76 World of Mountain Biking Das 2011er ... - Specialized
76 World of Mountain Biking Das 2011er ... - Specialized
76 World of Mountain Biking Das 2011er ... - Specialized
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<strong>Das</strong> <strong>2011er</strong>-<br />
stumpjumper<br />
Fsr pro Carbon<br />
5.299 ¤<br />
Der Newcomer ist mit<br />
modernster Technik<br />
ausgestattet – wird er<br />
gewinnen?<br />
1995er-<br />
s-Works Fsr<br />
ca. 4.700 ¤<br />
<strong>Das</strong> S-Works ist ein<br />
Stück Retro-Himmel,<br />
aber wie schneidet<br />
es im Vergleich zum<br />
heutigen FSR ab?<br />
<strong>76</strong> <strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong>
Vorne und hinten 140 Millimeter<br />
Fe derweg, hydraulische Scheiben<br />
bremsen, 2 x 10-Antrieb,<br />
Carbon-Rahmen und ein Gewicht<br />
von knapp über 12 Kilogramm: <strong>Das</strong><br />
<strong>2011er</strong>-<strong>Specialized</strong> Stumpjumper FSR<br />
Pro Carbon ist ein schönes Beispiel<br />
für ein Trail-Bike auf dem neuesten<br />
Stand der Technik. Es gibt wenige<br />
Situationen auf dem Trail, in denen das<br />
Stumpy sich nicht wohlfühlt. Sein relativ<br />
geringes Gewicht macht es zu einem<br />
anständigen Kletterer, und mit seiner<br />
„mitdenkenden“ Federung, dem steifen<br />
Fahrwerk, der entspannten Geometrie<br />
specialized vs. specialized<br />
ZurÜCk<br />
In DIe<br />
ZukunFt<br />
Kann das 1995er-<strong>Specialized</strong> S-Works FSR mit dem<br />
heutigen Stumpjumper FSR mithalten ?<br />
und den fetten Bremsen nimmt es –<br />
außer den gröbsten Abfahrten – alles<br />
sicher in Angriff.<br />
Im Stumpjumper FSR steckt jede Menge<br />
Technik. Die <strong>Specialized</strong>-S140-Gabel<br />
hat ein konisches Gabelschaftrohr, das<br />
sowohl steif als auch leicht ist, plus<br />
eine Absenkfunktion, um das Cockpit<br />
bei steileren Anstiegen zu senken. Der<br />
„Brain“-Dämpfer mit Trägheitsventil<br />
entscheidet selbst, wann die Federung<br />
blockieren soll und wann sie aktiv sein<br />
muss – eine Eigenschaft, mit der nicht<br />
jeder zurechtkommt. Man kann sie aber<br />
so einstellen, dass sie jedem Anspruch<br />
text mike Davis Fotos seb rogers<br />
gerecht werden sollte. Der Carbon-<br />
Rahmen hat glatte und fließende<br />
Übergänge, ist steif, robust und<br />
gleichzeitig ultraleicht. Die Alu-Teile<br />
sind geschmiedet oder hydrogeformt<br />
und haben organische Linien und eine<br />
sorgfältige Formgebung.<br />
StolzeS erbe<br />
Diese ganze Technologie hat sich<br />
natürlich nicht über Nacht entwickelt.<br />
<strong>Das</strong> aktuelle Stumpjumper FSR kann<br />
auf 17 Jahre Entwicklungsgeschichte<br />
zurückblicken und stammt in direkter<br />
Linie vom 1994er-Modell ab, welches<br />
<strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong> 77
DamaLs<br />
Was passierte 1995 sonst noch so ?<br />
78 <strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong><br />
Oben: <strong>Das</strong> neue<br />
<strong>Specialized</strong> FSR,<br />
Reifen an Reifen mit<br />
seinem Gegenstück<br />
