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Schokoschuh-Urteil - Irene Andessner

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KunstMedienDienst, Berlin, 27. Dezember 2008<br />

Schokoladenschuh-Fall<br />

K. u. K. Hofzuckerbäcker Demel gegen <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong><br />

Oberster Gerichtshof Österreichs sanktioniert unautorisierte Verwendung von<br />

Gussformen durch Demel und präsentiert der Urheberin die Rechnung<br />

– Abstract<br />

– Die Vorvorgeschichte des Schokoladenschuhs „39 1/2 < 27°“<br />

– Vorgeschichte der Raubkopien<br />

– <strong>Schokoschuh</strong> geht durch drei Instanzen<br />

– Urheberfeindliche Entscheidungsbegründung<br />

– „Der zentrale Kritikpunkt am <strong>Urteil</strong> ist, dass die Frage überhaupt nicht<br />

gesehen wird.“ Kommentar des Karlsruher Rechtsanwaltes Michael Bartsch<br />

– Gegenteiliges <strong>Schokoschuh</strong>-<strong>Urteil</strong> für <strong>Andessner</strong> in München<br />

– „Über den Kunstwert des Schokoladenschuhs von <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>“<br />

Gutachten von Klaus Honnef<br />

– Faksimile-Edition des <strong>Urteil</strong>sspruches<br />

Anlagen (optional)<br />

Abstract<br />

2006: Wiens renommierteste Konditorei (Demel) verwendet treuhänderisch aufbewahrte<br />

Schokoladengussformen einer bildenden Künstlerin (<strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>), ohne diese zu fragen,<br />

zu informieren oder Tantiemen anzubieten, präsentiert die Raubabgüsse des betreffenden<br />

Schuhobjektes aus Schokolade und Zucker im Schaufenster und verkauft sie zum doppelten<br />

Galeriepreis. Die Künstlerin klagt die Konditorei. Gutachter (Klaus Honnef) und erste<br />

(Handelsgericht Wien) und zweite Instanz (Landesgericht Wien) geben der Künstlerin recht,<br />

die Anwälte der Konditorei (Schuppich Sporn & Winischhofer) treiben den Fall per Rekurs in<br />

die dritte Instanz. 2008: Der Oberste Gerichtshof der Republik Österreichs dreht die <strong>Urteil</strong>e –<br />

ohne veränderte Sachlage und ohne neuen Kenntnisstand – ins Gegenteil und urteilt, dass das<br />

die unautorisierte Verwendung fremder Gussformen straffrei bleibt, weil das<br />

Schokoladenobjekt kein Kunstwerk sei, keinerlei individuelle Gestaltungselemente aufweise<br />

und damit auch als Form keinen urheberrechtlichen Schutz beanspruchen könne.<br />

Bericht<br />

„Der Oberste Gerichtshof hat leider weder die Rechtsmeinung des Erstrichters, noch die des<br />

Senates in der zweiten Instanz übernommen und die Klage abgewiesen, da seiner Meinung<br />

nach der Schokoladeschuh kein Kunstobjekt ist.“ Mit diesen Worten informierte die Wiener<br />

Rechtsanwältin Dr. Gertraud Gürtler am 11. Dezember ihre Mandantin <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong> über<br />

den verlorenen Prozess gegen die K.u.K. Hofzuckerbäcker Ch. Demel’s Söhne GmbH. Diese<br />

Nachricht kostet die Künstlerin rund 20.000 Euro – und einer unstrittigen Urheberschaft die<br />

Anerkennung.<br />

Am 9. Dezember 2008, bereits Tage vor der Zustellung des <strong>Urteil</strong>s an <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>,<br />

triumphiert der „am Verfahren beteiligte“ Rechtsanwalt Dr. Werner Sporn in der Rolle als


Berichterstatter in der österreichischen Tageszeitung Die Presse: „Künstlerin <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong><br />

hat einen Damenschuh in Konfektionsgröße in Schokolade gegossen und damit –<br />

vermeintlich – ein Kunstwerk geschaffen.“ Wer hier gegossen hat, ist nicht <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>,<br />

sondern Sporns Mandant, die Konditorei Demel, und das mit den Gussformen der Künstlerin.<br />

Birgit Maria Sturm, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher Galerien und<br />

