem Partner/meiner Partnerin<br />

entfachen. Stressabbau und die<br />

Möglichkeit von angenehmen Situationen<br />

mit meinem Partner/meiner Partnerin<br />

können Konflikte verringern.<br />

<br />

<br />

Das Kind sollte nicht als Waffe gegen<br />

den Partner/die Partnerin missbraucht<br />

werden.<br />

Die Erhaltung meiner Lebensqualität<br />

bedeutet für mich als pflegende/n<br />

Angehörige/n hauptsächlich, dass ich<br />

jene Dinge, die mir vor meiner Zeit als<br />

pflegende/r Angehörige/r wichtig<br />

waren, nicht aufgebe.<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

http://www.parents.ro/languages/en/training_pack_for_parents.pdf<br />

Brown R.I: Family Quality of Life and Disability: A Comparative Study. Victoria: University of Victoria.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.6. Die eigene Lebensqualität 5.6.3 Wie handeln<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

5ª.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate Weise<br />

umzugehen<br />

Spricht man von Lebensqualität, so beinhaltet dieser Begriff viele<br />

Dinge: für manche bedeutet dies einen guten Job, eine Familie,<br />

Gesundheit oder materiellen Wohlstand. Für andere wiederum bedeutet<br />

es gute Musik zu genießen, Spaß mit FreundInnen zu haben oder die<br />

Natur zu genießen. Forschung in Bezug auf Lebensqualität bezeugt, dass<br />

Grundbedürfnisse befriedigt werden müssen: z.B. eine grundsätzliche<br />

materielle Sicherheit, Gesundheit, die Möglichkeit Dinge selbst zu<br />

bestimmen, Entscheidungsfreiheit bezüglich wichtiger Lebensfragen etc.<br />

Erhöhen sich diese Parameter deutlich, so bedeutet dies nicht<br />

automatisch, dass auch die Lebensqualität oder die Lebenszufriedenheit<br />

steigt. Es gibt keinen Zweifel, dass die Geburt oder die Erziehung eines<br />

Kindes mit Pflegebedarf das Konzept der Lebensqualität für Familien<br />

oder pflegende Angehörige bedroht. Meist finden Familien Wege, mit<br />

dieser neuen Situation umzugehen und den Grad an Lebensqualität<br />

beizubehalten, den sie auch vorher hatten. Ein Kind mit Pflegebedarf<br />

aufzuziehen bedeutet in manchen Fällen, dass sich das Verhältnis zu<br />

meinem Ehepartner/meiner Ehepartnerin verändert. Man hat<br />

möglicherweise nicht mehr so viel Zeit für den Partner/die Partnerin wie<br />

zuvor. Man ist vielleicht durch tägliche Abläufe gestresst und belastet.<br />

Es ist wichtig, über eigene Wünsche zu sprechen und es ist wichtig, dass<br />

diese nicht gewertet werden. Die Erziehung eines Kindes mit<br />

Pflegebedarf bedeutet meistens, mehr Zeit in die Kinderbetreuung zu<br />

investieren. Dieser erhöhte Zeitaufwand in der Pflege und Erziehung<br />

meines Kindes bedeutet nicht gleichzeitig, dass ich für mich selbst<br />

weniger Zeit habe. Es gibt Unterstützungsmöglichkeiten, stundenweise<br />

Betreuung oder auch die Möglichkeit von effizientem Zeitmanagement<br />

(wo verliere ich am Tag Zeit, die ich lieber in andere Dinge investieren<br />

würde). In diesem Zusammenhang ist der Partner/die Partnerin eine<br />

sehr wichtige Person. Auf der anderen Seite benötigt man bei der Suche<br />

nach dem/der richtigen professionellen BetreuerIn jedoch Information,<br />

persönlichen Kontakt, Erfahrung und Vertrauen in diese Person.<br />

Manchmal ist es hilfreich, wenn die Fachpflegekraft einige Stunden mit<br />

den pflegenden Angehörigen verbringt, um die Möglichkeit zu haben,<br />

sich gegenseitig besser kennen zu lernen. Die meisten Familien, denen<br />

es gelingt, ihre Zeit gut einzuteilen, ihre Wünsche offen auszusprechen<br />

und sich Hilfe zu organisieren, beschreiben keine gravierenden<br />

Unterschiede in ihrer Lebensqualität.<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B.3 Wichtige Ideen<br />

