Sehr geehrter Herr Landrat Eininger, - Die GAR ist
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Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen im Landkreis Esslingen 29. Juni 2010<br />
Andreas Schwarz<br />
Ziegelstraße 19<br />
73230 Kirchheim unter Teck<br />
Telefon: 0151 17 87 45 53<br />
Email: info@andreas-schwarz.net<br />
Donnerstag, 11. November 2010<br />
Rede zum Haushalt 2011<br />
<strong>Sehr</strong> <strong>geehrter</strong> <strong>Herr</strong> <strong>Landrat</strong> <strong>Eininger</strong>,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />
die Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart und die Neubaustrecke Stuttgart/Ulm sind Gegenstand<br />
einer politischen Diskussion, wie sie das Land Baden-Württemberg lange nicht<br />
erlebt hat. <strong>Die</strong> Bürgerinnen und Bürger in unserem Landkreis stellen Fragen, sie wenden<br />
sich an die Politik und wollen Antworten. Viele Menschen sind durch dieses Projekt elektrisiert<br />
worden – und die Kreisverwaltung <strong>ist</strong> es offenbar ebenfalls, denn sonst hätte sie nicht<br />
eine Resolution zu diesem Thema auf die Tagesordnung gesetzt.<br />
Eine sachliche Auseinandersetzung über Stuttgart 21 <strong>ist</strong> dringend erforderlich. Doch dürfen<br />
neben Stuttgart 21 andere wichtige Themen nicht in den Hintergrund geraten.<br />
Da <strong>ist</strong> das Stichwort der fairen Finanzpartnerschaft zu nennen. Eine faire Finanzpartnerschaft<br />
darf nicht zu eng gefasst werden. Wir Grünen stehen zur einer fairen Finanzpartnerschaft.<br />
<strong>Die</strong>se muss den Bürgerwillen widerspiegeln. <strong>Die</strong> Bürgerinnen und Bürger haben ein<br />
Recht darauf, dass ihre Steuergelder vernünftig ausgegeben werden. Wir sollten aus Stuttgart<br />
21 die Konsequenz ziehen, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen wollen, ob ihre<br />
Steuergelder auch im Landkreis richtig angelegt sind. Als Kre<strong>ist</strong>ag müssen wir hierauf Antworten<br />
geben. Wir müssen unsere Ausgaben daran messen, dass sie die Interessen und<br />
Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger widerspiegeln.<br />
<strong>Die</strong> Diskussion um Stuttgart 21 wird die Arbeit in den Gremien und das Zusammenwirken in<br />
unserer repräsentativen Demokratie verändern. Wir als die gewählten Vertreterinnen und<br />
Vertreter, aber insbesondere die Verwaltungen, werden Formen entwickeln müssen, wie wir<br />
die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig in politische Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse<br />
einbeziehen können.<br />
Letztendlich wird sich die Politik in anderer Weise als bisher gegenüber den Bürgerinnen und<br />
Bürgern rechtfertigen müssen. Es wird nicht mehr ausreichend sein, dass bei großen Infrastrukturvorhaben<br />
alleine auf ein ordnungsgemäß durchgeführtes Planfeststellungsverfahren
Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 2 –<br />
verwiesen wird. Den Bürgerinnen und Bürgern müssen wir vielmehr die Notwendigkeit und<br />
Sinnhaftigkeit dieser Projekte darstellen und ihre Anregungen und Kritikpunkte viel früher<br />
stärker berücksichtigen. Das kann dann dazu führen, dass im Einzelfall Projekte modifiziert<br />
weitergeführt werden oder auch beendet werden.<br />
Eine weitere Zukunftsaufgabe für den Landkreis liegt in der Bewältigung des Klimawandels.<br />
Der Klimawandel sollte uns alle anspornen, einen maßgeblichen Beitrag zur Reduzierung<br />
der CO2-Emissionen und der weiteren Treibhausgase zu le<strong>ist</strong>en. Was <strong>ist</strong> bislang geschehen<br />
– das stat<strong>ist</strong>ische Landesamt hilft uns mit seinem Zahlenfundus weiter:<br />
- Zwischen 1995 und 2007 haben die Privathaushalte und Kleinverbraucher im Landkreis<br />
Esslingen ihren CO2-Ausstoss um 35 Prozent reduziert.<br />
- Auch der Verkehrsbereich hat im Landkreis Esslingen einen Beitrag zur Reduzierung der<br />
CO2-Emissionen gele<strong>ist</strong>et – wenn auch mit minus neun Prozent einen weit zu geringen<br />
Beitrag.<br />
- Aus der Rolle fallen die Industrie und die Kraftwerke: Hier haben zwischen 1995 und<br />
2007 die CO2-Emissionen um 70 Prozent zugenommen und betragen heute 3,3 Mio.<br />
Tonnen. Allein zwischen 2006 und 2007 haben sich die aus der Industrie und Kraftwerken<br />
stammenden CO2-Emissionen im Landkreis Esslingen um 14 Prozent erhöht.<br />
<strong>Die</strong>s muss uns zum Nachdenken auffordern. Wir müssen alle gemeinsam dafür eintreten<br />
dass der Landkreis Esslingen von seinem Spitzenplatz bei den CO2-Emissionen je Einwohner<br />
runterkommt 1 .<br />
Wir sehen es mit großer Sorge, dass dieses global wichtige Thema aufgrund der tagespolitischen<br />
Themenfülle in der politischen Debatte zu kurz kommt. Wenn wir den Anstieg der globalen<br />
Temperatur um mehr als 2 °C verhindern wollen, dann muss der Ausstoß von Klimagasen<br />
in Deutschland um mindestens 40 Prozent bis 2020 und um 95 Prozent bis 2050 gesenkt<br />
werden. <strong>Die</strong>ses Ziel erreichen wir, wenn wir heute Ernst machen mit Energieeinsparung,<br />
einer höheren Energieeffizienz und dem Ausbau der erneuerbarer Energien in allen<br />
Sektoren.<br />
Wir sind der Überzeugung, dass wir im Landkreis Esslingen den Pfad zu einer ökologischen<br />