Editionen e.V., Köln, kommentiert: „Ich bin sicher, in Deutschland wäre der Fall eher im Sinn<br />

der Künstlerin und nicht des Konditors geklärt worden, da der Urheberschutz hierzulande<br />

doch sehr ernst genommen wird.“<br />

Die Vorvorgeschichte des Schokoladenschuhs „39 1/2 < 27°“<br />

1993 entwickelte die österreichische, damals in Köln lebende Künstlerin <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong><br />

einen Damenpums aus Schokolade, den sie in ihrer Videoarbeit „39 1/2 < 27°“ einsetzte.<br />

Schuh und Film waren <strong>Andessner</strong>s Beitrag zur Ausstellung „Die verlassenen Schuhe“ im<br />

Rheinischen Landesmuseum Bonn, kuratiert von Klaus Honnef (damals Direktor für<br />

zeitgenössische Kunst des Hauses). Die Form des Stöckelschuhs entstand in Zusammenarbeit<br />

mit dem niederländischen Schuhdesigner Jan Jansen, die Gussformen bei Hans Brunner im<br />

bayerischen Glonn, die Prototypen im Hause Lambertz – dem Aachener Printen-Unternehmen<br />

des Kunstsammlers Hermann Bühlbecker. Zwischen 1993 und 2005 wurden rund 2000<br />

Exemplare von mehreren Konditoren in Aachen, Köln, München und Wien gegossen,<br />

vertrieben von Peter Fabians Kunstverlag Artikel-Editionen München/Berlin. <strong>Andessner</strong>s<br />

Schokoladenobjekt nahm seinen Weg durch viele Galerien, hat seinen Abdruck in Feuilletons<br />

hinterlassen, ist in Kultursendungen aufgetreten – gilt im Kunstgenre des Multiples<br />

(Auflagenobjekt) als Klassiker.<br />

Vorgeschichte der Raubkopien<br />

2005 übergab <strong>Irene</strong> Andesser Demels Chefkonditor Dietmar Muthenthaler ihre Gussformen<br />

mit dem Auftrag, den Schuh in Lohnarbeit aus Schokolade zu gießen. Nach<br />

einvernehmlichem Abbruch des Auftrages (<strong>Andessner</strong>: „die haben leider keine blasenfreien<br />

Gußergebnisse hinbekommen“) sind einige Gussformen im Hause Demel verblieben. Im Jahr<br />

darauf fanden sich einige Abgüsse von <strong>Andessner</strong>s <strong>Schokoschuh</strong> in Demels Schaufenster am<br />

Kohlmarkt. Die Künstlerin ließ einen Testkauf machen und drängte auf Unterlassung. „Sie<br />

schienen unseren Zuckerbäckern gut zum Thema ,Marie Antoinette’ zu passen“, entschuldigte<br />

Astrid Kahl von der Demel-Geschäftsführung den Fehltritt mit dem <strong>Andessner</strong>-Schuh<br />

(brieflich am 15. 12. 2006) und ließ ihn entfernen. Das wollte <strong>Andessner</strong> rechtsverbindlich<br />

geklärt haben und klagte das seit 2002 zur österreichischen Do & Co Gruppe gehörende<br />

Traditionsunternehmen.<br />

<strong>Schokoschuh</strong> geht durch drei Instanzen<br />

Als Erstgericht gab das Handelsgericht Wien bereits am 18. Oktober 2007 <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>s<br />

Unterlassungs- Beseitigungs- und Rechnungslegungs- und Veröffentlichungsbegehren mit<br />

einem Teilurteil statt. Es vertrat die Auffassung, dass ihr Schuhobjekt „einen eigenen<br />

eigenständigen Reiz und damit individuellen Charakter“ aufweise und als Teil des<br />

künstlerischen Werks urheberrechtlichen Schutz genieße. Es erkannte auch, dass „durch die<br />

Entscheidung der Schöpferin aus dem Gebrauchsgegenstand ein von anderen Gegenständen<br />

abgrenzbares eigenständiges Werk“ werde, das urheberrechtlichen Schutz genieße, weil es<br />

„sich nicht bloß um ein – gleich ready-mades – unverändert ausgewähltes und auf eine neue


Bedeutungsebene und damit zur Kunst emporgehobenes Objekt“ handle, und damit die<br />

beklagte Firma „mangels Einräumung von Werknutzungsrechten nicht berechtige,<br />

Werkstücke aus der Gussform der Klägerin herzustellen, zu verkaufen oder in ihrer Auslage<br />

auszustellen“.<br />

Dieses <strong>Urteil</strong> hob das Oberlandgericht Wien am 29. Mai 2008 auf und verwies die<br />

Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück, das den Fall aufgrund<br />

eines Rekurses durch Demels Rechtsanwälte Schuppich Sporn & Winischhofer an den<br />

Obersten Gerichtshof abgeben musste, weil laut Berufungsgericht „die Lösung der Frage nach<br />

dem Werkcharakter von Objekten moderner Kunst in ihrer Bedeutung über den Einzelfall<br />

hinaus“ gehe.<br />

Urheberfeindliche Entscheidungsbegründung<br />

Die „Entscheidungsgründe“ des Obersten Gerichtshofs der Republik Österreich, vertreten<br />

durch den Senatspräsidenten Dr. Alfons Zechner, mit denen dem Rekursantrag stattgeben<br />

wurde und die angefochtenen Beschlüsse aufgehoben wurden, sprechen für sich – und gegen<br />

die Kunst (in Auszügen):<br />

„Der urheberrechtliche Kunstbegriff deckt sich nicht notwendig mit dem kunsttheoretischen<br />

bzw. einem markt- oder publikumsorientierten, von den jeweiligen Kunstströmungen<br />

abhängigen Kunstverständnis, das einem steten Wandel unterliegt. Das urheberrechtlich<br />

schützbare Werk muss vielmehr neutral und objektiv umschrieben und für alle künstlerischen<br />

Phänomene und Entwicklungen offen sein.“<br />

„Da der urheberrechtliche Werkbegriff objektiv konzipiert ist, spielt für die Schutzfähigkeit<br />

eines Werkes keine Rolle, ob es in Museen ausgestellt, von Publikum und Kunsthandel als<br />

Kunst anerkannt, von Kunstsachverständigen als Kunst bewertet oder einem Künstler<br />

geschaffen worden ist.“<br />

„Das (...) Objekt des Klagebegehrens geht über die naturgetreue Nachformung eines so oder<br />

so ähnlich vielfach im Schuhhandel erhältlichen Damenschuhs mit hohem Absatz der Größe<br />

39 1/2 aus purer Schokolade nicht hinaus. Der Schuh weist keinerlei individuelle<br />

Gestaltungselemente auf und hebt sich deshalb nicht von einer rein handwerklichen,<br />

routinemäßigen Leistung, die sich im Rahmen des Alltäglichen und Üblichen bewegt, ab.“<br />

Das ist absolut unzutreffend.<br />

„Da dem von der Klägerin entworfenen Objekt ein Mindestmaß an Eigentümlichkeit und<br />

damit formender Gestaltung (...) fehlt, die es von ähnlichen Objekten unterscheidbar machen<br />

könnte, fällt es nicht unter den urheberrechtlichen Schutz.“<br />

„Objektiv gesehen ist der Schuh allein aber tatsächlich – und nicht nur vermeintlich – ein<br />

unmittelbar konsumierbares Schokoladestück, das sich von vergleichbaren Süßigkeiten nicht<br />

signifikant unterscheidet.“<br />

Dies ist eine Argumentationskaskade, die von einer an sich sachlichen Festellung ausgehend<br />

über eine Tatsachenverkehrung in einer inkontinenten Schlussbemerkung mündet, die<br />

exemplarisch gesehen jedem bildenden Künstler des Object trouvé-Genres die Seriosität<br />

abspricht und die zugleich jedem Designer von Gebrauchsgegenständen einer Gattung (wie<br />

Damen-Pumps) die Urheberschaft an seinem Entwurf aberkennen würde.<br />

Die obersten Richter kommen im Falle <strong>Andessner</strong> zu einer den objektiven Tatsachen<br />

widersprechenden Einschätzung. Ihre Begründung folgt wortwörtlich den parteiischen, das<br />

Werk der Künstlerin in langen Schriftsätzen und mündlichen Verhandlungen als<br />

herabwürdigend empfundenen Argumenten der Demel-Anwälte. Ohne veränderte Sachlage<br />

und ohne neuen Kenntnisstand kehren sie das <strong>Urteil</strong> ihrer Kollegen aus erster Instanz ins


Gegenteil. Mit dem Streitgegenstand haben sie sich offensichtlich nicht konkret<br />

auseinandergesetzt – etwa mit der Tatsache, dass das Schokoladenobjekt von <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong><br />

augenscheinlich erkennbar sowie in Skizzen, Werkzeichungen, Formenentwicklungen und<br />

Gussformen belegt, dass es zumindest unter dem Produktdesign-Aspekt alle<br />

urheberrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. Gemeinsam mit dem holländischen<br />