aus der alten Schule<br />
<strong>Das</strong> aktuelle<br />
Pro Carbon hat<br />
wesentlich mehr<br />
Federweg als das<br />
1995er-S-Works.<br />
Was Fahrräder angeht, so gab es 1995 noch keine V-Bremsen,<br />
und an Scheibenbremsen dachte noch kaum jemand. Ein 2,1-Zoll-<br />
Reifen galt als fett, und die Leute diskutierten über die Vorzüge<br />
von Achtfach-Kassetten. Federgabeln gab es schon länger, aber da<br />
waren noch Elastomere drin, und 80 Millimeter Federweg war das<br />
Höchste der Gefühle.<br />
Wer damals nicht auf dem Bike gesessen hat, sei mit einigen<br />
Fakten aus der wirklichen Welt an das Jahr 1995 erinnert: Helmut<br />
Kohl war immer noch Bundeskanzler, der neueste Schrei in der<br />
Unterhaltungselektronik war die DVD, obwohl man in Europa erst<br />
1998 einen Player kaufen konnte. Micros<strong>of</strong>t brachte mit großem<br />
Getöse sein erstes Windows-95-Betriebssystem auf den Markt<br />
und das <strong>World</strong> Wide Web steckte noch in den Kinderschuhen,<br />
– die ersten Internet-Werbebanner tauchten 1994 auf, die<br />
Gesamtzahl der Websites betrug ein paar Tausend – verglichen<br />
mit mehr als 200 Millionen heute. Nicht sehr viele Sites aus dem<br />
Jahr 1995 haben bis heute überlebt, aber eBay hat die Zeiten<br />
überdauert. Und obwohl James Camerons „Terminator 2 – Tag der<br />
Abrechnung“ 1991 in die Kinos kam, spielte der Science Fiction-<br />
Film im Jahr 1995 ...<br />
das erste Bike mit diesem Namen<br />
auf dem Markt war. Aber wie sah das<br />
Original aus? Wie schneidet die damals<br />
hochmoderne Technik im Vergleich mit<br />
der heutigen ab? Dank der wachsenden<br />
Zahl von Enthusiasten, die alte <strong>Mountain</strong>bikes<br />
sammeln, restaurieren oder<br />
wieder aufbauen, können wir uns ein<br />
Bild von der Evolution von Bikes wie<br />
dem FSR machen.<br />
Tim Burden ist ein solcher Retro-Fan<br />
und Sammler – und stolzer Besitzer<br />
eines makellosen 1995er-S-Works<br />
FSR. Dieses Rad war 1995 das Top-<br />
Produkt, und der Rahmen ist gegenüber<br />
dem Debüt-Modell unverändert.<br />
Die S-Works-Version gab es nur als<br />
Rahmen, wobei der Hauptrahmen aus<br />
„Prestige“-Rohren mit Alu-Hinterbau –<br />
alles gerade Linien ohne geschwungene<br />
Formen – mit einer <strong>Specialized</strong>/<br />
RockShox-Judy-FSX-Gabel gepaart<br />
wurde. <strong>Specialized</strong> bot einen „Hot<br />
Rod“-Anbausatz mit einer Reihe von<br />
hochwertigen Teilen an. Diesen hat Tim<br />
mit seinem Aufbau mehr oder weniger<br />
nachgeahmt.<br />
An Tims Bike wurde die Hardware<br />
verbaut, die Mitte der 90er-Jahre das<br />
Nonplusultra war: Tracker-Naben<br />
von White Industries, Avid-Tri-Align-<br />
Bremsen mit Ultimate-Hebeln,<br />
Shimanos XTR der ersten Generation,<br />
Gripshift-X-Rays, ein Flite-Sattel,<br />
<strong>Specialized</strong>-X21-Felgen und -Reifen,<br />
Carbon-Gabel, Titan-Speichen und so<br />
weiter. <strong>Das</strong> war das Zeug, das 1995 in<br />
gut sortierten Fahrradläden in verschlossen<br />
Glasvitrinen stand.<br />
Es wird viel über die ständig steigenden<br />
