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KARL P. SCHÖRGHUBER STADTERNEUERUNG SEX ... - Infrapool

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<strong>KARL</strong> P. SCHÖRGHUBER<br />

<strong>STADTERNEUERUNG</strong><br />

<strong>SEX</strong> IN DIE<br />

CITY<br />

STATT<br />

TOTE HOSE<br />

Inhalt.indd 1 06.10.2006 09:05:51


Erscheinungsjahr: 2007<br />

ISBN-10: 3-9500392-2-8<br />

ISBN-13: 978-3-9500392-2-1<br />

Alle Rechte vorbehalten: Copyright © by<br />

Verlag Schörghuber & Partner Unternehmensberatung KEG,<br />

Lärchenau 11, 4020 Linz, Austria / Europe<br />

Inhalt.indd 2 06.10.2006 09:06:38


* DIE STADT IST WEIBLICH! DAHER IST <strong>SEX</strong> APPEAL,<br />

ANZIEHUNGSKRAFT, ANFASSEN UND BEFRIEDIGUNG DER<br />

BEDÜRFNISSE DURCH EINE ANDERE ART DER<br />

<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ALS BISHER ANGESAGT<br />

* VIAGRA FÜR DIE STADT: DURCH DEN MASTERPLAN WIEDER<br />

HOCHKOMMEN<br />

* SICH LUSTVOLL MIT DER BID ® - METHODE AN DIE<br />

POTENTIELLEN INVESTOREN HERANMACHEN STATT TOTE<br />

HOSEN KASCHIEREN.<br />

* DEN STELLUNGSWECHSEL FÜR HAUPT- UND NEBENLAGEN<br />

FINDEN<br />

* WENN „<strong>STADTERNEUERUNG</strong>“ IMMER NUR SANIERUNG ALTER<br />

HÄUSER UND 100 JAHRE ALTE FESTE FEIERN HEISST, DANN<br />

WIRD DIE STADT NIE <strong>SEX</strong>Y.<br />

Inhalt.indd 3 06.10.2006 09:06:39<br />

3


INHALTSVERZEICHNIS<br />

4<br />

<strong>STADTERNEUERUNG</strong><br />

- <strong>SEX</strong> IN DIE CITY STATT TOTE HOSEN<br />

Kapitel 1.<br />

WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CI-<br />

TIES“ HIN ZU DEN SEIT MENSCHENGEDEN-<br />

KEN GELTENDEN REGELN DER VERFÜHRUNG<br />

10 TRENDS, die ANZIEHENDE STADTEROTIK SCHAFFEN<br />

1.1. DIE MALL-ACHSE ALS CATWALK<br />

1.1.1. Frischer Sex-Appeal mit der „MALL“<br />

1.1.2. Die komprimierte Verführung: Nicht zu groß,<br />

nicht zu langweilig. Sechs Anforderungen zum Aufstellen<br />

der MALL - Konstruktion im Masterplan<br />

1.1.3. Der Unterschied zum oberfl ächlichen „KERNZONEN“ –<br />

KONZEPT<br />

1.1.4. Der Unterschied zu üblichen Förderprogrammen der<br />

Stadtgemeinde für eine Innenstadt<br />

1.1.4.1 „Brot und Spiele“ - falsche Auswahl der Location für Parties und<br />

Events vertreibt die letzten Einkaufswilligen<br />

1.1.4.2. Werben mit der „Stadt, die alles hat“<br />

1.1.4.3. Verkaufsförderungspakete zur Erhaltung der bestehenden<br />

Unternehmen<br />

1.1.4.4. Das „Leerfl ächenmanagement“ um die tote Hose zu<br />

kaschieren, obwohl alle um die fehlende Potenz des Standortes<br />

wissen<br />

1.1.4.5. Den Handelsbestand durch Förderungen der Stadtgemeinde<br />

Inhalt.indd 4 06.10.2006 09:06:45


erneuern wollen<br />

1.1.4.6. Nur bestimmte Branchen werden gefördert und der verlangte<br />

„Persilschein“ für das Erhalten dieser Art von Förderung<br />

1.1.4.7. City-Terminals als Informationsmedium und vermeintliches<br />

Alleinstellungsmerkmal der Hauptgeschäftsstraße<br />

1.1.4.8. Eine spritzige Innenstadt ankündigen: „Was ist los?“ – digitale<br />

Informationstafeln als Begrüßung außen an hereinführenden<br />

Bundesstraßen und am Beginn des Zentrums, sowie 3- D<br />

dreidimensionale Karten in der Stadt als Fußgänger-Leitsystem<br />

1.1.4.9. Der nüchterne Plastik- oder Edelstahl - Mistkübel als Ersatz für<br />

das Zeigen konkreter Leidenschaft für Zentrumsprojekte.<br />

1.1.5. Das Angebot in der Stadt sexy anziehend machen durch<br />

Markenmagneten, dem Lustobjekt der Begierde um die<br />

Frequenz hochzubeamen<br />

1.1.5.1. Die Kaufkraft wandert dem besseren Angebot nach.<br />

1.1.5.2. Was ist ein „Magnet“?<br />

11.5.3. Welche Magneten sind das Objekt der Begierde?<br />

1.1.6. Die noble Catwalk - Arkade als „Citybeautifi cation“<br />

mit Wetterschutz<br />

1.2. DATE –, TRATSCH- und MARKTPLATZ<br />

1.2.1. Der Klassiker: Die Trajansmärkte im alten Rom<br />

1.2.2. Modernes Design für Altbewährtes<br />

1.2.3. Neuer Betriebstyp „designter Markt“<br />

1.2.4. Marktzeiten – die Stadt erwacht immer später!<br />

1.2.5. Angebot am Markt<br />

1.2.6. Basisindikatoren für den designten Markt<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhalt.indd 5 06.10.2006 09:06:45<br />

5


INHALTSVERZEICHNIS<br />

6<br />

1.2.7. Design der Märkte<br />

1.2.8. Nonfoodmärkte - wie mehrfach im Jahr stattfi ndende Floh- und<br />

Trödlermärkte, Kunst- und Keramikmärkte<br />

1.2.9. Frauentratsch versus Bierinsel. – Die Anlage eines „ODEON-<br />

MARKTPLATZES“<br />

1.3. DEN CATWALK MALL MIT DEM KNOTEN ZUR „KORSO<br />

– ESPLANADE“ VERKNÜPFEN.<br />

1.3.1. Finden eines Themas für die KORSO - ESPLANADE“<br />

1.3.2. Ein „Verbinder“ von Strassen ohne Themendarstellung ist<br />

oft anzutreffen.<br />

1.3.3. Die KORSO-ESPLANADE als Verlängerung und Rundkurs<br />

des Catwalks MALL konstruieren<br />

1.4. MITTEN IN DER STADT INS BETT GEHEN.<br />

1.4.1. Eine Welle von neuem Wohnen in alten Häusern steht bevor.<br />

1.4.2. Catwalk und Dateplatz ziehen Sekundär - Dienstleister an<br />

die inzwischen „hip“ gewordene fi rst class - Adresse im<br />

Obergeschoss der Häuser<br />

Kapitel 2.<br />

SICH LUSTVOLL MIT DER BID ® - METHODE AN DIE<br />

POTENTIELLEN INVESTOREN HERANMACHEN STATT TOTE HO-<br />

SEN KASCHIEREN.<br />

2.1. BISHERIGE MODELLE DER <strong>STADTERNEUERUNG</strong> 1)<br />

STADTSANIERUNG GEMÄSS DEM HISTORISMUSMODELL NACH<br />

DER FORMEL „ALT MAL ALT = ALT ZUM QUADRAT“<br />

2.2. BISHERIGE MODELLE DER <strong>STADTERNEUERUNG</strong> 2)<br />

„<strong>STADTERNEUERUNG</strong> OHNE ERNEUERUNG.“<br />

DAS BILLIGE AUFWÄRMEN DES MARKENDREIKLANGES VER-<br />

Inhalt.indd 6 06.10.2006 09:06:45


GILBTER PERSÖNLICHKEITEN<br />

2.3. BISHERIGE MODELLE DER <strong>STADTERNEUERUNG</strong> 3)<br />

„ICH WEISS WAS FRAUEN WÜNSCHEN“<br />

PLANUNG WIE UNTER KAISERS ZEITEN VON OBEN VORGEGEBEN<br />

2.4. DER NEUE ANSATZ FÜR DIE <strong>STADTERNEUERUNG</strong>:<br />

DURCH LEIDENSCHAFT <strong>SEX</strong> IN DIE CITY BRINGEN.<br />

DAS STADTVIERTEL ZUM BID ® - LUSTOBJEKT MACHEN<br />

2.5. MIT DER BID ® - METHODE MIT BEGEISTERUNG AN DIE LO-<br />

KALEN UND ÜBERREGIONALEN POTENTIELLEN INVESTOREN<br />

HERANMACHEN STATT TOTE HOSEN KASCHIEREN.<br />

Kapitel 3.<br />

VIAGRA FÜR DIE STADT:<br />

DURCH DEN MASTERPLAN BINNEN 10 JAHREN WIEDER HOCH-<br />

KOMMEN<br />

3.1. DAS BELEBT DIE SINNE IM 21. JAHRHUNDERT<br />

3.2. SO WERDEN WIR WIEDER „LOVECITY“ STATT „OUTCITY“.<br />

TYPISCHE TEILPROJEKTE UM ANZIEHENDEN <strong>SEX</strong> AP-<br />

PEAL DURCH WIRTSCHAFTLICHE MASTERPLÄNE ZU<br />

SCHAFFEN.<br />

3.3. TYPISCHE ZIELE VON MASTERPLÄNEN<br />

Kapitel 4.<br />

DEN STELLUNGSWECHSEL FÜR HAUPT- UND NEBENLAGEN FIN-<br />

DEN<br />

4.1. DER UNTERSCHIED ZWISCHEN EINEM „STELLUNGS-<br />

WECHSEL“ UND DEM „WILDEN VERMIETEN“<br />

4.2. „EVALUTION“ (® Faith Popcorn) IN DER IMMOBILIEN-<br />

NACHFRAGE.<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

4.3. DIE MITZIE EINFACHES WERKZEUG FÜR ANZIEHENDE<br />

KONZEPTIONEN<br />

Inhalt.indd 7 06.10.2006 09:06:45<br />

7


INHALTSVERZEICHNIS<br />

8<br />

4.3.1. Typische Irrwege bei der Konzeption<br />

4.3.2. Mit der „MITZIE – Methode“ ® gelingt es!<br />

4.4. DEN PASSENDEN STELLUNGSWECHSEL FÜR HAUPT- UND<br />

NEBENLAGEN FINDEN: WAS SOLL DER PARADIGMEN-<br />

WECHSEL?<br />

4.5. Rund 90 STELLUNGEN IM KOPF DURCHSPIELEN:<br />

WAS KÖNNTE DAVON FÜR MEINE HAUPT- ODER NEBEN-<br />

LAGE PASSEN?<br />

4.5.1. Konzeptionen für verschiedenartige Kooperationen, welche<br />

den ganzen Standort aufwerten<br />

4.5.2. Konzeptionen für die Aufwertung des Standortes durch<br />

Bürobestand<br />

4.5.3. Konzeptionen für die Aufwertung des Standortes durch<br />

einen Beherbergungsbetrieb<br />

4.5.4. Konzeptionen für den Wohnungsbestand<br />

4.5.5. Konzeptionen für die Standortaufwertung von Teilen des<br />

Gebäudes<br />

4.5.5.1. Das Erdgeschoss<br />

4.5.5.2. Nutzung des Innenhofes<br />

4.5.5.3. Nutzung des Souterrains (= Untergeschoss)<br />

4.5.5.4. Nutzung des Dachbodens<br />

4.5.5.5. Nutzung des Gebäudes als Werbe- bzw. Senderstandort<br />

4.5.5.6. Nutzung zur Schaffung von Parkraum<br />

4.5.5.7. Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen<br />

4.5.5.8. Vorsorgewohnungen bieten<br />

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INHALTSVERZEICHNIS<br />

Inhalt.indd 9 06.10.2006 09:06:45<br />

9


AUFRUF ZUR LEIDENSCHAFT FÜR DAS ZENTRUM<br />

10<br />

ENDE DER BÜCHER – TRILOGIE RUND UM DIE INNENSTADT<br />

Dieses Buch bildet den Abschluss meiner Praxisbücher über alt bewährte<br />

und neue Stadtstrategien gegen die grüne Wiese.<br />

1. Das Buch „Stadtmarketing“, 750 Seiten, 1995.<br />

2. Das Buch „Standortmarketing“, 1000 Seiten, 2000.<br />

3. Das hier vorliegende Buch „Stadterneuerung“, 2007.<br />

DAS IST EIN AUFRUF ZUR LEIDENSCHAFT FÜR DAS SCHAF-<br />

FEN EINER ANZIEHEND FEMININEN WELT IN DER STADT<br />

– EINE ABSAGE AN DIE ATMOSPHÄREN-VERNICHTUNG<br />

DURCH MUSEUMSLANDSCHAFT.<br />

Die Trilogie ist eine Kampfschrift für die Leidenschaft für und den Glauben<br />

an die pulsierende Innenstadt, die „back from the edge“ wieder mit<br />

prallem Leben gefüllt ist. Nur mit Leidenschaft kann die Frau für die Stadt<br />

zurück gewonnen werden. Sie ist uns als Hauptbesucherin und Beeinfl usserin<br />

von 75 % der Haushaltsausgaben lieb und teuer und Angelpunkt<br />

jeder erfolgreichen Innenstadtbelebung.<br />

Mit fast schon bewundernswerter Starrköpfi gkeit werden Erkenntnisse<br />

namhafter Zukunfts- und Trendforscher negiert, die Entwicklung entsprechender<br />

Zukunftsstrategien als Hirngespinste abgetan und unrefl ektiert<br />

verworfen.<br />

Mit einem Dahinwursteln mit teils schon kurz vor der Pensionierung stehenden<br />

Unternehmern als Mieter, mit oft bis zu 30 Jahren nicht mehr<br />

erneuerten Geschäften, mit oft geistig überalteten Stadtmarketing- und<br />

Werbevereinen wird nachhaltig nichts innovatives für die Stadt passieren.<br />

Kurzfristige, bunte, meistens unzusammenhängende Werbeaktionen<br />

zeugen von dem Versuch, gemeinsam den Kampf ums Überleben zu überstehen.<br />

Der „Masterplan“ wird dann als Werbeaktion gesehen, dass jetzt sofort was<br />

passieren muss. – Spätestens jedenfalls bis Weihnachten, weil das nächste<br />

Jahr erleben 10 % der KollegenInnen wahrscheinlich nicht mehr.<br />

Deshalb müssen die privaten und öffentlichen Eigentümer der Liegenschaften<br />

im Stadtviertel die Führung in der Wirtschaftsplanung übernehmen.<br />

Sie sind Eigentümer nicht Mieter. Die Mieter und die Unternehmer-<br />

Inhalt.indd 10 06.10.2006 09:06:46


vertreter gehören selbstverständlich eingebunden, wenn es diese direkt<br />

rund um deren Agitationsumfeld betrifft.<br />

Eigentümer denken langfristig und nachhaltig. – Sie wägen Vor- und<br />

Nachteile von Investitionen sehr lange ab. Aber wenn sie etwas tun, dann<br />

investieren sie auch viel Geld. Daher brauchen wir andere Attraktivierungsstrategien,<br />

die psychologisch tiefergehend bei der langfristigen Perspektive<br />

ansetzen.<br />

Das investiv einsetzbare Geld bei den Kommunen (= die freie Finanzspitze)<br />

geht zu Ende. Daher brauchen wir vermehrt private Investoren um<br />

wirklich attraktiver im Zentrum zu werden und von den Frauen wieder<br />

geliebt zu werden.<br />

WIE DIESES BUCH ENTSTEHEN KONNTE . . .<br />

Ein Zeit- und Ortstrick war notwendig, um mir selber die Zeit und Kraft<br />

für’s Schreiben zu schenken: Über ein Jahr lang reservierte ich mir jeweils<br />

eine Woche im Monat für das Buchschreiben. Das alleine reichte<br />

aber gemäß der Erfahrung beim Schreiben vergangener Bücher nicht. Das<br />

Schreiben zuhause zu versuchen, ist bei mir sinnlos. Da erwischt einem<br />

permanent der tobende Geschäftsalltag. Jetzt kommt es: Nicht nur die<br />

Zeit musste ich also monatlich von Terminen freischaufeln, sondern auch<br />

der Schreibort Büro oder zuhause war dazu nicht geeignet. Nur ein innovatives,<br />

ganz anderes Umfeld und das Umleiten der Telefone an die<br />

Geschäftspartner unterstützte dieses Bemühen, damit die Feder fröhlich<br />

in Schwung blieb.<br />

STATIONEN DIESES BUCHES<br />

Hotel Pescille, bei St. Gimignano/Toskana<br />

Hotel Jolanda & Savoia in Venedig<br />

Hotel Quellenhof in Bad Waltersdorf<br />

Pension Posch in Gosau/Skiregion Dachstein West<br />

Hotel Histrion in Portoroz/Slowenien<br />

Hotel Concordia in Rom<br />

ABSCHLUSS DER BUCH - TRILOGIE:<br />

Meine Frau Beatrix, Gesellschafterin der Schörghuber & Partner Unternehmensberatung,<br />

begleitete mich bei allen Buchschreibewochen als kritischer<br />

und zugleich unterhaltsamer Geist. Ganz alleine kann ich bei so<br />

einer Tätigkeit auch nicht sein. Im Berufsalltag umgeben mich bei über<br />

100 Veranstaltungen pro Jahr letztlich viele Kommunalpolitiker, Liegenschaftseigentümer,<br />

Immobilientreuhänder und Unternehmer, Wirtschaftskammervertreter,<br />

Studenten der Immobilienwirtschaft. Da kann<br />

Inhalt.indd 11 06.10.2006 09:06:46<br />

11


AUFRUF ZUR LEIDENSCHAFT FÜR DAS ZENTRUM<br />

12<br />

man dann nicht plötzlich ganz allein auf Eremit spielen …<br />

Seit Jahren sorgt sich Beatrix um die Bewerbung der Tagungen der gemeinnützigen<br />

Vereinigung <strong>Infrapool</strong>, Vereinigung für Stadt- und Standortmarketing<br />

e.V. (www.infrapool.com) und die Organisation des Tagungsbüros.<br />

Durch hunderte Gespräche mit Meinungsführern aus den Städten<br />

und viel Gespür und Handwerk für Mode, Design, Wohn- und Gartengestaltung,<br />

ist sie ein kompetenter Partner für den kritischen Dialog was<br />

attraktiv, anziehend und ansprechend für Frauen als Kernzielgruppe der<br />

Innenstadt ist und was nicht.<br />

Die jeweils spezialisierten Geschäftspartner in der Gruppe Schörghuber<br />

trugen handfest zu den Inhalten bei und sahen die Schriften kritisch<br />

durch. Sie stellen unermüdlich ihren Mann und Frau in der BID – Betreuung,<br />

beim Beschaffen von Chancenkennzahlen wie innerstädtischen Frequenzzahlen<br />

im Rahmen der jährlichen Frequenzwelle für rund 70 Städte,<br />

weiters Kaufkraftstromanalysen auf Bezirks- und Stadtebene, Aufbau<br />

designter Märkte sowie Mediatortätigkeiten für Wirtschaft und Gemeinde<br />

und Mitarbeit an Sachverständigengutachten für Gerichte:<br />

● Dagmar Dittrich, Agentur für Stadtkommunikation, 1160Wien, als<br />

Coach für Liegenschaftseigentümer und Werbevereine / Stadtmarketinggesellschaften;<br />

Umsetzerin von intelligenten Modulen der Verkaufsförderung<br />

für Unternehmer wie Stadt währungen, 3- dimensionaler<br />

Innenstadtplan, usw.<br />

● Mag. Christian Schaffner, Team Schaffner, 1150 Wien, als Chancen-<br />

Kennzahlenermittler und Aufbauer der projektbegleitenden Internetauftritte<br />

und e-marketing<br />

● Mag. Constanze Schaffner, Schaffner aktiv, 1050 Wien, als Beschafferin<br />

der Kennzahlen durch Feldarbeit mit ihrem Stab an Mitarbeitern<br />

und Betreuung von Märkten sowie Frischemarkthomepage, Newsletter,<br />

Emailadressen der Meinungsführer beschaffen, usw.<br />

Dem Wirtschafts- und Kulturstadtrat von Traiskirchen/NÖ., und langjährigen<br />

Präsident von <strong>Infrapool</strong>, Vereinigung für Stadt- und Standortmarketing,<br />

e.V., Johannes Herbst, sei für seine unermüdlichen Beiträge und<br />

Diskussionen rund um das Thema gedankt. Stadtrat Herbst spricht nicht<br />

nur von Stadterneuerung, er hat selber gemeinsam mit seinen Stadtregierungskollegen<br />

und außergewöhnlich aktivem Bürgermeister in seiner<br />

Stadt einen erfolgreichen Kampf um die Kaufkraftbindung in der Innen-<br />

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ABSCHLUSS DER BUCH - TRILOGIE:<br />

stadt von Traiskirchen (14.000 Einwohner) geführt und konnte binnen<br />

zehn Jahren die Kaufkraftabschöpfungsrate von den eigenen Bürgern auf<br />

über 50 % fast verdoppeln (!!!). – das im härtesten Umfeld an Konkurrenz<br />

in Österreich (SCS in unmittelbarer Nähe…)<br />

Dank an meine Studenten an der renommierten Fachhochschule für Immobilienwirtschaft<br />

in Wien für deren „blöde“ Fragen in meiner Vorlesung<br />

rund um die Standortlehre. Das genaue Hinterfragen regt immer wieder<br />

zum Überprüfen der Wirkungsmechanismen in der Praxis an.<br />

Speziellen Dank an Frau Mag. FH Melitta Müller, die mit einer eigenen<br />

Diplomarbeit an dieser Fachhochschule im Jahr 2005 speziell das vierte<br />

Buchkapitel „Detailplanung: Erfolg durch Konzeptionen für Mietzinshäuser<br />

in Haupt- und Nebenlagen“ erstmals grundlegend aufbereitete. Das<br />

Thema ihrer Diplomarbeit lautete: „Das Wiener Zinshaus. Relikt aus der<br />

Vergangenheit oder Zukunftschance? Mögliche Konzeptionen für Zinshäuser<br />

zur Wert- und Ertragssteigerung.“<br />

Dem Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder, Mag. Thomas<br />

Malloth ein Dankeschön für die Förderung des hier vorliegenden<br />

Gedankengutes. Die jährliche Frequenzwelle von <strong>Infrapool</strong>, erhoben vom<br />

Team Schaffner aus der Gruppe Schörghuber, wurde im jährlich vom<br />

Fachverband herausgegebenen Basiswerk „Immobilien-Preisspiegel“ integriert.<br />

