Die Evaluierung des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt
Die Evaluierung des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt
Die Evaluierung des Hundegesetzes in Sachsen-Anhalt
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Tagungsdokumentation<br />
zum Symposium<br />
am 30. Mai 2013<br />
an der Fachhochschule Polizei <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
<strong>in</strong> Aschersleben<br />
<strong>Die</strong> <strong>Evaluierung</strong><br />
<strong>des</strong><br />
<strong>Hundegesetzes</strong><br />
<strong>in</strong><br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>
Inhalt<br />
Seite<br />
Eröffnungsrede2<br />
Frau Brigitte Scherber-Schmidt<br />
M<strong>in</strong>isterium für Inneres und Sport <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Brauchen wir e<strong>in</strong>e „Rasseliste“<br />
Welche unterschiedlichen Rechtsfolgen knüpfen an e<strong>in</strong>e solche Rasseliste an4<br />
Prof. Dr. Michael Kilian<br />
Lehrstuhl für öffentliches Recht, F<strong>in</strong>anz- und Umweltrecht, Völker- und Europarecht<br />
Juristische Fakultät der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Richter am Lan<strong>des</strong>verfassungsgericht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> a. D.<br />
Welche Vorzüge genießt das hiesige Hundegesetz gegenüber vergleichbaren<br />
Vorschriften anderer Länder14<br />
Dr. Klaus Kutschmann<br />
Tierarzt; Vizepräsident der Tierärztekammer <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Lan<strong>des</strong>verbandsvorsitzender <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong> praktizierender Tierärzte<br />
S<strong>in</strong>d gesetzliche Regelungen, wie die im Hundegesetz, geeignet, Biss- und sonstige Vorfälle mit<br />
Hunden zu verh<strong>in</strong>dern24<br />
Dr. Stefanie Märzheuser<br />
Oberärzt<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik für K<strong>in</strong>derchirurgie <strong>in</strong> der Charité Berl<strong>in</strong><br />
Präsident<strong>in</strong> der Bun<strong>des</strong>arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft – Mehr Sicherheit für K<strong>in</strong>der e. V. – (BAG)<br />
Protokolle aus den Workshops (Parallelveranstaltungen)<br />
1 – Pro und contra Rasseliste; wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
Wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es (Rechtsfolgen).........................................................................................37<br />
Moderator: Herr Gerd vom Baur, Lan<strong>des</strong>hauptstadt Magdeburg<br />
2 – Das Problem am anderen Ende der Le<strong>in</strong>e: „Führersche<strong>in</strong>pflicht“<br />
(Sachkundeprüfung) für alle Hundehalter46<br />
Moderator<strong>in</strong>: Frau Kerst<strong>in</strong> Schmidt, Stadt Halle<br />
3 – Sollten auch die Landkreise im Rahmen ihrer Fachaufsicht mit ihrem veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischen<br />
Sachverstand <strong>in</strong> die Pflicht genommen werden49<br />
Moderator: Herr Jürgen Krause, Lan<strong>des</strong>verband Deutscher Tierschutzbund
Eröffnungsrede<br />
Frau Brigitte Scherber-Schmidt<br />
M<strong>in</strong>isterium für Inneres und Sport <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Me<strong>in</strong>e sehr verehrten Damen und Herren,<br />
ich darf Sie recht herzlich begrüßen zu unserem<br />
Symposium zur <strong>Evaluierung</strong> <strong>des</strong> <strong>Hundegesetzes</strong><br />
und freue mich, dass Sie der E<strong>in</strong>ladung so zahlreich<br />
gefolgt s<strong>in</strong>d.<br />
Zurückblickend stellt das „Gesetz zur Vorsorge<br />
gegen die von Hunden ausgehenden Gefahren“<br />
den vorläufigen Schlusspunkt e<strong>in</strong>es langjährigen<br />
Normenf<strong>in</strong>dungsprozesses dar, der bun<strong>des</strong>weit,<br />
maßgeblich im Jahr 2000 durch e<strong>in</strong>e tödliche<br />
Beißattacke zweier freilaufender Hunde auf e<strong>in</strong><br />
sechsjähriges K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Hamburg ausgelöst wurde.<br />
Nach langer Diskussion hat <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> dann<br />
im Jahr 2009 besondere gesetzliche Regelungen<br />
für das Halten von Hunden geschaffen.<br />
Mit dem Gesetz soll e<strong>in</strong> frühzeitiges hoheitliches<br />
E<strong>in</strong>schreiten ermöglicht werden, um dadurch<br />
künftige Vorfälle mit Hunden weitgehend zu<br />
m<strong>in</strong>imieren und Gefahren für die öffentliche<br />
Sicherheit wirksam vorzubeugen, die mit dem<br />
Halten und Führen von Hunden verbunden se<strong>in</strong><br />
können. Neben e<strong>in</strong>er Vielzahl von Regelungen,<br />
die zum Teil nicht unumstritten s<strong>in</strong>d, hat der Lan<strong>des</strong>gesetzgeber<br />
<strong>in</strong> § 18 GefHuG LSA ausdrücklich<br />
vorgesehen, dass e<strong>in</strong>e Überprüfung der Auswirkungen<br />
<strong>des</strong> Gesetzes nach e<strong>in</strong>em Erfahrungszeitraum<br />
von vier Jahren stattzuf<strong>in</strong>den hat.<br />
In diese Überprüfung e<strong>in</strong>geschlossen s<strong>in</strong>d, die<br />
sich mit der Aufgabenübertragung ergebenden<br />
e<strong>in</strong>maligen und laufenden Mehrkosten der Kommunen.<br />
Zur Vermeidung von unnötigem Verwaltungsaufwand<br />
hat der Städte- und Geme<strong>in</strong>debund schon<br />
2009/2010 sogenannte Modellkommunen (e<strong>in</strong>e<br />
möglichst repräsentative Auswahl der Städte und<br />
Geme<strong>in</strong>den) ausgewählt und mit diesen e<strong>in</strong>en<br />
„Kostenbogen“ erarbeitet, der als Grundlage für<br />
die Dokumentation aller aufgrund <strong>des</strong> Gesetzes<br />
entstandenen Ausgaben und E<strong>in</strong>nahmen der<br />
jeweiligen Modellkommune dient.<br />
Neben diesem Auftrag zur Gesetzesfolgenabschätzung<br />
an die Lan<strong>des</strong>regierung, setzt die Überprüfung<br />
<strong>des</strong> <strong>Hundegesetzes</strong> e<strong>in</strong>e Vorgabe <strong>des</strong><br />
Bun<strong>des</strong>verfassungsgerichts um, das <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Urteil vom 16. März 2004 den an Rassekataloge<br />
anknüpfenden Bun<strong>des</strong>gesetzgeber verpflichtet<br />
hat, die weitere Entwicklung und <strong>in</strong>sbesondere<br />
das Beißverhalten von Hunden zu beobachten,<br />
zu überprüfen und zu bewerten. Der Gesetzgeber<br />
sei zwar grundsätzlich berechtigt, an die Rassezugehörigkeit<br />
e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong> e<strong>in</strong>e abstrakte Gefährlichkeitsvermutung<br />
zu knüpfen; diese Vermutung<br />
müsse aber <strong>in</strong> regelmäßigen Abständen vom<br />
Gesetzgeber daraufh<strong>in</strong> überprüft werden, ob sie<br />
noch zutreffe. Insoweit ist auch der Lan<strong>des</strong>gesetzgeber<br />
gehalten, die weitere Entwicklung, unter<br />
Berücksichtigung <strong>des</strong> Beißverhaltens von Hunden<br />
im Verhältnis zu ihrer Population, zu beobachten.<br />
Im H<strong>in</strong>blick auf den allgeme<strong>in</strong>en Gleichheitssatz<br />
ist der Lan<strong>des</strong>gesetzgeber auch verfassungsrechtlich<br />
gehalten zu prüfen, ob die der Norm<br />
zugrunde liegenden Annahmen sich tatsächlich<br />
bestätigen und <strong>in</strong>soweit die unterschiedliche<br />
Behandlung der Halter, deren Hunde der gesetzlichen<br />
Gefährlichkeitsvermutung unterfallen, und<br />
der Halter, bei denen dies nicht der Fall ist, auch<br />
<strong>in</strong> der Zukunft gerechtfertigt ist.<br />
2
Zur Erfüllung dieser Vorgabe werden im Rahmen<br />
der Evaluation seitens der Lan<strong>des</strong>regierung die<br />
zwischen 2009 und 2013 von den zuständigen<br />
Behörden erhobenen und im Zentralen Hunderegister<br />
erfassten Angaben über die Zahl der <strong>in</strong><br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> gemeldeten Hunde sowie die<br />
Biss- und sonstigen Vorfälle mit Hunden statistisch<br />
ausgewertet.<br />
In e<strong>in</strong>em weiteren Schritt sollen die zuständigen<br />
Behörden, die das Gesetz und die Verordnung vor<br />
Ort vollziehen, zu ihren Erfahrungen befragt werden.<br />
Ebenso werden die kommunalen Spitzenverbände<br />
sowie Sachverständige aus verschiedenen<br />
Bereichen (Tierschutz, Hundewesen, Heilberufe,<br />
bis h<strong>in</strong> zu K<strong>in</strong>derschutz- und Seniorenverbänden)<br />
um Bewertung und Stellungnahme gebeten. Weiterh<strong>in</strong><br />
werden Zuschriften von Bürger<strong>in</strong>nen und<br />
Bürgern, die <strong>in</strong> sachlicher Form über ihre Erfahrungen<br />
mit dem Lan<strong>des</strong>hundegesetz berichten, <strong>in</strong><br />
der Gesamtbewertung Berücksichtigung f<strong>in</strong>den.<br />
Auch werden die bereits zum jetzigen Zeitpunkt<br />
vorgetragenen H<strong>in</strong>weise und Anfragen berücksichtigt<br />
und könnten <strong>in</strong>sofern <strong>in</strong> den nachfolgenden<br />
politischen Entscheidungsprozess e<strong>in</strong>fließen.<br />
In dem von der Lan<strong>des</strong>regierung hierüber zu<br />
erstellenden Bericht werden die vorgenannten<br />
Ergebnisse, unter Darlegung möglicher daraus zu<br />
ziehender Folgerungen, für die Lan<strong>des</strong>regierung<br />
oder den Gesetzgeber zusammengefasst. Nach<br />
den derzeitigen Planungen soll der Bericht zum<br />
Ende <strong>des</strong> Jahres 2013 dem Innenausschuss <strong>des</strong><br />
Landtages vorgelegt werden.<br />
Ich wünsche der Veranstaltung e<strong>in</strong>en guten Verlauf<br />
und freue mich jetzt auf die drei Impulsreferate<br />
zur E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> den Diskussionsprozess.<br />