Preise von Bikes geredet, aber sündhaft<br />
teure Bikes sind durchaus keine neue<br />
Erfindung. Um ein Rad wie das FSR von<br />
Tim zusammenzubauen, musste man<br />
1995 umgerechnet rund 4.700 Euro<br />
ausgeben. Unter Berücksichtigung der<br />
Inflation wären das heute rund 7.000<br />
Euro, was teurer ist als das S-Works FSR<br />
als gegenwärtig bestes Pferd im Stall.<br />
Clever einkaufen<br />
<strong>Das</strong> war natürlich damals. Heute<br />
kann man, obwohl die Retro-Sachen<br />
durchaus begehrt sind, Schnäppchen<br />
machen und sich ein Bike wie<br />
das von Tim für rund 1.000 Euro<br />
zusammenkaufen. Tim hat den Rahmen<br />
für 190 Euro geschossen – man darf<br />
nicht vergessen, dass man seinerzeit<br />
zwei Tausender dafür hinblättern<br />
musste. Selbst für Raritäten wie die<br />
Judy-FSX-Gabel aus Carbon zahlt man<br />
höchstens eine dreistellige Summe.<br />
Neben dem Rahmen und der Gabel<br />
waren die teuersten Teile an Tims Bike<br />
der Satz Titan-Speichen.<br />
Ja, es ist alles altes Zeug, aber es gibt<br />
immer noch jede Menge kaum gebrauchtes<br />
oder neues Material aus alten<br />
Lagerbeständen, das noch viel Leben<br />
in sich hat. In den letzten zwei Jahren<br />
sind die Preise für neue Bikes kräftig<br />
gestiegen. Ein modernes Fully für<br />
1.200 Euro hat zwar mehr Federweg,<br />
mehr Gänge und Scheibenbremsen, ist<br />
aber wesentlich schwerer als das FSR<br />
mit seinen 11,9 Kilogramm. Etwas<br />
überraschend – und zu Tims Freude –<br />
brachte das <strong>2011er</strong>-FSR Pro ein halbes<br />
Pfund mehr auf die Waage als sein<br />
Vorfahr.<br />
Von dem einen Bike abzusteigen und<br />
sich auf das andere draufzusetzen, ist<br />
ein leicht verwirrendes Erlebnis. Im<br />
Ruhezustand ist das <strong>2011er</strong>-Pro im<br />
Tretlagerbereich etwas höher, aber<br />
mit dem doppelten Federweg kommt<br />
die doppelte Nachgiebigkeit. Sobald
Der tester sagt<br />
Nach fast allen objektiven<br />
Maßstäben schlägt das<br />
<strong>2011er</strong>-FSR Pro das 1995er-<br />
Modell. Bei fast dem gleichen<br />
Gewicht hat es doppelt so viel<br />
Federweg, ohne an Effizienz einzubüßen. Es<br />
ist wesentlich steifer, hat viel bessere Bremsen<br />
und ein benutzerfreundlicheres Fahrverhalten.<br />
Aber das S-Works hat eine gewinnende und<br />
elegante Einfachheit, und es leistet immer<br />
noch sehr gute Dienste – man stößt nur früher<br />
an die Grenze, wo es ein bisschen haarig<br />
wird. Mike<br />
„auf das pro Carbon mit<br />
140 mm Federweg ist<br />
auch auf schwierigstem<br />
terrain Verlass.“<br />
man im Sattel sitzt, sind die Bikes<br />
hinten ungefähr auf gleicher Höhe.<br />
Vorne verhält sich die Sache anders:<br />
Durch den zusätzlichen Federweg<br />
der Gabel und die Höhe des Lenkers<br />
beziehungsweise des Vorbaus sitzt<br />
der Lenker an dem modernen Bike gut<br />
zwölf Zentimeter höher. Damit ist er<br />
beim Fahren ungefähr gleich hoch wie<br />
der Sattel – statt deutlich tiefer. Und das<br />
trotz des gekröpften Lenkers an dem<br />
90er-Jahre-Bike – was seinerzeit für<br />