Weiters bot der Obmann zahlreiche Gelegenheiten, die neuesten<br />

Erfahrungen aus der BID-Praxis an die Immobilientreuhänder Österreichs<br />

= (Haus-)Verwalter, Bauträger und Makler heranzutragen.<br />

Eine besondere Anerkennung auch an den Präsidenten der europäischen<br />

Immobilientreuhänder, KommRat Gerhard Steller, Wels. Er setzte immer<br />

wieder konkrete Initiativen in Richtung Innenstadtentwicklung, weil das<br />

Schicksal von Immobilien in der Innenstadt und deren Entwicklung und<br />

Erhaltung verbunden ist.<br />

Ein besonderer Dank geht an die ersten mit der BID-Methode betreuten<br />

Städte, insbesondere nach Tulln/NÖ. an Herrn Bgm. Willi Stift, Herrn<br />

Stadtamtsdirektor Ing. Lasser und den Obmann des Tullner Stadtmarketing<br />

GR Thomas Urban; an Herrn Bgm. Valentin Blaschitz und Herrn<br />

Wirtschaftsstadtrat Karl Kollitsch für Völkermarkt/Ktn., sowie Herrn<br />

Wirtschaftsstadtrat Mag. Maximilian Lötsch/OÖ. für Vöcklabruck.<br />

Inhalt.indd 13 06.10.2006 09:06:46<br />

13


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

14<br />

DIE EROTIK DER STADT LIEGT IN DEN<br />

HÄNDEN DER PRIVATEN<br />

UND ÖFFENTLICHEN<br />

LIEGENSCHAFTSEIGENTÜMER<br />

Inhalt.indd 14 06.10.2006 09:06:47


Kapitel 1.<br />

WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CI-<br />

TIES“ HIN ZU DEN SEIT MENSCHENGEDEN-<br />

KEN GELTENDEN REGELN DER VERFÜHRUNG<br />

10 GRUNDBEGRIFFE, DIE ANZIEHENDE STADTEROTIK SCHAFFEN<br />

Das Herz einer Stadt oder eines Stadtviertels in größeren Städten ist sein<br />

Zentrum. Viele Zeichen sagen uns, dass dieses Zentrum akut von einem<br />

Herzinfarkt bedroht ist. Manche Städte, die sich dieser Gefahr bewusst<br />

sind, fl üchten sich in das Bewahren der Stadt als Gegenstrategie. Das Zentrum<br />

wird in ein Museum umgewandelt. Mit vielen kosmetischen Eingriffen<br />

wird das Zentrum mumifi ziert. Wie bei den ägyptischen Pharaonen<br />

wird der perfekte Schein bewahrt, diesen Städten wurden alle lebenswichtigen<br />

Organe entnommen. Die Stadt ist tot. Wir fragen uns, ob der messbare<br />

Abschwung in Frequenz und gefl üchteter Bewohnerschaft so weitergehen<br />

soll oder nicht.<br />

Wenn die seit 20 Jahren eingesetzten Instrumente des Stadtmarketing<br />

nicht mehr greifen, müssen wir uns eben umorientieren. Dazu gehören<br />

folgende Grundbegriffe, die in der Umsetzung der Stadterneuerung nicht<br />

berücksichtigt werden. In vielen Städten werden sie nicht einmal akzeptiert:<br />

I. GRUNDBEGRIFF:<br />

DIE STADT IST WEIBLICH<br />

Die Fußgängerfrequenz der Geschäftsstrassen im deutschen Sprachraum<br />

ist dominierend weiblich.<br />

ANTEIL DER FRAUEN AN DER INNENSTADTFREQUENZ ÖSTER-<br />

REICHISCHER STÄDTE (Beispiele für unterschiedliche Städte)<br />

Wien, Mariahilferstraße: 54%<br />

Linz, Mozartkreuzung: 63%<br />

Leibnitz/Bezirksstadt in der Steiermark: 64%<br />

Tulln/Bezirksstadt in NÖ: 58%<br />

Die Stadt.<br />

Die Frau.<br />

10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Inhalt.indd 15 06.10.2006 09:06:49<br />

15


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

16<br />

Die Stadterneuerung.<br />

„Sie“ denkt und fühlt bekanntermaßen anders als „Er“. Die Stadtplanung<br />

wird aber von Männern dominiert. Die Stadterneuerung des 21.Jahrhunderts<br />

hat sich für das zukünftige Angebot an feminine Baugesetze zu halten.<br />

Das gilt sowohl für Erreichbarkeit, Einkauf, Treffpunkt als auch für<br />

gender housing (auf die Frau ausgerichtetes Wohnen) um erstmals seit 50<br />

Jahren wieder einen Bewohnerzuwachs in der Innenstadt zu bekommen<br />

usw.<br />

II. GRUNDBEGRIFF:<br />

DER STADTBESUCH IST EIN „DATE“ FÜR DIE FRAUEN<br />

Das kennen die Männer: Die Frauen legen großen Wert auf gepfl egtes Äußeres,<br />

wenn sie in die Stadt fahren. Obwohl sie die Kundinnen sind und<br />

sie Geld in die Stadt investieren und nicht umgekehrt die Stadt den Frauen<br />

etwas gibt. Folglich muss also beim Besuch einer schönen Stadt ganz<br />

etwas anderes mitschwingen, es muss also mehr sein als nur das Hinfahren<br />

und das schnelle Besorgen des Notwendigen für den Haushalt.<br />

Im Unterbewusstsein ist der Stadtbesuch für die Frau eine Art „Date“<br />

– ein Rendezvous , meistens ohne ein wirklich konkretes Date zu haben.<br />

Sie trifft die Stadt. Sie will viele Menschen sehen und von vielen gesehen<br />

werden, herauskommen aus dem Haushalt, herauskommen aus dem<br />

Büro oder der Arbeitsstätte. Sie will allen zeigen, wer Sie ist, dass auch sie<br />

eine schöne Tasche besitzt und schöne Schuhe, - so merkwürdig das für<br />

einen Mann klingt.<br />

Der Aufputz wird der Eleganz der Geschäftsstraße angepasst. Der Autor<br />

hat noch wenige Frauen gesehen, die sich für einen Besuch eines Fachmarktcenters<br />

schön hergerichtet haben. Da ist offensichtlich niemand,<br />

der einen besonderen Aufputz rechtfertigt oder notwendig macht. Wer<br />

auf dem Catwalk der Frauen, die zum Stadtdate gehen, im Blitzlichtgewitter<br />

der Augen stehen will, wird nichts unversucht lassen die positive<br />

Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.<br />

Daher ist dieser Einstellung der Frauen, diesen Versuch Wertschätzung<br />

zu erlangen, sich rund herum wohl zu fühlen in einer Stadterneuerung<br />

besondere Bedeutung beizumessen. Die Geschäftsstrasse der Zukunft<br />

muss so ausgerichtet sein, dass diese Bedürfnisse befriedigt werden.<br />

Um das leichter begreifl ich zu machen, haben wir die zu berücksichtigenden<br />

Funktionsanforderungen „Catwalk“ genannt und den Rahmen dazu<br />

„MALL“.<br />

Inhalt.indd 16 06.10.2006 09:06:50


10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

III. GRUNDBEGRIFF:<br />

DIE FRAUEN HABEN DAS GELD<br />

Frauen entscheiden direkt oder indirekt über ¾ der Haushaltsausgaben.<br />

Mit der immer noch steigenden Berufstätigkeit hat ihr Einfl uss auf die<br />

Haushaltsetats stark zugenommen.<br />

Wenn 70 % aller Arbeitsplätze Dienstleistungen primär im Konsumbereich<br />

sind und die Frau 75 % des Geldes beeinfl ussen, dann müssen wir<br />

uns mit femininen Lebensformen auseinandersetzen.<br />

IV. GRUNDBEGRIFF:<br />

WENN WIR VON <strong>STADTERNEUERUNG</strong> SPRECHEN,<br />

DANN MÜSSEN WIR ENDLICH DAVON SPRECHEN,<br />

WAS FRAUEN LIEBEN UND AM DRITTEN ORT „ZEN-<br />

TRUM“ SUCHEN<br />

Frauen haben andere Prioritäten. Sie schätzen Emotionen, Esprit, Flair,<br />

Kommunikation, Schönheit und Beziehungen. Diese Auseinandersetzung<br />

mit diesen Themen und die Übersetzung dieser Thematik fehlt in vielen<br />

Städten. Wenn das Zentrum unseres Stadtviertels oder unserer Stadt nicht<br />

mehr pulsiert, keinen Charme mehr versprüht, wenn die Frauen das Interesse<br />

daran verlieren, vereinsamt, verödet sie. Die Stadt geht bankrott.<br />

Die Stadterneuerung, die hier vorgeschlagen wird, nimmt sich dieser Defi<br />

zite an und bringt Lösungen für die notwendige Entwicklung in die feminine<br />

Richtung.<br />

Mit einem Wort:<br />

Bringen wir Sex in unsere Betonköpfe, um die Stadt anziehend zu<br />

machen, statt abstoßend hin zur grünen Wiese.<br />

GLOBALE SICHT DER <strong>STADTERNEUERUNG</strong><br />

Demographischer Wandel, Globalisierung, Verankerung der Nachhaltigkeit<br />

auf lokaler Ebene, neue Beteiligungskultur. Die Stadtentwicklung<br />

steht zu Beginn des 21. Jahrhunderts vor einer Vielzahl neuer Herausforderungen.<br />

Stadterneuerung, die nachhaltig und zukunftsfähig sein will, muss neue<br />

Wege wagen. Sie muss alle vor Ort verfügbaren Ressourcen ausschöpfen<br />

und damit die Verantwortungen neu defi nieren, Kräfte bündeln.<br />

Neuartige Partnerschaften zwischen öffentlicher und privater Hand<br />

verbuchen im In- und Ausland beachtliche Erfolge. Diese neuartigen<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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Kooperationen aktivieren vor allem das bisher brach gelegene Liegenschaftseigentümerengagement.<br />

Damit kommt privates Kapital für das<br />

Gemeinwesen ins Spiel. So entwickeln sich erfolgreiche Instrumentarien<br />

zur Förderung lokaler Wirtschaft. Diese Modelle gehen vernetzt interdisziplinär,<br />

integriert und partnerschaftlich an die Problemlösungen heran.<br />

Durch die neuartige Organisation entstehen Wechselwirkungen zwischen<br />

Ökonomie und städtischem Wandel. Die Möglichkeiten partnerschaftlicher<br />

Zusammenarbeit werden konkret, praxisnah und positiv erlebbar für<br />

die Beteiligten. Die Rolle der Geldinstitute in der Stadterneuerung wird<br />

dabei ebenfalls neu defi niert, wie auch die Chancen der Städte, ihrerseits<br />

Wachstum und wirtschaftliche Innovation vor Ort wirklich wirksam und<br />

nachhaltig zu fördern.<br />

Mit etwa diesen passenden Worten leitete Jens Imorde von der Imorde, Projekt- & Kulturberatung,<br />

Münster, seinen Berliner Kongress „Stadt als Motor von Wachstum und<br />

Innovation - Stadtplanung und Wirtschaft vor neuen Kooperationsformen“ ein.<br />

Die seit Jahrzehnten geübte Praxis mit „Business Improvement Districts“<br />

zur Stadtviertelsanierung in Amerika hat uns genug erfolgreiche Fallbeispiele<br />

aufgezeigt. Seit 2003 wachsen im ganzen deutschen Sprachraum<br />

Immobilien- und Standortgemeinschaften vielfältiger Art. Die Integrationserfolge<br />

bei den Liegenschaftseigentümern, die gelungenen wirtschaftlichen<br />

Masterpläne und die ersten Umsetzungsergebnisse seither lassen<br />

hoffen, dass diese Art der Masterplanung und die später vorgestellte BID-<br />

Methode eine gute Zukunft für die Innenstädte und Zentren von Stadtvierteln.<br />

ANSATZ DER ARCHITEKTUR ZUR <strong>STADTERNEUERUNG</strong><br />

In einem Essay über den verliehenen Preis für urbanen öffentlichen<br />

Raum hat Dir. Mag. Arch. Dietmar Steiner im Profi l festgehalten, dass<br />

es kaum mehr Großstädte in Europa gibt, die keine touristischen Qualitäten<br />

haben: Shopping, Cafes, Restaurants, Hotels, Theater und Museen.<br />

Beim Vergleich offenbart sich globalisierter Einheitsgeschmack. Die<br />

europäische Stadt ist Bühne geworden und die gestalterische Aufrüstung<br />

des öffentlichen Raums formt das entsprechende Bühnenbild dafür. Die<br />

Besucher wollen den als „gestaltet“ empfundenen „Stadtraum“ als Ereignis<br />

konsumieren. Gestaltet in diesem Sinne sind vor allem die Stadtkerne,<br />

welche als Weltkulturerbe ihr historisches Flair erhalten haben.<br />

Eine der Kernfragen der Stadterneuerung wird also sein, ob es reicht, nur<br />

das Alte (für die Touristen) zu bewahren und dadurch keine Stadterneuerung<br />

im eigentlichen Sinn mehr für die eigenen Bürger zu betreiben.<br />

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Viele der urbanen Ansichten sind erst in jüngster Zeit so „schön“ hergerichtet<br />

worden. Tagtäglich wird der „historische Raum“ neu bebaut, dass<br />

alle Beteiligten an seine Gestalt, wie sie vielleicht einmal war, glauben und<br />

diese erhalten, wiederherstellen, rekonstruieren. (Siehe später „Historismus<br />

versus Zukunftsstrategie“.<br />

Neben dieser geschickten Restaurierung zur „Verschönerung“ des historischen<br />

Raums der europäischen Stadt ist für viele kleinere Städte dringend<br />

auch eine Neudefi nition für was sie konkret in der Zukunft stehen notwendig<br />

und wie eine nachvollziehbare Philosophie durch Neugestaltung<br />

erkennbar wird.<br />

Das neue Jahrtausend ist überall mit Zukunftsschwärmereien und Prognosen<br />

über das Neue eingeläutet worden. Heute sieht es aus, wie wenn<br />

alle unsere Zukunftshoffnungen in der Vergangenheit liegen. Gibt es kein<br />

neues Land? Was oder wen werden unsere Nachkommen in 100, 200<br />

oder 250 Jahren feiern? Das Alte schließt das Neue nicht aus. Zeitgenössische<br />

Architektur ist sichtbar am Stadtrand, bei den Hochhäuser sowie<br />

im Einfamilienhausbau sichtbar. In den Innenstädten regieren die Hofräte<br />

und Hofl ieferanten. Die ersteren üben ihre pragmatisierte Macht aus,<br />

die letzteren leben von der Vergangenheit. Es scheint oft beinahe wichtiger<br />

zu sein, woher die Stadt kommt, als wohin sie geht. Das Ersessene ist<br />

manchmal gewichtiger als das für die Zukunft Errungene.<br />

Nicht umsonst sind dominierend Senioren in Österreich auf Urlaub!<br />

Ein wenig riecht der Überhang der habsburgischen Identität nach muffi -<br />

gem Dachboden, der mal wieder Licht und Frischluft vertragen könnte.<br />

(Federspitz, H.O.M.E. 37ff.)<br />

10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Die zeitgenössische Stadtentwicklung braucht sich nicht zu verstecken.<br />

Das Land hat eine große Vergangenheit, und ebenso eine große Zukunft,<br />

die genauso gefördert gehört. Vielleicht lernen wir es, dass unsere Leistungen<br />

nicht immer erst 100 Jahre nach unserem Tod im Nachhinein ordentlich<br />

gefeiert werden. Wenn die Stadtplanung zukünftig sich viel mehr<br />

traut, die City ganz bewusst zum Zentrum des Lebens und Schaffens zu<br />

machen, wenn wir die Gestaltungswilligen motivieren und den Rücken<br />

stärken können, dann sind wir mit diesem Buch gerade zur rechten zeit<br />

gekommen.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

20<br />

DER RAUM FÜR ALLE IN DER STADT = „COMMON SPACE“<br />

STATT NUR „PUBLIC SPACE“<br />

Ist das der antike Mythos von der klassisch geprägten Stadt, dass sich dort<br />

freie Bürger in der freien Meinungsäußerung als Treffpunkt zusammenfi<br />

nden? Der öffentliche Raum war nie wirklich „frei“ in seiner Meinungsäußerung.<br />

Der Treffpunkt Stadt war immer geprägt von den gerade herrschenden<br />

Meinungsführern – das ist bis heute sichtbar und gut so, dass<br />

wir die zeitgemäße Zukunftsgestaltung ausdrücken können und sollten.<br />

Eine weitere Tendenz ist mit dem Rückzug der Kommune auf hoheitliche<br />

Verwaltung spürbar: Der öffentliche Raum wird zunehmend privatisiert.<br />

Ein Beispiel: Der Autor dieses Buches hat an der Neustrukturierung im<br />

Angebot auf vielen TOP Bahnhöfen mit Hochfrequenz in Deutschland im<br />

Rahmen der MITROPA AG Berlin und im Rahmen der Bahnhofsoffensive<br />

der ÖBB in Österreich von Bischofshofen entlang der Westbahn bis Linz<br />

mitgewirkt. Die hoheitlichen Aufgaben des Verkehrsbetriebes sind dabei<br />

in den Hintergrund gerückt worden um eines zu schaffen: Die zu erwartenden<br />

Mieteinnahmen aus den neu geschaffenen Geschäfts- und Servicefl<br />

ächen fi nanzieren die Sanierungs- und Umbauarbeiten der Bahnhöfe.<br />

Zum öffentlichen Raum mit viel Privatanteil sind neben den klassischen<br />

Plätzen als Versammlungstreffpunkt die Geschäftsstraßen geworden.<br />

Eine langfristig gesunde Geschäftsstraße braucht eine Mindest-Wochenfrequenz<br />

von 30.000, damit Filialisten und inhabergeführte Betriebe von<br />

der Frequenz überleben können. Liegt die Wochenfrequenz unter diesem<br />

Wert, beginnen die Unternehmen mit geringer Standorttreue mit der Verlagerung.<br />

Das sind in der Regel Filialisten mit einem nationalen Filialnetz.<br />

Mal 52 Wochen gerechnet ergibt das eine Frequenz von 1,560.000<br />

pro Jahr. Wenn man bedenkt, dass der Durchschnittseinkauf bzw. – konsumation<br />

in der Gastronomie je Besucher etwa bei 30,- Euro liegt, dann<br />

ergibt sich eine neue Sicht:<br />

Es gibt wenige Ämter und Behörden, Museen, Galerien, Theater und<br />

sonstige Schaustellungen wie Riesenrad, Grottenbahn & Co., die über eine<br />

Million zahlende Besucher pro Jahr haben. – Dagegen sind diese mit 1,5<br />

Mio. Frequenz mindestfrequentierten Geschäftsstraßen in jeder halbwegs<br />

in der Stadterneuerung gepfl egten Kleinstadt ab etwa 5.000 Einwohner<br />

bereits vorhanden. Dort bestimmen die vorhandenen privaten Magnetbetriebe<br />

wieviel Frequenz zustande kommt.<br />

Noch mehr ein Refugium der Privatwirtschaft sind Passagen mit Geschäftsbesatz<br />

und die Einkaufs- sowie Fachmarktzentren.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Das heißt: Was man heute unter öffentlichem Raum versteht, hat nur<br />

noch wenig mit wirklich „von der Kommune, Landes- und Bundesbehörden<br />

gebotenem öffentlichen Raum“ wie Besuch von Ämtern und Behörden,<br />

Museumsbesuch, Theaterbesuch, usw. zu tun. Die attraktiven und<br />

damit auch frequentierten Standorte sind kein öffentlicher Raum sondern<br />

eine Art Oberbegriff „Raum für alle“. In englisch: „common space“ statt<br />

„public space“. Für die Besucher dieser common spaces spielt es keine<br />

Rolle, wem dieser Raum gehört. Wichtig ist die mögliche Nutzung und damit<br />

der Nutzen des Raumes. Für viele Bürger ist der persönliche Nutzen<br />

eines Einkaufszentrums größter als der eines Theaters. Wichtiger ist, wie<br />

gut jetzt und in der Zukunft die Funktion des Treffpunktes, des Einkaufs,<br />

der Erledigung von Anliegen, der Besichtigung, des Kulturgenusses usw.<br />

überhaupt angenommen und immer wieder genutzt wird.<br />

Bei der Stadterneuerung ist neben dem traditionellen Generalthema „öffentlicher“<br />

Raum der Ämter und Behörden, Museen und Theater heute<br />

auch und vor allem etwas anderes in die Planung einzubeziehen: Diese<br />

traditionellen Elemente – ob mit oder ohne Eintritt zahlenden Tourismus<br />

– sind in Wirklichkeit nur bruchteilhaft attraktiv und frequentiert durch<br />

die Bürger. Die Bürger halten sich vorzugsweise im common space privater<br />

Natur auf. Wird die Stadterneuerung strategisch gut betrieben, dann<br />

gibt es keinen Abschwung im common space und der Standortwert steigt<br />

nachhaltig. Der Autor geht noch weiter: Über Strategien für den common<br />

space bekommen wir den Raum für die Ämter und Behörden und die Museen<br />

und Theater wieder besucht und damit attraktiv.<br />

Bei den Überlegungen zum common space muss vorangestellt werden,<br />

welche Funktion die Stadt in der Zukunft übernehmen soll. Da wir von<br />

Städten sprechen, gehen wir von einem vorhandenen natürlichen Einzugsgebiet<br />

aus. Der Standort hat somit eine Leitfunktion für die gesamte<br />

Region. Der common space muss diese Position für die Region sinnhaft<br />

übernehmen.<br />

Der europäische Preis für den urbanen öffentlichen Raum, ausgeschrieben<br />

vom Zentrum für zeitgenössische Kultur in Barcelona, zeigt in seinen<br />

Prämierungen immer mehr, dass die Neugestaltung von öffentlichen (und<br />

privaten) Räumen nicht nur einer zeitgemäßen architektonischen Lösung<br />

bedarf.<br />

In den Stadterneuerungen soll ein Sinn, sollen Leitthemen erkennbar<br />

werden und dem Besucher Geschichten erzählen.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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Vielleicht haben damit auch die Selbstdarstellungen der Architekten im<br />

abschreckenden, grauenvoll kalten, abstrakten Kubuskörper aus Beton,<br />

Glas und Edelstahl ausgedient. Nicht umsonst werden die Leistungen der<br />

Architektur von 1950 bis 1980 jetzt als Betonschrott und nicht mehr ansehbarer<br />

Fremdkörper in der Stadt reihenweise wieder abgerissen.<br />

Besinnung tritt vielleicht durch eine hier im Buch beschriebene neue Art<br />

der Organisation der Stadterneuerung ein, dass nicht mehr Techniker an<br />

Techniker Briefi ngs für die Architektur formulieren und deren Einhaltung<br />

in Technikerbeiräten überwachen. Die Stadterneuerung muss sich<br />

abkoppeln von der technischen Planung und mehr zum Sprachrohr für<br />

lebende Menschen werden.<br />

Wird die Stadterneuerung der Macht von pragmatisierten Bürokraten<br />

überlassen, regiert der Geschmack der Stadtgartenämter. Nur ein Klima<br />

der Offenheit und der Meinungsbildung in Workshops über die im Netzwerk<br />

eingebundenen Meinungsführer der verschiedensten Zielgruppen<br />

überwindet die restriktive Zwangssituation (siehe später das Theater rund um den<br />

Wetterschutz) überwinden.<br />

Am Ende seines Essays über Stadterneuerung schreibt jedenfalls Dir. Mag.<br />

art. Dietmar Steiner, der Direktor des Architekturzentrums Wien, „Az W“:<br />

„Kein gebauter Raum ist so sehr politisch bedingt wie der öffentliche. Das<br />

Desaster des öffentlichen Raums in Österreich (und wahrscheinlich überall…)<br />

ist deshalb ein direktes Abbild der herrschenden mikropolitischen<br />

Verhältnisse.<br />

TYPISCHER ANSATZ DER INNENSTADT-KAUFLEUTE<br />

UM DIE STANDORTATTRAKTIVITÄT DES ZENTRUMS<br />

ZU VERBESSERN<br />

Die Geburtsstunde für das „Stadtmarketing“ war 1987. Im Kern ging es<br />

damals darum, dass eine Gruppe von Innenstadtunternehmern gemeinsam<br />

mit der Stadtgemeinde und den Geldinstituten Geld zusammenlegte<br />

um für die Innenstadt ein Entwicklungskonzept zu bekommen. Jeder mitmachende<br />