Schuhdesigner Jan Jansen (der in der Modewelt als Nachfolger von Salvatore Ferragamo gilt)<br />

hat sie eine Kleinskulptur entwickelt, die das Prototypische des Stöckelschuhs mit den Mitteln<br />

des Prêt-à-porters evoziert; der prototypische Damenschuh als Chiffre für den individuellen<br />

Umgang mit ihm ist zentraler Bestandteil ihrer Werkkonzeption, die auch in ihrer Videoarbeit<br />

„39 1/2 < 27°“ (Handlung: Mann isst Schuh vom Fuss der Frau) zum Ausdruck kommt.<br />

„Der zentrale Kritikpunkt am <strong>Urteil</strong> ist, dass die Frage überhaupt nicht gesehen wird.“<br />

Kommentar des Karlsruher Rechtsanwaltes Michael Bartsch<br />

Prof. Dr. Michael Bartsch, Rechtsanwalt in Karlsruhe, kommentiert auf Anfrage: »Das <strong>Urteil</strong><br />

des Obersten Gerichtshofs beschäftigt sich mit der interessantesten Frage überhaupt nicht.<br />

Seit mehr als 100 Jahren gibt es im Bereich der Kunst Hervorbringungen, die einem<br />

gutbürgerlichen Kundenverständnis zuwiderlaufen. In bezug auf solche Kunstgegenstände<br />

besteht ein rechtliches Spannungsverhältnis: (1) Urheberrechtlich gesehen muss gefragt<br />

werden, ob der Gegenstand eine hinreichende Schöpfungshöhe und Eigentümlichkeit besitzt.<br />

Die hierfür entwickelten Kriterien sind urheberrechtlicher Natur. (2) Verfassungsrechtlich ist<br />

die Kunst geschützt. Zu den Ausprägungen dieses Schutzes gehört auch, dass der Künstler<br />

sowohl in seiner Beziehung zum Werk als auch in seiner wirtschaftlichen<br />

Verwertungsmöglichkeit geschützt ist; der zweite Punkt verbindet sich mit dem<br />

verfassungsrechtlichen Schutz des Eigentums.<br />

Diese verfassungsrechtliche Frage fehlt im <strong>Urteil</strong> völlig. Nach deutscher Rechtsauffassung ist<br />

es unzureichend, in einem solchen Fall das Urheberrechtsgesetz zu studieren. Das<br />

Urheberrechtsgesetz muss im Lichte der verfassungsrechtlich geschützten Kunstfreiheit<br />

gelesen und ausgelegt werden. Zu welchem Ergebnis eine solche Auslegung führen wird, ist<br />

hier nicht zu diskutieren. Der zentrale Kritikpunkt am <strong>Urteil</strong> ist, dass die Frage überhaupt<br />

nicht gesehen wird.“<br />

Gussformen gehören zum Kapital ihrer Inhaber – ob Konditoreibetreiber oder Freiberufler.<br />

Mit dem österreichischen <strong>Urteil</strong> kommt ein hochangesehenes, penibel auf Raubkopien seiner<br />

Hausmarken und -formen achtende Unternehmen, das seinerseits fremde<br />

Schokoladegussformen – zugegebenermaßen – mißbräuchlich verwendet hat, nicht nur<br />

ungestraft davon, sondern zwingt die geschasste Klägerin auch noch zur Zahlung von rund<br />

12.000 Euro. Ist das lauter<br />

„Ob das Verhalten der Beklagten [Demel] unter das lauterkeitsrechtliche Verbot der<br />

Produktimitation (§ 2 Abs 3 Z 1 UWG) fällt, haben die Vorinstanzen zutreffend nicht geprüft,<br />

weil die Klage allein auf urheberrechtliche Ansprüche gestützt worden ist.“ Mit dieser<br />

formaljuristischen Relativierung entzieht sich das höchste Gericht auch noch dem Vorwurf<br />

einer paradoxen Rechtsprechung. Sein <strong>Urteil</strong> aus nichtöffentlicher Sitzung – ohne weitere<br />

Kläger-, Zeugen- oder Gutachter-Anhörung – ist unumstößlich, denn im Gegensatz zu<br />

Deutschland kennt in Österreich das Mittel einer Verfassungsbeschwerde nicht.<br />

Gegenteiliges <strong>Schokoschuh</strong>-<strong>Urteil</strong> für <strong>Andessner</strong> in München<br />

