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Was spricht gegen den Einsatz der Gentechnik in Landwirtschaft ...

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<strong>Was</strong> <strong>spricht</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong><br />

<strong>Landwirtschaft</strong> und Lebensmittelproduktion<br />

1. Die Auswirkungen von gentechnisch verän<strong>der</strong>ten<br />

Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit s<strong>in</strong>d nicht<br />

geklärt.<br />

2. Die Agro-<strong>Gentechnik</strong> birgt ökologische Risiken, die nicht<br />

abschätzbar s<strong>in</strong>d.<br />

3. Die Agro- <strong>Gentechnik</strong> ist für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustrialisierte<br />

<strong>Landwirtschaft</strong> gemacht, die großflächige Monokulturen<br />

bewirtschaftet.<br />

4. Der kommerzielle Anbau gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Pflanzen<br />

<strong>in</strong> Deutschland bedeutet mittelfristig das Aus für e<strong>in</strong>e<br />

gentechnikfreie <strong>Landwirtschaft</strong> und Lebensmittelproduktion.<br />

5. Versprechen <strong>der</strong> Agro- <strong>Gentechnik</strong>, die Erträge zu steigern,<br />

<strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> von Pestizi<strong>den</strong> zu verr<strong>in</strong>gern, die Umwelt zu<br />

entlasten und <strong>den</strong> Hunger <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dritten Welt zu bekämpfen,<br />

haben sich als nicht haltbar erwiesen.<br />

6. Agro-<strong>Gentechnik</strong> nutzt nur e<strong>in</strong>er Handvoll mult<strong>in</strong>ationaler<br />

Firmen.<br />

1


1. Die Auswirkungen von gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Lebensmitteln auf<br />

die menschliche Gesundheit s<strong>in</strong>d nicht geklärt.<br />

Die neue Qualität <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> besteht im Vergleich zu klassischen Züchtungsverfahren<br />

dar<strong>in</strong>, dass e<strong>in</strong>zelne Gene isoliert, artübergreifend mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> komb<strong>in</strong>iert und <strong>in</strong><br />

Empfängerorganismen e<strong>in</strong>gebaut wer<strong>den</strong> können. Das ist möglich, weil das Erbmaterial bei<br />

allen Lebewesen – bei Menschen, Tieren, Pflanzen o<strong>der</strong> Mikroorganismen – nach dem<br />

gleichen Muster („Code“) aufgebaut ist.<br />

Durch <strong>Gentechnik</strong> treten Gene und die entsprechen<strong>den</strong> Produkte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Nahrung auf, die <strong>der</strong><br />

Mensch, obwohl e<strong>in</strong> Omnivor (Allesfresser), niemals im Essen hatte. So wird etwa die<br />

Insektenresistenz bei Mais durch das E<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen von Erbmaterial von Bo<strong>den</strong>bakterien <strong>in</strong> die<br />

Maispflanze erzielt.<br />

Die Zulassungsverfahren für gentechnisch verän<strong>der</strong>te Lebensmittel s<strong>in</strong>d<br />

unzureichend:<br />

Gentechnisch verän<strong>der</strong>te Lebensmittel durchlaufen e<strong>in</strong> Zulassungsverfahren, bevor sie auf<br />

<strong>den</strong> Markt und <strong>in</strong> <strong>den</strong> Magen kommen. Jedoch testen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel die Hersteller die<br />

Sicherheit ihrer Genlebensmittel selbst. Über Fütterungsversuche wird ermittelt, welche<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Verzehr von Genpflanzen auf Versuchstiere hat. Das Problem dabei ist:<br />

Die Ergebnisse von Tierversuchen s<strong>in</strong>d nicht auf Menschen übertragbar. Zudem entsprechen<br />

die <strong>in</strong> <strong>den</strong> Zulassungsanträgen zitierten Versuche <strong>in</strong> Design, Umfang und Dauer zumeist<br />

nicht <strong>den</strong> Erfor<strong>der</strong>nissen, die an aussagekräftige Versuche zu stellen s<strong>in</strong>d. 1 Der Großversuch<br />

mit Menschen, ob gentechnisch verän<strong>der</strong>te Lebensmittel sicher s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> nicht, läuft deshalb<br />

außerhalb des Labors – und ohne jede E<strong>in</strong>willigung <strong>der</strong> menschlichen Testpersonen.<br />

In weiteren Versuchsreihen wird nach bekannten Allergenen bzw. dem allergenen Potential<br />

<strong>der</strong> Genpflanzen gesucht. Dabei wer<strong>den</strong> die nach <strong>der</strong> neuen Gen<strong>in</strong>formation hergestellten<br />

Eiweiße mit bekannten Allergieauslösern verglichen, und es wird an Zellkulturen beobachtet,<br />

wie diese auf das neue Eiweiß reagieren. Da nur vom bereits Bekannten auf das Unbekannte<br />

geschlossen wer<strong>den</strong> kann, besteht folgende Gefahr: Sollte etwas völlig Unbekanntes<br />

auftauchen, würde es möglicherweise nicht e<strong>in</strong>mal bemerkt wer<strong>den</strong>, da es durch die<br />

angewandten Testraster fällt.<br />

Neue Allergien und Antibiotikaresistenzen durch gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>te Lebensmittel<br />

Im Zusammenhang mit gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Lebensmitteln wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie zwei<br />

Gesundheitsrisiken diskutiert 2 : das Entstehen von neuen Allergien und von weiteren<br />

Antibiotikaresistenzen.<br />

Die <strong>in</strong> verschie<strong>den</strong>e Nutzpflanzen – bisher hauptsächlich <strong>in</strong> Mais, Soja und Raps – neu<br />

e<strong>in</strong>gebrachte Erb<strong>in</strong>formation produziert Prote<strong>in</strong>e. Prote<strong>in</strong>e s<strong>in</strong>d potentielle Allergieauslöser,<br />

und Lebensmittelallergien beruhen auf e<strong>in</strong>er Überempf<strong>in</strong>dlichkeit <strong>gegen</strong>über Prote<strong>in</strong>en.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus kann die gentechnische Verän<strong>der</strong>ung auch zu unerwarteten Verän<strong>der</strong>ungen<br />

