09.01.2015 Aufrufe

Geistlicher Impuls Propst Matthias Krüger - Ev.-Luth. Kirchenkreis ...

Geistlicher Impuls Propst Matthias Krüger - Ev.-Luth. Kirchenkreis ...

Geistlicher Impuls Propst Matthias Krüger - Ev.-Luth. Kirchenkreis ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Geistlicher</strong> <strong>Impuls</strong><br />

zum Jahresempfang des <strong>Ev</strong>.-<strong>Luth</strong>. <strong>Kirchenkreis</strong>es Rendsburg-Eckernförde, 02.12.2013<br />

Willkommen im Advent,<br />

geehrte Damen, geehrte Herren,<br />

willkommen im Luxus,<br />

liebe versammelte Gemeinde.<br />

Luxus, ein gefährliches Wort in der Kirche.<br />

Sollten wir als Christenmenschen nicht eher bescheiden sein<br />

Limburg und Co. lassen grüßen.<br />

Luxus, das klingt so nach Überfluss.<br />

Und das in einer Zeit, in der die gesellschaftliche Schere immer weiter auseinandergeht,<br />

nicht nur zwischen Nord- und Südhalbkugel,<br />

sondern auch innerhalb Deutschlands.<br />

Für die einen reicht das Angebot der Supermärkte kaum aus, um ihren Bedarf zu befriedigen,<br />

die anderen stehen Schlange bei den Tafeln, um sich und die Familie sattzubekommen.<br />

Und wenn dann dieser Tage getitelt wird:<br />

Den Deutschen sitzt das Geld vor Weihnachten wieder locker:<br />

Im Schnitt wollen sie diesmal 288 Euro für Geschenke ausgeben.<br />

Dann frage ich mich, wie die abschneiden sollen, die am unteren Rand der Skala liegen.<br />

Luxus, ein gefährliches Wort, aber für heute bleibe ich dabei.<br />

Für die einen ist Luxus die Villa am Gardasee.<br />

Für die anderen ist Luxus, endlich mal in Ruhe ein Buch zu lesen,<br />

und für die nächsten ein schönes Abendessen zu zweit mit Käse und Rotwein.<br />

Luxus wird beschrieben als: Das von vielen Menschen Angestrebte, aber nicht zu Erreichende.<br />

Es bleibt also Wunschtraum. Aber manche Träume werden eben auch wahr – früher<br />

oder später.<br />

Und das, was wir unter Luxus verstehen, verwandelt sich beständig.<br />

Schokolade und Gewürze, der reinste Luxus in früherer Zeit.<br />

1


Länder und Kontinente wurden deswegen entdeckt, erobert, ausgebeutet.<br />

Heute haben wir Schokolade und Gewürze gerade in der Adventszeit in reichem Maße und<br />

versüßen und verfeinern damit Speisen und Leben.<br />

Wasser, frisch, klar und rein.<br />

Der pure Luxus, den wir für selbstverständlich halten,<br />

während andere Menschen kaum wissen, wie ein Wasserhahn aussieht.<br />

Luxus, liebe Gemeinde, im Duden ist das die Abweichung vom Normalen.<br />

Und genau darum geht es, wenn wir als Christenmenschen mit der Adventszeit das neue<br />

Jahr beginnen,<br />

wenn wir langsam und mit Bedacht auf das Weihnachtsfest zugehen,<br />

wenn Advent mehr ist als Glühweinseligkeit und süßliche Musikbeschallung.<br />

Advent, das ist die Herausforderung, sich dem Leben zu stellen.<br />

Advent, das ist die Infragestellung der Werte.<br />

Advent, das ist die Frage nach der dem, der kommt.<br />

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.<br />

So heißt es beim Propheten Sacharja.<br />

Und weiterhin lesen wir: Auf einem Esel kommt dieser König, wie Jesus beim Einzug in Jerusalem.<br />

Dieser König und damit Gott selbst, er macht sich klein und angreifbar, wird Mensch aus lauter<br />

Liebe, setzt alles auf eine Karte, verzichtet auf Risikoabwägung:<br />

Sollte ich nicht vielleicht doch als waffenstrotzender König in die Welt kommen<br />

