Aktuelles 4-00.pm6 - Hartmann
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WUND<br />
FORUM Ausgabe<br />
TITELTHEMA<br />
ANTISEPTIKA<br />
BEI INFIZIERTEN<br />
WUNDEN<br />
FORSCHUNG<br />
Bedeutung von Sauerstoff<br />
in der Genese und Therapie<br />
chronischer Wunden<br />
KASUISTIK<br />
TenderWet in der<br />
klinischen Anwendung<br />
PRAXISWISSEN<br />
Der Wundverband –<br />
entscheidende Therapiemaßnahme<br />
Direktbeschallung von Ulcera cruris<br />
mit niederfrequentem Ultraschall<br />
2/2001<br />
ISSN 0945–6015<br />
B 30725 F
Inhalt<br />
AKTUELLES<br />
Infektionsschutzgesetz (IfSG)<br />
seit 1.1.2001 in Kraft .......................... 4<br />
Buchtipp............................................ 5<br />
Termine .............................................. 6<br />
Kurzmeldungen ................................. 6<br />
Rechtsprechung:<br />
Wundversorgung und die<br />
Sicherung ihrer Qualität ..................... 7<br />
TITELTHEMA<br />
Die infizierte Wunde –<br />
Therapieempfehlungen zum<br />
Einsatz von Antiseptika ................... 10<br />
FORSCHUNG<br />
Bedeutung von Sauerstoff<br />
in der Genese und Therapie<br />
chronischer Wunden ....................... 16<br />
KASUISTIK<br />
TenderWet in der<br />
klinischen Anwendung .................... 20<br />
PRAXISWISSEN<br />
Fremdblutübertragungen<br />
in der operativen Medizin –<br />
aktueller Status ................................ 24<br />
Direktbeschallung von<br />
Ulcera cruris mit niederfrequentem<br />
Ultraschall .................... 26<br />
Der Wundverband –<br />
eine entscheidende<br />
Therapiemaßnahme ........................ 28<br />
Leitfaden für Autoren ....................... 34<br />
Impressum ...................................... 34<br />
Titelbild:<br />
Makrophage attackiert<br />
Escherichia coli-Bakterien.<br />
Editorial<br />
Verehrte Leserinnen und Leser,<br />
da wurde sie im Jahre 1994 nun endlich gegründet,<br />
die Gesellschaft, die alle an der Wundbehandlung<br />
und Wundheilung Interessierten zusammenbringen<br />
sollte: die Deutsche Gesellschaft für Wundbehandlung<br />
e. V., kurz DGfW.<br />
PD Dr. med. habil. Karl Maria Sedlarik war der erste<br />
Präsident, Dr. med. Wim Fleischmann und Friedmar<br />
Zimpfer als Vertreter der Mitglieder aus der Pflege<br />
fungierten als Vizepräsidenten, und die PAUL HART-<br />
MANN AG sorgte als Geburtshelfer für die notwendige<br />
Anschubfinanzierung.<br />
Richtig in die Vollen ging es dann ab 1996, als der<br />
Ulmer Chirurg Prof. Dr. med. Heinz Gerngroß als neuer Präsident das Ruder bei<br />
der DGfW übernahm. Mit seiner durchaus unkonventionellen Truppe begeisterter<br />
Wundbehandler aus dem Umfeld des Ulmer Bundeswehrkrankenhauses stellte<br />
er Beachtliches auf die Beine. Da gab es jährlich den viel beachteten DGfW-<br />
Kongress, die eigene Zeitschrift, die neue Geschäftsstelle, die DGfW-Wundsprechstunde<br />
und jede Menge weiterer Aktivitäten. Die Mitgliederzahl wuchs<br />
kontinuierlich, und im so genannten Förderkreis ist inzwischen alles vertreten, was<br />
auf Industrieseite in der Wundbehandlung Rang und Namen hat. Die DGfW hat<br />
sich also als stabile und feste Größe etabliert – sollte man meinen.<br />
Doch seit einigen Wochen rumort es heftig im Verein. Der alte Geschäftsführer<br />
ist nicht mehr im Amt, es wird von Budgetproblemen gesprochen und von Differenzen<br />
im Bereich der ärztlichen und pflegerischen Interessen. Wir vom Wund-<br />
Forum bedauern die in der DGfW entstandene Verunsicherung sehr und appellieren<br />
deshalb an alle Mitglieder und Freunde der Gesellschaft, bei der Hauptversammlung<br />
anlässlich des 5. DGfW-Kongresses im Juni zusammenzustehen und<br />
gemeinsam für das weitere erfolgreiche Wirken der Deutschen Gesellschaft für<br />
Wundbehandlung zu kämpfen.<br />
Es wäre wirklich schade, wenn das verflixte siebte Jahr auch in diesem Fall<br />
seine Spuren hinterlassen würde.<br />
Kurt Röthel<br />
Marketingdirektor der PAUL HARTMANN AG<br />
WundForum INTERN<br />
PS: Auch dieses Jahr gibt es einen aktualisierten CD-ROM-Sammelband aller bisher<br />
erschienenen Ausgaben des HARTMANN WundForum. Detaillierte Informationen<br />
dazu finden Sie auf Seite 34.<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
3
AKTUELLES<br />
Infektionsschutzgesetz<br />
(IfSG) seit 1.1.2001 in Kraft<br />
Interview mit Prof. Dr. med. Jürgen Großer,<br />
Arzt für Hygiene und Umweltmedizin<br />
Im Interesse einer effektiveren Infektionsepidemiologie<br />
wurde über Jahre<br />
das neue Infektionsschutzgesetz erarbeitet.<br />
Danach besteht unter anderem<br />
für Krankenhäuser und Einrichtungen<br />
für ambulantes Operieren ab dem<br />
01.01.2001 die Verpflichtung zur<br />
gezielten Erfassung und Bewertung<br />
bestimmter nosokomialer Infektionen<br />
(Surveillance) sowie zur Erfassung von<br />
Erregern mit besonderen Resistenzen<br />
und Multiresistenzen. Das HARTMANN<br />
WundForum befragte zu diesem Gesetz<br />
Prof. Dr. med. Jürgen Großer.<br />
WundForum: Am 1. Januar dieses<br />
Jahres trat das neue Infektionsschutzgesetz<br />
in Kraft. Worin bestehen Unterschiede<br />
zum bisher gültigen Bundesseuchengesetz?<br />
Prof. Großer: Diese sind grundsätzlicher<br />
Art. Mit dem Gesetz zur Verhütung<br />
und Bekämpfung von Infektionskrankheiten<br />
beim Menschen, kurz Infektionsschutzgesetz<br />
– IfSG, wird das Recht<br />
auf dem Gebiet der übertragbaren<br />
Krankheiten für Deutschland völlig neu<br />
gestaltet, in einem einheitlichen Regelwerk<br />
zusammengefasst und fortgeschrittenen<br />
internationalen Maßstäben<br />
angepasst. Außer dem Bundesseuchengesetz<br />
treten übrigens das Gesetz<br />
zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten<br />
mit Verordnungen, weitere<br />
bisher gesondert geregelte Meldepflichten,<br />
z. B. für das enteropathische<br />
hämolytische-urämische Syndrom<br />
(HUS), für Infektionen durch<br />
enterohämorrhagische Escherichia coli<br />
(EHEC) und humane spongiforme Enzephalopathien,<br />
sowie die Laborberichtsverordnung<br />
außer Kraft.<br />
Wundforum: Welche Neuregelungen<br />
sind von breiterem Interesse?<br />
Prof. Großer: Neu ist zum Beispiel,<br />
dass in einem der 77 Paragraphen<br />
(§ 3) die Information der Allgemeinheit<br />
über die Gefahren übertragbarer<br />
Krankheiten und die Möglichkeiten zu<br />
4 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
deren Prävention zur öffentlichen Aufgabe<br />
erklärt werden. Prävention ist ein<br />
Leitgedanke des Gesetzes. Wesentlich<br />
erweitert wurden die Begriffsbestimmungen<br />
(§ 2), bisher 5, jetzt 14.<br />
Sie umfassen nun auch Begriffe<br />
wie Infektion, nosokomiale Infektion,<br />
Schutzimpfungen und andere Maßnahmen<br />
der spezifischen Prophylaxe,<br />
Impfschaden oder Sentinel-Erhebung.<br />
Ausführlich werden die zentrale Verantwortung<br />
des Robert Koch-Institutes,<br />
das Bund-Länder-Informationsverfahren,<br />
die Rolle der Gesundheitsämter,<br />
aber auch das Zusammenwirken mit<br />
der Weltgesundheitsorganisation, der<br />
Kommission der Europäischen Union<br />
und den Mitgliedsstaaten geregelt.<br />
WundForum: In welcher Weise wurden<br />
die Meldepflichten verändert?<br />
Prof. Großer: Im Meldewesen wird<br />
nun zwischen meldepflichtigen Krankheiten<br />
(§ 6) und meldepflichtigen<br />
Nachweisen von Krankheitserregern<br />
(§ 7) unterschieden. Die Pflicht der<br />
Ärzte zur namentlichen Meldung bei<br />
Verdacht, Erkrankung und Tod wurde<br />
auf 14 Erkrankungen konzentriert.<br />
Prof. Dr. med. Jürgen Großer ist Arzt<br />
für Hygiene und Umweltmedizin.<br />
Er war in die Beratung der Gesetzentwürfe<br />
zum Infektionsschutzgesetz<br />
einbezogen und ist Mitglied der Vertreterveranstaltung<br />
der Landesärztekammer<br />
Pfalz.<br />
Darunter als häufiger vorkommend<br />
die akuten Virushepatitiden, HUS, die<br />
Masern (endlich!), die Meningokokken-<br />
Meningitis oder -Sepsis und Typhus /<br />
Paratyphus. In diese Aufzählung gehören<br />
auch Cholera, Diphtherie, Milzbrand,<br />
Pest und Tollwut, Krankheiten<br />
mit denen in Deutschland eher selten<br />
zu rechnen ist.<br />
Zu melden sind künftig ferner<br />
behandlungsbedürftige Tuberkulosen<br />
auch ohne Erregernachweis, sog. Lebensmittelvergiftungen,<br />
der Verdacht<br />
auf eine über das übliche Maß hinausgehende<br />
Impfreaktion, Verletzungen<br />
oder Kontakt durch bzw. zu tollwutkranken,<br />
tollwutverdächtigen und ansteckungsverdächtigen<br />
Tieren, bedrohliche<br />
und zusammengehörige gleichartige<br />
Erkrankungen, die eine Gefahr<br />
für die Allgemeinheit darstellen könnten,<br />
wenn Personen mit einer behandlungsbedürftigen<br />
Tuberkulose die Behandlung<br />
verweigern oder abbrechen<br />
und das gehäufte Auftreten von nosokomialen<br />
Infektionen, bei denen ein epidemiologischer<br />
Zusammenhang wahrscheinlich<br />
ist oder vermutet wird.<br />
Völlig neu und gewissermaßen<br />
Schwerpunkt ist künftig die sehr differenzierte<br />
Meldung des Nachweises<br />
von 53 Krankheitserregern, davon 47<br />
namentlich sowie nichtnamentlich Treponema<br />
pallidum, HIV, Echinococcus<br />
sp., Plasmodium sp. und bei konnatalen<br />
Infektionen Rubellaviren und Toxoplasma<br />
gondii. Von den Clostridien ist<br />
Cl. botulinum oder Toxinnachweis meldepflichtig,<br />
nicht mehr Gasbrand und<br />
Tetanus.<br />
WundForum: Welche Bedeutung wird<br />
in dem neuen Gesetz den aktiven<br />
Schutzimpfungen beigemessen?<br />
Prof. Großer: Die Impfprävention<br />
spielt weiter eine herausragende Rolle.<br />
Neu ist die Festlegung, dass künftig<br />
das Bundesministerium für Gesundheit<br />
bestimmte Schutzimpfungen durch<br />
Rechtsverordnung zu Pflichtleistungen<br />
der gesetzlichen Krankenkassen erklären<br />
kann. Im § 34 (11) wurde festgelegt,<br />
dass bei Erstaufnahme in die<br />
erste Schulklasse das Gesundheitsamt<br />
oder ein von ihm beauftragter Arzt den<br />
Impfstatus der Kinder zu erheben und<br />
die Daten über die oberste Landesgesundheitsbehörde<br />
an das Robert<br />
Koch-Institut zu übermitteln hat. Das<br />
könnte zu genaueren Daten über die<br />
reale Impfsituation bei Vorschulkindern<br />
führen.
Leider konnte sich der Gesetzgeber<br />
erneut nicht zu einer weiteren Verbesserung<br />
der Organisation des Impfwesens<br />
nach bekannten Vorbildern<br />
entschließen, nicht einmal zu der vorgeschlagenen,<br />
sicher bescheidenen<br />
Umbenennung der Impfempfehlungen<br />
in Impfprogramme. Wie andere Kommissionen<br />
ist jetzt die Ständige Impfkommission,<br />
die STIKO, beim Robert<br />
Koch-Institut gesetzlich verankert. Das<br />
gilt auch hinsichtlich der Kommission<br />
für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention.<br />
WundForum: Welche Festlegungen<br />
enthält das Infektionsschutzgesetz zu<br />
den nosokomialen Infektionen?<br />
Prof. Großer: § 23 verpflichtet die Leiter<br />
von Krankenhäusern und von Einrichtungen<br />
zum ambulanten Operieren<br />
vom Robert Koch-Institut festgelegte<br />
nosokomiale Infektionen und das Auftreten<br />
von resistenten Krankheitserregern<br />
aufzuzeichnen und zu bewerten.<br />
Im Vordergrund werden dabei die<br />
device-assoziierten nosokomialen Infektionen<br />
und Wundinfektionen stehen.<br />
Diese Erfassungen sind als innerbetriebliche<br />
Qualitätskontrolle gedacht<br />
und nicht weiter zu melden.<br />
Wundforum: Im IfSG ist erstmalig in<br />
einem Gesetz der Begriff Hygieneplan<br />
zu finden. Was ergibt sich daraus?<br />
Prof. Großer: § 36 sieht vor, dass Gemeinschaftseinrichtungen,<br />
solche für<br />
Kinder aber auch für alle Arten von<br />
Gesundheitseinrichtungen, Alten- und<br />
Pflegeheime bis zu Obdachlosenunterkünften<br />
und anderen Gemeinschaftsunterkünften,<br />
in Hygieneplänen ihre<br />
innerbetriebliche Verfahrensweisen zur<br />
Infektionshygiene festzulegen haben.<br />
Dies setzt eine Analyse der Gefährdungen<br />
in diesen Bereichen voraus.<br />
Darauf aufbauend sollten in Abhängigkeit<br />
von Größe und Struktur der<br />
jeweiligen Einrichtung Festlegungen zu<br />
hygienischen Schwerpunkten z. B. zur<br />
Händehygiene, zur Hautdesinfektion,<br />
zu Flächenreinigung bzw. -desinfektion,<br />
zu anderen Desinfektions- und zu<br />
Sterilisationsmaßnahmen, zu aktiven<br />
Schutzimpfungen, zum Umgang mit<br />
Wäsche, zur Hygiene in Gemeinschaftsküche,<br />
zur Organisation der<br />
Hygienearbeit, zu Schulungsmaßnahmen<br />
u.v.a.m. getroffen werden. Das<br />
Thema wird künftig zu vertiefen sein.<br />
Einheitliche Vorgaben gibt es nicht<br />
und sind auch nur schwer vorstellbar.<br />
Gebraucht werden mehr Hygienestan-<br />
dards. Ein Schwerpunkt ist dabei<br />
sicher die zum Teil sehr angespannte<br />
Lage in Alten- und Pflegeheimen. Der<br />
ÖGD von Mecklenburg-Vorpommern<br />
hat dazu im vergangenen Jahr mit<br />
umfangreichen Hygienegrundsätzen<br />
einen hervorragenden Beitrag geliefert.<br />
WundForum: Welche weiteren<br />
Schwerpunkte sehen Sie im neuen<br />
Gesetz?<br />
Prof. Großer: Ein solcher bleiben die<br />
Kindereinrichtungen (§§ 33 bis 36).<br />
Ausführlich wird die Hygiene des Wassers<br />
(§§ 37 bis 41) behandelt. Das gilt<br />
auch für die gesundheitlichen Anforderungen<br />
an das Personal beim Umgang<br />
mit Lebensmitteln (§§ 42 und 43). Die<br />
Tätigkeits- und Beschäftigungsverbote<br />
wurden präzisiert. Die Pflicht zur Belehrung<br />
durch die Gesundheitsämter wurde<br />
beibehalten, die ohnehin unsinnige<br />
einmalige Stuhluntersuchung aufgegeben.<br />
WundForum: Worauf kommt es bei<br />
der Umsetzung des IfSG nach Ihrer<br />
Auffassung jetzt besonders an?<br />
Prof. Großer: Der Aufbau einer effektiveren<br />
Infektionsepidemiologie erfordert<br />
jetzt vor allem zweierlei: Erstens eine<br />
wesentlich höhere Melde-Disziplin<br />
durch Ärzte nach § 6. Diese sind dazu<br />
immer zuerst verpflichtet. Die bisherigen<br />
Ergebnisse können nicht befriedigen.<br />
Wegen der Verschiebung des<br />
Schwerpunktes der Meldungen auf<br />
Erregernachweise muss zum Zweiten<br />
künftig, und auch das wieder durch<br />
Ärzte, viel häufiger und qualifiziert<br />
Material zu virologischer, bakteriologischer,<br />
mykologischer und protozoologischer<br />
Diagnostik an Laboratorien eingesandt<br />
werden. Es sei daran erinnert,<br />
dass diese Untersuchungen unter eine<br />
Ausschlussziffer für den EBM fallen<br />
und nicht budgetiert sind. Der Arzt, der<br />
nun häufiger Material zu mikrobiologischer<br />
Diagnostik einsendet, hat also<br />
keine wirtschaftlichen Nachteile zu erwarten.<br />
Insgesamt wird die Erfüllung<br />
des neuen IfSG mit Leben einen längeren<br />
Zeitraum in Anspruch nehmen.<br />
WundForum: He r Prof. Großer, wir<br />
danken Ihnen für die Beantwortung der<br />
Fragen.<br />
Das Gespräch führte Hardy-Thorsten<br />
Panknin, Berlin.<br />
Weitere Informationen zum Infektionsschutzgesetz<br />
siehe Bundesgesundheitsblatt<br />
(2000) 43:835-915.<br />
BUCHTIPP<br />
AKTUELLES<br />
Fritz Bittig<br />
Bildatlas der<br />
Medizinischen Fußpflege<br />
Die Füße spielen eine wichtige<br />
Rolle in unserem Leben – und dennoch<br />
werden sie erstaunlich oft vernachlässigt,<br />
was ernsthafte Erkrankungen<br />
zur Folge haben kann.<br />
Der Physiotherapeut und medizinische<br />
Fußpfleger Fritz Bittig stellt<br />
in diesem Bildatlas die verschiedenen<br />
Krankheitsbilder und Behandlungsmöglichkeiten<br />
vor. Besonders<br />
weist er auf die Bedeutung der<br />
medizinischen Fußpflege bei Gefäß-<br />
und Stoffwechselerkrankungen<br />
wie z. B. Diabetes mellitus hin.<br />
Immerhin geht ein erheblicher Teil<br />
der Fußamputationen bei Diabetikern<br />
auf nicht rechtzeitig behandelte<br />
Fußläsionen zurück.<br />
Schritt für Schritt werden auch<br />
anschaulich Spezialtechniken wie<br />
Nagelprothetik, Orthonyxie und<br />
Orthesenherstellung erläutert. Weitere<br />
wichtige Themen sind Spezialverbände<br />
sowie der Umgang mit<br />
Diabetikern und Problempatienten,<br />
die nur in Zusammenarbeit mit<br />
dem Arzt behandelt werden dürfen.<br />
Und viele eindrucksvolle Vorher-Nachher-Fotos<br />
belegen, welche<br />
Erfolge durch die Anwendung<br />
fußpflegerischer Techniken möglich<br />
sind.<br />
Das Fachbuch dürfte so für Podologen<br />
und medizinische Fußpfleger<br />
vom Berufsanfänger bis zum<br />
Spezialisten einen wertvollen Ratgeber<br />
darstellen.<br />
Hippokrates Verlag Stuttgart, 2001,<br />
200 Seiten mit zahlreichen Farbfotos,<br />
DM 99,– ISBN 3-7773-1451-X<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
5
AKTUELLES<br />
VIDEOTIPP<br />
Franz Daschner<br />
Die wichtigsten Hygienemaßnahmen<br />
bei MRSA<br />
Methicillin resistente Staphylococcus<br />
aureus (MRSA) wurden<br />
erstmals in den 60er-Jahren isoliert<br />
und haben sich seitdem weltweit<br />
verbreitet. Deutschland nimmt im<br />
Moment mit 15,2% einen Mittelplatz<br />
ein, jedoch steigt die MRSA-<br />
Häufigkeit in den letzten Jahren<br />
kontinuierlich an. Dies erfordert<br />
dringend gemeinsame Anstrengungen,<br />
um das Infektionsproblem<br />
zu beherrschen.<br />
Obwohl es nach wie vor keine<br />
einheitliche Meinung gibt, welche<br />
Maßnahmen zur Verhinderung der<br />
Ausbreitung von MRSA nötig oder<br />
sinnvoll sind, können z. T. Evidenzbasierte<br />
Empfehlungen gegeben<br />
werden. Prof. Dr. F. Daschner,<br />
Freiburg, und Prof. Dr. H. Rüden,<br />
Berlin, stellen die wichtigsten Maßnahmen<br />
in einem didaktisch sehr<br />
gut aufbereiteten Video dar. Es beinhaltet<br />
Epidemiologie, Screening<br />
bei Patienten und Personal, Isolierung,<br />
Desinfektionsmaßnahmen,<br />
Therapie sowie die neuesten nationalen<br />
und internationalen Empfehlungen.<br />
Als VHS-Video oder CD-ROM mit<br />
MPEG-Video, Laufzeit 13 Minuten,<br />
Preis Video oder CD-ROM jeweils<br />
mit Broschüre DM 98,–; zu bestellen<br />
beim Institut für Umweltmedizin<br />
und Krankenhaushygiene, Sekretariat<br />
Prof. Dr. F. Daschner, Hugstetter<br />
Straße 55, 79106 Freiburg, Fax:<br />
0761-270 5485<br />
6 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
Termine<br />
Kongresse und<br />
Fortbildung im<br />
Sommer 2001<br />
42. Österreichischer Chirurgenkongress<br />
Graz, 14.-16.6.2001, Grazer Congress<br />
Auskunft: Universitätsklinik für Chirurgie<br />
Graz, Univ. Prof. Dr. Karlheinz<br />
Tscheliessnigg, Auenbruggerplatz 29,<br />
A-8036 Graz (Österreich), Tel.:<br />
+43-316-385-2730, Fax: +43-316-385-<br />
2107, E-Mail: karlheinz.tscheliessnigg<br />
@kfunigraz.ac.at, Website: http://www.<br />
chirurgie-kongress.at<br />
Workshop Diabetischer Fuß<br />
für Ärzte und Schulungspersonal<br />
Bad Mergentheim, 7.7.2001,<br />
Diabetes-Zentrum<br />
Auskunft: Diabetes Akademie Bad Mergentheim<br />
e. V., Ursula Zeller, Geschäftsstellenleiterin,Theodor-Klotzbücher-Str.<br />
12, 97980 Bad Mergentheim,<br />
Tel.: 07931-8015, Fax: 07931-7750,<br />
E-Mail: diabetes.akademie@diabeteszentrum.de,<br />
Website: www.diabeteszentrum.de<br />
Wound Care in Context Conference &<br />
11 th ETRS Annual Conference<br />
Cardiff, 2.-4.9. und 5.-8.9.2001<br />
Cardiff International Arena, Wales, UK<br />
Leitung: Prof. Keith Harding<br />
Auskunft: The Conference Office,<br />
EMAP Healthcare Events, Greater London<br />
House, Hampstead Road, London<br />
NW1 7EJ, Tel.: +44-20-7874-0294, Fax:<br />
+44-20-7874-0298, E-Mail: healthcare.<br />
conference@emap.com<br />
5. Niedersächsisches Symposium<br />
für Pflegeberufe im Operationsdienst<br />
Braunschweig, 19.-20.9.2001,<br />
Stadthalle Braunschweig<br />
Auskunft: Braunschweiger Studieninstitut<br />
für Gesundheitspflege, Rita Reise,<br />
Ludolfstraße 2, 38104 Braunschweig,<br />
Tel.: 0531-360735, Fax: 0531-363191,<br />
E-Mail: BSG.Reise@t-online.de<br />
32. Jahreskongress der Vereinigung<br />
der deutschen plastischen Chirurgen &<br />
6. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft<br />
für ästhetisch-plastische Chirurgen<br />
Frankfurt/M., 27.-30.9.2001, Alte Oper<br />
Auskunft: P & R Kongresse GmbH,<br />
Bleibtreustraße 12 A, 10623 Berlin, Tel.:<br />
030-8851-027, Fax: 030-8851-029, E-<br />
Mail: info@pr-kongresse.de, Website:<br />
www.pr-kongresse.de<br />
Produktinformationen<br />
Neu: Peha-haft für<br />
Finger- und Zehenverbände<br />
Sichere Verbandfixierungen an Fingern<br />
und Zehen oder auch an schmalen<br />
Gelenken von Babys und Kleinkindern<br />
waren bisher nie einfach zu<br />
bewerkstelligen, weil – von Stülpverbänden<br />
einmal abgesehen – passende<br />
Fixierbinden nicht zur Verfügung standen.<br />
Nun aber gibt es die bewährte<br />
kohäsive Fixierbinde Peha-haft in der<br />
ideal passenden Breite von 2,5 cm.<br />
Damit ist Schluss mit umständlichem<br />
Zurechtschneiden von breiten Binden<br />
und rutschenden Verbandfixierungen.<br />
Die vielen Vorteile von Peha-haft sind<br />
bekannt: Mit ihrem zweifachen Hafteffekt<br />
ist sie einfach und ohne komplizierte<br />
Verbandtechniken anzulegen,<br />
hält ohne zu rutschen und schnürt<br />
nicht ein. Im Hinblick auf Zehenverbände<br />
ist außerdem ganz wichtig, dass<br />
sich Peha-haft praktisch ohne Zug und<br />
Druck anlegen lässt. Denn bei den<br />
häufig ischämisch bedingten Zehenläsionen,<br />
z. B. infolge von Diabetes<br />
oder arterieller Verschlusskrankheit,<br />
darf eine Verbandfixierung keinen<br />
Druck ausüben, damit die gestörte<br />
Durchblutungssituation nicht noch weiter<br />
beeinträchtigt wird.<br />
Peha-haft, 2,5 cm breit, 4 m lang,<br />
steht in Packungen zu 8 Stück zur Verfügung.
