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Offener Brief an die Bundeskanzlerin - IGR-NRW e.V.

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<strong>IGR</strong>-<strong>NRW</strong> e.V., Mittelstraße 28 a, 52072 Aachen-Laurensberg<br />

Bundesk<strong>an</strong>zleramt<br />

Bundesk<strong>an</strong>zlerin Angela Merkel<br />

Willy-Br<strong>an</strong>dt-Straße 1<br />

10557 Berlin<br />

Sehr geehrte Frau Merkel,<br />

Vorsitzender: Christoph Schaefler<br />

Mittelstraße 28 a<br />

52072 Aachen-Laurensberg<br />

Telefon: 0241 – 9432 75 - 5<br />

Telefax: 0241 – 9432 75 - 6<br />

Geschäftsstelle Köln:<br />

Hospeltstraße 35 b<br />

50825 Köln-Ehrenfeld<br />

Telefon: 0221 – 9541800<br />

Telefax: 0221 – 9541808<br />

eMail Vorst<strong>an</strong>d: christoph@schaefler.de<br />

eMail GS-Köln: post@igr-nrw.de<br />

home: www.igr-nrw.de<br />

Köln, 29. Mai 2007<br />

wir wenden uns <strong>an</strong> Sie in Ihrer Eigenschaft als Ratspräsidentin der EU. Mit großem<br />

Erstaunen haben wir Ihre Erklärung bezüglich Venezuela in der Presse gelesen. Sie<br />

drücken darin <strong>die</strong> Sorge aus, mit der <strong>die</strong> EU von der Entscheidung der Bolivarischen<br />

Republik Venezuela erfahren hat, <strong>die</strong> Lizenz für den Sender Radio Caracas<br />

Televisión (RCTV) auslaufen zu lassen. Die EU erwartet, dass Venezuela <strong>die</strong><br />

Meinungs- und Pressefreiheit als grundlegende Elemente der Demokratie<br />

gewährleistet und Pluralismus bei der Verbreitung von Informationen unterstützt.<br />

Vielleicht ist es Ihrer Aufmerksamkeit entg<strong>an</strong>gen, dass in unserem L<strong>an</strong>de, nämlich in<br />

Nordrhein-Westfalen, vor wenigen Tagen eine weitaus schwerwiegendere Situation<br />

geschaffen wurde. Das L<strong>an</strong>desparlament in Düsseldorf hat am letzten Freitag, dem<br />

25. Mai <strong>die</strong>sen Jahres eine Novellierung des L<strong>an</strong>desme<strong>die</strong>ngesetzes verabschiedet,<br />

mit der <strong>die</strong> Meinungsfreiheit und der Pluralismus eingeschränkt werden sowie <strong>die</strong><br />

demokratische Partizipation des Bürgers in seinem „Nahfeld“ schrittweise<br />

abgeschafft wird.<br />

Bei der Einführung des privaten Lokalfunks in Nordrhein-Westfalen vor 17 Jahren<br />

hatte sich <strong>die</strong> L<strong>an</strong>desregierung schwerget<strong>an</strong>, dem privaten Lokalfunk alle Freiheiten<br />

zu gar<strong>an</strong>tieren. Da nur eine Frequenz je Sendegebiet zur Verfügung st<strong>an</strong>d und der<br />

private Lokalfunk von den örtlichen Tageszeitungsverlegern getragen wird, <strong>die</strong> in<br />

vielen Bereichen schon ein Monopol besaßen, schrieb das damals verabschiedete<br />

L<strong>an</strong>desrundfunkgesetz vor, dass der private Lokalfunk 15 Prozent seines Sendevolumens<br />

dem Bürgerfunk zur Verfügung stellen musste. Dies geschah aus der<br />

Überlegung heraus, Meinungsfreiheit und Meinungsvielfalt zu gar<strong>an</strong>tieren sowie <strong>die</strong><br />

demokratische Teilhabe des Bürgers in seinem lokalen Umfeld zu ermöglichen.<br />

-2 -<br />

Dachverb<strong>an</strong>d der Gemeinnützigen Rundfunkvereine in Nordrhein-Westfalen<br />

eingetragen beim Registergericht Aachen unter 73 VR 2217<br />

gemeinnützig <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt mit Bescheid vom 30.07.2004 des Fin<strong>an</strong>zamtes Aachen-Außenstadt, St.-Nr. 225/5905/0127<br />