1 Fe<strong>der</strong>al Environmemt Agency, Austria (2002): Toxicological and allerlogical safety evaluation of GMO.<br />

2 Eckelkamp et al (1998): Antibiotikaresistenzgene <strong>in</strong> transgenen Pflanzen, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e Ampicill<strong>in</strong>-Resistenz <strong>in</strong> Bt-Mais.<br />

Öko-Institut, Freiburg.<br />

Franck-Oberaspach und Keller (1996): Produktionssicherheit von krankheits- und schädl<strong>in</strong>gsresistenten Nutzpflanzen:<br />

Toxikologie, allergenes Potential, Sekundäreffekte und Markergene. In: Schulte und Käppli: Gentechnisch verän<strong>der</strong>te<br />

krankheits- und schädl<strong>in</strong>gsresistente Nutzpflanzen. E<strong>in</strong>e Option für die <strong>Landwirtschaft</strong> Band I, Publikation des<br />

Schwerpunktprogramms Biotechnologie des Schweizerischen Nationalfonds, Bern.<br />

WHO (2000): Safety aspects of genetically modified foods of plant orig<strong>in</strong>; Report of a Jo<strong>in</strong>t FAO/WHO Expert Consultation<br />

on Foods Derived from Biotechnology.<br />

2


im Stoffwechsel <strong>der</strong> Pflanzen führen, die die Qualität <strong>der</strong> daraus hergestellten Lebensmittel<br />

be<strong>in</strong>trächtigt. 3<br />

E<strong>in</strong> weiteres mit gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Lebensmitteln verbun<strong>den</strong>es Problem s<strong>in</strong>d die <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>e Vielzahl von Pflanzen e<strong>in</strong>gebauten Antibiotikaresistenzgene. Diese wer<strong>den</strong> als<br />

sogenannte Markergene benutzt, mit <strong>der</strong>en Hilfe festgestellt wer<strong>den</strong> soll, ob die an <strong>der</strong><br />

Pflanze vorgenommene Genmanipulation erfolgreich war. Die Antibiotikaresistenzgene<br />

können sich auf Bakterien im menschlichen Darm übertragen. Dadurch besteht die Gefahr,<br />

dass immer mehr <strong>in</strong> <strong>der</strong> Humanmediz<strong>in</strong> genutzte Antibiotika unwirksam wer<strong>den</strong>.<br />

Wenn die Hersteller genmanipulierter Lebensmittel behaupten, Genlebensmittel seien die am<br />

besten getesteten Lebensmittel überhaupt, so ist das Uns<strong>in</strong>n. Die am besten getesteten<br />

Lebensmittel s<strong>in</strong>d die, die Menschen seit Generationen verspeisen. Nicht die Lebensmittel,<br />

die Labortiere vorgesetzt bekommen o<strong>der</strong> die <strong>in</strong> Zellkulturen getestet wer<strong>den</strong>.<br />

Woran erkenne ich e<strong>in</strong> gentechnisch verän<strong>der</strong>tes Lebensmittel<br />

Wenn es nicht gekennzeichnet ist – mit bloßem Auge gar nicht. Die Verbraucher<strong>in</strong>nen und<br />

Verbraucher s<strong>in</strong>d also ganz auf das angewiesen, was auf <strong>der</strong> Packung angegeben ist. Nach<br />

<strong>den</strong> <strong>der</strong>zeit gültigen Gesetzen ist jedoch nur e<strong>in</strong> kle<strong>in</strong>er Teil <strong>der</strong>jenigen Lebensmittel<br />

kennzeichnungspflichtig, <strong>der</strong> auf irgende<strong>in</strong>er Verarbeitungsstufe mit <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong><br />

Berührung gekommen ist. Der Grund: Die Kennzeichnungspflicht ist bisher an <strong>den</strong> Nachweis<br />

von Fremd-DNA o<strong>der</strong> Fremd-Prote<strong>in</strong> gebun<strong>den</strong>. Diese Regelung hat zur Folge, dass z. B.<br />

Öle und pflanzliche Fette, die zu 100 Prozent aus Gensoja, Genmais o<strong>der</strong> Genraps gewonnen<br />

s<strong>in</strong>d, nicht als Gentech-Produkte ausgewiesen wer<strong>den</strong> müssen, <strong>den</strong>n bei ihrer Herstellung<br />

wer<strong>den</strong> durch Erhitzungs- o<strong>der</strong> Re<strong>in</strong>igungsprozesse sämtliche Spuren <strong>der</strong> Genverän<strong>der</strong>ung<br />

getilgt.<br />

E<strong>in</strong>e verbesserte Kennzeichnungspflicht tritt am 18. April 2004 <strong>in</strong> Kraft. Bis dah<strong>in</strong> muss e<strong>in</strong><br />

sogenanntes Rückverfolgbarkeitssystem etabliert wer<strong>den</strong>, das zwei Ziele verfolgt: E<strong>in</strong>erseits<br />

verpflichtet es diejenigen, die gentechnisch verän<strong>der</strong>te Organismen <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Lebensmittelproduktion e<strong>in</strong>setzen, Ursprung und Verbleib <strong>der</strong> verwendeten Produkte durch<br />

<strong>den</strong> gesamten Verarbeitungsprozess h<strong>in</strong>durch zu dokumentieren und e<strong>in</strong>e Kennzeichnung<br />

auch dann vorzunehmen, wenn <strong>der</strong> gentechnisch verän<strong>der</strong>te Organismus im Endprodukt<br />

nicht mehr nachweisbar ist. Dies betrifft hauptsächlich die erwähnten Öle und pflanzlichen<br />

Fette, aber auch Stärke, die aus Gentech-Mais gewonnen wurde. An<strong>der</strong>erseits ermöglicht es<br />

