âGläserne Kunstâ â über Freija Schulze im - BAK-SH | Willkommen
âGläserne Kunstâ â über Freija Schulze im - BAK-SH | Willkommen
âGläserne Kunstâ â über Freija Schulze im - BAK-SH | Willkommen
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
08 SCHLESWIG-HOLSTEIN JOURNAL<br />
♣<br />
stil&Wert<br />
Gläserne Kunst<br />
Freia <strong>Schulze</strong> verbindet mit<br />
ihren Gefäßen aus Glas<br />
Handwerk und Kunst. Sie<br />
sind das farbenfrohe<br />
Ergebnis detaillierter<br />
Handarbeit.
18.02.2012 09<br />
Links: Vorbereitungen für die Sandstrahlung.<br />
Links unten: Die Farben, die Freia <strong>Schulze</strong> für<br />
ihre Gläser nutzt, sind bunt, aber nie laut.<br />
Unten: Pause zwischen der Werkbank<br />
und einem Regal voller Ideen.<br />
Rechts unten: Die blaue Schale wurde mit<br />
Sandstrahlung bearbeitet.<br />
Rechts: Konzentriert arbeitet<br />
Freia <strong>Schulze</strong> an der Schleifmaschine<br />
FOTOS: LUBOWSKI<br />
VON KARIN LUBOWSKI<br />
In dieserWerkstattmöchteman Zeit verbringen.<br />
Viel Zeit.„Freia <strong>Schulze</strong> Glasgestaltung“<br />
informiertderHinweis am Haus Nummer58.<br />
Und das ist eine vornehme Untertreibung.<br />
Hinter derTür regiert handwerkliche Perfektion<br />
und künstlerische Hexerei. Die Gläser,<br />
Vasen, Karaffen, Flakons von Freia <strong>Schulze</strong><br />
sind ein Fest für Augenund Hände.<br />
Ein Schreibtisch <strong>im</strong> Entree des lübschen<br />
Bürgerhauses, dahinter einige wenige Säulen<br />
mitWerken,dieindenbeidenRäumennebenan<br />
entstehen: Gläser insatten aber niemals<br />
lauten Farben, Sandstrahlarbeiten, Gefäße<br />
mit zarten Dekors versehen, einige erzählen<br />
ganzeGeschichten,aufanderengibtes<strong>im</strong>mer<br />
wiederNeues zu entdecken:winzige Beeren,<br />
Zitronen, Pflaumen, Rosen, Herzen. Hauchzarte<br />
florale Ornamente finden sich <strong>im</strong>mer<br />
wieder. Wenn es einenOrt gibt, derden Unterschied<br />
zwischen industriell hergestellter<br />
Ware und handgearbeiteten Einzelstücken<br />
sichtbar macht, dann ist er hier.<br />
Freia<strong>Schulze</strong>selbstmachtnichtgerneviele<br />
Worte. Wie sie zu ihrem Beruf gekommenist<br />
„Ich wollte<strong>im</strong>mermit denHändenarbeiten“,<br />
sagt sie knapp und freundlich. Umso beredter<br />
ist ihr Lebenslauf. Geboren 1950 in Lübeck,<br />
begann sie mit 17 Jahren eine Ausbildung in<br />
gestaltendemGlasschliffander Werkskunstschule<br />
Schwäbisch-Gmünd, legteihr Diplom<br />
für gestaltendenGlasschliffab–ein seltenes<br />
Handwerk in Deutschland. Sie studierte anschließend<br />
an derHochschule für Angewandte<br />
Kunst in Wien, dann am College of Art<strong>im</strong><br />
englischenStourbridge,arbeiteteinFrauenau<br />
<strong>im</strong>StudioErwinEisch,warfreiekünstlerische<br />
Mitarbeiterin der Hergiswiler Glaswerke<br />
(Schweiz), hatte eine eigene Werkstatt am<br />
Ammersee, bevor sie 1988 zurück nach Lübeck<br />
kam. Hier baute sie erneut eine Werkstattauf;<br />
ihreArbeiten stellt sie ganzjährig in<br />
derGalerie „die produzenten p4“ander nahenHüxstraße<br />
aus.<br />
Die Wanderjahre haben sie handwerklich<br />
und künstlerisch stark gemacht und einen<br />
ganzeigenen, unverkennbaren Stil entstehen<br />
lassen. „Sie hat mit ihren phantasievollenund<br />
sorgfältig gearbeiteten Werken einenBeitrag<br />
zur Glaskunst unserer Zeit geleistet und<br />
gleichzeitig von deren zunehmender Anerkennungprofitiert“,heißtesinderFestschrift<br />
des HamburgerMuseums für Kunst und Gewerbe,<br />
deren Freundeskreis, die Justus<br />
BrinckmannGesellschaft,ihr2007denJustus<br />
Brinckmann Preis zuerkannte.<br />
ZumBeispiel ihreArbeiten mit Emaillefarben,<br />
die bis zu drei Malhintereinandersorgfältigaufgetragenundbei540GradCelsius<strong>im</strong><br />
Ofen eingebrannt werden. Winzige, auf die<br />
Farbflächen aufgebrachte Schablonen „retten“,wasanDekoraufdemGlasverewigtwer-<br />
densoll, später vor demSandstrahl –ein Verfahren,das<br />
sie entwickelt und perfektioniert<br />
hat.StundenüberStundensitzt sie an einem<br />
einzigenihrerWerke.Nur, werdasnichtweiß,<br />
kann diese für teuerhalten.<br />
Freia <strong>Schulze</strong> arbeitet autark. DieGefäße,<br />
die sie bearbeitet, sind von ihr entworfen und<br />
in einerGlashütte nach ihren Zeichnungenin<br />
Klarglas,manchmalalsÜberfangglasangefertigt.IhreArbeit<br />
habe sich in denvergangenen<br />
Jahren stark gewandelt, sagt sie. Überfangglas-Gefäße<br />
entstehen inzwischen <strong>im</strong>mer<br />
häufiger. Per Glasabtrag entstehen Muster<br />
undOrnamente,auchhierschütztsiedas,was<br />
sie erhalten will mit aufgebrachten Schablonenvor<br />
demSandstrahl, zurück bleibenbeispielsweise<br />
erhabene klare Pünktchen, die<br />
nochentferntanantikeGlasarbeitenerinnern<br />
und zugleich die Entwicklung dieses Kunsthandwerks<br />
dokumentieren.<br />
Ob sie sich schon einmal selbst <strong>im</strong> Glasblasenversuchthat„Ja,natürlich.Undesistmir<br />
auchganzgutgelungen.AberaufDauerkönnte<br />
ich das nicht leisten“, sagt sie und deutet an<br />
ihrer kleinenzartenGestalt entlang.St<strong>im</strong>mt.<br />
GlasbläserbrauchenandereFormate.Siekonzentriert<br />
sich –ohne Angestellte–auf die Veredelung<br />
der Rohlinge. Hunderte und AberhundertedavonstehenineinemRegal,dazwischenhalbfertige<br />
Arbeiten und solche, die sie<br />
nicht für gut genug für denVerkauf befunden<br />
hat.Strengist sie dabei. Eine diesernicht perfekten<br />
Schalenfristet ihr Dasein als Sammelsurium-Behältnis<br />
auf derFensterbank.<br />
Manverlässt es nicht gern, dieses Reich der<br />
Farben, Formen, Ideenund Werkbänke. ●