3
Brauchen wir e<strong>in</strong>e „Rasseliste“<br />
Welche unterschiedlichen Rechtsfolgen knüpfen an e<strong>in</strong>e solche<br />
Rasseliste an<br />
Prof. Dr. Michael Kilian<br />
Lehrstuhl für öffentliches Recht, F<strong>in</strong>anz- und Umweltrecht, Völker- und Europarecht<br />
Juristische Fakultät der Mart<strong>in</strong>-Luther-Universität Halle-Wittenberg<br />
Richter am Lan<strong>des</strong>verfassungsgericht <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> a. D.<br />
Me<strong>in</strong>e sehr geehrten Damen und Herren,<br />
me<strong>in</strong> Gutachten für das Innenm<strong>in</strong>isterium vom<br />
November 2012 umfasste vor allem Fragen der<br />
Vorgaben <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzes für das Lan<strong>des</strong>recht,<br />
<strong>des</strong> Europarechts und der Gefahr e<strong>in</strong>er<br />
B<strong>in</strong>nen-Diskrim<strong>in</strong>ierung durch das Gefahrhundegesetz<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>. Unser Gesetz<br />
weicht hier <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten von der üblichen<br />
Gesetzespraxis der Länder ab. E<strong>in</strong>e nicht zu rechtfertigende<br />
Ungleichbehandlung sah ich jedoch<br />
weder im Europarecht noch im Verfassungsrecht.<br />
Bei dieser Gelegenheit hatte ich auch e<strong>in</strong>e<br />
Bestandsaufnahme von Rasselisten und Verbotsregelungen<br />
für gefährliche Hunde der e<strong>in</strong>zelnen<br />
deutschen Länder vorgenommen und dabei e<strong>in</strong>e<br />
recht vielgestaltige Regelungslandschaft auch <strong>in</strong><br />
Bezug auf die Rasselisten festgestellt.<br />
Nun soll ich mich zu zwei weiteren Fragen äußern:<br />
1. Brauchen wir e<strong>in</strong>e Rasseliste<br />
2. Welche unterschiedlichen Rechtsfolgen<br />
knüpfen an e<strong>in</strong>e solche Rasseliste an<br />
Ich soll dabei – tagungsdeutsch – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen<br />
Referat Impulse geben, also ke<strong>in</strong>e fertigen Lösungen<br />
anbieten. Ich tue das gern.<br />
Vergangene Woche war ich <strong>in</strong> Halle <strong>in</strong> der Verdi-Oper<br />
„Nabucco“: im letzten Akt kamen zwei riesige<br />
Deutsche Doggen auf die Bühne, geführt von<br />
e<strong>in</strong>em schwarzgekleideten Mann, und blieben<br />
dort mitten im Operngetümmel: das Orchester<br />
dröhnte, Chor und Solisten sangen aus voller Kehle,<br />
Hunderte von Zuschauern blickten gespannt<br />
auf die Szenerie; ungefähr 5 M<strong>in</strong>uten blieben sie<br />
<strong>in</strong> stoischer Ruhe auf der Bühne – sie sollten im<br />
alten Babylon wohl die antiken Molosserhunde –<br />
oder waren es die Höllenhunde – symbolisieren:<br />
ich beneidete die wunderschönen Tiere um ihre<br />
abgeklärte Ruhe. Ihr dramaturgischer Zweck blieb<br />
gleichwohl dunkel. Auf dem Weg zur Oper waren<br />
sie mir bereits begegnet, und ich hielt mich, angesichts<br />
ihrer Größe, <strong>in</strong> respektvoller Entfernung.<br />
Tierangriffe auf Almen und auf Weiden und <strong>in</strong><br />
Ställen häufen sich auch außerhalb der Hundepopulation:<br />
wie beim Menschen wächst offenbar<br />
auch beim Tier die Aggression: Kühe, Ochsen<br />
und Stiere greifen Wanderer an und verletzen sie<br />
schwer, sie greifen immer öfter auch die eigenen<br />
Bauern an, die ihnen doch vertraut se<strong>in</strong> müssten.<br />
Doch bereits das BGB hat 1900 die spezielle Tiergefahr<br />
gesehen und <strong>in</strong> den §§ 833, 834 BGB e<strong>in</strong>e<br />
besondere Tierhalterhaftung als Gefährdungshaftung<br />
vorgesehen. Aber selbst Katzen s<strong>in</strong>d gefährlich:<br />
aus dem Radio erfuhr ich von Tierschützern,<br />
dass e<strong>in</strong>e Katze bei uns im Durchschnitt 2 S<strong>in</strong>gvögel<br />
pro Woche frisst, also über 100 pro Jahr.<br />
4
Für die Rasselisten-Problematik verweise ich auf<br />
die berühmte, lesenswerte Erzählung „Herr und<br />
Hund“ von Thomas Mann – die übrigens autobiographisch<br />
ist: am Ende weiß man nicht, wer ist <strong>in</strong><br />
Wahrheit der Herr und wer ist der Hund<br />
Das Problem ist der Ansatz für den Gesetzgeber:<br />
wo knüpft man an, beim Hund oder beim Herrn<br />
Setze ich im Gefahrhunderecht beim Hund an<br />
Mit Verboten gefährlicher Rassen, also Rasselisten,<br />
Wesenstests usw., oder setze ich doch besser<br />
gleich beim Herrchen (oder dem Frauchen)<br />
an, mit Zuverlässigkeitsprüfung, Hundeführersche<strong>in</strong><br />
usw. Der jüngste Vorfall betraf den Pitbull<br />
e<strong>in</strong>er Oma, offenbar e<strong>in</strong> liebes Tier, das aber, wohl<br />
erschrocken, dem Enkelk<strong>in</strong>d die Nase abbiss.<br />
<strong>Die</strong> rechtlichen Stichworte bei Gefahrhunden lauten:<br />
••<br />
Schutz vor Gefahren, die von ihnen<br />
ausgehen, als Aufgabe <strong>des</strong> Staates,<br />
••<br />
wirksame Vorbeugung vor solchen<br />
Gefahren,<br />
••<br />
die Praktikabilität und Effektivität solcher<br />
Schutz- und Vorbeugungsmaßnahmen<br />
sowie die Überwachung (dies stößt an<br />
vielerlei Zwänge: ich hörte von e<strong>in</strong>em Fall<br />
<strong>in</strong> unserem Land, wo bei e<strong>in</strong>em durch e<strong>in</strong>en<br />
Jagdhund am Kopf verletzten K<strong>in</strong>d, es der<br />
behandelnde Arzt nicht wagte, den Vorfall<br />
der Behörde zu melden – der Hundehalter<br />
war <strong>in</strong> der Stadt zu bekannt),<br />
••<br />
allerd<strong>in</strong>gs muss die Gefahrenabwehr<br />
verhältnismäßig ausgestaltet se<strong>in</strong>.<br />
Und schließlich s<strong>in</strong>d Grundrechte im Spiel:<br />
Hundebesitz (Führung, Haltung, Schulung, Zucht)<br />
ist Ausdruck der freien Entfaltung der Persönlichkeit,<br />
der Hund als treuester Begleiter <strong>des</strong> Menschen<br />
seit alters her. Man denke an den Philosophen<br />
Arthur Schopenhauer und se<strong>in</strong>en Pudel, den<br />
er „Mensch“ nannte – Goethe allerd<strong>in</strong>gs mochte<br />
Hunde nicht.<br />
Aber: wie schon die Entscheidung <strong>des</strong> BVerfG zum<br />
„Reiten im Walde“ (BVerfGE 80, 137) erweist, ist<br />
diese freie Entfaltung <strong>in</strong> Art. 2 I GG nicht schrankenlos<br />
gewährleistet. Sorgte sich das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht<br />
doch darum, wie e<strong>in</strong> Spaziergänger<br />
auf dem engen Waldweg durch e<strong>in</strong> entgegenkommen<strong>des</strong><br />
Pferd mit Reiter <strong>in</strong> Angst und<br />
Beklemmung versetzt werden kann – und was ist,<br />
wenn e<strong>in</strong>em anstelle <strong>des</strong> noch harmlosen, wenngleich<br />
leicht scheuenden Pferds, zwei Rottweiler<br />
entgegen kommen<br />
Rasselisten s<strong>in</strong>d umstritten, E<strong>in</strong>wände gegen sie<br />
s<strong>in</strong>d zahlreich:<br />
••<br />
die Rasseliste sagt nichts über die<br />
Gefährlichkeit e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen Hun<strong>des</strong> aus,<br />
sie ist allenfalls e<strong>in</strong>e Vermutung,<br />
••<br />
die Rasseliste ist zufällig bzw. ungenau/<br />
e<strong>in</strong>seitig dezisionistisch, ja diskrim<strong>in</strong>ierend,<br />
da bekannte Hunderassen auf ihr fehlen,<br />
••<br />
Rasselisten umfassen nicht die<br />
Mischl<strong>in</strong>gshunde, grenzen also große Teile<br />
der Hundepopulation aus,<br />
••<br />
ke<strong>in</strong> Hund verhält sich notwendigerweise<br />
so, wie ihn die Rasseliste abstrakt<br />
kennzeichnet, besser: stigmatisiert; jeder<br />
Hund ist als E<strong>in</strong>zelpersönlichkeit, nicht als<br />
Rassemitglied zu betrachten, er reagiert als<br />
E<strong>in</strong>zeltier, nicht als Rasse.<br />
••<br />
Rasselisten müssen immer wieder<br />
angepasst werden, da sie nur das Bild<br />
aktueller Gefährlichkeit vermitteln.<br />
••<br />
Zudem können Hunde anderer Rassen<br />
ersatzweise zu Modehunden aggressiven<br />
Auftretens werden, umgekehrt kann gerade<br />
5
e<strong>in</strong> Rasselistenhund, da als berüchtigt<br />
geltend, zum Modehund bestimmter Kreise<br />
werden;<br />
••<br />
Beliebte Hunderassen s<strong>in</strong>d aus<br />
populistischen Gründen ausgespart, obwohl<br />
sie gleichfalls gefährlich se<strong>in</strong> können<br />
(Rottweiler, Deutscher Schäferhund, Dogge,<br />
Dobermann; die Stadt Rottweil hat dem<br />
Rottweiler sogar e<strong>in</strong> öffentliches Denkmal<br />
gewidmet, da er die Stadt <strong>in</strong> aller Welt<br />
bekannt gemacht hat!),<br />
••<br />
die Beißstatistik weist Deutsche<br />
Schäferhunde und sogar den als harmlos<br />
und k<strong>in</strong>derfreundlich geltenden Golden<br />
Retriever an ihrer Spitze aus, demgegenüber<br />
fallen Bisse z. B. durch Pitbulls gar nicht <strong>in</strong>s<br />
Gewicht,<br />
••<br />
durch Kreuzungen und Neuzüchtungen<br />
können gefährliche Hunde entstehen, die<br />
nicht auf e<strong>in</strong>er Rasseliste ersche<strong>in</strong>en.<br />
••<br />
Mit der Rasseliste könnte suggeriert<br />
werden, dass im Umkehrschluss die anderen<br />
Rassen m<strong>in</strong>der- oder nicht gefährlich s<strong>in</strong>d.<br />
••<br />
Schließlich: entscheidend sei die<br />
Hundehaltung und Hundeerziehung, somit<br />
der Halter und Züchter, nicht die e<strong>in</strong>zelne<br />
Hunderasse. Der Hund wird zu dem, was der<br />
Mensch aus ihm macht.<br />
••<br />
Und am Ende: Rasselisten greifen <strong>in</strong><br />
Grundrechte e<strong>in</strong>.<br />
Viele Gegenargumente und Bedenken also, es<br />
gibt sicher noch mehr, und wir werden sie heute<br />
vermutlich alle hören.<br />
