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Geschichte Schelfstadt - Schwerin - schweriner-online.de

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<strong>Geschichte</strong> <strong>Schelfstadt</strong>:<br />

Erstmalig wird die Schelfe im Jahre 1186 erwähnt.<br />

Die Bezeichnung Schelfe bezog sich ursprünglich auf ein Gebiet, das im Osten<br />

<strong>de</strong>r <strong>Schwerin</strong>er See, im Sü<strong>de</strong>n Stadtgraben und Altstadt und im Nor<strong>de</strong>n und<br />

Westen Pfaffenteich und Ziegelsee begrenzten. Erstmalig wird die Schelfe im<br />

Jahre 1186 erwähnt.<br />

Der Begriff lässt sich ganz unterschiedlich <strong>de</strong>uten. Die nie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>utsche<br />

Be<strong>de</strong>utung dürfte dabei zu <strong>de</strong>n geläufigsten gehören. „Schelp" heißt hier nämlich<br />

Schilf und meint zugleich das sumpfige Land, auf <strong>de</strong>m es steht.<br />

Die ersten Bewohner <strong>de</strong>r Schelfe waren zumeist Fischer aus <strong>de</strong>r wendischen<br />

Bevölkerung. Nach <strong>de</strong>r Gründung <strong>Schwerin</strong>s durch Heinrich <strong>de</strong>n Löwen waren<br />

diese aus <strong>de</strong>m Areal <strong>de</strong>r Altstadt vertrieben wor<strong>de</strong>n und sie<strong>de</strong>lten sich hier an.<br />

Die hoheitlichen Eigentumsverhältnisse und Rechte auf <strong>de</strong>r Schelfe waren lange<br />

Zeit umstritten. Klarheit brachte erst <strong>de</strong>r im Jahre 1284 zwischen Bischof<br />

Hermann und <strong>de</strong>m Grafen Helmold III. zu <strong>Schwerin</strong> geschlossene Vergleich.<br />

Darin wur<strong>de</strong> festgelegt, dass die Schelfe vom Stadtgraben bis jenseits <strong>de</strong>s<br />

Wer<strong>de</strong>rs ohne Einschränkung zur bischöflichen Tafel gehörte. Dieser Vertrag<br />

regelte außer<strong>de</strong>m die Rechte <strong>de</strong>r Schelfbewohner, so <strong>de</strong>n Gerichtsstand, die<br />

Markthaltung und die Benutzung <strong>de</strong>r Zufahrtswege.<br />

Bis zum Jahre 1648 war die Schelfe im Besitz <strong>de</strong>s Bistums <strong>Schwerin</strong>. Durch das<br />

Nebeneinan<strong>de</strong>r von verschie<strong>de</strong>nen Hoheitsgebieten und Gerichtsbarkeiten kam<br />

es zu vielen Streitereien zwischen Schelfe, Altstadt und Herzog. Nach <strong>de</strong>r<br />

Säkularisation wur<strong>de</strong>n die Verhältnisse einfacher, doch die Gegensätze zwischen<br />

<strong>de</strong>n Bürgern <strong>de</strong>r Stadt und <strong>de</strong>n Schelfbewohnern, die man schimpflich<br />

„Schelfbauern" zu nennen pflegte, bestan<strong>de</strong>n weiter. Die Bebauung <strong>de</strong>r Schelfe<br />

beschränkte sich im Mittelalter auf die angrenzen<strong>de</strong>n Gebiete <strong>de</strong>r Stadt bis<br />

dahin, wo heute die Schelfkirche steht.<br />

Nördlich erstreckte sich vom Ziegelsee her durch Knaudt-und Schelfstraße bis<br />

zum Ziegenmarkt eine sumpfige Nie<strong>de</strong>rung, die mit <strong>de</strong>m Beutel und <strong>de</strong>m<br />

Pfaffenteich in Verbindung stand.


