junge_wirtschaft_1_2015_51794
junge_wirtschaft_1_2015_51794
junge_wirtschaft_1_2015_51794
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
20 | In der Kantine | Wirtschaftsleben<br />
#01·<strong>2015</strong><br />
Mitarbeiter sehen, und das ist in einer<br />
Führungsaufgabe im Großkonzern<br />
natürlich nicht mehr möglich.<br />
Wewezow: Was können Mittelständler<br />
und Großkonzerne voneinander lernen<br />
Winkler: Meiner Meinung nach ist es<br />
ideal, wenn man beide Welten erlebt<br />
hat. Für Unternehmer kann es sehr<br />
hilfreich sein, einmal in einem Konzern<br />
gearbeitet zu haben. Dort muss man in<br />
größeren Strukturen denken, Dinge<br />
systematisch angehen und Strategien<br />
planen, und man lernt, dass Abläufe<br />
– insbesondere die, die in Richtung<br />
Kunde gehen – geordnet organisiert<br />
werden müssen.<br />
Umgekehrt glaube ich, dass es Führungskräften<br />
in Großkonzernen gut<br />
tut, das persönliche Umfeld eines kleineren<br />
Unternehmens zu kennen, denn<br />
das bringt natürlich eine ganz andere<br />
Art von Vertrauen mit sich. Diese mittelständische<br />
Kultur kann man durchaus<br />
auch in Großkonzernen realisieren.<br />
Es bringt ungeheuer viel Mehrwert,<br />
wenn man es schafft, das Beste aus beiden<br />
Welten zusammenzubringen.<br />
Vogelbach: Wie gelingt es Ihnen im Alltag,<br />
Ihre Mitarbeiter einzubinden<br />
Winkler: Bei smart ist hierarchieübergreifendes<br />
Miteinander und Kommunikation,<br />
insbesondere persönlicher<br />
Dialog, Teil unserer Kultur, ja geradezu<br />
eine Haltung. Wir investieren viel<br />
Zeit und Energie, unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter zu ermutigen,<br />
ihre Ideen aktiv einzubringen und diese<br />
dann in die erfolgreiche Weiterentwicklung<br />
unserer Marke smart einfließen<br />
zu lassen.<br />
Das passiert in spontanen Dialogen,<br />
die ich gerne „management by<br />
walking around“ nenne, in geplanten<br />
Gesprächsrunden, in Sitzungen, in<br />
denen nicht die Hierarchie präsentiert,<br />
sondern der oder die wirklich operativ<br />
Verantwortliche. Wenn wir, um ein<br />
weiteres Beispiel zu nennen, zu unseren<br />
sogenannten „Stammtischen“ einladen,<br />
an denen teilzunehmen völlig<br />
freiwillig ist, kommen jedes Mal mindestens<br />
100 Mitarbeiter. Jeder erzählt<br />
frei von den interessanten und aktuellen<br />
Entwicklungen in seinem Verantwortungsbereich.<br />
Ich mache in der<br />
Regel den Anfang und plaudere ab und<br />
zu auch mal ein bisschen aus dem Nähkästchen.<br />
Alle Kolleginnen und Kollegen<br />
beteiligen sich engagiert und nach<br />
dieser unterhaltsamen Runde ist jeder<br />
wieder bestens informiert; wesentlich<br />
besser, als das mit jeder „schriftlichen“<br />
Kommunikation oder der klassischen<br />
„Town-Hall“ funktionieren würde.<br />
Das Entscheidende ist, sich<br />
auf wenige Kernbotschaften<br />
zu konzentrieren. Das<br />
ist eine der ganz entscheidenden<br />
Lektionen meines<br />
Berufslebens. DR. ANNETTE WINKLER<br />
Wewezow: 1991 waren Sie Bundesvorsitzende<br />
der Wirtschaftsjunioren Deutschland.<br />
Was haben Sie dabei gelernt<br />
Winkler: Zum einen das Denken in Zielen<br />
und Visionen. Wenn man nur eine<br />
begrenzte Zeit zur Verfügung hat, wie<br />
das bei den Wirtschaftsjunioren Prinzip<br />
ist – „one year to lead“ – muss man<br />
sich genau fragen, was man in diesem<br />
Zeitraum erreicht haben möchte. Dabei<br />
habe ich sicher auch meine Führungsfähigkeiten<br />
weiterentwickeln können.<br />
Bei den Wirtschaftsjunioren – und das<br />
gilt natürlich auch in anderen Organisationen<br />
