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Sucht und Borderline- Persönlichkeitsstörung Dr ... - Klinik Hohe Mark

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<strong>Sucht</strong> <strong>und</strong> <strong>Borderline</strong>-<br />

<strong>Persönlichkeitsstörung</strong><br />

<strong>Dr</strong>. med. Tatjana Prentice<br />

Leitende Oberärztin, Fachärztin<br />

Neurologie, Psychiatrie, Psychotherapie<br />

St. Valentinuskrankenhaus Kiedrich<br />

15. Mai 2013


Epidemiologie<br />

Komorbidität bei BPS<br />

► Affektive Störungen<br />

89.1% (Bohus), 96.3% (Zanarini)<br />

Major Depression<br />

79.6% (Bohus), 82.8 % (Zanarini)<br />

Dysthymie<br />

21.1 % ( Bohus), 38.5 % (Zanarini)<br />

► <strong>Sucht</strong>erkrankungen<br />

57.1 % (Bohus), 64.1 % (Zanarini)<br />

Alkohol<br />

38.1 % (Bohus), 52.2 % (Zanarini)<br />

<strong>Dr</strong>ogen<br />

42.9 % (Bohus), 46.2 % (Zanarini)


Diagnostische Kriterien der BPS<br />

DSM-IV<br />

► Bemühungen, Verlassenwerden zu vermeiden<br />

► Instabile, aber intensive zwischenmenschliche Beziehungen<br />

► Impulsivität t in mindestens 2 potentiell selbstschädigenden<br />

Bereichen<br />

► Wiederkehrende suizidale Handlungen oder Selbstverletzung<br />

► Schwierigkeiten Wut zu kontrollieren<br />

► Identitätsst<br />

tsstörung<br />

► Dissoziative Symptome oder paranoide Vorstellungen<br />

► Chronisches Gefühl der Leere<br />

► Affektive Instabilität<br />

► 5 Kriterien im Lauf der letzten 4 Jahre


Ätiologie BPS<br />

► Neurobiologische Faktoren als Gr<strong>und</strong>lage<br />

der emotionalen Dysregulation<br />

► Frühe neurologische Schädigungen (bis<br />

70%), hohe Komorbidität ADHS<br />

► Psychosoziale Belastungsfaktoren:<br />

• Sexuelle Gewalterfahrung (70%)<br />

• Körperliche Gewalterfahrung (60%)<br />

• Vernachlässigung (40%)<br />

• Instabile Bindung zu primären ren Bezugspersonen<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Leitsymptom der BPS<br />

Einschießende, ende, starke Spannung,<br />

die als äußerst<br />

aversiv erlebt wird<br />

<strong>und</strong> keiner klaren, handlungs-<br />

weisenden Emotion zugeordnet<br />

werden kann.


BPS- Verhaltensmuster<br />

►Emotionale<br />

Vulnerabilität<br />

►Mißachtung<br />

der eigenen Wahrnehmung<br />

►Unvermeidliche Krisen<br />

►Blockierung von Trauer<br />

►Aktive Aktive Passivität<br />

►Pseudokompetenz mit geringer<br />

emotionaler Modulationsfähigkeit<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Diagnostische Kriterien<br />

der Abhängigkeit<br />

ICD-10<br />

► Toleranzentwicklung<br />

► Entzug<br />

► Kontrollverlust<br />

► Übermäßiges Verlangen zu konsumieren<br />

► Konsum trotz schwerer ges<strong>und</strong>heitlicher<br />

oder sozialer Schäden<br />

► Ausrichten der Tagesaktivitäten ten auf den Konsum<br />

<strong>und</strong> das Beschaffen von Substanzen<br />

► 3 Kriterien innerhalb der letzten 12 Monate


Leitsymptom der<br />

Abhängigkeitserkrankung<br />

►Immer wiederkehrender<br />

<strong>Sucht</strong>druck („Craving“), ein<br />

starkes Verlangen mit<br />

körperlichen <strong>und</strong> kognitiven<br />

Symptomen, das sehr häufig<br />

als solches nicht erkannt wird<br />

►Life-Time Diagnose!!