Darauf erhoben sich in Richtung Pfaffenteich <strong>de</strong>r kleine Weinberg<br />

o<strong>de</strong>r spätere Mühlenberg (nördliche Apotheker-, Mühlen-, Röntgenstraße),<br />

östlich <strong>de</strong>r heute von <strong>de</strong>r Bergstraße durchschnittene große Wein- o<strong>de</strong>r spätere<br />

Stepahnsberg.<br />

Die ersten Straßen auf <strong>de</strong>r Schelfe waren die Steinstraße (heute<br />

Puschkinstraße) und die Fischerstraße (heute Münzstraße).<br />

Noch im 16. und 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt beschränkte sich die Bebauung im wesentlichen<br />

auf drei Straßenzüge. Das war einmal die heutige Puschkinstraße, die sich damals<br />

in zwei Abschnitte teilte: vom Markt bis zur heutigen Schliemannstraße wur<strong>de</strong><br />

sie Steinstraße genannt und von dort bis zur Schelfkirche Ritterstraße. Den<br />

zweiten Abschnitt bil<strong>de</strong>te die Fischerstraße, welche die heutige Münzstraße, <strong>de</strong>n<br />

Ziegenmarkt sowie die Amtstraße umfasste und zum dritten die Papenstraße<br />

(heute Pfaffen-, Schul- und Apothekerstraße). Die Straßen wur<strong>de</strong>n nicht<br />

lückenlos bebaut, son<strong>de</strong>rn waren von großen Gärten umgeben. Im Jahre 1581<br />

zählte man in <strong>de</strong>r Ritterstraße 47, in <strong>de</strong>r Papenstraße 19 und in <strong>de</strong>r<br />

Fischerstraße 58 Wohnungen.<br />

Im 17. Jahrhun<strong>de</strong>rt ist es kaum zu einem Zuwachs gekommen. Das hatte<br />

verschie<strong>de</strong>ne Grün<strong>de</strong>: Einmal lag es an <strong>de</strong>r Misswirtschaft <strong>de</strong>s Dom- Kapitels,<br />

dann an <strong>de</strong>n Stadtbrän<strong>de</strong>n, die vor <strong>de</strong>r Schelfe nicht halt machten, und nicht<br />

zuletzt an <strong>de</strong>n Auswirkungen <strong>de</strong>s 30 jährigen Krieges. Mit an<strong>de</strong>ren Worten, im<br />

17. Jahrhun<strong>de</strong>rt war die Schelfe völlig heruntergewirtschaftet. Diesem<br />

misslichen Zustand sollte durch die Erhebung <strong>de</strong>r Schelfe zur Stadt und ihren<br />

Ausbau abgeholfen wer<strong>de</strong>n. Im Jahre 1705 erließ Herzog Friedrich Wilhelm die<br />

„Declaration von Anbau und Extendirung <strong>de</strong>r bey <strong>de</strong>r Alten Resi<strong>de</strong>ntz- Stadt und<br />

Vestung <strong>Schwerin</strong> nahe anliegen<strong>de</strong>n bisher so genandten Schelffe...". Dabei kam<br />

es ihm vor allem darauf an, „auff solcher Schelffe tüchtige Handwerker und<br />

Manufacturiers wohnhaft zu machen, auch Kauff- und Han<strong>de</strong>lsleute so woll von<br />

Einheimischen als Fremb<strong>de</strong>n dahin zu ziehen, die Bürgerliche Nahrung daselbst in<br />

Flor zu bringen." Mit <strong>de</strong>r Planung und Errichtung dieser barocken Neustadt auf<br />

<strong>de</strong>r Schelfe, die von 1705 bis 1832 eine eigene Stadtverwaltung besaß,<br />

wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ingenieur-Captain Jacob Reutz beauftragt. Handwerkern und<br />

Kaufleuten wur<strong>de</strong>n Vergünstigungen gewährt, wenn sie sich in <strong>de</strong>r Neustadt<br />

nie<strong>de</strong>rließen. Sie konnten hier als Freihandwerker arbeiten und brauchten sich<br />

keinem Zunftzwang zu unterwerfen.


Die geplanten Projekte, wie <strong>de</strong>r Bau <strong>de</strong>s Rathauses, <strong>de</strong>r Kirche und <strong>de</strong>s neuen<br />

Ausganges <strong>de</strong>r Neustadt über <strong>de</strong>n Spieltordamm, sollten für die Beschäftigung<br />

<strong>de</strong>r Handwerker sorgen. Wer sich auf <strong>de</strong>r Schelfe nie<strong>de</strong>rlassen und bauen<br />

wollte, erhielt ein freies Baugrundstück, ein Drittel <strong>de</strong>s Baumaterials o<strong>de</strong>r ein<br />

