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Sicherstellung der Ernährung im Alter durch ... - Universität Paderborn

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Impulsveranstaltung<br />

„Verbesserung <strong>der</strong> <strong>Ernährung</strong> und<br />

Bewegung <strong>im</strong> <strong>Alter</strong>„<br />

<strong>Universität</strong> Pa<strong>der</strong>born<br />

<strong>Sicherstellung</strong> <strong>der</strong> <strong>Ernährung</strong> <strong>im</strong> <strong>Alter</strong><br />

<strong>durch</strong> Einsatz von Sondenernährung<br />

Dr. Almut Schmid, <strong>Universität</strong> Pa<strong>der</strong>born


Themen<br />

• Anwendungsbereiche <strong>der</strong> künstlichen <strong>Ernährung</strong><br />

• Rund um die <strong>Ernährung</strong>ssonde<br />

• Indikationen und Kontraindikationen<br />

• Ziele einer Sondenanlage<br />

• Auswahl <strong>der</strong> richtigen Sondennahrung<br />

• Komplikationen<br />

• Dokumentation <strong>der</strong> Sondenernährung<br />

• Sondenernährung bei fortgeschrittener Demenz- eine<br />

umstrittene Indikation!


Anwendungsbereiche <strong>der</strong> künstlichen<br />

<strong>Ernährung</strong><br />

• Der Patient kann, will o<strong>der</strong> darf nicht (ausreichend)<br />

essen Gefahr <strong>der</strong> Mangelernährung !<br />

Enterale <strong>Ernährung</strong><br />

- Zufuhr von Trink- und Sondennahrung<br />

unter Einbeziehung<br />

des Magen-Darm-Trakts<br />

- Nährstoffe liegen in natürlichen<br />

Verbindungen (z.B. Milcheiweiß)<br />

o<strong>der</strong> in leicht modifizierter Form<br />

vor (z.B. Peptide)<br />

„Duale <strong>Ernährung</strong>“<br />

Parenterale <strong>Ernährung</strong><br />

- umgeht den Magen-Darm-Trakt<br />

- Zufuhr von Nährstoffen direkt<br />

über venöse Katheter<br />

- Nährstoffe liegen in aufgespaltener<br />

Form vor (z.B. Glucose,<br />

Aminosäuren)


Was ist eine PEG /PEJ -Sonde?<br />

Perkutane endoskopisch kontrollierte Gastrostomie<br />

bzw. Jejunostomie<br />

Einführung einer Verweilsonde <strong>durch</strong> die Bauchwand in<br />

den Magen / Dünndarm, um eine künstliche (enterale)<br />

<strong>Ernährung</strong> längerfristig zu realisieren<br />

PEG-Sonde (Silikon od. Polyurethan)


gastral<br />

jejunal<br />

• Dauer <strong>der</strong> PEG-Anlage:<br />

15 min<br />

Sondenlage<br />

• gastrale Lage<br />

bei ungestörter Magen-<br />

entleerung<br />

• jejunale Lage<br />

bei gestörter Magen-<br />

funktion, erhöhter As-<br />

pirationsgefahr sowie<br />

Pankreatitis


Applikationstechniken<br />

• Schwerkraftüberleitsystem<br />

• Pumpenüberleitsystem<br />

Dormann et al. 2003


Portionierung / Dosierung<br />

• intermittierende Nahrungszufuhr („Bolus“)<br />

- Gabe einer größeren Nahrungsportion tropfenweise in<br />

einem Zeitraum von 10 – 30 min (physiologisch)<br />

- nur bei Sondenlage <strong>im</strong> Magen<br />

• kontinuierliche Nahrungszufuhr (Dauertropf)<br />

- Sondennahrung wird ohne Pausen mit einer definierten<br />

Fließgeschwindigkeit zugeführt (24-h-<strong>Ernährung</strong>)<br />

- obligat bei Sondenlage <strong>im</strong> Jejunum (<strong>Ernährung</strong>spumpe)<br />

Dormann et al. 2003


Indikationen für eine <strong>Ernährung</strong>ssonde in<br />

<strong>der</strong> Geriatrie<br />

1. Patienten mit Schluckstörung bedingt <strong>durch</strong><br />

- Schlaganfall (ischämisch, hämorrhagisch)<br />

- neurodegenerative Erkrankungen (MS, M.Parkinson, etc.)<br />

2. Patienten mit onkologischen Erkrankungen, z.B.<br />

- stenosierendes HNO- und Speiseröhrenkarzinom<br />

- Tumore des oberen Magen-Darm-Trakts<br />

3. Patienten mit neuropsychiatrischen Erkrankungen<br />

- Demenzen unterschiedlicher Genese (umstritten!!!)<br />

- Depressionen<br />

4. Patienten mit drohen<strong>der</strong> und manifester Mangelernährung<br />

(eigenständige Indikation!)<br />

- Behandlung <strong>der</strong> Tumorkachexie<br />

- bei Radio- und Chemotherapie


Kontraindikationen für PEG /PEJ -Anlage<br />

• schwere Blutgerinnungsstörungen<br />

• schwere Gastritis, aktives Magengeschwür<br />

• Bauchfellentzündung<br />

• Darmverschluss<br />

• massiver Aszites (Bauchwassersucht)<br />

• schwere Psychosen<br />

• deutlich eingeschränkte Lebenserwartung<br />

• fehlendes Einverständnis<br />

• reine Pflegeerleichterung<br />

• orale <strong>Ernährung</strong> binnen 14 Tagen wie<strong>der</strong> möglich<br />