Lebens- und Wirtschaftsweise einschlagen können, der auch bei langfr<strong>ist</strong>ig steigenden<br />
Preisen für Energie und Rohstoffe Arbeitsplätze sichert und den sozialen Ausgleich<br />
1 6,50 Tonnen CO2-Emissionen je Einwohner auf dem Berechnungsstand Mai 2008; Quell: Stat<strong>ist</strong>isches Monatsheft 9/2008, S.<br />
47.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 3 –<br />
ermöglicht. Wir unterstützen alle Bestrebungen von Unternehmen und Selbstständigen, Arbeitsplätze<br />
zu sichern und in neuen, zukunftsträchtigen Branchen wie den Erneuerbaren<br />
Energien oder in der Umwelttechnik neue Arbeitsplätze zu schaffen. <strong>Die</strong>se Arbeitsplatzpotenziale<br />
sind im Landkreis Esslingen längst noch nicht ausgeschöpft. Hierbei denken wir<br />
auch an mögliche Gründungen von Stadt- oder Gemeindewerken im Landkreis und der sich<br />
dadurch ergebenden zusätzlichen Wertschöpfung.<br />
Zur Hebung der Arbeitsplatzpotentiale <strong>ist</strong> es wichtig, dass die öffentliche Hand ihre Hausaufgaben<br />
macht: Eine gute Bildung von klein auf, lebenslanges Lernen und ein solides Bildungs-<br />
und Ausbildungsfundament sind die beste Versicherung gegen Arbeitslosigkeit und<br />
somit ein wesentlicher Beitrag zur Reduzierung der Sozialausgaben in unserem Kreishaushalt.<br />
In Anbetracht des Fachkräftemangels sind wissbegierige Kinder, motivierte Jugendliche und<br />
kreative Köpfe unser wichtigstes Potenzial. <strong>Die</strong>se Überzeugungen teilen wir mit vielen Bürgerinnen<br />
und Bürgern und Akteuren der privaten Wirtschaft, die heute schon kreativ und verantwortungsbewusst<br />
ökologisch und am Gemeinwohl orientiert wirtschaften - vom wärmedämmenden<br />
Handwerk über den energiesparenden Maschinen produzierenden Mittelstand<br />
bis zur Beratungsfirma für Green IT. Viele Menschen wollen gerne in Unternehmen arbeiten,<br />
die ökologisch und nach sozialen Standards arbeiten. Sie suchen nach Mitteln und Wegen,<br />
das Klima weniger zu belasten, z.B. beim Autokauf, bei der Wahl ihrer Verkehrsmittel, beim<br />
Strom und bei Lebensmitteln. Für viele Bürgerinnen und Bürger sind der Klimawandel und<br />
dessen Auswirkungen greifbar geworden.<br />
Es wird höchste Zeit, wirtschaftliches Wachstum vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln.<br />
<strong>Die</strong>s haben auch Teile des Maschinen- und Fahrzeugbaus und der davon abhängigen<br />
Zulieferindustrie erkannt. So verwundert es nicht, dass ein Weltunternehmen wie Schuler-<br />
Pressen in Göppingen in den Bau von Windenergieanlagen für das Binnenland einsteigen<br />
will.<br />
Auch im Landkreis Esslingen müssen wir unsere Hausaufgaben erledigen.<br />
Ausgehend vom Klimaschutzziel „Minus 35 Prozent CO2“, das wir alle gemeinsam im Dezember<br />
2007 beschlossen haben, sind innerhalb der nächsten zehn Jahre bis 2020 noch die<br />
bislang nicht erreichten – weiteren - 17 Prozent des CO2-Ausstosses zu reduzieren 2 . Es <strong>ist</strong><br />
2 Sitzungsvorlage Nr. 145/2007.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 4 –<br />
Aufgabe der Verwaltung, darzustellen, mit welchen Maßnahmen diese Klimaschutzziele innerhalb<br />
des gesetzten Zeitraums erreicht werden sollen. Dabei sind wir der festen Überzeugung,<br />
dass sich Investitionen in den Wärmeschutz, in Heizungsanlagenerneuerungen und in<br />
die Energieeffizienz nicht nur aus ökologischer, sondern auch aus ökonomischer Sicht lohnen.<br />
<strong>Die</strong> Generalsanierung des <strong>Landrat</strong>samtsgebäudes wollen wir im Wege eines Investorenauswahlverfahrens,<br />
also einer öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP/PPP-Verfahren) in die Wege<br />
leiten. Dabei wollen wir einen ambitionierten Wärmeschutzstandard als Grundlage<br />
vorgeben und schlagen vor, die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV)<br />
2009 um 30 Prozent zu unterschreiten. Schließlich <strong>ist</strong> der Klimaschutz eine aktuelle – eine<br />
heute anstehende – Aufgabe, die nicht warten kann, bis die Kreiskasse wieder gut gefüllt <strong>ist</strong>.<br />
Daher <strong>ist</strong> es sinnvoller, dass heute die Sanierung und die Energieeinsparmaßnahmen mit<br />
einem privaten Partner, der dann eben an der Energieeinsparung verdient, umgesetzt wird,<br />
anstatt auf den Sankt-Nimmerleinstag zu warten.<br />
Der Landkreis kann aber noch mehr tun: Wir schlagen vor, dass der Landkreis weitere Dachflächen<br />
der kreiseigenen Liegenschaften, die für eine Photovoltaiknutzung geeignet sind,<br />
dem Abfallwirtschaftsbetrieb und/oder privaten Investoren zur Errichtung von Photovoltaikanlagen<br />
zur Pacht anbietet.<br />
Elektromobilität <strong>ist</strong> derzeit in aller Munde. Dabei darf nicht vergessen werden, dass die Elektromobilität<br />
nur dann vorteilhaft <strong>ist</strong>, wenn der Strom ausschließlich aus erneuerbaren<br />
Energien bezogen wird. Würde dagegen kein Ökostrom verwendet werden, gibt es keinen<br />
Nutzen für das Klima.<br />
Wir schlagen Ihnen daher nicht nur vor, bei zukünftigen Stromlieferungsverträgen den Anteil<br />
von Ökostrom sukzessive um zehn Prozent zu erhöhen und dabei ausschließlich zertifizierten<br />
Ökostrom mit Neuanlagenquote zu beziehen, sondern gehen noch einen Schritt weiter:<br />
