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Weltmeisterliche<br />

Trainerfortbildung<br />

graphie, mentale Stärke und Fitness zu sehen<br />

(wobei Holger hier insbesondere Musik und<br />

Paartanzen wichtig waren). Im Zusammenhang<br />

mit der Bewegung sind Motivation,<br />

Design (Struktur der Bewegung), Dynamik,<br />

Rhythmus und Ausdruck von Bedeutung.<br />

Eines der Hauptthemen des Lehrgangs stellten<br />

die vier Bewegungsfaktoren (Kraft, Zeit,<br />

Raum und Bewegungsfluss dar). Diese sind<br />

definiert als "natürliche Gegebenheiten, welche<br />

Bewegung aktivieren".<br />

Im Bereich der Kraft wirken Schwerkraft und<br />

Muskelkraft gegeneinander. Oft wird auch<br />

ein von außen fehlender Widerstand durch<br />

einen muskulär selbst hergestellten Widerstand<br />

simuliert. Ein typisches Beispiel hierfür<br />

sind Flamenco-Armbewegungen, bei denen<br />

die Arme derart nach oben geführt werden,<br />

als wirke ein Druck von außen auf sie ein.<br />

Bei der Zeit wurden neben Geschwindigkeit,<br />

Tempo und Rhythmus vor allem Akzente hervorgehoben.<br />

Hier demonstrierte Holger verschiedene<br />

Varianten am Beispiel einer Samba<br />

Bota Fogo:<br />

Impuls (Akzent am Anfang)<br />

Impact (Akzent am Ende)<br />

Swing (Akzent in der Mitte)<br />

Rebound (erst Impact, dann Impuls)<br />

Merksatz hierzu: "Eine plötzlich oder allmählich<br />

entstehende Spannung kann einer rhythmisch<br />

wichtigen Bewegung eine Betonung<br />

oder einen Akzent geben."<br />

Als dritter Bewegungsfaktor wurde der<br />

Raum beleuchtet. Holger erläuterte, wie man<br />

durch bewussten Gebrauch und das Verständnis<br />

von Raum Aufmerksamkeit erzeugen<br />

kann. Dabei geht der Fokus des Tänzers<br />

über die eigene "Bewegungsglocke" (den<br />

Raum, den man durch Bewegen der Arme,<br />

Beine etc. unmittelbar erreichen kann) hinaus.<br />

Ein ähnlicher Effekt kann im Paartanzen<br />

auch durch das Verschmelzen zweier Bewegungsglocken<br />

entstehen: Wenn zwei Tänzer<br />

sich treffen, entsteht aus zwei einzelnen<br />

Kinesphären eine "Paarkinesphäre", die<br />

wesentlich größer ist als die Summe der einzelnen<br />

Kinesphären.<br />

Letzter Faktor ist der Bewegungsfluss. Hier<br />

wird zwischen gebundenen (kontrollierten)<br />

und freien Bewegungen unterschieden.<br />

Merksatz: "Aufmerksamkeit, Absicht und<br />

Entscheidung sind Phasen der inneren Vorbereitung<br />

einer äußeren körperlichen Aktion.<br />

Der Fluss verbindet die Bewegungsfaktoren<br />

und gibt dem inneren Antrieb - bezogen auf<br />

die Bewegungsfaktoren - einen konkreten<br />

äußeren Ausdruck."<br />

Aus den drei primären Bewegungsfaktoren<br />

(Kraft, Zeit und Raum) ergeben sich verschiedene<br />

Bewegungstypen, die auch als Antriebsaktionen<br />

bezeichnet werden. Laban definierte<br />

acht elementare Antriebsaktionen<br />

(drücken, stoßen, wringen, peitschen, gleiten,<br />

tupfen, schweben und flattern), mit<br />

denen man prinzipiell jede Bewegungsform<br />

beschreiben kann, und die allesamt auf die<br />

primären Bewegungsfaktoren zurückzuführen<br />

sind. Durch eine Ausprägungskombination<br />

dieser Bewegungsfaktoren entstehen<br />

genau diese acht verschiedenen Antriebsaktionen.<br />

Anmerkung des Verfassers: Man kann dies<br />

auch mathematisch herleiten, wenn man bei<br />

den Bewegungsfaktoren immer nur die<br />

jeweiligen Extremausprägungen berücksichtigt.<br />

Damit ergeben sich zwei mögliche<br />

Hessen<br />

Zustände für drei Bewegungsfaktoren. Daraus<br />

resultieren 2/3 = 8 Antriebsaktionen.<br />

Die Ausprägung dieser Bewegungsfaktoren<br />

nennt man Energie- oder Antriebsqualitäten.<br />

Dabei reicht die Skala von "gegen die Bewegungsfaktoren<br />

Ankämpfen" bis zum<br />

"Erspüren" derselben. Bei der (Schwer-)kraft<br />

entspricht dies kraftvoll bis zart, bei der Zeit<br />

plötzlich bis allmählich und beim Raum direkt<br />

bis indirekt.<br />

Hierzu ein Beispiel:<br />

Eine kraftvolle Bewegung (Kraft), die plötzlich<br />

(Zeit) und direkt (Raum) ausgeführt wird,<br />

entspricht einem Stoßen.<br />

Ist diese Bewegung nun allmählich statt<br />

plötzlich, entspricht sie einem Drücken.<br />

Auch viele Tanzfiguren lassen sich damit klassifizieren.<br />

So gibt es für verschiedene Tänze<br />

charakteristische Antriebsaktionen:<br />

Samba: peitschen, tupfen, flattern, wringen<br />

Cha Cha: stoßen, tupfen, wringen<br />

Rumba: wringen, drücken, stoßen<br />

Übergänge von Bewegungen (auch Mutationen<br />

genannt) werden in harmonische Übergänge<br />

(nur eine Bewegungsqualität verändert<br />

sich, dadurch entsteht relativ wenig<br />

Akzent) und unharmonische Übergange<br />

(akzentuierter, da sich mindestens zwei Faktoren<br />

ändern) klassifiziert. Insbesondere die<br />

unharmonischen Übergänge lassen das Tanzen<br />

interessant und abwechslungsreich<br />

erscheinen.<br />

Durch diese Ideen bekommt das Tanzen eine<br />

völlig neue Komplexität. Damit dies für einen<br />

"normalsterblichen Tänzer" überhaupt realisierbar<br />

ist, lautet Holgers Empfehlung, die<br />

Schritte so einfach wie möglich zu halten, die<br />

Körperbewegung aber (schrittweise aufbauend)<br />

so komplex wie möglich zu gestalten.<br />

Dadurch wird das Tanzen sowohl für den<br />

Zuschauer als auch für den Tänzer selbst<br />

interessanter. Trotz des sehr anspruchsvollen<br />

und teilweise vielleicht etwas trockenen Themas<br />

schaffte Holger es, dieses kurzweilig und<br />

interessant zu vermitteln, was nicht zuletzt<br />

seinem großen Bewegungstalent zu verdanken<br />

ist. Leider lassen sich die meisten Ideen<br />

auf den ersten Blick nur für das Lateintanzen<br />

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