Dennoch haben sowohl der Bund wie die meisten<br />
deutschen Länder, dazu zahlreiche Österreichische<br />
Bun<strong>des</strong>länder und Schweizer Kantone,<br />
solche Listen <strong>in</strong> ihre Gesetze und Rechtsverordnungen<br />
e<strong>in</strong>gestellt. Mittelbar gilt e<strong>in</strong>e solche<br />
Liste über den Verweis auf die Bun<strong>des</strong>liste <strong>in</strong><br />
§ 2 I 1 <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>gesetzes auch für <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> (s. § 3 II GefHuG).<br />
Und schließlich s<strong>in</strong>d Rasselisten gefährlicher Hunde<br />
spätestens seit der Leitentscheidung <strong>des</strong> BVerfG<br />
von 2004 zum Gegenstand <strong>des</strong> Verfassungsrechts<br />
auf höchster Ebene geworden. Ich referiere<br />
hier kurz die Struktur der Leitentscheidung zur<br />
Rasseliste <strong>in</strong> BVerfGE 110, 141 (156 ff.), vielleicht<br />
auch für die Nichtjuristen unter uns:<br />
Das Gericht billigte dem Gesetzgeber e<strong>in</strong>en weiten<br />
E<strong>in</strong>schätzungs- und Prognosespielraum, der<br />
nur <strong>in</strong> begrenztem Umfang überprüfbar ist.<br />
Nach dem wissenschaftlichen Erkenntnisstand<br />
kann alle<strong>in</strong> aus der Rassezugehörigkeit nicht auf<br />
die Gefährlichkeit geschlossen werden.<br />
<strong>Die</strong>se hängt vielmehr von e<strong>in</strong>er Vielzahl von Faktoren<br />
ab:<br />
••<br />
bestimmte Zuchtmerkmale<br />
(hohe Schmerzunempf<strong>in</strong>dlichkeit,<br />
übermäßige Beißkraft, To<strong>des</strong>mutigkeit)<br />
••<br />
Erziehung<br />
••<br />
Ausbildung<br />
••<br />
Haltung<br />
••<br />
situative E<strong>in</strong>flüsse und v. a. auch von der<br />
••<br />
Zuverlässigkeit und Sachkunde <strong>des</strong> Halters.<br />
Der Anlass zum E<strong>in</strong>schreiten ergibt sich aus dem<br />
Zusammenwirken unterschiedlicher Faktoren,<br />
soweit diese mit h<strong>in</strong>reichender Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />
zusammentreffen können.<br />
Zum Schutz menschlichen Lebens und Gesundheit<br />
s<strong>in</strong>d Vorkehrungen zu treffen, wenn genügend<br />
<strong>Anhalt</strong>spunkte vorliegen, dass Hunde bestimmter<br />
Rassen <strong>in</strong> besonderer Weise gefährlich werden<br />
können – und sei es auch erst im Zusammenwirken<br />
mit anderen Faktoren als dem Rassefaktor.<br />
6
Für bestimmte Rassen kann und muss vom Vorhandense<strong>in</strong><br />
derartiger <strong>Anhalt</strong>spunkte ausgegangen<br />
werden. Zwar ist nach der Wissenschaft die<br />
genetische Bed<strong>in</strong>gtheit nicht alle<strong>in</strong> entscheidend,<br />
doch ist auch ke<strong>in</strong> genereller Ausschluss anzunehmen.<br />
Zwar ist die „Gefährlichkeit“ e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong> ke<strong>in</strong><br />
eigentliches Rassemerkmal. Doch ist es andererseits<br />
nicht unbestritten, dass bestimmte Hundegruppen<br />
(wie die Hunde der Bun<strong>des</strong>liste) e<strong>in</strong><br />
„Potential zur Erzeugung gefährlicher Hunde“<br />
darstellen.<br />
E<strong>in</strong>e Auffassung <strong>in</strong> der Wissenschaft lautet dah<strong>in</strong>,<br />
dass Art und Ausmaß aggressiven Verhaltens zum<br />
erheblichen Teil auch genetisch bed<strong>in</strong>gt ist (als<br />
Zuchtwahl <strong>in</strong> der Vergangenheit zu bestimmten<br />
Zwecken). Nach e<strong>in</strong>er weiteren Auffassung beruht<br />
das Aggressionsverhalten auf dem Ergebnis e<strong>in</strong>er<br />
differenzierten Wechselwirkung zwischen Erbanlagen<br />
und Umweltreizen: Kampfhunde s<strong>in</strong>d ihrer<br />
Geschichte nach Hunderassen, deren Aggressionsverhalten<br />
„nicht ohne Problematik ist“.<br />
<strong>Die</strong> vier Rassen der Bun<strong>des</strong>liste s<strong>in</strong>d danach sogar<br />
„unabhängig vom Verhalten und von der E<strong>in</strong>stellung<br />
ihrer Halter, relativ häufig wegen gesteigerter<br />
Aggressivität und Gefährlichkeit für Mensch<br />
und Tier aufgefallen“. Nach der Statistik bewegen<br />
sie sich zwar nur auf der 4., 6. und 7. Stelle der<br />
Beißstatistik, auf welcher der Deutsche Schäferhund<br />
öfters ungut aufgefallen ist. <strong>Die</strong> absoluten<br />
Zahlen sagen dagegen nichts Verlässliches darüber<br />
aus, welches Gefahrenpotential e<strong>in</strong>zelnen<br />
Rassen tatsächlich zukommt. Vielmehr ist e<strong>in</strong><br />
Vergleich der Zahl an schadensrelevanten Vorfällen<br />
im Vergleich zum jeweiligen Hundebestand<br />
vorzunehmen. So ist der Pitbull-Terrier am häufigsten<br />
<strong>in</strong> der relativen Statistik zu f<strong>in</strong>den, entsprechen<strong>des</strong><br />
gilt für die drei übrigen Rassen der<br />
Bun<strong>des</strong>liste. <strong>Die</strong> Länderstatistik endete für das<br />
BVerfG allerd<strong>in</strong>gs Ende der 90iger Jahre.<br />
FRAGE ALSO:<br />
••<br />
Wie lautet die Statistik aktuell<br />
Führen wir e<strong>in</strong>e bun<strong>des</strong>weite Statistik<br />
Der für die Annahme der Gefährlichkeit geforderte<br />
Grad an Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit hängt, so das BVerfG,<br />
von zwei Faktoren ab:<br />
(1) vom gefährdeten Rechtsgut und<br />
(2) von der Art der zu befürchteten<br />
Schäden.<br />
Entscheidend s<strong>in</strong>d danach der tödliche Ausgang<br />
und die Schwere von Verletzungen, wobei die<br />
konkreten Umstände <strong>des</strong> konkreten Gefahrene<strong>in</strong>tritts<br />
jeweils nicht vorhersehbar s<strong>in</strong>d.<br />
In der Werteordnung <strong>des</strong> GG s<strong>in</strong>d aber gerade<br />
Leben und Gesundheit besonders hohe Güter.<br />
Der Lebens- und Gesundheitsschutz s<strong>in</strong>d elementare<br />
staatliche Schutzaufgaben. Mit Rücksicht auf<br />
die schwerwiegenden Folgen von Beißvorfällen<br />
(Stärke und Beißkraft bestimmter Rassen) bilden<br />
statistische Daten und wiss. Erkenntnisse ausreichende<br />
Grundlagen für das Handeln <strong>des</strong> Gesetzgebers,<br />
und den drohenden Gefahren entgegen<br />
zu treten und Vorkehrungen zu treffen.<br />
––<br />
Rasselisten s<strong>in</strong>d verhältnismäßig:<br />
geeignet: Förderung <strong>des</strong> Schutzes von Leben<br />
und Gesundheit<br />
(die Schwierigkeiten der Umsetzung <strong>des</strong><br />
Schutzes ändern daran nichts)<br />
erforderlich: ke<strong>in</strong> gleich wirksames, weniger<br />
e<strong>in</strong>schränken<strong>des</strong> Mittel vorhanden<br />
(i. E<strong>in</strong>zelfall Wesenstest, tierärztl. Begutachtung<br />
u. dgl. reichen nicht, sie bieten selbst<br />
bei sachkundigen Personen ke<strong>in</strong>e vollkommen<br />
verlässliche Grundlage für e<strong>in</strong>e h<strong>in</strong>reichende<br />
Gefährlichkeitsprognose, da nur<br />
Momentaufnahme und Krisensituationen<br />
nicht simulierbar)<br />
7
auch angemessen, da <strong>in</strong> der Gesamtabwägung<br />
die Geme<strong>in</strong>wohlbelange überwiegen.<br />
––<br />
Sie verstoßen auch nicht gegen Grundrechte:<br />
weder gegen Art. 12 (Stufentheorie) noch Art.<br />
14 (Inhalts- und Schrankenbestimmung), noch<br />
Art. 2 I, noch Art. 3 I GG.<br />
––<br />
Allerd<strong>in</strong>gs: es bleibt für den Gesetzgeber die<br />
Aufgabe der Beobachtung der weiteren Entwicklung,<br />
der wissenschaftlichen Erkenntnisse<br />
und der tatsächlichen Fakten, da e<strong>in</strong>e erhebliche<br />
Unsicherheit besteht. Daher herrscht die<br />
Notwendigkeit, die Gefahrenlage im Blick zu<br />
behalten. Sofern sich die prognostische E<strong>in</strong>schätzung<br />
nicht bestätigt, muss die Regelung<br />
an die neuen Erkenntnisse angepasst werden.<br />
DAHER FÜR UNS DIE WEITERE FRAGE:<br />
Das Bun<strong>des</strong>verfassungsgericht hat Rasselisten<br />
somit als polizeirechtliches Mittel der Gefahrenabwehr<br />
jedenfalls im Grundsatz gerechtfertigt.<br />
Sie verstoßen gegen ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges der von den<br />
Beschwerdeführern <strong>in</strong>s Feld geführten Grundrechte.<br />
Ob die jeweiligen Maßnahmen, e<strong>in</strong>schließlich der<br />
Rasselisten, jeweils auch praktikabel s<strong>in</strong>d und zu<br />
Erfolgen führen, ist dabei e<strong>in</strong>e andere Frage:<br />
So hat das Gericht dem jeweiligen Bun<strong>des</strong>- und<br />
Lan<strong>des</strong>gesetzgeber aufgegeben, die Entwicklung<br />
bei den Gefahrhunden und bei den <strong>in</strong>krim<strong>in</strong>ierten<br />
Rassen sorgfältig zu beobachten und die<br />
Maßnahmen der Gefahrenabwehr, vor allem, was<br />
die Rasselisten anbelangt, <strong>in</strong> zeitlichen Abständen<br />
auf ihre Rechtfertigung und Wirksamkeit zu<br />
überprüfen.<br />
––<br />
Gibt es neue wissenschaftliche Erkenntnisse<br />
zu den Rasselisten<br />
Abgesehen von der Verfassungskonformität der<br />
Rasseliste wurde mittlerweile auch die polizeirechtsdogmatische<br />
E<strong>in</strong>schätzung von Rasselisten<br />
<strong>in</strong> Wissenschaft und Rechtsprechung geklärt:<br />
Rasselisten im Gesetz stellen danach ke<strong>in</strong>e Maßnahme<br />
der bloßen Gefahrenerforschung im Vorfeld<br />
dar, sondern s<strong>in</strong>d Bestandteil der eigentlichen<br />
Gefahrenabwehr <strong>in</strong> der Form der Abwehr abstrakter<br />
Gefahren. Denn Hunde bestimmter Rassen<br />
können, folgt man den Vorgaben <strong>des</strong> BVerfG, vom<br />
Gesetzgeber angesichts ihrer latenten Gefährlichkeit<br />
als abstrakte Gefahr im S<strong>in</strong>ne <strong>des</strong> Sicherheits-<br />