den Alltagsfahrer eine ziemlich gewagte<br />
Ausstattung war. <strong>Das</strong> S-Works FSR<br />
gab es als Rahmen-Gabel-Kit, an den<br />
man anbauen konnte, was man wollte.<br />
Der Stumpjumper FSR von der Stange<br />
hatte einen flachen Lenker, der für eine<br />
aggressive Sitzposition sorgte.<br />
Selbst mit dem (für 1995) hochmodernen<br />
Lenker ist das S-Works lang und<br />
Rechts: Carbon -<br />
R ahmen und Kurbeln<br />
mit Pressfit-Lagern –<br />
typisch 2011<br />
Die Kettenstrebe mit<br />
Horst-Link ist unverkennbar.<br />
auF eInen bLICk<br />
2011 stumpjumper Fsr<br />
pro Carbon<br />
preIs 5.299 ¤<br />
oberrohrLänge 617 mm<br />
sItZrohrLänge 483 mm<br />
LenkWInkeL 68,5 °<br />
sItZWInkeL 74,5 °<br />
tretLagerhöhe 335 mm<br />
kettenstrebenLänge<br />
420 mm<br />
raDstanD 1.147 mm<br />
grössen S, M, L (getestet),<br />
XL<br />
geWICht 12,1 kg<br />
rahmen FACT Carbon, M5<br />
Aluminium<br />
gabeL <strong>Specialized</strong> Future<br />
Shock S140TA, 140 mm<br />
Federweg<br />
DämpFer <strong>Specialized</strong>, Fox<br />
Brain<br />
LauFräDer Roval Control<br />
Trail EL<br />
reIFen S-Works Purgatory<br />
2,2 Zoll (vorn), <strong>Specialized</strong> The<br />
Caption 2,0 Zoll (hinten)<br />
kurbeLn<br />
Sram X0 Carbon 26/39<br />
sChaLtung Sram X0<br />
Schalthebel, Umwerfer,<br />
Schaltwerk, Shimano M771<br />
11-36 Kassette<br />
bremsen Sram X0 R SL<br />
sonstIge teILe BG Henge<br />
Sattel, Thomson-Sattelstütze,<br />
<strong>Specialized</strong>-Lenker und -Vorbau<br />
kontakt<br />
www.specialized.com<br />
„Mit neuester Technologie<br />
ausgerüstet, scheut das FSR Pro<br />
vor fast keiner Herausforderung<br />
zurück.“<br />
<strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong> 79
tief. Die Cockpit-Längen der beiden<br />
Bikes sind in der Tat sehr ähnlich, aber<br />
sie kommen auf ganz anderen Wegen<br />
dorthin: <strong>Das</strong> Oberrohr des FSR Pro ist<br />
mehr als fünf Zentimeter länger als<br />
das des S-Works, aber das ältere Bike<br />
hat einen typischen Mitte-90er-Jahre-<br />
Vorbau mit großzügiger Länge. Der<br />
Titan-Vorbau des S-Works ist zweimal<br />
so lang wie der des <strong>2011er</strong>-Bikes. <strong>Das</strong><br />
S-Works stammt aus einer Zeit, wo<br />
Helme mit Visier noch nicht in Mode<br />
waren – mit Visier muss man den<br />
Hals ziemlich recken, um zu sehen,<br />
wo man hinfährt. <strong>Das</strong> relativ kurze<br />
Oberrohr, der lange Vorbau und der<br />
niedrige Lenker sorgen für eine gute<br />
Belastung des Vorderrads, was heißt,<br />
dass Spurhaltung und eine gleichmäßige<br />
Gewichtsverteilung beim Klettern selten<br />
ein Problem sind.<br />
80 <strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong><br />
„tims bike ist eine<br />
Wunschliste der<br />
mitte der 90er-jahre<br />
verfügbaren hardware.“<br />
Wenn man es gewohnt ist, ein moder -<br />
nes Trail-Bike zu fahren, ist das Kur -<br />
venverhalten – nun ja – ziemlich gewöhnungsbedürftig.<br />
<strong>Das</strong> <strong>2011er</strong>-Pro<br />
hat eine entspannte Geometrie und<br />