Unternehmer wurde damals noch direkt über den Beratungs-<br />

Fördertopf des Wirtschaftsförderungsinstitutes der Wirtschaftskammer<br />

unterstützt und das Geld für diese Aktion thesauriert. Bei so vielen Beteiligten<br />

und gegebenen Einzel-Beratungsaufträgen war nicht einmal klar<br />

wer jetzt der entscheidende Auftraggeber für die eingesetzte Beratergruppe<br />

war. Klar dagegen war das Ziel: Den seit etwa 10 Jahren merkbaren<br />

Frequenzrückgang in der Innenstadt aufzuhalten und dem Bestand an Unternehmern<br />

so wieder mehr Geschäft in den eigenen Laden zu bringen.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Zuerst wurden die Chancendaten ermittelt und dann folgte in Workshops<br />

die Arbeit mit politischen Mandataren der Stadt, den mitfi nanzierenden<br />

Innenstadtunternehmern, sowie Vertretern der Vöcklabrucker Bezirksstelle<br />

der Wirtschaftskammer. 1989 wurde dann in Vöcklabruck das erste<br />

so genannte „Citymanagement“ als Werbeverein geboren.<br />

So hat die Gruppe Schörghuber beginnend 1987 eines der ersten „Stadtmarketing“<br />

im deutschen Sprachraum in dieser Stadt (11.000 Einwohner)<br />

in Oberösterreich aufgebaut. Kern war die zu dieser Zeit neuartige Zusammenführung<br />

von Stadtagenden und der Handelsagenden in ein organisiertes<br />

Netzwerk.<br />

Das deutsche Institut für Urbanistik hat die Geschichte des Stadtmarketing<br />

(primär noch auf die Kommunikation bezogen und weniger in Richtung<br />

echter Standortentwicklungsstrategie recherchiert: Die Grafi k der „Abschöpfungsraten“<br />

des Stadtmarketing in den Städten sieht etwa so aus:<br />

Lesart: Wieviel Prozent der Stadtgemeinden haben sich mit Stadtmarketing im Jahr … befasst?<br />

Quelle: deutsches Institut für Urbanistik, Stadtmarketing status quo…, Band 42, Berlin, 2006<br />

Die Grafi k zeigt auf, dass Stadtmarketing in Österreich die weiteste Verbreitung<br />

im deutschen Sprachraum genießt und diese Führung bis 2005<br />

auch nicht abgab.<br />

Durch den frühen Beginn und zumindest kleinen mentalen Erfolgen, dass<br />

„etwas in der Stadt gegen die grüne Wiese geschieht“, kam sehr bald eine<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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ungewöhnliche Breite der Anwendung zustande. Gut ein Drittel aller Städte<br />

in Österreich wurde bisher von der Gruppe Schörghuber in verschiedensten<br />

Fragestellungen des Stadtmarketing bzw. in der Stadterneuerung<br />

mit Masterplan und BID – Organisation betreut.<br />

FALSCHER AUSGANGSPUNKT: GLAUBE, DASS DAS AN-<br />

GEBOT OHNEHIN STIMMT UND NUR ETWAS WERBUNG<br />

FEHLT, UM DAS ALS „NAHVERSORGUNG“ HERABGESETZ-<br />

TE ANGEBOT DES ZENTRUMS AUFRECHT ERHALTEN ZU<br />

KÖNNEN.<br />

Die Unternehmer- und Wirtschaftskammermeinung geht bei der Innenstadt<br />

davon aus, das Produkt Innenstadt (=der Markenartikel selber) sei<br />

ohnehin passend vorhanden oder nicht änderbar. Das einzige Manko bestehe<br />

darin, dass die Innenstadt über zu geringe Mittel für das Werbebudgets<br />

im Markt (= natürlicher Einzugsbereich) verfüge. Tatsächlich<br />

sind es aber genau die grundlegenden Produkteigenschaften, die nicht<br />

dem Kundenwunsch entsprechen. Der Branchenmix, also das Angebot<br />

der bestehenden Betriebe, steht hierbei ganz vorne.<br />

Das Werbebudget „Speckgürtel grüne Wiese“ ist 10 bis 100 mal höher als<br />

die investierten Geldern der Innenstadtkaufl eute. Also müsse nur das breite<br />

Angebot an individuellen Inhaberbetrieben bekannt gemacht werden.<br />

Am besten durch Feste und Spezialevents für Teilbereiche - und dann ändere<br />

sich wieder der seit Beginn der 80er-Jahre feststellbare Niedergang<br />

von Frequenz<br />

und Kaufkraftbindung<br />

in der<br />

Stadt. Dieser<br />

Denkansatz ist<br />

noch immer vorzufi<br />

nden, dass<br />

man mit Werbung<br />

die Unattraktivität<br />

des<br />

Standortes verbessern<br />

kann.<br />

Typische Zeitungsmeldung:<br />

Quelle: OÖN<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Ziel: Laut Bericht will die Werbedame als „Managerin“ zwei Feste pro<br />

Jahr und pro Einkaufsstraßenvereinigung aufbereiten und die Stadt sowie<br />

Wirtschaftskammer wollen so die Straßen als Standort aufwerten,<br />

weiters die Nahversorgung halten oder verbessern und die Lebensqualität<br />

beeinfl ussen.<br />

Schon Mitte der 90er Jahre zeigte sich die Nichtwirkung solcher Einsätze<br />

von Citymanagern und Werbeaktionen der Werbevereine für deren Mitglieder<br />

um so die Nahversorgung und die Standortbonität zu beeinfl ussen.<br />

Die Frequenz sank permanent. Die Planung neue Magneten als Betriebstypen<br />

in die Stadt einzupfl anzen war tabu, „weil ohnehin zuviel Verkaufsfl äche<br />

vorhanden ist“. – Sprich in Wahrheit: Die bestehenden Unternehmer<br />

wollen mehr Gratisparkplätze, aber keine neue Konkurrenz.<br />

Folge: Bereits in den 80er Jahren konnte das Produkt Innenstadt weder im<br />

Branchenmix, noch in der Erreichbarkeit, noch im Wetterschutz, noch im<br />

Image der Preiswürdigkeit mit dem Angebot der grünen Wiese mithalten.<br />

DIE STRATEGIE FÜR DEN START DES STADTMARKETING<br />

IM JAHRE 1987 . . .<br />

Die Strategie mitten im Neuland, - am Anfang der Disziplin, - bestand darin,<br />

durch PR für die Stadt „Komm und kauf“, Kommunikationsstrategien<br />

als Imagewerbung „Wir haben alles“ und kleine Verkaufsförderungen für<br />

die bestehenden Unternehmer (Kleber für die Mitglieder beim Werbeverein<br />

an der Ladentüre anzubringen usw.) den Niedergang bei Frequenz<br />

und Kaufkraft aufzuhalten. – Das heißt, Werbung für die Innenstadt wurde<br />

gemacht und fachlich orientierte Festivitäten zum Herausarbeiten der<br />

Kompetenz der Unternehmer wurden entwickelt.<br />

Um nachhaltig die Frequenz besser zu binden befasste sich die Gruppe<br />

Schörghuber zusätzlich intensiv von 1990 bis 1994 mit dem Design einer<br />

neuen Art von Märkten im FOOD - Bereich mit der damals neuen Planenfarbe<br />

gelb-weiß statt den bisher verwendeten dunkelgrünen Planen für<br />

die Stände oder roten Farbe.<br />

Das Gelb und Weiß ist das psychologische Zeichen für die geforderte<br />

Haupteigenschaft Frische und die Sonne des Südens ins Land bringen,<br />

als positives Zeichen am Marktplatz auch bei Schlechtwetter. Inzwischen<br />

ist diese Farbe die wahrscheinlich am meisten genutzte Farbplane für Frischemärkte<br />

geworden.<br />

Auch die verwirrenden Leitsysteme waren ein Thema, ebenso wie die effi -<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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ziente Führung von Unternehmer - Innenstadtvereinen.<br />

Die Erfahrungen aus der Praxis bei der Anwendung in den Städten<br />

hat der Autor dann in dem Buch „Stadtmarketing“, Linz, 1995,<br />

publiziert.<br />

Immer mehr zeigte sich in der zweiten Hälfte der 90er Jahre, dass eine<br />

Trendumkehr des Frequenzniederganges in der Innenstadt nur durch<br />

Substanzänderungen im Angebot und Erreichbarkeit herbeizuführen<br />

sind.<br />

Diese Erfahrungen bei der Umsetzung wurden dann mit einer Reihe von<br />

methodischen Innovationen im Buch „Standortmarketing“, Linz, Jahr<br />

2000, vom Autor zusammengefasst.<br />

DIE „D O N U T – C I T Y“ IST REALITÄT GEWORDEN:<br />

DICKER SPECKGÜRTEL ALS FACHMÄRKTE- UND DISKON-<br />

TERRING AUSSEN UND INNEN HOHL.<br />

Inzwischen hat fast jede Stadt im 21. Jahrhundert seinen Speckgürtel auf<br />

jeder Ausfallstraße als Abwehrstadtmauer gegen das Hineinfahren in die<br />

Innenstadt bekommen. Nur noch die eigenen Stadtbürger kaufen dann in<br />

der Innenstadt. So rutschte die Abschöpfungsrate der Kaufkraft der Innenstadt<br />

von der Gesamtkaufkraft im Schnitt in Österreich auf 25% bis<br />

50 %. Am Hauptplatz vieler Städte wohnen nur noch ein dutzend Haushalte.<br />

Also verschärften sich die Anforderungen an eine erfolgreiche Stadtentwicklung<br />

im neuen Jahrhundert drastisch. Zu stark hatte der Standort<br />

bereits an Frequenz verloren und ist dadurch fi nanziell ausgeblutet.<br />

Mit etwas Stadtmarketing Show, Bewerbung des Städtetourismus um so<br />

die Frequenz aufzudoppeln, sowie dort und da einen Architektenwettbewerb<br />

für öffentliche Gebäude ohne wirtschaftlich zusammenhängende<br />

(Master-) Planung der Umgebungsauswirkung zu vergeben, Technoparks<br />

ohne Techno auf die grüne Wiese zu bauen, wo parallel dazu die Innenstadt<br />

halb leer steht, kommt der Kern der Stadt wirtschaftlich nicht mehr<br />

in die Blüte.<br />

(MASTER-) PLANUNGEN SIND SELBSTVERSTÄNDLICH.<br />

LEIDER NUR AUSSERHALB DER KERNSTADT<br />

BZW. FÜR GESCHÄFTSSTRASSEN.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Flächenwidmung ist für jede Gemeinde selbstverständlich. Bauland für<br />

Betriebsansiedlungen wird für noch mehr „Gewerbeparks“ selbstverständlich<br />

von landwirtschaftlich genutzten Gründen oder Grünlandwidmung<br />

umgewidmet. Diese „Gewerbeparks“ mutieren dann vielfach in<br />

Handels- und Großhandelsfl ächen mit Direkteinkauf für jedermann. Der<br />

„Gewerbepark“ ist nur der Deckmantel für das alte Wunschdenken möglichst<br />

große Industriebetriebe mit hunderten Arbeitnehmern anzusiedeln<br />

um die (Kommunal-) Steuer zu kassieren und sich die Politik damit groß<br />

brüsten kann.<br />

Die Realität ist, dass die Industrie als Arbeitgeber permanent Anteile an<br />

der Gesamtbeschäftigung verliert und eine ganz andere Struktur in der<br />

Arbeitnehmerschaft sich längst breit gemacht hat. Die Realität ist auch,<br />

dass ein Angestellter in einem Dienstleistungsbetrieb etwa das Gleiche<br />

wie in einem Industriebetrieb verdient, ebenso ein Leitender. Die Industrie<br />

ist kein Geldzauberbetrieb mehr wie das früher vielleicht der Fall war,<br />

wo aus der armen, wenig den Landarbeitern zahlenden Landwirtschaft in<br />

den toll bestallten Industriesektor gewechselt wurde.<br />

Das hat sich offensichtlich nicht herumgesprochen: Noch immer wird angenommen,<br />

der Industriearbeitsplatz sei etwas Besonderes, Besseres und<br />

besser Bezahltes als ein Dienstleistungsarbeitsplatz.<br />

Ausgenommen ist das lange geschützte Lohnniveau in ehemaligen Staatsbetrieben,<br />

die ihre starke Gewerkschaftsarbeit für die Gehaltserhöhungen<br />

und sonstige Renumerationen in der Vergangenheit durch Defi zitabdeckungen<br />

durch den Staat quersubventionierten. Aber auch diese Welt gehört<br />

immer mehr der Vergangenheit an.<br />

Die Realität ist jedenfalls, dass die Ansiedlungswelle der Industrie „erst“<br />

seit 30 Jahren vorbei ist. Noch immer träumen manche von den rauchenden<br />

Schloten der „Industrie“, wo alle sehen, dass dort – im Gegensatz zur<br />

Tintenburg - etwas weitergeht.<br />

Dieses Wunschdenken äußert sich auch dadurch, dass jetzt die „Tourismusindustrie“<br />

als Wort entstand – die produziert dann 100.000e Gäste<br />

und die „Dienstleistungsindustrie“ produziert dann Dienstleistungen von<br />

der Stange. Vielleicht für die Belletristik faszinierend, aber Unsinn.<br />

Höchstens serviceintensive Dienstleister sind in den jetzt neu angelegten<br />

Gewerbeparks zu fi nden. Büroparks sind die neuen Center der grünen<br />

Wiese. Wenn dort nichts lärmproduzierend und abgasintensiv und in sehr<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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großen Hallen produziert wird, wozu dann auf die grüne Wiese gehen?<br />

Die bestehenden Fachmarktzentren und Shoppingcenter auf der grünen<br />

Wiese verdoppeln trotz neuer Raumordnungsgesetze selbstverständlich<br />

ihre Verkaufsfl ächen und die Gemeinden sind froh darüber, weil das Gleiche<br />

nicht bei der Nachbargemeinde passiert und sie die Steuern und Abgaben<br />

dafür lukrieren.<br />

AKTIVE <strong>STADTERNEUERUNG</strong> IM 21. JAHRHUNDERT<br />

BEGINNT MIT DER NEUORGANISATION DER PLANUNG<br />

UND DEM MASTERPLAN<br />

Dringenden Handlungsbedarf haben viele Städte. Bisher wurden sie vom<br />

grüne Wiese – Umwidmungs- und Ansiedlungstheater durch Aufkäufer<br />

und Entwickler der verkehrsmäßig gut gelegenen Grundstücke ständig<br />

in Schwung gehalten. Dazu haben die Wohnbaugenossenschaften immer<br />

neue Siedlungen „in der Pampas am billigen Grund“ gebaut und am<br />

Fuß folgten gigantische Probleme mit der öffentlichen Verkehrserschließung<br />

und Zubringerverkehr in die Stadt. Dadurch sind die wichtigsten<br />

Agenden für das Schaffen einer Kernstadt des 21. Jahrhunderts mit dem<br />

Angebot der besten Arbeitsplätze sowie dem neuen Wohnen schlichtweg<br />

verschlafen oder auf die Unternehmer als „Schuldige“ verdrängt worden.<br />

Die dezentrale Planung fällt jetzt auf den Kopf: Jede Siedlung möchte ihren<br />

eigenen Nahversorger, einen Kindergarten und ein eigenes Kultur-<br />

und Seniorentreffpunkthaus irgendwo auf die Wiese gestellt bekommen.<br />

Nachdem diese Bürger zugleich auch bei Wahlen Stimmen abgeben, läuft<br />

der Gemeinderat großteils diesen Projekten nach, um sich positiv zu profi<br />

lieren. Dagegen hat die Innenstadt mangels Bewohnern kaum Stimmen<br />

bei Wahlen. Daher ist sie ohnehin für viele Gemeinderäte uninteressantes<br />

Agitationsgebiet.<br />

ZUSAMMENFASSUNG MÖGLICHER HINDERNISGRÜNDE<br />

WARUM BISHER KEIN WIRTSCHAFTLICHER MASTER-<br />

PLAN ERARBEITET WURDE:<br />

1. Wegen geringer und sinkender Einwohnerzahlen interessieren sich nur<br />

wenige Gemeinderäte für die Wählerstimmen der Innenstadt.<br />

2. Der Neid mancher Politiker: „Unternehmer und Liegenschafts- eigentümer<br />

der Innenstadt sind alles Millionäre – sollen doch die einen Masterplan<br />

machen lassen. Die gewinnen doch bei jeder Gemeindeinvestition.“<br />

3. Falsch verstandener Denkmal- und Ensembleschutz. Der<br />

Bürgermeister als Bauchef erster Instanz will sich die Finger nicht an<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

der Innenstadt verbrennen, wenn er sie auf das Attraktivitätsniveau des<br />

21. Jahrhunderts bringt. Also verwaltet er/sie nur die Sanierung, damit<br />

kein Ziegel einem Bürger auf den Kopf fällt. Ob da jemand in den Häusern<br />

wirtschaftet oder nicht, ist keiner Frage wert.<br />

4. Wie beim Wiederaufbau nach dem Weltkrieg besteht noch immer ein<br />

Denken in Sozialkategorien: Der sogenannte „kleine Mann“, - soll alles<br />

billig bzw. geschenkt bekommen. Daher werden billige Grundstückspreise<br />

am Rand der Gemeinde durch Kauf von Grün- oder Agrarland<br />

gewonnen. Dann folgt der Umwidmungszauber in Bauland. Seelenlose<br />

Wohnsiedlungstrabanten werden am „Arsch der Gemeindewelt“ mit<br />

Blick auf einen Acker, auf die Bundesstraße oder Autobahn als Erschließungsachse<br />

billigst platziert.<br />

Heute haben viele Städte den Trend in Richtung Vormerkungen von Wohnungssuchenden<br />

bereits registriert, dass die Haushalte nicht irgendwo<br />

außerhalb der Stadt wohnen wollen. Speziell die rasch wachsenden Kohorten<br />

an älteren Menschen wollen mitten in der Stadt mit einem Balkon,<br />

nahe dem Ärztehaus, der Kirche, des Marktes und der Kaffeekonditorei<br />

leben.<br />

Jede uns bekannte Innenstadt und der nächstgelegene Stadtring<br />

rundum hat gewaltige Baureserven, weil die Wohnbaugenossenschaften<br />

auf die Akquirierung der grünen Wiese für Wohnsiedlungstrabanten ausgerichtet<br />

waren.<br />

„STADTLUFT MACHT FREI“<br />

Innerhalb der Stadtmauern und nicht irgendwo in der „Vor-<br />

oder Hinterstadt“ (!) befi nden sich die qualifi zierten Arbeitsplätze<br />

und der Sitz der Macht über das Land.<br />

Innerhalb der Stadtmauern wird seit tausend Jahren unverändert<br />

das Geld verdient.<br />

Wohnen in der Stadt ist billiger als in der Trabantenstadt! Viele Autofahrten<br />

können entfallen, weil die Wege zum Einkauf oder zum<br />

Date ohne Auto bewältigt werden. Eine Familie, die in der Stadt<br />

wohnt, braucht keine drei Autos. Das lässt locker die höhere Miete<br />

in der Stadt fi nanzieren, die Garagenbaukosten und den Stellplatz.<br />

Mit der gewonnenen Fahrzeit von angenommen 2 Stunden am<br />

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29


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

30<br />

Arbeitstag und keinem Morgen- und Abendstress beim Heimfahren<br />

(-heimspazieren), kann gelebt werden, Kultur ist um die Ecke, Treffpunkte<br />

sind per Pedes jetzt erstmals erreichbar. Uns kann niemand mehr erzählen,<br />

dass die Innenstadt heute teurer als die Trabantensiedlung ist wenn<br />

die Gemeinde die Folgekosten kalkuliert und der Haushalt seine eigenen<br />

Mehrkosten und die Randlagen- Opportunitätskosten.<br />

Wir stehen vor dem starken Wachstum der älteren Bewohner. Bisher war<br />

es genau wegen dem Billig - Grundstückspreisdenken üblich irgendwo im<br />

Grünen Seniorenheime günstig hinzusetzen.<br />

Die Gemeinde des 21. Jahrhunderts baut keine neuen Seniorenheime<br />

mehr, sondern stockt nur noch die Pfl egeplätze auf und baut betreute<br />

Wohnungen. Und diese betreubaren Wohnungen sind dann sinnvollerweise<br />

mitten in der Stadt gelegen, weil wesentlich effi zienter zu betreuen<br />

als auf der grünen Wiese.<br />

Der neue Trend ist auch ganz klar: Die Senioren sind jene Generation, die<br />

heute als erster in die Stadt zieht um sich dort mit dem großen Infrastrukturvorteil<br />

anzusiedeln:<br />

Zumindest die Erbschaftsgeneration unter den Senioren und jene,<br />

die selber ein Eigentum oder die ausreichende Pension oder etwas<br />

Vermögen haben, wollen sich in Seniorenresidenzen oder betreubares<br />

Wohnen „einkaufen“. Das Durchschnittsalter der Erben beträgt<br />

58 Jahre. Der Vorteil der zentrumsnahen Seniorenwohnungen liegt bei<br />

der unmittelbaren Nähe zu Märkten, Konditoreien und Ärztehäusern.<br />

Grob geschätzt verfügen die heute 65-Jährigen mindestens zur Hälfte des<br />

Jahrganges (!) über ausreichend Vermögen um sich die Innenstadt leisten<br />

zu können:<br />

Durch verkaufbares Eigentum (am Land), vorhandene Lebensversicherungen,<br />

Anlage- und Wertpapiere durch eine enorme Sparquote von derzeit<br />

6 bis 10 % des verfügbaren Haushaltsnettoeinkommens pro Jahr (!),<br />

sonstiges Vermögen oder eine gute staatliche Pension sowie private Pensionsvorsorge.<br />

Das Bild von den mittellosen Pensionisten, die sich die Stadt nicht<br />

leisten können, ist heute vollkommen falsch weil immer die<br />

staatliche Pensionshöhe mit der realen Vermögenssituation der<br />

Pensionisten verwechselt wird.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