und Ordnungsrechts e<strong>in</strong>geschätzt werden.<br />
<strong>Die</strong> <strong>in</strong> ihnen angelegte abstrakte Gefahr kann<br />
im E<strong>in</strong>zelfall jederzeit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e konkrete Gefahr<br />
umschlagen. Hierbei besteht rechtsdogmatisch<br />
zwischen abstrakten und konkreten Gefahren<br />
ohneh<strong>in</strong> ke<strong>in</strong> Stufen- oder Rangverhältnis, da der<br />
Staat verpflichtet ist, durch se<strong>in</strong> Polizeirecht jeder<br />
Form e<strong>in</strong>er Gefahr angemessen zu begegnen.<br />
<strong>Die</strong>s geschieht derzeit auch im Land <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong> anhand der gesetzlich vorgeschriebenen<br />
<strong>Evaluierung</strong> <strong>des</strong> Gefahrhundegesetzes vom März<br />
2009.<br />
<strong>Die</strong> Rasselisten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Rechtspraxis wenig<br />
homogen, sie reichen von drei Rassen (<strong>Sachsen</strong><br />
u. a.) bis zu 10 Rassen (Hessen) bzw. 12 Rassen<br />
(Wien, früher auch Mecklenburg-Vorpommern).<br />
Rekord s<strong>in</strong>d 13 Rassen plus 2 spezielle Kreuzungen<br />
im Land Vorarlberg – dort muss es besonders<br />
gefährliche Hunde geben. Niedersachsen hat –<br />
alle<strong>in</strong> – auf e<strong>in</strong>e Rasseliste völlig verzichtet.<br />
E<strong>in</strong>ige Länder haben Rasselisten <strong>in</strong> 2 Stufungen<br />
mit unterschiedlichen Anforderungen: absolutes<br />
Verbot bei e<strong>in</strong>igen Rassen – wiederlegliche Vermutung<br />
der Gefährlichkeit bei weiteren Rassen:<br />
so Bayern (5 plus 14), Baden-Württemberg (3 plus<br />
9), Brandenburg (3 plus 13), Hamburg (4 plus 11),<br />
Nordrhe<strong>in</strong>-Westfalen (4 plus 10).<br />
8
<strong>Die</strong> rechtlichen Folgen solcher Listen können se<strong>in</strong>:<br />
––<br />
gänzliche E<strong>in</strong>fuhr-,<br />
Zucht und Halteverbote,<br />
––<br />
Verbote mit Erlaubnisvorbehalt<br />
nach bestandenem Wesenstest,<br />
––<br />
Maulkorb- und Le<strong>in</strong>enzwang,<br />
––<br />
Sachkenntnis und<br />
Zuverlässigkeitsnachweise für Züchter<br />
und Halter,<br />
––<br />
im Extremfall die Tötung <strong>des</strong> betreffenden<br />
Rassehun<strong>des</strong>.<br />
Zugunsten von Rasselisten sprechen:<br />
––<br />
fast alle Länder verfügen über e<strong>in</strong>e<br />
Rasseliste, es wäre das Gebot der<br />
Homogenität, ebenfalls e<strong>in</strong>e solche<br />
aufzustellen,<br />
––<br />
die bisherige Erfahrung weist bestimmte<br />
Hunderassen als abstrakt gefährlich für die<br />
Allgeme<strong>in</strong>heit aus,<br />
––<br />
bei solchen Hunden ist das Potential der<br />
Gefährlichkeit genetisch vorhanden, auch<br />
wenn der e<strong>in</strong>zelne Hund harmlos se<strong>in</strong> mag.<br />
In Stresssituationen wird er wahrsche<strong>in</strong>lich<br />
so reagieren, wie er es se<strong>in</strong>er Rasse gemäß<br />
tut,<br />
––<br />
bestimmte Hunderassen s<strong>in</strong>d das<br />
Merkzeichen und Aushängeschild<br />
bestimmter, gewaltgeneigter sozialer<br />
Milieus, deren Überwachung durch die<br />
Rasseliste erleichtert wird,<br />
––<br />
die Rasseliste dient der Beseitigung oder<br />
zum<strong>in</strong><strong>des</strong>t E<strong>in</strong>dämmung e<strong>in</strong>er solchen<br />
abstrakten Gefahr,<br />
––<br />
sie dient damit zugleich die Beherrschung<br />
e<strong>in</strong>er konkreten Gefahr,<br />
––<br />
<strong>Die</strong> Rasseliste bietet Rechtssicherheit für<br />
alle Beteiligten, die Ordnungsbehörden<br />
wissen, woran sie s<strong>in</strong>d,<br />
––<br />
die Überwachung der Hundepopulation<br />
wird erleichtert,<br />
––<br />
sie dient <strong>in</strong>sbesondere der Überwachung<br />
der Zuverlässigkeit der Hundezüchter und<br />
Halter,<br />
––<br />
sie enthält e<strong>in</strong>e Aufmerksamkeits- und<br />
Warnfunktion für die Öffentlichkeit wie für<br />
die Züchter und Halter selbst, nämlich dass<br />
Risiken mit gefährlichen Hunden bestehen<br />
(die Öffentlichkeit vergisst schnell).<br />
––<br />
<strong>Die</strong> Höhe der Hunde-Haftpflichtversicherung<br />
könnte sich an der Rasseliste<br />
orientieren und so die Beliebtheit e<strong>in</strong>er<br />
Hunderasse quasi fiskalisch dämpfen:<br />
gefährliche Hunde s<strong>in</strong>d teuer<br />
(ich habe gehört, dass die hohen Kosten<br />
für Wesenstests den Wunsch, bestimmte<br />
Hunderassen zu bevorzugen, sehr<br />
dämpfen),<br />
––<br />
mit der Rasseliste ist je nach gesetzlicher<br />
Ausgestaltung noch nichts entschieden,<br />
es besteht die Möglichkeit, die Vermutung<br />
der Gefährlichkeit für den konkreten Hund<br />
zu widerlegen.<br />
Varianten s<strong>in</strong>d:<br />
––<br />
nichtwiderlegliche Vermutung = Verbot<br />
––<br />
widerlegliche Vermutung: Verbot mit<br />
Erlaubnisvorbehalt nach positiv bestandenem<br />
Wesenstest<br />
––<br />
gestufte Listen mit unterschiedlichen<br />
Anforderungen<br />
––<br />
wird der Wesenstest bestanden, so<br />
resultiert daraus dennoch e<strong>in</strong>e besondere<br />
Verantwortung <strong>des</strong> Halters<br />
––<br />
Absehen von e<strong>in</strong>er Rasseliste, also<br />
Verzicht auf sie (Niedersachsen), dafür:<br />
obligatorische E<strong>in</strong>zelprüfung (Hunde-TüV)<br />
––<br />
E<strong>in</strong>zelprüfung bei konkreter Auffälligkeit,<br />
9
––<br />
allgeme<strong>in</strong>er oder konkreter Maulkorbund<br />
Le<strong>in</strong>enzwang,<br />
––<br />
Verbot, Hunde <strong>in</strong> bestimmten Bereichen<br />
(etwa K<strong>in</strong>derspielplätze, Schulen,<br />
Krankenhäuser, Altenheime) ohne<br />
Maulkorb zu führen,<br />
––<br />
subjektive Zuverlässigkeitsschwellen für<br />
Zucht und Haltung bestimmter Rassen<br />
anhand bestimmter Kriterien,<br />
––<br />
e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>er, obligatorischer<br />
Hundeführersche<strong>in</strong> (so <strong>in</strong> der<br />
Steiermark vorgesehen, ich habe hier die<br />
entsprechende amtliche Bekanntmachung<br />
e<strong>in</strong>er Geme<strong>in</strong>de).<br />
<strong>Die</strong> Grundrechte, wie das Gefahrenabwehrrecht,<br />
lassen hier viele Varianten zu, ob sie jeweils praktikabel<br />
s<strong>in</strong>d ist e<strong>in</strong>e andere Frage.<br />
Im Spiel s<strong>in</strong>d: Art. 2 I; 3 I; 12 I; 14 GG, das Rechtsstaatspr<strong>in</strong>zip<br />
mit Bestimmtheitsgebot und Vorbehalt<br />
<strong>des</strong> Gesetzes sowie das Verhältnismäßigkeitsgebot.<br />
Dem steht die Schutzpflicht <strong>des</strong> Staates<br />
aus Art. 2 II, S. 1; Art. 2 I S. 2; Art. 1 I S. 2 GG<br />
gegenüber.<br />
Zu den Grundrechtspositionen:<br />
––<br />
allg. Halteverbot: Art. 2 I GG<br />
––<br />
Zuchtverbote: Art. 12 I GG, 14 GG<br />
(auch bei Züchtern im Nebenerwerb<br />
oder Zucht als Zweitberuf)<br />
––<br />
Rasselistenunterschiede: Art. 3 I GG.<br />
Dem stehen die Grundrechtsschranken und die<br />
Schutzpflicht <strong>des</strong> Staates für Grundrechte Dritter<br />
gegenüber (Art. 1 I S. 2; Art. 2 II GG).<br />
Wie weit reicht die Schutzpflicht, wo fängt die<br />
Willkürgrenze an Wegen der Wesentlichkeitstheorie<br />
ist bei Grundrechtse<strong>in</strong>griffen durch Rasselisten<br />
auf jeden Fall e<strong>in</strong> förmliches Gesetz anzuraten.<br />
Folgt man der Intention der Cannabis-Entscheidung<br />
<strong>des</strong> BVerfGE 90, 145 (197) braucht bei e<strong>in</strong>er<br />
Rasseliste nicht rigoros und umfassend vorgegangen<br />
werden. Vielmehr müssen e<strong>in</strong>geführte Hunderassen<br />
(etwa Deutsche Dogge, Schäferhund),<br />
soweit sie nicht evident gefährlich s<strong>in</strong>d, nicht<br />
ebenfalls auf die Liste gesetzt werden, nur <strong>des</strong>wegen,<br />
weil die Liste die besonderen, exotischen<br />
Rassen (Dogo Argent<strong>in</strong>o, Mastiff) oder spezielle<br />
Kampfhunderassen (Staffordshire Terrier, Pitbull)<br />
aufweist. Hier kann also durchaus e<strong>in</strong>e punktuelle<br />
Auswahl getroffen werden. Dar<strong>in</strong> liegt nach<br />
ganz h. A. ke<strong>in</strong> Verstoß gegen Art. 3 I GG (Arg.: ke<strong>in</strong>e<br />
Gleichheit im Unrecht).<br />
Gegen flächendeckende Wesenstests, um e<strong>in</strong>e<br />
Rasseliste zu vermeiden, spricht, dass solche Tests<br />
bei Kampfhunden stets nur Momentaufnahmen<br />
bieten. Im Extremfall wäre der Wesenstest ke<strong>in</strong>e<br />
geeignete Vorbeugungsmaßnahme. Nötig wären<br />
also Stresstests (wie bei den Banken), aber irgendwann<br />
wird der Aufwand zu hoch (und zu teuer).<br />
E<strong>in</strong>e Pflicht der Länder zur E<strong>in</strong>heitlichkeit von<br />
Rasselisten besteht ebenfalls nicht, wenngleich<br />
sie aus Gründen der Rechtssicherheit sicher wünschenswert<br />
wäre. Jedenfalls besteht hierzu ke<strong>in</strong>e<br />
zw<strong>in</strong>gende Verfassungspflicht, da das Bun<strong>des</strong>staatspr<strong>in</strong>zip<br />
die Eigenstaatlichkeit der Länder<br />
achtet (s. a. das Glücksspielrecht und jetzt das<br />
Gaststättenrecht).<br />
E<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>imalliste von Rassehunden hat sich bisher<br />
als kle<strong>in</strong>ster geme<strong>in</strong>samer Nenner herausgebildet:<br />
––<br />
Pitbull-Terrier,<br />
––<br />
American Staffordshire Terrier,<br />
––<br />
Bullterrier,<br />
––<br />
Staffordshire Bullterrier sowie deren<br />
Kreuzungen.<br />
<strong>Die</strong> verschiedenen Rasselisten <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong> und<br />
der Ländern decken sich <strong>in</strong> diesen Kernrassen<br />
10
