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Management | Preispolitik<br />
Preispolitik in der Bauwirtschaft<br />
Der Umgang mit schwierigen Marktpreisen<br />
Auf freien Märkten bilden sich die Preise für Leistungen durch die jeweiligen Angebots-<br />
und Nachfragekonstellationen. Das gilt grundsätzlich für sämtliche Branchen<br />
und somit auch für die Bauindustrie. Preise können für die Anbieter unterschiedliche<br />
Funktionen erfüllen, eine Kernfunktion ist die, über die Preisgestaltung<br />
eine Realisation von auskömmlichen Gewinnen zu ermöglichen. Die Preissetzungsverfahren<br />
bewegen sich üblicherweise in einem Spannungsfeld zwischen Herstellkosten,<br />
geschätzten Wettbewerberpreisen und der Zahlungsbereitschaft der Kunden.<br />
Auf dieser Basis ergeben sich drei unterschiedliche Ansätze zur Preissetzung:<br />
Das kostenorientierte, dass wettbewerbsorientierte und das nachfrageorientierte<br />
Preissetzungsverfahren.<br />
Prof. Dr. Sammy Ziouziou M.B.A.,<br />
Beuth Hochschule für Technik<br />
Berlin, Fachbereich I Gesellschafts-<br />
und Wirtschaftswissenschaften,<br />
Luxemburger Str. 10,<br />
13353 Berlin<br />
In der Bauwirtschaft dominiert traditionell<br />
das kostenorientierte Preissetzungsverfahren.<br />
In der Regel wird ein Bauvorhaben ausgeschrieben,<br />
d.h. die Nachfrager nach Bauleistungen<br />
definieren ein so genanntes<br />
Leistungsverzeichnis (LV), dass die zu erbringenden<br />
Leistungen beschreibt. Die mit<br />
der Leistungserstellung verbundenen Aufwendungen<br />
erschließen sich dem Anbieter<br />
von Baudienstleistungen häufig erst nach<br />
einer eingehenden Prüfung und Auswertung<br />
der Planungs- und Ausschreibungsunterlagen.<br />
Auf der Basis dieser Auswertungen<br />
werden die eigenen Herstellkosten<br />
inklusive der Leistungen von Nachunternehmern<br />
kalkuliert und je nach angebotspolitischer<br />
Ausrichtung wird ein dementsprechendes<br />
Preisangebot abgegeben.<br />
Traditionelle Preisbildungsmechanismen<br />
Allgemein kann man öffentliche und private<br />
Nachfrager differenzieren, die bei ihren<br />
Beschaffungsverfahren unterschiedlichen Rechtsnormen<br />
unterliegen. Bei öffentlichen Auftraggebern<br />
existieren drei Vergabemodalitäten, die in der Verdingungsordnung<br />
für Bauleistungen (VOB) geregelt sind:<br />
die Öffentliche Ausschreibung, die Beschränkte Ausschreibung<br />
und die Direkte Vergabe. Abgesehen von<br />
den unterschiedlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen<br />
und anderen Faktoren ist die Wettbewerbsintensität<br />
ein gravierender Unterschied dieser drei Verfahren.<br />
Während bei der Öffentlichen Ausschreibung häufig<br />
viele Unternehmen ihre Leistungen anbieten, kann sich<br />
dieser Anbieterkreis bei der Beschränkten Ausschreibung<br />
und vor allem auch bei der Direkten Vergabe teilweise<br />
erheblich reduzieren. Grundsätzlich geht mit einer<br />
höheren Wettbewerbsintensität eine Verringerung<br />
der Gewinnmargen einher. Im Gegensatz zu öffentlichen<br />
Institutionen existieren bei privaten Nachfragen<br />
häufig unternehmensinterne Regularien für die Beschaffung<br />
von Bauleistungen, die sich teilweise an die<br />
VOB anlehnen können.<br />
Für die preispolitische Ausrichtung der Bauunternehmen<br />
können diese unterschiedlichen Rechtsrahmen<br />
deutliche Konsequenzen nach sich ziehen: Während<br />
52 www.baumarkt-online.info 06 | 2010
Foto: Margot Kessler/pixelio.de<br />