Viertel <strong>de</strong>r Baukosten in barem Geld. Es war geplant, die bestehen<strong>de</strong>n, aber<br />

recht unregelmäßig bebauten Straßenzüge <strong>de</strong>r heutigen Puschkin-, Apotheker-<br />

und Münzstraße zu begradigen, <strong>de</strong>n Bauhof zu beseitigen und neben <strong>de</strong>r neu zu<br />

erbauen<strong>de</strong>n Kirche einen Marktplatz anzulegen. Der Spielzaun am Ziegelsee<br />

wur<strong>de</strong> zu einem fahrbaren festen Damm ausgebaut, mit einem Tor versehen und<br />

bis zur heutigen Wismarschen Straße durchgeführt.<br />

Der Bebauungsplan sah ferner fast geometrisch angeordnete Straßen und<br />

Häuserblocks nördlich <strong>de</strong>s neuen Marktes vor, die Schelfstraße, Lehmstraße,<br />

Bergstraße und eine Verlängerung <strong>de</strong>r Münzstraße in Richtung Wer<strong>de</strong>r - schräg<br />

zur heutigen Wer<strong>de</strong>rstraße - die Landreiterstraße u. a. Als Wohnhäuser schlug<br />

Reutz in <strong>de</strong>n Hauptstraßen zweigeschossige, in <strong>de</strong>n Nebenstraßen eingeschossige<br />

Fachwerk-Traufenhäuser vor.<br />

Diese ganzen Vorhaben konnten natürlich nicht auf einmal realisiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Im Jahre 1705 wur<strong>de</strong> mit <strong>de</strong>m Ausbau <strong>de</strong>s Spieltordammes zu einer befahrbaren<br />

Straße begonnen, außer<strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>m Aufbau <strong>de</strong>s Manufakturhauses in <strong>de</strong>r<br />

Amtstraße und <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Schelfkirche. Die meisten Arbeiten wur<strong>de</strong>n aber<br />

erst unter Herzog Christian Ludwig, ab 1747, weitergeführt.<br />

Wie weit die Bebauung <strong>de</strong>r Schelfe bis Mitte <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts gediehen<br />

war, vermittelt <strong>de</strong>r Situationsplan <strong>de</strong>s Ingenieur-Captains von Zülow aus <strong>de</strong>m<br />

Jahre 1747. Danach war <strong>de</strong>r nördliche Platzabschluß <strong>de</strong>r Röntgenstraße und<br />

Taubenstraße noch nicht begonnen wor<strong>de</strong>n,.ebenso wenig die Nord- und<br />

Südseiten <strong>de</strong>s Kirchenplatzes.<br />

Dicht bebaut waren lediglich die an die Altstadt anschließen<strong>de</strong>n Hauptstraßen in<br />

ihren unteren Abschnitten, sehr lückenhaft dagegen noch die Münzstraße bis<br />

zum Ziegenmarkt, die Bergstraße im vor<strong>de</strong>ren Teil, die Kirchen- und Amtstraße<br />

und die Apothekerstraße bis zum Mühlenberg.


Während die Schelfe im Jahre 1701 nur 500 Einwohner zählte, waren es 1789<br />

bereits 3000 und im Jahre 1819 4135. Damit hatte die <strong>Schelfstadt</strong> 1819 genauso<br />

viele Einwohner wie die Altstadt. Im Jahre 1832 vereinigten sich Altstadt und<br />

Neustadt zu einem Gemeinwesen.<br />

Der Baumeister Georg Adolf Demmler, <strong>de</strong>r schon einige sehr be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong><br />

Bauvorhaben in <strong>de</strong>r <strong>Schelfstadt</strong> ausgeführt hatte, projektierte 1858 auch die<br />

Verlängerung <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>rstraße bis zum Alten Garten. Im Jahre 1863 reichte<br />

Demmler seinen zweiten Erweiterungs- und Verschönerungsplan <strong>de</strong>r<br />

Resi<strong>de</strong>nzstadt <strong>Schwerin</strong> ein, <strong>de</strong>r u. a. auch für die <strong>Schelfstadt</strong> Verän<strong>de</strong>rungen<br />

vorsah. So war beispielsweise die Anlage eines breiten mit Lin<strong>de</strong>n bepflanzten<br />

Boulevards vom Beutel bis zum Wer<strong>de</strong>rholz und weiter über die<br />

Möwenburgbrücke in Richtung Wismarsche Straße geplant. Außer<strong>de</strong>m entwarf er<br />

für die Flächen hinter <strong>de</strong>r Münzstraße eine Bebauung in <strong>de</strong>r Form geschlossener<br />