weitgehend: den Pitbull-Terrier haben 11 Länder<br />
auf der Liste, weitere 3 unter Vorbehalt, ebenso<br />
den Staffordshire-Terrier. Den Staffordshire Bullterrier<br />
9, weitere 3 unter Vorbehalt, den Bullterrier<br />
8 und weitere 2 unter Vorbehalt.<br />
Re<strong>in</strong> zufällig hörte ich gestern im Stadtpark<br />
von Dessau, wie sich zwei kahlköpfige junge<br />
Männer mit Spr<strong>in</strong>gerstiefeln – auf dem<br />
Sportplatz gegenüber spielten Afrikaner –<br />
unterhielten. Ich hörte deutlich das Wort<br />
„Pitbull“ heraus.<br />
Im Ergebnis bestehen gegenüber e<strong>in</strong>er Rasseliste<br />
weder grundrechtsmäßige noch poIizeirechtsdogmatische<br />
H<strong>in</strong>dernisse.<br />
Das Bun<strong>des</strong>gesetz schreibt für die Länder ke<strong>in</strong>e<br />
verb<strong>in</strong>dliche Liste vor, hierfür wäre der Bund<br />
nicht zuständig. Allerd<strong>in</strong>gs kann die Bun<strong>des</strong>liste<br />
Vorbildfunktion haben, und <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong> hat<br />
sich durch e<strong>in</strong>e Verweisung <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Gesetz an<br />
ihr orientiert und selbst ke<strong>in</strong>e eigene Liste aufgestellt,<br />
dazu später.<br />
Nun möchte ich zu e<strong>in</strong>igen Varianten kommen,<br />
die uns zur Verfügung stehen:<br />
(1) Das Land kann sich Niedersachsen<br />
anschließen und auf e<strong>in</strong>e Rasseliste<br />
verzichten.<br />
(2) Man kann die Verweisung <strong>in</strong> § 3 II GefHuG<br />
LSA auf die Bun<strong>des</strong>liste weiter bestehen<br />
lassen, dabei müsste freilich geklärt<br />
werden, ob man e<strong>in</strong>e statische oder e<strong>in</strong>e<br />
dynamische Verweisung möchte.<br />
(3) Man kann sich für e<strong>in</strong>e eigene Rasseliste<br />
entscheiden angesichts der Erkenntnisse,<br />
die <strong>in</strong> anderen Ländern bestehen.<br />
(4) Hierbei möchte ich (als Beamter <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong>) für letzteres plädieren:<br />
Das Land sollte sich aus folgenden Gründen<br />
für e<strong>in</strong>e eigene Rasseliste im S<strong>in</strong>ne<br />
e<strong>in</strong>es – völkerrechtlich gesprochen – eigenen<br />
„Rasselisten-Regimes“ entscheiden:<br />
An e<strong>in</strong> solches Regime für e<strong>in</strong>e Rasseliste<br />
wären dann, soll sie nicht nur plakativen<br />
Charakter haben, weitere Maßnahmen zu<br />
knüpfen. Welche Maßnahmen das Land<br />
auswählt, ist ihm weitgehend überlassen,<br />
sofern diese s<strong>in</strong>nvoll und nicht willkürlich<br />
s<strong>in</strong>d. Weder Grundrechte noch das Pr<strong>in</strong>zip<br />
der Verhältnismäßigkeit noch polizeirechtliche<br />
Vorgaben engen diesen Spielraum,<br />
wie gezeigt wurde, nennenswert<br />
e<strong>in</strong>.<br />
E<strong>in</strong>e Lan<strong>des</strong>-Rasseliste<br />
––<br />
geböte zum e<strong>in</strong>en die eigene<br />
Staatlichkeit, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />
Eigenverantwortlichkeit für die<br />
Gefahrenabwehr mündet. <strong>Die</strong><br />
Eigenstaatlichkeit <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> verlangt<br />
daher auch e<strong>in</strong>e eigene Entscheidung.<br />
––<br />
Hierbei könnte zum anderen auf die<br />
spezifischen Sachlagen, gerade <strong>des</strong><br />
Lan<strong>des</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong>, besonders<br />
e<strong>in</strong>gegangen werden. E<strong>in</strong>e raschere und<br />
flexiblere Reaktion auf die spezifischen<br />
Gegebenheiten <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> wären durch<br />
e<strong>in</strong>e eigene Liste besser möglich.<br />
––<br />
<strong>Die</strong> Reichweite/Qualität der Verweisung<br />
auf das Bun<strong>des</strong>recht ist nicht sehr<br />
e<strong>in</strong>deutig.<br />
––<br />
Auch das Rechtssicherheitsgebot spräche<br />
für e<strong>in</strong>e eigene Liste, denn Hundehalter<br />
und Züchter im Land s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Regel<br />
ke<strong>in</strong>e Juristen.<br />
––<br />
E<strong>in</strong>e eigene Liste würde e<strong>in</strong>e<br />
Aufmerksamkeits- und auch<br />
Warnfunktion bekommen, die so bisher<br />
nicht gegeben ist.<br />
11
––<br />
Grundsätzlich stellt selbst e<strong>in</strong>e „harte<br />
Verbotsliste“<br />
wirklich gefährlicher Rassen ke<strong>in</strong>en<br />
E<strong>in</strong>griff <strong>in</strong> Grundrechtspositionen dar.<br />
––<br />
E<strong>in</strong>e Rasseliste ist e<strong>in</strong>e Maßnahme zur<br />
Abwehr e<strong>in</strong>er abstrakten Gefahr, sie<br />
wird daher vom geltenden Polizeirecht<br />
gedeckt.<br />
––<br />
<strong>Die</strong> Rasseliste ist als spezielle Maßnahme<br />
der Gefahrenabwehr zudem von der<br />
Aufgabe <strong>des</strong> Staates umfasst, elementare<br />
Grundrechte möglichst effektiv und<br />
plakativ zu schützen<br />
(= Schutzpflichtaufgabe).<br />
FAZIT:<br />
Nicht das Ob der Rasseliste ist verfassungsrechtlich<br />
strittig, sondern allenfalls das Was, das sich<br />
auf der Liste bef<strong>in</strong>det. Rasseliste also ja, sie bedarf<br />
aber besonderer Rechtfertigung.<br />
E<strong>in</strong> besonderes Regime bestimmter gefährlicher<br />
Hunderassen erleichtert deren Überwachung.<br />
<strong>Die</strong> Fe<strong>in</strong><strong>in</strong>strumentierung dieser Überwachung<br />
kann dann gewählt werden. Sie ist im jetzigen<br />
Gesetz ja bereits weitgehend enthalten.<br />
––<br />
Wie strikt man dabei <strong>in</strong>nerhalb dieses<br />
Rechtsrahmens das Rassehunde-Regime<br />
ausgestaltet, bleibt <strong>in</strong> das eigene<br />
Ermessen <strong>des</strong> Gesetzgebers gestellt:<br />
Das „Regime“ kann reichen vom absoluten<br />
Verbot bis zur widerleglichen Vermutung<br />
und zu gestuften Maßnahmen bis zur<br />
Zuverlässigkeitsprüfung und zum Sachkundenachweis<br />
sowie zum „Hundeführersche<strong>in</strong>“<br />
für bestimmte Rassen oder für alle<br />
Hundehalter.<br />
Dabei kann die Rasseliste auch als bloße<br />
„Warnliste“ ausgestaltet se<strong>in</strong>, somit e<strong>in</strong><br />
M<strong>in</strong>us gegenüber e<strong>in</strong>er absoluten Verbotsliste<br />
darstellen. Auf jeden Fall würde<br />
e<strong>in</strong>e solche Liste die Aufsicht über die<br />
gefährlichsten Hunderassen erleichtern.<br />
12
ZUSÄTZE:<br />
POLIZEIRECHTSDOGMATIK:<br />
Parallelen zum Glücksspiel und Waffenrecht, wo<br />
auch die Überwachung der daran beteiligten Personen<br />
e<strong>in</strong>e nicht unbeträchtliche Rolle spielt.<br />
Der Hund als Individuum oder mehr oder weniger<br />
selbstständiger Teil e<strong>in</strong>er Gattung<br />
Zu Art. 3 I GG:<br />
––<br />
Arg. nicht gefährlicher: aber genetische<br />
Disposition der Rasse<br />
––<br />
Nachweis Zuverlässigkeit und Sachkunde<br />
––<br />
ke<strong>in</strong>e Gleichheit im Unrecht<br />
––<br />
Regelung von E<strong>in</strong>zelfällen<br />
––<br />
Liste: nur bei Willkür<br />
––<br />
ke<strong>in</strong>e Verletzung Art. 3 I GG, wenn etwa<br />
Schäferhund nicht auf der Liste<br />
––<br />
Arg. höhere Akzeptanz (Cannabis-Entsch.),<br />
Gewohnheit, kulturelle Tradition<br />
––<br />
sehr hohe Schmerztoleranz<br />
––<br />
bei anderen Rassen Gehorsam und<br />
Unterordnung für Zuchtauswahl<br />
entscheidend<br />
––<br />
bei Kampfhunderassen Wesensprüfung<br />
nur untergeordnete Bedeutung, da nur<br />
Momentaufnahme<br />
––<br />
ke<strong>in</strong> Absehen von Maulkorb- und<br />
Le<strong>in</strong>enzwang, da genetische Veranlagung,<br />
Tierhalterhaftung, Außenreiz – Antwort-<br />
Automatismus<br />
––<br />
erfolgreicher Wesenstest bedeutet daher<br />
ke<strong>in</strong>e Widerlegung der Gefährlichkeit<br />
Rasseliste Maßnahme der Gefahrenabwehr:<br />
––<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeitsschwelle wegen<br />
hoher Rechtsgüter abgesenkt<br />
––<br />
Fachwissenschaft alle<strong>in</strong> nicht<br />
entscheidend, wenn H<strong>in</strong>zutreten<br />
weiterer Faktoren Gefahren <strong>in</strong>diziert<br />
(Verantwortung nicht abwälzbar)<br />
––<br />
Unsicherheit unschädlich, solange<br />
h<strong>in</strong>reichen<strong>des</strong> statistisches Material<br />
vorhanden ist<br />
––<br />
ke<strong>in</strong>e bloße Gefahrenvorsorge<br />
––<br />
notwendig Gefahrenerforschung und<br />
Informationsvorsorge als unentbehrliche<br />
Vorfelder der Gefahrenabwehr<br />
––<br />
abstrakte Gefahr und Grad der<br />
Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit ke<strong>in</strong> M<strong>in</strong>us,<br />
h<strong>in</strong>reichende Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit reicht aus<br />
––<br />
Typisierung zulässig im Interesse e<strong>in</strong>er<br />
flächendeckenden Sicherheit, auch wenn<br />
e<strong>in</strong>zelne Hunde (quasi als „Ausreißer“)<br />
ungefährlich se<strong>in</strong> sollten<br />
––<br />
hierfür besteht e<strong>in</strong> Arsenal von<br />
Handlungsmöglichkeiten vom<br />
vollständigen Verbot über das präventive<br />
Verbot mit Erlaubnisvorbehalt mit<br />
Wesenstest als widerlegliche Vermutung<br />
der Gefährlichkeit, bis zum Maulkorb- und<br />
Le<strong>in</strong>enzwang und der Sachkundeprüfung<br />
––<br />
dies muss e<strong>in</strong>er Verhältnismäßigkeitsprüfung<br />
unterzogen werden, rel. ist die<br />
Eignung <strong>in</strong>dividueller Prüfungsverfahren,<br />
die bestritten wird, die Unzuverlässigkeit<br />
<strong>des</strong> Le<strong>in</strong>enzwangs und der<br />
Verwaltungsaufwand samt der Gefahr <strong>des</strong><br />
