von Gerhard Bogner
von Gerhard Bogner
von Gerhard Bogner
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
KOMMUNIKATION IM KREISSSAAL<br />
KASUISTIK KM, 15.4.1979<br />
DER NOTFALL<br />
<strong>Gerhard</strong> <strong>Bogner</strong><br />
Gynäkologie und Geburtshilfe I<br />
KLINIKUM Wels - Grieskirchen<br />
! 26a, Grav.I, 38.SSW<br />
! Stat. Aufnahme 1.25h mit der Rettung wegen<br />
starker vaginaler Blutung zu Hause, zum Zeitpunkt<br />
der Aufnahme keine Wehen<br />
! Ultraschall, Abwarten unter kontinuierliche CTG-<br />
Kontrolle<br />
Gedacht bedeutet nicht gesagt, Gesagt bedeutet nicht gehört,<br />
Gehört bedeutet nicht verstanden, Einverstanden bedeutet nicht gemacht<br />
Gemacht bedeutet nicht beibehalten. Konrad Lorenz 1903-1989<br />
KASUISTIK KM, 15.4.1979<br />
WAS IST PASSIERT<br />
neuerliche<br />
vaginale<br />
Blutung<br />
CTG BOGNER 2009<br />
! Notfallsectio mit einer EE- Zeit <strong>von</strong> 9 Minuten<br />
! Kindliche Reanimation mit Gabe <strong>von</strong> O neg - Erykonzentraten bis zur<br />
20. Lebensminute<br />
! Übernahme auf der neonatologischen Station<br />
! Rückverlegung des unauffälligen Kindes am 6. Lebenstag zur Mutter<br />
Notsectio, EE-Zeit 9 Minuten, XX, 3470g, Apgar 0/1/1, pH 7,09, BE-8,3<br />
Geburtshilfe<br />
Oberarzt<br />
Neonatologie<br />
Oberarzt<br />
Labor<br />
MTA<br />
Anästhesie<br />
Oberarzt<br />
MERKMALE KOMPLEXER SITUATIONEN<br />
Assistent<br />
Assistent Blutzentrale Narkoseschwester<br />
Turnusarzt Neo Schwester<br />
2 Hebammen<br />
Hilfskraft<br />
Labor<br />
„KOMPLEXE SITUATION“<br />
Geburtshilfe<br />
Notfall im<br />
Kreisssaal<br />
Neonatologie<br />
Anästhesie<br />
! Situationsmerkmale<br />
! Großer Umfang<br />
! Vernetzheit<br />
! Eigendynamik<br />
! Zeitverzögerung<br />
! Irreversibilität<br />
Was macht die Situation kritisch<br />
! Handlungsanforderungen<br />
! Intransparenz/<br />
Unsicherheit<br />
! Einmaligkeit<br />
! Informationsfülle/ -<br />
mangel<br />
! Zeitdruck<br />
! Risiko<br />
! Zielpluralität<br />
! Viele Mitspieler<br />
Wenn das Wissen um den Status des Systems oder<br />
der Patientin nicht mehr der Realität entspricht
DIMENSIONEN DER KOMPLEXITÄT<br />
! Parallelität <strong>von</strong> Vorgängen<br />
! Verarbeitung <strong>von</strong> Information<br />
! Adäquate Kommunikation<br />
! Beschaffung, Weitergabe und Verarbeitung (Priorisierung)<br />
<strong>von</strong> Informationen an Entscheidungsträger<br />
FÄHIGKEITEN, DIE ALLE BETEILIGTEN<br />
BERUFSGRUPPEN MITBRINGEN SOLLEN<br />
Technische<br />
Fähigkeiten<br />
! Ausbildung<br />
(berufsbezogen)<br />
! Training<br />
! SOP´s<br />
Nicht technische Fähigkeiten (affektiv, kognitiv)<br />
! Nicht unter Druck bringen lassen<br />
! Wesentliches schnell erfassen<br />
! Situationsänderungen erkennen<br />
! Flexibilität<br />
! Prioritäten setzen<br />
! Ressourcen kennen und einsetzen<br />
! Team führen<br />
! Schwachpunkte kennen<br />
! Sich helfen lassen<br />
MINDESTANFORDERUNGEN VON LEITLINIEN BEI<br />
NOTFÄLLEN IM KREISSSAAL<br />
! Notfallsectio<br />
! Kindliche Reanimation<br />
! Schulterdystokie<br />
! Postpartale Blutung<br />
INTEGRIERENDES MODELL DER<br />
TEAMARBEIT BEIM NOTFALL NACH ST.PIERRE ET AL. 2011<br />
Input Throughput Output<br />
Eigenschaften des<br />
Teams:<br />
Notfall<br />
Individuum<br />
Teams<br />
Teamprozess<br />
Teamarbeit<br />