nach Löser 2004


Ziele einer Sondenanlage<br />

• Flüssigkeits- und Nährstoffversorgung<br />

(zusätzliche orale Nahrungszufuhr möglich)<br />

• Erhalt von Körpersubstanz und Muskelmasse<br />

• Verhin<strong>der</strong>ung einer Katabolie, Austrocknung<br />

• Medikamentengabe<br />

• Voraussetzung für therapeutische Maßnahmen<br />

Wense 2001


PEG-Anlage bei Dysphagie nach Schlaganfall<br />

• PEG nach Schlaganfall sollte<br />

frühzeitig erfolgen!<br />

• begleitend zur Schlucktherapie<br />

sollte Sondenernährung bis<br />

zum Erreichen einer ausreichenden<br />

oralen Nahrungsaufnahme<br />

<strong>durch</strong>geführt werden.<br />

• Patienten verlieren <strong>im</strong> Mittel<br />

bis zu 12 kg Gewicht, bevor<br />

eine Sonde gelegt wird!<br />

Leitlinie Enterale <strong>Ernährung</strong> Geriatrie 2004, Löser 2004


Sondenernährung bei mult<strong>im</strong>orbiden,<br />

gebrechlichen Senioren?<br />

• Mult<strong>im</strong>orbide, gebrechliche Ältere profitieren von<br />

Sondenernährung, solange <strong>der</strong> Allgemeinzustand<br />

stabil ist (nicht <strong>im</strong> Endstadium!)<br />

• Sondenernährung wird daher bei einem Ernähr-<br />

ungs - Risiko frühzeitig empfohlen.<br />

Leitlinie Enterale <strong>Ernährung</strong> Geriatrie 2004


Lübke 2001<br />

teilweise<br />

gestört<br />

Auswahl <strong>der</strong> richtigen Sondennahrung<br />

Funktion des<br />

Magen-Darm<br />

Magen Darm-<br />

Trakts<br />

funktionsfähig<br />

ganz gestört<br />

Prinzip<br />

NDD: NDD:<br />

1 kcal/ml<br />

(Nährstoff ährstoff defi efi-<br />

nierte Diät) iät)<br />

NDD hochkalo-<br />

risch: risch:<br />

1,5 kcal/ml<br />

NDD ballast-<br />

stoffhaltig<br />

NDD<br />

modifiziert<br />

CDD: CDD:<br />

1; 1,5; 2<br />

kcal/ ml<br />

(Chemisch hemisch<br />

definierte efinierte Diät) iät)<br />

Zusammen-<br />

setzung<br />

15 kcal % E<br />

30 kcal % F<br />

60 kcal % KH<br />

s.o.<br />

10 g B./1000<br />

kcal<br />

laktosefrei<br />

MCT-haltig<br />

MCT haltig<br />

Proteinhydro-<br />

lysate, lysate,<br />

MCT,<br />

Mono-, Mono , Di- Di Oli-<br />

gosaccharide<br />

Indikation /<br />

Beispiel<br />

Schluckstörun-<br />

gen<br />

Inappetenz<br />

Verbrennungen<br />

Intensivpatien-<br />

ten<br />

Langzeiternäh-<br />

rung<br />

Laktoseintole-<br />

ranz, ranz,<br />

Kurzdarm<br />

Kurzdarm, Mal-<br />

absorption, absorption,<br />

ex.<br />

Pankreasin-<br />

suffizienz


Beispiel für Kostaufbau über PEG<br />

Kostaufbau: Verabreichung von Sondenkost (SK) bereits<br />

1-2 h nach (problemloser) PEG-Anlage<br />

Langsamer Kostaufbau:<br />

• Tag 1 – 2: 500 ml SK (25-35 ml/h) + 500 ml Wasser<br />

• Tag 3 – 4: 1000 ml SK (50-60 ml/h) + 1000 ml Wasser<br />

• Tag 5 – 6: 1500 ml SK (75-85 ml/h) + 1000 ml Wasser<br />

• Tag 7 – 8: 2000 ml SK (100-110 ml/h)+ 1000 ml Wasser<br />

• Ab Tag 9 : 2000 ml SK (125 ml/h) + 1000 ml Wasser<br />

Normaler Kostaufbau:<br />

• 1500 – 2000 ml SK direkt nach Sondenanlage<br />

• Schema ist an die jeweiligen Bedürfnisse und Verträglichkeiten<br />

individuell täglich neu festzulegen<br />

nach Löser 2004


Flüssigkeitssubstitution bei Sondennahrung<br />

Bei einer Gesamtflüssigkeitszufuhr von 2 l* und einem Bedarf<br />

von 1800 kcal ergibt sich:<br />

1. normokalorisches Produkt<br />

(1 kcal/ml; 80 ml Wasser / 100 ml Substrat)<br />

1800 ml Sondenkost entspricht 1800 kcal + 1440 ml freies Wasser<br />