Vollzugsdefizits,<br />
dies alles spricht zugunsten von<br />
Rasselisten bei Kampfhunden<br />
13
Welche Vorzüge genießt das hiesige Hundegesetz gegenüber<br />
vergleichbaren Vorschriften anderer Länder<br />
Dr. Klaus Kutschmann<br />
Tierarzt; Vizepräsident der Tierärztekammer <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Lan<strong>des</strong>verbandsvorsitzender <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>verban<strong>des</strong> praktizierender Tierärzte<br />
14
• Dem gegenüber ist <strong>in</strong> NRW die Würdigung aller<br />
Umstände, die zu dem Beißvorfall geführt haben,<br />
erforderlich. Der genaue Geschehensablauf ist v o r<br />
der amtstierärztlichen Begutachtung durch die<br />
Ordnungsbehörden zu ermitteln.<br />
• Auch <strong>in</strong> <strong>Sachsen</strong> ist die Feststellung der<br />
Gefährlichkeit e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>zelfallentscheidung.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 21<br />
• In Berl<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong> Hund nur dann gefährlich, wenn er,<br />
ohne selbst angegriffen oder durch Schläge oder <strong>in</strong><br />
ähnlicher Weise provoziert worden zu se<strong>in</strong>, oder<br />
e<strong>in</strong>en anderen Hund, trotz <strong>des</strong>sen erkennbarer<br />
artüblicher Unterwerfungsgestik, gebissen hat.<br />
• <strong>Die</strong> Grundlage für die aus unserer Sicht gelungenen<br />
Formulierung und Umsetzung <strong>des</strong> <strong>Hundegesetzes</strong> im<br />
LSA war die gute und konstruktive Zusammenarbeit<br />
vieler Fachleute und der beteiligten M<strong>in</strong>isterien.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 22<br />
21
• <strong>Die</strong>ses an sich positive Resümee darf uns nicht<br />
abhalten, über Verbesserungen nachzudenken und<br />
diese Gedanken bei der möglichen Neufassung <strong>des</strong><br />
Gesetzes zu berücksichtigen:<br />
• Bei der anstehenden <strong>Evaluierung</strong> muss über den S<strong>in</strong>n<br />
e<strong>in</strong>er Rasseliste nachgedacht werden.<br />
• Es ist auch aus Gründen <strong>des</strong> Tierschutzes notwendig<br />
über den Umgang und die weitere Verwendung<br />
sichergestellter Vorfalls‐ und Listenhunde Hunde<br />
nachzudenken.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 24<br />
• Es ist auch aus Gründen <strong>des</strong> Tierschutzes abzulehnen,<br />
dass Hunde, die nicht sozialverträglich s<strong>in</strong>d, über viele<br />
Jahre e<strong>in</strong>zeln im Zw<strong>in</strong>ger gehalten werden müssen.<br />
• Es muss alles versucht werden diese Tiere wieder<br />
dauerhaft und belastbar zu e<strong>in</strong>em sozialverträglichen<br />
Verhalten zu br<strong>in</strong>gen und diese Hunde dann auch zu<br />
vermitteln.<br />
• Ist die Gefährlichkeit e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong> erwiesen und er<br />
nicht zu sozialisieren und folglich auch nicht zu<br />
vermitteln, ist nach der tierärztlichen Literatur die<br />
Gefährlichkeit e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong> e<strong>in</strong> vernünftiger Grund<br />
e<strong>in</strong> Tier zu töten.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 25<br />
• Das hessische Hundegesetz legt im §14 fest, dass die<br />
Tötung anzuordnen ist, wenn der Hund e<strong>in</strong>en<br />
Menschen getötet oder ohne begründeten Anlass<br />
ernstlich verletzt hat.<br />
• Auch das Verwaltungsgericht Magdeburg hat kürzlich<br />
<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Urteil festgestellt, dass selbst die Tötung<br />
e<strong>in</strong>es bissigen, nicht mehr vermittelbaren Hun<strong>des</strong><br />
durch E<strong>in</strong>schläfern zulässig sei und ohne Verstoß<br />
gegen das Tierschutzgesetz angeordnet werden kann.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 26<br />
22
• Auch die Beurteilung und E<strong>in</strong>schätzung von<br />
Beißvorfällen erfordert aus unserer Sicht e<strong>in</strong>e<br />
Überarbeitung. Es bedarf e<strong>in</strong>er Beachtung der<br />
Umstände und Gegebenheiten, die im E<strong>in</strong>zelfall zu<br />
dem Vorfall geführt haben, um ungerechtfertigten<br />
Aufwand und persönliche Härten für alle Beteiligten<br />
zu vermeiden.<br />
Dr. Klaus Kutschmann 27<br />
23
S<strong>in</strong>d gesetzliche Regelungen, wie die im Hundegesetz, geeignet,<br />
Biss- und sonstige Vorfälle mit Hunden zu verh<strong>in</strong>dern<br />
Dr. Stefanie Märzheuser<br />
Oberärzt<strong>in</strong> <strong>in</strong> der Kl<strong>in</strong>ik für K<strong>in</strong>derchirurgie <strong>in</strong> der Charité Berl<strong>in</strong><br />
Präsident<strong>in</strong> der Bun<strong>des</strong>arbeitsgeme<strong>in</strong>schaft – Mehr Sicherheit für K<strong>in</strong>der e. V. – (BAG)<br />
24
Protokolle aus den Workshops (Parallelveranstaltungen)<br />
1 – Pro und contra Rasseliste;<br />
wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
Wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es (Rechtsfolgen)<br />
Moderator:<br />
Herr Gerd vom Baur<br />
Lan<strong>des</strong>hauptstadt Magdeburg<br />
37
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
01 Herr Gerd vom Baur<br />
Fachdienstleiter<br />
Ordnungsamt Magdeburg<br />
02 Herr Ortlieb Lothary<br />
Verband für das deutsche<br />
Hundewesen (VDH) e. V.<br />
03 Frau Susanne Traubach<br />
Teamleiter<strong>in</strong> Ordnung<br />
Geme<strong>in</strong>de Nordharz<br />
04 Herr Daniel Kemp<br />
Lan<strong>des</strong>vorsitzender<br />
Allgeme<strong>in</strong>er Deutscher<br />
Rottweiler-Klub e. V.<br />
(ADRK)<br />
Lan<strong>des</strong>gruppe <strong>Sachsen</strong>-<br />
<strong>Anhalt</strong><br />
Pro & Contra Rasseliste Pro:<br />
0 Workshopteilnehmer<br />
Contra: alle 22<br />
Workshopteilnehmer<br />
Forderung nach Tierzuchtgesetz (wer kann wo und wie züchten)<br />
Rassezugehörigkeitsbestimmung ist schwer bis nicht möglich<br />
Plant MI Rasseliste zu erweitern Listenerweiterung bewirkt<br />
nichts<br />
Kontrolle sollte an Landkreis gegeben werden<br />
Statistiken s<strong>in</strong>d nicht reflektierend, da Gesellschaftshunde nicht<br />
aufgenommen (z. B. Labrador)<br />
Gänzliches Verbot für gewisse Hunderassen<br />
Zu 3) für Änderung der Pauschalisierung der Hunde (Größe, ...)<br />
Zu 3) für Volksentscheid, da E<strong>in</strong>zelne diese Entscheidung nicht<br />
treffen sollten/können<br />
- Rasseliste<br />
+ Kontrolle bei Zucht<br />
Kontrolle <strong>in</strong> Zucht<br />
erfolgt erst ab 3<br />
Hünd<strong>in</strong>nen<br />
Durch gänzliches<br />
Verbot nehmen<br />
Beißunfälle nicht ab<br />
- Rasseliste<br />
+ Rahmenbed<strong>in</strong>gungen,<br />
Haltungsbed<strong>in</strong>gungen<br />
ändern<br />
Vorschläge:<br />
Abnahme der<br />
Zuchtstätten,<br />
Anmeldung <strong>in</strong> Vere<strong>in</strong>en,<br />
dann Kontrolle möglich<br />
40
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
05 Herr Ortlieb Lothary<br />
Verband für das deutsche<br />
Hundewesen (VDH) e. V.<br />
Gesetzliche Regelungen schaffen, z. B. Sachkundenachweis für<br />
alle (Chip, Nachweis vor dem Hundekauf bzw. mit Frist)<br />
Bei Abgabe <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> neuen Besitzer benennen<br />
Vollzug hat Probleme im<br />
Außendienst, da ke<strong>in</strong><br />
geeignetes Personal!<br />
06 Frau Anette Möckel<br />
BHV<br />
(Berufsverband der<br />
Hundeerzieher/<strong>in</strong>nen und<br />
Verhaltensberater/<strong>in</strong>nen<br />
e. V.)<br />
07 Herr Daniel Kemp<br />
Lan<strong>des</strong>vorsitzender<br />
(ADRK)<br />
Lan<strong>des</strong>gruppe<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Aufklärung, Prävention bei Züchtern, zukünftigen sowie<br />
langjährigen Hundehaltern<br />
Verh<strong>in</strong>derung unseriöser Zuchten sowie Import der Tiere aus<br />
dem Ausland<br />
Zuchtkontrollen durch Rasseverbände<br />
- Rasseliste<br />
+ Sachkundenachweis<br />
+ Führersche<strong>in</strong><br />
08 Herr Mario Bößenroth<br />
Stadt Sangerhausen<br />
Gelten<strong>des</strong> Recht gut nutzbar, jedoch e<strong>in</strong>ige Gefahren<br />
Strenge Vorgehensweise beibehalten<br />
(z. B. Tötung, Wegnahme <strong>des</strong> Tiers)<br />
- Rasseliste, wenn andere<br />
Maßnahmen gefunden<br />
werden<br />
- Probleme, wenn<br />
Liebl<strong>in</strong>gshunderassen<br />
(Labrador,<br />
Schäferhund)<br />
e<strong>in</strong>bezogen werden<br />
41
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
09 Herr Ortlieb Lothary<br />
Verband für das deutsche<br />
Hundewesen (VDH) e. V.<br />
10 Herr Bernd Möhr<strong>in</strong>g<br />
Amtsleiter OSA<br />
Geme<strong>in</strong>de Bördeland,<br />
OT Biere<br />
Probleme oftmals bei Hunden ohne Papiere, günstigerer Preis<br />
lässt Nachfrage nach Hunden aus Kartons, Kofferräumen nicht<br />
s<strong>in</strong>ken<br />
Pro rassenspezifische Sachkundeprüfung<br />
Behörde braucht Ermessensspielraum, aus Praxis e<strong>in</strong>ige<br />
dramatische Begebenheiten<br />
Gesetz sieht ke<strong>in</strong>erlei Ermessensspielraum vor<br />
- Rasseliste<br />
+ E<strong>in</strong>zelfallentscheidung<br />
+ Ermessensspielraum<br />
11 Frau Anette Möckel<br />
BHV<br />
(Berufsverband der<br />
Hundeerzieher/<strong>in</strong>nen und<br />
Verhaltensberater/<strong>in</strong>nen<br />
e. V.)<br />
Zu 10) Pro E<strong>in</strong>zelfallentscheidung, da <strong>in</strong>dividuelle<br />
Reizschwelle und Ausdrucksverhalten der Hunde<br />
verschieden<br />
Aufklärung der<br />
Hundehalter notwendig<br />
12 Herr Bernd Möhr<strong>in</strong>g<br />
Amtsleiter OSA<br />