Notfall<br />
„INPUT“<br />
Schadensmuster<br />
Pathophysiologie<br />
Verfügbare Ressourcen<br />
Teamprozess<br />
Teamarbeit<br />
Individuum<br />
Erfahrung<br />
Motivation<br />
Persönliches<br />
Wissen/ Können<br />
Teamplayer.<br />
Teams<br />
Kommunikationsstruktur<br />
Machtverteilung<br />
Homogenität<br />
Vertrauen<br />
Teambildung<br />
Teamführung<br />
Konfliktlösung<br />
Problemlösungsstrategien<br />
Kommunikation<br />
Koordination<br />
Förderung der Teamfähigkeit<br />
Ergebnisqualität<br />
Patientensicherheit<br />
Mitarbeiterzufriedenheit<br />
Fehler
URSACHEN FÜR FEHLER UND ZWISCHENFÄLLE<br />
(INTENSIVMEDIZIN) GRAF ET AL. 2005<br />
BEHANDLUNGSFEHLER (TEAMARBEIT) IM<br />
NOTFALL RISSER ET AL. 2000<br />
Informationen aktiv suchen<br />
unzureichende<br />
Erfahrung<br />
13%<br />
andere<br />
18%<br />
Verletzungen<br />
<strong>von</strong> Standards<br />
29%<br />
Zeitmangel<br />
16%<br />
unzureichende<br />
Kommunikation<br />
24%<br />
Pläne dem Team mitzuteilen<br />
bei unklarer Kommunikation nachfragen<br />
Standpunkt nachdrücklich vertreten<br />
Teammitglieder zur Verantwortung zu<br />
Aufgaben und Rollenverteilung<br />
Handlungen <strong>von</strong> Teamkollegen überprüfen<br />
Handlungsprioritäten festlegen<br />
0 5 10 15 20 25 30<br />
HÄUFIGKEIT VON FEHLERN BEI DER TEAMARBEIT<br />
Hauptverursacher<br />
Nebenverursacher<br />
GRUNDFUNKTIONEN DER<br />
KOMMUNIKATION IM NOTFALL<br />
! Strukturierung des Teams<br />
! Koordination der Arbeitsabläufe<br />
! Informationsaustausch und –weitergabe<br />
! In Beziehung treten<br />
Art der Kommunikation<br />
! wertschätzend<br />
! respektierend<br />
! Toleranz/ Akzeptanz<br />
PSYCHOLOGISCHES MODELL DER ZWISCHENMENSCHLICHEN<br />
KOMMUNIKATION SCHULZ V .THUN 1981, 2000<br />
Begleitung durch non –<br />
verbale und para-verbale<br />
Mittel der Kommunikation<br />
GUTE KOMMUNIKATION<br />
! Auf der Sachebene bleiben<br />
! Kongruent kommunizieren (Sprache, Gestik, Lautstärke, etc.)<br />
! Gleiche Aspekte einer Botschaft selektieren<br />
! Störung der Kommunikation thematisieren<br />
! Klare Sprache<br />
! Kommunikationsschleifen schließen<br />
! Teammitglieder einweisen/ „briefen“<br />
! Informationen aktiv suchen<br />
! Positionen vertreten<br />
! Bedenken äußern<br />
! Aktives Zuhören und Unterstützen <strong>von</strong> Teammitgliedern<br />
SCHLECHTE KOMMUNIKATION<br />
! Unklarer Adressat<br />
! Sprechtechnische Probleme (zu laut, zu leise, Halbsätze)<br />
! Überlastung durch Informationen<br />
! Wortkarg (kein Erklärungen, keine Antworten, geschlossene<br />
Fragen, langes Schweigen)<br />
! Lösen eines Konflikts durch Passivität oder Aggressivität<br />
! Schlechtes Zuhören<br />
! Vermischung <strong>von</strong> Beziehungsbotschaften und Sachinhalt
Geburtshilfe<br />
Oberarzt<br />
Neonatologie<br />
Oberarzt<br />
Labor<br />
MTA<br />
Anästhesie<br />
Oberarzt<br />
MUSTER DER KOMMUNIKATION MIT<br />
PATIENTINNEN<br />
Assistent<br />
Turnusarzt<br />
2 Hebammen<br />
Hilfskraft<br />
Assistent<br />
Neo Schwester<br />
Blutzentrale<br />
Narkoseschwester<br />
Labor<br />
Geburtshilfe<br />
Notfall im<br />
Kreisssaal<br />
Anästhesie<br />
Dienstleister - Konsumentin<br />
Partnerschaftlich<br />
Paternalistisch<br />
„KOMPLEXE SITUATION“<br />
Neonatolgie<br />
Haben wir jemanden vergessen<br />
Die werdende Mutter<br />