eine relativ aufrechte Fahrposition.<br />
Es pr<strong>of</strong>itiert davon, dass der Fahrer in<br />
den Kurven bewusst das Gewicht nach<br />
vorne verlagert, während die steilen<br />
Winkel des 95er-FSR und sein niedri-<br />
ges Cockpit diese Arbeit schon weitgehend<br />
übernommen haben. Der<br />
lange Vorbau sorgt dafür, dass der<br />
Lenker sich in einem ungewohnten<br />
Bogen bewegt, sodass die Einfahrt in<br />
die ersten Kurven eine abenteuerliche<br />
Übung ist – man weiß nicht genau, was<br />
als Nächstes passieren wird. Anfangs<br />
tendiert man zum Übersteuern, bis<br />
man das Gefühl hat, gut durch die Kur-<br />
ve zu kommen.<br />
auF eInen bLICk<br />
1995 s-Works Fsr<br />
preIs rund 4.700 ¤ wie<br />
getestet<br />
oberrohrLänge 564 mm<br />
sItZrohrLänge 483 mm<br />
LenkWInkeL 71 °<br />
sItZWInkeL 73 °<br />
tretLagerhöhe 312 mm<br />
kettenstrebenLänge<br />
429 mm<br />
raDstanD 1.067 mm<br />
grössen 16, 5, 18, 19<br />
(getestet), 20, 21,5 Zoll<br />
geWICht 11,9 kg<br />
rahmen „Tange Prestige“-<br />
Rahmen, Alu-Hinterbau,<br />
75 mm Federweg<br />
gabeL <strong>Specialized</strong>/RockShox<br />
Judy FSX, 63 mm Federweg<br />
DämpFer Fox ALPS4<br />
LauFräDer White Industries-<br />
Naben, <strong>Specialized</strong> X21-Felgen<br />
reIFen S-Works Team Master,<br />
Team Control<br />
kurbeLn<br />
Shimano XTR<br />
sChaLtung Sram Gripshift<br />
X-Ray Schalthebel, Shimano<br />
XTR vorn, Dura-Ace-Schaltwerk<br />
bremsen Avid Ultimate-<br />
Hebel, Tri-Align-Cantileverbremsen<br />
sonstIge teILe S-Works<br />
Ti-Vorbau, X-Lite XC-Lenker,<br />
Flite-Sattel, USE Ti-Sattelstütze<br />
kontakt<br />
www.specialized.com<br />
Die Judy-FSX-Gabel mit ihren<br />
Carbon-Tauchrohren gab es<br />
nur von <strong>Specialized</strong>.<br />
Keine fetten Reifen – das<br />
S-Works ist schlank und<br />
elegant.<br />
Der Fox-ALPS-Dämpfer<br />
bietet hinten 75 Millimeter<br />
Federweg.<br />
„Aggressive Fahrposition, aber<br />
von eleganter Einfachheit,<br />
beeindruckend leicht und immer<br />
noch toll zu fahren“<br />
fahrkönnen<br />
Wenn man den Dreh einmal raus hat,<br />
hat das Bike tatsächlich auf schmalen<br />
und kurvenreichen Trails die Nase vorn,<br />
obwohl das Problem mit der Sicht ein<br />
bisschen stört. Tims Bike litt auch etwas<br />
unter seinem ziemlich ausgeleierten<br />
Hinterbau, was den zehn Jahre alten<br />
Dämpferbuchsen zu verdanken war. <strong>Das</strong><br />
lässt sich leicht beheben, aber an der<br />
Verwindung im Hauptrahmen ist nichts<br />
zu ändern. <strong>Das</strong> stört nicht besonders,<br />
aber schwerere oder kräftigere Fahrer<br />
finden ihn vielleicht zu nachgiebig.<br />
Dagegen fühlt sich das <strong>2011er</strong>-Bike mit<br />
seinem voluminösen Carbon-Rahmen<br />
bocksteif an.<br />
Wo die Geometrie der alten Schule und<br />
die Fahrposition nicht so gut funktionie-<br />
ren, ist in den Abfahrten. Der gewaltige<br />
Höhenunterschied be ziehungsweise<br />
Mit der Sitzposition<br />
auf dem S-Works<br />
erfordert das<br />
Abfahren ein<br />
bisschen Übung.