Im Landkreis Esslingen wollen wir gerne ein Modellprojekt zur Elektromobilität mit erneuerbaren<br />
Energien starten. Daher schlagen wir vor, für künftige Fahrzeugbeschaffungen der<br />
Straßenme<strong>ist</strong>erei ein Konzept zur Elektromobilität unter ausschließlicher Verwendung von<br />
erneuerbaren Energien zu entwickeln.<br />
<strong>Die</strong> Sanierung der Rohräckerschule wird im kommenden Jahr erstmals im Vermögenshaushalt<br />
veranschlagt. Schließlich kann der derzeitige bauliche Zustand den Kindern nicht<br />
noch länger zugemutet werden. <strong>Die</strong> bauliche Sanierung <strong>ist</strong> schon aus energetischen Grün-<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 5 –<br />
den notwendig. Gründe des vorbeugenden Brandschutzes kommen als verbindlich schlagendes<br />
Argument hinzu.<br />
Unabhängig von der Sanierung der Rohräckerschule schlagen wir vor, dass der Landkreis<br />
Esslingen im kommenden Jahr eine Initiative zum gemeinsamen Lernen von behinderten<br />
und nicht behinderten Kindern und Jugendlichen in Kindergärten, Kindertageseinrichtungen<br />
und Schulen im Landkreis einberuft. Unter dem Titel „Inklusion im Landkreis Esslingen“<br />
wollen wir, dass der Landkreis Esslingen mit dem Land Baden-Württemberg ein gemeinsames<br />
und abgestimmtes Vorgehen zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte<br />
behinderter Kinder vereinbart. Unser Ziel <strong>ist</strong> es, dass im Rahmen der Schulentwicklungsplanung<br />
eine Handlungsempfehlung für gemeinsames Lernen von behinderten und nicht<br />
behinderten Schülern erarbeitet wird. <strong>Die</strong> Städte und Gemeinden als Träger der Kindergärten<br />
und Kindertageseinrichtungen wollen wir in der Wahrnehmung ihrer Aufgabe zur gemeinsamen<br />
Bildung, Erziehung und Betreuung von behinderten und nicht behinderten Kindern<br />
durch die Erstellung eines Handlungsleitfadens zur Aufnahme von behinderten Kindern<br />
in Kindergärten unterstützen. Damit befördern wir den Inklusionsprozess im Landkreis Esslingen.<br />
Sorge bereitet uns die wirtschaftliche Situation unserer Kreiskliniken. <strong>Die</strong> Schere zwischen<br />
Einnahmen und Ausgaben öffnet sich immer mehr. Auf der Kostenseite sind durch die Prozessoptimierung<br />
schon Maßnahmen eingeleitet worden. Unseres Erachtens gilt es, in den<br />
nächsten Jahren eine konsequente Verbesserung der Einnahmeseite herbeizuführen. Der<br />
Aufbau von Behandlungsketten und eine damit zusammenhängende gute Kommunikation<br />
mit niedergelassenen Ärzten sind für die Einweisung von Patienten in die Kreiskliniken von<br />
wichtiger Bedeutung. Unseres Erachtens <strong>ist</strong> es notwendig, dass im kommenden Jahr die<br />
Kommunikationswege zu den einweisenden Ärzten – und den noch nicht in die Kreiskliniken<br />
einweisenden Ärzten - noch stärker beleuchtet werden und die aus der Zuweiserbefragung<br />
gewonnen Erkenntnisse umgesetzt werden.<br />
Zur Verbesserung der Einnahmeseite unserer Kreiskliniken schlagen wir vor, ein integriertes<br />
Versorgungssystem aufzubauen. Ein erster Schritt zum Aufbau eines integrierten Versorgungssystems<br />
im Landkreis Esslingen kann darin bestehen, eine regionale Gesundheitskonferenz<br />
im Landkreis Esslingen durchzuführen. Ziel dieser Gesundheitskonferenz soll<br />
es sein, die ambulant und stationär tätigen Akteure zu verzahnen und letztendlich zu einer<br />
stärkeren Patientenbindung für die Kreiskliniken Esslingen beizutragen. Mit einer stärkeren<br />
Bindung der Patienten an die Kreiskliniken sind weitere Erlössteigerungen verbunden.<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 6 –<br />
Ich komme zurück auf meine Eingangsthese zur fairen Finanzpartnerschaft zurück. Eine<br />
faire Finanzpartnerschaft zwischen den unterschiedlichen öffentlichen Körperschaften und<br />
den Bürgerinnen und Bürgern.<br />
Unseres Erachtens befindet sich der Kreishaushalt 2011 in einem finanzpolitischen Dilemma.<br />
In finanziell schwierigen Zeiten fordern die Städte und Gemeinden angesichts geringerer<br />
Steuereinnahmen eine Reduzierung des Keisumlageaufkommens. Andererseits <strong>ist</strong> der stetige<br />
Weg einer weiteren Neuverschuldung mit erheblichen Problemen behaftet, da er den<br />
Handlungsspielraum von künftigen Generationen stark einschränkt. Ich sage das hier ganz<br />
offen: Wenn die Kommunen in unserem Staat handlungsunfähig werden, bedroht das unsere<br />
Demokratie an der Basis. Wo nur noch Schulden angehäuft und Angebote der öffentlichen<br />
Daseinsvorsorge zurückgefahren werden, wo Landräte und Bürgerme<strong>ist</strong>er zu Insolvenzverwaltern<br />
werden, keimt nicht die Demokratie, sondern der Verdruss an der Politik, an der Demokratie,<br />
am Gemeinwesen an sich.<br />
Um die notwendigen öffentlichen Le<strong>ist</strong>ungen überhaupt erbringen zu können, müssen die<br />
Kommunen strukturell mehr Geld in die Hand bekommen. Vor die Wahl gestellt zwischen<br />
höheren Steuern einerseits und gesperrten Brücken, herunter gekommenen Schulen, geschlossenen<br />
Theatern und Bibliotheken andererseits, zeigen Umfragen, dass sich die Mehrheit<br />
der Bürgerinnen und Bürger für eine ausreichende Finanzierung der Kommunen entscheiden<br />
und dabei Bildung und Klimaschutz eine große Rolle spielen. Um die Investitionsrückstände<br />