Rechtsprechung<br />
Wundversorgung<br />
und die Sicherung<br />
ihrer Qualität<br />
Der medizinische Fortschritt hat uns<br />
neben dem Aspekt einer Lebensverlängerung<br />
zahlreiche Erleichterungen<br />
wie nicht zuletzt einen zeitlich kürzeren<br />
Heilverlauf und die Reduzierung mit<br />
therapeutischen Maßnahmen verbundener<br />
Schmerzen beschert, was zumindest<br />
früher u. a. bei einem Verbandwechsel<br />
unvermeidbar erschien. Im<br />
Bereich des Wundmanagements sind<br />
die feuchte Wundversorgung und bei<br />
entsprechender Indikation eingesetzte<br />
Hydrokolloidverbände Meilensteine auf<br />
dem Weg des Fortschritts.<br />
KOSTEN ALS BLOCKADE DES<br />
FORTSCHRITTS?<br />
Neue therapeutische Erkenntnisse<br />
stehen heute nicht allein auf dem Prüfstand<br />
medizinischen Wissens. Oft erscheint<br />
die – zuweilen nur oberflächlich<br />
und nicht in der Gesamtschau – betrachtete<br />
Kostenschiene als Blockade<br />
medizinischen Fortschritts. Gewiss, die<br />
Budgetverantwortlichkeit trifft Ärzte im<br />
niedergelassenen und stationären Bereich<br />
zugleich; ohne ein kostenorientiertes<br />
Qualitätsmanagement ist der<br />
Versorgungsauftrag nach Vorgabe des<br />
im Sozialgesetzbuch normierten Wirtschaftlichkeitsgebots<br />
nicht zu erbringen.<br />
Doch die Kostenfrage darf nicht<br />
reduziert werden auf den Einzelpreis<br />
einer Therapie oder gar eines einzelnen<br />
Medizinprodukts z. B. aus der<br />
Sparte der therapeutisch im Einzelfall<br />
angezeigten Wundversorgungssysteme.<br />
Schließlich geht es bei der therapeutischen<br />
Entscheidung um mehr als<br />
nur um einen einzelnen geldwerten<br />
Faktor: Im Vordergrund stehen der Patient<br />
und nicht zuletzt das medizinische<br />
Ethos – ganz zu schweigen von der<br />
haftungsrechtlichen Verantwortung im<br />
Schadensfalle.<br />
Mit verfassungsrechtlichem Rang<br />
sind in § 823 des bürgerlichen Gesetzbuchs<br />
die absoluten Rechte eines jeden<br />
Menschen und Bürgers entsprechend<br />
ihrer Wertigkeit ordnungspolitisch<br />
nach der ihnen zukommenden<br />
Rangfolge aufgeführt. Danach kommt<br />
dem Recht auf Leben, Körper und Gesundheit<br />
der höchste Wert zu. Sportlich<br />
betrachtet sind dies die Medaillenränge.<br />
Die von uns allen zu Recht hoch<br />
geschätzte und nur im Einzelfall bei<br />
speziellen Interessenkonflikten mit richterlicher<br />
Überprüfung einschränkbare,<br />
im Kern jedoch unantastbare Freiheit<br />
belegt den undankbaren vierten Platz.<br />
Die in der Praxis so oft zitierte Kostenproblematik<br />
als Ausfluss des Vermögensrechts<br />
folgt statistisch betrachtet<br />
unter „ferner liefen“ am Schluss des<br />
Feldes. Schon diese formaljuristische<br />
Betrachtung sollte Indiz dafür sein,<br />
dass das Argument Kosten in keinem<br />
Fall obsiegen darf, wenn es entsprechend<br />
der Indikation um den Einsatz<br />
effizienterer therapeutischer Methoden<br />
zum Schutze und zum Nutzen des Patienten<br />
geht.<br />
QUALITÄTSSICHERUNG ALS<br />
NORMATIVE VORGABE<br />
In der aktualisierten Fassung des<br />
Sozialgesetzbuchs V heißt es in Festlegung<br />
des therapeutisch einzuhaltenden<br />
Qualitätsanspruchs für die Versorgung<br />
eines jeden Patienten u. a.:<br />
§ 135 a<br />
Verpflichtung zur Qualitätssicherung<br />
(1) Die Leistungserbringer sind zur<br />
Sicherung und Weiterentwicklung der<br />
Qualität der von ihnen erbrachten Leistungen<br />
verpflichtet. Die Leistungen<br />
müssen dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen<br />
Erkenntnisse entsprechen<br />
und in der fachlich gebotenen<br />
Qualität erbracht werden.<br />
(2) Vertragsärzte, zugelassene Krankenhäuser<br />
sowie Erbringer von Vorsorgeleistungen<br />
oder Rehabilitationsmaßnahmen<br />
sind nach Maßgabe der §§<br />
136 a, 136 b, 137 und 137 d verpflichtet,<br />
sich an einrichtungsübergreifenden<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung zu<br />
beteiligen, die insbesondere zum Ziel<br />
haben, die Ergebnisqualität zu verbessern.<br />
Zugelassene Krankenhäuser,<br />
stationäre Vorsorgeeinrichtungen und<br />
stationäre Rehabilitationseinrichtungen<br />
sind nach Maßgabe der §§ 137 und<br />
137 d verpflichtet, einrichtungsintern<br />
ein Qualitätsmanagement einzuführen<br />
und weiterzuentwickeln.<br />
Diese gesetzliche Vorgabe ist nicht<br />
etwa nur ein gewünschtes Leitbild,<br />
nach dem zu streben ist; Qualitätssicherung<br />
in der normierten Definition ist<br />
therapeutische Pflicht und damit ein<br />
nicht zur Disposition stehender Ver-<br />
AKTUELLES<br />
tragsbestandteil jeder medizinischen<br />
Versorgung. So hat schon in den Siebzigerjahren<br />
der Bundesgerichtshof als<br />
höchstes deutsches Zivilgericht formuliert,<br />
dass der Patientenanspruch auf<br />
eine sichere Versorgung nach den aktuellen<br />
Erkenntnissen der Wissenschaft<br />
stets zu gewährleisten sei. Die Sorgfaltspflicht<br />
und zugleich die haftungsrechtliche<br />
Verantwortung eines jeden<br />
Arztes und seiner im Versorgungsteam<br />
stehenden ärztlichen und nicht-ärztlichen<br />
Mitarbeiter bemisst sich nach<br />
diesem aktuellen Erkenntnisstand der<br />
medizinischen Wissenschaft. Ärzte,<br />
Pflegepersonal und medizinische Einrichtungen<br />
sind in erster Linie dem Patienten<br />
und ihrem beruflichen Ethos<br />
verpflichtet. So gilt es in der medizinischen<br />
Versorgung ausnahmslos, dem<br />
Patienten den optimalen therapeutischen<br />
Nutzen bei minimalen Belastungen<br />
zu gewährleisten. In Bezug auf die<br />
moderne Wundversorgung beinhaltet<br />
dies u. a.:<br />
� die Gefahr einer Sekundärinfektion<br />
auf das unvermeidbare Restrisiko zu<br />
minimieren,<br />
� jegliche mit physischer und psychischer<br />
Belastung verbundene Heilungsverzögerung<br />
auszuschließen,<br />
� unnötige Schmerzen etwa beim Verbandwechsel<br />
zu vermeiden.<br />
Mit dieser Zielsetzung verpflichtet der<br />
Gesetzgeber alle therapeutisch Verantwortlichen<br />
wie in § 135 a SGB V angeführt<br />
zu einrichtungsübergreifenden<br />
Maßnahmen der Qualitätssicherung.<br />
Wenn weitergehend zur Aufrechterhaltung<br />
der Behandlungsqualität nach<br />
den aktuellen Erkenntnissen für Krankenhäuser,<br />
stationäre Vorsorgeeinrichtungen<br />
und stationäre Rehabilitationseinrichtungen<br />
ein Qualitätsmanagement<br />
einzuführen und weiterzuentwickeln<br />
ist, entbindet dies nicht etwa den<br />
niedergelassenen Arzt und/oder therapeutisch<br />
verantwortliche Mitarbeiter<br />
sonstiger medizinischer Dienste von<br />
der ständigen Beobachtung und notwendigen<br />
Umsetzung neuer therapeutischer<br />
Erkenntnisse entsprechend<br />
dem aktuellen Wissensstand. Nach<br />
einem als allgemeine Pflicht zum Qualitätsmanagement<br />
zu verstehenden<br />
Gebot der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs<br />
entspricht es der<br />
rechtlichen Verpflichtung insbesondere<br />
des Arztes, aber auch des verantwortlich<br />
handelnden Pflegepersonals, sich<br />
über neue Erkenntnisse – und das<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
7
AKTUELLES<br />
auch bei der Wundversorgung – bis zur<br />
Grenze des Zumutbaren fortzubilden.<br />
UMSETZEN THERAPEUTISCHER<br />
ERKENNTNISSE ZUR SCHADENABWEHR<br />
UND ZUM NUTZEN DES PATIENTEN OHNE<br />
SACHFREMDE ZWÄNGE<br />
Die rechtlichen und ethischen Zielvorstellungen<br />
stimmen sicher ohne Dissens<br />
bei Therapeuten, Patienten und<br />
Juristen überein. Es soll schon mangels<br />
fachlicher Kompetenz eines Juristen<br />
davon abgesehen werden, an dieser<br />
Stelle einzelne aktuelle therapeutische<br />
Erkenntnisse darzustellen oder zu<br />
diskutieren. Für das Thema Wundversorgung<br />
sei auf das umfangreiche und<br />
im Wesentlichen einheitliche Spektrum<br />
der Veröffentlichungen in den Fachzeitschriften<br />
wie der hier vorliegenden<br />
Ausgabe verwiesen.<br />
Vielleicht hilft es und gilt es zur<br />
Durchsetzung dieser im therapeutischen<br />
Wissen des Arztes und seiner<br />
Assistenzkräfte stehenden Grundsätze,<br />
auf den rechtlichen Hintergrund einer<br />
abgesicherten aktuellen Versorgung<br />
hinzuweisen:<br />
So gilt es im Schadensfall – sei es<br />
bei einer Sekundärinfektion, einer Heilungsverzögerung<br />
oder bei einer unnötigen<br />
Schmerzbelastung infolge des<br />
Einsatzes eines nach aktuellem Wissensstand<br />
und Patienteninteresse nicht<br />
optimal geeigneten Wundversorgungssystems<br />
– haftungsrechtlich:<br />
Wer grundlos von aktuellen Standardmethoden<br />
zur Bekämpfung möglicher<br />
bekannter Risiken abweicht, muss<br />
Schadenersatzansprüche und die Folgen<br />
einer Beweislastumkehr im Schadensfall<br />
fürchten.<br />
Es ist ein rechtlich verpflichtendes<br />
Gebot der Sorgfalt mit zivilrechtlichen<br />
Sanktionen im Schadensfall (Schadenersatz<br />
und Schmerzensgeld), in der<br />
Wundversorgung wie im gesamten therapeutischen<br />
Spektrum der medizinischen<br />
Versorgung nachweislich stets<br />
die den Patienten am wenigsten belastenden<br />
und für den Heilerfolg am ehesten<br />
effizienten Methoden anzuwenden.<br />
So wird der Arzt in aller Regel einen<br />
im Schadensfall zum Regress führenden<br />
Behandlungsfehler begehen,<br />
wenn er unter mehreren Alternativen<br />
die risikoreichere wählt – unabhängig<br />
davon, dass er bei dieser Auswahl – erfolge<br />
sie aus Kosten- und Budgetgründen<br />
oder nicht – in der Pflicht stünde,<br />
seinen Patienten über eine mögliche<br />
8 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
Risikoerhöhung aufzuklären. Ohne hier<br />
weiter die Folgen einer unterlassenen<br />
pflichtgemäßen Aufklärung darstellen<br />
zu wollen, dürfte die Einwilligung eines<br />
Patienten in eine vermeidbare Risikoerhöhung<br />
wohl nicht zu erlangen sein.<br />
Hans-Werner Röhlig, Oberhausen<br />
Produktinformationen<br />
HARTMANN Auto-<br />
Verbandkasten in<br />
modernem Design<br />
Das Mitführen eines Autoverbandkastens<br />
ist Pflicht, aber es ist keine<br />
Pflicht, dass alle Kästen gleich langweilig<br />
aussehen müssen. Und so wurde<br />
der HARTMANN Auto-Verbandkasten<br />
außen und innen neu gestaltet.<br />
Ein eisblaues Kunststoffbehältnis<br />
mit harmonisch abgerundeten Ecken<br />
Der neue HARTMANN<br />
Auto-Verbandkasten:<br />
außen modernes Design<br />
und innen nie mehr Chaos<br />
durch perfekte Anordnung,<br />
unten die neuen Kissen<br />
und Taschen.<br />
macht aus dem Kasten optisch nahezu<br />
ein Designerstück. Es ist besonders<br />
bruchsicher und temperaturbeständig<br />
von -25 bis 90 °C, passt in jede Standardhalterung<br />
und lässt sich mühelos<br />
mit einer Hand öffnen.<br />
Gleich beim Öffnen des Verbandkastens<br />
liegt dann der Inhalt übersichtlich<br />
geordnet in zwei folienverschweißten<br />
Hälften bereit. Die Orientierung ist dabei<br />
ganz einfach, sodass auch im<br />
Ernstfall, wenn der Laienhelfer normalerweise<br />
aufgeregt ist, das Benötigte<br />
schnell und sicher gefunden werden<br />
kann. Denn klare Piktogramme zeigen,<br />
wo was zu finden ist, und kurze Hinweistexte<br />
erläutern, was wozu verwendet<br />
wird: Die eine Hälfte enthält alle<br />
sterilen Verbandstoffe, die direkt mit<br />
der Wunde in Berührung kommen, wie<br />
Wundschnellverbände, Verbandpäckchen,<br />
Verbandtücher und Kompressen.<br />
Die andere Hälfte enthält Material<br />
zur Verbandfixierung wie Heftpflaster<br />
und Fixierbinden sowie andere nichtsterile<br />
Teile, z. B. die vorgeschriebene<br />
Rettungsdecke, eine Schere und Einmalhandschuhe.<br />
Beide Hälften sind<br />
sicher am Boden bzw. Deckel des Kastens<br />
befestigt, sodass sie beim Aufklappen<br />
immer gleich ordentlich bereitliegen<br />
und nicht herausfallen können.<br />
So herrscht immer perfekte Ordnung.<br />
Selbstverständlich entsprechen Kasten<br />
und Inhaltsteile der vorgeschriebenen<br />
Norm DIN 13164.<br />
Auch die Auto-Verbandkissen und<br />
-Verbandtaschen erhielten ein neues<br />
„Outfit“ aus einem strapazierfähigen<br />
dunkelblauen Nylongewebe, das von<br />
-25 bis 90 °C temperaturbeständig ist.<br />
In beiden Behältnissen befindet sich<br />
der nach DIN 13164 vorgeschriebene<br />
Inhalt.<br />
Des Weiteren steht eine COMBI<br />
Auto-Verbandtasche zur Verfügung,<br />
die die gesetzlich vorgeschriebene<br />
Erste-Hilfe-Ausrüstung sowie das Euro-<br />
Warndreieck enthält. Auch sie ist aus<br />
strapazierfähigem Nylongewebe und<br />
bietet durch die Unterteilung in zwei<br />
Fächer, jeweils mit separatem Reißverschluss,<br />
direkten Zugriff zu dem, was<br />
gerade benötigt wird: oben die Erste-<br />
Hilfe-Ausrüstung, unten das Warndreieck.<br />
Ob Kasten, Tasche oder Kissen:<br />
Erhältlich ist das Erste-Hilfe-Sortiment<br />
von HARTMANN in Verbrauchermärkten,<br />
im Kfz-Zubehörhandel und in der<br />
Apotheke.
HARTMANN intern<br />
HARTMANN-Gruppe<br />
erweitert ihr<br />
internationales<br />
Engagement<br />
Aktuell ist die HARTMANN-Gruppe<br />
jetzt in 24 Ländern mit Tochtergesellschaften<br />
vertreten – darunter sind seit<br />
Beginn dieses Jahres auch Tochtergesellschaften<br />
in den USA und in Südafrika.<br />
Die PAUL HARTMANN Corp. in<br />
Libertyville, Illinois, US-Tochtergesellschaft<br />
der Heidenheimer PAUL HART-<br />
MANN AG, kauft rückwirkend zum<br />
1. Januar 2001 die Conco Medical<br />
Company in Rock Hill bei Charlotte,<br />
South Carolina. Conco war bislang im<br />
Besitz der Familie Braun, deren Angehörige<br />
auch zu 40% an der HART-<br />
MANN-Tochter Karl Otto Braun (KOB),<br />
Wolfstein, beteiligt sind.<br />
Conco Medical Company stellt mit<br />
über 200 Mitarbeitern in einer eigenen<br />
Band- und Breitweberei Binden für den<br />
BUCHTIPP<br />
Hans Lippert<br />
Wundatlas –<br />
Wunde, Wundbehandlung<br />
und Wundheilung<br />
Das große Thema „Wunde“ berührt<br />
alle praktischen Disziplinen der Medizin<br />
und Pflege, hat aber in Lehre und<br />
Ausbildung keineswegs die Bedeutung<br />
erreicht, die ihm eigentlich zukommen<br />
sollte. Nicht selten führen<br />
unzureichende Kenntnisse zu Kompli-<br />
gesamten US-amerikanischen<br />
Markt her, die bisher<br />
über ein Netz von<br />
freien Handelsvertretern<br />
vertrieben wurden. Nach<br />
einer Sortimentsausweitung<br />
auf interaktive<br />
Wundauflagen von<br />
HARTMANN Anfang dieses<br />
Jahres wird die neue<br />
HARTMANN-Conco nun<br />
auch einen eigenen Medicalvertrieb<br />
aufbauen.<br />
Ziel der Akquisition<br />
durch die PAUL HART-<br />
MANN Corp., deren Aufgabe primär in<br />
der Koordination des US-Geschäfts<br />
liegt, ist eine Stärkung des Marktzuganges<br />
im Medicalbereich, insbesondere<br />
in den Produktsegmenten Wundbehandlung,<br />
Binden und Pflaster. Der<br />
Vertrieb von Inkontinenzprodukten in<br />
den USA erfolgt über ein Partnerunternehmen.<br />
Am 1. März 2001 hat die PAUL HART-<br />
MANN AG 70% der Anteile an ihrem<br />
bisherigen Distributeur in Südafrika,<br />
der Vitamed Ltd. in Sandton bei Johannesburg<br />
(Bild), übernommen. 30% verbleiben<br />
im Besitz des südafrikanischen<br />
Managements.<br />
kationen, die den Heilerfolg in Frage<br />
stellen.<br />
Der vorliegende „Wundatlas“ könnte<br />
dabei helfen, eine sachgemäße<br />
Wundbehandlung zu praktizieren.<br />
Hans Lippert und seine Mitarbeiter<br />
haben sich besonders darauf konzentriert,<br />
sowohl aktuelles Basiswissen<br />
als auch die einzelnen Wundtherapien<br />
in komprimierter, übersichtlicher<br />
Form darzustellen. Eine sehr gute<br />
Bilddokumentation unterstützt diese<br />
Diktion.<br />
Im Detail behandelt der Wundatlas<br />
folgende Themen:<br />
� Grundlagen zu Wundarten und<br />
Physiologie der Wundheilung<br />
� Störfaktoren der Wundheilung und<br />
Wundkomplikationen mit Klinik und<br />
Therapie<br />
� Prinzipien der operativen Wundversorgung,<br />
z. B. provisorische und<br />
definitive Wundversorgung<br />
� Lokalbehandlung sekundär heilender<br />
Wunden, z. B. Débridement,<br />
AKTUELLES<br />
Die neu gegründete HARTMANN-Vitamed<br />
Ltd. ist eine Vertriebsgesellschaft<br />
mit einer Produktionseinheit für OP-Produkte<br />
und andere medizinische Bedarfsgüter.<br />
Das Unternehmen beschäftigt<br />
165 Mitarbeiter. Es vertreibt das<br />
komplette HARTMANN-Sortiment, hat<br />
jedoch einen Schwerpunkt bei Inkontinenzprodukten<br />
und Verbandstoffen.<br />
Ziel der Akquisition ist eine Stärkung<br />
der Marktposition im gesamten südlichen<br />
Afrika. Damit hat HARTMANN<br />
nach der Gründung der Tochtergesellschaft<br />
in Ägypten im August letzten<br />
Jahres einen zweiten wesentlichen<br />
Schritt getan.<br />
enzymatische, biologische und<br />
physikalische Wundreinigung, Antibiotika<br />
und Antiseptika, Wundauflagen,<br />
Sauerstoffbehandlung<br />
� Pathogenese und Therapie spezieller<br />
Infektionen, z. B. aerobe und<br />
anaerobe Infektionen, septische<br />
Allgemeininfektionen<br />
� Pathogenese und Therapie der Verbrennung<br />
� Pathogenese und Therapie chronischer<br />
Wunden, z. B. Dekubitus,<br />
Ulcera cruris, diabetische Ulcerationen<br />
� Wundbehandlung und Qualitätssicherung<br />
mit Verband und Verbandwechsel,<br />
Wundbeurteilung<br />
und Wunddokumentation<br />
Barth Verlag in MVH Medizinverlage<br />
Heidelberg, Heidelberg 2001, 174<br />
Seiten mit zahlreichen Farbfotos und<br />
Tabellen, DM 179,–, ISBN 3-8304-<br />
5012-5<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
9
TITELTHEMA<br />
Die infizierte Wunde –<br />
Therapieempfehlungen zum<br />
Einsatz von Antiseptika<br />
M. Bischoff, A. Beck<br />
Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie<br />
der Universitätsklinik Ulm<br />
EINLEITUNG<br />
Antiseptika werden in der offenen<br />
Wundbehandlung großzügig bei allen<br />
Formen von Wundheilungsstörungen<br />
eingesetzt. Ihr Einsatz sollte aber auf<br />
das Stadium der Wundinfektion begrenzt<br />
bleiben. Allerdings gewinnt ihr<br />
Einsatz durch das vermehrte Auftreten<br />
von Problemkeimen wie MRSA oder<br />
MRSE und deren anzustrebender Eradikation<br />
in letzter Zeit deutlich an Interesse.<br />
Voraussetzung für den lokalen<br />
Einsatz ist die genaue Kenntnis der<br />
verschiedenen Wundantiseptika und<br />
deren Wirkungsweise. Diese Arbeit soll<br />
einen Überblick über die gebräuchlichsten<br />
Antiseptika geben und leitet<br />
daraus praktische Anwendungsempfehlungen<br />
ab.<br />
PROBLEMSTELLUNG WUNDANTISEPTIK<br />
Die Wundinfektion ist die folgenschwerste<br />
Störung der Wundheilung.<br />
Sie wird durch Mikroorganismen –<br />
überwiegend Bakterien – verursacht,<br />
die in die Wunde eindringen, sich dort<br />
vermehren und dabei schädigende<br />
Toxine erzeugen. Das Infektionsgeschehen<br />
ist zumeist örtlich begrenzt<br />
10 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
und führt durch Gewebszerstörungen<br />
mit Nekrosenbildung zu unterschiedlich<br />
schweren Wundheilungsstörungen.<br />
Jede Wundinfektion kann sich<br />
aber auch systemisch bis hin zur akut<br />
lebensbedrohlichen Sepsis ausweiten.<br />
Was Fäulnis und Eiterung der Wunde<br />
verursacht und wie dies zu bekämpfen<br />
ist, zählt zu den ältesten medizinischen<br />
Aufgaben und Herausforderungen.<br />
Insbesondere in der griechischen<br />
Medizin, in den Schriften Hippokrates,<br />
finden sich hierzu bereits gute Vorstellungen<br />
über das Wesen der Fäulnisprozesse,<br />
was dem Chirurgen der Antike<br />
als Konsequenz „peinliche Sauberkeit“<br />
bei der Wundbehandlung als<br />
Pflicht auferlegt.<br />
Als Vorläufer eines antiseptischen<br />
Wundverbandes könnten durchaus die<br />
mit starkem Rotwein getränkten Leinenkompressen<br />
bezeichnet werden.<br />
Das Gebot der Sauberkeit bei der<br />
Wundbehandlung geriet dann allerdings<br />
über viele Jahrhunderte hinweg<br />
in Vergessenheit, wie auch seit Galen<br />
die Auffassung „pus bonum et laudabile“<br />
die Wundbehandlung dominierte<br />
und Entwicklungen blockierte.<br />
Jospeh Lister kämpfte<br />
mit großem persönlichen<br />
Engagement für die Verbreitung<br />
seiner antiseptischen<br />
Methoden. In Deutschland<br />
erfuhr er dabei Unterstützung<br />
durch Paul <strong>Hartmann</strong><br />
sen., der bereits 1874 nach<br />
detaillierten Anweisungen<br />
von Lister die Fertigung der<br />
Carbolgaze aufnahm.<br />
Erst weit in der Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
konnte die verhängnisvolle<br />
Stagnation überwunden werden. Basierend<br />
auf den Arbeiten des französischen<br />
Chemikers Louis Pasteur zum<br />
Prozess der Gärung entwickelte der<br />
englische Arzt Joseph Lister 1867<br />
seinen Karbolsäure-Verband zur Vernichtung<br />
von bereits in die Wunde<br />
eingedrungenen Keimen. Lister ebnete<br />
damit der „Antiseptik“, der Keimvernichtung<br />
mit Hilfe chemischer Substanzen,<br />
den Weg. Sie stellt bis heute eine<br />
unverzichtbare Maßnahme im Kampf<br />
gegen Wundinfektionen dar.<br />
Daran änderte letztlich auch die Entdeckung<br />
der Antibiotika nichts. Wenngleich<br />
diese vorübergehend die Bedeutung<br />
von Antiseptika minderten,<br />
trug gerade die breite und oft unkritische<br />
Anwendung der Antibiotika dazu<br />
bei, neue, schwerwiegende Probleme<br />
aufzuwerfen. Es kam weltweit zur<br />
Entwicklung antibiotikaresistenter Bakterienstämme,<br />
die die Grenzen der<br />
Wunderwaffe Antibiotikum deutlich<br />
machten und das Interesse an den Antiseptika<br />
neu belebten.<br />
Nach allgemeiner Definition besteht<br />
die prophylaktische/therapeutische<br />
Zielsetzung der Antiseptik darin, Mikroorganismen<br />
mit Hilfe lokal wirkender<br />
chemischer Substanzen (als Antiseptika<br />
oder auch als „Antiinfektiva“ bezeichnet)<br />
abzutöten bzw. zu inaktivieren<br />
oder in ihrer Vermehrung zu hemmen.<br />
Applikationsorte sind mögliche Eintrittspforten<br />
für Erreger bzw. manifeste<br />
Infektionsherde<br />
� auf der Körperoberfläche (Haut,<br />
Schleimhaut, Wunden),<br />
� in Körperhöhlen (Punktionen, Katheter),<br />
� auf chirurgisch freigelegten bzw. eröffneten<br />
Arealen.<br />
Entsprechend den Anwendungsbereichen<br />
stehen Haut-, Schleimhaut- und<br />
Wundantiseptika zur Verfügung. Thema<br />
dieser Arbeit ist die Wundantiseptik,<br />
die hierbei zum Einsatz kommenden<br />
Antiseptika sowie deren Anwendungsproblematik.<br />
Denn auch wenn heute<br />
weniger aggressive Antiseptika verfügbar<br />
sind, ist deren Anwendung auf<br />
Wundflächen immer noch mit bestimmten<br />
Risiken belastet, die die Wundheilung<br />
erheblich stören können. Eine<br />
sachgerecht durchgeführte Antiseptik<br />
setzt in diesem Sinne einige grundlegende<br />
Kenntnisse voraus.
