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Ein Wunder zu Weihnachten
Sarah S., Jona
Fast unhörbar rieselte der Schnee nieder, auf den reichlich bedeckten Boden. Es war kalt,
und doch vertrieben sich alle ihre Zeit draußen im Schnee. Lachende Kinder bauten
gemeinsam mit ihren Eltern Schneemänner und Iglus, Schneebälle flogen wild umher. Ja,
alle genossen den Winter, alle außer mir. Schon seit einer Ewigkeit hatte ich nichts mehr mit
meinen Eltern unternommen, geschweige denn mit ihnen einen Schneemann gebaut oder
Kekse gebacken. Meine Mutter lag meistens tagelang im Bett und sprach kaum ein Wort mit
mir. Bei uns zu Hause gab es kein Weihnachten mehr, schon sehr lange nicht mehr. Mein
Vater lag schon seit mehreren Jahren im Spital, im Koma. Tagtäglich vermisste ich ihn mehr.
Natürlich besuchte ich ihn oft. Dabei erzählte ich ihm von meinem Schultag und meinen
Freunden, aber auch von Mama, die ihn so schrecklich vermisste.
Heute war der vierundzwanzigste Dezember. Mit schweren Schritten stapfe ich durch den
Schnee, wobei ich immer achtgeben musste, dass ich nicht mit meinen kurzen Beinen darin
versinken würde. Große Schneeflocken fielen mir ins Haar und ins Gesicht. Ich begann sie
mit dem Mund aufzufangen, was sich als ziemlich schwierig entpuppte. Trotzdem dachte ich
nicht daran aufzugeben, bis ich schließlich eine fing. Sie fühlte sich kalt an in meinem Mund
und kühlte meinen Hals, als sie zu Wasser wurde und mir den Hals hinunter lief.
Auf den Weg zur Schule traf ich meine Freunde, mit denen ich dann gemeinsam zur Schule
lief. In der Schule beteiligte ich mich kaum noch am Unterricht, da meine Gedanken
meistens bei meiner Mutter waren. Die Lehrer wussten natürlich von meiner schwierigen
Situation, deshalb waren sie auch nachsichtig mit mir. Geholfen hat dies auch nicht wirklich.
In der Pause verkroch ich mich in meine Ecke, in der ich meistens alleine war und für meinen
Vater betete.
Nach der Schule warteten meine Freunde auf mich und wir verließen gemeinsam das
Schulgelände. Schon jetzt wusste ich was mich zu Hause erwarten würde, nichts. Meine
Mutter würde wie jeden Tag im Bett liegen. Wie immer musste ich mir schwerlich selbst
etwas zu Essen bereiten, was mit meinen jungen Jahren ziemlich schwierig sein konnte.
Doch heute war dies anders.
Die Mutter eines Klassenkameraden nahm mich mit zu sich nach Hause. Ich durfte helfen
den Tisch zu decken, was ich sehr gerne tat. Während dem Essen erzählten wir vom Morgen
in der Schule, wobei wir uns reichlich über diese vielen Hausaufgaben beschwerten. Es
waren echt unglaublich viele! Nach dem Essen beschloss die Mutter mit uns Kekse zu
backen, da wir am Nachmittag sowieso frei hatten.
Sie machte den Teig, dessen Schüssel ich dann mit freudigem Gesicht auslecken durfte.
Nun musste der Teig eine Weile aufgehen. In der Zwischenzeit setzten wir uns vor den
Fernseher, in dem ein Film über die Weihnachtszeit lief. Es war ein trauriger aber auch
lustiger Film, der würde Papa auch gefallen. Bei dieser Erkenntnis verdüsterte sich mein
Blick und ich wurde traurig. Ja, Papa hatte die Weihnachtszeit immer sehr gemocht. Ich
vermisste ihn so schrecklich, dies konnte ich nicht einmal in Worte fassen.
Als der Teig genügend aufgegangen war, musste er richtig durchgeknetet werden. Es war
richtig lustig. Als die Mutter die Küche für einen kurzen Moment verlassen hatte, begannen
wir uns gegenseitig mit Mehl zu bewerfen, was zur Folge hatte, dass wir schlussendlich
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Dokument Ein Wunder zu Weihnachten
Autor Sarah S., Jona
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voller Mehl waren. In der ganzen Küche flogen Mehlklumpen umher, klatschten an die
Fenster und Wände, fielen zu Boden und zerbrachen. Als die Mutter wieder zu uns
zurückkehrte machte sich ein entsetzter Ausdruck auf ihrem Gesicht breit. Wütend stauchte
sie und zusammen. Daraufhin fing mein Kumpel an zu schreien, wie blöd und dumm seine
Mutter sei, stürmte aus der Küche und verschwand, nicht ohne die Tür zu zu knallen in
seinem Zimmer.