6. Ein Hinderungsgrund kann auch die einseitige Ausrichtung auf<br />

Kulturförderung sein. Für die Wirtschaft ist in der Kulturgemeinde<br />

manchmal insofern wenig Platz, als erwartet wird, dass sich die Wirtschaft<br />

alles selber richten soll. Sie stellt nur die Melkkuh dar, die zu<br />

parieren hat.<br />

7. Die Innenstadt ist oft auch nicht der Platz für politisches Agieren im<br />

Sozialbereich. Weder die Wohnungen sind dort billig, noch sind wegen<br />

zu vielen Leerfl ächen in allen Geschoßen (Sandler-) Asyle hier gewünscht,<br />

noch sollten da mangels Mietern Ausländer in der Innenstadt<br />

integriert werden.<br />

8. Die Innenstadt ist auch für die Sportbegeisterten keine Heimstätte. Daher<br />

auch kein Thema für diese.<br />

Eine Innenstadt hat nicht umsonst die weitaus teuersten Grundstücke<br />

der Stadt und beherbergt die wichtigsten Arbeitgeber. Die Mietpreise sind<br />

deshalb so hoch weil dort der Nutzen für die Wirtschaft und die Lebensqualität<br />

am höchsten sind, nicht weil die Eigentümer mit den Grundstücken<br />

spekuliert haben.<br />

WIR ZIELEN STRATEGISCH AUF DIE UMFASSENDE<br />

STADTVIERTELSICHT AB<br />

Schon für den Renaissancearchitekten Palladio ist die Stadt nichts anderes<br />

als „ein großes Haus und ein großes Haus nichts anderes als eine kleine<br />

Stadt:<br />

Weder darf sie stets unverändert bleiben noch sich von Grund auf<br />

verändern.“<br />

„Wenn die Stadt gebaut ist, dann tritt ihr Tod ein“. – Sagt ein arabisches<br />

Sprichwort. „Lassen wir also immer noch etwas zu tun übrig“.<br />

Also: Die Innenstadt ist kein heiliges Museum! Sie ist Ausdruck der Jahrhunderte<br />

und zugleich der wirtschaftliche und geistige Mittelpunkt der<br />

Gegenwart.<br />

80 % der Bürger kommen nach wie vor in die Stadt, weil sie etwas einkaufen<br />

oder sich treffen wollen. – Nicht primär weil sie Ämter und Behörden<br />

besuchen wollen, nicht weil sie in erster Linie zum Arzt gehen wollen,<br />

auch keinesfalls weil sie nur „Bummeln“ gehen wollen, weil sie soviel Zeit<br />

haben.<br />

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31


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

32<br />

Dass Touristen zu fast 100 % die Innenstadt besuchen, ist ohnehin klar,<br />

denn außen im Speckgürtel fi nden sie nichts Sehenswertes.<br />

Die Innenstadt schlägt sich pro Woche ein bis 10 mal in der Frequenz in<br />

Relation zu ihrer Bevölkerungszahl am besten Frequenzpunkt in der Innenstadt<br />

um.<br />

WO NICHTS IST, DA LÄSST SICH AUCH NICHTS DURCH<br />

EIN NOCH SO GUTES STADTMARKETING HERBEIWERBEN.<br />

Jedes einzelne Gebäude kann und soll eine Teilfunktion in der Stadt zugewiesen<br />

bekommen. Diese überörtlich Sinnkonzeption des Stadtviertels<br />

bestimmt die zu verteilende Teilfunktionen, die auf bestehende Gebäude<br />

und Flächen verteilt werden müssen. Ein stimmiges Konzept erleichtert<br />

den Liegenschaftseigentümern die Verwertung, weil durch die Einbindung<br />

in ein Gesamtpaket ein besserer Mehrwert geschaffen wird. Nur<br />

auf jedes Haus ein Schild zu geben „das war einmal dieses Amtshaus“,<br />

„das war einmal dieses Bürgerhaus“, „das war einmal dieses Handwerkerhaus“,<br />

ist zu wenig.<br />

Zwei Drittel der Bürger warten nach wie vor auf eine „attraktiv besetzte“<br />

Geschäftsstraße. Das ist Einkauf nicht nur mit „Hygienefaktoren“ gestylter<br />

Metall-Mistkübel, Edelstahllampen und irgendwelcher Filialisten sowie<br />

Franchiser, die auch auf der grünen Wiese als Anbieter vorhanden<br />

sind. Hier in der Stadt werden auch die „Motivatoren für den Einkauf“<br />

erwartet, also die einzigartigen Magnetbetriebe des Handels für die ganze<br />

Region. Diese Präsenz wird dann durch eine spürbare Atmosphäre<br />

rundum baulich herausgeputzt. Nichts an Stadtimpulsen hat derartige<br />

Nachhaltigkeit für die Stadtattraktivität in der Wirkung wie großartig im<br />

Sinne der Konsumenten konzipierte wettergeschützte Geschäftsstrassen<br />

– MALLS.<br />

Jede Stadt ab ca. 10.000 Haushalte in der Stadt und im Einzugsbereich<br />

kann seine eigene Geschäftsstraße der besonderen Art entwickeln.<br />

Hier sind einige Eckwerte dazu:<br />

1. ECKWERT: DER INDUSTRIE - SPECKGÜRTEL RUND UM<br />

DIE STADT BRACHTE BESSER BEZAHLTE ARBEITS-<br />

PLÄTZE ALS DIE LANDWIRTSCHAFT GEBOTEN HAT.<br />

DER NEUE HANDELS – SPECKGÜRTEL BRINGT DIS-<br />

KONT FAST OHNE ARBEITSPLÄTZE.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Im 19. Jahrhundert breitete sich als „Speckgürtel“ rund um die Zentren<br />

der Städte die Industrie und das produzierende Großgewerbe sowie die<br />

Bauhaupt- und Baunebengewerbe aus. Sie stellten ab Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts die Majorität der Arbeitsplätze. Die Landwirtschaft rutschte<br />

als Hauptarbeitgeber langsam unter 50 % ab. Als Folge bildeten sich<br />

Arbeiter-Wohn-Subzentren nahe den Industriebetrieben. Als Folge zerfi<br />

el die Stadt in die Kernstadt mit immer weniger Bewohnern und primär<br />

Handel, Handwerk und Gastronomie, sowie langsam sich vermehren Ämter<br />

und Behörden sowie Schulen. Außen befanden sich die Industrie- und<br />

Arbeitersiedlungen, meistens seelenlose Trabanten ohne den „dritten Ort<br />

Treffpunkt und Erlebnis“ neben dem Arbeiten und Wohnen.<br />

Nach dem zweiten Weltkrieg entstanden in den 70er- und 80er Jahren<br />

in von der Flächenwidmung ausgewiesenen „Gewerbeparks“ mangels Industrieansiedlung<br />

die neuen Speckgürtel des Diskont- und Fachmarkthandels<br />

rund um jede Stadt und zwar speziell bei den Kreuzungen des<br />

überregionalen Verkehrs. Diese Revolution in der Ansiedlung brachte<br />

aber nur den Bau von Billig-Betonschachteln, wozu kaum Fachkräfte benötigt<br />

werden und die nach 30 Jahren am Industriehaldenmüll landen,<br />

ebenso auch die Majorität aller Schulen, die ab den 70er Jahren billigst<br />

gebaut wurden, ebenso werden Pensionistenheime abgerissen, sogar die<br />

ersten Rathäuser aus dieser Zeit.<br />

Verwirrt von diesen beiden Speckgürtelbewegungen trauern wir jetzt um<br />

die immer geringere Bedeutung der Produktion als Arbeitsplatzgeber<br />

(keine 20 % der Gesamtbeschäftigten lang-fristig). Noch immer geistern<br />

Heilslehren der Altindustriefans herum, doch eine high tech Revolution<br />

als Silicon Valley II der 80er Jahre hervorzaubern zu können. Ernsthaft<br />

wird diese Strategie noch immer als Problemlösung für die generelle Arbeitslosigkeit<br />

gesehen, obwohl im high tech – Bereich derzeit keine 5 %<br />

der Arbeitsplätze geboten werden und auch in 10 Jahren keine 10 % der<br />

Arbeitsplätze zu fi nden sein werden. Da lacht Asien über so eine Naivität<br />

im Denken.<br />

Im 21. Jahrhundert sollten wir mit dem Industriearbeitsplätze – Trauern<br />

endlich aufhören. Unbemerkt läuft bereits der Export von Dienstleistungsarbeitsplätzen<br />

durch Firmenauslagerung im Bereich Buchhaltung<br />

und Controlling z.B. nach Indien.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

34<br />

ÜBERSICHT INNENSTADT VERSUS GRÜNE WIESE<br />

– LETZTLICH AUF KOSTEN DER ARBEITSPLÄTZE DER<br />

STADTBEWOHNER UND AUCH DES EINZUGSBEREICHS<br />

WIRD DA „WILD“ GEWIRTSCHAFTET<br />

Innenstadt Fachmarkt- und Diskontmarktzentren<br />

und Shoppingcenter in der Peripherie:<br />

2,5 mal mehr Mitarbeiter bei<br />

gleicher Verkaufsfl äche<br />

1 Mitarbeiter beschäftigt<br />

4,5 mal mehr Lehrlinge beschäftigt 1 Lehrling beschäftigt<br />

Sortiment ca. 10.000 Artikel bis<br />

300.000 je Branche geführt<br />

Je Großbranche wie Mode und<br />

Accessoires bis zu 100 Anbieter:<br />

gehobene „Spezialisten“<br />

● Lebensqualität<br />

● Treffpunktprogramm und<br />

Geselligkeit sowie<br />

● Impulserlebnis bietend.<br />

Etwa ein Drittel mehr Steuereinnahmen<br />

für die Gemeinde<br />

Im Schnitt etwa 20.000 bis 50.000 Artikel<br />

je Branche<br />

Nach Zielgruppen segmentierte Anbieter.<br />

Maximal zehn bis dreißig je Branche. Billige<br />

Generalisten.<br />

Zeit- und Geldsparprogramm nüchtern<br />

ohne besonderen Menschenkontakt, da<br />

jeder Kontakt als Service teuer ist und dort<br />

in der „Pampa“ nicht bezahlt wird.<br />

Die Dienstleistungsarbeitsplätze sind zu fördern. Sie sind ganz gezielt in<br />

dem Kern der Stadt als „zentraler Geistestower“ anzusiedeln. Zu entwickeln<br />

sind neuartige Cluster in den (historischen) Häusern der „Kernstadt“<br />

.<br />

Dort lagern gewaltige Arbeitsplatz- und überall Flächenreserven, denn<br />

die Innenstädte sind im Schnitt halbleer wenn man den Bestand ernsthaft<br />

in den Entwicklungsmöglichkeiten untersucht.<br />

Der Autor hat im Buch „Standortmarketing“, Linz, 2000, ausführlich den<br />

Trend rund um diese 70 % nachgewiesen: Der Konsumbereich wird von<br />

jetzt - z.B. in Österreich gut 60 % - dann wie in den USA auf 70 % Anteil<br />

am Bruttonationalprodukt hinaufsteigen. Die Investitionsgüterinvestitionen<br />

des Staates und der privaten Industrie sinkt anteilsmäßig durch<br />

den Niedergang der Haushalte der Gemeinden, Länder und des Bundes<br />

sowie durch das Verschwinden der klassischen arbeitsintensiven Industriebetriebe.<br />

Das heißt, das Bruttonationalprodukt besteht dann auch zu<br />

60 bis 70 % aus Wertschöpfung von erwirtschafteten Dienstleistungen!<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Die unselbständig Beschäftigten und die neuen Betriebe sind jetzt schon<br />

zu etwa 70 % dem für die Innenstadt möglichen Dienstleistungsbereich zuzuordnen:<br />

Typische Struktur der Betriebsneugründungen in Österreich :<br />

Einzelhandel und Gastronomie 35-40%<br />

Persönliche Dienstleister<br />

(Gesundheit, Betreuung, Fitness,<br />

Schönheit, Friseur usw. 15 %<br />

Finanzierung, Versicherung<br />

und Immobilien 10-15 %<br />

Kommerzielle Dienstleistungen<br />

wie b to b 10 %<br />

Restliche Neugründungen<br />

Industrie, produzierendes Handwerk,<br />

Transport usw. 20 %-30%<br />

Insgesamt 100 %<br />

Auch die EU-Förderungen gehen daher in die neuen EU-Staaten mit Ziel<br />

1 – Gebieten.<br />

Flächenintensive Verkehrsbetriebe, arbeitsplatzintensive Produktionen<br />

und in irgendeiner Form umweltschädigende Verfahren werden an den<br />

Rand der EU in den Osten abgeschoben.<br />

Warum noch immer krampfhaft Gewerbeparks und Industriebetriebe<br />

bei uns gefördert werden und nicht die Ansiedlung mitten im Zentrum,<br />

ist und bleibt ein Rätsel.<br />

Das Zentrum gehört endlich gefördert!<br />

- Nicht die weitere Zersiedelung und Zerstörung der Peripherie!<br />

Die Ansiedlung im Zentrum ist automatisch mit etwas höheren Mieten<br />

als am Land verbunden, wodurch jeder automatisch seinen Beitrag an<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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der Stadterhaltung mitzahlt. Zugleich ergeben sich für die Stadtgemeinde<br />

hohe Ersparnisse: Versorgung mit ÖPNV-Diensten, Strassen, Energieversorgung<br />

usw. kann günstiger durch Ballung der Infrastruktur im Zentrum<br />

geschehen. Dezentralisiertes Laissezfaire mit verstreuten Siedlungen und<br />

Gewerbefl ächen sind eine Geldvergeudung.<br />

Was uns längerfristig als arbeitsplatzfördernd bleibt ist das Wissen, die<br />

gute Bildung, der Laptop, die westliche Kultur und die internationalen<br />

Netzwerke. Bayern hat das „Lederhosen und Laptop“ genannt.<br />

Nachdem heute immer wieder verfälschend von „Dienstleistungsindustrien“<br />

geschrieben wird, muss nochmals präzisiert werden:<br />

Die 70 % neuen Arbeitsplätze in der Zukunft kommen aus dem Handel,<br />

der Gastronomie und aus dem handelsartigen Dienstleistungsgewerbe<br />

als klassischer Primär-Dienstleistungsbereich. Während diese Primär-<br />

Dienstleister eher mit Billigarbeitskräften und vielen Halbtagskräften arbeiten,<br />

sucht der Sekundärbereich stärker die gehobene Bildung und auf<br />

breiter Ebene sehr qualifi zierte Arbeitskräfte.<br />

Die Sekundärdienstleister sind die beratenden Berufe im Bereich Gesundheit<br />

und Lebensführung, Berater für die Anlage und Vorsorge sowie<br />

Berater und Dienstleister für die Wirtschaft und für Finanzen.<br />

Die Entwicklung der unselbständig Beschäftigten wird in Österreich längerfristig<br />

zu noch mehr Dienstleisterjobs in den angeführten Branchen<br />

führen:<br />

Datenverarbeitungsberufe + 7,7 % Job-Wachstum jährlich<br />

Beratungsdienste + Reinigung + 5,4 %<br />

Gesundheit + 2,4 %<br />

Gastronomie und Hotels + 1,6 %<br />

Dienstleistungssektor im Schnitt + 1,5 %<br />

Der Anteil der unselbständig beschäftigten wird 2010 bei ca. 74% liegen.<br />

Jobverluste innerhalb der Dienstleistungsbranchen sind nur im Bereich<br />

Post und Telekom sowie Immobilien zu erwarten.<br />

Quelle: Kurier<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

2. ECKWERT: DAS GESETZMÄSSIGE BEZIEHUNGSGE-<br />

FLECHT BEI DER ANSIEDLUNG VON DIENSTLEISTERN<br />

BEACHTEN<br />

Noch immer geistert die alte Ansiedlungsphilosophie herum, ein braches<br />

Grundstück an einer Hauptverkehrsstraße zum „Gewerbepark“ umzuwidmen<br />

und eine bunte Broschüre dafür als Vision des Wünsch - Dir – Was<br />

aufzulegen. Wenn man mit vielen Politikern über diese Art der Ansiedlung<br />

spricht, dann bekommen diese glänzende Augen und sind hoch begeistert.<br />

Nur – da kommt kaum jemand - nur die Billig-Fachmärkte, weil eben<br />

die Ansiedlungszüge schon 1990 nach dem Fall des eisernen Vorhanges<br />

Richtung Osteuropa abgefahren sind.<br />

Wenn man dagegen mit den gleichen Politikern über eine Stadtentwicklung<br />

spricht, um dort die Arbeitsplätze zu konzentrieren und auszubauen,<br />

da gibt es tausend Gründe warum das „nichts“ ist bzw. nicht „seine“ Strategie.<br />

Wir wissen aus vielen Beispielen, dass ein neuer Handelsbetrieb fast automatisch<br />

einen neuen Gastronomiebetrieb nach sich zieht. – Aber das<br />

erfolgt nicht umgekehrt!<br />

Wir wissen, dass die in der Gesamtwirtschaft am raschesten wachsende<br />

„Zeichenwirtschaft“ der Berater von Betrieben, Werbegrafi k, Steuerberater,<br />

aber auch Ärztepraxen bevorzugt in wachsende, optisch sichtbar<br />

aufblühende Innenstädte ziehen. Daher müssen wir die Nachfrage sehr<br />

genau beobachten und entsprechende Projekte der Umsetzung in die Planung<br />

und ins Angebot in die Innenstadt bringen, was unter rund 500 von<br />

uns beobachteten Betriebstypen in der Innenstadt zu schwach bisher geboten<br />

wird oder überhaupt noch nicht vorhanden wäre und ausreichende<br />

Nachfrage hätte.<br />

Nachdem jeder volle neue Arbeitsplatz in Österreich mindestens 1.000<br />

Euro pro Jahr an direkten und indirekten Steuern sowie Abgaben der<br />

Stadtfi nanz bringt, zahlt es sich schon aus, über die Innenstadtentwicklung<br />

in dieser Richtung nachzudenken. – Die Stadt lebt also nicht nur von<br />

den direkten oder indirekten Steuereinnahmen und Abgaben je Bürger,<br />

sondern von den gebotenen Arbeitsplätzen. Nur wo etwa ein Arbeitsplatz<br />

je Einwohner (!) geboten wird, da wird sich die Stadt auch einwohnermäßig<br />

gut entwickeln. Umgekehrt formuliert: Wo z.B. die Industrie abwandert<br />

und die Städte keine Dienstleistungsalternativen (vor allem durch<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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das Aufrüsten der Innenstädte) entwickeln, da wandert auch die Bevölkerung<br />

ab. Beispiel: Murz-Mürzfurche in der Steiermark.<br />

Daher ist dieses Thema nicht irgendein nebensächliches Wirtschaftsthema<br />

sondern sollte „das“ Thema schlechthin für die Wirtschaft der Stadt<br />

und ihre Arbeitsplätze sein.<br />

Theoretisch könnte man die Dienstleistungsarbeitsplätze, wie bisher die<br />

„Technoparks“ mit vielen Förderungen in den Bezirksstädten irgendwo<br />

innerhalb der Stadtgemeindegrenzen ansiedeln. Dort wird kaum etwas<br />

produziert und auch selten etwas handwerklich repariert. Daher bestehen<br />

kein besonderer Platzbedarf und keine Anlieferungslogistik. Vielmehr<br />

sind das meistens ganz normale Büroarbeitsplätze, die sorglos wie die<br />

Fachmarktzentren an den Bundesstraßen im Nichts platziert wurden anstatt<br />

diese mitten in der Stadt anzusiedeln, wo sie auch hingehören.<br />

Industriebrache und alte Gemeindehäuser, verlassene Schulen und Ämter,<br />

die niemand mehr benötigt, Bahnhofneben- und nicht mehr gebrauchte<br />

Feuerwehrgebäude usw. stehen zuhauf in fast jeder Innenstadt bzw. am<br />

Rand davon frei, wo durchaus auch Technoparks hineingesiedelt hätten<br />

werden können, bzw. in den Obergeschossen fi nden wir immer mehr leere<br />

Bürgerhäuser im Zentrum.<br />

“Der Fisch fängt am Kopf zu stinken an.“ Vitale Städte haben heute in<br />

erster Linie ein vitales Zentrum.<br />

Der freie Markt der Büro- und Praxisfl ächen entwickelt sich nämlich ganz anders<br />

als in den letzten 20 Jahren die Gemeinde- und Landestechnoparks die<br />

Standortwahl getroffen haben: Die Ansiedlung von Dienstleistern verläuft<br />

innerhalb der Branchen nicht irgendwie unabhängig voneinander sondern<br />

nach einem klaren logischen Muster wie bei einem Schachspiel Zug um Zug:<br />

A. Die Sekundärdienstleister laufen immer den Primärdienstleistern nach<br />

und nicht umgekehrt. Wie vorher schon in der Übersichtstabelle angeführt,<br />

kommt auf jeden neuen Handels- und einen neuen Gastronomiebetrieb<br />

ein neuer Beratungsbetrieb in die Obergeschosse der Innenstadt.<br />

Nicht umgekehrt.<br />

�<br />

B. Dieser Feststellung liegen 20 Jahre Beobachtungszeitraum zugrunde:<br />

Auf jeden neuen Handelsbetrieb in der Innenstadt kommt etwa ein<br />

neuer Gastronomiebetrieb in der Innenstadt.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

C. Leider lässt sich diese Ansiedlungsgesetzmäßigkeit nicht umgekehrt<br />

spielen: Wo viel Gastronomie schon vorhanden ist bzw. wo sich neue<br />

Gastronomie ansiedelt, da entsteht selten der Handel!<br />

Diese 70 % Dienstleister suchen nur dann ihren Standort in der Innenstadt,<br />

wenn diese ein positives Image hat. Wenn eine Stadt immer weniger<br />

Frequenz aufweist, ist sie für alle Dienstleister suspekt als Standort.<br />

Eine allgemeine Imageveränderung drückt sich natürlich auch in steigenden<br />

oder fallenden Mietpreisen für Büros aus und bei den Geschäftsfl ächen<br />

hängt der Preis von der Fußgängerfrequenz vor der Türe ab.<br />

Daher werden auch die 70 % Dienstleistungsarbeitsplätze in der Innenstadt<br />

der Zukunft zu entwickeln sein, sekundär die Professionisten der<br />

Bauhaupt- und Baunebengewerbe und sonstigen Gewerbearbeitsplätze,<br />

tertiär in der Quantitätswirkung die high tech Arbeitsplätze, die sowieso<br />

selten ganze 5 % der Gesamtbeschäftigten überschreiten werden.<br />

3. ECKWERT: DIE GRUNDSTÜCKE DER SCHÖNSTEN HIS-<br />

TORISCHEN HÄUSER SIND NICHT UNBEDINGT DIE<br />

TEUERSTEN, WEIL „ATTRAKTIVSTEN“ FLÄCHEN<br />

Seit dem zweiten Weltkrieg wird Wiederaufbau betrieben. Mit Beendigung<br />

des Wiederaufbaus wurde der Wiederaufbaufonds nicht mehr benötigt.<br />

Nachdem die zerstörten Häuser wieder hergestellt waren, begannen<br />

die Häuserfärbelungen. In der Annahme, dass damit die Innenstadt automatisch<br />

wieder „in“ ist.<br />

Die Bürger würden dann die schönen Häuser immer wieder ansehen und<br />

bestaunen wollen. Die Folge wäre dann, - wenn man schon da ist und<br />

nachdem man die wunderschönen Häuser erneut bestaunt hat, einzukaufen.<br />

Inzwischen haben bald alle historisch wertvollen Häuser einen neuen Anstrich<br />

bekommen und die Fußgängerfrequenz z.B. in Österreichs Städten<br />

hat bei weitem nicht das Niveau von 2000 = 100 gemäß den Aufzeichnungen<br />

von <strong>Infrapool</strong> erreicht und das Niveau von 2000 hat wahrscheinlich<br />

auch nicht das Niveau von 1990 erzielt.<br />

Dem Interessierten fallen natürlich die alten geschönten Häuser auf und<br />

er/sie kann sie sogar nach dem Bauzeitalter taxieren. Dem Bürger fallen<br />

sie auch auf. – Aber nur ärgerlich während der Einrüstung zur Sanierung<br />

und bei verlegten Fußgängerwegen.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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Wenn nun das Haus wieder den alten Händler im Erdgeschoß bietet, ist<br />

die Attraktivität der Innenstadt gleich geblieben und das Haus wird sofort<br />

wieder vergessen, weil das Haus leider nur einen Nebenschauplatz als<br />

Grund für den Stadtbesuch bietet.<br />

Die wirtschaftliche Attraktivität der Geschäftsstrasse und des Marktplatzes,<br />

wo sich oft die schönsten alten Häuser fi nden, hat sich vielfach trotz<br />

großer Sanierungsinvestitionen in die Häuser nicht verändert.<br />

Wie so oft betrifft die Haussanierung nur den H y g i e n e f a k t o r unter<br />

dem Museumsmotto „Behübschung und einfache Sanierung auf alt“ ohne<br />

Konzeption für was das Haus in der Zukunft dienen soll und ohne ganz<br />

spezieller Magnetfunktion zum Beschaffen der hohen Erhaltungskosten .<br />

Was die Stadt vordringlich bei einem Standortniedergang in einem Stadtviertel<br />

braucht ist die gezielte Planung von Magnet – M o t i v a t o r e n ,<br />

nicht die krampfhafte Erhaltung der Vergangenheit in Haus und der dort<br />

angesiedelten nicht mehr wettbewerbsfähig gewordenen Unternehmen.<br />

Weitverbreitete Irrmeinung: „Die haben – verdammt noch einmal – zu<br />

honorieren ,wenn wir die Fassaden erneuern! Das war doch ganz schön<br />

teuer!“ Dass die Fassadenaktionen in Relation kaum von der öffentlichen<br />

Hand sondern von den Liegenschaftseigentümern bezahlt wurden und<br />

das nur, weil sich der Nachbar auch eine schöne Fassade leistet, das erscheint<br />

zu profan als Investitionsgrund.<br />

Fazit daraus: Heute erfreuen wir uns an den schönen historischen Gebäuden<br />

im Kern der Städte. In steigender Frequenz und nachhaltige Kaufkraftbindung<br />

hat sich diese Aktion nicht ausgewirkt.<br />

Heute ist es uninteressant, ob das angebotene Outlet in einer<br />

alten Bruchbude angesiedelt ist oder in einem teuer sanierten<br />

barocken Palais. Da das Outlet ebenso von der Fußgängerfrequenz<br />

abhängt, dann ist folglich die Frequenzhöhe ausschlaggebend<br />

für den Wert der Liegenschaft und davon abgeleitet die<br />

Höhe der Miete!<br />

Was nicht heißt, dass wir die historische Substanz im Sinne des Denkmalschutzes<br />

und der Bewahrung des Ensembles und des Stadtbildes vernachlässigen!<br />

Genau das Gegenteil ist der Fall: Mit der Reaktivierung der<br />

Innenstadt als der zentrale Wirtschaftsstandort bekommt die Kernstadt<br />

ihre neue und zugleich oft 100 Jahre in Wirklichkeit verloren gegangene<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Rolle wieder zurück. Nur so können auch Ausgrabungen, Denkmal und<br />