sich die Bauunternehmen bei öffentlichen<br />
Bauaufträgen häufig auf eine intensive<br />
Wettbewerbssituation und somit auf eine<br />
preislich wenig attraktive Situation stossen,<br />
bieten unterschiedliche Segmente in der<br />
Privatwirtschaft vielfältige Absatzpotenziale,<br />
die auch vor dem Hintergrund neuer<br />
Preisgestaltungsansätze lukrativ erscheinen.<br />
Da die Rahmenbedingungen (Rechtsrahmen,<br />
Faktorkosten, Marktsituation) für<br />
sämtliche Unternehmen gelten, erscheint<br />
eine auf die Kosten ausgerichtete Preispolitik<br />
nur eine begrenzte Perspektive bieten;<br />
Kostendifferenzen können häufig nur durch<br />
Prozessoptimierung oder durch skalenökonomische<br />
Effekte bei der Beschaffung<br />
generiert werden. Zudem ist häufig zu beobachten,<br />
dass die Preise in intensiven<br />
Wettbewerbssituationen das einzugehende<br />
Risiko nicht vollumfänglich abbilden. Die<br />
Krise in der Bauwirtschaft, die von Mitte<br />
der 90er Jahre bis Mitte dieses Jahrzehnts<br />
andauerte, illustriert, welche negativen<br />
langfristigen Folgen mit einer derartigen<br />
Preispolitik verbunden sein können. Die<br />
jüngsten öffentlichen Ankündigungen einiger<br />
namhafter deutscher Baukonzerne,<br />
ihre klassischen Bauaktivitäten wegen der<br />
schlechten Marktsituation deutlich reduzieren<br />
zu wollen, sind im Wesentlichen auf<br />
dieses Kernproblem zurückzuführen.<br />
Innovative Preisbildungsansätze<br />
Einen möglichen Ausweg aus der beschriebenen<br />
Situation bieten innovative Preissetzungsverfahren,<br />
die im Folgenden auszugsweise<br />
skizziert werden:<br />
Risikooptimierte Ansätze<br />
Dieser Ansatz verfolgt das Ziel, die Risiken,<br />
die sich u.a. aus steigenden Baumaterialpreisen<br />
ergeben können, durch so genannte<br />
Preisgleitklauseln an den Auftraggeber weiterzureichen.<br />
Dies führt aus Sicht der Bauunternehmen<br />
zu einer ausgewogeneren Risikoverteilung;<br />
der Nachteil ist, dass zumindest<br />
gegenwärtig viele Auftraggeber nicht bereit<br />
sind, höhere Risiken zu übernehmen und dadurch<br />
sicherlich die Erfolgsquote bei der<br />
Auftragsakquisition tendenziell sinken wird.<br />
Lebenszyklusansätze<br />
Auftraggeber tätigen ihre Kaufentscheidung<br />
(Auftragszuschlag) häufig in Abhängigkeit<br />
von der Höhe der Anschaffungskosten.<br />
Diese Perspektive lässt wichtige Kosten wie<br />
die Betriebskosten unberücksichtigt, bei einer<br />
Kostenbetrachtung über den gesamten<br />
Lebenszyklus des Bauwerks sinkt der Anteil<br />
der Anschaffungskosten auf ca. 30 bis<br />
40 % der Gesamtkosten. Unter diesem<br />
Blickwinkel wird schnell deutlich, dass der<br />
Großteil der Kosten nach der Bauphase anfällt;<br />
ein Beispiel mag dies verdeutlichen:<br />
Die Verwendung spezieller hochwertiger<br />
Dämmstoffe während der Bauphase kann<br />
einen Baukörper besser isolieren und erschließt<br />
somit langfristig ein nennenswertes<br />
Kostensenkungspotenzial, führt jedoch<br />
kurzfristig zu höheren Aufwendungen. Ein<br />
Unternehmen, dem es gelingt, den Kunden<br />
von den langfristigen Vorteilen einer<br />
Lebenszyklusbetrachtung zu überzeugen,<br />
kann sukzessive eine veränderte Preispolitik<br />
im Markt etablieren.<br />
Partnering<br />
In den USA und Großbritannien bereits<br />
etabliert, entwickelte sich dieser Ansatz<br />
erst mit einiger Zeitverzögerung auch in<br />
Deutschland. Partnering stellt einen Paradigmenwechsel<br />
in der Kunden-Lieferantenbeziehung<br />