DIE WUNDINFEKTION –<br />
ERKENNEN UND BEHANDELN<br />
Das Infektionsmanagement in der<br />
Praxis scheint von zwei grundsätzlichen<br />
Problemen geprägt zu sein: Zum<br />
einen werden aus Angst vor Infektionen<br />
antiseptische Substanzen und auch<br />
Antibiotika unkritisch lokal appliziert,<br />
zum anderen werden Infektionen nicht<br />
selten zu spät erkannt.<br />
Wunden sind niemals steril. Dies bedeutet<br />
jedoch nicht, dass sie infiziert<br />
sind. Bei jeder Erörterung einer bakteriellen<br />
Präsenz muss klar zwischen Kontamination<br />
und Infektion unterschieden<br />
werden.<br />
Kontamination bedeutet das bloße<br />
Vorhandensein von Bakterien auf der<br />
Wunde, ohne dass diese sich vermehren.<br />
Zu einer klinischen Infektion<br />
kommt es erst, wenn Bakterien tiefer in<br />
die Wunde und das umgebende Gewebe<br />
eindringen, sich vermehren und<br />
durch ihre Toxine Entzündungsreaktionen<br />
hervorrufen. Diese sind durch die<br />
klassischen Merkmale Rötung, Schwellung<br />
(Ödembildung), Überwärmung,<br />
Schmerz und Funktionsbeeinträchtigungen<br />
gekennzeichnet. Charakteristisch<br />
sind außerdem vermehrte Sekretion<br />
und je nach vorherrschendem<br />
Erregertyp eine mitunter starke Geruchsentwicklung,<br />
z. B. süßlich riechend<br />
bei Pseudomonas- oder fäkulent<br />
riechend bei E. coli-Infektionen.<br />
Messungen an standardisierten Proben<br />
haben nachgewiesen, dass 10 4<br />
pyogene Streptokokken pro mm 3 bzw.<br />
10 5 -10 6 Staphylococcie aurei pro mm 3<br />
vorhanden sein müssen, um eine<br />
Wundinfektion zu erzeugen. Eine Zahl<br />
von 10 5 Keimen pro mm 3 Gewebe kann<br />
somit als Richtschnur für eine therapiebedürftige<br />
Infektion gelten (Niedner,<br />
1993).<br />
Bei der Anfertigung des Wundabstriches<br />
ist die richtige Technik für das zuverlässige<br />
Ergebnis entscheidend. Die<br />
Abstriche sind aus der Tiefe der Wunde<br />
und von den Wundrändern zu entnehmen,<br />
da sich die Infektionserreger<br />
an dieser Stelle konzentrieren.<br />
Für die Beurteilung der Infektionsgefährdung<br />
als Basis für das weitere<br />
Vorgehen sind darüber hinaus folgende<br />
Kriterien von entscheidender Bedeutung:<br />
Wundentstehung, Ausmaß der Verschmutzung<br />
und Zustand der Wunde: So<br />
sind z. B. alle Wunden, die durch äußere<br />
Gewalteinwirkung entstanden sind,<br />
1 2 3<br />
4 5<br />
wie z. B. Stich-, Quetsch- und Pfählungswunden,<br />
generell als infiziert einzustufen,<br />
da mit dem die Verletzung<br />
verursachenden Gegenstand immer<br />
Keime in die Wunde gelangen. Das<br />
Gleiche gilt für Bisswunden, da mit<br />
dem Speichel von Tier und Mensch zumeist<br />
sehr virulente Keime übertragen<br />
werden. Des Weiteren stellt alles nekrotische<br />
Gewebe – egal welcher Ursache<br />
– einen idealen Nährboden für Bakterien<br />
dar.<br />
Durchblutungssituation der Wunde: Die<br />
für die lokale Abwehr und Antikörperbildung<br />
wichtigen Zellen sowie der zur<br />
Phagozytose benötigte Sauerstoff können<br />
nur bei ausreichender Perfusion in<br />
das Wundgebiet gebracht werden,<br />
ebenso ggf. systemisch verabreichte<br />
Antibiotika.<br />
Lokalisation der Wunde: Die einzelnen<br />
Körperregionen weisen sowohl eine<br />
unterschiedliche Durchblutung als auch<br />
eine unterschiedlich hohe Keimbelastung<br />
auf, so z. B. sind Wunden im Analbereich<br />
wie Dekubiti oder Fisteln stark<br />
durch Sekundärinfektionen gefährdet.<br />
Alter der Wunde: Grundsätzlich ist die<br />
frische Wunde in hohem Maße infektionsgefährdet.<br />
Mit zunehmender Organisation<br />
der körpereigenen Immunabwehr<br />
verringert sich die Infektionsgefährdung,<br />
sodass eine Wunde mit gut<br />
vaskularisiertem Granulationsgewebe<br />
TITELTHEMA<br />
Typische Erreger für<br />
Wundinfektionen<br />
Abb. 1:<br />
Escherichia coli<br />
Abb. 2:<br />
Stapyhlococcus aureus<br />
Abb. 3:<br />
Staphylococcus<br />
epidermidis<br />
Abb. 4:<br />
Pseudomonas aeruginosa<br />
Abb. 5:<br />
Candida albicans<br />
den Erregern bereits erheblichen Widerstand<br />
entgegensetzen kann. Auch<br />
ältere chronische Wunden zeigen erfahrungsgemäß<br />
eine eher geringe Infektanfälligkeit.<br />
Allgemeinzustand und Immunitätslage<br />
des Patienten: Wie schnell sich in Abhängigkeit<br />
vom Wundzustand die körpereigenen<br />
Abwehrmechanismen organisieren<br />
können, ist wiederum abhängig<br />
vom allgemeinen Immunstatus<br />
des betroffenen Organismus. Ein bereits<br />
geschwächtes Immunsystem, ein<br />
reduzierter Allgemeinzustand, Stoffwechselerkrankungen,<br />
maligne Tumoren,<br />
hohes Alter, Mangelernährung<br />
usw. haben immer auch negative Auswirkungen<br />
auf die Immunantwort.<br />
Ziel der Behandlung einer Wundinfektion<br />
ist, die Anzahl der Bakterien so<br />
stark zu vermindern, dass zwischen<br />
Immunabwehr und Keimen wieder ein<br />
Gleichgewicht hergestellt wird bzw.<br />
dass sich Keime erst gar nicht vermehren<br />
und die Kontamination in<br />
eine Infektion übergeht. Die wichtigsten<br />
Maßnahmen hierzu sind:<br />
� wundsituationsabhängig ein ausreichendes<br />
Débridement bzw. eine<br />
chirurgische Wundrevision zur Entfernung<br />
von Nekrosen, Belägen, zerstörter<br />
Strukturen, eingedrungener<br />
Fremdkörper usw. sowie die Sicherung/Wiederherstellung<br />
einer best-<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
11
TITELTHEMA<br />
möglichen Perfusion im Wundgebiet<br />
(Anmerkung: Diese Maßnahmen<br />
können auch nicht durch die perfekteste<br />
Wundantiseptik ersetzt werden),<br />
� eine lokale, antiseptische Wundbehandlung,<br />
� eine sachgerechte Verbandbehandlung<br />
im Sinne der fortführenden<br />
Wundreinigung und als Schutz vor<br />
Sekundärinfektionen sowie<br />
� eventuell eine systemische Antibiotikagabe<br />
nach vorheriger Keim- und<br />
Resistenzbestimmung.<br />
Eine Behandlung mit lokalen Antibiotika<br />
ist hingegen strikt abzulehnen. Die<br />
Gründe hierfür liegen in der Selektion<br />
resistenter Keime, einer Sensibilisierung<br />
des Patienten und dadurch dem<br />
Verlust eines potenziellen Antibiotikums<br />
für die systemische Therapie sowie<br />
in der Gefahr der Superinfektion mit<br />
Pilzen.<br />
Beachtenswert ist auch die Tatsache,<br />
dass die Abtötung der Bakterien<br />
durch die Antibiotika in der Regel eine<br />
aktive Stoffwechselleistung der Bakterien<br />
voraussetzt und damit eigentlich ein<br />
passiver Wirkungsmechanismus vorliegt,<br />
während die Antiseptika relativ<br />
unabhängig von der Stoffwechseloder<br />
Zellteilungsaktivität schnell einwirken<br />
und damit einen aktiven Wirkungsmechanismus<br />
darstellen.<br />
Fällt die Entscheidung zur Wundantiseptik,<br />
z. B. aus prophylaktischen<br />
Gründen im Rahmen der Primärversorgung<br />
verschmutzter kontaminierter<br />
Wunden oder aus therapeutischen<br />
Gründen bei klinisch manifester Infektion,<br />
gilt es in jedem Fall, das am besten<br />
geeignetste Wundantiseptikum<br />
auszuwählen. Folgende Grundanforderungen<br />
sollten dabei durch das Präparat<br />
erfüllt sein:<br />
� sichere keimabtötende (mikrobiozide)<br />
bzw. inaktivierende Wirksamkeit<br />
gegen ein breites Spektrum an Mikroorganismen,<br />
� kein Eiweißfehler, d. h. kein Wirkungsverlust<br />
des Antiseptikums unter<br />
Belastung mit Eiweißen (da das<br />
Antiseptikum bei der offenen Wundbehandlung<br />
immer in Kontakt mit Eiweißen,<br />
z. B. in Blut und Wundsekret,<br />
steht, ist diesem Punkt besondere<br />
Aufmerksamkeit zu schenken),<br />
� schneller Wirkungseintritt,<br />
� keine mikrobielle Resistenzentwicklung<br />
oder Wirkungslücken,<br />
� keine Schmerzen verursachend,<br />
12 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
� bestmögliche Zell- und Gewebeverträglichkeit,<br />
toxikologische Unbedenklichkeit<br />
und<br />
� einfache Anwendung und Aufbewahrung.<br />
Eine risikominimierte Anwendung von<br />
Antibiotika auf offenen Wundflächen<br />
setzt also immer zuerst voraus, dass<br />
der Anwender über die speziellen Eigenschaften<br />
der gewählten Substanz<br />
und insbesondere deren Auswirkungen<br />
auf die immunologisch aktiven Zellen<br />
gründlich informiert ist (Tab. 1).<br />
Im Allgemeinen gilt, dass sich die<br />
Behandlung mit Antiseptika so kurz wie<br />
möglich gestalten sollte. Antiseptika<br />
sind abzusetzen, sobald die klinischen<br />
Zeichen der Infektion abklingen (z. B.<br />
nachlassende Sekretion und Schwellung).<br />
Der Behandlungsfortschritt bzw.<br />
-erfolg ist täglich sorgfältig zu bewerten<br />
und ggf. durch eine mikrobiologische<br />
Diagnostik nachzuweisen.<br />
Nicht selten ist in der Praxis zu beobachten,<br />
dass die antiseptische Behandlung<br />
vor allem bei chronischen<br />
Wunden ohne Berücksichtigung etwaiger<br />
Therapieerfolge über Wochen und<br />
Monate unkritisch fortgesetzt wird.<br />
Während im Stadium der Infektion die<br />
Störungen der sensiblen Wundheilungsvorgänge<br />
durch die relativ zelltoxischen<br />
Antiseptika zu vernachlässigen<br />
sind, da sie durch die Bakterien<br />
bereits massiv gestört sind, birgt<br />
der Langzeitgebrauch ein erhebliches<br />
Schädigungspozential in sich. Die unerwünschten<br />
Wirkungen der Substanzen<br />
verstärken die schlechte Heilungstendenz<br />
chronischer Wunden signifikant,<br />
können aber auch Kontaktallergien<br />
und Resistenzentwicklungen auslösen.<br />
Hinzu kommt, dass die Langzeitanwendung<br />
von Antiseptika oft als eine<br />
ausreichende und sichere Wundbehandlungsmethode<br />
eingeschätzt wird,<br />
sodass nichts unternommen wird, die<br />
eigentlichen Ursachen der schlechten<br />
Wundheilung zu diagnostizieren und zu<br />
behandeln.<br />
FÜR DIE WUNDBEHANDLUNG (BEDINGT)<br />
GEEIGNETE ANTISEPTIKA<br />
Alkohole<br />
Die einzigen Antiseptika, die zuverlässig<br />
wirken und bei denen auch in<br />
absehbarer Zeit nicht mit einem Wirkungsverlust<br />
oder einer Resistenzbildung<br />
zu rechnen ist, sind die alkoholischen<br />
Desinfektionspräparate (Etha-<br />
nol, Propanole). Ein weiterer großer Vorteil<br />
ist ihr schneller Wirkungseintritt (30<br />
Sekunden). Problematisch sind aber<br />
das starke Brennen beim Einwirken auf<br />
die Wundfläche sowie die Wundheilungshemmung<br />
bei längerer Anwendung,<br />
sodass sie zur Wundantiseptik<br />
nur im Ausnahmefall in Betracht kommen.<br />
Ihre Anwendung bleibt in der<br />
Regel auf die intakte Haut und anästhesierte<br />
Wunden beschränkt.<br />
Chlorhaltige Antiseptika<br />
Chlorhaltige Antiseptika, wie z. B.<br />
das Chloramin T (Tosylchloramid) lassen<br />
eine Resistenzentwicklung nicht<br />
erwarten und können so eine sichere<br />
Desinfektion des Wundgebietes erreichen.<br />
Die Wirkung beruht auf einer<br />
Dissoziation von Chlor in Wasser zu<br />
Salzsäure und unterchloriger Säure<br />
(Gottardi, 1992). Diese hypochlorige<br />
Säure hat nun das Bestreben, atomaren<br />
Sauerstoff abzugeben, der als<br />
„naszierender Sauerstoff” bezeichnet<br />
wird, der organisches Material sofort<br />
oxidiert und deshalb bakterizid wirkt.<br />
Der Vorteil dieses Antiseptikums ist,<br />
dass es das Chlor wesentlich langsamer<br />
abgibt als z. B. Chlorkalk oder<br />
Chlorgas, welches zur Trinkwasserdesinfektion<br />
eingesetzt wird. Dadurch<br />
greift es das infizierte Gewebe und die<br />
intakte Haut kaum an, wie experimentell<br />
gezeigt werden konnte (Niedner,<br />
1993; Effenberger, 1988).<br />
Die Konzentration beträgt in der<br />
Wundbehandlung für das Chloramin T<br />
0,2%. Ein weiterer Vorteil von Chloramin<br />
T ist die geringe Hemmung der<br />
Granulationsgewebsbildung (Niedner,<br />
1993) sowie die Tatsache, dass es gerade<br />
bei sehr geruchsintensiven Wunden<br />
für eine deutliche Verbesserung<br />
der olfaktorischen Belastung sorgt und<br />
damit eine Erhöhung des Komforts für<br />
Patient und Personal ermöglicht.<br />
Octenisept<br />
Das Antiseptikum Octenisept wirkt<br />
als kationenaktive Substanz an der<br />
Zellmembran und führt damit zur Zerstörung<br />
der Zellfunktion. Es besteht<br />
zum einen aus Octenidin in 0,1%iger<br />
Konzentration und 2%igem Phenoxyethanol.<br />
Der Wirkungseintritt erfolgt<br />
in ca. 1 Minute. Resistenzen sind bisher<br />
nicht beschrieben, obwohl bekannt<br />
ist, dass die Antiseptika-Resistenz bei<br />
kationenaktiven Substanzen über ein<br />
Gen (qac-A) erfolgt. Auch qac-A-tra-
AUSGEWÄHLTE CHARAKTERISTIKA VON ANTISEPTIKA (TAB. 1)<br />
Resistenzen Eiweißfehler Vorteil Nachteil<br />
Akridine keine beschrieben negativ gute Penetration, potenziell mutagen<br />
preisgünstig<br />
Alkohole keine negativ schneller Wirkungseintritt starkes Brennen bei Applikation<br />
Chloramin T keine positiv gut verträglich, preisgüns- Eiweißfehler<br />
tig, Geruchsverbesserung<br />
Polyhexanid keine negativ beste Gewebeverträglichkeit Preis, Herstellung, Lagerung<br />
Mercuchrom Staphylokokken positiv adstringierend enthält Quecksilber<br />
PVP-Jod (10%) Staph., Pseudom. positiv preisgünstig Jodresorption, Resistenzen<br />
TITELTHEMA<br />
Taurolin keine negativ Steigerung der Bakterizidie lange Einwirkzeit, verlängerte Sekretion<br />
in Blut, Serum und Eiter bei Kollagen als Trägersubstanz<br />
Octenisept keine negativ gut verträglich, einfache noch wenig Erfahrungen bei<br />
Lagerung, farblos, preisgünstig Kleinkindern und Säuglingen<br />
gende MRSA-Stämme waren hoch<br />
sensibel auf Octenisept. Der Eiweißfehler<br />
besteht auch bei diesem Antiseptikum,<br />
allerdings liegen hier noch keine<br />
genauen Literaturangaben vor. Eine<br />
Absorption von Octenidin bei lokaler<br />
Anwendung konnte nicht nachgewiesen<br />
werden, während das Phenoxyethanol<br />
sehr gut schon über die intakte<br />
Haut aufgenommen wird, zu<br />
Phenoxyessigsäure oxidiert wird und<br />
anschließend renal ausgeschieden<br />
wird.<br />
Entwickelt wurde das Octenisept<br />
ursprünglich als Schleimhautantiseptikum,<br />
wo es sich durch sehr gute Verträglichkeit<br />
und Wirksamkeit insbesondere<br />
in der Gynäkologie und Urologie<br />
auszeichnete (Enzelsberger et al.,<br />
1995). Für die Wundbehandlung ist es<br />
seit 1995 ausdrücklich zugelassen,<br />
weshalb langfristige Erfahrungswerte<br />
noch nicht zur Verfügung stehen. Unter<br />
Kosten-Wirksamkeits-Aspekten ist es<br />
als Mittel der Wahl bei der Schleimhautantisepsis<br />
anzusehen. Es ist zur Eradikation<br />
von MRSA-Wundinfektionen<br />
oder -kontaminationen sehr geeignet.<br />
Lavasept<br />
Das Lavasept besteht aus einem<br />
Biguanid (Polihexanid) als eigentlichem<br />
Desinfektionsmittel und einem<br />
Zusatz von Polyethylenglykol zur<br />
Reduktion der Oberflächenspannung.<br />
Die gebrauchsfertige Lösung hat einen<br />
0,2%igen Gehalt in Ringerlösung.<br />
Dieses Antiseptikum besticht durch<br />
das Fehlen von Substanzen, die heute<br />
einer kritischen Betrachtung unterliegen,<br />
wie z. B. Jod, Schwermetalle, PVP<br />
und Aldehyde. Die hervorragende Gewebeverträglichkeit<br />
wurde tierexperimentell<br />
eindrucksvoll dargelegt. Sogar<br />
an Zellkulturen von Fibroblasten fand<br />
sich nur eine geringe Wachstumsverlangsamung<br />
im Vergleich zu Ringerlösung<br />
(Kallenberger et al., 1991). Infolge<br />
des großen Biguanidmoleküls konnte<br />
eine toxische Anreicherung durch<br />
Resorption ausgeschlossen werden.<br />
Die erfolgreiche Anwendung wurde<br />
vor allem in der Schweiz dokumentiert<br />
(Roth et al., 1990; Pfister und Ochsner,<br />
1993; Wagner, 1995). Resistenzen gegen<br />
die wichtigsten Keime fanden sich<br />
bislang nicht. Es ist hervorragend geeignet<br />
bei häufigen und kontinuierlichen<br />
Spülbehandlungen aufgrund<br />
seiner geringen Toxizität und der fehlenden<br />
Resorption durch die Wundoberfläche.<br />
Es eignet sich ebenfalls<br />
sehr gut zur Dekontamination bei<br />
MRSA-Besiedelung, aber auch zur<br />
Eradikation aus dem Nasen-Rachen-<br />
Raum, weshalb es bei uns auch hier<br />
vermehrt zum Einsatz kommt, da zunehmend<br />
über Resistenzen gegenüber<br />
Mupirocin berichtet wird. Nachteilig ist,<br />
dass es selten zu anaphylaktischen<br />
Reaktionen bei lokaler Anwendung<br />
kommen kann (Olivieri et al., 1998).<br />
Taurolidin<br />
Das Chemotherapeutikum Taurolodin<br />
benötigt eine lange Wirkungszeit zur<br />
Entfaltung seiner desinfizierenden Wirkung<br />
(mindestens 30 Minuten). Ein gro-<br />
ßer Vorteil des Taurolidin ist jedoch das<br />
Fehlen eines Eiweißfehlers. Es entfaltet<br />
vielmehr erst durch die Anwesenheit<br />
von Proteinen seine Wirkung. Die bakterizide<br />
Wirkung steigt um das<br />
4-8-Fache in Anwesenheit von Blut,<br />
Serum, Nekrosen und Eiter (Blenkharn,<br />
1990). Resistenzen wurden bisher<br />
nicht beschrieben. Auch führt Taurolidin<br />
in einer Konzentration bis zu 2%<br />
nicht zu einer Schädigung an Fibroblastenkulturen<br />
(Zimmermann und<br />
Preac-Mursic, 1992). Das Taurolidin<br />
steht entweder als Verbund mit Kollagen,<br />
in einem Gel (Taurolin-Gel) oder in<br />
flüssiger Form zur Verfügung (Taurolin).<br />
Es liegen sehr gute Erfahrungen<br />
beim Einsatz von Spülbehandlungen<br />
(Pleuraempyem, Peritonitis) vor, bei denen<br />
der langen Einwirkzeit Rechnung<br />
getragen wird (Staubach und Bruch,<br />
1993; Billing et al., 1992; Bieselt, 1997).<br />
Akridinderivate<br />
Die Akridinderivate Chinosol und<br />
Rivanol in 0,1%iger Konzentration<br />
haben ein breites Wirkspektrum auf<br />
Bakterien und Pilze und gehören zu<br />
den ältesten noch heute eingesetzten<br />
Antiseptika. Die Anwendung erfolgt in<br />
Form eines feuchten Umschlages.<br />
Diese Umschläge kühlen Haut und<br />
Wunde über das Einwirken der Verdunstungskälte<br />
und empfehlen sich<br />
dadurch besonders für die stark infizierte,<br />
sezernierende Wundphase.<br />
Die lokale Anwendung als alleiniger<br />
Umschlag ohne offene Wundfläche,<br />
wie z. B. beim Erysipel oder bei ober-<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
13
TITELTHEMA<br />
GÜNSTIGE UND UNGÜNSTIGE KOMBINATIONEN<br />
BAKTERIEN/ANTISEPTIKUM (TAB. 2)<br />
Alkohol Rivanol Chlora- Lava- Octeni- PVP-Jod Mercumin<br />
T sept sept (10%) chrom<br />
MSSA + + – –<br />
MRSA + + + – –<br />
Staph. epi. + + + + – –<br />
Streptok. + +<br />
Pseudom. + + +<br />
E. coli + + +<br />
flächlichen Hautinfektionen, ist nicht<br />
empfehlenswert. Zum einen ist eine<br />
Penetration des Arzneistoffes in ausreichender<br />
Konzentration zum Infektionsherd<br />
nicht nachgewiesen und<br />
zum anderen erfordern solche Erkrankungen<br />
meist eine systemische Antibiose,<br />
die die eigentliche Therapie darstellt.<br />
Weitere Probleme stellen die kurze<br />
Haltbarkeit der angesetzten Lösungen<br />
von ca. 10 Tagen und die Verfärbung<br />
der Klinikwäsche dar, die bei Anwendung<br />
von anderen kühlenden Substanzen<br />
nicht anfallen. Für den unterstützenden<br />
Effekt der lokalen Kühlung<br />
eignet sich z. B. essigsaure Tonerde<br />
sehr gut.<br />
Zu beachten ist, dass Chinosol nicht<br />
zur Behandlung von Wunden, sondern<br />
nur auf intakter Haut zugelassen ist.<br />
Die Substanz führt zur Entfettung und<br />
Entquellung und damit zur Austrocknung<br />
von Haut und Wundoberfläche,<br />
weshalb sie aber gerade gegen den<br />
Feuchtkeim Pseudomonas geeignet<br />
ist. Resistenzen sind bisher bei dieser<br />
Anwendungsform nicht beschrieben<br />
worden.<br />
Das Chinosol wird im Gegensatz<br />
zum Rivanol häufiger in der Dermatologie<br />
angewandt, da es eine deutlich<br />
niedrigere Sensibilisierungsrate aufweist.<br />
Nachteilig ist, dass beide Wirkstoffe<br />
ein mutagenes Potenzial besitzen<br />
und deshalb in der Schwangerschaft<br />
nicht angewendet werden<br />
dürfen. Vorteilhaft sind der günstige<br />
Preis und die einfache Handhabung<br />
und Lagerung. Prinzipiell sollte bei den<br />
Akridinderivaten die Indikation streng<br />
gestellt werden, getreu dem Motto: Weniger<br />
ist mehr!<br />
14 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
Mercuchrom<br />
Der Einsatz von Mercuchrom wird in<br />
der Literatur oft strikt abgelehnt, obwohl<br />
es noch häufig eingesetzt wird.<br />
Da ein gleichwertiger Ersatz nicht<br />
in Sicht ist, werden selbst im Internet<br />
„Hilferufe” gestartet mit der Frage nach<br />
einem alternativen Antiseptikum mit<br />
gleichwertiger adstringierender Wirkung.<br />
Die wundheilungshemmende<br />
und -störende Wirkung des Mercuchrom<br />
werden in der Diskussion immer<br />
wieder in den Vordergrund gestellt, obwohl<br />
es auch positive Mitteilungen gibt<br />
(Wilmanns, 1983).<br />
Der Vorteil dieses Antiseptikums liegt<br />
aber gerade in seiner stark adstringierenden<br />
Wirkung. Es ist damit für mumifizierte<br />
oder mumifizierende Wunden<br />
bzw. Gewebeanteile geeignet, da<br />
durch die starke Trocknung der Wundoberfläche<br />
die Wundfläche „gegerbt“<br />
wird. Dieser Effekt kann z. B. bei einer<br />
Gangrän bei AVK oder bei Infektionen/<br />
Kontaminationen mit dem Feuchtkeim<br />
Pseudomonas erwünscht sein. Eine<br />
übermäßige Resorption über die Haut<br />
kann aufgrund des gerbenden Effektes<br />
vernachlässigt werden.<br />
PVP-Jod<br />
Das häufig eingesetzte Polyvinylpyrrolidon-Jod<br />
(PVP-Jod) zeichnet sich<br />
durch seine fast unbegrenzte Anwendbarkeit<br />
hinsichtlich der Galenik aus.<br />
Es liegen sehr widersprüchliche Angaben<br />
bezüglich seiner desinfizierenden<br />
und wundheilungshemmenden Eigenschaften<br />
vor (Hagedorn et al., 1995;<br />
Kramer, 1994). Dies hat seinen Grund<br />
in den unterschiedlich angewandten<br />
Konzentrationen. Die meisten Präparate<br />
liegen in einer Konzentration von<br />
10% vor. Fest steht aber, dass PVP-Jod<br />
in einer Konzentration von 10% einen<br />
großen Eiweißfehler hat und nicht in der<br />
Lage ist, die schützende Schleimkapsel<br />
einiger Bakterien zu durchdringen.<br />
Zudem sind Resistenzen gegenüber<br />
den häufigsten Problemkeimen wie<br />
Staph. aureus epidermidis und gerade<br />
Pseudomonas aufgetreten (Römer et<br />
al., 1987; Sasatsu et al., 1994b).<br />
Eine sichere Antisepsis mit 10%iger<br />
PVP-Jod-Lösung ist aufgrund des Eiweißfehlers<br />
und der nötigen langen<br />
Einwirkzeit demzufolge fraglich (Grün<br />
1982). Der Wirkungsverlust von<br />
10%iger PVP-Jod-Lösung tritt auch bei<br />
Anwendung an einer Wundfläche zutage,<br />
wenn diese vorher mit einer Fettgaze<br />
behandelt wurde. In diesem Fall<br />
perlt die Lösung dann einfach auf der<br />
Wundfläche ab, es sei denn, das Fett<br />
wird mit einer alkoholischen Lösung<br />
entfernt.<br />
Die minimale Einwirkzeit zur Abtötung<br />
von Mikroorganismen beträgt<br />
5 Minuten, es kommt aber dann zu<br />
einer Hemmung der Granulationsgewebsbildung<br />
um ca. 50-60% (Kallenberger<br />
et al., 1991; Kramer et al., 1993).<br />
Auch der Einsatz handelsüblicher<br />
Salben, die einen PVP-Jod-Gehalt von<br />
10% besitzen, ist sehr fraglich. Es wird<br />
zwar noch häufig durchgeführt, hat<br />
aber unter der Maxime der modernen<br />
Wundbehandlung kaum noch einen<br />
Platz. Entweder ist eine Wunde infiziert<br />
– und dann sind andere Antiseptika<br />
indiziert – oder sie ist lediglich kontaminiert<br />
– dann braucht man auch kein<br />
Antiseptikum. Ein prophylaktischer Einsatz<br />
von jodhaltigen Präparaten ist<br />
