Bruder Lorenz – Leben in Gottes Gegenwart - Kleine spirituelle Seite
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Se<strong>in</strong>e Oberen im Kloster schickten ihn zur Erfüllung<br />
se<strong>in</strong>er täglichen Arbeitspflicht <strong>in</strong> die Küche.<br />
Es lehnte sich zuerst dagegen auf, dann aber<br />
stützte er sich auf se<strong>in</strong>en Glauben und nahm es<br />
mit philosophischer Ruhe h<strong>in</strong>. Es dauerte nicht<br />
lange, so war es ihm möglich, sich zwischen<br />
se<strong>in</strong>en Töpfen und Pfannen ebenso leicht <strong>in</strong> die<br />
<strong>Gegenwart</strong> <strong>Gottes</strong> zu erheben wie draußen <strong>in</strong> der<br />
Natur oder <strong>in</strong> der Stille der Kapelle. Er sagt darüber:<br />
„Für mich besteht ke<strong>in</strong> Unterschied zwischen<br />
der Zeit der Arbeit und der für das Gebet bestimmten<br />
Zeit. Im Lärm und Durche<strong>in</strong>ander me<strong>in</strong>er<br />
Küche, wo dauernd die verschiedensten<br />
Aufträge ausgerufen werden, halte ich me<strong>in</strong>e<br />
Gedanken auf Gott gerichtet und fühle mich von<br />
e<strong>in</strong>er ebensolchen Stille umgeben, als ob ich vor<br />
dem heiligsten Sakrament auf den Knien läge. . .<br />
In Se<strong>in</strong>em Dienste bereite ich den Eierkuchen,<br />
den ich gerade <strong>in</strong> der Pfanne habe. Wenn die<br />
Arbeit getan ist, knie ich nieder und danke Gott,<br />
denn durch se<strong>in</strong>e Gnade kann und darf ich arbeiten.<br />
Und wenn ich aufstehe, b<strong>in</strong> ich glücklicher als<br />
e<strong>in</strong> König. Für mich ist es genug, wenn ich e<strong>in</strong>en<br />
Strohhalm aus Liebe zu Ihm vom Boden aufheben<br />
darf.“<br />
<strong>Bruder</strong> <strong>Lorenz</strong> beschrieb e<strong>in</strong>mal, wie er se<strong>in</strong>e<br />
praktische Arbeit anfasste, und gab auch das<br />
Gebet, das er beim Arbeiten im S<strong>in</strong>ne zu haben<br />
pflegte, wieder: „Bevor ich die Arbeit aufnahm,<br />
sagte ich <strong>in</strong> k<strong>in</strong>dlichem Glauben: 'O Gott, Du bist<br />
bei mir, und nach De<strong>in</strong>em Willen habe ich diese<br />
äußeren Pflichten, die mir aufgetragen s<strong>in</strong>d, zu<br />
erfüllen. Darum bitte ich Dich, steh mir bei, und<br />
lass mich während der Arbeit <strong>in</strong> De<strong>in</strong>er <strong>Gegenwart</strong><br />
bleiben. Hilf mir <strong>in</strong> me<strong>in</strong>em Bemühen, zu tun,<br />
was <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en Kräften steht. Lass Dir das Werk<br />
me<strong>in</strong>er Hände Wohlgefallen, und fülle me<strong>in</strong> Herz<br />
wie immer. . . Wenn ich dann mit me<strong>in</strong>er Aufgabe<br />
fertig b<strong>in</strong>, frage ich mich, wie ich me<strong>in</strong>e Pflicht<br />
getan habe. Wenn die Arbeit gut ist, danke ich<br />
Ihm für Se<strong>in</strong>en Beistand. Wenn ich sie schlecht<br />
gemacht habe, bitte ich Ihn um Verzeihung.“<br />
Obwohl er von sich dachte, er sei für das Geschäftliche<br />
völlig ungeeignet, hatten ihn die Brüder<br />
<strong>in</strong> die Auvergne geschickt, um We<strong>in</strong> für sie<br />
e<strong>in</strong>zukaufen, und er hatte se<strong>in</strong>e Sache über<br />
Erwarten gut gemacht. Bei e<strong>in</strong>er zweiten Reise,<br />