dar, weil das ursprünglich traditionell<br />
konfliktäre Verhaltensmuster in der<br />
Baubranche durch einen kooperativen Ansatz<br />
ersetzt wird, der die Interessen sämtlicher<br />
beteiligter Organisationen mit dem<br />
Ziel berücksichtigt, die Partnerressourcen<br />
effektiver auszuschöpfen. Statt in aufwendigen<br />
gerichtlichen Auseinandersetzungen<br />
eine Einigungen zu suchen, können die Beteiligten<br />
ihre Energien durch eine Einbindung<br />
in der Frühphase der Bauproduktion<br />
auf das gemeinsam vereinbare Ziel ausrichten.<br />
Wenn beispielsweise Änderungsanforderungen<br />
frühzeitig zwischen den Beteiligten<br />
abgestimmt werden können, kann man<br />
sich ggf. aufwendigere und kostenintensivere<br />
Maßnahmen zu einem späteren Zeitpunkt<br />
sparen.<br />
Neue vertragliche Ansätze<br />
Die in Deutschland üblichen Vertragsmodelle<br />
wie Einheitspreisvertrag, Detail- oder<br />
Global-Pauschalvertrag können, zumindest<br />
im privatwirtschaftlichen Sektor, durch andere<br />
Vertragsmodelle, die attraktivere und<br />
teilweise risikoärmere Vergütungsmöglichkeiten<br />
bieten, ersetzt werden. In diesem<br />
Zusammenhang werden häufig GMP und<br />
Cost plus Fee Modelle genannt.<br />
GMP-Vertrag (guaranteed maximum price)<br />
bedeutet sinngemäß garantierter Maximalpreis<br />
und kennzeichnet die Kostenobergrenze<br />
für den Auftraggeber. In vielen Fällen<br />
werden die Kostenobergrenzen mit Anreizelementen<br />
zur weiteren Kostenreduktion<br />
verknüpft; dies geschieht üblicherweise<br />
über einen Verteilungsschlüssel der die Verwendung<br />
der Differenzbeträge zwischen<br />
Maximalpreis und tatsächlichen Kosten<br />
festlegt. Die meisten dieser Verteilungsklauseln<br />
teilen den zusätzlichen „Gewinn“<br />
gleichermaßen zwischen Auftraggeber und<br />
Auftragnehmer auf.<br />
Cost-plus-Fee-Verträge haben den Charakter<br />
von Selbstkostenerstattungsverträgen,<br />
die Vergütung für den Auftragnehmer<br />
setzt sich aus den jeweilige Herstellkosten<br />
und einer zusätzlichen Gebühr zusammen.<br />
Dabei kann die Gebühr durch unterschiedliche<br />
Methoden bestimmt werden: durch<br />
eineprozentualen Aufschlag, durch einen<br />
Pauschalbetrag oder durch einen variablen<br />
prozentualen Aufschlag.<br />
Fazit<br />
Die teilweise schwierige Marktpreissituation<br />
stellt für viele deutsche Bauunternehmen<br />
im Inland eine Herausforderung dar,<br />
der sie mit unterschiedlichen Maßnahmen<br />
begegnen: Einige Anbieter von Baudienstleistungen<br />
versuchen, durch eine selektive<br />
Angebotspolitik und durch ein professionelleres<br />
Risikomanagement ihre Ertragslage<br />
positiv zu beeinflussen. Andere Unternehmen<br />
dringen in Marktsegmente vor, wo<br />
sich im Verhältnis zu klassischen Bauprojekten<br />
deutlich bessere Preise und somit<br />
höhere Gewinnmargen erzielen lassen (z.B.<br />
Facility Management, Flughafenmanagement,<br />
Energiedienstleistungen).<br />
Viele Bauunternehmen überdenken angesichts<br />
der teilweise unattraktiven Marktpreise<br />
in einigen Segmenten der Bauwirtschaft<br />
in regelmäßigen Abständen sowohl<br />
ihre Leistungsangebots- als auch ihre Preispolitik.<br />
Ein professionelles und mit anderen<br />
Maßnahmen abgestimmtes Preismanagement<br />
kann dabei einen wesentlichen Beitrag<br />
zur langfristigen Unternehmenssicherung<br />
leisten.<br />
06 | 2010<br />
www.baumarkt-online.info<br />
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