Ohne einen Mucks zu machen stand ich nur da und beobachtete das Geschehen. Es machte
mich richtig wütend, als ich hörte, wie mein Kumpel mit seiner Mutter umging. Auch ich hatte
meine Mutter schon angeschrien, aber so doch nicht! Völlig perplex stand ich nur da und
blickte die um Fassung ringende Mutter an. Mit beiden Händen hielt sie sich am
Waschbeckenrand fest und atmete tief ein und wieder aus. Ohne nachzudenken lief ich zu
ihr hin, um sie zu umarmen. Sie nahm mich dann fest in den Arm. Langsam erlangte sie die
Fassung wieder zurück, drückte mich noch einmal an sich und ließ mich los. Jetzt lächelte
sie wieder. Gemeinsam stachen wir mit Förmchen die Kekse aus, welche wir anschließend
im Backofen backten.
Da ich so Freude am Kekse machen gehabt hatte, durfte ich dann auch welche nach Hause
nehmen. Zu Hause angekommen platzierte ich sie schön in einem Teller, danach brachte ich
sie meiner Mutter. Sie setzte sich auf, als ich das Zimmer betrat. Ihre Augen schlichen
langsam von meinem Gesicht zu meinen Händen mit der Schüssel und wieder zurück zu
meinem Gesicht. Mühselig versuchte sie sich ein Lächelnd abzuringen. Ich schätzte ihren
Versuch, jedoch wusste ich, dass es nur mir zu liebe war. Vorsichtig breitete sie ihre Arme
aus. Ich setzte mich auf ihr Bett und kuschelte mich in ihre schwachen Arme. So saßen wir
eine ganze Weile da, keiner sprach ein Wort und doch verstanden wir, was der jeweilig
andere zu sagen versuchte.
Später saß ich wieder einmal an meinem Lieblings Platz unter einem alten Baum, der es
kaum schaffte dem schweren Schnee Stand zu halten. Beinahe jeden Tag kam ich hierhin,
nur um da zu sitzen, zu weinen und an eine glückliche Familie zu denken, meine glückliche
Familie. Vor meinem geistigen Auge sah ich meinen Vater vor mir, der mich mit einem
strahlenden Lächeln ansieht und meine Mutter die ihre Hand auf seiner Schulter hat und
ebenfalls lächelt. Einst waren wir eine so schöne Familie gewesen, glücklich. Meine Augen
füllten sich mit Tränen. Langsam löste sich eine aus meinen Augenwinkeln, kullerte mir
übers Gesicht und tropfte schließlich von meinem Kinn hinab auf meine Knie. So sehr
wünschte ich mir, dass dies alles nie passiert wäre, dass mein Vater wieder zu uns
zurückkehren würde. Wir sollten wieder eine glückliche kleine Familie sein. Fest zog ich
meine Beine an meinen Oberkörper und begann fürchterlich zu weinen. Eine Träne nach der
anderen kullerte mir übers Gesicht. Stumm saß ich einfach nur da, weinte und weinte vor
mich hin.
Langsam wurde es immer dunkler und dunkler, also beschloss ich wieder nach Hause
zurückzukehre. Mit schweren Schritten stapfte ich durch den tiefen Schnee zurück.
Zu Hause angekommen erwartete mich meine Mutter, die besorgt an der Tür stand. Fest
nahm sie mich in die Arme, so fest wie es ihre wenige Kraft zuließ. Stumm setzten wir uns an
den Tisch und beteten gemeinsam für meinen Vater. Ausnahmsweise hatte meine Mutter
gekocht. Wahrscheinlich dachte sie sich, dass heute Heiligabend war und mein Vater nicht
gewollt hätte, dass wir seinetwegen darauf verzichten. Wir saßen da, aßen und sprachen
kein einziges Wort. Bis plötzlich das Telefon klingelte. Gleichzeitig erhoben sich meine
Mutter und ich, liefen hin zum Telefon. Verwundert blickte ich zu ihr auf, als sie mit kaum
hörbarer Stimme den in der anderen Leitung begrüßte. Einen Moment lang war es
Mucksmäuschen still, doch dann stieß meine Mutter einen erstickten Schrei aus, wobei sie
das Telefon fallen ließ. Erschrocken starrte ich sie an. Die Fassung völlig verloren sackte sie
zu Boden. Dann blickte sie wieder zu mir hoch, sah mich an, fassungslos, begann zu lächeln
und flüsterte kaum hörbar: „Dein Vater ist aufgewacht!“