Lebensqualität ist für die meisten<br />

Menschen ein subjektiver Begriff, der von<br />

den eigenen Erwartungen abhängig ist. Ein<br />

Kind mit Pflegebedarf zu pflegen, heißt<br />

nicht automatisch, dass die Lebensqualität<br />

eines/r pflegenden Angehörigen oder der<br />

ganzen Familie darunter leiden muss. Die<br />

Pflege eines Kindes mit Pflegebedarf ist<br />

eine Herausforderung für die Familie,<br />

bedeutet deshalb aber nicht automatisch<br />

die Vernichtung aller Zukunftspläne und<br />

Erwartungen.<br />

B.4 Übungen<br />

Finden Sie jemanden, mit dem Sie<br />

über verschiedene Bedürfnisse und<br />

mögliche Veränderungen der<br />

Lebensqualität im Zusammenhang mit<br />

der Pflege eines pflegebedürftigen<br />

Kindes, reden können.<br />

Denken Sie an Ihre eigenen<br />

Bedürfnisse und Maßstäbe Indikatoren<br />

für Lebensqualität vor der Geburt<br />

Ihres Kindes mit Pflegebedarf.<br />

Informieren Sie sich über Services, die<br />

es in Ihrer Umgebung gibt<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

http://www.parents.ro/languages/en/training_pack_for_parents.pdf<br />

Malsch A. et al (2008): Disabilities and Work-Family Challenges: Parents Having Children with Special Health<br />

Care Needs. Sloan Work and Family Network Research: Online:<br />

http://wfnetwork.bc.edu/encyclopedia_template.phpid=14822.<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

Didaktiblatt 5.7.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Wie man Informationen über Gesetze, Leistungsanspruch 5.7.1 Einleitung<br />

und Möglchkeiten der Assistenz findet<br />

WAS SOLLEN WIR TUN<br />

Spezifische Kompetenzen<br />

Wissen, wo man relevante Informationen<br />

findet.<br />

Nach Informationen fragen zu können.<br />

Das Erkennen der entsprechenden<br />

Dienstleistungen, die Informationen<br />

bereitstellen können.<br />

WAS MÜSSEN WIR WISSEN<br />

Praktisches Wissen<br />

Die Fähigkeit, mit Hilfe von neuen Medien z.B.<br />

dem Internet entsprechende Informationen<br />

ausfindig zu machen.<br />

Die Fähigkeit, auf Wünschen und<br />

Informationsbedürfnissen zu beharren z.B. vor<br />

Verwaltungsbeamten.<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

5 A.1 Präsentation des Themas<br />

1. Wo kann ich die entsprechenden Informationen in Bezug<br />

auf Gesetze und Leistungsansprüche finden<br />

2. -Wie kann ich Personen oder Institutionen finden, die mir<br />

bei der Suche nach relevanter Information helfen können<br />

3. Wie gehe ich mit behördlichen (administrativen)<br />

Herausforderungen und Systemen um<br />

A2 Persönliche Erfahrungen der pflegenden Angehörigen<br />

Wo kann ich die entsprechenden Informationen in Bezug auf<br />

Gesetze und Leistungsansprüche für mein Kind mit<br />

Pflegebedarf finden Welche Institutionen im<br />

örtlichen/regionalen/nationalen oder internationalen Rahmen<br />

sind hier hilfreich<br />

Was war hilfreich und unterstützend für mich<br />

Was war für diesen Vorgang hinderlich<br />

Wie kann ich selbst dazu beitragen, dass relevante<br />

Informationen für Kinder mit Pflegebedarf verbreitet und<br />

weitergeleitet werden<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.1 Hauptaspekte<br />