Sollte ich nicht vielleicht doch erst mal ein Manöver abhalten,<br />

oder vielleicht B 52 Bomber patrouillieren lassen<br />

Sollte ich nicht vielleicht doch in pompöser Kutsche mit Leibgarde und allen Schikanen in Jerusalem<br />

auftauchen, statt auf einem Esel<br />

2


Sollte ich nicht vielleicht doch meine Finger von den Menschen lassen<br />

Lohnt sich das wirklich<br />

Geschaffen habe ich sie,<br />

mit Geist begabt.<br />

Nun könnten sie doch auch allein ihren Weg finden.<br />

Intelligent sind sie doch auch.<br />

Na ja, stimmt,<br />

mit dem Paradies, das hat nicht so ganz geklappt.<br />

Irgendwie war Misstrauen im Spiel.<br />

Die Schlange und der Apfel, wie man so sagt.<br />

Und bei Kain und Abel, da ging es dann richtig los.<br />

Der eine erschlägt den anderen.<br />

Nordkorea – Südkorea,<br />

Hindus und Moslems,<br />

Christenmenschen untereinander.<br />

Rebellen und Staatsgewalt.<br />

Straßenschlachten in Kiew.<br />

Anschlag auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Pinneberg, als wären die letzten 70 Jahre<br />

spurlos an uns vorübergegangen.<br />

Vielleicht sollte ich sie doch besser in Ruhe lassen, meine Menschen.<br />

Aber solche Risikoabwägung ist nicht Gottes Sache.<br />

Er hätte allen Grund dazu. Aber er setzt auf die Liebe. Er setzt auf das Kind in der Krippe.<br />

Er setzt alles auf eine Karte.<br />

Kein „Sowohl, als auch“, wie wir es gewohnt sind, keine stundenlanges, jahrelanges, lebenslanges<br />

Abwägen.<br />

Gott setzt auf die Liebe.<br />

Gott verweigert sich der gegenwärtigen Unkultur emotionaler Enthaltsamkeit.<br />

Liebe ist Luxus, ist Beschränkung und Einseitigkeit, die aber aus vollem Herzen, aus ganzer<br />

Seele und mit aller Kraft. Kein: Du musst mehr. Du kannst mehr. Du sollst mehr.<br />

3


Kein: Bloß allen gerecht werden.<br />

Und vor allem: Niemandem auf die Füße treten.<br />

Und Tante Hermine schon gar nicht.<br />

Political correctness allüberall.<br />

Selbst bei den Geschenken für durchschnittlich 288 Euro.<br />

Vielleicht sollten wir es tatsächlich mal mit Bescheidenheit probieren.<br />

Mit Reduktion.<br />

Mit beherzter Einseitigkeit auf die Liebe setzen.<br />

In der Wirtschaft hat es sich allmählich durchgesetzt:<br />

Permanentes Wachstum ist mitnichten die Antwort auf alle Fragen.<br />

Und im menschlichen Miteinander geht es auch nicht um gesteigertes Gut-Menschentum,<br />

sondern um die Würde der einzelnen Begegnung,<br />

um gefüllte Zeit für den anderen.<br />

In diesem Sinne, liebe Gemeinde, gönnen wir uns den Luxus einer anderen Zeitrechnung.<br />

Gönnen wir uns den Advent, den wir nicht selbst machen,<br />

sondern der kommt,<br />

weil und wenn und wann Gott es will.<br />

Es ist sein Advent. Und seine Liebe, die allen Menschen gilt: Großen und Kleinen, In- und<br />

Outsidern, Starken und Schwachen.<br />

Seine Liebe, die uns befreit vom ständigen immer mehr, immer weiter, immer schöner, immer<br />

bombastischer.<br />

Gönnen wir uns die Auszeit der Liebe.<br />

Gönnen wir uns die gegönnte Adventszeit.<br />

Die Ankunft Gottes in dieser zerrissenen Welt,<br />

die darauf wartet, dass der Morgen graut,<br />

die darauf wartet, dass Licht und Liebe um sich greifen.<br />

Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer.<br />

Ankunft Gottes: Anstiftung zum Luxus und damit zur Freiheit, sich selbst zu verschenken.<br />

Amen<br />

<strong>Matthias</strong> <strong>Krüger</strong>, <strong>Propst</strong><br />

4

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!