Musterseite 40 - Georg Thieme Verlag
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3 – Bönninghausens Methode der Arzneifindung<br />
E Tab. 3.1 Gradeinteilung in vier Schriftarten (Therapeutisches Taschenbuch).<br />
Grad Schriftart der unterschiedlichen Grade Bedeutung<br />
0 (zweifelhaft) näherer Bestätigung bedürfend<br />
1 sicher inder Arzneimittelprüfung aufgetreten<br />
2 sicher, wiederholt beobachtet mit wiederholt inder Arzneimittelprüfung aufgetretener<br />
Erstwirkung<br />
3 durch Heilung verifiziert zusätzlich inder Beobachtung am Patienten durch Heilung<br />
bestätigt oder ausschließlich amPatienten beobachtet<br />
4 MEHRFACH VERIFIZIERT häufigdurch Heilung bestätigtoderhäufigausschließlich am<br />
Patienten beobachtet [9]<br />
Die Teile eines vollständigen Symptoms werden<br />
nun in den verschiedenen Kapiteln des Therapeutischen<br />
Taschenbuchs angegeben. So ist etwa<br />
eine bestimmte Art von Zahnschmerzen über<br />
mehrere Kapitel verteilt, nämlich<br />
● im 2. Kapitel(Körperteile undOrgane) dieLokalisation<br />
des Schmerzes,<br />
● im 3. Kapitel (Empfindungen und Befunde) die<br />
Art des Schmerzes und<br />
● im 6. Kapitel (Modalitäten) die Erhöhung oder<br />
Linderung der Beschwerden je nach Zeit, Lage<br />
oder anderen Umständen.<br />
Es könnte der Eindruck entstehen, dass hier einer<br />
willkürlichen Kombinatorik Türund Tor geöffnet<br />
wird. Nach Bönninghausen muss aber „der Genius<br />
des Heilmittels in allen Beziehungen dem Genius der<br />
Gesammtkrankheit, wie er sich durch seine charakteristischen<br />
Symptome zu erkennen giebt, genau entsprechen“<br />
([1], S.<strong>40</strong>7).<br />
Dieser Genius durchzieht dasArzneimittel „wie<br />
der rote Faden inden Tauen der englischen Marine“<br />
in verschiedenen Bereichen: Es sind meist<br />
Empfindungen oder Modalitäten, die von mehrerenPrüfern<br />
beobachtet wurden,sichdeutlichzeigten<br />
und in verschiedenen Körperbereichen auftraten<br />
([7], S.226). So kann eine Modalität oder Empfindung,<br />
die sich bei der Prüfung eindeutig kundtut,<br />
auch auf andere Lokalisationen übertragen<br />
werden. Wir kennen dies z. B. von der Bewegungsverschlimmerung<br />
bei Bryonia oderder Wärmeverschlechterung<br />
beiPulsatilla. Bönninghausenerläuterte<br />
diesen Zusammenhang anhand der von innen<br />
nach außen gerichteten Stiche bei Asa foetida,<br />
die in der Prüfung häufig beobachtet wurden ([5],<br />
S. 332 f.). Unterdiesem Aspekt lohntessich, einmal<br />
einkleines Mittelanhand vonArzneimittelprüfung<br />
und Aufsuchen der Rubrik im Therapeutischen Taschenbuch<br />
zu erarbeiten. Man erlebt dabei die<br />
Sorgfalt, mit der Bönninghausen vorging, und<br />
seine enorme Kenntnis der damals vorhandenen<br />
Arzneimittel, die bis heute den Hauptteil unserer<br />
Verordnungen ausmachen.<br />
AlsQuellen dienten Bönninghausen die damals<br />
vorhandenen Arzneiprüfungen – Hahnemanns<br />
Reine Arzneimittellehre und die Chronischen Krankheiten,<br />
die Prüfungen aus Stapfs Archiv für die homöopathische<br />
Heilkunst – sowie beobachtete Verifikationen<br />
und klinische Erfahrungen.<br />
In den Rubriken des Therapeutischen Taschenbuchs<br />
sind die Arzneien in vier unterschiedlichen<br />
Graden vertreten, wobei der niedrigste, eingeklammerte<br />
und laut Bönninghausennochweiterer<br />
Bestätigung bedürfende Grad vernachlässigt wird:<br />
Die hier aufgeführte Gradeinteilung (▶ Tab. 3.1)<br />
geht auf die revidierte Ausgabe des Therapeutischen<br />
Taschenbuchs [4] zurück, die im Folgenden<br />
auch zur Repertorisation verwendet wurde. (Die<br />
revidierte Ausgabe des Therapeutischen Taschenbuchs<br />
führt noch einen 5. Grad nach C.Dunhams<br />
handschriftlichen Aufzeichnungen an.)<br />
Die ersten beiden Grade entsprechen damit<br />
Prüfungssymptomen, die beiden höchsten Grade<br />
wären idealerweisevom Konzept herklinische Bestätigungen<br />
von Prüfungssymptomen („sowohl<br />
durch die Charakteristik der Mittel, als durch die<br />
Praxis vorzugsweise bewährt“ [2], S.IX), wobei wir<br />
allerdings auch in den höchsten Graden rein klinische<br />
Symptome finden,die in derArzneimittelprüfung<br />
von ihrer Art her als Erstwirkung gar nicht<br />
aus: Bleul u. a., Homöopathische Fallanalyse (ISBN 9783830473206) © 2012 Karl F. Haug <strong>Verlag</strong>