Quartiere und machte Vorschläge für <strong>de</strong>n Ausbau <strong>de</strong>r Pfaffenteich Uferstraße.<br />

Lei<strong>de</strong>r konnte <strong>de</strong>r Großteil <strong>de</strong>r Demmlerschen Pläne nicht zu <strong>de</strong>ssen Lebzeiten<br />

realisiert wer<strong>de</strong>n, bil<strong>de</strong>te aber eine wichtige Grundlage für die zukünftigen<br />

Bauvorhaben.<br />

In <strong>de</strong>n Jahren nach 1871, <strong>de</strong>r sogenannten Grün<strong>de</strong>rzeit, entstan<strong>de</strong>n - wie überall<br />

- auch in <strong>de</strong>r <strong>Schelfstadt</strong> große Mietshäuser. Sie überragten die<br />

Fachwerkhäuser um ein bis drei Stockwerke. Außer<strong>de</strong>m kam es En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 19. und<br />

zu Beginn <strong>de</strong>s 20. Jahrhun<strong>de</strong>rts in <strong>de</strong>r <strong>Schelfstadt</strong> immer wie<strong>de</strong>r zu Abrissen<br />

von historisch wertvollen Gebäu<strong>de</strong>n und zum Bau von Häusern, die das ehemals<br />

einheitliche Gesamtbild erheblich störten. Dies än<strong>de</strong>rte sich erst mit <strong>de</strong>r neuen<br />

Baupolizeiordnung von 1906.<br />

Sie teilte das Territorium <strong>de</strong>r Stadt in vier Bauzonen mit unterschiedlichen<br />

Auflagen an die Bauform und Bauweise auf und führte eine schärfere<br />

Überwachung <strong>de</strong>r Baudurchführung ein. Im Jahre 1913 wur<strong>de</strong> die „Verordnung<br />

betreffend <strong>de</strong>n Schutz <strong>de</strong>s Ortsbil<strong>de</strong>s gegen Verunstaltungen" erlassen. Nach<br />

dieser Bestimmung hatten sich Um-und Neubauten in das Gesamtbild <strong>de</strong>r Straße<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Platzes einzuordnen. Das Denkmalschutzgesetz aus <strong>de</strong>m Jahre 1929<br />

unterstrich dieses Anliegen.<br />

Nach 1945 war man bemüht, vor allem die Repräsentativbauten in <strong>de</strong>r<br />

<strong>Schelfstadt</strong> zu erhalten. So begann man u. a. das Neustädtische Palais, das<br />

Bran<strong>de</strong>nsteinsche Palais und die Schelfkirche zu restaurieren sowie Ziegen- und


Schweinemarkt durch Plastiken zu verschönern. An <strong>de</strong>n Wohnhäusern wur<strong>de</strong>n<br />

jedoch kaum die notwendigen Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt und damit<br />

waren sie <strong>de</strong>m Verfall preisgegeben.<br />

Seit 1989 nun versuchen die Bürger <strong>Schwerin</strong>s verstärkt, sich für die Erhaltung<br />

<strong>de</strong>r <strong>Schelfstadt</strong> als einheitlichen barocken Stadtteil einzusetzen. So gelang es<br />

einer Bürgerinitiative noch vor <strong>de</strong>r Wen<strong>de</strong>, <strong>de</strong>n geplanten Abriss und eine neue<br />

Bebauung in Großplattenbauweise zu verhin<strong>de</strong>rn. 1990 wur<strong>de</strong> nun auch von<br />

offizieller Seite die Sanierung <strong>de</strong>r <strong>Schelfstadt</strong> festgelegt. Treuhän<strong>de</strong>rischer<br />

Sanierungsträger <strong>de</strong>r Stadt <strong>Schwerin</strong> ist die WOBAU Schleswig-Holstein.<br />

Das Land Mecklenburg-Vorpommern unterstützt die Ziele <strong>de</strong>r Sanierung,<br />

insbeson<strong>de</strong>re die behutsame Entwicklung und Erneuerung <strong>de</strong>r gewachsenen<br />

Altstadtbereiche durch verschie<strong>de</strong>ne För<strong>de</strong>rungsmöglichkeiten. Grundlage <strong>de</strong>r<br />

Entwicklungsplanung bil<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r Rahmenplan <strong>de</strong>r Stadt <strong>Schwerin</strong>.<br />

www.<strong>schweriner</strong>-<strong>online</strong>.<strong>de</strong>

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