Rückrufaktionen, wenn sich e<strong>in</strong> Lebensmittel, das gentechnisch verän<strong>der</strong>te Bestandteile<br />

erhält, als gesundheitsgefähr<strong>den</strong>d erweist.<br />

Weiterh<strong>in</strong> von <strong>der</strong> Kennzeichnungspflicht ausgenommen: Produkte von Tieren, die mit<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Futtermitteln gefüttert wor<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d, also Milch, Fleisch und Eier.<br />

Wie kann ich mich gentechnikfrei ernähren<br />

• Die Mahlzeiten aus frischen Zutaten selbst zubereiten und Fertigprodukte und<br />

„Schnelle Küche“ mei<strong>den</strong>. Generell gilt nämlich: Je stärker e<strong>in</strong> Gericht vorproduziert<br />

ist, desto größer ist die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass e<strong>in</strong>zelne Inhaltsstoffe mit<br />

<strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> Berührung gekommen s<strong>in</strong>d.<br />

3 Fe<strong>der</strong>al Environment Agency, Austria (2002): Toxicological and allergological safety evaluation of GMO.<br />

3


• Nach Möglichkeit gut e<strong>in</strong>kaufen:<br />

- Ökologische Produkte; gekennzeichnet s<strong>in</strong>d ökologische Produkte mit <strong>den</strong> jeweiligen<br />

Zeichen <strong>der</strong> Anbauverbände (ANOG, Biokreis, Bioland, Biopark, Demeter, Gäa,<br />

Naturland), mit dem staatlichen BIO-Siegel o<strong>der</strong> dem EU-Bio-Siegel<br />

- Frisches Obst und Gemüse aus <strong>der</strong> Region<br />

- Sortenre<strong>in</strong>e pflanzliche Öle wie Olivenöl, Sonnenblumenöl, Distelöl, Nussöle<br />

- Lebensmittel mit dem „Ohne-<strong>Gentechnik</strong>“-Zeichen<br />

2. Die Agro-<strong>Gentechnik</strong> birgt ökologische Risiken, die nicht<br />

abschätzbar s<strong>in</strong>d.<br />

Beim <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> gilt: Wir wissen, dass wir fast nichts über<br />

langfristige, <strong>in</strong>direkte und komplexe Wechselwirkungen von gentechnisch verän<strong>der</strong>ten<br />

Pflanzen mit <strong>der</strong> agrarischen und nicht-agrarischen Umwelt wissen. E<strong>in</strong> Grund dafür ist, dass<br />

ökologische Fragestellungen bei Freisetzungsexperimenten kaum berücksichtigt wer<strong>den</strong>: <strong>in</strong><br />

Deutschland nur bei 15 Prozent aller Freilandexperimente, weltweit sogar nur bei e<strong>in</strong>em<br />

Prozent aller Freisetzungen.<br />

Sofern Befunde zu <strong>den</strong> Auswirkungen gentechnisch verän<strong>der</strong>ter<br />

Pflanzen auf die Umwelt vorliegen, geben diese Anlass zur Besorgnis:<br />

Gentechnisch verän<strong>der</strong>te Pflanzen können sich <strong>in</strong> Ökosystemen ausbreiten und ihre neuen<br />

Eigenschaften auf verwandte Wildarten übertragen. In Europa besteht diese Gefahr<br />

beson<strong>der</strong>s bei Raps und Zuckerrüben, da beide hier beheimatet s<strong>in</strong>d und über entsprechend<br />

viele verwandte Arten verfügen. Pollen kann zudem durch W<strong>in</strong>d und Insekten über große<br />

Entfernungen verbreitet wer<strong>den</strong>, e<strong>in</strong>e Auskreuzung kann über größere Distanzen erfolgen, als<br />

bisher angenommen. 4<br />

Bei Raps ist die häufigste Eigenschaft, die durch <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> die Pflanze e<strong>in</strong>gebracht wird,<br />

die Resistenz <strong>gegen</strong> e<strong>in</strong> spezifisches Pflanzenschutzmittel (= Herbizid). E<strong>in</strong> solcher<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Raps wird als herbizidresistent bezeichnet. Wird <strong>der</strong> Acker mit dem<br />

Herbizid besprüht, überlebt alle<strong>in</strong> <strong>der</strong> gentechnisch verän<strong>der</strong>te Raps. Viele Studien 5 haben<br />

gezeigt, dass sich die Herbizidresistenz von Raps auf nahe verwandte Ackerkräuter<br />

auskreuzen kann. Aus <strong>der</strong> Kreuzung entstehen „Superunkäuter“, die nur noch mit e<strong>in</strong>er<br />

Mischung verschie<strong>den</strong>er Pflanzenschutzmittel bekämpft wer<strong>den</strong> können. H<strong>in</strong>zu kommt, dass<br />

Raps selber auf an<strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n als Unkraut auftritt. In Kanada, wo gentechnisch verän<strong>der</strong>ter<br />

Raps über 50 Prozent des Rapsanbaus ausmacht, treten Rapspflanzen als Unkräuter auf, die<br />

gleich <strong>gegen</strong> mehrere handelsübliche Pflanzenschutzmittel resistent s<strong>in</strong>d: Durch Kreuzung<br />

haben sich <strong>in</strong> <strong>den</strong> Pflanzen Mehrfachresistenzen ausgebildet, d.h. die Herbizidresistenzen<br />

mehrerer gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Rapssorten, die <strong>gegen</strong> unterschiedliche<br />

Pflanzenschutzmittel resistent s<strong>in</strong>d, vere<strong>in</strong>en sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Pflanze. Solche Rapspflanzen s<strong>in</strong>d<br />

mit <strong>den</strong> entsprechen<strong>den</strong> Herbizi<strong>den</strong> nicht mehr zu bekämpfen.<br />

Die häufigste bei Mais und Baumwolle durch <strong>Gentechnik</strong> bewirkte Eigenschaft ist die<br />

Insektenresistenz, die durch <strong>den</strong> E<strong>in</strong>bau von Teilen e<strong>in</strong>es Bo<strong>den</strong>bakteriums (Bacillus<br />

thur<strong>in</strong>giensis) <strong>in</strong> die Pflanzen erzielt wird. Insektenresistenz bedeutet, dass die gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Pflanzen e<strong>in</strong> Gift produzieren, das Insekten tötet, die an ihnen fressen. Es zeigt<br />