1999 erlebte <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong> bereits einen ähnlichen Fall, wo die vergleichbar renommierte<br />

Münchener Konditorei Erbshäuser (ehemals königlich-bayerischer Hoflieferant und Erfinder<br />

der Prinzregententorte) ihre Schuhformen im Nachgang an einen absolvierten Lohnauftrag auf


eigene Faust weitergegossen und faschingmäßig dekoriert ins Schaufenster gestellt hatte. Hier<br />

verkündete das Amtsgericht München rechtskräftig „die Auffassung, dass der<br />

Schokoladenschuh (...) als urheberrechtlich geschützte Leistung der Klägerin im Sinne des §<br />

97 UrhG zu sehen ist“. Und weiter: „Die Klägerin weist zu recht darauf hin, dass die<br />

Schöpfungshöhe nach der jeweils maßgebenden Auffassung der mit künstlerischen Fragen<br />

einigermaßen vertrauten und hierfür aufgeschlossenen Verkehrskreise zu bemessen ist.<br />

Gerade im Bereich der modernen Kunst ist insoweit allein das <strong>Urteil</strong> eines<br />

Kunstsachverständigen dafür maßgebend, ob es sich um ein Kunstwerk handelt oder nicht.“<br />

„Maßgeblich ist weiterhin, daß die Rechte an einem Kunstgegenstand von erheblicher<br />

Bedeutung verletzt worden ist“, schlossen die Münchner Richter aus der Teilnahme des<br />

<strong>Andessner</strong>-Objektes in Ausstellungen zeitgenössischer Kunst und anhand von Feuilleton-<br />

Veröffentlichungen. (Amtsgericht München, Geschäftsnummer: 161 C 18629/98, 1999)<br />

„Über den Kunstwert des Schokoladenschuhs von <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>“<br />

Gutachten des Kunstsachverständigen – Klaus Honnef<br />

Wenn sich dagegen eine ehemalige K.u.K. Hofkonditorei an der Gußform einer bildenden<br />

Künstlerin vergreift, gilt in Österreich das Wort des Kunstsachverständigen nichts. In seinem<br />

„Gutachten über den Kunstwert des Schokoladenschuhs von <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>“ hatte Prof.<br />

Klaus Honnef das Objekt „nahtlos in die Entwicklung der Objektkunst von Duchamps Ready<br />

Mades bis zu Dieter Roths Schokoladenobjekten“ eingeordnet. Dem Vizepräsident des<br />

Internationalen Kunstkritikerverbandes und Autor von Standardwerken zur bildenden Kunst<br />

war „vor dem Auftritt des Schokoladenschuhs von <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong> kein Objekt, weder in der<br />

Kunst noch in der Lebenswelt, bekannt geworden, das eine Eins-zu-Eins-Übersetzung eines<br />

angeblichen Gebrauchsgegenstandes in ein ungewohntes, gleichwohl optisch ähnliches,<br />

dennoch völlig verschiedenes Material – statt Leder eben Schokolade – erprobt hat“. (zur<br />

Person: www.klaushonnef.de)<br />

Faksimile-Edition des <strong>Urteil</strong>sspruches<br />

Angesichts der exemplarischen Qualität des <strong>Schokoschuh</strong>-Falles denkt der Berliner<br />

Kunstverlag Artikel Editionen daran, das 14-seitige Papier der <strong>Urteil</strong>sverkündung und<br />

-begründung als Faksimile-Ausgabe mit signiertem Doppelfoto Original und Raubguss<br />

herauszubringen, und dies in einer limitierten Auflage von 100 Exemplaren zum Stückpreis<br />

von 117,95 Euro, was dem hundertsten Teil der von der Künstlerin <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong><br />

abverlangten Prozesskosten in Höhe von 11.794,70 Euro entspricht. Ein Angebot zur<br />

Solidarisierung der Kunstwelt mit <strong>Irene</strong> <strong>Andessner</strong>.


Anlagen auf Anforderung:<br />

– 14-seitiger <strong>Urteil</strong>sspruch des Obersten Gerichtshofes der Republik Österreich<br />

– Gutachten von Prof. Klaus Honnef, Bonn<br />

– Fotoblatt Original und Plagiate des Schokoladenschuhs „39 1/2 < 27°“<br />

– Ausstellungs- und Veröffentlichungsliste des Schokoladenschuhs<br />

KunstMedienDienst Peter Fabian, 10785 Berlin, Potsdamer Str. 73<br />

fabian@kunstmediendienst.de, +49-171-210 5200

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