Stadtbild fi nanziert werden.<br />

Um die Innenstadt zur Blüte zu bringen müssen wir einmal grob festlegen,<br />

wo die Achse mit der zentralen Geschäftsstrasse mit der besten Frequenz<br />

mindestens 70 % Handelsfl äche ist und wo sich – möglichst in der<br />

Nähe der Marktplatz der Zukunft befi nden soll um dort wieder primär<br />

den Treffpunkt der Stadt mit Gastronomie und durchgehende Schanigartenzeile<br />

zum Marktplatz zu entwickeln.<br />

Das werden dann die wichtigsten und wertvollsten Flächen im Erdgeschoß<br />

in der Stadt der Zukunft. Nachdem die Bürofl ächen für die frequenzabhängigen<br />

Berufe wie etwa Arztpraxen etwa zwei Jahre im Mietpreis der<br />

Frequenzentwicklung nachhinken, sind auch die oberen Etagen der Häuser<br />

vom Wert betroffen.<br />

4. ECKWERT: WIR BRAUCHEN ERST NACHRANGIG EIN<br />

DESIGNTES, NÜCHTERNES EDELSTAHL/GLAS/HOLZ/<br />

BETON/ GRANIT „BUNKER - BEHÜBSCHUNGSPRO-<br />

GRAMM“ IM ZENTRUM.<br />

ZUERST BRAUCHEN WIR DIE PASSENDE BASIS AN<br />

ERFOLGSFAKTOREN, DAMIT EIN GUTES DIENSTLEIS-<br />

TUNGS-ZENTRUMS IN DEN NÄCHSTEN ZEHN JAHREN<br />

ENTSTEHEN KANN.<br />

Sie kaufen auch nicht erst den designten Edelstahl - Klobesen und dann<br />

planen erst planen sie das WC – oder?<br />

Hat das Flair? Strahlt das Wärme aus? Ist das einen Besuch wert?<br />

Ist es das von dem „Sie“ träumt, wenn Sie an Ihren Besuch in einer netten<br />

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41


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

42<br />

Kleinstadt denkt oder ist das eher ein Alptraum? Gibt es da Stadtbesucher,<br />

die wegen diesem für unsere Zeit typischen „Design“ kommen?<br />

Sehen wir uns doch die alten Stadtentwicklungsmeister aus Italien mit<br />

ihren Werken an, auf die wir jetzt im deutschen Sprachraum so stolz sind.<br />

Diese haben in der Renaissance und im Barock reihenweise hervorragend<br />

in unseren Städten und in Böhmen gearbeitet. Davon will heute niemand<br />

mehr etwas wissen, weil plumpe Geschmacklosigkeit und Nüchternheit<br />

bevorzugt in Beton, Glas, Edelstahl und einfachste Holzlatten zum emotional<br />

Erfrieren zuhause sind. Nur eines ist sicher: In 30 Jahren ist die<br />

Behübschung und das Gebäude wegen dieser Billig-Primitivgesinnung<br />

nichts mehr wert und muss wegen Minderqualität abgerissen werden. –<br />

Vor kurzem war in den Lokalmedien, wo der Autor zuhause ist, zu lesen,<br />

dass alle Schulen, die von 1970 bis 1980 gebaut wurden, in den kommenden<br />

Jahren wegen Minderwertigkeit abgerissen werden müssen. Das sind<br />

allein im Bundesland Oberösterreich 200 Schulen!<br />

Der Rektor einer Kunsthochschule erklärte einmal dem Autor: „Was wollen<br />

Sie denn mit den Italienern hier in unserem Land?“ Es geht nicht um<br />

die Italiener sondern um den Betonköpfen ein feminines Gefühl für Charme<br />

in die Stadt zu bringen, für Erotik, die man gerne spüren will und nicht<br />

den grauslichen Formalhammer der Nüchternheit, die nur dann nicht<br />

bemerkt wird, wenn den Platz oder die Strasse tausende von Menschen<br />

bevölkern.<br />

Im Gegensatz zum herrschenden Primitivdiktat haben die eigenen Bürger<br />

ein Gespür dafür, dass jetzt in der Stadt nachhaltig etwas geändert gehört.<br />

Da ist zum Beispiel dieses Phänomen:<br />

Jeder erzählt begeistert von den „Lauben“ in Bozen und von vielen älteren<br />

italienischen Städten. Diese meistens etwa 200 Meter langen, teils<br />

doppelseitig der Straße oder Plätze angelegten Arkaden aus der Renaissance-<br />

und Barockzeit begeistern einfach jeden. – Vor allem weil das kein<br />

Museum ist sondern seit 400 Jahren immer noch interessante, attraktiv<br />

besetzte Geschäftsstraße. – Bis heute. Im deutschen Sprachraum sind in<br />

den Städten von diesen Arkaden leider meistens nur Bruchteile übriggeblieben.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Schattige Arkaden beim Rialto – Markt in Venedig und Arkaden mit Restaurant auf<br />

den Arkaden für den besten Blick auf den ODEON – mäßig angelegten Marktplatz am<br />

Hauptplatz in Greve in Chianti<br />

Wenn solche Nachfahren von Arkaden und Wetterschutz für Geschäftsstraßen<br />

des 21. Jahrhunderts durch Masterpläne entwickelt werden, um<br />

endlich wieder die Standortqualität – wie oft vor Jahrhunderten schon<br />

gehabt zu kommen, dann erntet der Stadtentwickler – noch – Unverständnis:<br />

Da sind die Stadtplaner plötzlich keine Stadtplaner mehr sondern Verhinderer<br />

der Planung. Die Stadterneuerung historischer Innenstädte<br />

beschränkte sich in vielen Städten jahrzehntelang auf Surrogate wie<br />

„Hygienemaßnahmen“ wie einheitliche Möblierung (Mistkübel, Bänke,<br />

Infoschilder an den historisch wertvollen Häusern), Beleuchtung der<br />

Strassen und wertvoller Häuser sowie Grün-, Blumen-, Sträucher-, Bäumeprogramme<br />

und moderne Skulpturen sowie Brunnen aufstellen um die<br />

armen Künstler zu beschäftigen. Wichtig ist auch der Ersatz des Asphalts<br />

durch die alten Straßenbeläge um die Jahrhundertwende wie Granit- oder<br />

z.B. Porphyrböden mit breiten Fugen. - Sehr zum Leidwesen der Weiblichkeit,<br />

die mit ihren Bleistiftabsätzen in vorsintfl utlichen Bodenbelägen<br />

stecken bleibt und die Stadtplaner verfl ucht.<br />

Dieses kostspielige Programm erscheint wie ein „zurück zum Zustand um<br />

die Jahrhundertwende“ und dazu noch ein paar moderne Zeichen setzen<br />

, die niemandem weh tun.“<br />

Diese Hygienemaßnahmen binden nachhaltig keine Frequenz und noch<br />

weniger nachhaltig die Kaufkraft. Sie sind nett, aber nur sekundär in der<br />

Stadterneuerung wichtig. Wesentlich wichtiger als diese Behübschungsmaßnahmen<br />

sind die anderen hier behandelten Themen, erst dann sollten<br />

diese umgesetzt werden, wenn die zentralen MALL-Themen mit Wetterschutz<br />

erledigt sind.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

44<br />

Ganz anders verhält es sich bei Attraktivitätssteigerungen z.B. durch Wetterschutzmaßnahmen:<br />

Nach St. Veit/Glan in Kärnten pilgern pro<br />

Jahr 800 Busse mit Meinungsführern aus<br />

dem ganzen deutschen Sprachraum nur<br />

um eine glasüberdachte Geschäftsstraße<br />

der 90er Jahre als Wetterschutz zu sehen.<br />

Jeder ist erstaunt, dass die Geschäftsstraße<br />

offensichtlich „funktioniert“ und nicht<br />

nur die rund 100 m Erdgeschoß mit Läden<br />

besetzt sind sondern auch die Obergeschosse<br />

in den Häusern. Bürgermeister<br />

LAbg. Mock von St. Veit an der Glan muss<br />

man nicht mehr überzeugen, ob die Überdachung<br />

einen Sinn hatte .Diese Investition<br />

ist schon vielfach wieder hereingespielt<br />

worden. Er treibt die Stadterneuerung<br />

permanent mit seinem langfristigen Masterplan<br />

voran.<br />

St. Veit an der Glan/Ktn.:<br />

Bischof Bernhard Straße<br />

Leider nicht so im 30 km entfernten Klagenfurt: Grundidee war einen<br />

modernen Wetterschutz gegen knallende Sonne und Regen über zwei Geschäftstrassen<br />

zu errichten. Das Projekt wurde bei der Präsentation mit<br />

folgenden klassischen Argumenten verteufelt:<br />

1. „Was geht den das an?“ Wie kommt der dazu – ist ja kein Stadtplaner?<br />

(Die Stadtplanung lehnte den Wetterschutz als ziehendes Verbindungselement<br />

zwischen dem neuen EKZ und der Innenstadt ein Jahr vorher<br />

kategorisch ab. – Also was sollen wir mit Beamten planen, die partout<br />

nichts planen wollen?)<br />

2. „Was für ein Studentenstreich an Planung!“ Disqualifi kation der<br />

Wetterschutzplaner als Anfänger-Architekten. Tatsächlich wurde dieser<br />

Wetterschutz gemeinsam mit einem der größten und renommiertesten<br />

österreichischen Architekturbüros in Wien entwickelt .<br />

3. „Die Stadt ist schon gebaut! Wir haben doch so schön restaurierte Häuser<br />

mit ihren wunderbaren Fassaden!“ Die wollen die Besucher sehen.<br />

Der Wetterschutz verstellt nur den Blick darauf.“ – Das können sie auch,<br />

weil bei normalem Wetter ist der Himmel über dem Wetterschutz als<br />

variables Markisensystem offen. Wenn es regnet ist die Frequenz weg<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

aus der Stadt oder unter einem Regenschirm. Wer einen Regenschirm<br />

aufgespannt hat, sieht auch nicht die schönen Häuser sondern ist froh<br />

wenn er – eben nicht wettergeschützt – rasch nach Hause kommt.<br />

4. „Mein Gott, der heilige Denkmalschutz wird wohl böse sein!“ Es waren<br />

zwar in der Majorität keine denkmalgeschützten Häuser in den beiden<br />

Geschäftsstraßen betroffen und auch nicht vom Wetterschutz direkt<br />

berührt. Die Konstruktion erfolgt mit kleinem Abstand, damit kein Regen<br />

durchkommt, abgehoben von der Häuserfront nur am öffentlichen<br />

Gut. Aber man redet sich auf überörtliche Amts-Gewalten aus. (Diese<br />

arbeiten im Übrigen genauso mit Glasvorbauten zu denkmalgeschützten<br />

Gebäuden)<br />

5. „Das kostet viel Geld und wir als Stadt haben keines.“ Die Hälfte der<br />

Kosten wäre durch das Land Kärnten als echtes Zukunftsprojekt fi nanziert<br />

worden und auch die Liegenschaftseigentümer hätten mitfi nanziert.<br />

– Letztlich wäre ein eher lächerliche Betrag in Relation zur zentralen<br />

Bedeutung und erwarteten Zugkraft mit vielleicht 1 Mio. Euro<br />

geblieben.<br />

Parallel dazu wird in der Stadt ein Fußballstadion für die Europameisterschaft<br />

um ein Vielfaches ohne Nachnutzung und für kaum nachhaltig<br />

geschaffene Arbeitsplätze gebaut. Das alles wäre noch zu ertragen, wenn<br />

weder die Unternehmer noch die Bürger einen solchen Wetterschutz haben<br />

wollen. Dem ist aber überhaupt nicht so:<br />

Parallel dazu wurden die Unternehmer der beiden betroffenen Straßen zu<br />

der Maßnahme Wetterschutz als Anbindung an das neue EKZ „City-Arkaden“<br />

in Klagenfurt im Frühjahr 2006 befragt.<br />

Ergebnis: 95 % Zustimmung (!)<br />

Parallel dazu wurde im Dezember 2005 durch die Universität Klagenfurt<br />

eine Befragung von n = 600 Passanten rund um mögliche Anbindungsmaßnahmen<br />

an das neue EKZ befragt. Die Passanten äußerten zum neuen<br />

Wetterschutz als Überdachungsform das:<br />

Ergebnis: 99 % Zustimmung (!), dagegen nur rund 50 % Zustimmung<br />

für das Verlegen von Lichtern im Boden als Anbindungsmaßnahme<br />

(Mehr darüber siehe späteres Kapitel „Wetterschutz“…)<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

46<br />

Das heißt: Die Politik arbeitet beim Blockieren von Maßnahmen<br />

des Wetterschutzes für die MALL der Innenstadt oder Stadtviertelzentren<br />

gegen die eigenen Bürger und Unternehmer.<br />

Sinkt die Fußgängerfrequenz nachhaltig, dann ist das ein Zeichen,<br />

dass die Stadt nachhaltig an Attraktivität verliert.<br />

Für den Kommerz ist die Stadt gebaut worden und nur blühender Kommerz<br />

erlaubte in der Vergangenheit die Förderung von Kunst und Kultur<br />

sowie Ämter und Behörden in der Stadt. Umgekehrt wird es nicht funktionieren.<br />

„Stadtluft macht frei“ hieß es vor Jahrhunderten. Heute sollte es heißen<br />

„Stadtluft bietet attraktives Geschäftsleben und die besten Dienstleistungen“.<br />

Deshalb sind schöne gefärbelte Häuser beim im Schnitt mindestens<br />

wöchentlichen (!) Besuch der Bürger keine Sensation, deshalb kommt der<br />

Bürger nicht in die Stadt.<br />

Manche Geschäftsstrassen, z.B. in Italien, sind schon 1000 Jahre alt und<br />

funktionieren noch immer.<br />

Beispiel: Die Geschäftsstraße zwischen dem Dom und der Piazza Matteotti<br />

in Siena (60.000 Einwohner).<br />

Siena hat mit seinen rund 60.000 Einwohnern in seiner uralten<br />

Hauptgeschäftsstraße am besten Frequenzpunkt zwischen zwischen<br />

Via di Citta und der Piazza Matteotti am besten Frequenzpunkt = Sopra<br />

di Banchi, 200.000 durchschnittliche Wochenfrequenz während<br />

der Geschäftszeit während des Jahres. (Nicht nur im Sommer zur<br />

Hauptzeit für den Tourismus.) Die Einwohnerzahl schlägt sich also<br />

an diesem Frequenzpunkt 2- bis 3 mal um in der Woche um.<br />

Der Erfolg hat vier Beine:<br />

1. Die Stadt hat kaum eine grüne Wiese. Die eigenen Bewohner kaufen<br />

in der eigenen Zentrum. Daher sind auch noch viele Contradas,<br />

also Viertelgeschäftsstraßen mit dem (oft archaisch anmutenden)<br />

Angebot von täglichem Bedarf und wichtigsten Non-foodwaren intakt.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

2. Siena ist die Hauptstadt der Provinz Siena mit weitem Einzugsbereich.<br />

Florenz als nächste Konkurrenz liegt immerhin 80km entfernt.<br />

3. Siena ist Sprachuniversitätsstadt. Monate oder das ganze Studienjahr<br />

über sind Studenten aus aller Welt in der Stadt und sorgen für<br />

bleibende Ausgaben Tag und Nacht.<br />

4. Direkt in der Stadt (Sie ist zum Großteil eine historische Stadt)<br />

sind viele Hotels mit bleibenden Gästen untergebracht.<br />

Tagestouristen, unter denen sich ein hoher Anteil an Bustouristen<br />

befi ndet, sind für die Stadt eine Belastung. Geringe Ausgaben in<br />

Handel und Gastronomie stehen Logistik- und REinigunstkosten gegenüber.<br />

Massen mit Fahnenträger voran verschrecken kaufkräftige<br />

einzelne Bürger und in der Stadt nächtigende Touristen.<br />

Planungseckwerte einer 1000 Jahre bis heute funktionierenden<br />

Geschäftsstrasse am Beispiel Siena in der Toskana in Italien:<br />

1. Eine Geschäftsstraße ist kein historischer Platz für die Wettspiele<br />

der Fürsten. Dazu ist der eigens dafür angelegte Platz Campo in<br />

Siena da, der auch primär mit Gastronomie besetzt ist und ansonsten<br />

nur Touristenartikel – Handel, aber kaum Fachhandel.<br />

Quelle Gruppe<br />

Schörghuber,<br />

Bild aus der<br />

Studie „Siena<br />

– strategische<br />

Überlegungen<br />

zum Stadt- und<br />

Standortmarketing<br />

und besseres<br />

Marketing<br />

für die Altstadt<br />

der Zukunft in<br />

Siena, 2001.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

48<br />

2. Eine Geschäftsstraße ist auch kein Marktplatz wie die piazza<br />

mercato direkt hinter dem Fürstenpalais mit seiner für den Süden<br />

typischen Markthalle wie sie im 12. bis 15. Jahrhundert in vielen<br />

Städten gebaut wurden.<br />

3. Eine Geschäftsstraße beginnt beim oder nahe dem Landmark<br />

und „Knoten“ Kirche oder Dom und zieht sich bis zum Fuß des<br />

Knotens „Schloss“.<br />

4. Die Geschäftsstraße ist wetterschützend angelegt: Sie muss in<br />

südlichen Gefi elden eng geführt und mit hohen Häusern wegen dem<br />

Schattenspenden eingegrenzt sein. Deshalb haben die Geschäftsstrassen<br />

auch immer nur eine Breite damit zwei beladene Fuhrwerke<br />

aneinander vorbeifahren konnten, also nur etwa 6m bis 20m Breite.<br />

5. Die geschickte Geschäftsstraße wird auch noch wegen einem anderen<br />

Grund so eng angelegt: „Wo sich die Hinterteile reiben, da<br />

wird eingekauft“. Also mache die Geschäftsstraße so eng wie nur<br />

möglich. Dann reibt und staut es sich. Die Passanten jammern und<br />

schimpfen, dass sie nicht weiterkommen weil beim Geschäft so<br />

viele Leute stehen und in die Auslagen bewundern. Geht der Erste<br />

ins Geschäft, folgt der Nächste. Sehen wir viele Leute im Geschäft,<br />

dann muss der/die PassantIn auch nachsehen was es da gibt . . .<br />

Quelle: Gruppe<br />

Schörghuber; aus der<br />

Studie „Siena – strategische<br />

Überlegungen zum<br />

Stadt- und Standortmarketing<br />

und besseres<br />

Marketing für die Altstadt<br />

der Zukunft, 2001<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Zu beachten: Die geringe Breite der Hauptgeschäftsstraße an dieser<br />

Stelle Höhe Chiasso del Bargello, einem kurzen Abgang zum Campo.<br />

6. Die Geschäftsstraßen sind möglichst so in der Himmelsrichtung angelegt,<br />

dass sie nur leichten Wind in die Hitze des Tages bringen, vor Sturm, - der<br />

meistens nur aus ein bis zwei Richtungen kommen kann, - aber schützen.<br />

7. Nebenstraßen sind eng wegführend und haben kaum Handelsbedeutung.<br />

Die Italiener haben das schon vor Jahrhunderten<br />

kapiert und den Handel auf die Hauptgeschäftsstraße limitiert.<br />

8. Die Geschäftsstraße ist keine irgendwie gewachsene Handels-,<br />

Wirts- und Kaffeehäuser-Banken-Ämter und Behörden<br />

– Straße. Die Geschäftsstraße ist zu mindestens 70 %<br />

der gebotenen Verkaufsfl ächen eine Handelsstraße und hatte historisch<br />

immer auch den Geldhandel, was im 20. Jahrhundert immer<br />

ärgerlich durch die Ausbreitung der Bankgebäude an den besten<br />

Plätzen mit fader Auslagenqualität auffi el. Im 21. Jahrhundert<br />

hat eine Bank außer mit seinem 24 – Stunden Cashmanagement<br />

– Automaten nichts mehr im Erdgeschoß der Geschäftsstraßen zu<br />

suchen und gibt auch bereits diese Flächen mehr und mehr dafür<br />

frei.<br />

Der Geschäftsstrassentyp Pracht-„Boulevards“ und erfolgreiche „Geschäftspassagen“<br />

sind schon an die 200 Jahre alt. „Boulevards“ – sind auf<br />

den geschliffenen Bollwerken gegen Napoleon und andere Eroberer rund<br />

um jeden historischen Kern der Städte angelegt worden. Boulevards und<br />

Einkaufspassagen waren der Impulshit der damaligen Neuzeit für gehobene<br />

Bürger und Adelige, auf den dann Gründerzeit ab 1890 als nächster<br />

Schub der Stadtentwicklung noch periphärer erfolgte.<br />

Dieses Impulsprogramm neuartige Einkaufatmosphäre in den Stadtraum<br />

zu setzen brachte eine gewaltige Investitionswelle in die Wohn- und Palaishäuser<br />

mit seinen damals üblichen Verwaltungseinheiten in Freihäusern<br />

zustande. Warum sollen wir das nicht auch mit einer neuen Stadtentwicklung<br />

schaffen?<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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Die ersten Geschäftspassagen entstanden in London. 200 Jahre alte Einkaufsarkaden<br />

ziehen heute noch die Frequenz an und faszinieren durch<br />

ihre edle Stadtatmosphäre, die sie ausstrahlen.<br />

Das Problem ausreichende<br />

Beleuchtung bei Regen und<br />

vornehmer Wetterschutz<br />

wurde also bereits im 19.<br />

Jahrhundert durch Geschäftspassagen<br />

gelöst.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

(200 Jahre alte) Arkaden mit schöner<br />

Präsentation exquisiter Ware könnten in<br />

jeder Stadt die „Kernauslagen“ bilden, die<br />

man bei einem Stadtbesuch immer wieder<br />

zuerst gesehen haben muß!<br />

Foto links: Quelle Freizeitkurier 2005;<br />

Galleria Vittorio Emanuele II, Mailand (gebaut<br />

1865-1877) stellvertretend für viele in dieser Zeit<br />

in den Großstädten zwischen 1850 bis 1890 in<br />

ganz Europa entstandenen herrlichen Einkaufspassagen.<br />

5. GRUNDBEGRIFFE: PLANUNGSECKWERTE FÜR EIN-<br />

KAUFSPASSAGEN, DIE SELBST NACH 200 JAHREN<br />

NOCH FUNKTIONIEREN<br />

I. Klassische Passagen haben vor der Eingangstüre zur Passage und<br />

auch am Ende in die nächste Straße mündend ausreichend Frequenz<br />

um mit der Frequenzabschöpfungsrate ® ausreichend Besucher<br />

in die Passage schaufeln zu können. Passagen wirken dann zu<br />

den Hauptgeschäftszeiten gut besucht, wenn sie zumindest 30.000<br />

Wochenfrequenz während der Geschäftszeit Montag bis Samstag<br />

zustandebringen. Zugleich zeigt die Erfahrung, dass mit mindestens<br />

30.000 Wochenfrequenz vor der Türe sehr viele der typisch für eine<br />

Passage kleinstrukturierten Fachgeschäfte aus dem grundsätzlich<br />

möglichen Branchenmix für eine Innenstadt (über-) leben können,<br />

nachdem die Kleinen zu 99 % immer Frequenznutzer sind.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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II. „Gestandene“ Passagen bilden kein „T-Stück“ am Ende. Sie beginnen<br />

nicht vorne großartig und verenden dann rückwärts im Dunkeln.<br />

Passagen sind „Passagen“, die einladen zum Durchgehen<br />

und keine Gänge, die ins Nichts führen!<br />

PASSAGEN KÖNNEN DAHER IN ZWEI VARIANTEN<br />

REALISIERT WERDEN:<br />

II A) Verbinden von zwei (Geschäfts-) Strassen miteinander oder<br />

verbinden des Marktplatzes mit der MALL<br />

II B) Die Passage verbindet einen zentralen Parksilo für die Innenstadt<br />

(oder eines Busbahnhofes mit hoher Frequenz) mit der MALL. (Einen<br />

zentralen Parksilo für die Kernstadt anzulegen empfehlen wir<br />

dringend statt dem üblichen Fleckerlteppich. Diese Maßnahme ist<br />

auch in jedem der Masterpläne für Innenstädte enthalten, ebenso<br />

das Schrankensystem mit dem generell erst nachher zu Bezahlen<br />

und erste Stunde Gratisparken).<br />

Um ausreichende Frequenz für eine gute wettergeschützte Passage zu bekommen,<br />

brauchen wir angenommen 1.000 Stellplätze, die sich etwa dreimal<br />

täglich mit im Schnitt 1,5 Personen je PKW umschlagen. So werden<br />

die 30.000 Frequenz dann in der Passage erreicht. Wenn die Parkplätze<br />

sich viermal am Tag im Schnitt umschlagen, weil auch ein Abendbetrieb<br />

in der Stadt zu erwarten ist, so reicht eine Kapazität von 800 Stellplätzen.<br />