4 http://www.defra.gov.uk/news/latest/2003fseresults.htm<br />

5 Chevré et al. (1999): Gene flow from oilseed rape to weeds. In: Lutman P. J. W.: Gene flow and Agriculture: Relevance of<br />

transgenic Crops. BCPC Symposium Proceed<strong>in</strong>gs 72.<br />

Ingram (2000): Report on the separation distances required to ensure cross-poll<strong>in</strong>ation <strong>in</strong> below specified limits <strong>in</strong> non-seeds<br />

crops of sugar beet, maize and oilseed rape. MAFF Report RG0123.<br />

4


sich allerd<strong>in</strong>gs 6 , dass das Insektengift nicht nur die Schädl<strong>in</strong>ge tötet, die es töten soll, son<strong>der</strong>n<br />

auch an<strong>der</strong>e Insekten, <strong>den</strong>n das Gift <strong>der</strong> Gentech-Pflanze wird über die Nahrungskette<br />

weitergegeben. Das führt dazu, dass räuberische Insekten, die sich von Insekten ernähren, die<br />

von <strong>der</strong> Gentech-Pflanze gefressen haben, ebenfalls sterben können. Untersuchungen haben<br />

außerdem gezeigt 7 , dass das Insektengift von <strong>den</strong> gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Pflanzen über die<br />

Wurzeln <strong>in</strong> <strong>den</strong> Bo<strong>den</strong> abgegeben wird und dort offenbar sehr stabil ist. Dies ist <strong>in</strong>sofern<br />

brisant, als nur e<strong>in</strong> Bruchteil <strong>der</strong> im Bo<strong>den</strong> leben<strong>den</strong> Mikroorganismen bekannt ist und<br />

Erkenntnisse über Wechselwirkungen von dem von <strong>der</strong> Genpflanze abgegebenen Gift und<br />

<strong>den</strong> Bo<strong>den</strong>mikroorganismen sowie bo<strong>den</strong>leben<strong>den</strong> Insekten und Nemato<strong>den</strong> nicht existieren.<br />

E<strong>in</strong>e neue Spielart unerwarteter Nebenfolgen <strong>in</strong>sektenresistenter Pflanzen för<strong>der</strong>te jüngst<br />

e<strong>in</strong>e Studie zu Tage, für die Wissenschaftler Larven <strong>der</strong> Kohlmotte mit von <strong>der</strong> Genpflanze<br />

hergestellten Prote<strong>in</strong>en fütterten 8 . Statt toxische Wirkung zu entfalten und die Larven zu<br />

töten o<strong>der</strong> wenigstens zu schädigen, gediehen diese nach dem Prote<strong>in</strong>verzehr im Labor<br />

prächtig: Die Kohlmotten nutzten das Prote<strong>in</strong> als Nahrungsergänzung und wiesen e<strong>in</strong>e bis zu<br />

56 Prozent höhere Wachstumsrate <strong>gegen</strong>über mit konventionellen Pflanzen gefütterten<br />

Artgenossen auf. Mögliche Folgen für die <strong>Landwirtschaft</strong>: Kohlmotten, die nicht alle<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Resistenz <strong>gegen</strong> diejenigen Genpflanzen ausgebildet haben, <strong>der</strong>en Verzehr sie eigentlich<br />

töten sollte, son<strong>der</strong>n die Genpflanze quasi als Wachstumsför<strong>der</strong>er für sich nutzen, könnten<br />

sich durch <strong>den</strong> großflächigen Anbau <strong>in</strong>sektenresistenter Genpflanzen zu e<strong>in</strong>er wahren Plage<br />

entwickeln.<br />

3. Die Agro-<strong>Gentechnik</strong> ist für e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dustrialisierte <strong>Landwirtschaft</strong><br />

gemacht, die großflächige Monokulturen bewirtschaftet.<br />

Genmanipulation von Pflanzen dient <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als Antwort auf Probleme<br />

landwirtschaftlicher Monokulturen. <strong>Landwirtschaft</strong>liche Monokulturen s<strong>in</strong>d darauf<br />

ausgerichtet, hohe Erträge zu erzielen, während Umweltaspekte ke<strong>in</strong>e Rolle spielen. Die<br />

Erträge können e<strong>in</strong>erseits durch Unkräuter, die mit <strong>der</strong> Nutzpflanze um Nährstoffe<br />

konkurrieren, an<strong>der</strong>erseits durch Insekten, die als Schädl<strong>in</strong>ge an <strong>der</strong> Pflanze fressen,<br />

geschmälert wer<strong>den</strong>.<br />

Um <strong>gegen</strong> Unkräuter vorzugehen, wer<strong>den</strong> Pflanzenschutzmittel e<strong>in</strong>gesetzt, die mehrmals im<br />

Jahr gespritzt wer<strong>den</strong>. Mit Hilfe <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> s<strong>in</strong>d Pflanzen geschaffen wor<strong>den</strong>, die <strong>gegen</strong><br />

e<strong>in</strong> spezifisches Pflanzenschutzmittel resistent s<strong>in</strong>d. Dadurch wird die Bewirtschaftung <strong>der</strong><br />

Monokulturen e<strong>in</strong>facher: Die herbizidresistenten Pflanzen können zu e<strong>in</strong>em beliebigen<br />

Zeitpunkt mit dem jeweiligen Pflanzenschutzmittel besprüht wer<strong>den</strong>. Sie überleben, während<br />

Unkräuter und an<strong>der</strong>e Pflanzen auf dem Acker absterben. Herbizidresistente Pflanzen<br />

machen mit über drei Vierteln <strong>den</strong> größten Teil <strong>der</strong> weltweit angebauten gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>ten Pflanzen aus.<br />