Stoffgeb<strong>und</strong>ene Süchte<br />

► Die Gesellschaft sieht Menschen mit<br />

Abhängigkeitserkrankungen gerne als<br />

„willensschwach“ <strong>und</strong> „<strong>und</strong>iszipliniert“ <strong>und</strong><br />

grenzt sie damit häufig aus.<br />

► Mit funktionell bildgebenden Verfahren konnte<br />

jedoch nachgewiesen werden, dass<br />

stoffgeb<strong>und</strong>ene Abhängigkeitserkrankungen<br />

durch nachvollziehbare Veränderungen<br />

innerhalb einiger empfindlicher Regelkreise im<br />

Zentralnervensystem gekennzeichnet sind.<br />

Somit soll das Modell der „psychischen<br />

Abhängigkeit“ von einem neurobiologischen<br />

Modell abgelöst werden.<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


►<br />

Heroin <strong>und</strong> Kokain haben eine 100-400 mal stärkere Sensation<br />

als Sexualität…<br />

…Alles andere „Peanuts“<br />

►<br />

Dies führt zu einer massiven Attribuierung, entsprechend<br />

einer lebenslangen Behinderung im Erleben<br />

►<br />

Wenn ein entsprechender Reiz wahrgenommen wird, handelt der<br />

Ncl. Accumbens völlig eigenmächtig: scheinbar harmlose<br />

Entscheidungen werden getroffen> Schutz wird aufgelöst<br />

>rückfälliges Verhalten. Er aktiviert „Schablonen“, die automatisch<br />

ablaufen „ Magnetverhalten“, OHNE den frontalen Kortex<br />

einzuschalten<br />

(Ncl. Accumbens = Rewardzentrum, ein verhaltensverstärkendes<br />

System, es hat nichts anderes zu tun, als dafür zu sorgen, daß es<br />

aktiviert wird)