diesmal nach Burgund, hatte er Schwierigkeiten<br />
wegen se<strong>in</strong>er Körperbeh<strong>in</strong>derung. Die vielen<br />
Fässer auf dem Boot waren für ihn e<strong>in</strong> ernstliches<br />
H<strong>in</strong>dernis, das er nur überw<strong>in</strong>den konnte, <strong>in</strong>dem<br />
er sich darüber h<strong>in</strong>rollen ließ. Aber der Handel<br />
gelang wieder zur allgeme<strong>in</strong>en Zufriedenheit, und<br />
der dankbare <strong>Bruder</strong> schrieb das Verdienst se<strong>in</strong>em<br />
immer nahen Begleiter zu. Er erzählte, dass<br />
er bei solchen Gelegenheiten zu Gott sagte: „Ich<br />
tue es <strong>in</strong> De<strong>in</strong>em Namen.“ Und ohne weitere<br />
Sorge oder Unsicherheit schloss er dann den<br />
Handel immer zum Vorteil der Brüder ab.<br />
Für <strong>Bruder</strong> <strong>Lorenz</strong> war die Bibel die Grundlage<br />
und der Mittelpunkt aller Lektüre, wie man es ja<br />
auch von den ernsten Christen dieser Zeit erwarten<br />
kann. Beaufort berichtet: „<strong>Bruder</strong> <strong>Lorenz</strong><br />
stellte das heilige Evangelium über jedes andere<br />
Buch, denn <strong>in</strong> den schlichten re<strong>in</strong>en Worten Jesu<br />
Christi fand se<strong>in</strong> Glaube die beste Nahrung.“<br />
<strong>Bruder</strong> <strong>Lorenz</strong> verachtete im allgeme<strong>in</strong>en Bücher<br />
mehr als sonst etwas <strong>in</strong> der Welt <strong>–</strong> sie kamen<br />
ihm so gewöhnlich und unzureichend vor,<br />
wenn er sie mit se<strong>in</strong>em großartigen Erlebnis, Gott<br />
zu se<strong>in</strong>er Seele sprechen zu hören, verglich. „Ich<br />
habe me<strong>in</strong>e Art zu leben nicht <strong>in</strong> Büchern gefunden“,<br />
sagte er. Se<strong>in</strong>er Me<strong>in</strong>ung nach kann nur der<br />
Schöpfer selbst die Wahrheit <strong>in</strong> ihrer ganzen Fülle<br />
und Größe übermitteln. Der Mensch kann se<strong>in</strong>en<br />
Verstand anstrengen wie er will, er kann nur e<strong>in</strong>e<br />
Theorie über das <strong>Leben</strong> und die Religion hervorbr<strong>in</strong>gen.<br />
Gott aber erleuchtet wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Blitz<br />
das Herz des Demütigen mit Wissen und Verständnis.<br />
Kunst und Wissenschaft können wenig<br />
helfen.<br />
„Was ich von anderen Menschen über Gott gehört<br />
habe, was ich aus Büchern weiß, was ich<br />
durch eigenes Nachdenken fand, kann mich<br />
(soweit es Gott betrifft) nicht befriedigen. Es<br />
ersche<strong>in</strong>t mir flach, gleichgültig und schwerfällig<br />
im Vergleich zu dem unbeschreiblichen Reichtum,<br />
den Er ausschüttet. Der Glaube alle<strong>in</strong> kann Ihn<br />
erkennen, der Glaube zeigt Ihn mir wie Er ist. Der<br />
Glaube zeigt Ihn <strong>in</strong> hellem Licht, und zwar <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em Augenblick. Oh, die Schulen!... Wir rackern<br />
uns ab und üben unseren Verstand <strong>in</strong> logischen<br />
Schlüssen, im Denken und Wissen, und vergessen<br />
dabei, dass wir es nur mit e<strong>in</strong>em schwachen<br />
Widersche<strong>in</strong>, e<strong>in</strong>em Abdruck zu tun haben, während<br />
wir unsere Augen dem Unvergleichlichen<br />
Orig<strong>in</strong>al zuwenden könnten.“<br />
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