Begleitende Angehörige<br />
Kommunikation im Notfall =<br />
schwieriges Gespräch<br />
FEHLER DER KOMMUNIKATION MIT DER<br />
PATIENTIN/ ANGEHÖRIGE<br />
Nichts reden<br />
ANGSTREDUZIERENDE KOMMUNIKATION *<br />
! Sicherheit und Kompetenz vermitteln<br />
! In einfachen klaren Worten über alle Maßnahmen<br />
aufklären<br />
! Ängste als verständliche Reaktion ansprechen<br />
! Allgemein gehaltene Tröstungen vermeiden, keine<br />
Bagatellisierung<br />
! Interventionen zügig und konsequent durchführen<br />
! Gesprächskontakt halten<br />
*Bengel, Hrsg. Psychologie in Notfallmedizin und Rettungsdienst, Springer 1997<br />
Rupp M, Notfall Seele. Ambulante Notfall- und Krisenintervention in Psychiatrie und Psychotherapie<br />
2. Auflage Springerverlag 2003<br />
SUGGESTIVE KOMMUNIKATION IM NOTFALL I<br />
Notfall ! tranceartiger Zustand<br />
! Fokussierte Aufmerksamkeit (Pat. bezieht alles auf sich)<br />
! Wortwörtliches Verstehen (Gestik, z.B. Stirnrunzeln)<br />
! Idiomotorische Reaktionen (z.B. Zittern der Augenlider)<br />
! Selektive, partielle Amnesie<br />
! Dissoziation (zeitlich, örtlich, Körperteile)<br />
! Hyperästhesie/ Hypästhesie<br />
! Katalepsie = affektiver Totstellreflex<br />
! Gesteigerte Suggestibilität<br />
SUGGESTIVE KOMMUNIKATION IM NOTFALL II<br />
Pat. nimmt alles wörtlich und bezieht es auf sich<br />
Vermeidung <strong>von</strong> Negativsuggestionen<br />
wie Schmerz, Spritze, Stich, Angst, Brennen, etc.<br />
Wenige Verneinungen ! starke negative<br />
Bilder “ Nocebo - Effekt“<br />
z.B.: „Das sieht ja furchtbar aus“, „Das wird nichts<br />
mehr“, „Wir legen Sie jetzt schlafen“, „Das kann man<br />
vergessen“, „Sie verblutet uns, wenn wir nicht...“, etc.
VERWENDUNG VON POSITIVSUGGESTIONEN<br />
Cave! Keine falschen Versprechungen, kein<br />
Austricksen, engl. „suggest“ – Anregung geben<br />
Realistisch, glaubwürdig<br />
Subjektbezogen<br />
Folgen und führen<br />
Eher indirekt („Es geht Ihnen gleich besser“)<br />
Offen und permissiv<br />
Kleine Schritte in Gang bringen<br />
Möglichkeiten eröffnen<br />
Unbewusste Suchprozesse in Gang bringen<br />
Innere Bilder wirksam werden lassen<br />
„KANSAS EXPERIMENT“ NACH M. ERIC WRIGHT<br />
Befolgung <strong>von</strong> 3 Anweisung für alle Helfer:<br />
1. Patienten vor Lärm und großen Menschenmengen<br />
schützen<br />
2. Mit ruhiger Stimme einfache Texte wiederholt ins Ohr<br />
sprechen<br />
3. Jede belanglose Unterhaltung zwischen den Helfern<br />
vermeiden<br />
Jacobs DT (1991) Patient communication for first responders<br />
and EMS personnel. Brady, Englewood Cliffs<br />
VORTEIL HYPNOTISCHER KOMMUNIKATION<br />
Für die Patientin:<br />
Verringerung <strong>von</strong> Angst, Stress und Schmerz, Nebenwirkungen<br />
Rückgewinnung <strong>von</strong> Kompetenz und Selbstverantwortung<br />
Möglichkeit der Nutzung der eigenen Bewältigung <strong>von</strong><br />
Stressbewältigung, Homöostase, Heilung<br />
Für den Arzt:<br />
Kreatives, kommunikatives Arbeiten<br />
Verbessertes Arzt-Patient Verhältnis<br />
Spezielle Ausbildung nicht erforderlich<br />
NACHBEARBEITUNG NACH KRITISCHEN<br />
SITUATIONEN<br />
! Nachbesprechung mit Patientinnen und<br />
Angehörigen (posttraumatische psychologische<br />
Betreuung)<br />
! Teambesprechungen<br />
! Einzelbesprechungen<br />
! Feedback geben<br />
! Sachliche Konflikte ansprechen<br />
! Beziehungskonflikte ansprechen