► Durch Zunahme des Konsums - als Selbstmedikation-<br />

entwickelt sich die <strong>Sucht</strong>erkrankung.<br />

Das ist nicht gewollt.<br />

► Vorher besprechen, dass etwas fehlen wird, durch die<br />

Therapie<br />

► Anspannung bei BPS wird erlebt wie ein Ballon gefüllt mit<br />

Wasser: Patienten haben Angst zu explodieren.<br />

Patienten sind schlau: sie regulieren ihre Anspannung <strong>und</strong><br />

verhindern damit das Platzen (kurzfristig).<br />

► Aber: Substanzabusus verschärft<br />

rft <strong>Borderline</strong>-Symptome<br />

Symptome,<br />

erhöht ht die Vulnerabilität


Innere Haltung ist der Schlüssel<br />

„Was haben die davon,<br />

diese armen Menschen“<br />

► Cannabis: : emotional ausgleichend, entspannend<br />

► Benzodiazepine, , Opiate: : chemische Dissoziation,<br />

Abschalten könnenk<br />

► Analgetika: : schmerzstillend, Distanz schaffend<br />

► Alkohol: prosozial, , Leere füllendf<br />

► Amphetamine, Kokain: : arbeiten können, k<br />

Spaß<br />

haben, durchhalten können, k<br />

selbstwertsteigernd


Standard-DBT stationär<br />

► Basisgruppe<br />

► Bezugsgruppe<br />

► Selbstwertgruppe<br />

► Skillsgruppe<br />

► Achtsamkeitsgruppe<br />

(innere <strong>und</strong> 5-Sinne)<br />

► Bezugstherapeuten<br />

► Bezugspflege mit<br />

Skillscoaching


DBT-S Gr<strong>und</strong>annahmen<br />

► BPS + <strong>Sucht</strong>:<br />

psychisch höher belastet als BPS<br />

► Sie müssen noch härter an sich arbeiten<br />

► Überwiegend polytoxikoman<br />

► Mehr psychiatrische Probleme<br />

► Verüben mehr Suizidversuche<br />

(<strong>und</strong> häufiger „suizidale Unfälle“)<br />

► Höhere Werte bei Störungen der Impulskontrolle<br />

► Mehr antisoziale Tendenzen


DBT-S stationär<br />

Ergänzungen<br />

► Commitment unter <strong>Dr</strong>oge,<br />

nach Entgiftung Erinnern an Commitment<br />

► Entgiftungsphase („clear mind“)<br />

► Motivationsgruppe Abstinenz mit<br />

Binnendifferenzierung legal oder illegale <strong>Dr</strong>ogen<br />

► Teilnahme an Selbsthilfegruppen<br />

► Kontakt <strong>Sucht</strong>beratungsstellen<br />

► Erweiterte Zielhierarchie<br />

► Einbezug der „Stages of Change nach Prochaska<br />

<strong>und</strong> DiClemente“<br />

► Akupunktur/Akupressur<br />

► Supervision <strong>und</strong> Burn-Out-Prophylaxe für das<br />

Team


►Patienten kommen in Therapie mit<br />

verschiedenen Baustellen.<br />

Für jede Baustelle befindet er sich<br />

in einer anderen Motivationsphase,<br />

z.B. Partnerschaft, SVV, Abstinenz.<br />

Therapeut zeigt für jede Baustelle<br />

ein anderes therapeutisches<br />

Vorgehen<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


„Stages of Change“<br />

nach Prochaska <strong>und</strong> DiClemente<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

PRECONTEMPLATION: Vormotivationales Stadium.<br />

Verhaltensänderung wird nicht in Erwägung gezogen<br />

CONTEMPLATION: Stadium des Problembewusstseins.<br />

Ernsthaftes Abwägen einer Verhaltensänderung<br />

(„Fuß-in-die-Tür-Technik“)<br />

PREPARATION: Vorbereitungsstadium. Absicht, das<br />

Problemverhalten aufzugeben<br />

(Hier Pro & Contra)<br />

ACTION: Handlungsstadium. Aktive Versuche, aufzuhören<br />

(Hier DBT)<br />

MAINTENANCE: Stadium der Aufrechterhaltung. Aktive<br />

Beibehaltung einer positiven Verhaltensänderung<br />

(Hier „Chear-Leading“, bei Rückfall VA)<br />

TERMINATION: Beendigung. Stabiler Zustand des<br />

Problemverhaltens


Behandlungsstrategien DBT-S<br />

► Attachment: wie behalte ich den Patienten in der<br />

Therapie. Bewährt hat sich hier u.a. das MI<br />

(Motivational Interviewing)<br />

► Commitment: Behandlungsvertrag, was sind die<br />

Ziele, was ist das Kontingenzmanagement<br />

(Regelbrüche, Rückfällen)<br />

► Veränderung: Verhaltensanalyse, Wochenprotokolle,<br />

Skills<br />

► Dialektik: Patienten müssen für immer abstinent<br />

bleiben, aber Rückfälle gehören dazu: dieses Dilemma<br />

muß von Patient <strong>und</strong> Therapeut akzeptiert werden<br />

► Validierung


DBT-S-Attachment-Strategien<br />

► Anfangs flexible Zeiten in den<br />

Therapiesitzungen (nachsichtig sein)<br />

► „Verloren gegangene“ Patienten finden<br />

► Mit dem „attached“ <strong>und</strong> „Butterfly-<br />

Problem“ vertraut machen, akzeptieren<br />

► Familien/Fre<strong>und</strong>e netzwerken<br />

► Telefonkontakte<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


DBT-S-Commitment-Strategien<br />

► Die Brücken zum Konsum abbauen<br />

► Therapievertrag<br />

► Therapieziele - Vereinbarungen<br />

► Teilnahme an Skills- <strong>und</strong> <strong>Sucht</strong>therapie<br />

► Non-Suizid<br />

Suizid-Commitment<br />

(Lebensvertrag)<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Kontingenzmanagement „Rückfall“<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Wenn Rückfall selbst aufgemacht wurde: VA<br />