aufzuholen und soziale und kulturelle Aufgaben der kommunalen Ebene zu finanzieren<br />
und um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern, benötigen wir nicht nur eine ausgebaute<br />
Gewerbesteuer für die Städte und Gemeinden, sondern einen ausgeprägten Konnexitätsgrundsatz.<br />
Eine nachhaltige Verbesserung der kommunalen Finanzen wird nur gelingen, wenn sich<br />
der Bund viel stärker als bisher an einer ausreichenden Finanzierung der Kommunen beteiligt.<br />
Neben der sinkenden Beteiligung des Bundes an den steigenden Kosten der Unterkunft<br />
für Hartz IV-Beziehende betrifft das vor allem die Kosten für die Grundsicherung im Alter.<br />
Hier kommt auf Grund der demografischen Entwicklung eine enorme Belastung auf die<br />
Kommunen zu. Dabei <strong>ist</strong> nicht ersichtlich, warum die Kommunen die Kosten für eine verfehlte<br />
Arbeits- und Rentenpolitik tragen sollen.<br />
Das Konnexitätsprinzip – das Prinzip „wer bestellt, bezahlt auch“ - gilt auch für das Land<br />
Baden-Württemberg: Das Land <strong>ist</strong> daher gut beraten, wenn es sich streng am Konnextiätsprinzip<br />
orientieren würde. Daher fordern wir das Land auf, die aus der Einrichtung der Werk-<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 7 –<br />
realschulen resultierenden Kosten der Schülerbeförderung vollständig zu übernehmen. <strong>Die</strong><br />
Kreiskasse können wir somit um mehrere 10.000 Euro entlasten.<br />
<strong>Die</strong> öffentliche Hand muss auch in finanziell schwierigen Zeiten ihren Gestaltungsauftrag<br />
aktiv wahrnehmen muss. <strong>Die</strong> Bürgerinnen und Bürger erwarten von uns, dass wir den Landkreis<br />
Esslingen zukunftsorientiert weiterentwickeln.<br />
Wir Grünen sprechen uns für die Verlängerung der S-Bahn von Filderstadt-Bernhausen<br />
nach Sielmingen, Neuhausen und darüber hinaus ins Neckartal aus. Mit dem Ausbau<br />
des S-Bahn-Netzes wird den Bürgerinnen und Bürgern die Nutzung eines ökologischen und<br />
zukunftsträchtigen Verkehrsmittels angeboten. Pro Tag können mehrere tausend neue Fahrgäste<br />
für den öffentlichen Nahverkehr gewonnen werden. Dadurch le<strong>ist</strong>en wir einen guten<br />
Beitrag, um einen Teil des motorisierten Individualverkehrs auf die Schiene zu verlagern.<br />
Gegenüber der reinen Stadtbahnverlängerung hat die S-Bahn-Verlängerung wirtschaftliche<br />
Vorteile, da mit ihr geringere Investitionskosten verbunden sind und die Folgekosten geringer<br />
ausfallen. Daher schlagen wir vor, dass der Kre<strong>ist</strong>ag zeitnah einen Grundsatzbeschluss für<br />
eine rasche Realisierung eines S-Bahn-Anschlusses von Neuhausen auf den Fildern herbeiführt.<br />
Wir sind auch bereit, in die Kreiskasse zu greifen, um die Planungsle<strong>ist</strong>ungen anteilig<br />
mitzufinanzieren.<br />
Zur kommunalen Daseinsvorsorge gehört eine aktive Sozialpolitik. Der Landkreis Esslingen<br />
<strong>ist</strong> hier bereits gut aufgestellt. Ein gutes Netzwerk an Beratungsstellen ermöglicht es den<br />
Bürgerinnen und Bürgern, in schwierigen Situationen Rat und Unterstützung einzuholen. <strong>Die</strong><br />
präventiv wirkenden Beratungsangebote sind daher nötiger denn je.<br />
In jüngster Zeit hat das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen von sexueller Gewalt gezeigt,<br />
wie wichtig das Vorhalten von Fachberatungsstellen bei sexueller Gewalt <strong>ist</strong>. Wir wollen,<br />
dass das Sozialdezernat eine Gesamtkonzeption für die Finanzierung der Beratungsstellen<br />
bei sexueller Gewalt unter Berücksichtigung der beiden bestehenden Beratungsstellen<br />
Kompass und Wildwasser erstellt. Ziel <strong>ist</strong> dabei, das Beratungs- und Therapieangebot der<br />
beiden Beratungsstellen sicherzustellen. Durch ein ausreichendes Budget der Beratungsstellen<br />
muss eine hinreichende Vertretungsmöglichkeit und der fachlich kollegiale Austausch<br />
finanziell abgesichert werden. <strong>Die</strong>s kann mit einem zusätzlichen Betrag von 25.000 Euro aus<br />
der Kreiskasse gut gelingen.<br />
<strong>Die</strong> Haushaltskonsolidierung wollen wir auch im künftigen Jahr vorantreiben. <strong>Die</strong> Klausurtagung<br />
des erweiterten Ältestenrates hat sich gelohnt.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 8 –<br />
Wir tragen die geplante Zentralisierung der KFZ-Zulassungsstellen mit, da pro Jahr<br />
170.000 Euro eingespart werden können. Dadurch wird ein maßgeblicher Beitrag zur Haushaltskonsolidierung<br />
gele<strong>ist</strong>et.<br />
Des Weiteren wollen wir den Vorschlag aus der Klausurtagung des erweiterten Ältestenrats<br />
umsetzen und die bestehenden Mehrfachstrukturen im Bereich der Tourismusförderung zurückfuhren.<br />
Daher schlagen wir vor, in einem ersten Schritt auf die eigene Tourismusförderung<br />
zu verzichten. Dadurch können rund 80.000 Euro an Personal- und Sachkosten eingespart<br />
werden 3 .<br />
Ein weiterer Beitrag zur Haushaltskonsolidierung besteht darin, dass der Landkreis Esslingen<br />
kostendeckende Gebühren für die Durchführung der Waffenkontrollen erhebt. Unseres<br />
Erachtens darf der Kreishaushalt nicht mit Personal-, Sach- und sonstigen Kosten belegt<br />
werden. Der entstehende Aufwand muss von den Verursachern, sprich Waffenbesitzern,<br />
allein getragen werden.<br />