Eltern von Kindern mit Pflegebedarf<br />

beschreiben die Beschaffung von<br />

relevanten, individuell brauchbaren<br />

Informationen meist als langen, steinigen<br />

Weg. Leider basiert diese Suche nach<br />

Informationen oftmals auf einer Versuchund<br />

Irrtums-Methode.<br />

In den meisten Ländern gibt es sehr viele<br />

Services und Institutionen, die für<br />

Informationen zuständig sind. Meist sind<br />

die Informationen jedoch<br />

bruchstückhaft oder die Institutionen<br />

bieten nicht alle verfügbaren<br />

Informationen an. Deshalb ist es<br />

möglicherweise schwierig, aktuellste<br />

Informationen zu erhalten.<br />

Es ist Ihr Recht als Eltern eines Kindes<br />

mit Pflegebedarf, alle zur Verfügung<br />

stehenden, wichtigen Informationen zu<br />

bekommen. Ihr Kind hat, basierend auf<br />

Gesetzen, meist Anspruch auf<br />

Unterstützung oder Dienstleistungen.<br />

Manchmal haben Selbsthilfegruppen oder<br />

Elternverbände Informationen oder bieten<br />

Hilfe bei der Suche nach der zuständigen<br />

Institution. Die Devise heißt: fragen,<br />

fragen, fragen!<br />

Weiterführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

http://www.gesundheit.steiermark.at/<br />

http://www.soziales.steiermark.at/<br />

http://www.bundessozialamt.gv.at<br />

www.behindertenhilfe.or.at<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Didaktikblatt 5.7. Wie man Informationen über Gesetze, Leistungsanspruch 5.6.2 Fallbeispiel<br />

und Möglichkeiten der Assistenz findet<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.3 Präsentation eines Fallbeispiels<br />

John wurde in Deutschland in einem der neunzehn<br />

Bundesländer, welche alle über eine sehr unterschiedliche<br />

Gesetzgebung in Bezug auf Pflegebedarf verfügen, geboren.<br />

John wurde mit Spinapifita geboren und benötigte deshalb<br />

verschiedene Pflegemaßnahmen. Neben der Probleme mit<br />

der eigenen Körperhygiene, der Frage der Mobilität und<br />

dem Thema der Entwicklungsstimulation waren Johns<br />

Eltern auch noch mit Pflegegeldgesetzen konfrontiert.<br />

Die Eltern informierten sich in Deutschland in Bezug auf<br />

die jeweiligen Gesetze recht gut. Aufgrund einer<br />

Arbeitsversetzung des Vaters zog die Familie nach<br />

Österreich, auch einer Bundesrepublik mit neun<br />

verschiedenen Bundesländern und neun verschiedenen<br />

Gesetzgebungen im Bereich der Pflege- bzw.<br />

Rehabilitationsdienste. Es war eine sehr schwierige<br />

Aufgabe, hier alle für Österreich geltenden wichtigen<br />

Informationen, Leistungsansprüche und Förderungen<br />

herauszufinden, da mindestens vier große Einrichtungen in<br />

diesen Prozess involviert waren: das Finanzministerium in<br />

Bezug auf die Frage von finanziellen Förderungen, die<br />

Bundesverwaltung in Bezug auf Rehabilitationsmaßnahmen,<br />

das Bundesministerium bezüglich der Frage verschiedener<br />

Einrichtungen und regionale Gesundheitsdienste in Bezug<br />

auf die medizinische Gesundheit. Die Eltern waren aktiv,<br />

informierten sich auch mit Hilfe das Internets und<br />

kontaktierten auch Behörden. Trotz dieser aktiven Suche<br />

beschrieben sie, dass sie sich wie in einem<br />

„Informationsdschungel“ fühlten.<br />

WICHTIGE GEDANKEN<br />

B.2 Probleme im Zusammenhang mit dem<br />

FAllbeispiel<br />

<br />

<br />

<br />

Es ist wichtig, für pflegende Angehörige eine<br />

mögliche Schlüsselpersonen zu ermitteln, die<br />

zuverlässig in der Lage sind, Informationen<br />

in Bezug auf Gesetze und<br />

Leistungsansprüche zu geben: z.B.<br />

SozialarbeiterInnen, NGOs, die mobile<br />

Pflegedienste anbieten etc.<br />

Eltern haben das Recht, adäquate und für sie<br />

relevante Informationen von den jeweiligen<br />

öffentlichen Einrichtungen zu bekommen. Es<br />

ist deshalb ratsam, dass Eltern in der Rolle<br />

der pflegenden Angehörigen aktiv werden<br />

und fragen, nicht nur in Bezug auf spezielle<br />

Dienstleistungen oder Beihilfen, sondern<br />

auch in Bezug auf Informationen.<br />

Es ist sehr wichtig, Netzwerke aufzubauen:<br />

wer kennt jemanden, der jemanden kennt, der<br />

möglicherweise helfen kann. Manchmal ist<br />

es sehr hilfreich an die Leute zu denken, die<br />

ich kenne und die mir als pflegendem/r<br />

Angehörigen helfen können.<br />

<br />

Eltern brauchen starke Nerven im Umgang<br />

mit Behörden. Oft fühlen sich wie „Bettler“,<br />

die um Hilfe bitten. Aber Behörden werden<br />

mit Steuergeldern bezahlt und Eltern haben<br />

das Recht, nach ihren Ansprüchen und<br />

Rechten als Bürger zu fragen. Das sollte der<br />

Grundgedanke in Bezug auf die<br />

Handlungsmöglichkeit der Eltern sein.<br />

Weiteführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

http://www.gesundheit.steiermark.at/<br />

http://www.soziales.steiermark.at/<br />

http://www.bundessozialamt.gv.at<br />

www.behindertenhilfe.or.at<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008