Direkt vorne beim Ende der Passage liegt dann die Geschäftsstraße.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Mit so einer Aufschließungskonzeption über einen attraktiven Verbinderstollen<br />

erreichen wir folgendes:<br />

Der Parksilo für die Kernstadt kann damit bis etwa<br />

100 Meter Luftlinie entfernt von der MALL liegen …<br />

… und wird mit hoher Sicherheit auch angenommen. Wir verbinden den<br />

Parksilo interessant durch die Geschäftspassage – vor allem wettergeschützt<br />

(!) mit der MALL bzw. dem Knoten Marktplatz.<br />

Die oben geschriebene Anzahl von 1.000 Stellplätzen um 30.000 Frequenz<br />

überhaupt logistisch schaffen zu können, erschreckt wahrscheinliche<br />

viele Planer und Projektentwickler. Die Realität zeigt aber, dass selbst<br />

in Kleinstädten mit 5.000 bis 10.000 Einwohner locker 1.000 Kurzparkplätze<br />

und Parkplätze ohne Gebühr irgendwo im Gebiet der Kernstadt<br />

verstreut liegen. Dieser Suchverkehr nach Parklücken irgendwo im Gelände<br />

hört sich mit diesem zentralen Parksilo auf. Ebenso brauchen wir<br />

auch keinen von den Autofahrern gehassten Parksheriff, der seine Strafen<br />

für zu langen Stadtgenuss austeilt.<br />

Geschickte Planer werden den Parksilo von den Baukosten her billig als<br />

luftige, für die Frauen sicher erscheinende Hochgarage mit zwei bis drei<br />

Parketagen über dem Erdgeschoß konstruieren. Im Erdgeschoß werden<br />

zur Finanzierung großfl ächige Fachmärkte platziert. Diese Flächen führen<br />

dann in die Geschäftspassage, die ebenfalls zur Finanzierung des Parksilos<br />

dient.<br />

Die Geschäftspassage hat eine Gesamt-Flächenbreite von mindestens ca.<br />

15 Meter bis maximal ca. 100 Meter (bei beiderseits Fachmärkten) und<br />

bietet wenn möglich eine geschlossene Auslagenwelt über die ganze Länge<br />

der Passage. Ebenso sollte die Passage auch „aufschiebbare“ Auslagenfenster<br />

mit Schienen im Boden haben um eine noch luftigere Atmosphäre<br />

im Sommer in der Passage zu gewährleisten und die Frequenz in die Geschäfte<br />

zu locken.<br />

Die Geschäfte links und rechts haben mindestens 5 m Tiefe und der Gang<br />

in einfachster Angebots- und Frequenzfassung angenommen 4m Breite,<br />

total also rund 15m Mindestbreite. Je nach baulicher Gegebenheit werden<br />

teils oder immer auch Geschäftstiefen bis angenommen 50m möglich<br />

sein um neben den Geschäften zusätzlich Fachmärkte in der Geschäftspassage<br />

zu platzieren. Der Gang bietet bei größer besetzten und längeren<br />

Passagen bis 200m MALL noch je einen Meter Platz für beide Geschäfts-<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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seiten für die Zweitplatzierungen und angenommen 3 bis 4m Breite für<br />

die Passanten.<br />

Auch hier gilt der Kernsatz um die Schrittgeschwindigkeit zu reduzieren<br />

und Interesse an den Auslagen zu produzieren: Keine zu große Gangbreite:<br />

„Je mehr sich (durch die sehr langsam gehende, stockende Frequenz)<br />

die Hinterteile reiben, desto besser läuft das Geschäft.“<br />

In Passagen, wo man durchrennen kann weil schön breit gebaut, wird sich<br />

der Einkauf in Grenzen halten. Es geht dabei auch um die Optik: Wenn<br />

eine Passage „leer“ erscheint, wird die Schrittgeschwindigkeit automatisch<br />

erhöht. Wer rennt kann nicht die Auslagen und Zweitplatzierungen ansehen,<br />

daher kann er/sie auch nicht ins Geschäft hereingezogen werden.<br />

III. Je nach geplanter Ausstattung der Passagenbonität könnte diese bei<br />

den Fachmärkten unter dem Parksilo und dann am Ende der Passage mit<br />

einem Klimavorhang abgeschlossen sein um eine Klimatisierung als perfekten<br />

Wetterschutz in der Passage bieten zu können.<br />

IV. Weiters sollte die Passage beim Eingang zur MALL von den angenommen<br />

5m Breite auf 10m Breite gehen um die Funktion eines Auffang- und<br />

Hereinziehtrichters zustande zubringen. Damit Ziehfunktion entsteht<br />

sollte auch der Eingang in die ersten Geschäfte links und rechts davon<br />

etwas in den Trichter hineinführen, auch die Auslagen ebenso in die Passage<br />

hereinziehen. Nachdem diese beiden Pole-Positions von Outlets also<br />

wichtig sind für die Zugfunktion sollte sie typisch für die Philosophie der<br />

Passage stehen.<br />

V. So eine „Geschäftspassage“ ist beim Eingang schon bis ans Ende<br />

durchsehbar: Niemand sollte sich mangels Durchsicht in einem<br />

Erdloch gefangen fühlen, je mehr man nach rückwärts geht.<br />

VI. Die Passage hat ein Thema, damit leicht begreifbar erkannt wird,<br />

wofür sie steht und was sie Besonderes bietet. Manche alten Passagen<br />

haben sogar eigene Wächter als Helfer und Aufpasser, welche<br />

für Ordnung und Sicherheit sorgen.<br />

VII. Die Passage bietet Wetterschutz und ausreichend Tageslicht. Der<br />

Wetterschutz ist gegenüber der Innenstadt ein großer Vorteil für die<br />

Passage.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

VIII. Die gestandene Passage ist 70m bis 200m lang. Nicht länger.<br />

Ab 100 Meter Länge sollte bei der Hälfte des Weges ein Knoten mit<br />

etwas Gastronomie eingebaut werden. Eine mögliche Kombination:<br />

Eine kleine italienische Tagesbar als femininer Betriebstyp, eine<br />

bierorientierte Bar als männlicher Betriebstyp und ein Finger- oder<br />

Fastfoodbetrieb. Alle drei haben getrennte Schanigärten in der Passage.<br />

IX. Die Gastrobesetzung fi ndet sich nur im Knoten. Sonst ist es eine<br />

wirklich handelsbesetzte Geschäftspassage , mit handelsartigen<br />

Dienstleistern des täglichen Bedarfs wie Bäcker / Fleischer / Konditor<br />

/ Putzerei.<br />

X. Solche Geschäftspassagen können zugleich die vielleicht in der<br />

Stadt fehlende MALL bilden. Oft gibt es Kleinstädte, die wohl einen<br />

Hauptplatz als Marktplatz haben, der zugleich Treffpunkt mit<br />

Schanigartenzeile, Märkteabhaltungsplatz, Eventplatz und auch<br />

Geschäftsstraße ist. Rundherum gibt es nur kurze Äste an Geschäften<br />

in den Nebenstraßen.<br />

So ein Hauptplatz ist in den Funktionen eine eierlegende Wollmilchsau.<br />

Das kann ja nicht funktionieren.<br />

Daher gehört so ein Funktionsdurcheinander mit dem wirtschaftlichen<br />

Masterplan entwirrt und zerlegt in eine MALL (kann sein z.B. die vorher<br />

beschriebene Geschäftspassage als Verbinder zum Parksilo oder indem<br />

ein „Stutzerl“ als bisherige Geschäftsstraße ausreichend lange anliegend<br />

an den Knoten Hauptplatz als Achse neu angelegt wird) und extra einen<br />

erstklassigen Hauptlatz als Bühne zu entwickeln.<br />

Dieser muß dann technisch mit den Anschlüssen für Wasser, Normalstrom<br />

und Starkstrom im Karree überall gerüstet sein und Wetterschutz<br />

zumindest über die Gehsteige (als Arkaden) haben. Vielleicht ist der<br />

Marktplatz selber mit einem luftigen Dach als Marktplatz bzw. wettergeschützter<br />

Markthalle ausgerüstet…<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

56<br />

6. GRUNDBEGRIFF: DIE ANSIEDLUNG VON MAGNETBE-<br />

TRIEBEN ZWINGT ZUR ATTRAKTIVEN LÖSUNG AUSREI-<br />

CHENDER PKW-STELLPLÄTZE IN EINEM DIREKT ANGE-<br />

BUNDENEN PARKSILO.<br />

Immer wieder wird in Workshops gefragt: „,wie weit geht heute der Stadtbesucher<br />

vom Parkplatz zum Geschäft?“ Antwort: „Die Frau stellt in der<br />

Majorität die Frequenz in der Stadt und Sie fährt heute am liebsten direkt<br />

ins Geschäft hinein“.<br />

WANDERN VOM PARKPLATZ IN DIE CITY IST URLAUBS-<br />

BESCHÄFTIGUNG<br />

Das ist was für Urlauber, die drei bis vier Tage im Schnitt gebucht haben.<br />

Wandern von außen nach innen ins Zentrum ist nichts für ein Kommerzzentrum,<br />

wo Zeit gleich Geld ist.<br />

Rund 40 % der Käufer bevorzugen bereits den Gratisparkplatz vor dem<br />

Eingang sowie wettergeschützte Einkaufsstätten, wie es von EKZ und<br />

Fachmarktzentren geboten wird.<br />

Das heißt, die Kundin will das und nur das:<br />

5 A) Sie weiß, dass sie im Parksilo immer einen Parkplatz bekommt, der<br />

Parksilo also im Aufnahmepotential auf Maximal- und nicht auf Minimalfrequenz<br />

ausgelegt ist. Für das Kreisen und das jämmerliche<br />

Parkfl eckerlsuchen in der Innenstadt ist heute keine Zeit mehr.<br />

5 B) Sie weiß, dass sie sich im Parksilo sicher fühlt. Das ist nirgendwo<br />

in Tiefgaragen der Fall, daher bevorzugt sie eindeutig luftig frei<br />

konzipierte Hochgaragen. Diese Stellplätze sind noch dazu mindestens<br />

um die Hälfte günstiger in der Errichtung als Tiefgaragen.<br />

Sofort kommt immer wieder der Einwand „Wir haben keinen Platz<br />

für Hochgaragen in der Innenstadt.“ Der Autor kann Sie beruhigen:<br />

In den letzten zehn Jahren hat er immer genug Platz – sogar meistens<br />

für mehrere Varianten von Standorten für so eine Hochgarage<br />

gefunden!<br />

5 C) Sie möchte bis ins Geschäft fahren. Das heißt, Sie möchte das Geschäft<br />

bzw. den großfl ächigen Magneten schon von der angefahrenen<br />

Parkebene aus sehen. Daher hat das an die Hochgarage angegliederte<br />

Einkaufszentrum mindestens zwei Geschosse und mindestens<br />

drei Parkgaragengeschosse. Die Differenz ergibt sich aus den unter-<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

schiedlichen Geschosshöhen von EKZ und Parkdeck.<br />

5 D) Sie möchte wettergeschützt bis ins Geschäft gehen können.<br />

Daher werden moderne Magnetansiedlungen so konstruiert:<br />

I. Magnetbetriebe wollen primär im Verbund auftreten und lassen sich<br />

das EKZ - Management und die Bewerbung des Standortes durchaus<br />

etwas kosten.<br />

Verbund heißt Mindestfl ächen für die Bildung eines Einkaufszentrums<br />

von 12.000 bis 17.000 m2 Verkaufsfl äche und mindestens<br />

etwa 400 Stellplätze direkt daran angegliedert.<br />

II. Nachdem die Innenstadt verdichtet gehört und der Quadratmeter<br />

sehr teuer ist, haben wir in mindestens zwei Etagen den Handel im<br />

Einkaufszentrum (darüber Dienstleisterpraxen und wieder darüber<br />

Penthousewohnungen oder ein Hotel) und kommen damit direkt<br />

im Erdgeschoß in der Geschäftsstrasse heraus. So werden auch die<br />

Nachbargeschäfte in der zukünftigen Mall vom Großmagneten mit<br />

Frequenz frisch umspült.<br />

III. Damit kann jeder Innenstadtbesucher so lange in der Innenstadt<br />

bleiben wie er/sie will . Zumindest die erste Stunde ist gratis . Der<br />

böse Parksheriff ist damit gestorben.<br />

IV. Wenn aus irgendeinem Grund doch in eine Tiefgarage gegangen werden<br />

muss, so sollte diese weite Öffnungen durch alle Tiefetagen bis<br />

zur Oberfl äche bekommen. Noch schöner wären im Tiefgeschoss gepfl<br />

anzte Bäume, die an der Oberfl äche durch einen Ausschnitt in der<br />

Decke herauskommen und so Untergeschoss mit dem Obergeschoss<br />

verbinden. Hochgaragen sollten einen nett gehaltenen Abgang (keine<br />

primitive Fluchtstiege!) auf die Geschäftsstrasse bzw. belebten<br />

Platz haben. Das wirkt Sicherheitsgebender als die Klaustrophobie<br />

fördernden grauen betonarmierten Gänge mit ihren Urinecken und<br />

den schweren Eisen-Fluchttüren, den grausam kalten Edelstahlhandläufen<br />

bei den Stiegen, sowie den schmucklosen engen Liftkabinen.<br />

Dieses meist primitiv billig gehaltene Design vermittelt mehr<br />

den Eindruck eines Staatsgefängnisses als die prickelndeVorfreude<br />

auf das Stadterlebnis.<br />

Eine Untugend der Planer ist die Konstruktion der PKW-Einfahrt in jeder<br />

zweiten Parkgarage. Die Schranken gehören in die Gerade und nicht in<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

58<br />

eine Kurve, wo das Ticket mit akrobatischen Langarmfähigkeiten gelöst<br />

werden muss. Weiters gehören die Parkplätze endlich 2,70m breit geplant<br />

um speziell den Frauen volle Bewegungsfreiheit ohne Schmutzzulage<br />

beim Anstreifen des Nachbar – PKW zu geben und der Welle an überbreiten<br />

Freizeit-PKW’s vom Land Rover, Jeep, bis zum Pacero gerecht zu<br />

werden.<br />

Eigene Frauenparkplätze sind sinnlos, denn zukünftig kommt die Majorität<br />

der Frauen mit dem Auto in die Garage.<br />

Quelle: Gruppe Schörghuber; BID Völkermarkt, Montage für den Masterplan<br />

DIE KUNDIN MÖCHTE AM LIEBSTEN INS GESCHÄFT<br />

FAHREN!<br />

Das ist mit dem 1. Schritt so vorstellbar:<br />

Parken (im innerstädtischen EKZ) ohne Zeitlimit solange man will (erste<br />

Stunde gratis).<br />

2. Schritt:<br />

Das Geschäft oder der Fachmarkt leuchtet von der innerstädtischen Park<br />

– Hochgarage schon von weitem mit seiner Glasfront. So wird auch die<br />

Furcht vor der Dunkelheit und Einsamkeit in Garagen durch den „Lichtblick<br />

Geschäft“ überwunden.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Wenn keine Hochgarage durch bestimmte Umstände in Frage kommt,<br />

dann kann das folgende Masterplanbeispiel eine Anregung liefern:<br />

Quelle Gruppe Schörghuber; BID „Stadtentwicklungsoffensive Völkermarkt/Ktn.“ (11.000<br />

Einwohner): Eine von vier Visionen aus dem wirtschaftlichen Masterplan zur ausreichenden<br />

Erschließung der Rathauspassage und der Kernstadt mit Stellplätzen sowie zugleich<br />

Verkehrsberuhigung des Suchverkehrs nach den vielen kleinen Parkplätzen an der<br />

Oberfl äche. Von der Bundesstraße aus unterirdisch „bis in die Geschäfte fahren, die schon<br />

im Untergeschoss angesiedelt werden“ und so die Angst vor Tiefgaragen nehmen.<br />

7. GRUNDBEGRIFF: NEBEN DEM MAGNET „ATTRAKTIVES<br />

BRANCHENMIX“ ALS ACHSE AUCH EINEN MAGNET „DE-<br />

SIGNTES MARKTWESEN“ ALS KNOTEN INSTALLIEREN<br />

Die neue Stadtentwicklung wird nicht nur den gebotenen Kommerz in der<br />

Innenstadt wandeln und nachhaltig attraktiver gestalten. Das bisher gebotene<br />

städtische Marktwesen sollte von der Stadtentwicklung her ebenfalls<br />

einer grundlegenden Revision unterzogen werden.<br />

Wir stehen vor einer Renaissance des Marktwesens durch die neuen Organisationen<br />

„designter“ Märkte, die nach dem Modell von Prof. Schörghuber<br />

seit 1994 funktionieren: Heute bringt ein designter Frischemarkt<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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am Freitag zwischen 1.000 und 3.000 Mehrfrequenz gegenüber normalen<br />

Freitagen ohne Markt. In extrem auf Märkte ausgerichteten Städten<br />

wächst diese Zahl bis zu 15.000 am Markttag an. (Beispiel: Vöcklabruck/OÖ.<br />

bei rund 11.000 Einwohner)<br />

Ebenso bringen auch designte permanente Nonfoodmärkte am Samstag<br />

diese Mehrfrequenz von mindestens 1.000 in die Innenstadt. Sogar ein<br />

zweiter permanenter Frischemarkt wird am Dienstag in kleineren Städten<br />

ab etwa 10.000 Einwohner möglich.<br />

Das heißt, diese Märkte wirken wie Magnetbetriebe. Sie sind etwas anderes<br />

als Stadtfeste, denn Markt heißt Vorbereitung auf den Einkauf.<br />

Wetterschutz auf Marktplätzen ist ebenfalls kein Tabuthema seit der Renaissance<br />

mehr sondern gehört bearbeitet. Ebenso ist die Technik für die<br />

verschiedensten Nutzungen Tag und Abend auf den neuesten Stand zu<br />

bringen, ebenso programmierbar die Lichttechnik und Farben vom Boden<br />

in den Markthallenhimmel projiziert um die jeweilige Stimmung untermalen<br />

zu können.<br />

8. GRUNDBEGRIFF: EINE STADTVIERTEL - AUFWER-<br />

TUNGSSTRATEGIE DURCH DEN FÄLLIGEN PARADIG-<br />

MENWECHSEL EINLÄUTEN<br />

Wenn sich die Fußgängerfrequenz immer mehr auf nur eine Geschäftsstrasse<br />

und einen Marktplatz als Treffpunkt in einem Stadtzentrum konzentriert,<br />

mutieren die anderen Straßenzügen immer stärker zu „Nebenlagen“.<br />

Die bisherige Antwort auf diese Tendenz in der Innenstadt ist der verzweifelte<br />

Versuch die niedergegangenen ehemaligen Geschäftsstrassen<br />

wieder mit Handels im Erdgeschoss zu besetzen. Stichwort „Leerfl ächen-<br />

Management“. Das funktioniert aber nicht, weil immer weniger Frequenz<br />

vor der Türe steht und 99 % der Kleinfl ächen - Besiedler nur Frequenznutzer<br />

und keine Magneten sind. Ohne Magneten verliert der Standort<br />

automatisch seine Bedeutung.<br />

Die Stadtviertelerneuerung für „Nebenlagen“ ist im 21. Jahrhundert anders<br />

zu sehen:<br />

Es geht hier nicht mehr um die Erneuerung einzelner veralteter Leerfl<br />

ächen sondern um eine komplette Neukonzeption jedes Hauses in den<br />

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Wachstumsfeldern der Dienstleistungen und nicht mehr im traditionellen<br />

Handel wie vormals. Nebenlagen nutzen die Innenstadt-Infrastruktur<br />

und für sie müssen Konzeptionen für Nichthandelshäusern entwickelt<br />

werden.<br />

9. GRUNDBEGRIFF: DEM SCHILDERCHAOS EIN ENDE<br />

SETZEN<br />

Ein wichtiger Zukunftstrend ist das Schaffen von sichtbarer Ordnung<br />

in der Stadt. Ein umfassendes Leitsystem einzuführen und den Verkehr<br />

sinnvoll in der Stadt zu seinen Vierteln und an die Parksilos der Innenstadt<br />

heranzuführen ist nicht so schwierig wie es erscheint.<br />

Derzeit gleicht die Beschilderung der Städte oft einem Torso. Da kugeln 15<br />

bis 20 verschiedene Teilleitsysteme und dann auch noch Firmenschilder<br />

irgendwo auf öffentlichen und privaten Standorten herum. Generationen<br />

von Schilderarten und Rostlauben zieren dicht bepfl astert, unlesbar den<br />

Weg. Mit dem muss radikal aufgeräumt werden.<br />

Situation in Linz/OÖ.<br />

(190.000 Einwohner)<br />

und in Gloggnitz/NÖ. (6.000<br />

Einwohner), wo zumindest<br />

versucht wurde, die Schilder<br />

gleich groß zu produzieren und<br />

sie in einen „Stadt Gloggnitz“<br />

- Rahmen zu geben.<br />

10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Quelle Gruppe Schörghuber; Wirtschaftlicher Masterplan<br />

mit der BID-Methode für Vöcklabruck (12.000<br />

Einwohner). Ausgangspunkt: Die Leitsysteme in<br />

Vöcklabruck/OÖ. 12.000 Einwohner.)<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