nicht indiziert. Kontraindiziert ist die<br />
Anwendung auch bei Kleinkindern und<br />
Schwangeren. Der Einsatz in der<br />
Wundbehandlung muss deshalb überlegt<br />
vorgenommen werden.<br />
FÜR DIE WUNDBEHANDLUNG<br />
UNGEEIGNETE ANTISEPTIKA<br />
Der Einsatz von Wasserstoffperoxid<br />
in einer 3%igen Konzentration ist ebenfalls<br />
sehr gebräuchlich. Es ist durch die<br />
typische Schaumbildung gekennzeichnet,<br />
die durch die Freisetzung atomaren<br />
Sauerstoffes hervorgerufen wird,<br />
der durch die Reaktion insbesondere<br />
mit der Katalase von eiternden Wunden<br />
entsteht. Das Aufschäumen bedeutet<br />
aber auch die sofortige Inaktivierung<br />
des Wasserstoffperoxids. Eine<br />
desinfizierende Wirkung bei alleinigem
Einsatz ist auf Wundflächen durch die<br />
schnelle Inaktivierung deshalb nicht<br />
gegeben. Es ist lediglich zur Blutstillung<br />
(Einwirkzeit mind. 5 Minuten) bei<br />
diffusen Blutungen und bei anaeroben<br />
Infektionen (z. B. Gasbrand) indiziert.<br />
Zu beachten ist außerdem seine starke<br />
Aggressivität auf Fettgewebe mit nachfolgenden<br />
Nekrosen sowie die Gasbildung<br />
bei Anwendung zur Spülung<br />
von Fisteln. Aufgrund der faktisch fehlenden<br />
desinfizierenden Wirkung auf<br />
Wundflächen ist der Einsatz als Antiseptikum<br />
nicht nur fraglich, sondern<br />
obsolet.<br />
Das häufig eingesetzte Chlorhexidin<br />
ist als lokales Wundantiseptikum nicht<br />
geeignet (McLure und Gordon, 1992).<br />
Es stellt eigentlich nur in Verbindung<br />
mit einem Alkohol ein breit wirksames<br />
Antiseptikum dar. Zu beachten gilt,<br />
dass es zu einer deutlichen Wundheilungshemmung<br />
kommt und zudem<br />
sogar von einem anaphylaktischen<br />
Schock bei topischer Anwendung berichtet<br />
wurde (Harunki et al., 1992).<br />
Es ist nicht in der Lage, den Biofilm<br />
von Bakterien auf der Wundoberfläche<br />
ausreichend zu bekämpfen, was mit<br />
einem Wirkungsverlust verbunden ist<br />
(Jacquelin et al., 1992). Die Abtötungszeit<br />
für Staph. aureus beträgt 1,5 Minuten.<br />
Bei Antiseptika resistenten Staph.<br />
aureus wirkt Chlorhexidin überhaupt<br />
nicht mehr, auch eine Konzentrationssteigerung<br />
bringt keinen Erfolg (Sasatsu<br />
et al., 1994a). Zu dem Nachteil,<br />
dass es einen ausgeprägten Eiweißfehler<br />
hat, metabolisiert es zu Parachloranilin,<br />
welches als kanzerogen angesehen<br />
werden muss. Eine Anwendung<br />
von Chlorhexidin als alleinigem Wirkstoff<br />
in der Wundbehandlung ist deshalb<br />
heute als obsolet anzusehen.<br />
PHASENGERECHTER EINSATZ VON<br />
LOKALEN WUNDANTISEPTIKA<br />
Wie bereits erwähnt, erfordert die<br />
Behandlung der Wundinfektion primär<br />
ein radikales Débridement aller Nekrosen<br />
und Beläge. Häufig muss dies<br />
unter Narkose operativ erfolgen, weshalb<br />
ein phasengerechter Einsatz von<br />
Antiseptika bei Wundinfektionen die<br />
Einteilung in prä-, intra- und postoperativ<br />
erlaubt (Bischoff et al., 1998).<br />
In der präoperativen Phase sollten<br />
Substanzen zum Einsatz kommen, die<br />
entweder eine gute Penetration auch<br />
durch die intakte Haut haben, oder<br />
Substanzen, die über einen lokal küh-<br />
lenden Effekt verfügen. Hierfür eignen<br />
sich alkoholische Umschläge, die aber<br />
nur auf intakter Haut eingesetzt werden<br />
können, wie auch der kühlende Effekt<br />
nur sehr kurz anhält und zu einer starken<br />
Hautreaktion führen kann. Besser<br />
geeignet sind hier Umschläge mit essigsaurer<br />
Tonerde oder wässrige Rivanol-Umschläge<br />
bei stark sezernierenden<br />
Wunden mit Pseudomomas-Befall,<br />
die ebenfalls sehr gut kühlen und auch<br />
auf der Wundoberfläche keine Schmerzen<br />
bereiten.<br />
In der intraoperativen Phase, d. h.<br />
bei anästhesierten Wundflächen sind<br />
sämtliche handelsüblichen Desinfektionsmittel<br />
auf alkoholischer Basis, wie<br />
sie zur normalen Operationsvorbereitung<br />
eingesetzt werden, indiziert. Sie<br />
bestechen durch die kurze Einwirkzeit<br />
und die fehlende Resistenzentwicklung.<br />
Auch die Schleimkapseln einiger<br />
Bakterien werden effektiv angegriffen,<br />
wodurch in kurzer Zeit eine deutliche<br />
Keimreduktion erfolgt. Durch die<br />
schnelle Verflüchtigung des Alkohols<br />
ist eine Schädigung der sensiblen<br />
Wundheilungsvorgänge nicht anzunehmen.<br />
MIN. EINWIRKZEIT AUSGE-<br />
WÄHLTER ANTISEPTIKA (ABB. 1)<br />
Rivanol<br />
?<br />
Alkohol<br />
0,5 Minuten<br />
Octenisept<br />
0,5 Minuten<br />
Chloramin T<br />
1,5 Minuten<br />
Lavasept<br />
Mercuchrom<br />
PVP-Jod 10%<br />
2 Minuten<br />
2 Minuten<br />
5 Minuten<br />
TITELTHEMA<br />
In der postoperativen Phase ist ein<br />
differenzierter Einsatz notwendig. Die<br />
Applikation sollte schmerzfrei sein, die<br />
Wundheilungsprozesse nur wenig beeinflussen<br />
und auf den jeweiligen Keim<br />
abgestimmt sein, der nun nach Erhalt<br />
des Abstrichergebnisses bekannt ist.<br />
Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über<br />
geeignete und ungeeignete Kombinationen<br />
zwischen Keim und Antiseptikum<br />
und erlaubt auch die Auswahl des<br />
geeignetsten Antiseptikums zur Eradikation<br />
von Problemkeimen.<br />
Die Abbildung 1 veranschaulicht die<br />
unterschiedlichen minimalen Einwirkzeiten<br />
der Antiseptika, die gerade bei<br />
Spülungen beachtet werden sollten.<br />
Anzumerken bleibt, dass alle angewandten<br />
Antiseptika an der Wundoberfläche<br />
immer eine mehr oder weniger<br />
ausgeprägte Nekrose setzen, dies<br />
aber im Stadium der Wundinfektion vernachlässigt<br />
werden kann. Unbestritten<br />
ist, und daran wird sich in Zukunft auch<br />
nichts ändern, dass die rechtzeitige Intervention<br />
mit radikalem Débridement<br />
aller Nekrosen und Beläge die wichtigste<br />
Maßnahme zur Beherrschung<br />
der Wundinfektion darstellt. Die lokale<br />
Anwendung von Antiseptika kann das<br />
notwendige Débridement nicht ersetzen,<br />
sondern lediglich unterstützen.<br />
Eine systemische Antibiose sollte in<br />
diesen Fällen immer eingesetzt werden,<br />
um eine Bakteriämie zu bekämpfen,<br />
da die körpereigenen, wundnahen<br />
Schutzmechanismen zusammengebrochen<br />
sind.<br />
Die Entwicklung der Antiseptika in<br />
der Behandlung der Wundinfektion und<br />
zur Eradikation von Problemkeimen ist<br />
noch nicht abgeschlossen, sodass mit<br />
Neuentwicklungen und Kombinationen<br />
in den nächsten Jahren zu rechnen ist.<br />
Dr. med. M. Bischoff<br />
Dr. med. A. Beck<br />
Hygiene-Beauftragte Ärzte der<br />
Abteilung für Unfall-, Hand- und<br />
Wiederherstellungschirurgie<br />
der Universitätsklinik Ulm<br />
Steinhövelstraße 9<br />
89075 Ulm/Donau<br />
Literaturliste im Internet unter<br />
www.hartmann-online.com/shortcuts/<br />
literatur.htm oder bei der Redaktion<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
15
FORSCHUNG<br />
Bedeutung von Sauerstoff<br />
in der Genese und Therapie<br />
chronischer Wunden<br />
J. Dissemond<br />
Dermatologische Klinik und Poliklinik der Universität zu Essen<br />
(Direktor: Prof. Dr. med. Manfred Goos)<br />
EINLEITUNG<br />
Seit mehreren Jahrzehnten kann wissenschaftlich<br />
belegt werden, dass der<br />
molekulare Sauerstoff eine essenzielle<br />
Rolle in der Wundheilung spielt. Dennoch<br />
existieren bislang kaum Ansätze,<br />
die die Substitution von Sauerstoff oder<br />
die Elimination der aus der Ischämie<br />
oder Hypoxie resultierenden potenziell<br />
destruktiven Intermediärprodukte<br />
therapeutisch angehen. Dieser Übersichtsartikel<br />
soll aufzeigen, welche<br />
enorme Bedeutung dem molekularen<br />
Sauerstoff durch die Freisetzung reaktiver<br />
Sauerstoffspezies (ROS) in der<br />
Genese insbesondere chronischer<br />
Wunden zukommt und welche therapeutischen<br />
Optionen aktuell verfügbar<br />
sind, die direkt oder indirekt mit Sauerstoff<br />
in Zusammenhang stehen.<br />
SAUERSTOFF UND ORGANISMUS<br />
Menschliches Leben ist nur durch<br />
die Nutzung des atmosphärischen,<br />
molekularen Sauerstoffs (O 2) als Elektronenakzeptor<br />
im Rahmen energiereicher<br />
Oxidationen und durch den<br />
Schutz vor oxidativen Schäden möglich.<br />
Der menschliche Organismus oxidiert<br />
zur Entwicklung und Erhaltung<br />
seiner biologischen Strukturen und<br />
deren Funktionen in seinem Energiestoffwechsel<br />
permanent Nährstoffe. In<br />
Abwesenheit von Sauerstoff schalten<br />
humane Zellen auf einen anaeroben<br />
Metabolismus um, der weniger Energie<br />
liefert und Zellfunktionen dementsprechend<br />
lediglich über kürzere Zeitspannen<br />
aufrechterhalten kann.<br />
Die maximale chemische Sauerstoffbindungskapazität<br />
des Blutes kann mit<br />
Einbeziehung der Hüfner-Zahl errechnet<br />
werden. Somit bindet 1 g Hämoglobin<br />
maximal 1,34 ml Sauerstoff.<br />
Bei einem Hämoglobingehalt von 15 g/<br />
16 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
dl Blut können also maximal 200 ml<br />
Sauerstoff/Liter Blut gebunden werden.<br />
Die Menge des im Blut bei normobaren<br />
Druckverhältnissen physikalisch<br />
gelösten Sauerstoffs ist mit 0,032% so<br />
gering, dass ihr physiologisch keinerlei<br />
Bedeutung zukommt. Die Sauerstoffsättigung<br />
des Hämoglobins beträgt in<br />
Arterien ca. 98%, in Venen ca. 73%,<br />
sodass etwa 25% des an Hämoglobin<br />
gebundenen Sauerstoffs im Laufe der<br />
Passage der Endstrombahn verbraucht<br />
wird.<br />
Die Sauerstoffversorgung von Zellen<br />
hängt von zahlreichen Faktoren ab.<br />
Unter dem Begriff „Gewebe-Sauerstoffperfusion“<br />
werden die Diffusionskapazität<br />
des Gewebes für Sauerstoff,<br />
der zelluläre Sauerstoffverbrauch und<br />
die Aktivität des Lungen- bzw. Herz-<br />
Kreislaufsystems zusammengefasst.<br />
Die Bestimmung kann beispielsweise<br />
durch direkte Messung im interstitiellen<br />
Gewebe unter Verwendung<br />
eines Tonometers invasiv erfolgen. Es<br />
stehen jedoch auch indirekte nichtinvasive<br />
Messungen unter Verwendung<br />
von Sensoren, die transcutan, konjunctival<br />
oder trans-serosal messen,<br />
zur Verfügung.<br />
Eine weitere indirekte Messmethode<br />
stellt die Erfassung des pH-Wertes der<br />
gastrointestinalen Mukosa dar, die auf<br />
dem Prinzip beruht, dass eine lokale<br />
Ischämie zur Entwicklung einer Azidose<br />
führt. Die Abschätzung des Sauerstoffpartialdrucks<br />
(pO 2) in Geweben<br />
kann aber auch nach dem Fick’schen<br />
Prinzip erfolgen, falls die Durchblutungsrate<br />
des Gewebes, der arterielle<br />
pO 2 und der Hämoglobingehalt des<br />
Blutes bekannt sind. Zellen können<br />
Sauerstoff kaum speichern, und im<br />
Falle einer Unterbrechung der Mikrozirkulation<br />
werden Zellfunktionen nur<br />
kurzfristig durch Nutzung von Adenosintriphosphat<br />
(ATP), Kreatinphosphat<br />
oder anaerober Glykolyse aufrechterhalten.<br />
Es entsteht eine metabolische,<br />
nicht respiratorische Azidose durch<br />
eine Erhöhung der Konzentration von<br />
Lactat mit einem Absinken des intrazellulären<br />
pH-Wertes.<br />
SAUERSTOFF UND WUNDE<br />
Wunden sind für den physiologischen<br />
Ablauf der Wundheilung auf<br />
eine ausreichende Perfusion und Versorgung<br />
mit Sauerstoff angewiesen.<br />
Als chronisch wird eine sekundär<br />
heilende Wunde bezeichnet, die trotz<br />
kausaler und sachgerechter lokaler<br />
Therapie innerhalb von acht Wochen<br />
keine Tendenz zur Heilung zeigt.<br />
Chronische Wunden weisen im Zentrum<br />
einen pO 2 von unter 20 mm Hg<br />
auf, aber auch in akuten chirurgischen<br />
Wunden wurde infolge von Gewebeund<br />
Gefäßschädigung eine Hypoxie<br />
beschrieben und Sauerstoffpartialdrücke<br />
von 0 bis 30 mm Hg gemessen.<br />
Es sind jedoch mindestens 35 mm Hg<br />
Sauerstoffpartialdruck für reparative<br />
Vorgänge der Wundheilung erforderlich,<br />
damit die an der Wundheilung<br />
beteiligten Zellen und Enzyme ihre<br />
Funktion vollständig erfüllen können.<br />
So ist beispielsweise für die Ausbildung<br />
der maximalen Reaktionsgeschwingkeit<br />
(Vmax) der Prolyl-Hydroxylase,<br />
die essenziell für eine Teilreaktion<br />
der Kollagensynthese ist, ein pO2<br />
von 50 bis 100 mm Hg notwendig. Darüber<br />
hinaus ist Sauerstoff notwendig,<br />
um die Quervernetzung der Kollagenketten<br />
zu gewährleisten, denn das<br />
hierfür erforderliche Enzym, die Lysinhydroxylase,<br />
benötigt molekularen<br />
Sauerstoff als Substrat.<br />
Voraussetzung für den physiologischen<br />
und nicht verzögerten Ablauf<br />
einer Wundheilung ist unter anderem<br />
die Beseitigung klinisch relevanter<br />
Wundinfektionen. Die Gewebshypoxie<br />
beeinträchtigt aber auch die Funktion<br />
von Leukozyten. Sowohl neutrophile<br />
Granulozyten als auch Makrophagen<br />
können neben der Fähigkeit zur Phagozytose<br />
nach Stimulation reaktive<br />
Sauerstoffspezies (ROS) als Mittel zur<br />
Zelllyse sezernieren und somit zu<br />
einem wesentlichen Bestandteil der<br />
Infektabwehr beitragen. Insbesondere<br />
anaerobe und fakultativ anaerobe Bakterien<br />
werden nach Verminderung der<br />
Infektabwehr weniger an ihrer Prolifera-
tion gehindert und können zu einer<br />
Wundinfektion führen und den Ablauf<br />
der Wundheilung zusätzlich behindern.<br />
Im Unterschied zu einer Wundkontamination<br />
spricht man von einem behandlungsbedürftigen<br />
Wundinfekt, wenn<br />
eine Keimzahl >10 5 /g Gewebe vorliegt.<br />
HYPERBARE OXYGENIERUNG<br />
Bei der hyperbaren Oxygenierung<br />
(HBO) handelt es sich um ein ambulant<br />
durchführbares Therapiekonzept, das<br />
durch die kurzzeitige intermittierende<br />
Erhöhung des Sauerstoffpartialdrucks<br />
im Blut zur Wiederherstellung von physiologischen<br />
Gewebssauerstoffwerten<br />
in hypoxischen Arealen führen soll.<br />
Gerade in den letzten Jahren hat sich<br />
die HBO durch die Erweiterung des<br />
Indikationsspektrums zu einer multidisziplinär<br />
genutzten Behandlungsmethode<br />
entwickelt. Nach Entwicklung der<br />
HBO um 1920 wurde diese Methode<br />
nahezu ausschließlich zur Therapie von<br />
Dekompressionserkrankungen eingesetzt,<br />
um 1960 erweiterte sich das Therapiespektrum<br />
auf die Behandlung von<br />
Gasbrand und andere foudroyant verlaufende<br />
anaerobe Infektionen. Erst in<br />
den letzten 10 Jahren zeigte sich die<br />
Wirksamkeit auch in der Therapie chronischer<br />
Wunden.<br />
Die Therapie der HBO wird in<br />
Deutschland überwiegend in großen<br />
hyperbaren Druckkammern in speziellen<br />
Zentren angeboten. Dort erfolgt die<br />
Applikation von 100% reinem Sauerstoff<br />
bei einem Umgebungsdruck von<br />
1,5 bis 3 bar in einer Überdruckkammer.<br />
Es kommt zu einem Anstieg des<br />
physikalisch gelösten Sauerstoffs im<br />
Blut von 0,032% auf bis zu 6 Vol.%.<br />
Gleichzeitig steigt der Perfusionsdruck,<br />
der für einen Anstieg des arteriovenösen<br />
Gradienten auf > 2000 mbar verantwortlich<br />
ist und somit einer Hypoxie<br />
durch Steigerung des Sauerstofftransportes<br />
und vermehrten Diffusion auf<br />
kapillärer Ebene der Endstrombahn<br />
entgegenwirkt. Es kommt entsprechend<br />
dem Henry-Dalton-Gesetz zu<br />
einer Verbesserung der druckabhängigen<br />
Löslichkeit des Sauerstoffs im<br />
Blut und somit zu einer Erhöhung der<br />
Sauerstoffspannung im Gewebe, da<br />
die Sauerstoffmenge, die in Lösung<br />
geht, direkt proportional zu dem über<br />
der Flüssigkeit herrschenden Partialdruck<br />
des Sauerstoffs ist.<br />
Als Wirkungen werden direkt bakterizide<br />
Effekte auf Anaerobier und<br />
Mehrpersonendruckkammer zur<br />
hyperbaren Oxygen-Therapie.<br />
In der Kammer herrscht ein Umgebungsdruck<br />
von 1,5 bis 3 bar.<br />
bakteriostatische Wirkungsweisen auf<br />
Pseudomonas, E. coli oder Staphylokokken<br />
beschrieben. Synergistische<br />
Effekte von zeitgleich eingesetzten<br />
Antibiotika, wie Cephalosporinen,<br />
Sulfonamiden, Quinolonen und Aminoglykosiden<br />
konnten beobachtet werden.<br />
Darüber hinaus kommt es zu einer<br />
Steigerung der Phagozytose durch<br />
Makrophagen und Leukozyten, zu<br />
einer Verbesserung der Mikrozirkulation,<br />
zu einer Steigerung der Syntheserate<br />
von Fibroblasten, Kollagensynthese<br />
und Angioneogenese. Insbesondere<br />
die Neovaskularisation benötigt<br />
intermittierende pO 2-Spiegel von >30<br />
bis 40 mm Hg. In Arealen ohne Hypoxie<br />
kommt es während der HBO zu<br />
einer Vasokonstriktion, die durch Abfall<br />
des hydrostatischen Drucks innerhalb<br />
der Kapillare zu einer Resorption interzelluärer<br />
Ödeme führt. Schließlich<br />
kommt es nach dem Diffusionsmodell<br />
von Krogh-Erlang durch die HBO<br />
zu einer Verlängerung der Diffusionsstrecke<br />
für Sauerstoff. Das ist insofern<br />
von entscheidender Bedeutung, da es<br />
insbesondere bei chronischen Wunden<br />
meist zu einer Abnahme der Kapillardichte<br />
kommt.<br />
Über die notwendige Anzahl der<br />
Applikationen der HBO werden 10 bis<br />
100 meist jedoch ca. 40 Sitzungen<br />
beschrieben, die in Intervallen beispielsweise<br />
einmal täglich, fünfmal<br />
wöchentlich jeweils für 60 bis 90 Minuten<br />
durchgeführt werden können.<br />
In Europa finden überwiegend Mehrpersonenkammersysteme<br />
mit 6 bis 24<br />
Sitzplätzen Verwendung. Der notwendige<br />
Überdruck kann mittels Pressluft<br />
erzeugt werden, der Sauerstoff wird<br />
über Masken oder Kopfzelte eingeatmet.<br />
Aus Gründen des Brandschut-<br />
FORSCHUNG<br />
zes darf in hyperbaren Druckkammern<br />
der Sauerstoffgehalt 23% nicht überschreiten.<br />
Im Gegensatz hierzu werden<br />
in den USA überwiegend Einzelplatzsysteme<br />
eingesetzt, bei denen der<br />
Patient keine Maske tragen muss,<br />
sondern sich auf einer Trage liegend in<br />
einer reinen Sauerstoffatmosphäre befindet.<br />
Die Kosten betragen pro Person<br />
und Sitzung bei Mehrpersonenkammersystemen<br />
ca. 400 DM, bei Einzelplatzsystemen<br />
ca. 750 DM.<br />
Als Nebenwirkungen wurden bei<br />
19% der Patienten leichte Druckausgleichsprobleme<br />
ohne gesundheitliche<br />
Beeinträchtigung beschrieben, 3% der<br />
Patienten wiesen ein reversibles Barotrauma<br />
des Ohres auf. Relative Kontraindikationen<br />
für die Anwendung der<br />
HBO stellen unter anderem Asthma<br />
bronchiale, Pneumothorax, Epilepsie<br />
oder Schwangerschaft dar.<br />
Trotz der guten Resultate, die durch<br />
die kosten- und zeitintensiven Therapie<br />
mit HBO erzielt werden konnten, ist es<br />
wichtig zu beachten, dass es sich bei<br />
der HBO ausschließlich um eine adjuvante<br />
Therapieform handelt, die weder<br />
eine kausale Therapie noch eine<br />
begleitende phasenadaptierte Lokaltherapie<br />
der chronischen Wunden ersetzt.<br />
Eine weitere neue Methode der<br />
Therapie von lokaler Hypoxie stellt die<br />
externe Applikation von sauerstoffbeladenem<br />
Hämoglobin dar, die seit<br />
wenigen Monaten in Deutschland kommerziell<br />
erhältlich ist. Zu diesem innovativen<br />
Verfahren liegen allerdings<br />
bislang kaum Berichte über den tatsächlichen<br />
Nutzen in der Behandlung<br />
chronischer Wunden vor.<br />
OXIDATIVER STRESS<br />
Sowohl durch physiologische Vorgänge<br />
als auch durch exogene Quellen<br />
ist der Mensch ständig der Generierung<br />
reaktiver Sauerstoffspezies<br />
(ROS) ausgesetzt, die physiologische<br />
Funktionen im Rahmen der Signaltransduktion<br />
oder der Kontrolle über das<br />
zelluläre Wachstum, aber ebenso<br />
toxische Wirkungen mit mutagenen<br />
DNS-Schädigungen, veränderter Genexpression<br />
und Zelltod entfalten können.<br />
Als ROS bezeichnet man alle Sauerstoffverbindungen,<br />
die eine größere<br />
Reaktivität als molekularer Sauerstoff<br />
besitzen wie beispielsweise der Singulett-Sauerstoff<br />
( 1 O2), das Superoxid-<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
17
FORSCHUNG<br />
Generierung und Detoxifikation<br />
reaktiver Sauerstoffspezies<br />
durch enzymatische Antioxidantien<br />
O2-• Superoxidanion<br />
SOD Superoxiddismutase<br />
H2O2 Wasserstoffperoxid<br />
H2O Wasser<br />
GPx Glutathionperoxidase<br />
OH Hydroxylradikal<br />
NO Stickstoffmonoxid<br />
NOS<br />
ONOO<br />
Stickstoffmonoxidsynthase<br />
- Peroxynitrit<br />
anion (O 2 - ), das Wasserstoffperoxid<br />
(H 2O 2) oder das Hydroxylradikal<br />
(OH ).<br />
Der menschliche Organismus verbraucht<br />
täglich etwa 250 g Sauerstoff,<br />
von dem 2 bis 5% in ROS umgewandelt<br />
werden. Durch die Entstehung von<br />
größeren Mengen ROS kann das<br />
körpereigene antioxidative System<br />
überfordert werden. Als Hinweis auf ein<br />
verändertes Verhältnis zwischen ROS<br />
und Antioxidantien können verschiedene<br />
Parameter wie freie Radikale, Abbauprodukte<br />
von Lipiden und DNA<br />
oder der antioxidative Redoxstatus<br />
gemessen werden. Es resultiert oxidativer<br />
Stress, der definiert ist als ein Missverhältnis<br />
zwischen dem Auftreten von<br />
ROS und antioxidativen Schutzmaßnahmen.<br />
Die Bedeutung von oxidativem Stress<br />
in der Genese chronischer Wunden<br />
beispielsweise durch Aufrechterhaltung<br />
eines potenziell zytotoxischen<br />
Wundmilieus ist bislang lediglich in Teilaspekten<br />
untersucht und verstanden<br />
worden. Eine chronische Wunde ist im<br />
Gegensatz zu einer akuten Wunde von<br />
dem perpetuierenden Ablauf der Entzündungsreaktion<br />
mit einer fortwährenden<br />
Aktivierung ROS generierender<br />
Granulozyten und Makrophagen gekennzeichnet.<br />
So konnte beispielsweise<br />
in vitro in einem Kokulturmodell<br />
für chronische Wunden ein direkter<br />
kausaler Zusammenhang von der Freisetzung<br />
von Superoxidanionen aus<br />
aktivierten neutrophilen Granulozyten<br />
zur Freisetzung der Kollagen abbauenden<br />
Matrix-Metalloproteinase-1 (MMP-<br />
1) aus dermalen humanen Fibroblasten<br />
gezeigt werden.<br />
Auf dem Boden einer chronischen<br />
Wunde kann sich aber auch als weitere<br />
Komplikation ein spinozelluläres Karzinom,<br />
das so genannte Marjolin-Ulkus,<br />
18 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
NOS<br />
NO + O2 -•<br />
ONOO - H 2O 2<br />
OH<br />
SOD<br />
FE 2+<br />
FE 3+<br />
Katalase<br />
GPx<br />
H 2O<br />
entwickeln. Ein wesentlicher pathogenomischer<br />
Faktor kann dabei oxidativer<br />
Stress sein, da die Generierung von<br />
ROS zu direkten oxidativen, mutagenen<br />
Schäden an der DNA führen kann,<br />
die im Zusammenhang mit der Entwicklung<br />
maligner Tumoren gesehen<br />
werden können. ROS werden daher als<br />
komplette Karzinogene auf allen Stufen<br />
der Tumorentstehung bezeichnet.<br />
ENZYMATISCHE ANTIOXIDANTIEN<br />
Aerobe Zellen sind mit einer Vielzahl<br />
von primären und sekundären Schutzmechanismen<br />
gegenüber oxidativen<br />
Schäden ausgestattet. Antioxidative<br />
Mechanismen der Haut stehen im<br />
Dienste der Metabolisierung reaktiver<br />
Sauerstoffspezies (ROS). Sie sollen<br />
das für physiologische Funktionen essenzielle<br />
Gleichgewicht zwischen prooxidativen<br />
und antioxidativen Einflüssen<br />
gewährleisten. Die Gruppe der für<br />
den physiologischen Ablauf der Wundheilung<br />
relevanten enzymatischen Antioxidantien<br />
umfasst unter anderem<br />
Superoxiddismutasen, Glutathionperoxidasen<br />
sowie die Katalase.<br />
Das Substrat der 1969 von McCord<br />
und Fridovich entdeckten Superoxiddismutasen<br />