2 1 – 2 4 J U L I 1 1<br />
F A C H H A N D E L 2 1 – 2 2 J U L I | P U B L I K U M 2 3 – 2 4 J U L I<br />
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Der besItZer sagt<br />
Für mich stellt dieses Bike einen<br />
Meilenstein in der <strong>Mountain</strong>bike-<br />
Geschichte dar. Alle vollgefederten<br />
Bikes davor und sogar noch<br />
manche danach waren meiner<br />
Meinung nach nur Prototypen. Aber bei diesem<br />
Bike stimmte einfach alles. Der von Horst<br />
Leitner entwickelte Hinterbau ist die Grundlage<br />
für alle erfolgreichen Federungssysteme, die es<br />
seitdem gegeben hat, und wird heute noch<br />
verwendet. Die Bilder in diesem Artikel sind<br />
von seiner Jungfernfahrt als komplettes Bike<br />
– es dauerte drei Jahre, die Teile zusammenzusuchen<br />
und zu montieren. Wenn man so<br />
etwas macht, will man es richtig machen, und<br />
da fast alle Teile seit Langem vom Markt<br />
verschwunden sind, braucht man beim<br />
Sammeln viel Geduld. Tim<br />
heLm<br />
Selbst für heutige Maßstäbe<br />
ist der <strong>Specialized</strong>-Sub 6-<br />
Helm beeindruckend leicht.<br />
Aber er hat keine harte<br />
Schale, eine begrenzte<br />
Kopfabdeckung und kein<br />
Visier. Während der Fahrt<br />
trägt Tim aber einen Giro<br />
Hammerhead.<br />
CameLbak<br />
Ein Rucksack? Mit Wasser drin?<br />
Was für ein Irrsinn! Wenn man<br />
Mitte der 90er einen Camelbak<br />
hatte, galt man als „Early<br />
Adopter“, also frühzeitiger<br />
Anwender, und musste sich viele<br />
Fragen gefallen lassen.<br />
bremsen<br />
Die V-Bremsen von Shimano<br />
wurden 1996 eingeführt, womit<br />
1995 als Höhepunkt der<br />
Cantilever-Entwicklung gelten<br />
kann. Die „Avid Tri-Align“-Cantis<br />
mit Ultimate-Hebel ließen<br />
sich leicht einstellen und boten<br />
eine ordentliche Bremsleistung.<br />
82 <strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong><br />
Oben: Obwohl es<br />
schon viele Jahre<br />
auf dem Buckel hat,<br />
leistet das S-Works<br />
auf dem Trail immer<br />
noch gute Dienste.<br />
rahmenmaterIaL<br />
<strong>Specialized</strong> hatte sogar schon Mitte der<br />
90er eine Weile mit Carbon-Fasern und<br />
Metallmatrix-Verbundwerkst<strong>of</strong>fen<br />
gearbeitet, aber beim ersten FSR ging die<br />
Firma mit einem „Prestige“-<br />
Stahlrahmen und einem Alu-Heck auf<br />
Nummer sicher. Der erste Prototyp<br />
entstand aus einem ungefederten<br />
Stumpy, dem der Hinterbau abgesägt<br />
und Drehpunkte angeschraubt wurden.<br />
der tiefe Lenker machen es schwer,<br />
auf wirklich abschüssigen Strecken<br />
das Gewicht nach hinten zu verlagern.<br />
Und die Bremsen erfordern, obwohl<br />
sie perfekt funktionieren, eine<br />
vorausschauende Fahrweise – man<br />
muss früher bremsen und kräftiger<br />
an den Hebeln ziehen als üblich.<br />
Wenn man auf dem Pro Carbon an<br />
eine Stufe kommt, nimmt man die<br />
Geschwindigkeit raus, geht weit hinter<br />
den Sattel, schiebt den Lenker nach<br />
1995 Vs 20 1<br />
bekLeIDung<br />
An Lycra führte Mitte der<br />
90er kein Weg vorbei,<br />
und ausgesprochene MTB-<br />
Bekleidung war Mangelware.<br />
Sogar die meisten Downhiller<br />
trugen noch die eng anliegenden<br />
Sachen. Kurzfingerhandschuhe<br />
waren normal, außer es war<br />
sehr kalt.<br />
gabeL<br />
<strong>Specialized</strong> ist einer der wenigen<br />
Hersteller, der seine Gabeln<br />
selbst produziert. Die Judy FSX<br />
(hier mit 63 Millimeter Federweg)<br />
war eine Elastomer/<br />
Öl-RockShox-Gabel<br />
mit Tauchbeinen aus<br />
Carbon.<br />
trInkruCksaCk<br />
Trinkrucksäcke sind bequem<br />
und praktisch, sodass man auch<br />
ohne Ösen für Flaschenhalter<br />