Geme<strong>in</strong>de Bördeland,<br />
OT Biere<br />
Auf: Wäre Sachkundeprüfung zu leisten<br />
Wege für Kontrolle und E<strong>in</strong>richtung werden gefunden<br />
13 Herr Mario Bößenroth<br />
Stadt Sangerhausen<br />
Zu 12) Was heißt gefährlich<br />
Feststellung hat Folgen (Wesenstest, ...)<br />
Wesenstest entscheidet<br />
über Gefährlichkeit<br />
Gesetz LSA gut,<br />
nicht ausgereift!<br />
42
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
14 Frau Susanne Traubach<br />
Teamleiter<strong>in</strong> Ordnung<br />
Geme<strong>in</strong>de Nordharz<br />
Ermessensspielraum muss gesetzlich untermauert werden!<br />
Z. B. Vor-Ort-Begehung, komplette Fallbetrachtung muss<br />
möglich se<strong>in</strong><br />
15 Mehrere<br />
Workshopteilnehmer<br />
16 Herr Alexander Tippelt<br />
Sachbearbeiter<br />
Ermittlung/Vollzug, u. a.<br />
Hundegesetz<br />
Stadt Burg, FB Recht und<br />
Ordnung<br />
17 Herr Ortlieb Lothary<br />
Verband für das deutsche<br />
Hundewesen (VDH) e. V.<br />
Zutrauen der Aufsicht beschränkt sich auf „Hund XY“, mehr<br />
nicht!<br />
Wieso gibt es ke<strong>in</strong>en Handlungsspielraum<br />
Wozu gibt es Sachverständige<br />
18 Frau Mandy Rosenberger<br />
Teamleiter<strong>in</strong><br />
Ordnungsamt Magdeburg<br />
Schwierigkeiten durch Fachaufsicht<br />
Sachverständige sollten zugezogen werden können<br />
(für Gerichtsverhandlungen, Rassenbestimmung, ...)<br />
- Rasseliste<br />
+ mehr Spielraum,<br />
Entscheidungsfreiheit<br />
19 Frau Anette Möckel<br />
BHV<br />
(Berufsverband der<br />
Hundeerzieher/<strong>in</strong>nen und<br />
Verhaltensberater/<strong>in</strong>nen<br />
e. V.)<br />
Gesetzgeber muss Handwerkszeug geben<br />
43
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
20 Herr Daniel Kemp<br />
Lan<strong>des</strong>vorsitzender<br />
(ADRK)<br />
Lan<strong>des</strong>gruppe<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Gesetz gut, jedoch mehr Ermessensspielraum wichtig<br />
Zuchtgesetz auf Weg br<strong>in</strong>gen, gleichzeitig Entlastung der<br />
Behörden<br />
Kostensparung<br />
Entlastung<br />
21 Fazit:<br />
Herr Gerd vom Baur<br />
Fachdienstleiter<br />
Ordnungsamt Magdeburg<br />
22 Teilnehmer, davon 22 gegen Rasseliste.<br />
Gesetz ist gutes Rüstzeug, aber Rasseliste raus und im E<strong>in</strong>zelfall<br />
Ermessensspielraum bei Beißvorfällen<br />
Fachaufsicht von Behördenvertretern kritisiert<br />
Alternative für Rasseliste – Sachkundeprüfung vor dem Kauf von<br />
allen Hunden<br />
Bestimmung der Rassezugehörigkeit sehr schwierig, Land lässt<br />
Behörden alle<strong>in</strong>e, ke<strong>in</strong>e Hilfe, Sachverständige wären e<strong>in</strong>e<br />
Lösung<br />
Verbände fordern Hundezuchtgesetz, dadurch Verbesserung von<br />
Prävention und Aufklärung für gesunde und sozialverträgliche<br />
Hunde<br />
44
Workshop I Thema: Pro und contra Rasseliste;<br />
Leiter: Herr vom Baur - wenn ja, welcher Hund sollte erfasst werden und warum<br />
- wenn ne<strong>in</strong>, welche Alternativen gibt es<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
F a z i t<br />
A. 22 Teilnehmer, davon 22 gegen Rasseliste.<br />
B. Das Gesetz ist e<strong>in</strong> gutes Rüstzeug, aber<br />
Rasseliste raus und im E<strong>in</strong>zelfall Ermessensspielraum bei<br />
Beißvorfällen.<br />
Fachaufsicht wurde von Behördenvertretern kritisiert.<br />
C. Alternative für Rasseliste wäre Sachkundeprüfung vor dem Kauf von<br />
allen Hunden.<br />
D. Bestimmung der Rassezugehörigkeit sehr schwierig, das Land lässt die<br />
Behörden alle<strong>in</strong>e, ke<strong>in</strong>e Hilfe, Sachverständige wären e<strong>in</strong>e Lösung.<br />
E. Verbände fordern Hundezuchtgesetz. Dadurch wird die Prävention und<br />
Aufklärung für gesunde und sozialverträgliche Hunde verbessert.<br />
45
2 – Das Problem am anderen Ende der Le<strong>in</strong>e: „Führersche<strong>in</strong>pflicht“<br />
(Sachkundeprüfung) für alle Hundehalter<br />
Moderator<strong>in</strong>: Frau Kerst<strong>in</strong> Schmidt/Stadt Halle<br />
1<br />
Workshop II<br />
Thema : Das Problem am anderen Ende der Le<strong>in</strong>e: Führersche<strong>in</strong>pflicht (Sachkundeprüfung) für alle<br />
Hundehalter<br />
Leiter<strong>in</strong>: Frau Schmidt<br />
E<strong>in</strong>richtung/Behörde Name Pro<br />
Was spricht dafür<br />
BHV Hr. Jeder Halter sollte allgeme<strong>in</strong>e<br />
Schröder Kenntnisse besitzen<br />
OA Magdeburg Hr.<br />
Harnisch<br />
Geeignetheit und Zuverlässigkeit<br />
<strong>des</strong> Halters vor Anschaffung<br />
e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong> prüfen-<br />
Freiwilligkeit br<strong>in</strong>gt nichts<br />
(Pflicht!)<br />
Kontra<br />
Was spricht dagegen<br />
Ke<strong>in</strong>e Pflicht,<br />
Freiwilligkeit mit<br />
Anreizschaffung<br />
Zuviel Verwaltungsaufwand<br />
Geme<strong>in</strong>de Möser Hr. Dehne Hundehalter ist nicht<br />
automatisch Hundeführer<br />
Stadt Halberstadt Hr.<br />
Dittmer<br />
Generell für den<br />
Hundeführersche<strong>in</strong><br />
Stadt Wittenberg Hr. Banse Generell für den<br />
Hundeführersche<strong>in</strong>, im S<strong>in</strong>ne<br />
von Mensch und Tier-<br />
Vergleich Autoführersche<strong>in</strong><br />
Stadt Lützen Hr.<br />
Rossmann<br />
Verwaltungsaufwand,<br />
Konsequenzen erforderlich,<br />
wenn ke<strong>in</strong>e Sachkunde<br />
vorliegt<br />
Verhalten <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> nicht<br />
abhängig vom Halter-<br />
Hundeführersche<strong>in</strong> nicht<br />
notwendig oder/und nicht<br />
vorteilhaft<br />
H<strong>in</strong>weise/ Diskussion/Ergebnisse<br />
Neue/ moderne Erziehungsmethoden<br />
notwendig<br />
Probleme z.B. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Familie,<br />
nicht je<strong>des</strong> Familienmitglied hat e<strong>in</strong>en<br />
Führersche<strong>in</strong><br />
Aber Hundeführer beachten,<br />
Familienproblematik s.o.<br />
Symposium GefHuG LSA<br />
46
2<br />
Hun<strong>des</strong>chule Oberharz Hr. Meier Verhalten <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> muss<br />
gesteuert werden-<br />
Präventionsgedanke<br />
OA Wittenberg Hr. Für den Hundeführersche<strong>in</strong>,<br />
Schneider aber B<strong>in</strong>dung an Größe und<br />
Gewicht<br />
IBH e.V. Fr. Für den Hundeführersche<strong>in</strong>,<br />
Bergerdemski<br />
aber theoretische Prüfung vor<br />
Anschaffung und erst danach<br />
Praxis mit eigenem Hund<br />
ADAK Hr. Für e<strong>in</strong>e Führersche<strong>in</strong>pflicht,<br />
Rostalski gekoppelt mit Auflagen-<br />
Anzahl der Hunde, die<br />
zusammen ausgeführt werden,<br />
Abstimmung Halter-Hund und<br />
nach Größe<br />
Stadt Ballenstedt Fr. Für e<strong>in</strong>e Pflicht- ohne<br />
Ostburg Ausnahmen<br />
Stadt Sangerhausen Hr. Worch E<strong>in</strong>führung der<br />
Führersche<strong>in</strong>pflicht wäre die<br />
wirkliche Prävention<br />
DHFS Fr. Marx Generell dafür, aber Erteilung<br />
und Verantwortlichkeit prüfen<br />
Stadt Aken Hr. Wissel Sachkunde ist Voraussetzung,<br />
jedoch Pflicht nur für den<br />
Hundehalter<br />
Lan<strong>des</strong>jagdverband<br />
LSA<br />
Hr. Ködel Generell für e<strong>in</strong>en<br />
Hundeführersche<strong>in</strong><br />
Lan<strong>des</strong>tierärztekammer<br />
<strong>Sachsen</strong><br />
Symposium GefHuG LSA<br />
Fr. Dr.<br />
Preuß<br />
Führersche<strong>in</strong>pflicht ist<br />
notwendig- Hundehalter muss<br />
Sachkundenachweis erbr<strong>in</strong>gen<br />
Hoher Verwaltungsaufwand<br />
Gegen e<strong>in</strong>e Pflicht<br />
(Hohe Kosten etc.)<br />
Verh<strong>in</strong>dert leichtfertige Anschaffung<br />
von Hunden<br />
Fokus sollte auf den Halter gelegt<br />
werden<br />
Was ist mit Vorfällen trotz<br />
Führersche<strong>in</strong>pflicht <br />
Hundehalter s<strong>in</strong>d sich ihrer Pflichten oft<br />
gar nicht bewusst.<br />
Hun<strong>des</strong>chulen prüfen,<br />
Hundezüchter prüfen<br />
(Kompetenzen fehlen oft)<br />
E<strong>in</strong> gut erzogener Hund hört auch auf<br />
andere Leute und setzt deren<br />
Anweisungen um.<br />
Pflicht für Halter, nicht generell für<br />
jeden Führer<br />
Praxis mit eigenem Hund<br />
47
Workshop II Thema: Das Problem am anderen Ende der Le<strong>in</strong>e:<br />
Leiter<strong>in</strong>: Frau Kerst<strong>in</strong> Schmidt „Führersche<strong>in</strong>pflicht“ (Sachkundeprüfung) für alle<br />
Hundehalter<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
F a z i t<br />
A. breite Zustimmung zu e<strong>in</strong>er generellen Führersche<strong>in</strong>pflicht – geme<strong>in</strong>t ist hier das<br />
Vorliegen der Sachkunde zur Führung e<strong>in</strong>es Hun<strong>des</strong><br />
B. die Verwaltungsbehörden sehen hier den enormen Verwaltungsaufwand als sehr<br />
problematisch an<br />
C. zur Führersche<strong>in</strong>pflicht wurde diskutiert, dass die Führersche<strong>in</strong>pflicht nicht nur für den<br />
Hundehalter, sondern eigentlich für alle Hundeführer zutreffen<br />
D. möglich sollten Ausnahmeregelungen se<strong>in</strong>, z. B. Größe und Gewicht, wenn e<strong>in</strong>e<br />
besondere Sachkunde bereits vorliegt (Hun<strong>des</strong>chulen, <strong>Die</strong>nsthundeführer,<br />
Jagdhundeführer), e<strong>in</strong> nachgewiesener Besuch e<strong>in</strong>er Hun<strong>des</strong>chule, für Bl<strong>in</strong>denhunde,<br />
Jagdhunde, <strong>Die</strong>nsthunde<br />
E. als Problem wurde gesehen, ob die Personen, die die Prüfung abnehmen, auch<br />
tatsächlich über die erforderliche Sachkunde verfügen – dies kann ke<strong>in</strong>e Behörde se<strong>in</strong> –<br />