Einsparmöglichkeiten sehen wir auch beim Verbundlastenausgleich. Für uns sind die hohen<br />
Zahlungen des Landkreises an die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) nicht nachvollziehbar.<br />
Wir haben uns daher gefreut, dass Ihnen, <strong>Herr</strong> <strong>Landrat</strong> <strong>Eininger</strong>, nun endlich aktuelle<br />
Zahlen der SSB vorliegen 4 . Daher sind wir gespannt, welche Möglichkeiten die Verwaltung<br />
sieht, die Zahlungen des Landkreises an die SSB im Rahmen des Verbundlastenausgleichs<br />
zu reduzieren. Es sollte überprüft werden, ob die Höhe der nach dem Verbundlastenausgleich<br />
vom Landkreis Esslingen an die SSB zu entrichtenden Zahlungen noch sachgerecht<br />
<strong>ist</strong>.<br />
Bereits für den Haushalt 2010 hat der Kre<strong>ist</strong>ag mehrheitlich Tilgungsaussetzungen beschlossen.<br />
Wir haben durchaus Verständnis, dass der Landkreis mit den beschlossenen<br />
Tilgungsaussetzungen auf die finanzielle Situation der Städte und Gemeinden Rücksicht<br />
nimmt. Allerdings haben die Tilgungsaussetzungen auch negative Folgen: Schließlich wird<br />
dadurch die finanzielle Belastungen in künftige Haushaltsjahre verschoben. <strong>Die</strong> Folge <strong>ist</strong>,<br />
dass der Gestaltungsspielraum der künftig politisch Verantwortlichen im Landkreis Esslingen<br />
deutlich eingeschränkt wird und die finanzielle Belastung der Städte und Gemeinden in den<br />
nächsten Jahren zunimmt.<br />
3 Schreiben vom <strong>Landrat</strong>samt Esslingen vom 12.07.2010, S. 6.<br />
4 Haushaltsrede von <strong>Herr</strong>n <strong>Landrat</strong> Heinz <strong>Eininger</strong>, S. 19.<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 9 –<br />
Wir sind daher der Auffassung, dass sich der Verwaltungs- und Finanzausschuss mit den<br />
finanziellen Auswirkungen der beschlossenen und angestrebten Tilgungsaussetzungen und<br />
den Auswirkungen auf den enger werdenden Gestaltungsspielraum beschäftigen sollte. Dabei<br />
sind neben den Schulden im Kameralhaushalt auch die Schulden der Kreiskliniken Esslingen<br />
gemeinnützige GmbH einzubeziehen.<br />
Den vorgeschlagenen Hebesatz der Kreisumlage von 39,9 v. H. nehmen wir heute zur<br />
Kenntnis.<br />
Sollte der Verband Region Stuttgart eine geringe Verkehrsumlage erheben, dann sollte der<br />
Landkreis das eingesparte Geld an die Städte und Gemeinden weiterreichen.<br />
Was der Verband Region Stuttgart hier tut, nämlich seine Umlagezahler zu entlasten, sollte<br />
Vorbild für weitere Körperschaften sein. Auch der Neckarelektrizitätsverband würde gut daran<br />
tun, wenn er dem Landkreis Esslingen bzw. seinen Städten und Gemeinden einen Teil<br />
des Vermögens ausschütten würde. Schätzungen jüngeren Datums beziffern das Vermögen<br />
des Neckarelektrizitätsverbands auf über 174 Mio. Euro. Für die kommunalen Haushalte<br />
wäre es in der derzeitigen schwierigen finanziellen Lage gut, der Neckarelektrizitätsverband<br />
würde ein Teil seines Vermögens zurückgeben. Wir freuen uns daher, dass einige Bürgerme<strong>ist</strong>er<br />
im Landkreis Esslingen und der gesamten Region die wirtschaftlichen Risiken, die<br />
der Neckarelektrizitätsverband seinen Mitgliedern anlastet, sehen und sich immer mehr Gemeinden<br />
von ihm trennen wollen.<br />
Heute werden wir uns noch nicht auf einen Hebesatz festlegen können. Vielmehr halten wir<br />
es zunächst für notwendig, dass die einzelnen Haushaltsanträge finanziell bewertet werden.<br />
Bei Kenntnis der Haushaltsentwicklung der zurückliegenden Monate, die unseres Erachtens<br />
etwas positiver ausfallen müsste, werden wir uns dann zum Hebesatz der Kreisumlage äußern.<br />
Dabei müssen wir auch überlegen, ob wir die Neuverschuldung geringer veranschlagen<br />
können, wenn Teile der Haushaltsverbesserung in der Kreiskasse verbleiben.<br />
Ob der Hebesatz letztendlich bei 39,9 v. H. bleibt oder – was wahrscheinlich <strong>ist</strong> – um einige<br />
Nachkommanstellen reduziert werden kann, <strong>ist</strong> letztendlich nur Kosmetik. <strong>Die</strong> finanzielle Belastung<br />
der kommunalen Ebene bleibt nach wie vor hoch und wir müssen uns wohl selbst<br />
helfen, da wir vom Land keine stärkere Unterstützung erwarten können.<br />
Vielen Dank<br />
Andreas Schwarz<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 10 –<br />
Übersicht über die Anträge<br />
Antrag Nr 1 - Klimaschutz im Landkreis Esslingen ...............................................................11<br />
Antrag Nr. 2 – S-Bahn-Anbindung von Neuhausen auf den Fildern ......................................12<br />
Antrag Nr. 3 – Abraum von Erdmassen aus dem Projekt Stuttgart 21 ..................................13<br />
Antrag Nr. 4 – Verschuldung im Landkreis eindämmen ........................................................14<br />
Antrag Nr. 5 – Finanzpolitik im Landkreis Esslingen .............................................................15<br />
Antrag Nr. 6 – Unterstützung der Fachberatungsstelle Wildwasser bei sexueller Gewalt. ....16<br />
Antrag Nr. 7 – Erfahrungsbericht über die Stipendien ...........................................................17<br />
Antrag Nr. 8 – Initiative zum gemeinsamen Lernen von behinderten und nicht behinderten<br />
Kindern und Jugendlichen in Kindergärten, Kindertageseinrichtungen und Schulen im<br />