am Rahmen auskommen kann.<br />
bremsen<br />
Avid-Bremsen tauchen auch<br />
am <strong>2011er</strong>-Bike auf. Es sind<br />
hydraulische Scheibenbremsen<br />
statt Cantilever-Bremsen, aber<br />
der Name Tri-Align lebt im<br />
leichten Bremssattel weiter.<br />
rahmen-materIaL<br />
Stahl fristet ein Nischendasein – die<br />
große Mehrheit der MTBs ist aus<br />
Aluminium, und bei den hochwertigen<br />
Bikes setzt sich Carbon immer mehr<br />
durch. Wie das ältere Bike hat dieses<br />
<strong>2011er</strong>-FSR ein Heck aus Aluminium.<br />
vorne, und man hat es fast schon<br />
geschafft. Beim S-Works muss man<br />
ein bisschen mehr machen und mehr<br />
Fahrkönnen an den Tag legen.<br />
Aber das soll nicht heißen, dass man<br />
damit den Berg nicht runterkommt.<br />
Immerhin hat der Engländer Jason<br />
McRoy 1994 auf einem dieser Bikes<br />
die nationale Downhill-Meisterschaft<br />
gewonnen, wenn auch mit einem<br />
kürzeren Vorbau und einem Lenker, der<br />
von einer Junioren-Motocrossmaschine<br />
stammte. Hilfreich war auch, dass das<br />
FSR mit seiner Federung Mitte der 90er<br />
in der ersten Liga war. Abgesehen von<br />
Exoten wie dem Turner Burner gab es<br />
nicht viel. <strong>Das</strong> ähnliche GT LTS war<br />
gerade erst auf den Markt gekommen,<br />
und während das Intense M1 im<br />
Downhill für Aufsehen sorgte, musste<br />
das Unternehmen sich den Trail-Markt<br />
erst noch erschließen.<br />
Man sollte nicht vergessen, dass das<br />
S-Works FSR vor der Explosion von<br />
Nischen und Genres, die wir heute<br />
kennen, auf die Welt kam. Es gab<br />
nur sehr wenige spezielle DH-Bikes,<br />
und alles andere war einfach ein<br />
„<strong>Mountain</strong>bike“. Heute haben wir die<br />
Wahl zwischen CrossCountry, Race,<br />
Marathon, Enduro, All<strong>Mountain</strong>,<br />
Freeride, Trail, DH und Kreuzungen<br />
aus diesen. Aber mittendrin sind Bikes<br />
wie das Stumpjumper FSR und seine<br />
Konkurrenz – irgendwo in der Mitte<br />
heLm<br />
Insektengitter, Inmold-Technik<br />
für besseren Schutz, Sonne und<br />
Regen abweisendes Visier, tief<br />
heruntergezogener Nacken für<br />
zusätzliche Sicherheit und leicht<br />
einstellbare Riemchen – Helme<br />
haben es weit gebracht.<br />
bekLeIDung<br />
Bei so vielen Looks wie<br />
Einsatzbereichen steht der<br />
<strong>Mountain</strong>biker 2011 vor dem<br />
Problem, dass er nicht weiß,<br />
welche der vielen<br />
Schlabberhosen und -hemden<br />
er anziehen soll. Handschuhe<br />
mit langen Fingern werden das<br />
ganze Jahr über getragen.<br />
gabeL<br />
Die <strong>Specialized</strong>-Gabel der<br />
jüngsten Generation bietet<br />
S140-Luftfederung, einstellbare<br />
Öldämpfung und 140 Millimeter<br />
Federweg (mit Absenkfunktion<br />
für steile Anstiege) – aber keine<br />
Steckachs-Nabe.
aller Spezies, was Federweg, Geometrie,<br />
Gewicht und Stabilität angeht, und in<br />
der Lage, es mit allem aufzunehmen<br />
– außer mit Extremsituationen. In<br />
vielerlei Hinsicht erleben wir eine<br />
Renaissance des Allrounders, in den<br />
zahlreiche Innovationen eingeflossen<br />
sind – ultraleichtes CrossCountry-<br />
Material und vom Downhill inspirierte<br />
Geometrie. Damit schließen sich die<br />
Kreise, und wir sind wieder bei Bikes,<br />
die von allem etwas können.<br />
Wenn man das 1995er-FSR heute<br />
fährt, ist es nicht überraschend, dass<br />
es die Tester damals so beeindruckte.<br />
Es gab damals sehr wenige Cross-<br />
Country-Fullys – und noch viel weniger,<br />
die so gut ausgestattet waren wie das<br />
FSR. Man sieht die Ähnlichkeiten beim<br />
Federungssystem zwischen dem alten<br />