+ 560 ml subst. Flüssigkeit<br />

= 2000 ml Flüssigkeit<br />

2. hochkalorisches Produkt<br />

(1,5 kcal/ml; 70 ml Wasser / 100 ml Substrat)<br />

1200 ml Sondenkost entspricht 1800 kcal + 840 ml freies Wasser<br />

+ 1160 ml subst. Flüssigkeit<br />

= 2000 ml Flüssigkeit<br />

* Flüssigkeitszufuhr: 30 – 40 ml/kgKG/Tag<br />

MDS 2003


Komplikationen bei PEG<br />

Methodenbedingte Letalität: 0 – 2 %<br />

Schwere Komplikationen: 1 – 3 %<br />

• Bauchfellentzündungen<br />

• Aspiration (Mageninhalt, Speichel gelangt in Atemwege)<br />

• Sepsis (Blutvergiftung)<br />

• Abszesse, Blutungen, Magenperforation<br />

Leichte Komplikationen: 7 – 18 %<br />

• lokale Wundinfektion (ca. 15 %)<br />

<strong>Ernährung</strong>sbedingte Komplikationen (Frühphase)<br />

• Erbrechen<br />

• Durchfälle<br />

• Verstopfung<br />

• Übelkeit<br />

• Blähungen / Völlegefühl


Häufige Fehler bei <strong>der</strong> Verabreichung<br />

von Sondenkost<br />

• zu schneller Kostaufbau (individuelle Konzepte!)<br />

• Gabe von zu großen Portionen<br />

• individuell nicht abgest<strong>im</strong>mte Sondenkostform<br />

• zu hohe o<strong>der</strong> zu niedrige SK-Temperatur<br />

• Flüssigkeitsmangel<br />

• Ballaststoffmangel<br />

• bakterielle Verunreinigung<br />

• mangelhaftes Spülen <strong>der</strong> Sonde<br />

• ungenügende Oberkörperhochlagerung<br />

Löser 2004


Dokumentation <strong>der</strong> Sondenernährung<br />

• Dokumentation <strong>der</strong> <strong>Ernährung</strong>stherapie<br />

sowie <strong>der</strong>en Verlauf<br />

• wichtig: ausreichende Energiezufuhr!<br />

• regelmäßige Gewichtskontrollen<br />

• Wenn möglich: partielle orale<br />

Nahrungs- und Flüssigkeitsgabe


<strong>Ernährung</strong>sprobleme <strong>im</strong> Endstadium<br />

<strong>der</strong> Demenz<br />

• Eßabhängigkeit<br />

• Nahrungsverweigerung<br />

• Probleme be<strong>im</strong> Essenreichen<br />

• kein Hunger<br />

• kein Durst<br />

• Schluckstörungen<br />

• Mult<strong>im</strong>orbidität


Studien, die eine Sondenernährung<br />

bei Dementen in Frage stellen<br />

Sondenernährung führt nicht zur :<br />

• Lebensverlängerung<br />

• Verhin<strong>der</strong>ung von Pneumonien<br />

• Verhin<strong>der</strong>ung von Infektionen<br />

• Verbesserung des <strong>Ernährung</strong>szustands<br />

• Vermin<strong>der</strong>ung von Druckgeschwüren<br />

• Verbesserung des Allgemeinzustands<br />

• Verbesserung <strong>der</strong> Lebensqualität<br />

(Finucane et al. 1999; Gillick 2000; Kaw et al. 1994;<br />

Kolb 2001; Mitchell et al. 1997; San<strong>der</strong>s et al. 2000)


Empfehlungen zum Einsatz von<br />

Sondennahrung bei Demenz<br />

• Mutmaßlicher Wille des Betroffenen!<br />

• Entscheidungsfindung mit Pflegekräften, Angehörigen<br />

und Ärzten<br />

• Verlauf <strong>der</strong> Demenz-Erkrankung beachten<br />

- Stabilisierung / Besserung: frühzeitig PEG!<br />

• Keine PEG bei sterbenden Demenzkranken o<strong>der</strong> Patienten<br />

mit sehr schlechter Prognose<br />

- Palliative Therapie<br />

• Ausschöpfen an<strong>der</strong>er Möglichkeiten<br />

- liebevolle Zuwendung, streicheln, massieren<br />

- liebevolles Essenreichen von Lieblingsspeisen<br />

- Zahn- und Mundpflege<br />

- Benetzen des Mundes mit Feuchtigkeit<br />

Lindemann 2002, Mayer & Nagel 2004

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