MODUL 5.<br />

Didaktiblatt 5.7.<br />

KINDER <strong>MIT</strong> <strong>PFLEGE</strong>BEDARF<br />

Wie man Informationen über Gesetze, Leistungsanspruch 5.6.2 Wie handeln<br />

und Möglichkeiten der Assistenz findet<br />

LEITFADEN ZUR EINHEIT<br />

A.4 Was brauche ich, um mit dieser Situation auf adäquate<br />

Weise umzugehen<br />

Trotz des Internets, verschiedenster NGOs und<br />

Dienstleistungsservices im Bereich der Pflege für Kinder mit<br />

Pflegebedarf, berichten Eltern oft, dass es sehr schwierig ist,<br />

entsprechende Informationen in Bezug auf Gesetze und<br />

Leistungsansprüche zu bekommen. Manchmal haben die Eltern<br />

das Gefühl, dass nur ein Teil der relevanten Information<br />

herausgegeben wird, manchmal fühlen sich die Eltern als<br />

befänden sie sich in einem „Dschungel“ von widersprüchlichen<br />

Informationen. Es wird von hier nicht erwartet, dass ein<br />

Experte/eine Expertin in der Lage ist, alle wichtigen<br />

Informationen, die mit der Pflege von Kindern mit<br />

Pflegebedarf zusammenhängen, entsprechend<br />

zusammenzufassen. Pflegeservices, soziale Dienste,<br />

Rehabilitationsdienste, NGOs und auch andere werden als<br />

Ansprechpartner wahrgenommen. Für pflegende Angehörige<br />

ist es wichtig, zu fragen, zu fragen und nochmals zu fragen.<br />

Deshalb ist es in Bezug auf Gesetze und Leistungsansprüche<br />

eine der wichtigsten Strategien, aktiv zu werden. Aktiv zu sein<br />

heißt auch manchmal, nochmals nachzufragen. Nur mit dieser<br />

Taktik wird es Eltern auch gelingen, jede für sie wichtige<br />

Information zu erhalten. Oft ist es auch hilfreich, andere Eltern,<br />

die sich bei diesem Informationsbeschaffungsprozess bereits<br />

auskennen, zu fragen. Grundsätzlich sollten Eltern erwarten,<br />

dass das System nicht immer in der Lage ist, oder nicht immer<br />

motiviert erscheint, den Eltern alle relevanten Informationen zu<br />

geben. Leider ist es in den meisten Fällen die Aufgabe der<br />

Eltern, all die wichtigen Informationen zusammenzutragen.<br />

Hier kann es für die Eltern eine große Hilfe sein, die Mithilfe<br />

von anderen Familienmitgliedern oder FreundInnen bei dieser<br />

Suche in Anspruch zu nehmen.<br />

WICHTIGE IDEEN / ÜBUNGEN<br />

B.3 Wichtige Ideen<br />

In den verschiedenen europäischen Ländern<br />

kann es Unterschiede in Bezug auf Gesetze<br />

oder Ansprüche auf Leistungen geben.<br />

Wichtig ist vor allem, herauszufinden, wo<br />

man die richtigen Informationen erhält.<br />

B.4 Übungen<br />

Finden Sie in Ihrer unmittelbaren<br />

Umgebung heraus, wer welche<br />

Informationen über Gesetze, finanzielle<br />

Unterstützungen und Dienstleistungen<br />

geben kann.<br />

Kontaktieren Sie andere Eltern (z.B. übers<br />

Internet).<br />

Hinterlassen Sie Nachrichten bei relevanten<br />

Stellen, um eine Gemeinschaft zu gründen!<br />

.<br />

Weiteführende Literatur<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

http://www.gesundheit.steiermark.at/<br />

http://www.soziales.steiermark.at/<br />

http://www.bundessozialamt.gv.at<br />

www.behindertenhilfe.or.at<br />

Manfred Pretis Kinder mit Pflegebedarf. S.I.N.N., Graz, 2008

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