62<br />

1998 wurde das erste umfassende, einheitliche Leitsystem für eine Stadtgemeinde<br />

in Österreich von der Gruppe Schörghuber erfolgreich konzipiert.<br />

Das war für die Stadt Schwaz (11.000 Einwohner) in Tirol. Seither<br />

gibt es genug weitere Städte die das Problem geknackt haben.<br />

Schwaz vorher: Chaos pur wie meistens in den Städten anzutreffen<br />

Schwary Nachher:<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Quelle: Gruppe Schörghuber; umfassendes Leitsystem für die Stadtgemeinde Schwaz/Tirol<br />

Wer erstmals eine Stadt über alle Einfallstraßen besucht, wird am Weg in<br />

die Innenstadt seine Merkwürdigkeiten, unlogischen Wegführungen und<br />

schlichtweg typische „Verkehrsgemeinheiten“ von Autohassern unter den<br />

Verkehrsplanern schon erlebt haben. Auch diese Blödheiten lassen sich<br />

relativ leicht aufdecken und einfachere Systeme der Erreichbarkeit entstehen<br />

lassen. Eine Stadt mit der erkennbaren Aussperrung des Verkehrs<br />

ist eine tote Stadt. Das haben reihenweise die Generalverkehrskonzepte<br />

vieler Verkehrs-Zivilingenieure der 80er Jahre und bis Mitte der 90er<br />

Jahre gezeigt. Genauso ging die Welle an Errichtungen von Fußgängerzonen<br />

unter 30.000 Wochenfrequenz ziemlich immer in Richtung Frequenzfl<br />

ucht und brutaler geschäftsmäßiger Vernichtung.<br />

Bei Städten unter 50.000 Einwohner stehen wir nach wie vor bei mindestens<br />

70 % Modalsplit an Innenstadtfrequenz die mit dem PKW kommen.<br />

Diese PKW-Fahrer und Beifahrer sorgen für rund 80 % bis 90 %<br />

der Innenstadtumsätze, weil eine PKW-Besatzung im Schnitt in der Stadt<br />

rund das Dreifache eines Busfahrers oder Radfahrers bzw. Fußgängers<br />

ausgibt!<br />

Heute ist Convenience für den Bürger angesagt, nicht Verkehrsverdrängung,<br />

Fußgängerzonen wo niemand ist und nicht Fahrradweg statt sinnvolle<br />

PKW-Verkehrsführung. Nachdem<br />

kaum mehr jemand in der Stadt lebt müssen alle irgendwie rasch in die<br />

Stadt kommen.<br />

Zur Citymaut wie in London und Stockholm muss gesagt werden: In den<br />

Hauptbezirken der City of London gibt es keinen Individualverkehr mehr.<br />

Zu sehen sind nur die öffentlichen Busse, Taxis, gewerbliche Servicefahrzeuge<br />

und Firmenlimousinen.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

64<br />

Heissa, das war super für die grüne Wiese! Die Shoppingcenters rund um<br />

London boomen. Bluewater Shopping Center & all the others schicken<br />

Handküsse an die Verkehrsplaner. Die Vertreibung der Bürger aus der<br />

eigenen Stadt ist ein voller Erfolg!<br />

Die Frequenz der Bürgerbesuche Londons ist zusammengebrochen. Der<br />

Handel hat um 40 % weniger Umsatz und lebt jetzt nur noch von den<br />

Touristen und den in der Stadt Beschäftigten. Die Citymauteinnahmen<br />

sind derart niedrig ausgefallen, wie sich das niemand vorstellen konnte.<br />

Weil eben wie bei uns rund um jede Stadt ein Speckgürtel als kostenlose<br />

Alternative vorhanden ist.<br />

Im deutschen Sprachraum haben wir kaum eine Stadt welche mehr Kaufkraftaufkommen<br />

durch den Touristen hat als von den eigenen Bürgern.<br />

Beispiel Wien = 3 % Kaufkraft bringen die Touristen und 97 % die Bürger!<br />

Ebenso ist die Situation in Salzburg, ebenso sogar in der Stadt Kitzbühel<br />

als Bezirkshauptstadt, die primär von den eigenen Bürgern abhängt und<br />

nicht vom Touristen. Die Citymaut ist eine Todesstrategie von Nichtwirtschaftlern.<br />

Alle Verantwortlichen, welche solches tun, gehören aus ihren<br />

Ämtern gejagt, denn sie vernichten unwissentlich Volksvermögen .<br />

10. GRUNDBEGRIFF: VIDEO - ÜBERWACHUNGSSYSTEM<br />

UND SICHERHEITS-NETZWERKE DER GESCHÄFTE<br />

INSTALLIEREN<br />

Wer in englische und vereinzelt in italienische Kleinstädte kommt, wird<br />

merken, dass dort die Hauptgeschäftsstrassen mit Kameras überwacht<br />

werden.<br />

Das hat seinen Grund: Die MALL der Zukunft ist der teuerste und zugleich<br />

der heikelste Platz in der Stadt. Wem es gelingt diese Grundordnung gewisser<br />

Noblesse und Frequenzdichte zu stören, hat bald ein Millionen<br />

Euro – Schadensproblem, durch den Verlust guter Kunden, die sich vor<br />

Raubüberfällen bzw. Einbrüchen fürchten, verursacht. Ebenso tritt fast<br />

automatisch bei nachlässiger Überwachung von Treffpunktknoten das Alkohol-,<br />

Drogen -, Rauf-, „wilde“ Hunde - und Diebstahlsproblem auf.<br />

Daher schützen sich Stadt und Hauseigentümer durch derartige Systeme:<br />

Private Kameras einfach am eigenen Haus installiert sind meistens<br />

die erste Welle für den Zwang zum Nachziehen des Staates. (Siehe unten<br />

das Bild einer privat durch den Hauseigentümer und zugleich Vorstand<br />

im Verein Altstadt NEU in Linz demonstrativ angebrachte Kamera und<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

links zwei Jahre später das offi zielle Schildchen einer Kameraanbringung<br />

durch die Polizei . . .)<br />

Die Geschäftswelt der kleineren Geschäfte wird sich mehr denn je durch<br />

gemeinsam beschäftigte Sicherheitsdienste gegen Ladendiebstähle schützen.<br />

Diese Sicherheitskraft ist dann Tag und Nacht auf der Mall gegen<br />

Bettler, Zeitungsverkäufer ohne Gewerbe, Musiker, Diebe, Betrunkene,<br />

Dealer und Störenfriede präsent, aber auch in den Geschäften, aktiv.<br />

Die Türsteher der Abendlokale im Treffpunkt der Stadt können sich zu Informationsnetzwerken<br />

inklusive Nutzung von Videoaufzeichnungen der<br />

Gäste zusammenschließen und so „Schwarze Schafe“ aussortieren. Mit einem<br />

einfachen Handy - Bildsystem kann rasch die Nachricht von Betrunkenen<br />

an andere Lokale weitergeben werden. Ebenso können Jugendliche<br />

identifi ziert werden, welche noch unter das Jugendschutzgesetz fallen.<br />

Der Kampf um die „normalen“ Kunden ist wichtig. Diese sind sehr friedliebend<br />

und harmoniebedürftig. Sie reagieren auf jede Störung der Idylle<br />

auf Jahre durch Abwanderung.<br />

Beispiel:<br />

2003 hat die Gruppe Schörghuber mit dem Verein Altstadt NEU und den<br />

Liegenschaftseigentümern der Altstadt von Linz/OÖ. (190.000 Einwohner)<br />

und der Polizei im Auftrag des Magistrates, Land OÖ. und der Wirtschaftskammer<br />

OÖ., eine Zukunftskonzeption für die Altstadt entwickelt.<br />

Ziel waren drei Szenarios für die Entwicklungsmöglichkeiten der Altstadt<br />

am Tag, für den Abend und für die Nacht. Hauptproblem: Die Nachtfrequenz<br />

zwischen 23h und 8h früh als Wochenfrequenz lag bei 18.000 (!) Es<br />

gibt im ganzen Land keine Disko, die 18.000 Wochenfrequenz als Ganzjahresbetrieb<br />

aufweist. Die Zeichen der heißen Nächte zeigten sich wöchentlich<br />

am Morgen vom Scherbenteppich der geworfenen Gläser und<br />

Flaschen am Samstag und Sonntag früh dass kein Fahrzeug mehr fahren<br />

konnte, bis zu den stinkenden „Alkohol- und Drogenleichen“ in den Häusern,<br />

im Lift, usw.<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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Quelle: OÖN<br />

Im Konzept wurde in einer klaren Punktation zusammengestellt, was der Magistrat<br />

zu tun hat, was die Polizei tun sollte, was die Nachtwirte zu tun haben, um die<br />

missliche Nacht- und Morgensituation nachhaltig zu bessern, um die Wirtschaft<br />

am Tag überhaupt aufbauen zu können.<br />

Die Umsetzung der Punkte stieß zwar zunächst auf große Zweifel, dass man die<br />

Freiheit der Bürger beschneidet. Der Krug ging zum Brunnen bis er brach: Bis<br />

Polizisten selber bei einer Schlägerei wegen einem Schwarzen mit etwa 100 Beteiligten<br />

verletzt wurden. Plötzlich sah die Welt anders aus: Da wurden fl ugs im<br />

März 2006 vier Kameras von der Polizei installiert.<br />

Weiterer Punkt: - Die von der Landesregierung verfügte Sperrstundenregelung<br />

von 4h bis 6h früh, um vor allem das „Abfüllen der Gäste“ gerade um diese Zeit<br />

zukünftig zu verhindern. Zwar regten sich die betroffenen Gastwirte auf, aber<br />

sonst niemand …<br />

Ergebnis: Die Körperverletzungen gingen inzwischen von 223 im Jahr<br />

2005 schlagartig auf nicht einmal die Hälfte zurück. Die Altstadt wird in<br />

den nächsten Jahren wieder der beliebte Einkehrort als besuchenswertes,<br />

sicheres Bermudadreieck werden.<br />

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10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

MIT DER RICHTIGEN STRATEGIE ZUM NACHHALTIGEN<br />

STADT – KONJUNKTURIMPULS KOMMEN<br />

Viele Innenstädte haben freie Kapazitäten für Wohn- und Bürofl ächen in<br />

den Obergeschossen sowie verwertbare Industrie- und Gewerbebrachen<br />

im Kerngebiet der Stadt. – Man muß sich das Zentrum nur einmal von<br />

oben ansehen.<br />

Die vorher angeführten Grundbegriffe und Eckwerte zeigen schon, dass<br />

im Masterplan viele für die Innenstadt im Grunde epochal neue Welten in<br />

den nächsten zehn Jahren aufgegriffen und grob geplant werden können.<br />

Vieles stinkt ohnehin schon zum Himmel und wartet nur auf einen Mutigen<br />

mit Zivilcourage, der sagt, dass dieses und jenes Projekte endlich auf<br />

die Masterplan-Schiene gebracht gehört. Von außen ist dieser Schrei nach<br />

Veränderung immer leichter zu entwickeln als von innen heraus.<br />

Die Innenstadt wird mit dem Erstellen des wirtschaftlichen Masterplans<br />

für die wichtigsten Stadtentwicklungsprojekte durch die Planung von unten<br />

nach oben eine gewaltige mentale Bewegung entstehen lassen. Sobald<br />

der erste Bagger die erste Umsetzung signalisiert, wird auch die hohe Erwaltungshaltung<br />

befriedigt.<br />

Dann werden die Liegenschaftseigentümer zum „Laufen“ anfangen, dass<br />

sie nichts versäumen, dass sie nicht geschädigt werden, dass sie auch etwas<br />

von den Investitionen für die geplanten Großprojekte profi tieren. So<br />

kommt durch die organisatorische Eigenheit der BID – Methode ein mentaler,<br />

geistiger Aufschwung in die Innenstadt. Der Immobilienbetreuer<br />

unterstützt diese Welle durch seine Betreuung Haus für Haus. „… Und<br />

wie soll ich jetzt auf diese Großprojekte am besten reagieren?“ fragen die<br />

besuchten Eigentümer.<br />

Von der baulichen Substanz her sind im Zentrum ganz andere Arbeitsplatzqualitäten<br />

verlangt wie für die billigen Fachmarktschachteln, die auf<br />

die grüne Wiese platziert werden. Hier heißt es das Stadtbild zu schützen,<br />

mit denkmalgeschützten Standorten behutsam umzugehen und die besten<br />

Handwerker dafür einzusetzen. Qualität geht vor Quantität.<br />

Ein Beispiel für die gewaltigen Auswirkungen eines BID auf Wirtschaft<br />

und Arbeitsplätze befi ndet sich im 3. Kapitel Masterplan (über das abgeschlossene<br />

BID für die Kernstadt von Tulln/NÖ. – 14.000 Einwohner. Einen<br />

derartigen Investitionsstoß – noch dazu in nachhaltig wirksame Bauten<br />

mit qualifi zierter Arbeit und hohen Investquoten je m2 Fläche – und<br />

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KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

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nicht in Billig-Betonschachteln wie am Stadtrand – hatte es vorher 20<br />

Jahre nicht mehr in der Innenstadt gegeben.)<br />

Wichtig ist es die Unterschiede zu erkennen, welche Strategien die Veränderungschance<br />

nachhaltig bringen, welche nur Makulatur und Show sind<br />

oder anderen Zielen dienen.<br />

ZUR KLAREN DIFFERENZIERUNG DER GÄNZLICH VERSCHIE-<br />

DENEN AUFGABEN DES STADTMARKETING VERSUS STADTER-<br />

NEUERUNG<br />

Klassisches Stadtmarketing<br />

und Stadterhaltung.<br />

Hauptbeteiligte:<br />

● Stadtgemeinde – Wirtschafts-<br />

und Straßenbauressort,<br />

● Wirtschaftskammer,<br />

● vom Niedergang in Frequenz<br />

und Kaufkraftbindung<br />

betroffene Inhaberbetriebe<br />

● Jungunternehmer<br />

● Citymanager<br />

● Werbeverein mit seinem<br />

vielfach von der Sparte Handel<br />

dominierten Vorstand<br />

Stadterneuerung<br />

Hauptbeteiligte:<br />

● Stadtgemeinde Wirtschafts- und Bauressort<br />

● Stadtplanung,<br />

● Liegenschaftseigentümer der Innenstadt<br />

bzw.<br />

des Geschäftsstraßenviertels<br />

● gewählter Vertreter der Liegenschaftslobby<br />

● Die Unternehmervertreter im Innenstadt-<br />

werbeverein bzw. im Stadtmarketing<br />

● Geldinstitute als Standortentwickler<br />

● Tourismusvertreter<br />

● Zusammenfassen der Delegierten aus Stadt-<br />

und Zielgruppenvertretern in einer „Träger-<br />

organisation“ als Aufsichtsrat für das Projekt<br />

● professionelles verantwortliches<br />

Begleitungsteam jeweils für drei Jahre +<br />

Evaluierung<br />

= Das Team besteht meistens aus diesen<br />

Projektleitern:<br />

* Marktforscher für die Chancenkennzahlen<br />

* spezialisierter Moderator für das<br />

Lobbycoaching für die Liegenschafts-<br />

eigentümer und der Unternehmer-<br />

vertreter<br />

* Immobilientreuhänder als Betreuer der<br />

einzelnen Immobilien<br />

* Architekt als Techniker und Visualisierer<br />

* der Masterplaner<br />

* der zentrale Koordinator<br />

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Typische Instrumente des<br />

Stadtmarketing und der<br />

Stadterhaltung<br />

1. Sanieren der Straßen und<br />

der Gehsteige, Bäume<br />

pfl anzen<br />

2. Möblierung der Innenstadt<br />

durch aufeinander abgestimmte<br />

designte Papier-<br />

und Mistkübel, Parkbänke,<br />

Brunnen- und Lichtkonzepte,<br />

inclusive Weihnachtsbeleuchtung<br />

3. Lichtkonzepte für besondere<br />

Häuser, Straßen,<br />

Brunnen und Brücken.<br />

Weiters ohne Zusammenhang<br />

damit Lichtkonzepte<br />

für die Weihnachtsbeleuchtung<br />

und Christkindlmärkte<br />

10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Instrumente der Stadterneuerung<br />

1.Chancendaten ermitteln<br />

1.1 Die Kaufkraftverluste der Stadt und seines<br />

natürlichen Einzugsbereichs konkret in<br />

Euro aufspüren. Wo und wofür geben die<br />

Kunden ihr Geld aus. Wir beobachten die<br />

rund 500 Branchen des Handels, der Gastronomie<br />

und der Dienstleistungsgewerbe.<br />

Kaufkraftabfl üsse sind das Potential, das<br />

verstärkt gebunden werden muss<br />

1.2 Die Frequenz gehört zu den wichtigsten<br />

Faktoren der Standortattraktivität. Für<br />

Handel und Gastronomie zählt die Frequenz.<br />

Investoren interessieren sich für<br />

die Chancen am Standort. Der Wert der<br />

Immobilie steigt mit der Standortbonität<br />

1.3 Erhebung Kundeneinzugsbereichs: woher<br />

kommen die Kunden wirklich. Der Einzugsbereich<br />

ist meist kleiner als vermutet.<br />

Wo liegen noch realistische Chancen zur<br />

Kundengewinnung.<br />

1.4 Branchenmix: was die Kunden am meistens<br />

vermissen, wo sie einkaufen würden,<br />

das wissen die Kunden selber am besten.<br />

Die Erhbung umfasst rund 500 mögliche<br />

Betriebstypen<br />

1.5 Erhebung der Chancen im Marktwesen<br />

2. Parksilo und Logistik<br />

Die Bürger wollen ins Geschäft mit dem<br />

PKW fahren. Das Gebot der Stunde lautet:<br />

direkte Erreichbarkeit, leichte Orientierung,<br />

in die Höhe nicht in die Tiefe, direkter Ausgang<br />

auf die Geschäftstrasse.<br />

3. MALL Programm<br />

Die bisher irgendwie gewachsene Geschäfts-,<br />

Banken-, Gastronomie, Dienstleister-,<br />

Ämterstraßen, in eine erkennbare<br />

„MALL“ mit mindestens 70 % Handel<br />

als ACHSE wandeln. Das erfordert eine<br />

durchgängige Konzeption für die Geschäftstrasse<br />

des 21.Jahrhunderts<br />

Inhalt.indd 69 06.10.2006 09:07:36<br />

69


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

70<br />

Typische Instrumente<br />

des Stadtmarketing und<br />

der Stadterhaltung<br />

4. Imagewerbung für die<br />

Stadt und die Innenstadt<br />

5. Verkaufsförderungspakete<br />

für die bestehenden<br />

Unternehmer wie gemeinsame<br />

Einkaufsgutscheine,<br />

Lager – Abverkaufsmarkt,<br />

Auslagenwettbewerb, die<br />

Einkaufsnächte, usw.<br />

6. Die Leerfl ächen erfassen<br />

und ins Internet stellen.<br />

Mietförderungspakete für<br />

Jungunternehmer und<br />

Künstler bieten, die in<br />

diese meistens abgewirtschafteten<br />

Flächen mit<br />

niedergehender Frequenz<br />

einziehen. Kaschieren der<br />

Flächen mit Scheinmietern.<br />

Instrumente der Stadterneuerung<br />

4. Wetterschutz<br />

Sonderteil im Rahmen einer MALL – Planung:<br />

Lösung der meist nicht bewältigten<br />

Frage Wetterschutz für die Gehsteige.<br />

Hintergrund: Jeder zweite Tag im Jahr ist<br />

in der Witterung unsicher. Dazu brauchen<br />

wir feste oder variable Wetterschutzsysteme<br />

über den Gehsteigen.<br />

Bereits rund 40 % der Bürger gehen jetzt<br />

schon bevorzugt dort einkaufen, wo kein<br />

Wind heult und keine Sonne vom Himmel<br />

knallt und wo kein Regen und Schnee das<br />

Einkaufen unmöglich macht.<br />

5. Marktplatz mit ODEON Charakter<br />

Um einen realen Frequenzpush nachhaltig<br />

zu setzen Planung eines ODEON – Marktplatzes.<br />

Das ist ein moderner Treffpunkt<br />

der Gastronomie mit Schanigarten z e i l<br />

e und mit den Anschlüssen modern ausgerüsteter<br />

Marktplatz davor als Bühne. Da<br />

fi ndet zumindest jeden Freitag und Samstag<br />

im Jahr etwas statt.<br />

Dieser KNOTEN Treffpunkt Marktplatz<br />

sollte mit der Achse MALL wettergeschützt<br />

möglichst direkt verbunden werden.<br />

6. einheitliches Leitsystem<br />

Zur besseren Erreichbarkeit aller Stadtviertel<br />

der Stadt ein umfassendes Leitsystem<br />

aus den bestehenden meistens 15<br />

bis 20 Leitsystemen und fehlenden dreidimensionalen<br />

Innenstadtdarstellungen<br />

installieren.<br />

Ziel und Quellverkehr effi zient durch das<br />

Stadtgebiet leiten. Es muss übersichtlich,<br />

leicht fassbar und lesbar sein.<br />

Inhalt.indd 70 06.10.2006 09:07:36


10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

Ergebnis:<br />

„MARKENZWEIKLANG“:<br />

Bekanntheit und Sympathie<br />

für die Innenstadt, aber immer<br />

weniger Besuch und immer<br />

weniger Einkauf dort sowie<br />

Gastronomiekonsum.<br />

Nachweislich wird die Innenstadt<br />

im Schnitt mindestens<br />

wöchentlich (!) von den eigenen<br />

Bürgern besucht – n i c h t<br />

weil sie so schön ist - sondern<br />

zu rund 50 % bis 70 % weil<br />

man gewisse Dinge bei dem<br />

bevorzugten Betriebstyp dort<br />

einkaufen will bzw. weil man<br />

sich dort im Schnitt zu weiteren<br />

15 % treffen will.<br />

Instrumente der Stadterneuerung<br />

7. Frequenzkorso anlegen.<br />

Wenn der Kunde schon Wege zurücklegen<br />

muss, so muss er ein Ziel vor<br />

Augen haben. Daher sind Rundwege<br />

optimal, damit der Kunde am ende<br />

des Weges wieder am Anfang ankommt.<br />

Vorarbeit dazu:<br />

Ein Thema erarbeiten wofür steht die<br />

Stadt heute bzw. in der Zukunft .Dieses<br />

Thema gehört in einem Frequenzkorso<br />

und in der Möblierung sowie<br />

Weihnachtsbeleuchtung sowie weiteren<br />

Lichtkonzepten geistig nachvollziehbar<br />

für den Bürger umgesetzt.<br />

Eventuell auch ein Themenhaus in<br />

die Mitte des Frequenzkorsos setzen.<br />

So sollen die Achsen der MALL- +<br />

sonstige Geschäftsstraßen mit Treffpunktknoten<br />

mit Gastronomie miteinander<br />

in der Innenstadt zusammengeklammert<br />

werden.<br />

Ergebnis:<br />

„MARKENVIERKLANG“.<br />

Bekanntheit + Sympathie + Frequenz<br />

und Kauf + wieder Wohnansiedlung<br />

in der Stadt, da endlich<br />

wieder attraktivster Punkt im Bezirk<br />

bzw. im Stadtviertel bei größeren<br />

Städten.<br />

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71


KAPITEL 1. WEG VOM MASOCHISMUS DER „DONUT-CITIES“.<br />

72<br />

Vorsicht!<br />

Neuerdings werden wieder die alten Hüte des Stadtmarketing als „Masterplan<br />

für die Innenstadt“ verkauft. Der Masterplan besteht dann nicht aus<br />

einer technischen Vorstudie Masterplan für die wichtigsten wirtschaftlichen<br />