Landkreis Esslingen – „Inklusion im Landkreis Esslingen" ....................................................18<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 11 –<br />
Antrag Nr. 1 - Klimaschutz im Landkreis Esslingen<br />
1. Nach dem Kre<strong>ist</strong>agsbeschluss vom 13.12.2007 sind ausgehend vom Klimaschutzziel<br />
„Minus 35 Prozent CO2“ innerhalb der nächsten zehn Jahre die bislang noch nicht erreichten<br />
– weiteren - 17 Prozent des CO2-Ausstosses zu reduzieren 5 .<br />
1.1. Wir bitten um eine Darstellung, mit welchen Maßnahmen diese Klimaschutzziele erreicht<br />
werden sollen.<br />
1.2. Wir bitten um eine Darstellung, wann welche Investitionen für die vorgeschlagenen<br />
Maßnahmen (Wärmeschutz, Heizungsanlagenerneuerungen, Energieeffizienz u.a.)<br />
vorgesehen sind.<br />
2. <strong>Die</strong> Generalsanierung des <strong>Landrat</strong>samtsgebäudes erfolgt im Wege eines Investorenauswahlverfahrens<br />
(ÖPP-Verfahren). Als Wärmeschutzstandard sind die Anforderungen der<br />
Energieeinsparverordnung (EnEV) 2009 um 30 Prozent zu unterschreiten.<br />
3. Zur Reduzierung des Bereitschaftsstromverlusten (Stand-by) werden 2011 alle EDV-<br />
Arbeitsbereiche in den Verwaltungsbereichen und an den Berufsschulen mit abschaltbaren<br />
Steckerle<strong>ist</strong>en ausgestattet.<br />
4. Wir bitten um eine Aufstellung der Dachflächen der kreiseigenen Liegenschaften, die für<br />
eine Photovoltaiknutzung geeignet sind. In einem zweiten Schritt werden weitere Dachflächen<br />
dem AWB und/oder privaten Investoren zur Errichtung von Photovoltaikanlagen<br />
zur Pacht angeboten.<br />
5. Bei zukünftigen Stromlieferungsverträgen wird der Anteil von Ökostrom sukzessive um<br />
10 Prozent für jede neue Lieferperiode erhöht. Dabei wird ausschließlich zertifizierter<br />
Ökostrom mit Neuanlagenquote bezogen.<br />
6. Für die Straßenme<strong>ist</strong>erei wird für künftige Fahrzeugbeschaffungen ein Konzept zur Elektromobilität<br />
unter ausschließlicher Verwendung von erneuerbaren Energien erarbeit und<br />
2011 dem Ausschuss für Technik und Umwelt vorgestellt.<br />
5 Sitzungsvorlage Nr. 145/2007.<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 12 –<br />
Antrag Nr. 2 – S-Bahn-Anbindung von Neuhausen auf den Fildern<br />
1. <strong>Die</strong> Verwaltung berichtet über den Stand der Planungsüberlegungen zur Verlängerung<br />
des S-Bahn-Liniennetzes nach Neuhausen auf den Fildern und unterstützt eine rasche<br />
Realisierung eines S-Bahn-Anschlusses von Sielmingen und Neuhausen auf den Fildern<br />
und darüber hinaus.<br />
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Landkreis Esslingen, Kre<strong>ist</strong>agsfraktion Bündnis 90 / <strong>Die</strong> Grünen<br />
Rede zum Haushalt 2011 - 13 –<br />
Antrag Nr. 3 – Abraum von Erdmassen aus dem Projekt Stuttgart 21<br />
1. Wir bitten um einen Bericht, ob es bei Erddeponien im Landkreis Esslingen Anfragen von<br />
am Projekt Stuttgart 21 beteiligten Unternehmen zur Entsorgung von Erdmassen (Tunnel-<br />
bzw. Erdaushub) gibt.<br />
2. Wir bitten um eine Information über das Entsorgungskonzept im Zusammenhang mit dem<br />
Projekt Stuttgart 21 und um Informationen, wie mit kontaminierten Erdmassen umgegangen<br />
wird, so dass die umwelt- und bodenschutzrechtlichen Regelungen eingehalten werden.<br />
Gibt es Planungen der Vorhabenträgerin zur Entsorgung im Landkreis<br />
3. <strong>Die</strong> Entsorgung von größeren Erdmassen aus dem Tunnel- bzw. Erdaushub bedarf der<br />
Zustimmung des Betriebsausschusses.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 14 –<br />
Antrag Nr. 4 – Verschuldung im Landkreis eindämmen<br />
1. Der Kre<strong>ist</strong>ag nimmt zur Kenntnis, dass durch die angestrebten Tilgungsaussetzungen<br />
finanzielle Belastungen in künftige Haushaltsjahre verschoben werden und der Gestaltungsspielraum<br />
der künftig politisch Verantwortlichen im Landkreis Esslingen dadurch<br />
eingeschränkt wird.<br />
2. <strong>Die</strong> Verwaltung zeigt die finanziellen Auswirkungen der beschlossenen und angestrebten<br />
Tilgungsaussetzungen auf und stellt die Auswirkungen auf den enger werdenden Gestaltungsspielraum<br />
dar. Dabei sind neben den Schulden im Kameralhaushalt auch die<br />
Schulden der Kreiskliniken Esslingen gemeinnützige GmbH einzubeziehen.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 15 –<br />
Antrag Nr. 5 – Finanzpolitik im Landkreis Esslingen<br />
1. Aus Gründen der Haushaltskonsolidierung wird, wie auf der Klausurtagung des erweiterten<br />
Ältestenrats beraten, auf die Fortführung einer eigenen Tourismusförderung verzichtet.<br />
80.000 Euro können an Personal- und Sachkosten eingespart werden 6 .<br />
2. Der Landkreis Esslingen erhebt ab 2011 kostendeckende Gebühren für die Durchführung<br />
der Waffenkontrollen, so dass der Kreishaushalt nicht mit Personal-, Sach- und sonstigen<br />
Kosten belegt wird.<br />
3. Der Landkreis Esslingen fordert das Land Baden-Württemberg auf, im Zuge des Konnexitätsprinzips<br />
die Kosten der Schülerbeförderung, die auf neu einzurichtende Verkehre<br />
zu den neuen Werkrealschulen zurückgehen, vollständig zu übernehmen. Bei der Finanzposition<br />
5783 können mehrere 10.000 Euro eingespart werden.<br />
