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20 quadrat 10 / 2009 � zurückgeblättert Vom belgischen Fürstenschloss ins Waldgasthaus bei Lüneburg Das Schloss im belgischen Chimay WIE DIE PRINZESSIN VON CHIMAY DIE SKANDALFRAU VON EINEMHOF WURDE
Das alte Forst- und Gasthaus Einemhof. Es brannte im Jahre 1946 nieder. Heute befi nden sich hier Grillplatz und Köhlerhütte. Einen solchen Skandal, solch eine Geschichte voller Leidenschaft hatte die Welt bisher nicht gesehen: Vor 110 Jahren liefen die Schlagzeilen über eine „unmögliche“ Liebe um die Welt. Für Jahre war sie das Futter für Zeitungsgeschichten wie für Gefl üster in den Salons: Eine belgische Prinzessin hatte ihren Mann, ihre zwei Kinder und ihr Schloss verlassen, um ihr Leben mit einem Zigeunergeiger in einem einfachen Gasthof vor den Toren Lüneburgs, in Einemhof, zu fristen. Zwei Jahre lebten die beiden in ihrem bescheidenen Liebesnest. Zwei Jahre lang war Lüneburg in den Mittelpunkt einer der größten Gesellschaftsskandale der Geschichte gerückt. Auch ohne ihre Liebe zu dem Zigeuner hatte diese Frau schon im Interesse der Welt gestanden, denn etwas bis dahin Ungewöhnliches war geschehen: Der belgische Prinz von Chimay de Caraman heiratete die Amerikanerin Clara Ward. Das war am 20. April 1890. Ehe wir zu der eigentlichen Skandalgeschichte kommen, ist es gut, die Hintergründe zu kennen: Diese Heirat war eine der Geschichten von „Geld heiratet Adel“. Oder umgekehrt. In diesem Fall wird vermutlich von Seiten des Prinzen auch Liebe mitgespielt haben, denn Clara Ward übte eine unheimliche Anziehungskraft auf Männer aus. Zum Zeitpunkt der Heirat war sie süße 17 Jahre alt. Ob sie in Sachen Prinzen-Ehe berechnend war und sich so einen großen Titel erwerben wollte – wer weiß? Clara war die Tochter eines Königs – eines Nennkönigs zumindest. Ihr Vater, Captain Eber Ward, wurde „der König von Michigan“ genannt. Er hatte auf dem Michigansee den Schiffsverkehr eingeführt, CLARA VERLIEBTE SICH IN DEN ZIGEUNERGEIGER RIGO JANCZI, UND ZWAR SO HEFTIG, DASS SIE EHEMANN, KINDER UND SCHLOSS DEN RÜCKEN KEHRTE. seine Schiffe verkehrten zwischen Detroit, Chicago, Milwaukee und Kanada. Er erwarb sich ein großes zurückgeblättert � quadrat 10 / 2009 21 Der Maler der Bohème, Toulouse Lautrec, skizzierte das Paar im berühmten Moulin Rouge. Vermögen, allein sein Besitz in Michigan wurde auf mehr als drei Millionen Dollar geschätzt. Der amerikanische Geldadel verbrachte ausgangs des 20. Jahrhunderts gerne seine Ferien in Europa, besonders an der Cote d’ Azur. Hier lernten sich Prinz Joseph und Clara kennen und lieben und heirateten Knall auf Fall. Clara brachte – wahrscheinlich willkommene – 2,5 Millionen Dollar in die Ehe mit. Nach den Flitterwochen zog das junge Paar auf das Schloss im belgischen Chimay, gewissermaßen aufs „platte Land“. Zwei Söhne wurden geboren. Der Ehealltag wurde durch Reisen nach Paris unterbrochen. Gern besuchte man das Moulin Rouge, das berühmte Can- Can- und Nachtlokal, in dem allabendlich der später so berühmte Maler Henri de Toulouse Lautrec mit seinem Mal block saß und malte. Wie gesagt: Ob der Blitz der Liebe bei der Heirat des Prinzen Joseph de Chimay bei Clara eingeschlagen hatte oder nicht, ist nicht überliefert. Aber im Moulin Rouge funkte es bei
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