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Alkohol in unserer Gesellschaft – früher und heute - Sucht Schweiz

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Neuzeit<br />

• Neue Getränke<br />

4<br />

Im 17. Jahrh<strong>und</strong>ert kamen neue, gekochte Getränke<br />

wie Kaffee, Tee <strong>und</strong> Kakao auf. Dadurch wurde auch<br />

unsauberes Wasser geniessbar, <strong>und</strong> der tägliche<br />

<strong>Alkohol</strong>konsum nahm ab.<br />

• Technischer Fortschritt<br />

Spirituosen wurden Anfang des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

zu e<strong>in</strong>em ernsthaften Problem. Dafür waren die<br />

verbesserten technischen Möglichkeiten der<br />

Schnapsbrennerei <strong>und</strong> die Effizienzsteigerungen<br />

<strong>in</strong> der Landwirtschaft verantwortlich, die<br />

Spirituosen zum billigen Massengut machten. Viele<br />

Menschen griffen wegen schwierigen Arbeits­ <strong>und</strong><br />

Lebensverhältnissen (Massenarmut, Hungerkrisen,<br />

Landflucht <strong>und</strong> Elendsviertel <strong>in</strong> den Städten) zum<br />

<strong>Alkohol</strong>.<br />

• <strong>Alkohol</strong> <strong>und</strong> Abhängigkeit<br />

Schädliche Auswirkungen des Spirituosenkonsums<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit vermutete man schon länger.<br />

Von Abhängigkeit <strong>und</strong> „Trunksucht” schrieb die<br />

mediz<strong>in</strong>ische Literatur jedoch erst Anfang des<br />

19. Jahrh<strong>und</strong>erts. Der Schwede Magnus Huss hat<br />

1849 den Begriff „<strong>Alkohol</strong>ismus” <strong>in</strong> die Mediz<strong>in</strong>ersprache<br />

e<strong>in</strong>geführt <strong>und</strong> das Krankheitsbild<br />

beschrie ben. Es bildeten sich Temperenz­ <strong>und</strong><br />

Abst<strong>in</strong>enzbewegungen. Die Temperenzler setzten<br />

sich für mässigen <strong>Alkohol</strong>konsum e<strong>in</strong>, während sich<br />

die Abst<strong>in</strong>enzler für totalen Verzicht stark machten.<br />

Beide Bewegungen übten grossen politischen Druck<br />

aus, damit erste <strong>Alkohol</strong>gesetze e<strong>in</strong>geführt wurden.<br />

• Prohibition <strong>in</strong> den USA<br />

Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert wurde <strong>Alkohol</strong> auch <strong>in</strong> den<br />

USA zunehmend für die wirtschaftlichen <strong>und</strong><br />

gesellschaftlichen Missstände wie Armut,<br />

Krim<strong>in</strong>alität, Slums, zerbrochene Familien<br />

verantwortlich gemacht. Die überparteiliche<br />

Organisation „Anti­Saloon­League”, der sich auch<br />

wichtige Wirtschaftsvertreter anschlossen, setzte<br />

sich für die E<strong>in</strong>stellung der <strong>Alkohol</strong>produktion<br />

(1917) <strong>und</strong> die Prohibition (1920) e<strong>in</strong>. Während<br />

der Prohibition waren Herstellung <strong>und</strong> Verkauf,<br />

nicht aber der Konsum von <strong>Alkohol</strong> verboten. Die<br />

Anzahl alkoholbed<strong>in</strong>gter Krankheiten sank nach<br />

ihrer E<strong>in</strong>führung deutlich. Im Laufe der Jahre<br />

nahm der (illegale) <strong>Alkohol</strong>handel aber wieder zu,<br />

<strong>und</strong> mit ihm auch der Konsum. 1933, während der<br />

Wirtschaftskrise, wurde das <strong>Alkohol</strong>verbot mit<br />

ähnlichen Argumenten, wie sie bei der E<strong>in</strong>führung<br />

verwendet wurden, wieder aufgehoben: E<strong>in</strong>e<br />

ges<strong>und</strong>heitliche Bee<strong>in</strong>trächtigung durch schwarz<br />

gebrannte Spirituosen sollte verh<strong>in</strong>dert werden.<br />

Zudem erwartete man sich wirtschaftlichen<br />

Aufschwung, neue Arbeitsplätze <strong>und</strong> zusätzliche<br />

Steuere<strong>in</strong>nahmen.<br />

Verschiedene ”<strong>Alkohol</strong>kulturen” <strong>in</strong> der heutigen Zeit<br />

Kulturell bed<strong>in</strong>gte Unterschiede des <strong>Alkohol</strong>konsums<br />

gab es zu jeder Zeit. Auch <strong>heute</strong> ist die Stellung<br />

von <strong>Alkohol</strong> je nach Land oder <strong>Gesellschaft</strong> sehr<br />

unterschiedlich.<br />

• „Abst<strong>in</strong>enzkulturen”: In streng islamischen,<br />

buddhistischen <strong>und</strong> h<strong>in</strong>duistischen Kulturen ist<br />

<strong>Alkohol</strong>konsum gr<strong>und</strong>sätzlich verboten.<br />

• „Ambivalenzkulturen”: Vor allem im Norden<br />

Europas, <strong>in</strong> Kanada <strong>und</strong> den USA ist <strong>Alkohol</strong>konsum<br />

zwar erlaubt, aber nicht erwünscht. Dies hat zur<br />

E<strong>in</strong>führung strenger Gesetze geführt.<br />

• „Permissivkulturen”: In Ländern wie Italien<br />

<strong>und</strong> Spanien gilt täglicher <strong>Alkohol</strong>konsum zu<br />

den Mahlzeiten dagegen als normal, während<br />

Trunkenheit <strong>und</strong> <strong>Alkohol</strong>konsum <strong>in</strong> unangebrachten<br />

Situationen wie vor dem Lenken e<strong>in</strong>es Fahrzeugs<br />

auch <strong>in</strong> diesen Ländern negativ bewertet werden.<br />

Auch der Umgang mit <strong>Alkohol</strong> <strong>in</strong> der <strong>Schweiz</strong> wird<br />

der „Permissivkultur” zugeordnet.<br />

• „Permissiv­funktionsgestörte Kulturen”: In osteuropäischen<br />

Ländern s<strong>in</strong>d hoher <strong>Alkohol</strong>konsum<br />

<strong>und</strong> Berauschung eher akzeptiert. Für die sozialen<br />

<strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen hat man aber auch <strong>in</strong><br />

Osteuropa wenig Verständnis.<br />

Oft entsprechen die gesellschaftlichen Regeln nicht<br />

exakt e<strong>in</strong>er dieser „idealtypischen” <strong>Alkohol</strong>kulturen.<br />

Zudem gibt es vielerorts Ausnahmesituationen, <strong>in</strong><br />

Mitteleuropa zum Beispiel Bierfeste, die Fasnacht oder<br />

den <strong>Alkohol</strong>konsum <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Studentenverb<strong>in</strong>dung.<br />

<strong>Alkohol</strong> wird an solchen Anlässen <strong>in</strong> grösseren Mengen<br />

toleriert.

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