Wenn UK positiv Patient konfrontieren, wenn „Ja, ich<br />

habe konsumiert“:<br />

Ausgang streichen, Dienste übernehmen etc.<br />

Wenn Rückfall <strong>und</strong> Patient sagt „Nein“<br />

….Scham Verleugnung<br />

Mit Team abwägen, ob Therapiemotivation gut, dann<br />

kann Patient bleiben mit Algorithmus bei<br />

Problemverhalten:<br />

„Time-Out“, VA, Bezugsgruppe, Bezugstherapeut.<br />

Wenn Patient gute Leistung zeigt, nicht disziplinarisch<br />

entlassen!<br />

Sofortige Entlassung wenn <strong>Dr</strong>ogen auf Station<br />

verkauft, verschenkt oder andere zum Konsum<br />

verleitet.<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Behandlungsablauf<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

►<br />

Elektive Einbestellung zum ambulanten Vorgespräch, Patient muß zu<br />

diesem Zeitpunkt nicht entgiftet sein<br />

Elektive Einbestellung auf <strong>Sucht</strong>station K5.1 „Neue Wege“ zur<br />

Entgiftung, hier erster Kontakt zu Achtsamkeitskonzept,<br />

Stresstoleranz, Selbsthilfegruppen, Motivationsgruppe, Akupunktur.<br />

Lebensvertrag. Behandlung in der Regel 2-3 Wochen<br />

Wenn „clear mind“ Verlegung auf Psychotherapiestation K6.1 „Neue<br />

Sicht“, hier DBT-Vertragsabschluß, Vorstellung einer VA im Team mit<br />

Festlegung Zielhierarchie. Danach Skillsgruppe, Bezugsgruppe,<br />

Basisgruppe, Bezugspflege. Stationäre Behandlung in der Regel 6<br />

Wochen<br />

Antizipation: Was sollen wir machen, wenn Sie abbrechen SMS<br />

Telefonat Karte schicken Worst-Case-Szenario<br />

Nach Entlassung Möglichkeit der weiteren Teilnahme an stationären<br />

Skillsgruppe falls notwendig<br />

Vermittlung an niedergelassenen DBT-Therapeut <strong>und</strong> ambulante<br />

Skillsgruppe<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Vielen Dank<br />

für Ihr Interesse!<br />

Diesen Dank gebe ich auch gerne an meine<br />

Teams weiter, ohne die diese komplexen<br />

Abläufe nicht denkbar wären.


Studienlage<br />

► Viele Autoren ( Linehan et.al, Bohus<br />

et.al, Van den Bosch et.al, Koons et.al,<br />

Turner et.al) zeigen in ihren Studien<br />

positive Ergebnisse mit DBT vs. TAU bei<br />

BPS<br />

► Ebenso konnten positive Ergebnisse mit<br />

DBT vs TAU bei BPS + <strong>Sucht</strong> gezeigt<br />

werden (Ball et.al, Linehan et.al, Van<br />

den Bosch et.al)


Emotionale Vulnerabilität der BPS<br />

►<strong>Hohe</strong> <strong>Hohe</strong> Sensitivität<br />

(prompte Reaktionen,<br />

niedrige Reizschwelle)<br />

►<strong>Hohe</strong> <strong>Hohe</strong> Reaktivität<br />

(extreme Reaktionen,<br />

starke Erregungszustände)<br />

nde)<br />

►Langsame Rückkehr R<br />

auf Base-Line<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice


Wochenplan DBT-S


NADA-Akupunktur<br />

Akupunktur<br />

►Niederschwellige, , regelmäß<br />

äßige Ohr-<br />

Akupunktur<br />

►Findet Findet in Gruppen statt<br />

►Ausgeführt von Pflege sowie Ärzten<br />

►Positiver Positiver Einfluss auf Spannungszustände,<br />

nde,<br />

Craving, , vegetative Entzugserscheinungen,<br />

Schlafstörungen,<br />

Stressymptomen<br />

Mit fre<strong>und</strong>licher Erlaubnis von Fra <strong>Dr</strong>. Tatjana<br />

Prentice

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