B<strong>an</strong>kverbindung: Sparkasse Aachen (BLZ 390 500 00), Konto 4 381 612


<strong>IGR</strong>-<strong>Brief</strong> <strong>an</strong> Frau Dr. Merkel vom 29. Mai 2007, Seite 2<br />

Mit einem Federstrich streicht das neue L<strong>an</strong>desme<strong>die</strong>ngesetz <strong>die</strong>se Gar<strong>an</strong>tien:<br />

1. Das Sendevolumen für den Bürgerfunk wird auf maximal eine Stunde täglich<br />

beschränkt (bisher in vielen Sendegebieten 2 Stunden). Minimal braucht<br />

überhaupt kein Bürgerfunk gesendet werden!<br />

2. Die Sendezeit wird von bisher 19 Uhr in <strong>die</strong> späten Abendstunden<br />

(Sendebeginn 21 Uhr) verschoben, eine Zeit, in der es kaum noch Hörer gibt.<br />

3. Das neue Gesetz streicht <strong>die</strong> Fin<strong>an</strong>zierung für <strong>die</strong> „Radiowerkstätten“, in<br />

denen <strong>die</strong> Sendungen der Bürger produziert werden. Viele „Radiowerkstätten“,<br />

<strong>die</strong> zuvor mit ca. 25 Millionen Euro öffentlicher Mittel aufgebaut<br />

wurden, werden schließen müssen und der Bürger muss sehen, wo er eine<br />

Sendung produzieren k<strong>an</strong>n.<br />

4. Mit der gesetzlichen Vorschrift, dass <strong>die</strong> Sendungen grundsätzlich in<br />

deutscher Sprache zu gestalten sind, werden weite Bevölkerungsteile, <strong>die</strong><br />

eine <strong>an</strong>dere Sprache sprechen, grundsätzlich ausgeschlossen.<br />

5. Mit der vornehmlichen Förderung von Me<strong>die</strong>nkompetenzprojekten in der<br />

Schule werden <strong>an</strong>dere Bevölkerungsgruppen (Jugendliche außerhalb der<br />

Schule, alte Menschen etc.) benachteiligt.<br />

Die Urheber des Gesetzes argumentieren, dass sie <strong>die</strong> Qualität des Bürgerfunks<br />

verbessern wollen, übersehen dabei aber wissentlich, dass ein solches Gesetz den<br />

Bürgerfunk schrittweise abschafft.<br />

Es geht ihnen in erster Linie darum, <strong>die</strong> Wettbewerbsfähigkeit des privaten<br />

Lokalfunks gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken.<br />

Sehr geehrte Frau Merkel, wenn Sie schon so besorgt sind um Vorgänge im<br />

Me<strong>die</strong>nbereich in einem L<strong>an</strong>d, das tausende Kilometer entfernt von uns liegt, so<br />

bitten wir Sie um <strong>die</strong> gleiche Aufmerksamkeit und gleiches Engagement in Ihrem<br />

eigenen L<strong>an</strong>de. Anderenfalls verlieren Sie jegliche Glaubwürdigkeit.<br />

Wir bitten Sie, alles in Ihrer Macht Stehende zu unternehmen, damit <strong>die</strong>ses Gesetz<br />

zurückgezogen wird, da insgesamt <strong>die</strong> Glaubwürdigkeit der Politik auf dem Spiel<br />

steht. Wenn der Bürger erkennt, dass seine Rechte von der Politik<br />

eingeschränkt werden und er zunehmend von der Demokratie ausgeschlossen<br />

wird, wird es nicht verwunderlich sein, wenn er sich <strong>an</strong>dere Wege sucht.<br />

Politiker, <strong>die</strong> alles tun, damit Politikverdrossenheit entsteht, verwirken das<br />

Recht, d<strong>an</strong>n darüber zu klagen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Christoph Schaefler<br />

Vorsitzender <strong>IGR</strong>-<strong>NRW</strong><br />

Dachverb<strong>an</strong>d der Gemeinnützigen Rundfunkvereine in Nordrhein-Westfalen<br />

eingetragen beim Registergericht Aachen unter 73 VR 2217<br />

gemeinnützig <strong>an</strong>erk<strong>an</strong>nt mit Bescheid vom 30.07.2004 des Fin<strong>an</strong>zamtes Aachen-Außenstadt, St.-Nr. 225/5905/0127<br />

B<strong>an</strong>kverbindung: Sparkasse Aachen (BLZ 390 500 00), Konto 4 381 612

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