Um <strong>gegen</strong> Schädl<strong>in</strong>ge, die sich <strong>in</strong> Monokulturen beson<strong>der</strong>s stark vermehren, vorzugehen,<br />

s<strong>in</strong>d mit Hilfe <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong>sektenresistente Pflanzen hergestellt wor<strong>den</strong>. Jedoch bil<strong>den</strong><br />

die Schad<strong>in</strong>sekten ihrerseits Resistenzen <strong>gegen</strong> das von <strong>den</strong> Pflanzen produzierte Insektengift<br />

aus. Deshalb s<strong>in</strong>d die Bauern <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA zu e<strong>in</strong>em sogenannten „Resistenzmanagement“<br />

verpflichtet: Sie müssen neben dem Feld mit dem genmanipulierten Mais herkömmlichen<br />

6 Hilbeck et al. (1998): Effects of transgenic Bacillus thur<strong>in</strong>giensis-corn-fed prey on mortality and development time of<br />

immature Chrysoperia carnea (Neuroptera: Chrysopidae). Environmental Entomolgy 27, 480-487.<br />

Birch et al. (1997): Interactions between plant resistance genes, pest aphid populations and beneficial aphid predators. In:<br />

Annual Reports of the Crop Scottish Research Institute 1996/1997, 68-72.<br />

7 Saxena et al. (1999): Transgenic plants: Insecticidal tox<strong>in</strong> <strong>in</strong> root exudates from Bt corn. Nature 402, 480.<br />

8 Veröffentlichung <strong>in</strong> <strong>der</strong> britischen Zeitung „The Indepen<strong>den</strong>t“ vom 30. 3. 2003 unter dem Titel „Insects thrive on GM<br />

‚pest-kill<strong>in</strong>g‘ Crops“ zu e<strong>in</strong>er Studie des Department of Biological Sciences; Imperial College London und <strong>der</strong> Universidad<br />

Simon Rodriguez, Caracas.<br />

5


Mais anbauen, damit sich die Schädl<strong>in</strong>ge dorth<strong>in</strong> zurückziehen können und nun langsamer<br />

e<strong>in</strong>e Resistenz <strong>gegen</strong> das Insektengift ausbil<strong>den</strong>. Doch auch das löst die Probleme nicht, die<br />

bei <strong>der</strong> Bewirtschaftung von Fel<strong>der</strong>n mit <strong>in</strong>sektenresistentem Genmais auftreten: Als Folge<br />

des durch <strong>den</strong> Genmais verursachten Sterbens <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Insektenart treten vermehrt an<strong>der</strong>e<br />

Arten auf und spielen als Schädl<strong>in</strong>ge e<strong>in</strong>e größere Rolle. Zudem halten sich offenbar nicht<br />

alle Landwirte an die Auflagen dieses Resistenzmanagements. Insektenresistenz <strong>in</strong><br />

Genpflanzen stellt die zweithäufigste gentechnische Verän<strong>der</strong>ung dar.<br />

Im Jahr 2002 umfasste <strong>der</strong> kommerzielle Anbau gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Pflanzen weltweit<br />

58 Millionen Hektar. Er konzentriert sich hauptsächlich auf vier Pflanzen, nämlich auf Soja,<br />

Baumwolle, Mais und Raps, und auf vier Län<strong>der</strong>: In <strong>den</strong> USA betrug die Anbaufläche 40<br />

Millionen Hektar (rund zwei Drittel <strong>der</strong> weltweiten Anbaufläche), <strong>in</strong> Argent<strong>in</strong>ien wur<strong>den</strong><br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>te Pflanzen auf 13 Millionen Hektar angebaut (rund e<strong>in</strong> Viertel <strong>der</strong><br />

weltweiten Anbaufläche), gefolgt von Kanada mit 3 und Ch<strong>in</strong>a mit 2 Millionen Hektar.<br />

4. Der kommerzielle Anbau gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Pflanzen <strong>in</strong><br />

Deutschland bedeutet mittelfristig das Aus für e<strong>in</strong>e gentechnikfreie<br />

<strong>Landwirtschaft</strong> und Lebensmittelproduktion.<br />

Bereits heute wer<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU gentechnisch verän<strong>der</strong>te Pflanzen zu experimentellen<br />

Zwecken angebaut, e<strong>in</strong> kommerzieller Anbau h<strong>in</strong><strong>gegen</strong> f<strong>in</strong>det bisher kaum statt. Die<br />

Ausnahme bildet alle<strong>in</strong> Spanien, wo genmanipulierter Mais auf e<strong>in</strong>er Fläche von ca. 25 000<br />

Hektar wächst. Das könnte sich jedoch bald än<strong>der</strong>n – e<strong>in</strong>zelne EU-Län<strong>der</strong> haben mehrfach<br />

erklärt, dass sie das seit Oktober 1998 faktisch bestehende Moratorium für die Zulassung und<br />

Vermarktung gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Organismen nicht mehr mittragen wollen, wenn die<br />

neuen EU-Verordnungen zur <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> Kraft treten, die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Punkten e<strong>in</strong>e<br />

deutliche Verbesserung <strong>gegen</strong>über <strong>der</strong> jetzigen Rechtslage bewirken. Zudem drängt die<br />

Industrie gerade auch <strong>in</strong> Deutschland massiv auf <strong>den</strong> Anbau und umwirbt die Landwirte, auf<br />

ihren Äckern endlich transgenes Saatgut auszusäen.<br />

Sollte es zu e<strong>in</strong>em kommerziellen Anbau von Genpflanzen kommen, droht über e<strong>in</strong>e<br />

langsame flächendeckende gentechnische Kontam<strong>in</strong>ation von konventioneller und<br />

ökologischer <strong>Landwirtschaft</strong> mittelfristig das Aus für die <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU zur Zeit noch weitgehend<br />

gentechnikfreie <strong>Landwirtschaft</strong> und Lebensmittelproduktion. Denn: Wie sage ich <strong>den</strong><br />

Bienen, dass sie <strong>den</strong> Pollen doch bitte <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Fel<strong>der</strong> mit gentechnisch verän<strong>der</strong>ten<br />