(SOD) ist das Superoxidanion.<br />
Die Superoxiddismutasen katalysieren<br />
die Reaktion des Superoxidanions<br />
(O 2 - ) zu Wassserstoffperoxid<br />
(H 2O 2) und molekularem Sauerstoff<br />
(O 2). In Eukaryonten existieren zwei<br />
intrazelluläre Formen der Superoxiddismutasen.<br />
Beide Formen stellen<br />
Metall-Protein-Komplexe dar, die sich<br />
durch das in ihrem Zentrum enthaltene<br />
Metallatom, ihr Molekulargewicht und<br />
die Lokalisation innerhalb der Zelle<br />
unterscheiden. Hierzu zählen die Cu 2+ /<br />
Zn 2+ -enthaltende dimere Cu/ZnSOD<br />
und die Mn 2+ -enthaltende tetramere<br />
MnSOD. Während die Cu/ZnSOD im<br />
Zytosol und Kern lokalisiert ist, befindet<br />
sich die MnSOD ausschließlich im Mitochondrium.<br />
Zu den Glutathionperoxidasen zählen<br />
unter anderem die klassische<br />
(GPx)- und die membranassoziierte<br />
Phospholipid-Hydroperoxid-Glutathion<br />
peroxidase (PHGPx) sowie im weiterem<br />
Sinne das komplexe Glutathion-abhängige<br />
System mit der Glutathionreduktase<br />
und der Glutathiontransferase.<br />
Beide Glutathion-Peroxidasen gehören<br />
zu der Familie der Selenoperoxidasen,<br />
die in ihrem aktiven Zentrum die ungewöhnliche<br />
Aminosäure Selenocystein<br />
besitzen.<br />
Das Substrat der Katalase ist das für<br />
die Zelle in hohen Konzentrationen<br />
toxische stabilste Intermediärprodukt<br />
der ROS, das Wasserstoffperoxid, das<br />
zu Wasser und Sauerstoff metabolisiert<br />
werden kann. Die Katalase ist ein in<br />
verschiedenen Isoformen vorkommendes,<br />
überwiegend in Peroxisomen<br />
lokalisiertes Enzym mit einem Häm als<br />
prosthetische Gruppe. Ihre Affinität<br />
zum Wasserstoffperoxid ist gegenüber<br />
ihrer enzymatischen Kapazität vergleichsweise<br />
gering. Auch wenn die<br />
Katalase erst dann, wenn die Kapazität<br />
der Glutathionperoxidasen zur Metabolisierung<br />
des Wasserstoffperoxids<br />
bei höheren oxidativen Belastungen<br />
erschöpft ist, eine antioxidative Rolle<br />
spielt, ist sie doch entscheidend für die<br />
Überlebensfähigkeit von Zellen.<br />
Die Generierung antioxidativer<br />
Enzyme stellt ein durch endogene und<br />
exogene Faktoren beeinflussbares<br />
System dar. Die für humane dermale<br />
Fibroblasten in vitro beschriebene<br />
Adaptation verschiedener enzymatischer<br />
Antioxidantien nach Durchführung<br />
von repetitivem oxidativem Stress<br />
konnte in ähnlicher Weise auch in vivo<br />
beobachtet werden. So kommt es bei<br />
haarlosen Mäusen nach wiederholter<br />
UV-Bestrahlung über einen Zeitraum<br />
von 6 Wochen zu einer koordinierten<br />
Steigerung der Enzyme SOD und GPx.<br />
Eine fehlerhafte oder ausbleibende<br />
Induktion antioxidativer Enzyme begünstigt<br />
die oxidative Schädigung<br />
zellulärer Strukturen, die direkt oder<br />
indirekt zur Entwicklung pathologischer<br />
Veränderungen besonders der zellulären<br />
Membranen und der mitochondrialen<br />
oder nukleären DNA führen<br />
können. Ein koordiniertes Zusammenwirken<br />
verschiedener antioxidativer<br />
Enzyme ist Voraussetzung für die
egelrechte Entgiftung reaktiver Sauerstoffspezies<br />
und verhindert die<br />
Akkumulation toxischer Intermediärprodukte.<br />
Eine potenziell protektive Wirkung<br />
kann bei Überexpression einzelner<br />
antioxidativer Enzyme häufig aber<br />
auch von Kombinationen mehrerer<br />
antioxidativer Enzyme in transformierten<br />
Zellen oder Organismen beobachtet<br />
werden. So konnte beispielsweise<br />
durch die kombinierte Überexpression<br />
von Cu/Zn-SOD und Katalase die<br />
Lebensspanne von Drosophila um<br />
30% verlängert werden. Verminderte<br />
Aktivitäten antioxidativer Enzyme sind<br />
in vielen Tumoren und chronischen<br />
Wunden gefunden worden.<br />
Interessanterweise sind beim Menschen<br />
die Gene antioxidativer Enzyme<br />
chromosomal oft in unmittelbarer örtlicher<br />
Nähe von Differenzierungsgenen<br />
lokalisiert, sodass sie durch diese<br />
topo-chemische Nachbarschaft in den<br />
genregulatorischen Einflussbereich<br />
von Promotor-, Enhancer- und/oder Silencer-Genen<br />
kommen können. Multivalente<br />
Induktoren der Genexpression<br />
für antioxidative Enzyme können somit<br />
eventuell einen Einfluss auf die Differenzierung<br />
eines lebenden Systems<br />
nehmen und umgekehrt.<br />
NICHT-ENZYMATISCHE ANTIOXIDANTIEN<br />
Nicht-enzymatische Antioxidantien<br />
umfassen eine stetig wachsende<br />
Anzahl unterschiedlichster Moleküle<br />
und Verbindungen wie beispielsweise<br />
die Vitamine A, E, C oder Carotinoide,<br />
bioorganische Moleküle des menschlichen<br />
Organismus wie Harnsäure,<br />
Glutathion-Derivate oder Transferrin<br />
und synthetische Radikalfänger wie<br />
Butylhydroxytoluen (BHT), Dimethylsulfoxid<br />
(DMSO) oder Enzym-Mimetika.<br />
Im Gegensatz zu den enzymatischen<br />
Antioxidantien werden nicht-enzymatische<br />
Antioxidantien durch das<br />
Abfangen von Radikalen immer auch<br />
selbst radikalisch.<br />
So konnte beispielsweise für den<br />
physiologischen Hauptgegenspieler<br />
der Lipidperoxidation, das fettlösliche<br />
α-Tocopherol (Vitamin E), gezeigt<br />
werden, dass radikalisch gewordenes<br />
α-Tocopherol durch Ascorbinsäure<br />
(Vitamin C) oder Glutathion wieder in<br />
seinen ursprünglichen stabilen Zustand<br />
überführt werden kann und erneut<br />
als Antioxidans zur Verfügung<br />
steht.<br />
Eine der wenigen, in der Therapie<br />
chronischer Wunden in vitro erfolgreich<br />
eingesetzter, indirekt antioxidativ wirkender<br />
Substanzen stellt der Eisen-<br />
Chelator Desferrioxamin (DFO) dar.<br />
Superoxidanionen (O 2 - ), die beispielsweise<br />
in chronischen Wunden durch<br />
aktivierte neutrophile Granulozyten freigesetzt<br />
werden, können durch die<br />
1930 erstmalig beschriebene Haber-<br />
Weiss-Reaktion Fe 3+ zu Fe 2+ reduzieren.<br />
Fe 2+ reagiert anschließend mit<br />
Wasserstoffperoxid (H 2O 2) in der bereits<br />
1894 von Fenton beschriebenen<br />
Reaktion zum Hydroxylradikal (OH ),<br />
dem reaktivsten aller ROS. Mit einer<br />
Reichweite von 0,5 bis 1,8 nm und<br />
einer Lebensdauer von 10 -9 Sekunden<br />
reagiert das Hydroxylradikal ausschließlich<br />
direkt am Ort seiner Entstehung.<br />
O 2 - + Fe 3+ ➔ O2 + Fe 2+<br />
(Haber-Weiss-Reaktion)<br />
H 2O 2 + Fe 2+ ➔ OH + Fe 3+<br />
(Fenton-Reaktion)<br />
Das an eine Gaze gekoppelte DFO<br />
ist nun in der Lage, Eisen effektiv zu<br />
chelatieren und somit nachgeschaltete<br />
potenziell zytotoxische Abläufe beispielsweise<br />
im Rahmen der Lipidperoxidation<br />
oder der Generierung von<br />
Matrix-Metalloproteinase-1 zu unterbinden.<br />
Nahrungsergänzungen beispielsweise<br />
durch „functional drinks“ oder Nährstoffe<br />
in Tablettenform haben zu einer<br />
Metamorphose vom Lebensmittel zum<br />
leistungssteigernden Therapeutikum<br />
geführt. Hierfür wurde die Bezeichnung<br />
Nutraceuticals geprägt, der die Begriffe<br />
„nutrient“ und „pharmaceutical“<br />
vereint. Zu den Bestandteilen dieser<br />
Nutraceuticals zählen neben Elektrolyten<br />
und Vitaminen auch zahlreiche<br />
Antioxidantien und in enzymatischen<br />
Antioxidantien enthaltene essenzielle<br />
Spurenelemente. Es gibt sowohl Hinweise<br />
auf die kurzfristige wie auch auf<br />
die langfristige protektive Wirkung der<br />
Ernährungsergänzung mit direkt oder<br />
indirekt den antioxidativen Redoxstaus<br />
unterstützenden Substanzen. Es existieren<br />
jedoch zahlreiche individuelle<br />
Unterschiede, mit einer Aktivitätsverminderung<br />
von Antioxidantien und steigendem<br />
zellulärem Gehalt an ROS mit<br />
zunehmendem Lebensalter bei gleichzeitiger<br />
Zunahme von DNA-Modifikationen,<br />
die beispielsweise für die Seneszenz<br />
und den verlangsamten Ablauf<br />
der Wundheilung im fortgeschrittenen<br />
FORSCHUNG<br />
Lebensalter einen Zusammenhang mit<br />
dem oxidativen Status vermuten lassen.<br />
In diesem Zusammenhang könnte<br />
auch eine Supplementierung von Antioxidantien<br />
oder den in enzymatischen<br />
Antioxidantien enthaltenen essenziellen<br />
Spurenelementen sinnvoll sein. Aber<br />
nur das fein abgestimmte Zusammenspiel<br />
aller Antioxidantien garantiert<br />
einen protektiven Effekt. Ansonsten<br />
können auch prooxidative Effekte bis<br />
hin zur Karzinogenese durch Substanzen<br />
wie beispielsweise Vitamin C oder<br />
β-Caroten und Vitamin A resultieren.<br />
Bevor also verbindliche Empfehlungen<br />
der nutritiven Substitution von Antioxidantien<br />
ausgesprochen werden<br />
können, sind sicherlich noch weitere<br />
klinische Studien notwendig. Die gegenwärtige<br />
Datenlage rechtfertigt die<br />
Applikation von Vitaminen oder Spurenelementen<br />
im Sinne einer Primäroder<br />
Sekundärprävention für chronische<br />
Wunden nicht.<br />
FAZIT<br />
Zusammenfassend kann festgehalten<br />
werden, dass molekularem Sauerstoff<br />
sowohl in der Genese als auch in<br />
der Therapie chronischer Wunden eine<br />
wesentliche Bedeutung zukommt. Obwohl<br />
zahlreiche Daten für die entscheidende<br />
Rolle von oxidativem Stress<br />
in der Genese chronischer Wunden<br />
vorliegen, existieren leider kaum therapeutische<br />
Optionen, die bereits heute<br />
einen sinnvollen praktischen Einsatz<br />
von topisch oder systemisch eingesetzten<br />
Antioxidantien in der Therapie<br />
chronischer Wunden ermöglichen würden.<br />
Demgegenüber hat sich die HBO<br />
als relativ neuer Bestandteil in der Therapie<br />
chronischer Wunden etablieren<br />
können. Lediglich der noch sehr hohe<br />
Kostenaufwand hat eine weitere Verbreitung<br />
verhindert. Mit zunehmender<br />
Akzeptanz der HBO als adjuvanter<br />
Therapieoption sollte aber auch dieser<br />
Kritikpunkt in Zukunft kein unüberwindliches<br />
Problem darstellen.<br />
Dr. med. J. Dissemond<br />
Dermatologische Klinik und Poliklinik<br />
der Universität zu Essen<br />
Hufelandstraße 55<br />
45147 Essen<br />
Literaturliste im Internet unter<br />
www.hartmann-online.com/shortcuts/<br />
literatur.htm oder bei der Redaktion<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
19
KASUISTIK<br />
TenderWet in der<br />
klinischen Anwendung<br />
M. Butcher 1) , P. Cooper 2) , D. Gray 2) , S. Stringfellow 2)<br />
1) Derriford Hospital, Plymouth, England<br />
2) Grampian University Hospital Trust, Aberdeen, Schottland<br />
In der klinischen Anwendung zeigt<br />
es sich immer wieder, dass sich mit<br />
dem Wundkissen TenderWet eine<br />
feuchte Wundbehandlung – insbesondere<br />
zur Wundreinigung – einfach und<br />
mit gutem Erfolg durchführen lässt.<br />
FALL 1: THERAPIE EINES FREIEN<br />
LI. UNTERARMLAPPENTRANSPLANTATS<br />
MIT TENDERWET 24<br />
Patient B. ist 28 Jahre alt und befand<br />
sich ursprünglich im Jahre 1999 wegen<br />
eines Rhabdomyosarkoms in Behandlung.<br />
Wie die Untersuchung damals ergab,<br />
erstreckte sich dieses auf den gesamten<br />
vorderen Anteil des Unterkiefers;<br />
die Geschwulst reichte von der<br />
rechten zur linken hinteren Prämolarregion,<br />
unter Einbeziehung der unteren<br />
Unterkieferkante. Nach Tumorexzision<br />
wurde der Defekt mit einer größeren<br />
Knochenplatte gedeckt, wobei ein dem<br />
Beckenkamm entnommenes Transplantat<br />
benutzt wurde. Patient B. mach-<br />
1a<br />
1c<br />
20 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
te einen zufriedenstellenden, stetigen<br />
Fortschritt und blieb symptomfrei.<br />
Im Februar erhielt er eine adjuvante<br />
Chemotherapie, die er gut vertrug.<br />
Seine Behandlung endete im Juli 2000<br />
mit dem Abschluss des 8. Zyklus.<br />
Ursprünglich war eine Resektion mit<br />
Rekonstruktion der linken Unterkieferhälfte<br />
geplant. Als er sich im September<br />
2000 der Operation unterzog, wurde<br />
intraoperativ ein Wiederauftreten<br />
des Tumors festgestellt.<br />
Aufgrund dieses Rezidivs wurde<br />
Patient B. daher wieder im Oktober<br />
2000 zur Totalresektion der linken Unterkieferhälfte<br />
aufgenommen. Ein linksseitiger<br />
freier Unterarmlappen wurde<br />
zur Wiederherstellung der Kinnregion<br />
transplantiert .<br />
Die Entnahmestelle<br />
wurde mit einem Vollhautlappentransplantat<br />
versorgt.<br />
Die erste Nachuntersuchung erfolgte<br />
am 21.11.00. Danach wurde der Patient<br />
wieder ambulant untersucht. Hier-<br />
1b<br />
Fall 1, verschorftes<br />
Unterarmlappentransplantat<br />
Abb. 1a<br />
Zustand am 28.11.2000, Beginn<br />
der TenderWet-Behandlung.<br />
Abb. 1b<br />
5.12.2000, verminderter<br />
Schorfbelag.<br />
Abb. 1c<br />
12.12.2000, fast vollständig<br />
abgelöster Schorf.<br />
bei wurde eine Weichteilinfektion festgestellt.<br />
Der Patient klagte über erhebliche<br />
Schmerzen in der Wunde und<br />
dem die Wunde umgebenden Areal.<br />
Das Wundbett war mit trockenem,<br />
gelblichem Schorf bedeckt, der fest<br />
anhaftete und nur schwer durch scharfes<br />
Débridement zu beseitigen war.<br />
Die Wunde wurde täglich mit amorphem<br />
Hydrogel behandelt, um die<br />
Hydratation des trockenen Schorfs zu<br />
erleichtern und die Schmerzen zu lindern.<br />
2. Nachuntersuchung am 28.11.00:<br />
Bei dieser Nachuntersuchung (Abb.<br />
1a) war die Wunde mit nassem, gelblichem<br />
Schorf bedeckt, der dem Wundbett<br />
fest anhaftete. Wir versuchten, den<br />
Schorf mit TenderWet 24 abzulösen.<br />
Diese täglich zu wechselnden Wundkissen<br />
wurden zunächst sieben Tage<br />
lang verwendet.<br />
3. Nachuntersuchung am 05.12.00:<br />
Nach sieben Tagen der Behandlung<br />
mit TenderWet 24 wurde die Wunde in<br />
der Ambulanz erneut untersucht (Abb.<br />
1b). Sie wies Granulationsgewebe auf,<br />
und der Schorfbelag war vermindert.<br />
Auch wurde bemerkt, dass die Wunde<br />
Anzeichen überschießender Granulation<br />
aufwies. Wir beschlossen daher,<br />
die Behandlung mit TenderWet 24 für<br />
weitere sieben Tage fortzusetzen.<br />
4. Nachuntersuchung am 12.12.00:<br />
Die Wunde war frei von Schorf, doch<br />
zeigte sie auch hier wieder Anzeichen<br />
überschießender Granulation. Diese<br />
wurde mit steroidhaltiger Creme behandelt.<br />
Weitere monatliche Nachuntersuchungstermine<br />
wurden vereinbart.<br />
David G. Gray & Pam J. Cooper<br />
Clinical Nurse Specialists<br />
Department of Tissue Viability<br />
Grampian Universitiy Hospital Trust<br />
Aberdeen, Schottland<br />
FALL 2: DEHISZENTE MEDIANE<br />
ABDOMINALWUNDE<br />
Herr C. L. ist ein aktiver 83-jähriger<br />
Landwirt, der eine Schafszucht in der<br />
Nähe von Dartmoor leitet. Mit Übelkeit,<br />
Erbrechen und starken Leibschmerzen<br />
wurde der Patient notfallmäßig im Krankenhaus<br />
aufgenommen.<br />
Die Untersuchung ergab eine erhöhte<br />
Leukozytenzahl, Fieber von 40° C<br />
sowie eine ausgeprägte abdominale<br />
Abwehrspannung.
2a<br />
2d<br />
2b<br />
2e<br />
Da die weiterführende Untersuchung<br />
den Verdacht auf eine Darmperforation<br />
ergab, führten die Chirurgen eine<br />
Laparotomie mit medianer Abdominalschnittführung<br />
durch. Wie sich während<br />
der Operation herausstellte, fand<br />
sich bei Herrn C. L. ein geborstener,<br />
gangränöser Appendix mit Kontamination<br />
der Bauchhöhle, die zu einer Peritonitis<br />
geführt hatte.<br />
Herr C. L. ist generell ein recht fitter<br />
Patient. Zehn Jahre vor seiner Aufnahme<br />
unterzog er sich aufgrund bestehender<br />
Osteoarthritis einer erfolgreichen<br />
Hüftgelenksoperation. Er leidet<br />
an Vorhofflimmern, das durch Digoxingabe<br />
und den Gerinnungshemmer<br />
Warfarin unter gute Kontrolle gebracht<br />
ist.<br />
Postoperativ schien sich Herr C. L.<br />
gut zu erholen und begann frühzeitig<br />
mit der Mobilisation. Das intravenöse<br />
Breitbandspektrum-Antibiotikum wurde<br />
postoperativ für drei weitere Tage gegeben;<br />
sobald Darmgeräusche wieder<br />
hörbar waren, wurden Flüssigkeiten<br />
und feste Speisen erfolgreich wieder<br />
eingeführt. Die Bauchwunde wurde<br />
regelmäßig inspiziert, da diese entzündet<br />
zu sein schien und ein tingierter,<br />
seröser Ausfluss aus einem kleinen Bereich<br />
im Wundzentrum austrat.<br />
Danach war geplant, Herrn C. L. in<br />
ein kleineres Landkrankenhaus in der<br />
Nähe seines Wohnorts zu verlegen,<br />
doch begann sich der Wundzustand<br />
am achten postoperativen Tag, dem<br />
2c<br />
2f<br />
Vortag seiner geplanten Verlegung,<br />
dramatisch zu verschlechtern. Im mittleren<br />
Abschnitt der OP-Wunde kam es<br />
zur Nahtdehiszenz, und ein größeres<br />
Volumen faulig riechenden Exsudats<br />
mit Detritus entfloss der Wunde. Während<br />
der nächsten 24 Stunden öffnete<br />
sich die Wunde weiter, bis am 28.1.98<br />
die Naht über die ganze Länge zusammenbrach;<br />
dies führte zu einem 19 cm<br />
langen und 8 cm breiten Defekt (Abb.<br />
2a).<br />
Herrn C. L.s Verlegung wurde aufgeschoben,<br />
und das chirurgische Team<br />
wandte sich an die Abteilung „Tissue<br />
Viabilitiy Service“ mit der Bitte um klinische<br />
Visite zur Beurteilung der Wunde<br />
und Diskussion der therapeutischen<br />
Möglichkeiten.<br />
Eine dicke, dem Wundgrund fest anhaftende<br />
und übel riechende Schicht<br />
nekrotischen Materials erschwerte es,<br />
die volle Tiefe der Wunde zu ermitteln,<br />
doch schien diese bis hinab zur Rektusscheide<br />
zu reichen. Das Exsudatvolumen<br />
war mäßig bis groß und bestand<br />
aus Eiter und verflüssigtem Gewebe.<br />
Die periphere Gewebeentzündung<br />
war minimal und erstreckte sich<br />
auf ein Randgebiet von etwa 1 cm um<br />
die Wundränder herum an jener Stelle,<br />
an der die Wunde am weitesten klaffte.<br />
Trotz der Wundgröße klagte Herr C. L.<br />
über keine von der Wunde selbst herrührenden<br />
Schmerzen, sondern eher<br />
über ein generelles Unbehagen in der<br />
Bauchregion.<br />
KASUISTIK<br />
Fall 2, dehiszente mediale<br />
Abdominalwunde<br />
Abb. 2a<br />
Zustand der Wunde nach Dehiszenz.<br />
Abb. 2b<br />
28.1.98, Beginn der TenderWet-<br />
Behandlung.<br />
Abb. 2c<br />
Sekundärverband mit sterilen<br />
Mullkompressen und Fixiervlies.<br />
Abb. 2d<br />
Wundzustand zwei Tage nach<br />
Behandlungsbeginn mit bereits<br />
deutlicher Reduzierung der Beläge.<br />
Abb. 2e<br />
5.2.98, die Wunde ist nahezu sauber,<br />
die Bildung von Granulationsgewebe<br />
kommt voran.<br />
Abb. 2f<br />
Zustand der Wunde am 17.2.98<br />
mit gesunder Granulation, von<br />
den Wundrändern her beginnt die<br />
Epithelisierung.<br />
Mit dem Einverständnis der Chirurgen<br />
wurden die restlichen Hautnähte<br />
entfernt, da diese nicht länger die<br />
Wundränder adaptierten und das<br />
Wundmanagement zunehmend erschwerten.<br />
Die zu ergreifenden Wundbehandlungsmaßnahmen<br />
wurden wie<br />
folgt festgelegt: Beseitigung des nekrotischen<br />
Materials und Schorfs durch<br />
ein Wunddébridement, Geruchsverminderung<br />
und Stimulation der Granulation.<br />
Die Wahl der in Frage kommenden<br />
Produkte zur Wundbehandlung war in<br />
diesem Fall eingeschränkt. Enzymatische<br />
Präparate wurden zur Beschleunigung<br />
des Wunddébridements erwogen,<br />
diese waren jedoch aufgrund der<br />
bestehenden gerinnungshemmenden<br />
Therapie des Patienten kontraindiziert.<br />
Zwar hätten amorphe Hydrogele das<br />
für die Autolyse erforderliche feuchte<br />
Mikroklima schaffen können, doch hätten<br />
die großen Exsudatmengen und die<br />
auf das Gel einwirkende Gravität zweifellos<br />
Probleme verursacht. Exsudat<br />
und Gel wären zum Wundgrund hin<br />
gewandert, hätten zu Mazeration sowie<br />
Undichtigkeit des Verbandes geführt,<br />
während der obere Wundabschnitt<br />
zum Austrocknen und daher zur Behinderung<br />
der Wundheilung tendiert hätte.<br />
Auch wurde die Anwendung von Alginatverbänden<br />
in Betracht gezogen,<br />
doch fürchteten wir, dass die Exsudatbildung<br />
hier zu stark war, um diesen<br />
Verband kosteneffektiv zu machen.<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
21
KASUISTIK<br />
Wir fanden, dass die Wunde geeignet<br />
für die Behandlung mit TenderWet-<br />
Wundkissen sein könnte. Diese Entscheidung<br />
wurde mit dem Patienten<br />
und dem chirurgischen Team getroffen<br />
und die Zustimmung zur Behandlung<br />
gegeben.<br />
Behandlung mit TenderWet<br />
Die Behandlung wurde mit drei<br />
10 cm x 10 cm großen Wundkissen begonnen,<br />
die mit einem Gesamtvolumen<br />
Ringerlösung von 180 ml aktiviert wurden.<br />
Die Verbände wurden alle zwölf<br />
Stunden gewechselt. Die TenderWet-<br />
Wundkissen wurden durch zwei sterile<br />
Kompressen fixiert, um etwaiges überschüssiges<br />
Exsudat zu absorbieren;<br />
das ganze Areal wurde schließlich mit<br />
einem formadaptiven Fixiervlies abgedeckt<br />
(Abb. 2b/c).<br />
Die Wunde wurde am 30.1.98, also<br />
zwei Tage nach Beginn des Einsatzes<br />
der TenderWet-Wundkissen, erneut untersucht.<br />
Es wurde beobachtet, dass<br />
es zu einer beträchtlichen Verringerung<br />
der Dicke des Schorfbelags im<br />
Wundbett gekommen war; das eingangs<br />
beobachtete Volumen hatte sich<br />
um etwa 50% verringert. Granulationsgewebe<br />
war jetzt in einigen Bereichen<br />
der Wunde deutlich sichtbar, und das<br />
Exsudatniveau hatte stark abgenommen.<br />
Obwohl der störende Geruch<br />
noch immer merklich vorhanden war,<br />
fiel dieser nur beim Abnehmen des Verbandes<br />
auf und war nun deutlich weniger<br />
belästigend (Abb. 2d).<br />
Der Behandlungsplan blieb unverändert.<br />
Am 5.2.98 konnte nur eine isolierte,<br />
dünne Detritusschicht im Wundbett<br />
beobachtet werden. Granulationsgewebe<br />
ist hier innerhalb der ganzen<br />
Wunde deutlich sichtbar, und das<br />
Exsudatniveau ist zurückgegangen<br />
(Abb. 2e).<br />
Am 17.2.98 wurden keinerlei Anzeichen<br />
von zersetztem Gewebe in der<br />
Wunde gefunden. Das gesamte Wundbett<br />
ist hier von gesundem Granulationsgewebe<br />
bedeckt. Die Wundränder<br />
haben sich stabilisiert und weisen Anzeichen<br />
aktiver epidermaler Wanderung<br />
auf (Abb. 2f).<br />
In diesem Stadium wurde die Wundpflegestrategie<br />
auf Hydrosorb umgestellt.<br />
Dieser Gelverband war dazu<br />
imstande, das nun geringere Exsudatvolumen<br />
aufzunehmen sowie das notwendige,<br />
feuchte Mikroklima aufrechtzuerhalten<br />
und damit die weitere Gra-<br />
22 HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
nulation und Reepithelisierung zu fördern.<br />
Bald nach dem Zeitpunkt des Entstehens<br />
von Abb. 2f wurde Herrn C. L.<br />
unter Lokalanästhesie ein Spalthauttransplantat<br />
von seinem Oberschenkel<br />
entnommen. Dieses wurde im Sinne<br />
eines verzögerten Verfahrens auf das<br />
Wundbett transplantiert. Die Prozedur<br />
war zu 100% erfolgreich, das Transplantat<br />
wuchs vollständig an.<br />
ZUSAMMENFASSUNG<br />
Während der Behandlung der<br />
Bauchwunde bewertete das Pflegepersonal<br />
den TenderWet-Verband als<br />
schnell und leicht anwend- und entfernbar.<br />
Die Wundkissen waren durchaus<br />
dazu imstande, die anfallenden<br />
Exsudatvolumina zu bewältigen. Die<br />
Verbände behielten das gesamte Exsudat,<br />
und es erübrigte sich, das Wundbett<br />
beim Verbandwechsel zu reinigen.<br />
Wie sich herausstellte, trat das Problem<br />
einer perifokalen Wundmazeration<br />
nicht auf. Sehr wichtig ist, dass der<br />
Patient das Tragen der Verbände als<br />
bequem empfand. Er war hierdurch in<br />