hier sollte auf den Sachverstand der Hundeverbände zurückgegriffen werden<br />
F. es wurde auch die Problematik der Hundezüchtung diskutiert, hier müssten <strong>in</strong>tensive<br />
Kontrollen der Züchter durchgeführt werden<br />
48
3 – Sollten auch die Landkreise im Rahmen ihrer Fachaufsicht mit ihrem<br />
veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischen Sachverstand <strong>in</strong> die Pflicht genommen werden<br />
Moderator: Herr Jürgen Krause/Lan<strong>des</strong>verband Deutscher Tierschutzbund<br />
Workshop III Thema: Sollten auch die Landkreise im Rahmen ihrer Fachaufsicht und ihrem<br />
veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischen Sachverstand <strong>in</strong> die Pflicht genommen werden<br />
Leiter: Herr Jürgen Krause, Deutscher Tierschutzbund<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung Name Beitrag<br />
Lan<strong>des</strong>tierschutzbund Herr Krause Gesetz ist <strong>in</strong> der derzeitigen Fassung für Kommunen<br />
nicht umsetzbar<br />
Grundausbildung der Ordnungsamtsmitarbeiter zum<br />
Thema Tierverhalten sollte zw<strong>in</strong>gend se<strong>in</strong><br />
Problematik der Unterbr<strong>in</strong>gung von Gefahrhunden <strong>in</strong><br />
Tierheimen<br />
Problematik der Begleitung von Gefahrhunden zum<br />
Wesenstest durch Inhaber e<strong>in</strong>er Besche<strong>in</strong>igung nach<br />
§11, Abs. 4 GefHuG ST<br />
natürliche Verhaltensweisen der Hunde (wie z.B.<br />
Anspr<strong>in</strong>gen) sollten nicht mehr pauschal als gefährlich<br />
e<strong>in</strong>gestuft werden<br />
es sollte geprüft werden, ob das Gesetz schlanker<br />
gestaltet werden kann. E<strong>in</strong>sparungen sollen für<br />
Präventionsaufgaben e<strong>in</strong>gesetzt werden<br />
ke<strong>in</strong> Hund ist von Natur aus gefährlich, die Rasseliste soll<br />
daher gestrichen werden<br />
Lan<strong>des</strong>tierschutzbund Hr. Giersch Chip- und Haftpflichtversicherungspflicht sollen<br />
durchsetzbar gestaltet werden<br />
Tierärztekammer Magdeburg<br />
Hr. Dr. Kutschmann Mangel, dass nicht alle Ordnungsamtsmitarbeiter <strong>in</strong> der<br />
Lage s<strong>in</strong>d, E<strong>in</strong>haltung der Chippflicht zu kontrollieren<br />
aufgrund der geltenden Bestimmungen s<strong>in</strong>d Listenhunde<br />
49
Vbgem. Arneburg-<br />
Goldbeck<br />
Verband f. d. Deutsche<br />
Hundewesen (VDH)<br />
Berufsverband der<br />
Hundeerzieher/-<strong>in</strong>nen<br />
und Verhaltensberater/<br />
-<strong>in</strong>nen (BHV)<br />
durch Tierheime so gut wie nicht vermittelbar<br />
das Gesetz sollte zukünftig <strong>in</strong>sgesamt praktikabler<br />
gestaltet werden<br />
Hr. Rottstädt Eignung <strong>des</strong> Halters zum Führen von Hunden wird im<br />
Gesetz zu wenig berücksichtigt<br />
Bei Beißvorfällen zw. Hunden zu wenig Differenzierung,<br />
welcher Hund den Vorfall tatsächlich verursacht hat<br />
Fr. Dr. Zibolka Problematik fehlenden Ermessensspielraums der<br />
Ordnungsämter<br />
Ordnungsämter prüfen nicht wie vom Gesetz gefordert,<br />
da ihnen hierfür die Kapazitäten fehlen<br />
H<strong>in</strong>weis auf Möglichkeit, Schwere e<strong>in</strong>es Beißvorfalls<br />
durch ärztl. Attest oder Tierarztrechnung zu beurteilen<br />
Prüfung notwendig, ob Zweck <strong>des</strong> Gesetzes tatsächlich<br />
auch der Schutz von Hunden vor anderen Hunden se<strong>in</strong><br />
soll<br />
Zweitprüfung <strong>des</strong> Tieres durch Veter<strong>in</strong>ärämter,<br />
Entscheidung durch Ordnungsamt<br />
Rasseliste soll heruntergefahren werden<br />
Frage der Mischl<strong>in</strong>ge sollte geprüft werden<br />
Fr. Wergowski Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vorschriften, wenn<br />
e<strong>in</strong>e Aufhebung der vom Ordnungsamt vorgenommenen<br />
Gefährlichkeitse<strong>in</strong>stufung nach Beißvorfällen nicht<br />
möglich ist<br />
bei Beißvorfällen zw. Hunden sollen zukünftig grds. beide<br />
Tiere vorgestellt werden müssen (derzeit bekomme<br />
derjenige Recht, der „als Erster melde“)<br />
50
Gem. Salzatal,<br />
Ordnungsamt<br />
Burgenlandkreis,<br />
Veter<strong>in</strong>äramt<br />
Gem. Südharz,<br />
Ordnungsamt<br />
Hansestadt Osterburg,<br />
Ordnungsamt<br />
Schulung der Ordnungsamtmitarbeiter zum Thema<br />
Tierverhalten s<strong>in</strong>nvoll<br />
zur Beurteilung <strong>in</strong> Zweifelsfällen s<strong>in</strong>d Tierärzte<br />
mit Zusatzqualifikation notwendig<br />
Generelle Zuständigkeit der Veter<strong>in</strong>ärämter nicht s<strong>in</strong>nvoll<br />
Vorschlag: Erstbeurteilung <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> und vorläufige<br />
E<strong>in</strong>stufung durch Ordnungsamt, danach Zweitbeurteilung<br />
durch Tierarzt um „vorsorgliche“ E<strong>in</strong>stufungen als<br />
gefährlich zu vermeiden<br />
Hr. Brusch Landkreise sollten wieder für die Beurteilung von<br />
Gefahrhunden zuständig se<strong>in</strong><br />
Hr. Dr. Hoffmann Positive Aspekte <strong>des</strong> Gesetzes: Chip- und<br />
Versicherungspflicht<br />
Präventionsansatz sollte verbessert werden<br />
Fr. Brauner Verweis auf Konstellation <strong>in</strong> NRW: Grds. Prüfung durch<br />
Veter<strong>in</strong>ärämter, danach Entscheidung durch<br />
Ordnungsämter, 90% der dortigen Beurteilungen g<strong>in</strong>gen<br />
zugunsten <strong>des</strong> Hun<strong>des</strong> aus<br />
Hr. Frank Bestehen<strong>des</strong> Gesetz räumt Ordnungsämtern ke<strong>in</strong>en<br />
Spielraum e<strong>in</strong><br />
Schema „e<strong>in</strong>mal gebissen, immer gefährlich“ muss<br />
entfallen<br />
Es s<strong>in</strong>d immer E<strong>in</strong>zelfallentscheidungen zu treffen, ob es<br />
sich um ernsthafte Beißvorfälle handelt<br />
51
Workshop III Thema: Sollten auch die Landkreise im Rahmen Ihrer Fachaufsicht<br />
mit ihrem veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischen Sachverstand <strong>in</strong> die<br />
Pflicht genommen werden<br />
Leiter: Herr Jürgen Krause<br />
Vertretene E<strong>in</strong>richtung<br />
(Name, Funktion)<br />
Frage/Beitrag/Idee Diskussion/Ergebnis<br />
F a z i t<br />
A. Alle Teilnehmer sprechen sich gegen e<strong>in</strong>e Rasseliste aus. Ke<strong>in</strong> Tier wird gefährlich geboren.<br />
B. Zuständigkeit der Landkreise wäre wünschenswert, da Kommunen nicht über qualifiziertes Personal verfügen.<br />
C. Durchsetzung der Chip-, Versicherungs- und Steuerpflicht.<br />
D. Erlasse <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>verwaltungsamtes s<strong>in</strong>d kontraproduktiv.<br />
E. Für die behördliche Feststellung der Gefährlichkeit (im Rechtss<strong>in</strong>ne) haben die Geme<strong>in</strong>den im geltenden Recht ke<strong>in</strong>en<br />
Ermessensspielraum, da e<strong>in</strong>e fachliche Bewertung e<strong>in</strong>es Sachverhalts (Vorfalls) mangels h<strong>in</strong>reichender (kynologischer<br />
und veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischer) Fachkenntnis <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den nicht möglich ist. <strong>Die</strong>s führt jedoch <strong>in</strong> vielen „unwichtigen“<br />
Fällen (wie „natürliche“ Verhaltensweisen von Hunden) zu e<strong>in</strong>em enormen Verwaltungsaufwand, zumal wohl nicht <strong>in</strong><br />
allen Fällen der konkrete Sachverhalt vollständig ermittelt wird.<br />
F. Es sollte den Behörden e<strong>in</strong> Ermessensspielraum bei der Beurteilung von konkreten Vorfällen im jeweiligen E<strong>in</strong>zelfall<br />
eröffnet werden, um so zu ermöglichen, dass ggf. durch e<strong>in</strong>e „Zweitprüfung“ mit h<strong>in</strong>reichender (kynologischer und<br />
veter<strong>in</strong>ärmediz<strong>in</strong>ischer) Fachkenntnis solche Fälle ausgeschieden werden können, bei denen der „Ausnahmefall“ e<strong>in</strong>es<br />
e<strong>in</strong>deutig artgerechten Verteidigungs- oder Abwehrverhaltens vorliegt.<br />
G. Wenn jedoch e<strong>in</strong> Ermessensspielraum eröffnet und damit zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e fachliche Bewertung e<strong>in</strong>es Vorfalls erforderlich<br />
wird, setzt dies zw<strong>in</strong>gend die E<strong>in</strong>beziehung der Veter<strong>in</strong>ärämter bzw. der Amtstierärzte auf Landkreisebene voraus. <strong>Die</strong>se<br />
wären dementsprechend orig<strong>in</strong>är <strong>in</strong> die Bewertung/Zuständigkeit e<strong>in</strong>zubeziehen. Alternativ wäre e<strong>in</strong>e<br />
Schulung/Grundausbildung der Bearbeiter <strong>in</strong> den Geme<strong>in</strong>den zum Thema „Tierverhalten“ geboten, sofern nicht die<br />
Landkreise selbst orig<strong>in</strong>är zuständige Vollzugsbehörden werden.<br />
H. Bei den Zweifelsfällen, ob der Hund zu sozialverträglichem Verhalten überhaupt <strong>in</strong> der Lage ist, sollen weiterh<strong>in</strong><br />
Tierärzte mit Zusatzqualifikation („Wesenstester“) beteiligt werden. <strong>Die</strong> Veter<strong>in</strong>ärämter der Landkreise haben solche<br />
speziellen Kenntnisse regelmäßig nicht.<br />
52
Impressum:<br />
Herausgeber:<br />
Redaktion:<br />
Gesamtgestaltung/Druck:<br />
M<strong>in</strong>isterium für Inneres und Sport<br />
<strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> <strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
Halberstädter Str. 2/am „Platz <strong>des</strong> 17. Juni“<br />
39112 Magdeburg<br />
Regierungsdirektor Achim Kühne<br />
Fachhochschule Polizei<br />
<strong>Sachsen</strong>-<strong>Anhalt</strong><br />
– Wissenschaftlicher <strong>Die</strong>nst –<br />
Schmidtmannstraße 86<br />
06449 Aschersleben