4. <strong>Die</strong> Verwaltung berichtet im Verwaltungs- und Finanzausschuss über die „endlich seit<br />
kurzem beim Verbundlastenausgleich [vorliegenden] Zahlen der SSB“ 7 und über die<br />
Möglichkeiten, die Zahlungen des Landkreises an die SSB im Rahmen des Verbundlastenausgleichs<br />
zu reduzieren.<br />
Begründung:<br />
Zu 2.: <strong>Die</strong> Durchführung von Waffenkontrollen <strong>ist</strong> eine notwendige behördliche Tätigkeit. Dabei<br />
sollen die Kosten für die Durchführung der Waffenkontrollen nicht aus dem Kreishaushalt<br />
bestritten werden. Vielmehr <strong>ist</strong> es sachgerecht, dass die Kosten, welche durch die Waffenkontrollen<br />
hervorgerufen werden, vollständig von den Waffenbesitzern getragen werden.<br />
Zu 4.: In seiner Haushaltsrede hat <strong>Herr</strong> <strong>Landrat</strong> Heinz <strong>Eininger</strong> von neuen vorliegenden Zahlen<br />
der SSB gesprochen. Es sollte daher überprüft werden, ob die Höhe der nach dem Verbundlastenausgleich<br />
(Vertrag über den Ausgleich der sich aus dem Verkehrs- und Tarifverbund<br />
Stuttgart ergebenden Lasten) vom Landkreis Esslingen an die SSB zu entrichtenden<br />
Zahlungen noch sachgerecht <strong>ist</strong>.<br />
6 Schreiben vom <strong>Landrat</strong>samt Esslingen vom 12.07.2010, S. 6.<br />
7 Haushaltsrede von <strong>Herr</strong>n <strong>Landrat</strong> Heinz <strong>Eininger</strong>, S. 19.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 16 –<br />
Antrag Nr. 6 – Unterstützung der Fachberatungsstelle Wildwasser bei sexueller Gewalt.<br />
1. <strong>Die</strong> Verwaltung erstellt eine Gesamtkonzeption für die Finanzierung der Beratungsstellen<br />
bei sexueller Gewalt im Landkreis Esslingen unter Berücksichtigung der beiden bestehenden<br />
Beratungsstellen Kompass und Wildwasser, um deren Beratungs- und Therapieangebot<br />
sicherzustellen.<br />
2. Eine ausreichende Vertretungsmöglichkeit und der fachlich kollegiale Austausch sind<br />
auch für Wildwasser finanziell abzusichern.<br />
Begründung:<br />
Das Bekanntwerden vieler Missbrauchsfälle von sexueller Gewalt - auch in öffentlichen Einrichtungen<br />
- zeigt, wie wichtig es für den Landkreis <strong>ist</strong>, eine fachlich fundierte Gesamtkonzeption<br />
für den Themenbereich sexualisierte Gewalt zu haben und beide Fachberatungsstellen<br />
finanziell abzusichern.<br />
Es gibt im Landkreis Esslingen zwei Fachberatungsstellen bei sexueller Gewalt: Kompass<br />
e.V. mit Sitz in Kirchheim/Teck und Wildwasser e.V. mit Sitz in Esslingen am Neckar.<br />
Folgende Aufgaben werden von den Beratungsstellen abgedeckt:<br />
- Beratung / Therapie für Betroffene von sexualisierter Gewalt und ihre Angehörigen.<br />
- Beratung / Therapie für Menschen, die durch sexualisierte Gewalt auffällig wurden.<br />
- Fachberatung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter öffentlicher Einrichtungen (Soziale<br />
<strong>Die</strong>nste, Schulen, Kindergärten, Ärzte, Psychotherapeuten, Beratungsstellen, soziale<br />
Einrichtungen, Jugendhilfeeinrichtungen, Polizei, Justiz).<br />
- Präventionsarbeit und Fort- und Weiterbildung von Fachkräften und Eltern.<br />
- Kooperation und Vernetzung innerhalb und außerhalb des Landkreises.<br />
<strong>Die</strong> Beratungsstellen ergänzen sich hinsichtlich ihrer Aufgabenschwerpunkte und des Einzugsgebiets<br />
sehr gut und sind aus diesem Grund beizubehalten. <strong>Die</strong> Finanzierung durch den<br />
Landkreis <strong>ist</strong> sehr unterschiedlich (Kompass mit 2,5 VK + 0,5 Verw., Wildwasser mit 0,5 VK).<br />
Fallzahlen und Anfragen für Beratungen und Informationsveranstaltungen sind in beiden<br />
Einrichtungen ansteigend.<br />
<strong>Die</strong> Beratungsstelle Wildwasser benötigt als Fachberatungsstelle bei sexueller Gewalt weitere<br />
25.000 Euro, um das Beratungs- und Therapieangebote sicherzustellen.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 17 –<br />
Antrag Nr. 7 – Erfahrungsbericht über die Stipendien<br />
1. Dem Kultur- und Schulausschuss werden ein Erfahrungsbericht über die Stipendien der<br />
letzten Jahre und Vorschläge zur konzeptionellen Weiterentwicklung des Stipendiums<br />
vorgelegt.<br />
Begründung:<br />
Der Landkreis fördert seit 18 Jahren in unveränderter Form junge Künstlerinnen und Künstler<br />
mit einem dreijährigen Atelierstipendium.<br />
Wir bitten die Verwaltung um einen Bericht, der die Erfahrungen und Entwicklungen von der<br />
ersten bis zur letzten Stipendiatengeneration aufzeigt. Außerdem wollen wir wissen, ob Ausschreibungsmodalitäten,<br />
Dauer des Stipendiums, Räumlichkeiten, Standort, noch heutigen<br />
Anforderungen an Lebenssituationen gerecht werden.<br />
Da die Kunstförderung des Landkreises schon sehr lange in unveränderter Form läuft, sollte<br />
nach so langer Zeit darüber nachgedacht werden, in welcher Art und Weise diese Förderung<br />
optimiert und eventuell veränderten Lebensangewohnheiten angepasst werden kann.<br />
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Rede zum Haushalt 2011 - 18 –<br />
Antrag Nr. 8 – Initiative zum gemeinsamen Lernen von behinderten und nicht behinderten<br />
Kindern und Jugendlichen in Kindergärten, Kindertageseinrichtungen und<br />
Schulen im Landkreis Esslingen – „Inklusion im Landkreis Esslingen"<br />