der Lage, während des gesamten Behandlungszeitraums<br />
mit seiner Mobilisation<br />
fortzufahren.<br />
Martyn Butcher<br />
Tissue Viabilitiy Clinical Nurse<br />
Specialist, Derriford Hospital<br />
Plymouth, England<br />
FALL 3: AMPUTATIONSWUNDE<br />
OBERHALB DES KNIES MIT<br />
POSTOPERATIVER DEHISZENZ<br />
Frau A. war eine 57-jährige Dame mit<br />
einer langen Geschichte von Adipositas<br />
und Atemlosigkeit, die Ursache<br />
einer Reihe kurzer Krankenhausaufnahmen<br />
zur Abklärung und Behandlung<br />
waren. Am 26.12.1999 wurde sie<br />
durch ihren Hausarzt als Notfall zur Untersuchung<br />
eines schmerzhaften rechten<br />
Beines aufgenommen. Während<br />
der vorhergehenden Tage hatte Frau A.<br />
selbst bei minimaler Anstrengung einen<br />
starken Schmerz entlang ihrer<br />
rechten Wade gespürt. Dieser wurde<br />
anfangs durch Ruhe gelindert. Bei der<br />
Untersuchung war ihr rechter Fuß taub,<br />
die Sensibilität verringert.<br />
Frau A. fühlte sich sehr unwohl und<br />
litt starke Schmerzen. Beide Füße waren<br />
kalt, verfärbt, ein eindrückbares<br />
Ödem war offensichtlich und die kapil-<br />
lare Wiederauffüllung der Fußzehen<br />
war recht träge. Am linken Bein ergab<br />
sich kein abnormer Befund.<br />
Am 1.1.2000 hatte sich der Zustand<br />
von Frau A.s rechtem Bein verschlechtert,<br />
der Unterschenkel war von der<br />
Wade abwärts verfärbt, am Vorfuß<br />
waren keine Pulse tastbar.<br />
Am 3.1.00 war das rechte Bein<br />
ischämisch, und die Gefäßchirurgen<br />
führten eine Amputation oberhalb des<br />
Knies durch.<br />
Nach der Operation, am 10.1.00,<br />
wurde der Verband mit physiologischer<br />
Kochsalzlösung durchtränkt. Die Wun-<br />
1g<br />
de war übel riechend und sonderte<br />
einen serös-purulenten Ausfluss ab.<br />
Sie wurde mit Betadine, Jelonet und<br />
Gaze versorgt und der Verband mit<br />
einem Filmverband fixiert. Trotz dieser<br />
Wundverbandstrategie verschlechterte<br />
sich der Wundzustand, und es kam zur<br />
Entwicklung von methicillinresistentem<br />
Staphylococcus aureus. Nach Diskussion<br />
mit dem Mikrobiologen wurde die<br />
Entscheidung getroffen, die Infektion<br />
nicht sofort aktiv zu behandeln, sondern<br />
den weiteren Verlauf zunächst beobachtend<br />
abzuwarten.<br />
Da kein weiterer chirurgischer Eingriff<br />
vorgesehen war, wurde am 24.<br />
1.00 beschlossen, Frau A. zwecks klinischer<br />
Beratung an die Abteilung „Tissue<br />
Viability Service“ zu überweisen.<br />
Behandlung<br />
Abb. 3a, 24.1.00: Bei der Aufnahmeuntersuchung<br />
war die Wunde übel riechend<br />
und enthielt größere Mengen<br />
abgestorbenen Gewebes. Die Nahtlinie<br />
war gespalten, die Wundränder<br />
klafften und waren erythematös. Bedingt<br />
durch das tägliche Abziehen der<br />
Filmverbände begann die Haut im<br />
Bereich der Wunde an Frau A.s Oberschenkel<br />
zusammenzubrechen, auch<br />
litt die Patientin unter zunehmend<br />
stärkeren Schmerzen beim Verbandwechsel.<br />
Es fiel ein mäßiges Exsudatvolumen<br />
an.<br />
Infolge des Ausmaßes der Wunde<br />
wurde gefordert, dass das auszuwählende<br />
Verbandprodukt zur Erfüllung<br />
folgender Aufgaben imstande sein<br />
sollte: Absorption des Exsudats, Entfernung<br />
der Beläge und Stimulation der<br />
Granulation. Daher entschieden wir<br />
uns, Frau A zunächst mit 24-stündig zu<br />
wechselnden TenderWet-Verbänden zu<br />
behandeln. Die TenderWet-Wundkissen<br />
wurden mit Lyofoam in situ gehalten
3a<br />
3b<br />
Fall 3, Amputationswunde mit<br />
postoperativer Dehiszenz<br />
Abb. 3a<br />
Aufnahmebefund am 24.1.00,<br />
Beginn der TenderWet-Behandlung.<br />
Abb. 3b<br />
31.1.00, das nekrotische Gewebe<br />
hat sich gut abgelöst.<br />
und mit einem Schlauchverband fixiert,<br />
der es ermöglichte, den Verband ohne<br />
Zuhilfenahme eines Heftpflasters zu sichern.<br />
Abb. 3b, 31.1.00: Das nekrotische<br />
Gewebe war fast völlig beseitigt, und<br />
auch die Beläge begannen, sich abzulösen.<br />
Das Erythem hatte sich geringfügig<br />
gebessert, doch blieb die Wunde<br />
übel riechend. Durch die vor jedem<br />
Verbandwechsel verabreichte Analgesie<br />
waren Frau A.s Schmerzen nun<br />
gut kontrolliert. Auch war die Exsudatbildung<br />
nun unter guter Kontrolle.<br />
Es fiel den Pflegekräften jedoch<br />
schwer, den Verband an seiner Stelle<br />
zu sichern. Dies war einerseits dadurch<br />
bedingt, dass es sich um eine<br />
Amputation oberhalb des Knies handelte,<br />
zum anderen aber auch durch<br />
Frau A.s Adipositas. Dieses Problem<br />
wurde jedoch schließlich durch die Benutzung<br />
von Einweg-Inkontinenzslips<br />
gelöst.<br />
Die Einweg-Slips ermöglichten die<br />
Sicherung des Verbandes ohne dabei<br />
die umgebende Haut zu verletzen.<br />
Stumpf und Verband wurden von der<br />
Hauptpartie der Slips überzogen, während<br />
die Beinpartien der Slips mittels<br />
eines Heftpflasters beiseite gehalten<br />
wurden.<br />
Abb. 3c, 7.2.00: Bei dieser Untersuchung<br />
wurde eine eindeutige Besse-<br />
3c<br />
3d<br />
Abb. 3c<br />
7.2.00, auch die Beläge sind<br />
nunmehr abgelöst, Granulationsgewebe<br />
ist sichtbar.<br />
Abb. 3d<br />
1.3.00, der Wundzustand hat<br />
sich unter der TenderWet-Behandlung<br />
weiter erheblich verbessert.<br />
rung festgestellt. Das nekrotische<br />
Gewebe war beseitigt, und die Beläge<br />
lösten sich weiter ab. Gesundes, rosiges<br />
Granulationsgewebe war deutlich<br />
sichtbar, und der zuvor so penetrante<br />
üble Geruch hatte sich gebessert. Die<br />
Behandlung mit TenderWet wurde fortgesetzt.<br />
Der Wundzustand besserte sich weiterhin<br />
drastisch, und der üble Geruch<br />
war nun weniger stark. Das Wundbett<br />
war rein, und Granulationsgewebe war<br />
sichtbar. Auch begannen die Wundränder,<br />
sich zu kontrahieren. Die Behandlung<br />
mit TenderWet wurde fortgesetzt.<br />
Abb. 3d, 1.3.00: Die Wundränder kontrahierten<br />
sich weiterhin, und im Wundgrund<br />
schritt die Granulation fort. Die<br />
umgebende Haut war rosig und gesund,<br />
das Erythem bildete sich zurück.<br />
Abb. 3e, 22.3.00: Die Granulation<br />
des Wundgrunds hatte nun fast die<br />
Wundränder erreicht.<br />
Nach gründlicher Untersuchung der<br />
Wunde wurde nun die derzeitige Behandlung<br />
aus folgenden Gründen geändert:<br />
Wie Abb. 3e zeigt, hatte sich<br />
die Wunde soweit kontrahiert, dass nur<br />
ein kleines granulierendes Areal zurückblieb,<br />
das sich auf die Hautfalten<br />
und -einziehungen des Stumpfes erstreckte.<br />
Um ein Mikroklima mit optimaler<br />
Heilwirkung zu schaffen und die<br />
Granulationsbildung anzuregen, wurde<br />
3e<br />
KASUISTIK<br />
3f<br />
Abb.<br />
1f<br />
3e<br />
22.3.00, die Granulation ist<br />
nun fast auf Wundrandniveau,<br />
die Behandlung wird auf eine<br />
Tamponade mit Alginaten umgestellt.<br />
Abb. 3f<br />
16.5.00, vollständige Heilung<br />
der Wunde.<br />
der Wundspalt mit einer Alginatschnur<br />
tamponiert und mit einem Lyofoam-<br />
Sekundärverband fixiert.<br />
Abb. 3f, 16.5.00: Die vollständige<br />
Heilung war nun erzielt, obwohl noch<br />
einige trockene Hautstellen vorhanden<br />
waren. Zum Feuchthalten dieser trockenen<br />
Areale wurde zweimal täglich<br />
eine Mischung von flüssigem Paraffin<br />
und weißem, weichem Paraffin im Verhältnis<br />
1:1 angewendet.<br />
Zusammenfassung<br />
Aufgrund des Gesamtzustands der<br />
Patientin wie auch der Wunde selbst<br />
galt es hier, eine Reihe komplexer<br />
Probleme zu lösen, wobei eine gute<br />
Reinigung der Wunde im Vordergrund<br />
stand. Des Weiteren umfassten die<br />
Maßnahmen die Pflege der Haut in<br />
der Stumpfregion und die Sicherung<br />
des Verbandes, ohne der umgebenden<br />
Haut Schaden zuzufügen.<br />
S. Stringfellow & Pam J. Cooper<br />
Clinical Nurse Specialists<br />
Department of Tissue Viability<br />
Crampian University Hospital Trust<br />
Aberdeen, Schottland<br />
Abstract eines Originalartikels<br />
in „British Journal of Nursing“<br />
(Beilage), 9, Heft 12, S. 30-36<br />
HARTMANN WundForum 2 /2001<br />
23
PRAXISWISSEN<br />
Fremdblutübertragungen<br />
in der operativen Medizin –<br />
aktueller Status<br />
H-Th. Panknin 1 , K. Schwemmle 2, H.-B. Reith 3<br />
1 Medizinjournalist, Berlin<br />
2 Klinik für Allgemein- und Thoraxchirurgie, Justus-Liebig-Universität Gießen<br />
3 Chirurgische Klinik und Poliklinik, Universitätsklinikum Würzburg<br />
EINLEITUNG UND PROBLEMSTELLUNG<br />
Bluttransfusionen sind vor allem in<br />
der operativen Medizin, aber auch in<br />
den konservativen Fächern zum Ausgleich<br />
eines blutungsbedingten Volumenmangels<br />
und zur Behandlung<br />
schwerer Anämien unverzichtbar. Wir<br />
wissen aber, dass mit Fremdblut trotz<br />
aller im Transfusionsgesetz vorgeschriebenen<br />
Sicherheitsmaßnahmen<br />
Infektionserreger übertragen werden<br />
können, wenn auch das Risiko, zum<br />
Beispiel für eine Hepatitisinfektion,<br />
wesentlich reduziert werden konnte.<br />
Wegen der Möglichkeit von Nebenwirkungen<br />
ist man aber bestrebt, die Zahl<br />
von Fremdblutübertragungen zu reduzieren.<br />
Ein Zwang dazu besteht nicht zuletzt<br />
auch deshalb, weil vor allem in Urlaubszeiten<br />
der Blutbedarf das Angebot<br />
an Fremdblut übersteigt. Zwar<br />
konnte zum Beispiel der Blutspendedienst<br />
des Bayerischen Roten Kreuzes<br />
die Zahl entnommener Bluteinheiten<br />
von etwa 400.000 im Jahre 1980 auf<br />
etwa 500.000 im Jahre 1985 – also um<br />
etwa 20% in 5 Jahren – steigern, von<br />
1986 bis 1990 blieb aber die Zahl der<br />
Blutkonserven mit etwa 515.000 pro<br />
24 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
Jahr konstant. Es lassen sich also nicht<br />
beliebig viele Blutspender rekrutieren.<br />
Viele scheiden auch deshalb aus, weil<br />
sie die Altersgrenze überschritten haben,<br />
krank geworden sind oder Medikamente<br />
einnehmen, die die Blutspende<br />
ausschließen. Durch jüngere Erstspender<br />
kann dieses Defizit nicht<br />
ausreichend ausgeglichen werden.<br />
Obwohl der intraoperative Blutverlust<br />
und damit die Zahl der notwendigen<br />
Transfusionen deutlich reduziert<br />
werden konnte, steigt der Blutbedarf<br />
immer mehr an: Durch ein verbessertes<br />
Rettungssystem erreichen<br />
Schwerstverletzte mit einem hohen<br />
Transfusionsbedarf, manchmal über<br />
50 Konserven, die Klinik. Die Nachfrage<br />
nach Fremdblut steigt außerdem<br />
wegen sehr ausgedehnter operativer<br />
Eingriffe und wegen der Notwendigkeit,<br />
Intensivpatienten mit Blut und Blutprodukten<br />
zu versorgen, an.<br />
Schließlich wurden durch den Druck<br />
einer wegen der HIV-Problematik verunsicherten<br />
und misstrauisch gewordenen<br />
Öffentlichkeit die Vorschriften für<br />
Herstellung und Vertrieb von Fremdblut<br />
verschärft und die Bereitschaft zur<br />
Blutspende nicht gerade begünstigt.<br />
RESTRISIKO TRANSFUSIONSASSOZIIERTER VIRUSINFEKTIONEN (TAB. 1)<br />
Restrisiko Spannweite<br />
Hepatitis C* ca. 1:100.000 ca. 1: 32.000 bis 1:300.000<br />
Hepatitis B ca. 1:200.000 ca. 1:130.000 bis 1:630.000<br />
HIV 1 und 2 ca. 1:1.900.000 ca. 1:700.000 bis 1:4.800.000<br />
Werte für Deutschland nach Glück et al. (1998)<br />
* Die Übertragungswahrscheinlichkeit für das Hepatitis C-Virus (HCV) ist durch den<br />
vorgeschriebenen direkten Virusnachweis (HCV-PCR-Screening) als sicher noch niedriger<br />
einzustufen (Prohaska, 2001).<br />
Auf verschiedenen Wegen versucht<br />
man daher, den Bedarf an Fremdblut<br />
zu senken.<br />
INDIKATION ZUR BLUTTRANSFUSION<br />
Die Entscheidung zur Transfusion<br />
sollte auf die Maxime ausgerichtet sein,<br />
„so viel wie nötig, aber auch so wenig<br />
wie möglich“.<br />
Eine Erythrozyten-Substitution bei<br />
einem Hämoglobinwert von über 8 g/dl<br />
ist oft und bei einem Wert von über<br />
10 g/dl immer unnötig.<br />
Bei Werten unter 7 g/dl sollte allerdings<br />
das Erythrozytendefizit ausgeglichen<br />
werden, auch wenn wir wissen,<br />
dass Patienten mit chronischer Blutung<br />
einen Hämoglobin-Gehalt von 3 g/dl<br />
und weniger tolerieren. Nach Spence<br />
et al. (1992) wird dann die Prognose<br />
der Patienten jedoch signifikant<br />
schlechter.<br />
Bei manchen Patienten<br />
kann sogar die Anhebung des Hämoglobins<br />
über 10 g/dl sinnvoll sein.<br />
Zwei neuere Arbeiten zeigten jedenfalls,<br />
dass die Mortalität von Kranken<br />
mit kardiovaskulären Erkrankungen<br />
dadurch gesenkt wird.<br />
ALTERNATIVE EIGENBLUTSPENDE<br />
Eine oft empfohlene Alternative für<br />
die Fremdblutspende (homologe Bluttransfusion)<br />
ist die Eigenblutspende<br />
(autologe Blutspende). Sie ist bei Patienten<br />
zu diskutieren, die sich einem<br />
elektiven Eingriff ohne Zeitdruck unterziehen<br />
müssen, bei dem erfahrungsgemäß<br />
mit größeren Blutverlusten zu<br />
rechnen ist. Dazu gehören orthopädische<br />
Eingriffe (Endoprothesen), ebenso<br />
die kardiovaskulären Operationen.<br />
Auch wenn mit der plastischen Chirurgie<br />
und bei gynäkologischen Operationen<br />
große Wundflächen gesetzt werden<br />
müssen, lässt sich wegen diffuser<br />
Blutungen ein größerer Blutverlust oft<br />
nicht vermeiden.<br />
Nach den Empfehlungen des ehemaligen<br />
Bundesgesundheitsamtes aus<br />
dem Jahre 1994 gilt als Richtschnur,<br />
dass bei planbaren Operationen, bei<br />
denen regelmäßig in mehr als 5-10%<br />
der Fälle Blut benötigt wird, eine Eigenblutspende<br />
in Betracht kommt und die<br />
Patienten entsprechend aufgeklärt werden<br />
müssen.<br />
Die Eigenblutspende ermöglicht<br />
eine sichere und risikoarme Blutübertragung.<br />
Die Infektionsgefahr für HIV,<br />
Hepatitis B und C, Cytomegalie ist<br />
nahezu ausgeschlossen. Unverträg-
lichkeitserscheinungen sind bei sachgemäßer<br />
Durchführung unwahrscheinlich.<br />
Darüber hinaus kann die Erythropoese<br />
durch die Blutentnahme stimuliert<br />
und ein intraoperativer Blutverlust<br />
zusammen mit der Retransfusion<br />
rascher kompensiert werden. Durch<br />
Eigenblutspenden werden auch ABO-<br />
Inkompatibilitäten ausgeschlossen. Hämolytische<br />
Reaktionen kommen dennoch<br />
vor und sie sollen nach amerikanischen<br />
Angaben in einer Häufigkeit<br />
von 1:250.000 letal verlaufen.<br />
Um einen Eisenmangel auszugleichen<br />
und die Blutbildung anzuregen,<br />
sollte spätestens ab der ersten Spende,<br />
besser eine Woche vorher, eine<br />
orale Eisenprophylaxe mit 300 mg<br />
Eisen-(II)-Sulfat pro Tag begonnen und<br />
bis zur Normalisierung des Blutbildes<br />
fortgesetzt werden.<br />
Für die Eigenblutspende eignen sich<br />
Patienten zwischen 14 und 65 Jahren.<br />
Sie müssen gesund und kreislaufstabil<br />
sein. Der Ausgangs-Hämoglobin-Wert<br />
darf 12 g/dl nicht unterschreiten. Die<br />
Zahl der Blutentnahmen (jeweils 450-<br />
500 ml) ergibt sich aus der Haltbarkeit<br />
der Konserven (35 Tage bei Vollblut<br />
und 49 Tage bei Erythrozytenkonzentraten),<br />
dem Hämoglobin-Gehalt bei<br />
der ersten Entnahme und der Dynamik<br />
des Hämoglobin-Anstiegs danach.<br />
Es muss sich außerdem um eine<br />
Operation handeln, die bis zu 7 Wochen<br />
verschoben werden kann. Tumoroperationen<br />
sind schon aus diesem<br />
Grund weniger für eine Eigenblutspende<br />
geeignet. Die Möglichkeit, dass<br />
Tumorzellen retransfundiert werden,<br />
spielt eine eher untergeordnete Rolle.<br />
Unter Beachtung dieser Voraussetzungen<br />
können in der Regel zwei bis<br />
drei Blutentnahmen innerhalb von 3-4<br />
Wochen und in einem Abstand von 4-7<br />
Tagen vorgenommen werden.<br />
Da die Bereitschaft zur Blutspende<br />
sinkt, der Blutbedarf<br />
aber immer mehr ansteigt,<br />
ist die Möglichkeit<br />
zur Eigenblutspende verstärkt<br />
in Betracht zu ziehen.<br />
Eine Spende von 500 ml senkt den<br />
Hämoglobingehalt um etwa 1,0-1,5 g/<br />
dl bzw. den Hämatokritwert um ca. 4%.<br />
Hämoglobin von 11 g/dl bzw. Hämatokrit<br />
von 34% sollten nicht unterschritten<br />
werden. Zwischen letzter Entnahme<br />
und Operation (Transfusionstermin)<br />
sollten mindestens 48 Stunden verstreichen.<br />
Für ältere Patienten ist nach der<br />
Transfusion eine mehrstündige Betreuung,<br />
z. B. durch Angehörige, notwendig.<br />
Der Patient muss außerdem informiert<br />
werden, dass trotz Retransfusion<br />
von Eigenblut die Übertragung von<br />
Fremdblut nicht ausgeschlossen ist,<br />
wenn ein unerwartet hoher Blutverlust<br />
entsteht.<br />
Als Kontraindikationen der autologen<br />
Blutentnahme gelten (Wissenschaftlicher<br />
Beirat der Bundesärztekammer,<br />
Paul-Ehrlich-Institut, 1996):<br />
� Akute Infektionen mit der Möglichkeit<br />
einer hämatogenen Streuung<br />
� Verdacht auf infektiöse Magen-<br />
Darm-Erkrankung<br />
� Akute Erkrankungen ungeklärter<br />
Genese<br />
� Frischer Herzinfarkt (
PRAXISWISSEN<br />
Direktbeschallung von<br />
Ulcera cruris mit niederfrequentem<br />
Ultraschall<br />
R. Niedner und D. Iliev<br />
Klinik für Dermatologie, Klinikum Ernst von Bergmann, Potsdam<br />
Im HARTMANN WundForum 1/2001<br />
wurde ausführlich über die subaquale<br />
niederfrequente Ultraschall-Therapie in<br />
der Wundbehandlung berichtet. Die<br />
unzweifelhaften Vorteile einer solchen<br />
Therapie sind aber – zumindest aus<br />
pflegerischer Sicht – mit nicht unerheblichen<br />
Nachteilen verbunden. Um<br />
nämlich eine subaquale Behandlung<br />
von Wunden durchführen zu können,<br />
ist ein ziemlicher Aufwand nötig: Bereitstellung<br />
einer Badewanne oder eines<br />
hohen Gefäßes (Bottich) für z. B. ein<br />
Bein, Entfernung des Wundverbandes,<br />
Transport des Patienten zum Bad, Aufsicht<br />
während der Ultraschallbehandlung,<br />
Rückführung des Patienten, Anlegen<br />
eines Verbandes, Säuberung der<br />
Badewanne (oder des Bottichs).<br />
Aus diesem Grunde war es uns<br />
wichtig, die Beschallungsart so weiterzuentwickeln,<br />
dass diese ohne besonderen<br />
Aufwand für Personal und Patient<br />
durchgeführt werden kann. Neben<br />
den spezifischen Effekten des niederfrequenten<br />
Ultraschalls im Gewebe<br />
sind bei der subaqualen Anwendung<br />
die mechanischen Einwirkungen auf<br />
die Wundoberfläche durch Oberflä-<br />
1 2<br />
26 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
chenkavitation und Mikroströmung für<br />
die Anregung und Stimulation der Granulation<br />
und Epithelisierung verantwortlich.<br />
Aus der Überlegung heraus,<br />
dass sich diese Wirkungskomponenten<br />
auch im Exsudat ausbilden, wurde die<br />
Ankopplung nicht mehr subaqual im<br />
Wasserbad vorgenommen, sondern<br />
durch einen hydrophilen Verband hindurch.<br />
In concretu bestand das System nun<br />
aus dem geschlossenen Verbund:<br />
Schallkopf des Gerätes ultraPuls H* –<br />
Ultraschallgel – hydrophiler Wundverband<br />
(Hydrosorb von HARTMANN) –<br />
Wundsekret – Wundoberfläche. In einer<br />
Pilotstudie wurden insgesamt 6 Patienten<br />
mit chronischen Ulcera cruris mit<br />
dem ultraPuls H behandelt. Bei 5 Patienten<br />
handelte es sich um venöse und<br />
bei einer Patientin um gemischte arteriovenöse<br />
Ulcera cruris. Da die Patienten<br />
ausschließlich mit stark schmierig<br />
belegten Ulzerationen in die Klinik kamen,<br />
wurde der Einsatz der Direktbeschallung<br />
nach einer Reinigung der<br />
Ulzera mittels chirurgischem Débridement<br />
durch Einmalkürette und/oder<br />
mittels enzymatischer Wundreinigung<br />
mit Iruxol N begonnen. Diese Vorbehandlung<br />
erfolgte über 3 bis 7 Tage.<br />
Für die Direktbeschallung wurden ausschließlich<br />
solche Ulcera cruris ausgewählt,<br />
deren Größe nicht mehr als<br />
10 cm im Durchmesser betrug. Die<br />
Patienten wurden über die Therapie<br />
ausführlich aufgeklärt und nach ihrem<br />
Einverständnis behandelt.<br />
Die Ultraschalltherapie erfolgte täglich<br />
über einen Zeitraum von 12 bis 26<br />
Tagen im pulse-Modus bei POWER-<br />
Stufe 4, bei einer Behandlungszeit von<br />
jeweils 5 bzw. 6 Minuten. Als Ankopplungsmedium<br />
wurde neben dem Ultraschallgel<br />
der Hydrogelverband Hydrosorb<br />
eingesetzt, welcher mit oder ohne<br />
Kleberand nach Reinigung der Wunden<br />
mittels Umschlägen mit Kaliumpermanganatlösung<br />
frisch aufgebracht<br />
wurde. Nach der Beschallung wurde<br />
der Hydrogelverband bis zum Folgetag<br />
im Sinne der feuchten Wundbehandlung<br />
auf dem Ulkus belassen. Der<br />
leichte Andruck der Sonde erfolgte manuell<br />
durch die Patienten oder durch<br />
eine Mullbinde. Nach Einweisung von<br />
Patienten und Schwestern in das Therapieverfahren<br />
war eine dauerhafte<br />
Anwesenheit eines Arztes während<br />
der gesamten Therapiezeit nicht erforderlich.<br />
Eine Therapiekontrolle durch<br />
Schwester und/oder Arzt wurde aber<br />
zu Beginn der Behandlung bei jedem<br />
Patienten durchgeführt.<br />
Alle Patienten mit ausschließlich venösen<br />
Ulcera cruris wurden nach der<br />
Ultraschallbehandlung mit Pütter-Kurzzugverbänden<br />
bis zum Knie versorgt.<br />
Die Patientin mit gemischtem Ulcus<br />
cruris wurde zusätzlich mit Pentoxifyllin<br />
(Trental) in der Dosierung 2-mal tägl.<br />
400 mg behandelt. Bei einer anderen<br />
Patientin wurde ein entgleister Diabetes<br />
mellitus endokrinologisch einge-<br />
Anwendungsbeispiel der<br />
direkten suprakutanen<br />
Applikation<br />
Abb. 1:<br />
Mit Hydrogelverband Hydrosorb<br />
abgedeckte Wunde.<br />
Abb. 2:<br />
Auf den Hydrogelverband<br />
zentral über der Wunde<br />
aufgelegter Schallkopf.<br />
* Fa. Bandelin electronic, Berlin
stellt. Alle Patienten wurden physiotherapeutisch<br />
mitbetreut.<br />
Die Sonde und der Applikator des<br />
Ultraschallgerätes wurden bei parallelem<br />
Einsatz des Gerätes an mehreren<br />
Patienten nach jeder Behandlung gereinigt<br />
und mittels Propanol-Lösung<br />
(Sterillium) desinfiziert. Darüber hinaus<br />
erfolgte eine tägliche Reinigung. Die<br />
Kunststoffoberfläche wurde dabei nicht<br />
angegriffen.<br />
Die Ultraschalltherapie wurde von<br />
allen Patienten als sehr angenehm<br />
empfunden. Teilweise wurde ein leichtes<br />
Kribbeln beschrieben. Bei dem<br />
einmaligen, versehentlichen Einsatz in<br />
der POWER-Stufe 6 kam es nach einigen<br />
Minuten zu lokaler Erwärmung,<br />
ohne dass es dadurch jedoch zu<br />
einem sichtbar negativen Effekt auf die<br />
Wundheilung (thermischer Schaden)<br />
kam.<br />
Während des stationären Aufenthaltes<br />
der Patienten über einen Zeitraum<br />
von 15 bis 31 Tagen konnte eine vollständige<br />
Epithelisierung des Ulkus bei<br />
zwei und eine saubere Granulation sowie<br />
Ulkusverkleinerung bei vier Patienten<br />
erzielt werden. Bei den abgeheilten<br />
Ulzerationen handelte es sich in einem<br />
Fall um ein gemischtes arteriovenöses<br />
und im zweiten Fall um ein venöses<br />
Ulcus cruris.<br />
Die Direktbeschallung der Ulzera mit<br />
dem Ultraschall-Therapiegerät ultra-<br />
Puls H wurde von allen 6 Patienten gut<br />
vertragen und als ergänzende Maßnahme<br />
begrüßt. Es zeigten sich eine<br />
gute Wundreinigung, Granulationsanregung<br />
und Epithelisierung durch diese<br />
unterstützende Zusatzbehandlung<br />
der Ulcera cruris. Da es sich hier lediglich<br />
um eine Anwendungsbeobachtung<br />
handelt, kann kein validierter sicherer<br />
Zusammenhang zwischen der Ultraschallanwendung<br />
und der beschleunigten<br />