Pflanzen lassen möchten, wie verh<strong>in</strong><strong>der</strong>e ich, dass <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d <strong>den</strong> Pollen <strong>der</strong> Genpflanzen über<br />

weite Strecken verbreitet<br />

Beson<strong>der</strong>s betroffen wäre die Ökolandwirtschaft: Ke<strong>in</strong>e <strong>Gentechnik</strong> – das ist e<strong>in</strong> Grundsatz,<br />

zu dem sie sowohl Selbstverständnis als auch Gesetz verpflichten. Doch auch die<br />

konventionellen Bauern, die weiterh<strong>in</strong> gentechnikfrei produzieren wollen, hätten das<br />

Nachsehen. Zum e<strong>in</strong>en wür<strong>den</strong> diejenigen Landwirte, die ihren Kun<strong>den</strong> 9 <strong>gegen</strong>über<br />

vertraglich zur Lieferung gentechnikfreier Ware verpflichtet s<strong>in</strong>d, ihre Wirtschaftsgrundlage<br />

verlieren, zum an<strong>der</strong>en bedeutet e<strong>in</strong>e gentechnische Kontam<strong>in</strong>ation von Saatgut, Erntegut<br />

und Futtermitteln für alle Bauern gleichermaßen das Ende <strong>der</strong> Wahlfreiheit, sich für o<strong>der</strong><br />

<strong>gegen</strong> die Anwendung e<strong>in</strong>er Technologie entschei<strong>den</strong> zu können. Jüngsten Umfragen zufolge<br />

lehnen <strong>in</strong> Deutschland 70 Prozent aller Bauern <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>der</strong> <strong>Gentechnik</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Landwirtschaft</strong> ab.<br />

9 So hat z.B. Raiffeisen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Gegen<strong>den</strong> Deutschlands <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en Verträgen e<strong>in</strong>e Klausel festgeschrieben, die die Bauern<br />

zur Lieferung von gentechnikfreiem Mais verpflichtet.<br />

6


<strong>Was</strong> sich als mögliches zukünftiges Szenario für Deutschland und die EU abzeichnet, ist <strong>in</strong><br />

<strong>den</strong> drei Hauptanbaulän<strong>der</strong>n von gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Pflanzen schon jetzt Realität. Die<br />

USA, Argent<strong>in</strong>ien und Kanada können bereits heute nicht mehr gewährleisten, dass ihr<br />

Saatgut und ihre Ernten ke<strong>in</strong>e <strong>Gentechnik</strong> enthalten – zu weit fortgeschritten ist bei ihnen <strong>der</strong><br />

Anbau gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Pflanzen, die gentechnische Kontam<strong>in</strong>ation ist<br />

all<strong>gegen</strong>wärtig. Das führt beim Sojaanbau <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA zu e<strong>in</strong>er geradezu grotesken Situation.<br />

Die astronomisch hohe Anbauquote von <strong>in</strong>zwischen fast 80 Prozent transgenem Soja<br />

resultiert nicht etwa daraus, dass die Bauern e<strong>in</strong>em qualitativ überlegenem Produkt <strong>den</strong><br />

Vorzug geben, son<strong>der</strong>n aus e<strong>in</strong>em simplen ökonomischen und alltagspraktischen Kalkül:<br />

Immer wie<strong>der</strong> wur<strong>den</strong> konventionell wirtschaftende Soja-Bauern, auf <strong>der</strong>en Fel<strong>der</strong>n<br />

ungewollt auch gentechnisch verän<strong>der</strong>te Pflanzen wuchsen, vom Hersteller des Gensojas,<br />

dem US-amerikanischen Konzern Monsanto, wegen Verletzung des Patentschutzes verklagt<br />

und von <strong>den</strong> Gerichten zur nachträglichen Zahlung von Lizenzgebühren verurteilt. Die Folge:<br />

Statt zweimal Geld für Saatgut auszugeben – für das aus freier Entscheidung gekaufte<br />

konventionelle und das mit dem konventionellen aufgrund von Kontam<strong>in</strong>ation unfreiwillig<br />

erworbene gentechnisch verän<strong>der</strong>te – greifen die Bauern lieber gleich zum transgenen<br />

Saatgut, zahlen nur e<strong>in</strong>mal und ersparen sich <strong>den</strong> Ärger e<strong>in</strong>es aufwändigen<br />

Gerichtsverfahrens, <strong>in</strong> dem sie nach <strong>der</strong>zeitiger Rechtslage ohneh<strong>in</strong> unterliegen.<br />

Angesichts des möglicherweise schon ab 2004 beg<strong>in</strong>nen<strong>den</strong> kommerziellen Anbaus<br />

gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Pflanzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> EU steht momentan e<strong>in</strong> Begriff im Mittelpunkt <strong>der</strong><br />

politischen Debatte: <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Koexistenz von <strong>Landwirtschaft</strong> mit und ohne <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Gentechnik</strong>. Derzeit wer<strong>den</strong> sowohl <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> als auch <strong>in</strong> Brüssel die wesentlichen Fragen<br />

debattiert:<br />

Wie sieht e<strong>in</strong>e Koexistenz aus, die garantiert, dass es weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e gentechnikfreie<br />

<strong>Landwirtschaft</strong> gibt und nicht nur e<strong>in</strong>e <strong>Landwirtschaft</strong>, die mehr o<strong>der</strong> weniger stark<br />

gentechnisch kontam<strong>in</strong>iert ist<br />

Welche Abstände zwischen Fel<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d dafür erfor<strong>der</strong>lich<br />

Wie erfolgt die Absprache zwischen <strong>den</strong> Landwirten Wer trifft die Entscheidungen<br />

über <strong>den</strong> Anbau<br />

Wie lässt sich die Warenkette von Handel über Transport und Lagerung bis zur<br />

Verarbeitung vor gentechnischer Kontam<strong>in</strong>ation schützen<br />

Wer trägt die Kosten, die für regelmäßige Kontrollen und für streng getrennte<br />

Warenströme und Produktionsl<strong>in</strong>ien anfallen<br />

Wer haftet im Falle e<strong>in</strong>er ungewollten Kontam<strong>in</strong>ation<br />