<strong>Die</strong> Verwaltung wird beauftragt<br />
1. mit dem Land Baden-Württemberg ein gemeinsames und abgestimmtes Vorgehen<br />
zur Umsetzung der UN-Konvention über die Rechte behinderter Menschen zu vereinbaren,<br />
damit im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen eine angemessene<br />
und nachhaltige Umsetzung der UN-Charta erfolgen kann. Das bedingt auch die<br />
Bereitstellung personeller wie finanzieller Ressourcen durch das Land.<br />
2. einen Bericht über die Anzahl von behinderten Kindern in Kindergärten und Kindertageseinrichtungen<br />
in kommunaler und freier Trägerschaft zu erstellen und in dem Bericht<br />
qualitative Faktoren für das Gelingen dieser Inklusionsprozesse darstellen.<br />
3. einen Erfahrungsbericht über die berufliche Praxis der Integrationshelfer/-innen des<br />
Landkreises Esslingen im Spannungsfeld zwischen unterschiedlichen Systemen<br />
(Träger, Einrichtung/Team, Kind und Eltern) zu erstellen. Der Bericht gibt Auskunft<br />
über die berufliche Qualifikation der Integrationshelfer/-innen und den Umfang und<br />
die Form von begleitenden Unterstützungsle<strong>ist</strong>ungen zu Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung<br />
durch inklusionspädagogische Qualifizierungsangebote, Fachtage,<br />
Supervision und Intervision durch den Landkreis.<br />
4. im Rahmen der Schulentwicklungsplanung auf dieser Basis einen „Inklusionsplan“ für<br />
gemeinsames Lernen von behinderten und nicht-behinderten Schülern zusammen mit<br />
den Behindertenverbänden und Eltern zu erarbeiten.<br />
5. die Kommunen im Landkreis Esslingen als Träger von Kindergärten und Kindertageseinrichtungen<br />
in der Wahrnehmung ihrer Aufgabe zur gemeinsamen Bildung, Erziehung<br />
und Betreuung von behinderten und nicht-behinderten Kindern durch die Erstellung<br />
einer „Checkl<strong>ist</strong>e für Träger zur Aufnahme von behinderten Kindern in Kindergärten“<br />
zu unterstützen und damit den Inklusionsprozess im Landkreis zu befördern.<br />
6. einen Ansprechpartner zu benennen, an den sich Eltern wenden können, deren Kinder<br />
mit Behinderung in einem Kindergarten bzw. an einer Schule abgelehnt worden<br />
sind. <strong>Die</strong>ser Ansprechpartner versucht zwischen Eltern und Schule zu vermitteln, mit<br />
dem Ziel, einen möglichen Rechtsanspruch der behinderten Kinder auf einen Platz im<br />
inklusiven Unterricht umzusetzen und gleichzeitig die Ressourcen der Schulen zu berücksichtigen.<br />
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Begründung:<br />
Am 26. März 2009 trat die UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland in Kraft. Nun <strong>ist</strong><br />
sie geltendes deutsches Recht und muss umgesetzt werden. Dabei muss Deutschland das<br />
Leitbild der Konvention achten: die Inklusion, also die vollumfängliche Einbeziehung behinderter<br />
Menschen in die Gesellschaft von Anfang an.<br />
<strong>Die</strong> UN-Behindertenrechtskonvention dient dem Schutz der Menschenrechte. Sie schafft<br />
kein Sonderrecht für behinderte Menschen, sondern ergänzt die allgemeinen Menschenrechte<br />
um die Perspektive von Menschen mit Behinderungen.<br />
Das neue Leitbild: Inklusion<br />
<strong>Die</strong> Konvention verfolgt ein grundsätzlich neues Leitbild: die Inklusion. Sie <strong>ist</strong> klar zu unterscheiden<br />
von der in Deutschland bekannten Integration: Nicht (mehr) der behinderte Mensch<br />
muss sich anpassen, damit er in der Gesellschaft dabei sein kann. Stattdessen muss sich<br />
die Gesellschaft mit ihren Strukturen anpassen. Eine inklusive Gesellschaft bezieht behinderte<br />
Menschen mit ihren Bedürfnissen von Anfang an ein und grenzt gar nicht erst aus. <strong>Die</strong><br />
Individualität und Vielfalt der Menschen wird anerkannt und wertgeschätzt.<br />
Kindergärten, Kindertageseinrichtungen und Schulen müssen zu dieser Öffnung befähigt<br />
werden und lernen, mit den Kompetenzen aller Kinder und Jugendlichen konstruktiv umzugehen.<br />
Durch die UN-Konvention zur Inklusion ex<strong>ist</strong>iert nach Aussagen von Verfassungsrechtler/-innen<br />
bereits jetzt für die Eltern ein Rechtsanspruch, ihr Kind in einen Regelkindergarten<br />
bzw. auf eine Regelschule zu schicken. <strong>Die</strong> Verwirklichung dieses Rechtsanspruchs<br />
muss mit einer deutlichen Verbesserung der Rahmenbedingungen einhergehen.<br />
Auf das Land <strong>ist</strong> dahingehend einzuwirken, dass es die notwendigen schulgesetzlichen Regelungen<br />
anpasst mit dem Ziel, die UN-Konvention umzusetzen und damit eine vorausschauende<br />
kommunale Schulentwicklungsplanung zu ermöglichen. Wir entlassen das Land<br />
nicht aus der Pflicht, die personellen und finanziellen Rahmenbedingungen für einen massiven<br />
Ausbau des gemeinsamen Unterrichts an allen Schulformen zu schaffen. Es kann nicht<br />
sein, dass Städte und Gemeinden zum „Lückenbüßer“ einer verfehlten Schulpolitik werden.<br />
Der Landkreis Esslingen bekennt sich mit der Initiative „Inklusion im Landkreis Esslingen“<br />
aktiv zu Selbstbestimmung und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe von Menschen<br />
mit Behinderungen von Anfang an und befördert damit eine notwendige Grundhaltung für die<br />
Entwicklung einer inklusiven Gesellschaft.<br />
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