Granulation und Epithelisation<br />
belegt werden. Dies bleibt weiteren<br />
Studien mit größeren Patientenzahlen<br />
und dem Vergleich mit einer Kontrollgruppe<br />
vorbehalten. Ergänzend wäre<br />
eine Kosten-Nutzen-Rechnung unter<br />
dem Aspekt der optimalen Nutzung<br />
von Ressourcen im Gesundheitswesen<br />
sinnvoll.<br />
Als großer Vorteil der jetzt möglichen<br />
Direktbeschallung gegenüber der früheren<br />
Applikationstechnik im Wasserbad<br />
kann der hierdurch möglich gewordene<br />
Einsatz mit hochgelagerten Beinen<br />
bei chronisch venöser Insuffizienz<br />
WIRKUNGSKOMPONENTEN DER DIREKTEN SUPRAKUTANEN<br />
(NF) ULTRASCHALL-THERAPIE FÜR DIE WUNDBEHANDLUNG<br />
Ultraschall-Gel<br />
➀ ➁<br />
Schallkopf<br />
➂ ➃<br />
//////<br />
erachtet werden. Die Handhabung ist<br />
außerordentlich vereinfacht worden.<br />
Der für die subaquale Beschallung<br />
vorgesehene Handgriff ist für diese<br />
Beschallungsart ungeeignet. Für die<br />
Direktbeschallung wäre entweder ein<br />
robusterer Griff oder eine Arretierungsmöglichkeit<br />
mittels Gummiband oder<br />
auch ein Band mit Klettverschluss für<br />
jeden einzelnen Patienten denkbar.<br />
Eventuell wäre für den Einsatz bei<br />
Ulcera cruris eine leichte Krümmung<br />
des Ultraschallkopfes bzw. eine geeignete<br />
Vorlaufstrecke sinnvoll, um eine<br />
optimale Ankopplung bei schlanken<br />
Beinen (stärkere Krümmung) zu erreichen.<br />
Auch wäre eine größere Schallkopffläche<br />
wünschenswert, um so eine<br />
Behandlung größerer Ulzera ohne<br />
Positionsänderung des Schallkopfes<br />
möglich zu machen.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt wäre die<br />
Untersuchung des Einflusses des Hydrogels<br />
auf die Ultraschallausbreitung.<br />
Es sollten bei breiter Anwendung Empfehlungen<br />
bezüglich der Dicke des einzusetzenden<br />
Hydrogels und gegebenenfalls<br />
der Dosisanpassung erarbeitet<br />
werden. Auch der Einsatz weiterer Hydrogele<br />
außer dem angewandten Hydrosorb<br />
und deren Einfluss auf Absorption<br />
bzw. Reflexion des Ultraschalls<br />
könnte geprüft werden.<br />
Grundsätzlich ist mit dem ultraPuls<br />
H-Therapiegerät auch eine Heimbehandlung<br />
nach Schulung der Patienten<br />
➄<br />
PRAXISWISSEN<br />
Wasserbad<br />
Wundfläche<br />
Hydrokolloid- oder<br />
Hydrogelverband<br />
➀ mechanische Einwirkungen im Wundsekret durch Kavitation, Mikroströmungen und Scherkräfte<br />
➁ mechanische Einwirkungen auf die Wundoberfläche durch Oberflächenkavitation<br />
➂ mechanische Einwirkung auf das Gewebe durch „Mikromassage“<br />
➂ mechanisch-nervale Reizung und Beeinflussung von regulatorischen Prozessen<br />
➃ Auslösung und Beeinflussung verschiedener nicht-thermischer physiko-chemischer Prozesse<br />
und elektrischer Phänomene<br />
eventuell unter Hilfe einer Sozialstation<br />
möglich. Hierdurch könnte der Einsatz<br />
bereits bei Beginn der Ulzera nach<br />
Diagnostik der Ursache erfolgen und<br />
möglicherweise durch eine frühzeitige<br />
Behandlung das weitere Voranschreiten<br />
der Ulzeration bei entsprechender<br />
Begleittherapie verhindert werden. Für<br />
eine Heimbehandlung insbesondere<br />
älterer Patienten sollte eine bessere<br />
Kenntlichmachung der Ultraschallaustrittsseite<br />
des Schallkopfes erfolgen,<br />
da es bei einigen Patienten wiederholt<br />
zum Verwechseln der Schallkopfseite<br />
und „Behandlung“ mit der schwarzen,<br />
schalldichten Seite des Ultraschallkopfes<br />
kam.<br />
Das Ultraschall-Therapiegerät ultra-<br />
Puls H erwies sich im täglichen Einsatz<br />
als sehr robust. Es kam weder beim<br />
Einsatz im Wasserbad noch bei der<br />
Direktankopplung zu technischen Ausfällen.<br />
Da die Direktbeschallung kaum<br />
mehr Zeit und Personal bindet, ist der<br />
Einsatz auch in der dermatologischen<br />
Praxis möglich.<br />
Prof. Dr. med. habil. habil.<br />
Roland Niedner<br />
Klinik für Dermatologie<br />
Klinikum Ernst von Bergmann<br />
Charlottenstraße 72<br />
14467 Potsdam<br />
e-mail: rniedner@klinikumevb.de<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
27
PRAXISWISSEN<br />
Der Wundverband –<br />
eine entscheidende<br />
Therapiemaßnahme<br />
In der täglichen Praxis sieht man es<br />
immer wieder und auch so manche<br />
Standards deuten darauf hin: Der<br />
Wundverband hat im Gesamtkonzept<br />
Wundbehandlung einfach noch nicht<br />
den Stellenwert, der ihm eigentlich zukommen<br />
müsste. Häufig wird er eben<br />
doch nur als notwendiger Schutz der<br />
Wunde gesehen. Dass er aber weit reichende<br />
therapeutische Auswirkungen<br />
auf die Wundheilung haben kann,<br />
bleibt vielfach unberücksichtigt.<br />
Dabei scheint das Bewusstsein für<br />
den Wundverband als eine entscheidende<br />
Therapiemaßnahme im institutionellen<br />
wie im ambulanten Bereich<br />
gleich gut oder gleich dürftig ausgeprägt<br />
zu sein. Zu den Gründen hierfür<br />
gibt es derzeit keine aktuellen Umfragen,<br />
aber es kann angenommen werden,<br />
dass ältere Untersuchungen immer<br />
noch zutreffend sind. Dies würde<br />
bedeuten: Zum einen ist das theoretische<br />
und praktische Wissen über die<br />
Möglichkeiten der modernen Wundbehandlung<br />
weiterhin als eher mangelhaft<br />
einzustufen, was ein Festhalten an<br />
scheinbar bewährten, alten Methoden<br />
zur Folge hat. Zum anderen wird die<br />
Anwendung moderner Wundauflagen,<br />
deren spezifische Materialeigenschaften<br />
die Grundlage für die Therapiewirkung<br />
des Wundverbandes darstellen,<br />
durch die Meinung blockiert, diese Art<br />
der Wundbehandlung sei zu teuer. Eine<br />
differenzierte Betrachtungsweise und<br />
Kostenanalyse, die dieses Argument<br />
vor allem bei der Langzeitbehandlung<br />
chronischer Wunden schnell widerlegen<br />
würde, findet meist nicht statt.<br />
Eine Wunde, egal welcher Genese,<br />
ist für den betroffenen Patienten eine<br />
Erkrankung, bei der er Anspruch auf<br />
eine sachgerechte Therapie hat, die<br />
eine Heilung impliziert. In diesem Sinne<br />
ist es ethische Verpflichtung aller an<br />
der Wundbehandlung Beteiligten, neue<br />
Therapieoptionen zu prüfen und entsprechend<br />
anzuwenden.<br />
28 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
THERAPEUTISCHE AUFGABEN<br />
DES WUNDVERBANDES<br />
Je nach ihrer Entstehung heilen<br />
Wunden primär oder sekundär. Die primär<br />
heilende Wunde stellt dabei wenig<br />
Anforderungen an die therapeutische<br />
Wirkung eines Wundverbandes. Sie ist<br />
durch Naht geschlossen, und die Heilung<br />
läuft quasi im Verborgenen ab.<br />
Dem Wundverband verbleiben die<br />
Aufgaben, eventuelle Sickerblutungen<br />
aufzunehmen und die Wunde vor mechanischen<br />
Irritationen und Sekundärinfektionen<br />
zu schützen, da die Naht<br />
eine Eintrittsstelle für Keime darstellt.<br />
Ganz anders sieht es hingegen bei<br />
der Sekundärheilung aus. Hier muss<br />
Granulationsgewebe zur Defektfüllung<br />
aufgebaut werden, das dann auch die<br />
Matrix darstellt für eine Spontanepithelisierung<br />
oder eine plastisch-chirurgische<br />
Deckung. Damit sich aber Granulationsgewebe<br />
ausbilden kann, muss<br />
die Wunde erst einmal sauber, infektfrei<br />
und gut durchblutet sein. All diese<br />
Vorgänge bzw. Wundheilungsphasen<br />
laufen dabei „offen“ ab, sodass hier<br />
die therapeutischen Wirkungen eines<br />
Wundverbandes dringend benötigt<br />
werden.<br />
Grundsätzlich können dabei bereits<br />
die Schutzfunktionen des Wundverbandes<br />
als therapeutisch angesehen<br />
werden. Denn der Verband übernimmt<br />
bei der „offenen“ Sekundärheilung<br />
interimsweise, bis die Wunde abgeheilt<br />
ist bzw. gedeckt wurde, wesentliche<br />
Aufgaben der intakten Haut. Werden<br />
diese nicht erbracht, ist ein gutes Heilungsergebnis<br />
nahezu unmöglich. Die<br />
Aufgaben bestehen im<br />
� Schutz vor mechanischer Irritation<br />
(Druck, Stoß, Scheuern) und vor Verschmutzung,<br />
� Schutz vor Sekundärinfektionen,<br />
� Schutz vor Austrocknung und Verlust<br />
von Körperflüssigkeiten (Elektrolytverlusten)<br />
sowie<br />
� Schutz vor Wärmeverlusten.<br />
Über den umfassenden Wundschutz<br />
hinaus kann der Wundverband aber<br />
auch aktiv das Heilungsgeschehen beeinflussen<br />
durch die Reinigung der<br />
Wunde, die Schaffung eines wundheilungsfördernden<br />
Mikroklimas und den<br />
Erhalt der Wundruhe.<br />
Aufgaben in der Reinigungsphase<br />
In jeder Wunde sammelt sich<br />
zunächst Exsudat, das mit Detritus,<br />
Schmutz, Bakterien und toxischen<br />
Stoffwechselprodukten durchsetzt ist.<br />
Bleiben größere Exsudatmengen auf<br />
der Wunde stehen, wird der Fortgang<br />
der Heilung sowohl mechanisch als<br />
auch biologisch behindert, die Infektionsgefahr<br />
wächst. Überschüssiges Exsudat<br />
muss deshalb durch den Wundverband<br />
abgesaugt werden. Des Weiteren<br />
lassen sich aber auch mit dem<br />
feuchten Wundverband Nekrosen und<br />
Beläge aufweichen und leichter ablösen.<br />
Insgesamt beschleunigt und unterstützt<br />
der Wundverband damit die Säuberung<br />
der Wunde, dient im Hinblick<br />
auf vorhandene pathogene Keime der<br />
Infektionsprophylaxe und schützt zugleich<br />
vor neuerlicher Kontamination.<br />
Aufgaben in der Granulationsphase<br />
Neben einer funktionierenden Mikrozirkulation<br />
ist ein ausgewogenes feuchtes<br />
Wundmilieu eine weitere wichtige<br />
Voraussetzung zum Aufbau von Granulationsgewebe.<br />
Dagegen wird die Heilung<br />
sowohl durch ein Austrocknen der<br />
Wunde als auch durch überschüssiges<br />
Sekret in ihrem Ablauf gestört.<br />
Eine entsprechende Regulierung der<br />
Wundfeuchtigkeit ist nur durch den<br />
Wundverband möglich: Er saugt überschüssiges<br />
Sekret ab, verhindert das<br />
Austrocknen der Wunde und führt ihr<br />
bei Bedarf auch dosiert Feuchtigkeit<br />
zu. Selbstverständlich müssen die<br />
dazu eingesetzten Wundauflagen über<br />
spezifische physikalische Eigenschaften<br />
verfügen, wenn sie diesen Aufgaben<br />
gerecht werden wollen. Hierbei<br />
bewähren sich vor allem die verschiedenen<br />
hydroaktiven Wundauflagen.<br />
Bedeutsam in dieser Phase ist auch<br />
der Schutz des Granulationsgewebes<br />
vor jeglicher Traumatisierung. Durch<br />
das eiweißreiche Sekret und die hohe<br />
Anzahl feinster Haarkapillaren neigt es<br />
vor allem außerordentlich zum Verkleben,<br />
weshalb die Wundauflage über<br />
atraumatische Eigenschaften verfügen
muss, d. h. sie darf nicht mit der<br />
Wunde verkleben. Andernfalls wird bei<br />
jedem Verbandwechsel das Granulationsgewebe<br />
durch Zellstripping geschädigt<br />
und die Wunde zumindest<br />
partiell wieder in die initiale Phase mit<br />
Entzündung zurückgeworfen.<br />
Darüber hinaus hat der Wundverband<br />
weiterhin die Funktion, für einen<br />
sicheren Infektionsschutz zu sorgen,<br />
wenngleich die Infektionsgefährdung<br />
proportional zu einem gut ausgebildeten<br />
Granulationsgewebe abnimmt.<br />
Aufgaben in der Epithelisierungsphase<br />
Eine feuchte Granulation auf Wundrandniveau<br />
ist die Vorbedingung für<br />
die abschließende Epithelisierung. Der<br />
Wundverband muss die Wunde deshalb<br />
weiterhin in ausgewogenem Maße<br />
feucht halten. Bleibt überschüssiges<br />
Sekret auf der Wunde stehen, schwimmen<br />
die Epithelzellen auf. Ist die Wunde<br />
zu trocken, bildet sich Schorf, der<br />
die Reepithelisierung beeinträchtigt,<br />
weil die Epithelzellen unter den Schorf<br />
kriechen müssen, was Zeit und Energie<br />
erfordert. Es werden also auch in dieser<br />
Phase wieder hydroaktive, atraumatische<br />
Wundauflagen benötigt, die<br />
die Wundfläche vor dem Austrocknen<br />
und die Epithelzellen vor dem Zellstripping<br />
beim Verbandwechsel schützen.<br />
ANFORDERUNGEN AN WUNDAUFLAGEN<br />
In welchem Maße der einzelne<br />
Wundverband den spezifischen Therapieaufgaben<br />
gerecht werden kann, ist<br />
abhängig von den Eigenschaften<br />
des verwendeten Materials. Fundierte<br />
Materialkenntnisse sind deshalb für<br />
den gezielten Einsatz der Wundauflagen<br />
unerlässlich. Grundsätzlich sind<br />
daher folgende Anforderungen an<br />
Wundauflagen zu beachten:<br />
Saugfähigkeit und Aufnahmekapazität<br />
Die definierte Saugfähigkeit einer<br />
Wundauflage ist eine ihrer wichtigsten<br />
Eigenschaften, um die Wunde durch<br />
Absaugen überschüssigen Exsudats<br />
zu säubern. Um eine Rekontamination<br />
zu verhindern, sollte das Exsudat dabei<br />
möglichst intrakapillar, also direkt<br />
in die Materialstruktur der Wundauflage<br />
aufgenommen und dort festgehalten<br />
werden.<br />
Textile Materialien wie Mullgewebe,<br />
Vliesstoffe, kombinierte Kompressen<br />
aus Vliesstoff mit Pulpfüllungen oder<br />
Schaumstoffkompressen verfügen über<br />
THERAPEUTISCHE AUFGABEN DES WUNDVERBANDES (TAB. 1)<br />
Primäre Wundheilung Sekundäre Wundheilung<br />
� Aufnahme eventueller Sickerblutungen<br />
� Schutz vor mechanischer Irritation<br />
(Druck, Stoß, Scheuern)<br />
� Schutz vor Sekundärinfektion<br />
eine hohe spontane Saugfähigkeit. Diese<br />
kann jedoch auch dazu führen, dass<br />
der Sekretfluss durch die Sogwirkung<br />
zu stark angeregt wird, wodurch die<br />
Gefahr einer Ödembildung gegeben<br />
ist. Des Weiteren wird das Exsudat<br />
bei textilen Materialien überwiegend<br />
interkapillar, also zwischen den Fasern<br />
aufgenommen, sodass ein sicherer<br />
Keimeinschluss mit Schutz vor Rekontamination<br />
nicht gewährleistet ist.<br />
Interaktive Wundauflagen für die<br />
feuchte Wundbehandlung wie Calciumalginat-Kompressen,<br />
Kompressen<br />
mit Supersaugstoff im Saugkissen sowie<br />
Hydrokolloid- oder Hydrogel-Verbände<br />
weisen dagegen Materialstrukturen<br />
auf, die eine intrakapillare Sekretaufnahme<br />
ermöglichen und so das<br />
keimbelastete Sekret zurückhalten. Der<br />
Grad ihrer Saugfähigkeit wird dabei bestimmt<br />
von der Art des Materials. So<br />
haben beispielsweise Calciumalginat-<br />
Kompressen eine höhere spontane<br />
Saugfähigkeit als Hydrogel-Kompressen,<br />
die dafür aber über einen langen<br />
Zeitraum hinweg Sekret aufnehmen<br />
können.<br />
Gaspermeabilität<br />
Eine weitere wichtige Aufgabe einer<br />
Wundauflage ist es, den Gasaustausch<br />
von Sauerstoff und Kohlendioxid sowie<br />
die Abgabe von Wasserdampf zu ermöglichen.<br />
Man geht davon aus, dass<br />
PRAXISWISSEN<br />
� Unterstützung körpereigener<br />
Wundreinigung durch Ablösen von<br />
Nekrosen/Belägen bzw. Absaugen<br />
von keimbelastetem Exsudat<br />
� Schutz vor Austrocknung und<br />
Elektrolytverlusten<br />
� Schaffung eines feuchten Wundmilieus<br />
zur Förderung von Granulations-<br />
und Epithelbildung<br />
� Schutz vor Sekundärinfektion<br />
� Schutz vor mechanischer Irritation<br />
� Schutz vor Wärmeverlusten<br />
ein kontinuierlicher Gasaustausch Auswirkungen<br />
auf die Konzentration des<br />
Sauerstoffs und des pH-Wertes in der<br />
Wunde hat und damit die zellulären Vorgänge<br />
beeinflusst. Insbesondere wird<br />
die Epithelisierung der Wunde durch<br />
die Verfügbarkeit von Sauerstoff, der<br />
sich im Wundsekret löst und direkt von<br />
den epidermalen Zellen verwertet wird,<br />
gefördert. Die Durchlässigkeit von<br />
Wundauflagen für Wasserdampf trägt<br />
dazu bei, das feuchte Wundmilieu auszubalancieren.<br />
Der Grad der Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit<br />
einer Wundauflage<br />
ist wiederum abhänig vom verwendeten<br />
Material. Er ist bei textilen<br />
und textilähnlichen Materialien wie<br />
Mull-, Vliesstoff- oder Calciumalginat-<br />
Kompressen höher als bei den synthetischen<br />
Materialien wie Hydrogelen<br />
oder Hydrokolloiden. Letztere erlauben<br />
jedoch ebenfalls in einem bestimmten<br />
Umfang den Gasaustausch, der sich<br />
mit zunehmender Sättigung durch aufgenommenes<br />
Wundsekret und der damit<br />
verbundenen Aufdehnung der Materialstrukturen<br />
sogar noch verstärkt,<br />
sodass sie als semipermeabel bezeichnet<br />
werden können.<br />
Die Gas- und Wasserdampfdurchlässigkeit<br />
einer Wundauflage wird in<br />
der Praxis auch als wichtiges Kriterium<br />
dafür angesehen, ob sie für die Anwendung<br />
bei infizierten Wunden geeignet<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
29
PRAXISWISSEN<br />
ist. Dabei gelten Wundauflagen aus<br />
textilen und textilähnlichen Materialien<br />
aufgrund ihrer hohen Durchlässigkeit<br />
als besser geeignet als semipermeable<br />
Systeme wie Hydrogele oder Hydrokolloide,<br />
die bei klinisch manifesten<br />
Infektionen vorsichtshalber immer noch<br />
als kontraindiziert eingestuft werden.<br />
Diese Einstufung ist auf Erfahrungen<br />
mit den früher üblichen, absolut luftdicht<br />
abschließenden Okklusivverbänden<br />
zurückzuführen, bei denen die Gefahr<br />
der Ausbildung feuchter Kammern<br />
und ein hohes Infektionsrisiko vor allem<br />
im Hinblick auf Anaerobier-Infektionen<br />
bestand.<br />
Moderne semipermeable Wundauflagen<br />
sind jedoch so konstruiert, dass<br />
dieses Gefahrenpotenzial entscheidend<br />
minimiert ist. Sie saugen keimbelastetes<br />
Sekret auf, sodass gefährliche<br />
Sekretstaus, die zur Bildung einer<br />
feuchten Kammer führen, erst gar nicht<br />
entstehen, wobei die Keime sicher in<br />
der Materialstruktur eingeschlossen<br />
werden. Zusätzlich trägt der in einem<br />
bestimmten Umfang mögliche Gasaustausch<br />
zum Ausbalancieren der Feuchtigkeit<br />
bei.<br />
Wundfreundlichkeit<br />
Eine nachteilige Eigenschaft textiler,<br />
saugender Verbandstoffe wie Mulloder<br />
Vliesstoffkompressen ist deren<br />
ausgeprägte Tendenz zum Verkleben<br />
mit der sezernierenden Wundfläche,<br />
wenn das aufgenommene Sekret im<br />
Verband eintrocknet und mit ihm eine<br />
starre Verbindung eingeht. Dies führt<br />
beim Wechseln des Verbandes dazu,<br />
dass mit dem eingetrockneten Sekret<br />
auch das darunter liegende, neu gebildete<br />
Gewebe mit abgerissen wird.<br />
Um diese Wundheilungsstörung zu<br />
vermeiden, müssen Wundauflagen<br />
über wundfreundliche oder so genannte<br />
„atraumatische“ Eigenschaften verfügen,<br />
d. h. sie dürfen auch bei längerer<br />
Anwendung auf sezernierenden<br />
Wunden nicht verkleben, damit beim<br />
Verbandwechsel keine neuen Wunden<br />
gesetzt werden. Gleichzeitig wird<br />
durch die atraumatischen Eigenschaften<br />
einer Wundauflage ein schmerzarmer<br />
Verbandwechsel ermöglicht.<br />
Bei textilen, saugenden Verbandstoffen<br />
werden atraumatische Eigenschaften<br />
durch wasserabweisende Imprägnierungen<br />
wie z. B. Salben (Salbenkompressen)<br />
oder Beschichtungen mit<br />
Gelen erreicht. Des Weiteren kann<br />
30 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
durch die Verwendung hydrophober,<br />
nicht selbst saugender Fasern als<br />
Material für die wundnahe Schicht von<br />
Kompressen der Verklebungsgefahr<br />
entgegengewirkt werden. Wundfreundlich<br />
sind auch alle hydroaktiven Wundauflagen,<br />
die trotz ihrer Saugfähigkeit<br />
durch ihre spezifischen Materialstrukturen<br />
nicht mit der Wundfläche verkleben.<br />
Anwendungssicherheit<br />
Wundauflagen müssen sowohl mechanisch<br />
als auch biochemisch reizlos<br />
sein. Mechanische Reize sind vor allem<br />
Bewegungsreize und betreffen vorrangig<br />
Wundauflagen auf textiler Basis.<br />
Sie dürfen weder schrumpfen noch zu<br />
locker oder zu dünn verwebt sein, da<br />
zweidimensionale Bewegungsvorgänge<br />
auf der Wunde zur Reizsekretion<br />
führen.<br />
Die biochemische Reizlosigkeit bezieht<br />
sich auf ein mögliches Potenzial<br />
zellschädigender (zytotoxischer) und<br />
sensibilisierender Wirkung von Wundauflagen,<br />
wobei von dieser Problematik<br />
die traditionellen Wundverbände aus<br />
textilen Materialien und die neuen synthetischen<br />
Materialien gleichermaßen<br />
betroffen sind. Um Interferenzen auszuschließen,<br />
müssen sich Wundauflagen<br />
zudem neutral gegenüber anderen<br />
Substanzen verhalten, die zur lokalen<br />
Wundbehandlung eingesetzt werden.<br />
Sicherheit in der Anwendung bedeutet<br />
aber auch, dass eine Wundauflage<br />
einfach anzuwenden, gebrauchsgerecht<br />
verpackt und eindeutig gekennzeichnet<br />
ist. Selbstverständlich müssen<br />
alle Wundauflagen sterilisierbar<br />
sein bzw. bereits gebrauchsfertig sterilisiert<br />
bereitstehen.<br />
METHODEN DER WUNDBEHANDLUNG<br />
Je nach ihrem Zustand werden Wunden<br />
„trocken“ oder „feucht“ versorgt.<br />
Dabei beschränkt sich die „trockene<br />
Wundbehandlung“ unter Anwendung<br />
trockener Wundauflagen, wie z. B.<br />
Mullkompressen, heute auf folgende<br />
Indikationen:<br />
� Versorgung von Wunden im Rahmen<br />
der Ersten Hilfe und<br />
� Versorgung primär heilender, mit<br />
Naht verschlossener Wunden zur<br />
Aufnahme von Sickerblutungen, als<br />
Schutz vor Sekundärinfektion und als<br />
Polsterschutz gegen mechanische<br />
Irritationen.<br />
Eine Spezialindikation der trockenen<br />
Wundbehandlung stellt außerdem die<br />
Interimsdeckung von Brandwunden<br />
oder Konditionierung von Weichteildefekten<br />
mit synthetischen Hautersatzmaterialien<br />
dar.<br />
Weder trocken noch feucht sind Salbenkompressen,<br />
die zum Geschmeidighalten<br />
von Wundflächen eingesetzt<br />
werden. Da sie selbst durch die Salbenimprägnierung<br />
über keine Saugkraft<br />
verfügen, müssen sie mit saugenden,<br />
trockenen Wundauflagen zur<br />
Sekretaufnahme kombiniert werden.<br />
Bekannte Wundauflagen für die trockene<br />
Wundbehandlung sind Mull- und<br />
Vliesstoffkompressen sowie kombinierte<br />
Saugkompressen aus den verschiedensten<br />
Materialien (Tab. 2).<br />
Feuchte Wundbehandlung<br />
Auch wenn sie noch längst nicht in<br />
wünschenswertem Maße praktiziert<br />
wird, gilt heute die feuchte Wundbehandlung<br />
für alle sekundär heilenden<br />
Wunden als Standard. Insbesondere<br />
bewährt sie sich bei der Behandlung<br />
chronischer Problemwunden.<br />
Die feuchte Wundbehandlung (moist<br />
wound healing), die auf Arbeiten von<br />
G. D. Winter basiert (1962, Erstveröffentlichung<br />
in „Nature“) und deren wissenschaftliche<br />
Grundlagen in groben<br />
Zügen auch abgesichert wurden, hat<br />
ihre Auswirkungen auf alle Phasen der<br />
Wundheilung.<br />
In der Reinigungsphase weisen<br />
feuchte Wundverbände einen guten<br />
wundreinigenden Effekt auf und ermöglichen<br />
ein physikalisches Débridement,<br />
ohne Zellen zu schädigen. Des<br />
Weiteren kann durch das feuchte<br />
Wundmilieu eine Inaktivierung immunkompetenter<br />
Zellen vermieden werden<br />
(Seiler).<br />
In der Granulationsphase schaffen<br />
feuchte Wundverbände ein physiologisches<br />
Mikroklima, ähnlich einem Zellkulturmedium,<br />
das die Zellproliferation<br />
und damit die Ausbildung von Granulationsgewebe<br />
fördert. Nach Turner /<br />
Beatty et. al (1990) bewirkt die permanente<br />
Feuchttherapie eine signifikant<br />
schnellere Reduktion der Wundfläche<br />
und führt zu einer größeren Menge an<br />
Granulationsgewebe.<br />
In der Epithelisierungsphase verbessern<br />
sich unter feuchten Verbänden die<br />
Bedingungen für die Mitose und Migration<br />
von Epithelzellen. Dies führt in der<br />
Regel zu einer schnelleren Epithelisierung<br />
mit kosmetisch günstigeren Ergebnissen.