– kann man nicht mit disziplinarischer<br />
Verantwortung etwas<br />
anordnen, sondern muss die Mitglieder<br />
immer wieder von neuem überzeugen.<br />
Man muss für gemeinsame Ziele<br />
begeistern können und die Motivationskraft<br />
entwickeln, diese dann auch zu<br />
erreichen.<br />
Vogelbach: Was war der prägendste<br />
Moment<br />
Winkler: Da ich zur Zeit der Wiedervereinigung<br />
Bundesvorsitzende war, hatten<br />
wir die einmalige Möglichkeit, die<br />
Gründung von Juniorenkreisen in den<br />
damals neuen Bundesländern zu initiieren<br />
und dann zu unterstützen. Bei<br />
null fingen wir an, und als ich aufhörte,<br />
waren es 25. Wir wollten <strong>junge</strong>n Unternehmern<br />
in dieser Zeit des Umbruchs<br />
helfen, sie begleiten und ihr Gesprächspartner<br />
sein. Außerdem knüpften wir<br />
internationale Kontakte zu Unternehmern<br />
in Osteuropa und übernahmen<br />
Patenschaften über die Grenzen hinweg,<br />
das war eine sehr vielfältige und<br />
spannende Zeit.<br />
Die Bundeskonferenz in jenem<br />
Jahr, als die neu gegründeten Kreise<br />
zum ersten Mal teilnahmen, war für<br />
mich ein ganz besonders emotionales<br />
und sehr schönes Erlebnis. Dort zum<br />
Thema der Entwicklung eines gemeinsamen<br />
Europas zu sprechen, das war<br />
wirklich etwas Einmaliges.<br />
Wewezow: Bei den Wirtschaftsjunioren<br />
ist es auch oft eine Herausforderung,<br />
alle Botschaften bis in die Kreise<br />
zu transportieren. Welchen Ratschlag<br />
können Sie hier unserem neugewählten<br />
Bundesvorstand geben<br />
Winkler: Das Entscheidende ist, sich<br />
auf wenige Kernbotschaften zu konzentrieren.<br />
Das ist eine der ganz entscheidenden<br />
Lektionen meines Berufslebens:<br />
Wenn man in großen Organisationen<br />
Ziele erreichen will, muss<br />
man zunächst wissen, welche wenigen<br />
Kernthemen wirklich erfolgsentscheidend<br />
für das jeweilige Vorhaben sind<br />
und diese konsequent und nachhaltig<br />
durchsteuern. Diese Fokussierung<br />
ist manches Mal geradezu schmerzhaft,<br />
weil man ja den Drang hat, alle<br />
Themen gleichzeitig lösen zu wollen.<br />
Aber genau die Konzentration auf das<br />
Wesentlichen macht es möglich, dass<br />
alle mit Begeisterung und Disziplin die<br />
Umsetzung sicherstellen.<br />
Vogelbach: Ist der Fachkräftemangel<br />
bei Ihnen schon ein Thema<br />
Winkler: Das betrifft uns zum Glück<br />
noch nicht unmittelbar. Wir legen viel<br />
Wert darauf, als Arbeitgeber attraktiv<br />
zu sein, bieten vielseitige Chancen,<br />
national und international Karriere zu<br />
machen und investieren in breite Ausund<br />
Weiterbildungsprogramme.<br />
Auch die Vereinbarkeit von Familie<br />
und Beruf ist uns wichtig. Wir haben<br />
alleine hier im Haus knapp 600 Kinderbetreuungsplätze<br />
und etliche Kooperationen<br />
mit externen Kitas. Von unseren<br />
Mitarbeitern wird es honoriert,<br />
dass wir in diesem Bereich auch in<br />
<strong>wirtschaft</strong>lich schwierigen Zeiten nicht<br />
gespart haben. Und wenn einmal doch<br />
keine Betreuung zur Verfügung steht,<br />
dann bieten wir flexible Möglichkeiten,<br />
von zu Hause aus zu arbeiten.<br />
Vogelbach: Unsere Serie heißt „In der<br />
Kantine mit …“, was ist Ihnen beim<br />
Thema Ernährung wichtig<br />
Winkler: Ich koche leidenschaftlich<br />
gerne. Am Wochenende laden wir häufig<br />
Gäste ein und bekochen sie dann,<br />
teilweise durchaus auch sehr aufwändig,<br />
was mir unheimlich viel Spaß<br />
macht. Eine gute Küche ist eben wie<br />
der smart – ein großartiges Kunstwerk.<br />
MELANIE VOGELBACH