FSR und dem neuen: <strong>Das</strong> Federbein ist<br />
wesentlich länger und in den Rahmen<br />
gewandert, außerdem ist es mit einem<br />
„mitdenkenden“ Trägheitsventil ausge-<br />
stattet. Aber Horst Leitners Originalkonstruktion<br />
mit vier Gelenken ist<br />
immer noch up to date. Vor allem leistet<br />
dieses 16 Jahre alte Bike beeindruckend<br />
gute Dienste. Ja, die Fahrposition ist<br />
grenzwertig. Nein, die Bremsen funktio-<br />
nieren gar nicht so gut. Ja, selbst mit<br />
neuen Dämpferbuchsen ist es ein bisschen<br />
zu weich. Aber wenn man Lenker<br />
und Vorbau erneuert, Scheibenbremsen<br />
und eine moderne Gabel mit kurzem<br />
Federweg einbaut, ist es seiner Aufgabe<br />
auf den meisten Trails gewachsen.<br />
Natürlich wird das Pro Carbon mit<br />
140 Millimeter auch gröberes Terrain<br />
gelassen in Angriff nehmen, und all<br />
das Material und die Federungstechnik<br />
sorgen dafür, dass man mit dem modernen<br />
Bike auf weniger anspruchsvollen<br />
Trails wenig Energie verschenkt. Es<br />
spricht jedoch einiges für die knapp<br />
gefederte, tiefergelegte und straff<br />
gefederte Charakteristik des Oldtimers.<br />
Was wirklich interessant wäre, wäre<br />
ein Bike mit dem Aufbau und dem<br />
Federweg des 1995er-FSR, aber<br />
mit der Technik aus dem Jahr 2011<br />
– aber vielleicht kommt so etwas ja<br />
irgendwann einmal auf den Markt ...<br />
Oben: Mit moderner<br />
Technik ausgestattet,<br />
geht das Pro Carbon<br />
selbstbewusster in<br />
die Abfahrten.<br />
Der konstrukteur sagt<br />
<strong>Specialized</strong>-Konstrukteur<br />
Brandon Sloan über alte<br />
und neue FSR-Modelle<br />
Was war die konzeption<br />
beim bau des<br />
original-Fsr?<br />
<strong>Das</strong> grundlegende Prinzip des damaligen FSR<br />
war dasselbe wie beim heutigen FSR. <strong>Das</strong> Ziel<br />
war, die Federung unabhängig von den Brems-<br />
und Pedalkräften zu machen – keine auto -<br />
matische Blockierung oder „Anti Squat“ wie bei<br />
einigen heute gängigen Bauweisen, sondern<br />
einfach schöner freier Federweg, egal, wie das<br />
Terrain beschaffen ist oder was der Fahrer<br />
macht. Es wurde über die Jahre verfeinert und<br />
überarbeitet – ein bisschen wie ein Porsche 911.<br />
Woher kam das system mit den vier<br />
gelenken?<br />
<strong>Das</strong> hat Horst Leitner [AMP Research]<br />
erfunden. Es hatte genau das, was wir damals<br />
suchten – Unabhängigkeit.<br />
In welchem maße – wenn überhaupt – ist<br />
das aktuelle stumpjumper Fsr für andere<br />
Zwecke gedacht als das original?<br />
Damals hatten wir noch keine solche Segmentierung<br />
des Markts wie heute, aber ich glaube,<br />
das FSR war damals nicht allzu weit vom<br />
heutigen Stumpjumper FSR entfernt. Wir<br />
nennen es XC Trail, eine Mischung aus Klettereffizienz<br />
und Downhill-Tauglichkeit, eine leichte<br />
Bauweise, die aber ziemlich hart im Nehmen ist,<br />
und eine Federung, die auf Effizienz getunt ist,<br />
aber zur Stelle ist, wenn es ruppig wird. Es ist<br />
so ziemlich das einzige Rad, das mit jeder<br />
Situation zurechtkommt. <strong>Das</strong> galt damals<br />
(natürlich mit anderen Standards) und gilt auch<br />
heute noch.<br />
Warum hatte das erste Fsr einen Chro -<br />
moly-rahmen und einen alu-hinterbau?<br />
Die Leute von der alten Schule hier sagen, dass<br />
der Chromoly-Rahmen sich nur einfacher<br />
verarbeiten ließ. Wir hatten viel Erfahrung mit<br />
diesem Material. Schließlich sind wir mit dem<br />
Rahmen auf Alu umgestiegen, aber für den<br />
Anfang war Stahl besser.<br />
<strong>World</strong> <strong>of</strong> <strong>Mountain</strong> <strong>Biking</strong> 83