Die Antwort für die deutsche <strong>Landwirtschaft</strong> soll die Novelle des <strong>Gentechnik</strong>gesetzes liefern.<br />

Dar<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition <strong>der</strong> „Guten Fachlichen Praxis des GVO-Anbaus“ vorgesehen, die<br />

die Pflichten <strong>der</strong>jenigen regelt, die GVO anbauen. Ebenso wer<strong>den</strong> klare<br />

Haftungsbestimmungen angestrebt, so dass für diejenigen Landwirte, die durch <strong>den</strong> GVO-<br />

Anbau ihrer Nachbarn e<strong>in</strong>en Kontam<strong>in</strong>ationsscha<strong>den</strong> erlei<strong>den</strong>, Rechtssicherheit herrscht.<br />

Inwieweit das <strong>Gentechnik</strong>gesetz zur Sicherung e<strong>in</strong>er gentechnikfreien <strong>Landwirtschaft</strong> und<br />

Lebensmittelproduktion beiträgt, hängt wesentlich von <strong>der</strong> Unterstützung durch die SPD ab.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e für sie gilt: E<strong>in</strong>e Bundesregierung, die für die Agrarwende und die För<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> Öko-<strong>Landwirtschaft</strong> e<strong>in</strong>tritt, sollte alles daran setzen, konventionelle und biologische<br />

Produkte vor gentechnischer Kontam<strong>in</strong>ation zu schützen.<br />

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5. Versprechen <strong>der</strong> Agro-<strong>Gentechnik</strong>, die Erträge zu steigern, <strong>den</strong><br />

<strong>E<strong>in</strong>satz</strong> von Pestizi<strong>den</strong> zu verr<strong>in</strong>gern, die Umwelt zu entlasten und die<br />

Welternährung zu sichern, haben sich als nicht haltbar erwiesen.<br />

Die Hersteller von gentechnisch verän<strong>der</strong>tem Saatgut s<strong>in</strong>d mit Versprechen angetreten, die<br />

sie nicht gehalten haben.<br />

Steigerung <strong>der</strong> Erträge: Nach <strong>der</strong>zeitiger Datenlage 10 s<strong>in</strong>d die Erträge von gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>tem Soja im Vergleich zu herkömmlichem Soja ger<strong>in</strong>ger, während bei gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>tem Mais die Erträge gleich hoch wie bei normalem Mais ausfallen.<br />

Verr<strong>in</strong>gerung des Pestizide<strong>in</strong>satzes (Pestizid = Oberbegriff für Pflanzenschutz- und<br />

Insektenbekämpfungsmittel): Die Datenlage zum Pestizidverbrauch beim Anbau von<br />

Genpflanzen erlaubt ke<strong>in</strong>e endgültigen Schlüsse 11 . Da aber Unkräuter und Insekten<br />

Resistenzen ausbil<strong>den</strong>, kommt es häufig zu e<strong>in</strong>er Zunahme des Pestizidverbrauchs: Wie<br />

Beobachtungen aus dem großflächigen Anbau von Gensoja und Genbaumwolle <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA<br />

zeigen, entwickeln sich bei herbizidresistenten Pflanzen durch <strong>den</strong> ausschließlichen <strong>E<strong>in</strong>satz</strong><br />

e<strong>in</strong>es Wirkstoffes allmählich resistente Ackerkräuter, d.h. es müssen von Saison zu Saison<br />

mehr Pflanzenschutzmittel ausgebracht wer<strong>den</strong>, um sie zu beseitigen 12 .<br />

Untersuchungen an <strong>in</strong>sektenresistenten Pflanzen belegen 13 , dass sich die Schädl<strong>in</strong>ge langsam<br />

an das Gift <strong>der</strong> Genpflanzen anpassen und ihrerseits Resistenzen entwickeln. Die Folge: e<strong>in</strong>e<br />

Steigerung des Verbrauchs an Insektenbekämpfungsmitteln <strong>in</strong> Genmaisfel<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>den</strong> USA.<br />

Umweltfreundlichere Produktion: Beim Herbizidresistenz-System soll <strong>in</strong>folge <strong>der</strong><br />

Herbizidapplikation nach Bedarf (d.h. ke<strong>in</strong> Spritzen im Vorauflauf) die Ackerbegleitflora<br />

weniger geschädigt wer<strong>den</strong> als beim bisherigen Herbizide<strong>in</strong>satz. Im Herbst 2003<br />

veröffentlichte Ergebnisse umfangreicher Studien <strong>in</strong> England haben jedoch gezeigt: Im<br />

Vergleich zum konventionellen System waren beim Anbau herbizidresistenter Raps- und<br />

Zuckerrüben-Pflanzen Anzahl und Vielfalt <strong>der</strong> Wildkräuter auf und neben dem Acker<br />

erheblich verr<strong>in</strong>gert. Bis zu 40 Prozent weniger Blütenpflanzen wuchsen an <strong>den</strong><br />

Ackerrän<strong>der</strong>n. Das führte zu negativen Auswirkungen auf die Insektenwelt und <strong>in</strong> <strong>der</strong> Folge<br />

auch zu Gefährdungen von Vögeln und Wirbeltieren. Herbizidresistente Pflanzen entlasten<br />

die Umwelt demnach nicht, son<strong>der</strong>n bee<strong>in</strong>trächtigen die Artenvielfalt. 14<br />

Bekämpfung des Hungers <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dritten Welt: Alle gentechnisch verän<strong>der</strong>ten Pflanzen,<br />

die sich bisher auf dem Markt bef<strong>in</strong><strong>den</strong>, s<strong>in</strong>d auf die Monokulturen <strong>der</strong> <strong>Landwirtschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong><br />

reichen Län<strong>der</strong>n des Nor<strong>den</strong>s zugeschnitten, nicht auf die regionalen Bedürfnisse <strong>der</strong> armen<br />