Projekte in den nächsten 10 Jahren, sondern aus Werbekonzepten,<br />

aus „Positionierungskonzepten“. Da ist die Rede von „Leitinfrastrukturkonzepten“<br />

– von Ideen, die kaum einen Zusammenhang mit dem vorher<br />

geschilderten Verständnis für Stadterneuerung haben sondern irgendwelche<br />

isolierte Visionen irgendwo in der Stadt darstellen.<br />

VORSICHT AUCH VOR DER VERSCHMELZUNG DER WIRT-<br />

SCHAFT MIT DEN LIEGENSCHAFTSEIGENTÜMER<br />

Immer wieder treffen wir Städte, wo von den Unternehmervertretern der<br />

Innenstadtwerbevereine bzw. Stadtmarketingvereinen als Mieter der Läden<br />

behauptet wird, sie arbeiten eng mit den Liegenschaftseigentümern<br />

zusammen.<br />

Unsere Erfahrung: Die haben nicht einmal die Adressen der ganzen Liegenschaftseigentümer!<br />

Vielfach sind da die 5 % (in größeren Städten) bis<br />

etwa 30 % (in Kleinstädten) Unternehmer gemeint, die im eigenen Haus<br />

ihren Laden haben. Das sind dann die „Liegenschaftseigentümer“, mit denen<br />

unter dem Deckmantel „Masterplan“ nicht Stadterneuerung sondern<br />

wieder eher kurzfristiges Stadtmarketing ohne nachhaltige Substanzveränderung<br />

des Zentrums gemacht wird.<br />

Wieder einmal stellt der Autor hier fest, dass es nicht sinnvoll ist, die Zielgruppe<br />

der Unternehmer mit der Zielgruppe Liegenschaftseigentümer zu<br />

verschmelzen. Zu unterschiedlich sind die Interessen.<br />

Vielmehr gehört die Zielgruppe der Liegenschaftseigentümer mit allen<br />

Adressen angeschrieben und als eigene Lobby durch eine eigene Form des<br />

Coaching aufgebaut.<br />

Eigentümer denken langfristig, haben das Verfügungsrecht über ihre Immobilien<br />

und passen so auch genau zu den auf 10 Jahre ausgerichteten<br />

Masterplänen zur nachhaltigen Attraktivitätsverbesserung der Substanz.<br />

Die Unternehmer sind als Mieter logischerweise nur indirekt an der Immobilie<br />

interessiert. Die Unternehmer denken und agieren im Jahresrythmus.<br />

Sind sehr wohl interessiert an guten Aktionen, die Frequenz in den<br />

Laden bringen, allerdings möglichst kostenlos serviert. Also werden eben<br />

Inhalt.indd 72 06.10.2006 09:07:37


10 TRENDS UM ANZIEHENDE STADTEROTIK ZU SCHAFFEN.<br />

diese Inhalte in den Masterplänen unter Positionierung & Co. versteckt.<br />

Entsprechend zappelig sind die Unternehmervertreter auch bei den BIDs.<br />

Sie wollen – obwohl oft Jahre des Investitionsstillstands im Zentrum zu<br />

überwinden ist - sofort nach einem Jahr den fertigen Masterplan Noch<br />

erfreulicher wäre aus ihrer Sichtweise, wenn schon der Bagger arbeiten<br />

würde und schon die fertige Umsetzung des Projektes zu bestaunen wäre.<br />

Das ist bar jeder Realität, weit entfernt von einer sauberen, seriösen Planung.<br />

In einem Jahr in nicht einmal die Vorstudie fertig So wurden schon<br />

in der Vergangenheit gute Ansätze der Stadterneuerung durch Dummheit<br />

und reines Kurzfristdenken höchstens bis zum Jahresende ge- oder zerstört.<br />

Inhalt.indd 73 06.10.2006 09:07:37<br />

73


<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ERSTE STRATEGIE<br />

74<br />

DIE MALL IST WIE EIN ROTER<br />

HANDELSTEPPICH ZWISCHEN<br />

DEN MAGNETEN AN DEN ENDEN DER<br />

GESCHÄFTSSTRASSEN.<br />

DADURCH KÖNNEN DIE KLEINEN ANBIETER<br />

DAZWISCHEN IN ERD- UND<br />

OBERGESCHOSSEN VON DER<br />

FREQUENZ LEBEN.<br />

Inhalt.indd 74 06.10.2006 09:07:37


.1. DIE MALL-ACHSE ALS CATWALK<br />

1.1.1. FRISCHER <strong>SEX</strong> APPEAL MIT DER „MALL“<br />

DIE MALL – ACHSE ALS CATWALK<br />

Der „Wurschtelprater“ ist eine Arena, in der jeder seinem Vergnügungen<br />

nach Belieben nachgehen kann. Historisch gewachsene Geschäftsstrassen<br />

erinnern oft an so eine Vergnügungsarena:<br />

Jedes Geschäft ist anders. Jeder Liegenschaftseigentümer hat aus seinem<br />

Besitz das gemacht, was ihm beliebt. So entstand eine Ansammlung von<br />

Geschäftsfl ächen, Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Gewerbefl<br />

ächen, Lagern, Garagen, öffentlichen Ämtern und Schulen aber auch<br />

Baulücken. Das Ensemble ergibt wenig Sinn. Von Thema keine Spur. Ein<br />

Gesamtplan? Nicht erkennbar!<br />

Wenn in diesem Buch von einer Geschäftsstrasse gesprochen wird, dann<br />

meinen wir den dritten Ort. Mit dem dritten Ort ist genau jener Platz gemeint,<br />

der neben Wohnung und Arbeitsplatz ganz bewusst aufgesucht<br />

wird.<br />

Dieser zentrale Ort muss das weitaus am stärksten anziehende „MUST“<br />

werden. Die Geschäftsstrasse muss eine feminin anziehende Erotik ausstrahlen,<br />

ganz im Gegensatz zum nüchternen Diskontangebot im Speckgürtel.<br />

Eine Geschäftsstrasse muss zu mindestens 70 % mit Geschäften<br />

besetzt sein, um eine Chance zu haben, zur MALL zu werden!<br />

Beispiele für Strassen, die keine MALL sind und daher langfristig neu<br />

geplant gehören…<br />

1. Die „Dorfstrasse“ hat einen zu geringen Geschäftsanteil und wird<br />

häufi g von anderen Nutzungen unterbrochen. Meistens gibt es in solchen<br />

Städten keine Funktionsteilung der Plätze, daher sind grossteils<br />

alle Betriebstypen auf einer Straße vereint. Wenn man mit dem Auto<br />

durchfährt, weiß man nie: „Beginnt jetzt das Zentrum ? Kommt es erst?<br />

Ist es schon vorbei? Oder bin ich überhaupt in der falschen Strasse, weil<br />

das Zentrum wo anders liegt?<br />

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75


<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ERSTE STRATEGIE<br />

76<br />

2. Die „Banken – Geschäftsstrasse“ entstand in den Jahren 1970 bis<br />

etwa 1995 als die Geldinstitute am besten Platz in jeder Stadtgemeinde<br />

vertreten sein wollten. Diese guten Plätze historisch gewachsener Geschäftsstrassen<br />

wurden gekauft und Bankhäuser implementiert. 5-10<br />

verschiedene Geldinstitute auf 100 Meter unterbrechen die Auslagenreihe,<br />

weil das Erdgeschoß komplett vom Eigentümer Bank mit meist<br />

abschreckenden Auslagen in Beschlag genommen wurde. Erst etwa seit<br />

1995 kamen die auch ausreichenden kleinen Cashcenters ins Erdgeschoß<br />

und der Rest an Beratung und Bankbüros wurde in die Obergeschosse<br />

verbannt um Geschäften auf der Geschäftsstrasse Platz zu<br />

machen.<br />

3. Auf der „Gastro-Geschäftsstrasse“ wird die Auslagenreihe immer<br />

wieder durch Gastronomie unterbrochen. Gastronomie gehört in den<br />

„Knoten“ – wie später näher ausgeführt - angesiedelt und zwar z.B. am<br />

Date – und Marktplatz und im Bermudadreieck.<br />

IST UNSERE STADT ODER STADTVIERTEL ZU KLEIN FÜR<br />

EINE MALL?<br />

Theoretisch ist es vermessen, von einer großartigen „MALL“ - Planung<br />

für eine Kleinstadt mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern zu sprechen. Ausgenommen<br />

- diese Kleinstadt wäre der Alleinanbieter von Waren und<br />

Dienstleistungen im weiten Umfeld. Nur dann kann sie weiterhin auf die<br />

zufällig wachsenden Angebotsfelder setzen. Die Bürger müssen dann alle<br />

in dieser Geschäftsstrasse einkaufen.<br />

Die Untersuchungen der Kaufkraftströme in den Innenstädten haben<br />

leider sehr deutlich gezeigt, dass alle Städte gehörige Konkurrenz haben.<br />

Leistet sich eine Innenstadt Angebotsschwächen, wenden sich die Konsumenten<br />

sofort dem besseren Standort zu. Nachdem parallel dazu die Zahl<br />

der angefahrenen Einkaufsstätten eher ab- als zunimmt, verliert die Stadt<br />

immer mehr den gesamten Einkauf.<br />

Die Innenstädte binden derzeit nur noch 30% bis 50% der ihr zuzuordnenden<br />

Kaufkraft aus ihrem natürlichen Einzugsbereich. Einen immer<br />

größer werdenden Anteil fängt die grüne Wiese vor der Innenstadt ab.<br />

Zumindest etwas Positives hatte die Aufrüstung jeder Stadt mit der grüner<br />

Wiese: Die Kaufkraftmillionen, welche bis 2000 noch mehrheitlich in die<br />

Landes- und Regionshauptstädte abfl ossen, versiegen jetzt für die einfachen<br />

Produkte in der eigenen Stadt im Speckgürtel. Güter und Dienstleis-<br />

Inhalt.indd 76 06.10.2006 09:07:45


DIE MALL – ACHSE ALS CATWALK<br />

tungen, die nur selten gekauft werden und größere Investitionen erfordern,<br />

werden hingegen immer stärker in überregionalen Einkaufsstätten<br />

gekauft.<br />

Wenn die Stadt einen Überlebens - Konkurrenzkampf mit der<br />

grünen Wiese und mit der Nachbar - Großstadt führen will,<br />

dann muss etwas Besonderes für unsere Geschäftsstrasse geboten<br />

werden – eine neue Art von MALL.<br />

Wird ein Entwickler von Einkaufszentren gefragt, wie ein erfolgreiches<br />

Zentrum geplant gehört, erhält man folgende Antwort: „größte Aufmerksamkeit<br />

wird auf die Konstruktion einer MALL als Achse gelegt. An dieser<br />

ACHSE werden geschickt die Magneten und die kleinen Inhaber- und Filialistenbetriebe<br />

aufgefädelt.<br />

Aber Vorsicht! Die MALL hat ihre Baugesetze. Sie darf nicht zu kurz sein<br />

und zuwenig bieten, denn dann ist sie nicht ausreichend attraktiv gegenüber<br />

ihrem Konkurrenzumfeld im Nahbereich. Die MALL darf aber auch<br />

nicht wie ein Bandwurm eines Straßendorfes einen Kilometer und länger<br />

sein, weil länger als gewisse Distanzen (bis 200 Meter) geht heute kaum<br />

jemand. Die MALL muss leicht zu fi nden sein und der Besucher muss sich<br />

mit einem speziellen System darin leicht zurechtfi nden.<br />

Die Fachmarktzentren mit ihrem preisaggressiven Nullservice-konzept,<br />

dem zentralen Parkplatz in der Mitte und den rundherum angeordneten<br />

Fachmärkten, sowie die Einkaufszentren mit ihrer MALL- und Erlebnisweltenkonstruktion<br />

mit vielen zusätzlichen Dienstleistungen wie eigene<br />

Kinderspielplätze unter Dach usw. waren in den 80er und 90er Jahren die<br />

eindeutigen Sieger im Kampf um die Kaufkraft.<br />

Inhalt.indd 77 06.10.2006 09:07:45<br />

77


<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ERSTE STRATEGIE<br />

78<br />

DAS WORT„MALL“ KOMMT VON „THE MALL“.<br />

Das ist die konstruierte – nicht irgendwie zufällig gewachsene - Prachtstrasse<br />

THE MALL welche in den Buckinghampalast, dem Sitz des Empires, in<br />

London mündet. Sie hat ganz bewusst gesetzt folgende Eigenschaften:<br />

DIE MALL HAT EINEN ANFANG UND EIN KLARES ENDE<br />

– im Gegensatz zu viele Geschäftsstraßen die unerkennbar beginnen<br />

und irgendwo im Nichts enden:<br />

Die MALL beginnt mit einer Absperrung mit Kolonnaden quer über<br />

die Strasse und endet am Zaun vor dem Buckinghampalast.<br />

Die MALL hat ein Wechselspiel aus ACHSE+KNOTEN:<br />

Etwa alle 100 bis 200 Meter hat die Achse einen „Knoten“ mit einem<br />

Denkmal zur Seite.<br />

DIE MALL HAT EIN THEMA: THE MALL hat das Thema „Unsere<br />

Siege in den letzten tausend Jahren.“ In den Knoten wird jeweils<br />

eine Schlacht oder ein Held dargestellt.<br />

IN DIE MALL MÜNDENDE NEBENSTRASSEN: Gibt es (bewusst)<br />

keine um keine profane Ablenkung vom Thema um den Frequenzstrom<br />

ganz gezielt zum Buckinghampalast zu lenken.<br />

VERKEHR: Kein Individualverkehr keine Busse sind zugelassen,<br />

nur Taxis. Seitlich neben einer Allee befi nden sich Fußgänger- und<br />

Reitwege.<br />

SEITLICHE BEGRENZUNG: Rechts durchgehend abgrenzend<br />

sind Regierungsgebäude und auf der anderen Seite Parks.<br />

Inhalt.indd 78 06.10.2006 09:07:45


Lord Nelson als von weitem<br />

sichtbares„Landmark“ für die<br />

Mall und für das umgesetzte Thema<br />

„Siege und Sieger für Großbritannien“<br />

Das Ende von „THE MALL“: Der<br />

Buckinghampalast. Auf den Fahnenmasten<br />

aufgepfl anzt: Große Ereignisse in<br />

der Zukunft, wo Großbritannien wieder<br />

siegen wird.<br />

Hier: Die kommenden olympischen<br />

Sommerspiele in London 2012.<br />

DIE MALL – ACHSE ALS CATWALK<br />

Anfang von THE MALL:<br />

Abschließung durch quergestelltes Viaduktgebäude<br />

und der Verkehr läuft unten im Erdgeschoß<br />

durch.<br />

Dazwischen die KNOTEN als Unterbrechung<br />

der Mall mit den berühmten Heeresführern.<br />

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79


<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ERSTE STRATEGIE<br />

80<br />

Die MALL - Strasse ist etwas Besonderes, mit dem Auto durchbrausen<br />

ist verpönt. Stattdessen wird diese Strasse ehrfürchtig betreten. Die Achse<br />

hat eine klare Gliederung mit einer Themendarstellung, damit entlang<br />

des Weges das Interesse ständig aufs Neue geweckt wird.<br />

Im Folgenden wird dieses Gedankengut von THE MALL auf Einkaufsstätten<br />

und Dienstleistungs-Spitzenstätten übertragen.<br />

Es folgen 8 Planungsüberlegungen für ein innerstädtisches<br />

Einkaufszentrum als wichtiger Teil einer MALL, um die meistens<br />

in der Geschäftsstraße fehlenden Markenmagnetbetriebe überhaupt ansiedeln<br />

zu können.<br />

Quelle: BID Tulln; Studie für das Tullner innerstädtische EKZ der Braunsbergergruppe<br />

1. PLANUNGSÜBERLEGUNG:<br />

Variation 1) Hochgarage plus EKZ kombiniert<br />

Um den teuren Grund zu sparen, werden drei MALLLS übereinander angelegt:<br />

Tiefgeschoss, Erdgeschoss und Obergeschoss Eins.<br />

Damit die Frequenz in allen Verkaufsebenen etwa gleich stark ist, wird<br />

eine Hochgarage mit vier bis fünf Ebenen übereinander direkt an die drei<br />

Etagen der MALL angeschlossen. Der Tiefgeschoßparkplatz führt direkt<br />

zur Tiefgeschoß - MALL. Das Erdgeschoß und das +1 – Parkdeck führen<br />

in das Erdgeschoß der MALL.<br />

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Weiters leiten die Parkdecks +2 und +3 und noch weitere eventuelle<br />

Parkdecks darüber in das Obergeschoß bzw. in eine noch darüberliegende<br />

Dienstleister- und Praxenebene bzw. zu Penthousesuiten oder einem Gastrocenter,<br />

Hotel bzw. Kino-Entertainmentcenter darüber.<br />

(Zu beachten: Die unterschiedlichen Höhen der Parkebene zur Mallhöhe.)<br />

DIE MALL – ACHSE ALS CATWALK<br />

“Mit dem PKW ins Geschäft fahren“: Hochgarage und Geschäftsebenen direkt<br />

verbinden. Das schafft psychologisch Sicherheit durch Geschäftssicht<br />

Quelle: Tullner EKZ, Braunsberger, Steyr<br />

Wichtig: Die Zahl der Parkplätze je Ebene sollte mindestens 50 bis 100<br />

sein, damit die Geschäftsfl ächen dahinter mit der geforderten Mindeststellplatzzahl,<br />

- um „direkt ins Geschäft fahren zu können“, - zusammenstimmen.<br />

Beispiel: Ein Lebensmittelmarkt mit ca. 1.500 m 2 wird etwa<br />

hundert Parkplätze vor der Türe im Tiefgeschoss erwarten.<br />

Jeder Stellplatz ist mindestens 2,70m breit und nicht im rechten Winkel<br />

zur Fahrbahn angeordnet, sondern zur Fahrbahn hin schräg ausgerichtet.<br />

Über den Daumen gepeilt werden je Stellplatz mit den Rampen 25 bis 30<br />

m 2 gebraucht. Das heißt ein Parkhaus mit angenommen 300 Stellplätzen<br />

in 4 bis 5 Ebenen braucht eine Mindest-Grundfl äche von 1.500 m 2 bis<br />

2.500 m 2 .<br />

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<strong>STADTERNEUERUNG</strong> ERSTE STRATEGIE<br />

82<br />

Variation 2) Parkgarage am Dach des EKZ, damit die Frequenz von<br />

oben heruntersickert<br />

Eine noch eigenwilligere Konstruktion eines EKZ zur Beeinfl ussung der<br />

Frequenzströme haben viele der im Schnitt sehr erfolgreichen innerstädtischen<br />

ECE-Einkaufcenter in Deutschland: Dort befi nden sich mehrere<br />

Parkebenen am Dach des Einkaufscenters. Die Frequenz sickert dort von<br />

oben herunter.<br />

Nicht zu empfehlen:<br />

Die Stadt ist in der Frequenz eindeutig weiblich. Frauen verabscheuen<br />

Tiefgaragen. – Gleich ob alt oder neu! Die im 20. Jahrhundert übliche<br />

Kombination einer Tiefgarage mit mehreren Verkaufsebenen eines EKZ<br />

darüber ist daher heute nicht mehr das TOP-Angebot. Entsprechende Leichenetagen<br />

solcher EKZ-Konstruktionen sind bereits vielfach zu sehen.<br />

Im Falle einer Tiefgarage müssen– wie z.B. in der Lugner City in Wien extreme<br />

Lenkungsplatzierungen mit hervorragenden Magneten eingebaut<br />

werden, damit auch in die oberste Etage Frequenz mit der Rolltreppe hinauffährt.<br />

2. PLANUNGSÜBERLEGUNG:<br />

DAS BRANCHENSTRUKTURPRINZIP<br />

Die Ansiedlung eines innerstädtischen EKZ ist dann wertvoll für<br />

die Stadterneuerung, wenn es die aus Kundensicht gesuchten<br />

großfl ächigen Handelsmagneten bietet.<br />

Warum? Weil diese Magneten oft nur durch das gebotene professionelle<br />

EKZ-Management im Konglomerat ab etwa 12.000 bis 17.000 m 2 Verkaufsfl<br />

äche aufwärts zu gewinnen sind. Einzeln sind die meisten Frequenzmagneten<br />

kaum in eine Geschäftsstraße einer kleineren Stadt zu<br />

bringen und noch weniger in länger leerstehende Leerfl ächen. Diese stehen<br />

ja nicht umsonst leer.<br />

Daher ist ein EKZ in der Innenstadt zu mindestens 80 % mit Handelsfl ächen<br />

zu besetzen. Die Inhabergeschäfte und kleinen Filialisten und Franchiser<br />

sind in der Geschäftsstraße angesiedelt. Sie sollten im EKZ einen<br />

minimalen (Zweit-) Platz bekommen. Die Gastronomie wiederum soll am<br />

Marktplatz optimal besetzt sein.<br />

Innerhalb der dominierenden Handelsstruktur im innerstädtischen EKZ<br />

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hat die beste Besetzung mit täglichem Bedarf Vorrang. Das garantiert permanente<br />

Frequenz zumindest in der Etage mit dem Angebot des täglichen<br />

Bedarfs. Hintergrund: Während mindestens einmal in der Woche<br />

den Kühlschrank gefüllt werden muss, ist der Einkauf von Mode bei den<br />

vollen Kleiderschränken kein Muss sondern stark impulsabhängig. Ähnlich<br />

verhält es sich bei der Elektronik. Der Reiz des noch innovativeren,<br />

noch technisch vielfältigeren Produktes entscheidet letztendlich über den<br />

Neukauf.<br />

Also wird viermal weniger – im Schnitt etwa einmal monatlich – die Innenstadt<br />

besucht und dort etwas eingekauft.<br />

2.1. WAS BRAUCHEN WIR MEISTENS IM INNERSTÄD-<br />

TISCHEN EINKAUFSZENTRUM WEIL NICHT ODER<br />

NICHT KOMPETENT GENUG IM ZENTRUM SCHON<br />

VORHANDEN?<br />

Täglicher Bedarf:<br />

● einen großen „Lebensmittel-Vollsortimenter“ ab 1.000 m 2<br />

Verkaufsfl äche. Kleine Nahversorger mit 400 m 2 bis 600 m 2 hat<br />

heute jede größere Marktgemeinde. Deshalb kommt niemand in<br />

die Stadt.<br />

● einen Drogeriemarkt mit ca. 500 m 2<br />

● eine Tabak Trafi k und ein Geschäft mit internationalen<br />

Zeitschriften<br />

● ein PBS-Papier- und Bürofachmarkt + Parfumerie ab 500 m 2<br />

Nicht täglicher Bedarf:<br />

● einen Magnet in der Mode ab 1.000 m 2 + mindestens zwei<br />

weitere Modemarkenmagneten ab 500 m 2<br />

● ein- bis zwei Schuhfachmärkte ab 500 m 2<br />

● Elektronik- und Weißwarenfachmarkt ab 1.000 m 2<br />

● einen Sportartikel- und Sportmodeanbieter ab 2.000 m 2 .<br />

DIE MALL – ACHSE ALS CATWALK<br />

Mit dieser Mindestbesetzung an überregional wirksamen Magneten<br />

liegen wir schon bei 8.000 bis 10.000 m 2 Verkaufsfl äche.<br />

Bei einem Kleinstadt – EKZ oder Stadtviertel-EKZ bleibt da nicht mehr<br />

sehr viel für kleinere Geschäfte und sehr wenig für die Gastronomie an<br />

Verkaufsfl äche übrig. – Passt auch so, denn diese kleineren gestandenen<br />

Geschäfte soll gerade die MALL davor als Angebot perfekt bieten.<br />

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