WUNDAUFLAGEN FÜR DIE TROCKENE WUNDBEHANDLUNG (TAB. 2)<br />
Allgemein geben Patienten vielfach<br />
eine Schmerzlinderung durch die feuchte<br />
Wundbehandlung an. Da moderne<br />
Wundauflagen für die feuchte Wundbehandlung<br />
normalerweise nicht mit der<br />
Wunde verkleben, also über atraumatische<br />
Eigenschaften verfügen, ermöglichen<br />
sie zudem einen für den Patienten<br />
schmerzfreien wie auch atraumatischen<br />
Verbandwechsel. Das bedeutet,<br />
dass ein wundheilungsstörendes „Zellstripping“<br />
beim Verbandwechsel vermieden<br />
wird – die für die Heilung so<br />
wichtige Wundruhe bleibt erhalten.<br />
Der Erfolg der feuchten Wundbehandlung<br />
ist allerdings an eine entscheidende<br />
Voraussetzung gebunden:<br />
Die Wunde muss permanent, ohne Unterbrechung,<br />
in einem ausgewogenen<br />
Maße feucht gehalten werden. Trocknet<br />
sie zwischendurch aus, gehen Zellen<br />
zugrunde, neue Nekrosen entstehen<br />
und können im ungünstigsten Fall sogar<br />
zur Vertiefung der Wunde führen.<br />
Die einfachste Form des feuchten<br />
Wundverbandes stellen mit Ringerlösung<br />
getränkte Mullkompressen dar.<br />
Sie ist allerdings auch die problembeladenste,<br />
denn die Kompressen trocknen<br />
rasch aus und verkleben dann mit<br />
Zetuvit<br />
wundfreundliche Saugkompresse<br />
mit nicht verklebender<br />
Vliesumhüllung und Saugkörper<br />
aus Zellstoff-Flocken<br />
Cosmopor steril<br />
selbsthaftender Wundverband<br />
mit hydrophobem Micronetz als<br />
wundnahe Schicht, Saugkissen<br />
aus reiner Baumwolle, weiches<br />
Trägervlies mit hypoallergenem<br />
Polyacrylatkleber beschichtet<br />
Comprigel<br />
imprägnierte, nicht verklebende<br />
Gelkompresse mit integriertem<br />
Saugkörper aus Verbandwatte<br />
Atrauman<br />
wundfreundliches Salbenvlies<br />
aus hydrophobem Polyestertüll,<br />
imprägniert mit einer selbstemulgierenden,<br />
wirkstofffreien<br />
Salbenmasse<br />
sehr saugfähig, weich und drapierfähig, luftdurchlässig, gute<br />
Polsterwirkung; zur Versorgung von akuten, flächenhaften<br />
Wunden mit sehr starker Sekretion, guter Kontaminationsschutz<br />
durch integrierte, feuchtigkeitsabweisende Zellstoff-<br />
Lage, die dem Durchschlagen der Sekrete entgegenwirkt<br />
(steril und unsteril, 10x10, 10x20, 15x25, 20x20 und 20x40 cm)<br />
durch das hydrophobe Micronetz rasche Sekretweiterleitung in<br />
das Saugkissen, kein Verkleben, gute Saugkraft und Polsterwirkung,<br />
luft- und wasserdampfdurchlässig, sicher abschließende<br />
Klebezone; für die postoperative Wundversorgung, zur<br />
sterilen Versorgung von Bagatellverletzungen im Rahmen der<br />
Ersten Hilfe (7,2x5, 10x6, 15x6, 10x8, 15x8, 20x8, 20x20,<br />
25x10 und 35x10 cm)<br />
gut saugfähig, sekret- und luftdurchlässig, verklebt nicht mit<br />
der Wunde und hält die Wundränder geschmeidig, leicht kühlender,<br />
schmerzlindernder Effekt; zur Versorgung von akuten,<br />
kleineren, flächenhaften Wunden bzw. von Bagatellverletzungen<br />
(steril, 5x7,5, 10x10 und 10x20 cm)<br />
luft- und sekretdurchlässig, kein Verkleben mit der Wunde,<br />
durch selbstemulgierende Salbenmasse keine Rückstände auf<br />
der Wunde, wirkt nicht sensibilisierend; zum Geschmeidighalten<br />
von akuten und chronischen Wunden, insbesondere in der<br />
Dermatologie sowie bei haut- und medikamentenempfindlichen<br />
Patienten (steril, 5x5, 7,5x10 und 10x20 cm)<br />
der Wunde. Beim Verbandwechsel werden<br />
neu gebildete Zellen mit der Kompresse<br />
weggerissen, wobei auch ein<br />
vorheriges Befeuchten des eingetrockneten<br />
Verbandes die Zellen nicht wieder<br />
belebt. Ein permanentes Feuchthalten<br />
der Kompressen ist zudem zeitaufwendig<br />
und bedarf eines häufigen<br />
Verbandwechsels, was insbesondere<br />
im Bereich der ambulanten Wundversorgung<br />
schwer zu realisieren ist. Außerdem<br />
bedeuten häufige Verbandwechsel<br />
immer eine Störung der Wundruhe,<br />
auch verbunden mit der Gefahr<br />
einer Sekundärinfektion.<br />
Einen wesentlichen Fortschritt, nicht<br />
nur im Hinblick auf die Effizienz, sondern<br />
auch auch die praktische Durchführung<br />
der Feuchttherapie stellen die<br />
sog. hydroaktiven Wundauflagen dar.<br />
Hierzu zählen die Gel bildende Calciumalginatkompresse<br />
Sorbalgon, das<br />
Wundkissen TenderWet, der Hydrokolloidverband<br />
Hydrocoll und der Hydrogelverband<br />
Hydrosorb. Mit ihrer Hilfe<br />
lassen sich sekundär heilende Wunden<br />
problemlos feucht halten – Hydrosorb<br />
kann beispielsweise mehrere Tage auf<br />
der Wunde verbleiben. Darüber hinaus<br />
ist durch ihre differenzierten physika-<br />
PRAXISWISSEN<br />
lischen Wirkungsprinzipien sichergestellt,<br />
dass gezielt den Erfordernissen<br />
bei den unterschiedlichsten Wundzuständen<br />
Rechnung getragen werden<br />
kann. Allerdings setzt dies voraus,<br />
dass man sich mit den Produkteigenschaften<br />
auch auseinandersetzt, um<br />
die im Einzelfall am besten geeignetste<br />
Wundauflage anwenden zu können<br />
(Tab. 3).<br />
Zusammenfassend kann festgehalten<br />
werden, dass sich die feuchte<br />
Wundbehandlung grundsätzlich für folgende<br />
Zielsetzung eignet:<br />
� zur Reinigung sekundär heilender<br />
Wunden – ob akut oder chronisch,<br />
infiziert oder nicht infiziert – falls ein<br />
chirurgisches Débridement nicht<br />
möglich ist bzw. zur Fortführung der<br />
Wundreinigung nach einem Débridement;<br />
� zur Konditionierung von Wunden.<br />
d. h. zum Aufbau und zur Förderung<br />
von Granulationsgewebe bis zur<br />
Transplantationsreife bzw. bis zum<br />
Wundverschluss durch Spontanepithelisierung;<br />
� zur Spontanepithelisierung sowie zur<br />
Versorgung von Spalthautentnahmestellen.<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
31
PRAXISWISSEN<br />
WUNDAUFLAGEN FÜR DIE FEUCHTE WUNDBEHANDLUNG (TAB. 3)<br />
Wie überall gibt es jedoch auch hier<br />
Ausnahmen: Liegen Pseudomonas-<br />
Infektionen vor, erkennbar an der blaugrünen<br />
Verfärbung und dem typisch<br />
aromatischen Geruch, ist die feuchte<br />
Wundbehandlung kontraindiziert, da<br />
der Pseudomonas aeruginosa in feuchtem<br />
Milieu besonders gut gedeiht.<br />
Gegebenenfalls ist auch bei trockenen<br />
Nekrosen an den Zehen oder<br />
größeren Wundarealen beispielsweise<br />
bei pAVK eine trockene Wundbehandlung<br />
mit entsprechender Abpolsterung<br />
und Tieflagerung des Beines in Erwägung<br />
zu ziehen und die Demarkation<br />
(= körpereigene Abgrenzung abgestoßener<br />
Gewebeteile) abzuwarten.<br />
ANWENDUNGSTIPPS: WELCHE<br />
WUNDAUFLAGE FÜR WELCHE WUNDE?<br />
Nachfolgend sind einige Kriterien<br />
zusammengefasst, die bei der Wahl<br />
der richtigen Wundauflage hilfreich<br />
sein könnten.<br />
Tiefe, zerklüftete Wunden<br />
Damit eine Wundauflage überhaupt<br />
überschüssiges Exsudat absaugen<br />
32 HARTMANN WundForum 2/2001<br />
TenderWet 24<br />
Wundkissen mit Saug-Spülkörper<br />
aus superabsorbierendem<br />
Polyacrylat, wird vor der Anwendung<br />
mit Ringerlösung<br />
aktiviert, die im Austausch mit<br />
Wundsekreten an die Wunde<br />
abgegeben wird<br />
Sorbalgon<br />
tamponierbare, wirkstofffreie<br />
Calciumalginat-Kompresse,<br />
die sich bei Kontakt mit Wundsekreten<br />
in ein feuchtes Gel<br />
umwandelt<br />
Hydrosorb<br />
saugfähiger Hydrogel-Verband<br />
mit hohem Wasseranteil in der<br />
Gelstruktur, mit semipermeabler,<br />
keim- und wasserdichter<br />
Deckschicht, transparent<br />
Hydrocoll<br />
selbsthaftender, saugender<br />
Hydrokolloid-Verband, mit<br />
semipermeabler, keim- und<br />
wasserdichter Deckschicht<br />
durch kontinuierliche Zufuhr von Ringerlösung und gleichzeitigem<br />
Absaugen keimbelasteten Sekrets (= Spülwirkung)<br />
rasche Wundreinigung und Förderung der Proliferation der Gewebezellen;<br />
zur Behandlung chronischer und infizierter Wunden<br />
während der Reinigungsphase und zu Beginn der Granulationsphase<br />
(TenderWet, steril, ø 4, ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10<br />
cm; TenderWet 24, steril, ø 4, ø 5,5, 7,5x7,5 und 10x10 cm)<br />
hohe Saugkraft mit effizienter Reinigungswirkung, sicherer<br />
Keimeinschluss in die Gelstruktur, hält nach Gelumwandlung<br />
die Wunde feucht, fördert Granulation, kein Verkleben, ausgezeichnet<br />
tamponierbar; besonders geeignet zur Reinigung<br />
und Konditionierung tiefer und zerklüfteter, auch infizierter<br />
Wunden (Sorbalgon, steril, 5x5, 10x10 und 10x20 cm; Sorbalgon<br />
T Tamponadestreifen, steril, 1g/30 cm und 2g/30 cm)<br />
führt der Wunde von Anfang an Feuchtigkeit zu, ermöglicht<br />
durch Transparenz jederzeit ohne Verbandwechsel die Inspektion<br />
der Wunde (= hohe Wirtschaftlichkeit durch verlängerte<br />
Verbandwechselintervalle); ideal zum Feuchthalten von Granulation<br />
und Epithel im Anschluss an eine TenderWet- oder<br />
Sorbalgon-Therapie (Hydrosorb, steril, 5x7,5, 10x10 und<br />
20x20 cm, Hydrosorb comfort, steril, 4,5x6,5, 7,5x10,<br />
12,5x12,5, und 21,5x24 cm)<br />
durch besonders saugfähige Hydrokolloide auch für Wunden<br />
mit stärkerer Sekretion geeignet, verbessert Mikrozirkulation im<br />
Wundgebiet, fördert Granulation, kein Verkleben mit der Wunde;<br />
besonders geeignet zur Versorgung chronischer Wunden<br />
mit schlechter Heilungstendenz und langwierigem Granulationsaufbau<br />
(Hydrocoll, steril, 10x10, 15x15 und 20x20 cm;<br />
Hydrocoll sacral, steril, 15x18 cm; Hydrocoll concave, steril,<br />
6x14 cm; Hydrocoll thin, steril, 10x10 und 15x15 cm)<br />
bzw. den Wundgrund feucht halten<br />
kann, muss sie in engem Kontakt mit<br />
dem Wundgrund stehen. Dies ist normalerweise<br />
bei flächigen Wunden kein<br />
Problem, wohl aber bei tiefen und zerklüfteten<br />
Wunden. Solche Wunden, wie<br />
z. B. Abszessausschneidungen, débridierte<br />
akut traumatische oder chronische<br />
Wunden, tiefe Dekubiti usw., müssen<br />
deshalb tamponiert werden.<br />
Ein ideales Tamponadematerial sind<br />
hierzu die Calciumalginat-Kompressen<br />
bzw. -Tamponadestreifen Sorbalgon,<br />
die sowohl in der Reinigungs- als auch<br />
in der Granulationsphase indiziert sind.<br />
Sorbalgon wird trocken und locker in<br />
die Wunde eintamponiert. Durch den<br />
Kontakt mit Blut und Wundsekret quellen<br />
die Fasern und wandeln sich in ein<br />
feuchtes, saugfähiges Gel um, das die<br />
Wunde ausfüllt. Dadurch entsteht eine<br />
enge Adaption von Sorbalgon an die<br />
Wundflächen, sodass Sekret und Keime<br />
auch in der Tiefe der Wunde aufgenommen<br />
und sicher in der Gelstruktur<br />
eingeschlossen werden. Dies führt zu<br />
einer effizienten Keimreduzierung und<br />
hilft, eine Rekontamination zu vermei-<br />
den. Zugleich wird die Wunde feucht<br />
gehalten. Diese Effekte sind mit einer<br />
textilen Mulltamponade nicht zu erzielen.<br />
Beim Tamponieren von Wunden ist<br />
darauf zu achten, dass nicht zu fest<br />
tamponiert wird. Durch den Druck zu<br />
fester Tamponaden wird die Mikrozirkulation<br />
der Wundfläche und speziell des<br />
Granulationsgewebes beeinträchtigt.<br />
Als Folge zeigen sich weißliche,<br />
schmierige Beläge und erneut Nekrosen.<br />
Auch hier bewährt sich Sorbalgon,<br />
weil sich das weiche Fasermaterial problemlos<br />
tamponieren lässt.<br />
Wichtig ist außerdem, dass sich<br />
Tamponaden ohne Zellstripping und<br />
Schmerzen entfernen lassen, was<br />
ebenfalls mit Sorbalgon gewährleistet<br />
ist. Hingegen besteht bei Mulltamponaden<br />
immer das Problem der Verklebung<br />
mit Zellstripping und Schmerzen<br />
beim Verbandwechsel. Werden mit Salben<br />
imprägnierte Mulltamponaden eingesetzt,<br />
um dies auszuschalten, kann<br />
kein Wundsekret abgesaugt werden,<br />
da die Imprägnierung die Saugfähigkeit<br />
des Mullgewebes aufhebt. Dies
kann u. U. eine erhöhte Infektionsgefahr<br />
bedeuten, weil keimbelastetes<br />
Sekret in der Wunde bleibt.<br />
Ist bei klinisch manifest infizierten<br />
Wunden eine Lokalbehandlung mit Antiseptika<br />
erforderlich, kann Sorbalgon<br />
als Trägermedium eingesetzt werden.<br />
Von Vorteil ist hier wieder, dass das Antiseptikum<br />
durch die Wirkungsmechanismen<br />
von Sorbalgon bis in tiefste<br />
Wundbereiche eingebracht werden<br />
kann.<br />
Wie oft eine Sorbalgon-Tamponade<br />
gewechselt werden muss, ist abhängig<br />
von der Menge des anfallenden Wundsekretes.<br />
Bei stark sezernierenden<br />
und/oder infizierten Wunden kann dies<br />
in der Reinigungsphase 2x täglich erforderlich<br />
werden. Mit nachlassender<br />
Sekretion bzw. bei abgeklungener Infektion<br />
ist dann in der Regel ein 1- bis<br />
2-tägiger Verbandwechsel ausreichend.<br />
Da Sorbalgon zur Umwandlung von<br />
der trockenen Faser in ein hydrophiles<br />
Gel Wundsekret benötigt, kann es vorkommen,<br />
dass bei zu geringer Wundsekretion<br />
die Gelbildung nicht vollständig<br />
erfolgt. In solchen Fällem empfiehlt<br />
es sich, die Wunde vor dem Tamponieren<br />
mit Ringerlösung zu spülen. Die<br />
Ringerlösung kann aber auch direkt auf<br />
die Sorbalgon-Tamponade gegeben<br />
werden. Generell ist eine Wundspülung<br />
bei chronischen Wunden mit schlechter<br />
Heilungstendenz bei jedem Verbandwechsel<br />
zu empfehlen.<br />
Zur Fixierung der Sorbalgon-Tamponaden<br />
ist ein Sekundärverband zweckmäßig.<br />
Wenn die Wundränder intakt<br />
sind, können zur Abdeckung Mullkompressen<br />
oder Vliesstoffkompressen benutzt<br />
werden. Ist eine Verklebungsgefahr<br />
gegeben, sind hydrophobe, nicht<br />
verklebende Saugkompressen, wie<br />
z. B. Zetuvit, besser geeignet.<br />
Zur Fixierung des Sekundärverbandes<br />
bieten sich je nach Lokalisation<br />
der Wunde verschiedene Möglichkeiten<br />
an:<br />
� Fixierpflaster wie z. B. Omniplast<br />
oder die hypoallergenen Fixierpflaster<br />
Omnisilk und Omnimed,<br />
� eine vollflächige Abdeckung mit<br />
dem elastischen Fixiervlies Omnifix,<br />
� zirkuläre Fixierverbände mit der<br />
kohäsiv-elastischen Fixierbinde Pehahaft<br />
oder auch<br />
� Stülp- und Netzverbände mit Stülpa<br />
bzw. Stülpa fix.<br />
Liegt die Wunde in einem stark keimbelasteten<br />
Gebiet, wie z. B. im Anal-<br />
bereich, ist unbedingt für einen keimundurchlässigen<br />
Sekundärverband zu<br />
sorgen. Geeignet sind selbsthaftende,<br />
transparente Wundverbandfolien wie<br />
Hydrofilm oder selbsthaftende Hydrokolloidverbände<br />
wie Hydrocoll thin. Bei<br />
der Anwendung von Hydrocoll thin sind<br />
auch eventuell geschädigte Wundränder<br />
gut mitversorgt.<br />
Eine weitere Option, tiefe Wunden zu<br />
versorgen, ist eine Tamponade mit TenderWet.<br />
Das Wundkissen verfügt über<br />
eine spezielle Umhüllung, die ihm gewisse<br />
Tamponadeeigenschaften verleihen.<br />
Die Wunden dürfen aber in der<br />
Tiefe nicht zerklüftet sein, weil solche<br />
Bereiche mit TenderWet nicht ausgefüllt<br />
werden können.<br />
Flächige Wunden<br />
Zur Versorgung flächiger Wunden<br />
stehen mehrere Typen von Wundauflagen<br />
zur Verfügung, mit denen der<br />
erforderliche Kontakt zwischen Wundauflage<br />
und Wundgrund sichergestellt<br />
werden kann, sodass sich die Wahl der<br />
Wundauflage primär an den Anforderungen<br />
orientiert, die durch die<br />
jeweilige Wundheilungsphase vorgegeben<br />
sind.<br />
Für die Reinigungsphase bzw. beginnende<br />
Granulationsphase ist neben<br />
Sorbalgon, das in Kompressenform<br />
natürlich auch für flächige Wunden<br />
angewendet werden kann, vor allem<br />
TenderWet bzw. TenderWet 24 eine<br />
sehr effiziente Wundauflage.<br />
TenderWet ist eine mehrschichtige,<br />
kissenförmige Wundauflage mit einem<br />
Saug-Spülkörper aus superabsorbierendem<br />
Polyacrylat. Der Superabsorber<br />
wird vor der Anwendung mit einer<br />
entsprechenden Menge Ringerlösung<br />
aktiviert, die dann über 12 Stunden<br />
bzw. bei TenderWet 24 über 24 Stunden<br />
lang kontinuierlich an die Wunde<br />
abgegeben wird. Durch die permanente<br />
Zufuhr von Ringerlösung werden<br />
Nekrosen aktiv aufgeweicht und abgelöst.<br />
Gleichzeitig wird aber auch keimbelastetes<br />
Wundexsudat zuverlässig in<br />
den Saugkörper aufgenommen und<br />
gebunden: Die Wunde wird „gespült“<br />
und schnell gereinigt. TenderWet hat<br />
keine Kontraindikationen und kann<br />
auch bei infizierten Wunden angewendet<br />
werden.<br />
Die Fixierung von TenderWet erfolgt<br />
wie bei Sorbalgon bereits beschrieben.<br />
Der Verbandwechsel mit TenderWet erfolgt<br />
in der Regel zweimal täglich, also<br />
PRAXISWISSEN<br />
alle 12 Stunden. Bei Anwendung von<br />
TenderWet 24 kann das Wechselintervall<br />
auf 24 Stunden ausgedehnt werden.<br />
Eine weitere Alternative zur Wundversorgung<br />
in der Reinigungs- und<br />
Granulationsphase ist der selbsthaftende<br />
Hydrokolloid-Verband Hydrocoll,<br />
der ähnlich wie ein Pflaster auf die<br />
Wunde aufgelegt wird. Bei großflächigen<br />
Wunden kann Hydrocoll leicht<br />
überlappend appliziert werden. Gewechselt<br />
wird Hydrocoll, wenn sich<br />
eine Blase im Verband ausbildet. Dann<br />
nämlich sind die hydrokolloiden Anteile<br />
des Verbandes gesättigt. Bei nachlassender<br />
Sekretion und wenn keine<br />
Komplikationen erkennbar sind, kann<br />
Hydrocoll für mehrere Tage auf der<br />
Wunde verbleiben und braucht nicht –<br />
wie in der Praxis häufig zu beobachten<br />
ist – jeden Tag gewechselt zu werden.<br />
Weniger Verbandwechsel sind auch<br />
mit Hydrosorb möglich. Als ein Gelverband<br />
mit hohem Wasseraneil in der<br />
Gelstruktur eignet sich Hydrosorb bestens,<br />
Granulationsgewebe und junges<br />
Epithel feucht zu halten und zu schützen<br />
und ist damit die optimale Wundauflage<br />
zur phasengerechten Weiterbehandlung<br />
z. B. im Anschluss an eine<br />
TenderWet- oder Sorbalgon-Therapie.<br />
Durch die Transparenz von Hydrosorb<br />
kann die Wunde jederzeit ohne Verbandwechsel<br />
inspiziert werden. Dies<br />
gewährleistet die für die Heilung so<br />
wichtige Wundruhe sowie eine hohe<br />
Wirtschaftlichkeit durch die verlängerten<br />
Verbandwechselintervalle. Hydrosorb<br />
steht in zwei Ausführungen zur<br />
Verfügung, die beide über dasselbe<br />
physikalische Wirkungsprinzip verfügen,<br />
sich jedoch in ihrer Fixiermöglichkeit<br />
unterscheiden. Hydrosorb wird in<br />
der Regel mit einem Fixierverband,<br />
Fixierpflastern oder mit dem Kompressionsverband<br />
befestigt. Hydrosorb<br />
comfort ist dagegen bereits mit einer<br />
umlaufenden, hypoallergenen Klebefolie<br />
zur sicheren, keimdichten Fixierung<br />
ausgestattet. Zusammen mit der<br />
keim- und wasserdichten Oberfläche<br />
von Hydrosorb comfort vereinfacht<br />
dies vor allem die tägliche Hygiene.<br />
Detaillierte Informationen über alle<br />
beschriebenen Wundauflagen und<br />
Fixierhilfen finden Sie auch im Internet<br />
bei HARTMANN online unter der<br />
Adresse www.hartmann-online.com.<br />
HARTMANN WundForum 2/2001<br />
33
WundForum INTERN<br />
Leitfaden<br />
für Autoren<br />
Das HARTMANN WundForum soll<br />
den lebendigen Austausch an Erfahrungen<br />
und Wissen fördern. Deshalb<br />
steht es allen in der Wundbehandlung<br />
engagierten Wissenschaftlern, Ärzten<br />
und Fachpflegekräften zur Veröffentlichung<br />
entsprechender Arbeiten zur<br />
Verfügung. Mögliche Themen umfassen<br />
die Bereiche Kasuistik, Praxiswissen,<br />
Forschung usw.<br />
Die Entscheidung, welche Arbeiten<br />
zur Veröffentlichung angenommen werden,<br />
trifft der unabhängige medizinische<br />
Expertenbeirat.<br />
Nicht angenommene Arbeiten werden<br />
umgehend zurückgesandt, eine<br />
Haftung für die Manuskripte kann jedoch<br />
nicht übernommen werden. Für<br />
angenommene Arbeiten wird pro gedruckter<br />
Seite ein Honorar in Höhe von<br />
DM 250,– bezahlt. Damit erwirbt die<br />
PAUL HARTMANN AG das Recht der<br />
Veröffentlichung ohne jegliche zeitliche<br />
und räumliche Begrenzung.<br />
Sofern der oder die Autoren nicht<br />
über das uneingeschränkte Urheberrecht<br />
an der Arbeit verfügen, ist darauf<br />
bei der Einsendung hinzuweisen.<br />
MANUSKRIPTE<br />
Manuskripte können auf Papier oder<br />
bevorzugt als Diskette eingereicht werden.<br />
Dabei sind folgende Dateiformate<br />
möglich: Microsoft Word, Word für Win-<br />
Impressum<br />
Herausgeber:<br />
PAUL HARTMANN AG<br />
Postfach 1420, 89504 Heidenheim<br />
Telefon: 0 73 21 / 36 - 0<br />
Fax: 0 73 21 / 36 - 3637<br />
http:// www.hartmann-online.com<br />
Verantwortlich i. S. d. P.: Kurt Röthel<br />
Expertenbeirat: Dr. med. Andreas Gericke,<br />
Prof. Dr. med. Günter Germann, Friedhelm Lang,<br />
Prof. Dr. med. Hans Lippert, Dr. rer. nat. Klaus<br />
Schenck, Prof. Dr. med. Wolfgang Vanscheidt,<br />
Prof. Dr. med. Helmut Winter<br />
Redaktion:<br />
CMC Medical Information<br />
Weberstraße 8, 89522 Heidenheim<br />
Telefon: 0 73 21 / 93 98 - 0<br />
Fax: 0 73 21 / 93 98 - 20<br />
E-Mail: info@cmc-online.de<br />
34 HARTMANN WundForum 2/ 2001<br />
dows, Wordperfect, Windows Write<br />
oder 8-bit ASCII. Bitte legen Sie der<br />
Diskette einen Ausdruck des Manuskriptes<br />
bei.<br />
Bitte geben Sie neben Ihrem Namen<br />
auch eine Adresse und Telefonnummer<br />
an, unter der Sie tagsüber für eventuelle<br />
Rückfragen zu erreichen sind.<br />
ILLUSTRATIONEN<br />
Illustrationen können schwarz-weiß<br />
oder farbig als Papierbild oder Dia eingereicht<br />
werden. Bitte behalten Sie von<br />
allen Abbildungen ein Duplikat, da für<br />
eingesandtes Bildmaterial keine Haftung<br />
übernommen werden kann.<br />
Graphiken werden vom HARTMANN<br />
WundForum grundsätzlich neu erstellt.<br />
Bitte legen Sie eine übersichtliche und<br />
lesbare Vorlage der von Ihnen vorgesehenen<br />
Graphiken bei.<br />
LITERATUR<br />
Literaturverzeichnisse werden nicht<br />
mit abgedruckt, können jedoch bei der<br />
Redaktion auf Anfrage angefordert<br />
werden. Fügen Sie deshalb Ihrer Arbeit<br />
eine vollständige Literaturliste bei.<br />
KORREKTURABZÜGE<br />
Vor Drucklegung erhalten die Autoren<br />
einen Korrekturabzug ihrer Arbeit<br />
einschließlich der neu angefertigten<br />
Graphiken zur Überprüfung.<br />
Druck: C. F. Rees, 89520 Heidenheim<br />
Bildnachweise:<br />
argus / Andrews (S. 25), Martyn Butcher (S. 21),<br />
CNRI / Science Photo Library / Focus (S. 11), Pam<br />
J. Cooper (S. 23), David G. Gray (S. 20), James<br />
King-Holms / Science Photo Library / Focus<br />
(S. 17), Phototake / Mauritus (S. 1), R. Niedner<br />
(S. 26), alle anderen: PAUL HARTMANN AG<br />
Haftung:<br />
Eine Haftung für die Richtigkeit der Veröffentlichungen<br />
können Herausgeber und Redaktion<br />
trotz sorgfältiger Prüfung nicht übernehmen. Mit<br />
Namen gekennzeichnete Artikel geben die Meinung<br />
des Verfassers wieder, die nicht mit der des<br />
Herausgebers identisch sein muss. Eine Gewähr<br />
für Angaben über Dosierungsanweisungen und<br />
Applikationsformen kann nicht übernommen werden.<br />
Derartige Angaben müssen vom Absender<br />
im Einzelfall anhand anderer verbindlicher Quellen<br />
auf ihre Richtigkeit überprüft werden.<br />
SAMMELBAND „WUNDFORUM“<br />
1994 BIS 2000 AUF CD-ROM<br />
Wieder gibt es ein Update. Alle bisher<br />
erschienenen 28 Ausgaben<br />
des HARTMANN WundForum aus<br />
den Jahren 1994 bis 2000 sind<br />
jetzt als Sammelband auf CD-ROM<br />
erhältlich. Wie gewohnt, sind sämtliche<br />
Artikel im Originallayout als<br />
Adobe Acrobat-Dateien gespeichert<br />
und können mit Hilfe der<br />
übersichtlichen Inhaltsverzeichnisse<br />
schnell aufgerufen, angezeigt<br />
und auch ausgedruckt werden.<br />
Die CD-ROM kann kostenlos bei<br />
der PAUL HARTMANN AG, Aboservice<br />
WundForum, Postfach 1420,<br />
89504 Heidenheim, bestellt werden.<br />
Alle Artikel sind aber auch im Internet<br />
unter der Adresse http://www.<br />
hartmann-online.com verfügbar.<br />
Die nächste Ausgabe des<br />
HARTMANN WundForum<br />
erscheint im August 2001.<br />
Copyright:<br />
Alle Rechte, wie Nachdrucke, auch von Abbildungen,<br />
Vervielfältigungen jeder Art, Vortrag, Funk,<br />
Tonträger- und Fernsehsendungen sowie Speicherung<br />
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oder in Übersetzungen, behält sich die<br />
PAUL HARTMANN AG vor.<br />
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Bestellungen für ein kostenloses Abonnement<br />
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Postfach 1420 · 89504 Heidenheim<br />
Tel.: 0 73 21 / 36 - 1324 · Fax: 0 73 21 / 36 - 3631<br />
Das HARTMANN WundForum<br />
erscheint viermal jährlich.<br />
ISSN 0945–6015, Ausgabe 2. Quartal 2001