Län<strong>der</strong> des Sü<strong>den</strong>s.<br />

Die Firmen, die gentechnisch verän<strong>der</strong>tes Saatgut anbieten, wollen damit Gew<strong>in</strong>ne<br />

erwirtschaften und haben deshalb als Abnehmer die kaufkräftigen Landwirte <strong>der</strong><br />

Industrielän<strong>der</strong>, nicht aber die armen Kle<strong>in</strong>bauern des Sü<strong>den</strong>s im Blick.<br />

Grundsätzlich gilt: Hunger ist e<strong>in</strong> gesellschaftliches und politisches Problem und kann<br />

deshalb nicht durch <strong>den</strong> <strong>E<strong>in</strong>satz</strong> von Technik gelöst wer<strong>den</strong>. Zur Sicherung <strong>der</strong><br />

10 USDA (1999): Report erhältlich unter www.econ.ag.gov/new-at-ers.<br />

11 Benbrook (2001): Do GM crops mean less pesticide use Pesticide Outlook, Oktober 2001, 204-207.<br />

12 Reporte unter: http://www.bt<strong>in</strong>ternet.com/~nlpwessex/Documents/Monsantosuperweeds.htm;<br />

http://www.organicconsumers.org/Monsanto/Roundupsuperweeds.cfm.<br />

13 Mellon und Rissler (1998): Now or Never – Serious New Plants to Save A Natural Pest Control. Union of Concerned<br />

Scientists (UCS).<br />

14 www.pubs.royalsoc.ac.uk/FSEresults.<br />

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Nahrungsmittelversorgung <strong>der</strong> armen Staaten des Sü<strong>den</strong>s s<strong>in</strong>d vor allem folgende<br />

Maßnahmen erfor<strong>der</strong>lich: Bekämpfung <strong>der</strong> Armut, Beendigung von kriegerischen<br />

Ause<strong>in</strong>a<strong>der</strong>setzungen, Zugang zu Bo<strong>den</strong>, zu Saatgut lokal angepasster Pflanzensorten und zu<br />

<strong>Was</strong>ser sowie <strong>der</strong> Erhalt <strong>der</strong> Bo<strong>den</strong>fruchtbarkeit.<br />

6. Grüne <strong>Gentechnik</strong> nutzt nur e<strong>in</strong>er Handvoll mult<strong>in</strong>ationaler Firmen.<br />

Das Geschäft mit <strong>der</strong> Grünen <strong>Gentechnik</strong> bef<strong>in</strong>det sich fest <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand weniger<br />

mult<strong>in</strong>ationaler Konzerne. Das US-amerikanische Unternehmen Monsanto dom<strong>in</strong>iert<br />

<strong>in</strong>zwischen 90 Prozent des Marktes für genverän<strong>der</strong>tes Saatgut. Und kassiert gleich doppelt:<br />

Die meisten Pflanzen von Monsanto s<strong>in</strong>d per Genmanipulation resistent <strong>gegen</strong> das<br />

firmeneigene Herbizid „Round-up Ready“. Das heißt: Wer Saatgut von Monsanto benutzt,<br />

muss auch dieses Pflanzenschutzmittel e<strong>in</strong>setzen. Herbizidresistentes Saatgut wird zusammen<br />

mit dem entsprechen<strong>den</strong> Herbizid verkauft, <strong>der</strong> Absatz <strong>der</strong> Agrochemikalien ist gesichert.<br />

Die verbleiben<strong>den</strong> Marktanteile halten Bayer, BASF, Syngenta, Dow und DuPont Pioneer.<br />

<strong>Was</strong> macht Grüne <strong>Gentechnik</strong> so attraktiv für diese Konzerne Insbeson<strong>der</strong>e geht es <strong>den</strong><br />

Unternehmen um das Patentrecht. Das Patentrecht begünstigt die Hersteller von gentechnisch<br />

verän<strong>der</strong>tem Saatgut und benachteiligt die konventionellen Pflanzenzüchter. Letztere<br />

schützen und vermarkten über das Sortenschutzgesetz immer nur e<strong>in</strong>zelne Sorten. Gentech-<br />

Unternehmen da<strong>gegen</strong> können über das Patentrecht gleich mehrere Pflanzen auf e<strong>in</strong>mal für<br />

sich schützen, nämlich all jene, <strong>in</strong> die e<strong>in</strong> bestimmtes Gen e<strong>in</strong>gebracht ist. So umfasst e<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>ziges Patent von Monsanto 18 verschie<strong>den</strong>e Nutzpflanzen.<br />

Gleichwohl: Mit Grüner <strong>Gentechnik</strong> lässt sich <strong>der</strong>zeit ke<strong>in</strong> Geld verdienen. Im Jahr 2002<br />

wurde lediglich 7 Prozent des Weltmarktumsatzes für Saatgut und Pflanzenschutzmittel mit<br />

transgenen Sorten erzielt, das s<strong>in</strong>d 3 Milliar<strong>den</strong> US-Dollar. Alle Unternehmen <strong>der</strong> Branche<br />

schreiben rote Zahlen.<br />

Schuld daran s<strong>in</strong>d angeblich die EuropäerInnen mit ihrer beharrlichen Weigerung, Gen-Food<br />

zu essen. So sieht es zum<strong>in</strong>dest die US-Regierung, die mit e<strong>in</strong>er Mitte Mai 2003 lancierten<br />

Klage vor <strong>der</strong> Welthandelsorganisation (WTO) erzw<strong>in</strong>gen will, dass die Produkte <strong>der</strong><br />

amerikanischen Gen-Industrie ungeh<strong>in</strong><strong>der</strong>t auf <strong>den</strong> europäischen Markt gelangen können.<br />

Der Vorstoß <strong>der</strong> US-Regierung zielt darauf, das seit Oktober 1998 bestehende Moratorium<br />

für die Neuzulassung gentechnisch verän<strong>der</strong>ter Organismen zu been<strong>den</strong> und die Gesetze zur<br />

besseren Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit zu verh<strong>in</strong><strong>der</strong>n, die ab 18. April 2004 <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

EU <strong>in</strong> Kraft treten.<br />

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