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NIEMALS OHNE SCHUTZBRILLE IM LABOR !!!!! - oc1.uni-bayreuth.de

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I. L A B O R A T O R I U M S T E C H N I K<br />

1. UN F A L L V E R H Ü T U N G<br />

<strong>NIEMALS</strong> <strong>OHNE</strong> <strong>SCHUTZBRILLE</strong> <strong>IM</strong> <strong>LABOR</strong> !!!!!<br />

1.1a Brandverhütung<br />

Viele organische Lösungsmittel (z.B. Ether, Petrolether, Schwefelkohlenstoff) besitzen<br />

einen hohen Dampfdruck und sind oft leicht entflammbar. Sie dürfen <strong>de</strong>shalb nicht in<br />

<strong>de</strong>r Nähe von offenen Flammen o<strong>de</strong>r von Wärmequellen (Gefahr <strong>de</strong>r Überdruckbildung<br />

in <strong>de</strong>n Flaschen) aufbewahrt wer<strong>de</strong>n. Lösungsmittel dürfen nur mittels eines<br />

Heizba<strong>de</strong>s (Öl- o<strong>de</strong>r Wasserbad) o<strong>de</strong>r Heizpilzes, aber nie auf offener Flamme erhitzt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Beim Kochen unter Rückfluß o<strong>de</strong>r beim Destillieren ist darauf zu achten, daß <strong>de</strong>r<br />

Kühler genügend kühlt und keine Lösungsmitteldämpfe entströmen. Lösungsmittelreste<br />

dürfen niemals in <strong>de</strong>n Ausguss gegossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Natrium- und Kaliumreste dürfen nicht mit Wasser in Berührung kommen und erst recht<br />

nicht in <strong>de</strong>n Ausguss o<strong>de</strong>r Papierkorb geworfen wer<strong>de</strong>n (Explosionsgefahr!).<br />

Aufbewahrt wer<strong>de</strong>n diese Metalle unter Petroleum.<br />

1.1b Brandbekämpfung<br />

Lösungsmittelbrän<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n mit CO2-Handfeuerlöschern bekämpft.<br />

K E I N W A S S E R<br />

1


Brennen<strong>de</strong> Ölbä<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n abge<strong>de</strong>ckt (Deckel o<strong>de</strong>r Lösch<strong>de</strong>cke). Falls Kleidung<br />

brennt, sofort Notdusche über <strong>de</strong>n Türen benutzen. Im Labor sollte möglichst keine<br />

Kunststoffkleidung getragen wer<strong>de</strong>n, da bei eventuellen Brän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kunststoff<br />

schmilzt und sehr schwer heilbare Brandwun<strong>de</strong>n hervorruft. Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r Laborkittel<br />

sollte aus reiner Baumwolle bestehen.<br />

Wenn es brennt, muß sofort mit <strong>de</strong>n Löscharbeiten begonnen wer<strong>de</strong>n; kleinere Brän<strong>de</strong><br />

breiten sich sehr schnell ausl Beson<strong>de</strong>rs gefährlich sind Brän<strong>de</strong> von Benzol o<strong>de</strong>r<br />

Toluol, da sie mit sehr heißer Flamme brennen.<br />

1.2 Ätzen<strong>de</strong> Stoffe:<br />

Säuren, Laugen, Säurehalogeni<strong>de</strong> und ähnliche Stoffe verursachen schwer heilen<strong>de</strong><br />

Hautschä<strong>de</strong>n, die oft erst nach Stun<strong>de</strong>n erkennbar wer<strong>de</strong>n. Beim Umgang mit diesen<br />

Stoffen ist daher beson<strong>de</strong>re Sorgfalt angebracht. Hautstellen, die mit solchen Stoffen in<br />

Berührung kamen, sofort mit viel kaltem Wasser abspülen, Assistent benachrichtigen.<br />

Organische Stoffe (z.B. Methylierungsmittel, insbeson<strong>de</strong>re Dimethylsulfat!), dringen<br />

leicht durch die Haut ein und können nicht mit Wasser abgewaschen wer<strong>de</strong>n, daher zur<br />

Reinigung Alkohol verwen<strong>de</strong>n. Die Wirkungen zeigen sich oft nicht unmittelbar,<br />

son<strong>de</strong>rn erst nach Stun<strong>de</strong>n. Im Labor ist unbedingt eine Schutzbrille zu tragen, um<br />

Augenverletzung zu vermei<strong>de</strong>n (im an<strong>de</strong>ren Fall Verlust <strong>de</strong>s Versicherungsschutzes!).<br />

Falls Säure- und Laugenspritzer das Auge getroffen haben, Augendusche benutzen.<br />

Kleidung ist durch Tragen eines Labormantels (aus Baumwolle) zu schützen. Schon<br />

ein kleiner Spritzer Schwefelsäure durchlöchert die Kleidungl<br />

Zum Pipettieren immer Peleusball bzw. Gummihütchen o<strong>de</strong>r Schliff-(Fortuna)-Pipette<br />

verwen<strong>de</strong>n, niemals mit <strong>de</strong>m Mund.<br />

1.3 Glasbearbeitung<br />

Schwere Verletzungen treten auf, wenn man beim Überziehen eines Gummischlauches<br />

über ein Glasrohr abrutscht und sich das Glasrohr in die Hand stößt. Daher bei<br />

solchen Operationen Schutzhandschuhe verwen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r die Hand mit einem Tuch<br />

schützen! Glasrohr durch Glycerin gleitend machen! Nicht mit angebrochenen<br />

Glasgeräten arbeiten.<br />

2


Beim Zerlegen von Schliffapparaten keine Gewaltanwendung, Schliffe mit einem Föhn<br />

erwärmen und nochmals versuchen, sie zu lösen. Gegebenenfalls Assistenten fragen,<br />

bzw. zum Glasbläser gehen.<br />

1.4 Arbeiten mit agressiven Verbindungen<br />

Halogenhaltige Stoffe, Nitroverbindungen, Mercaptane etc. sind oft stark giftig,<br />

gelegentlich tränenreizend o<strong>de</strong>r von üblem Geruch. Mit solchen Verbindungen sollte<br />

nur unter einem gut ziehen<strong>de</strong>n Abzug gearbeitet wer<strong>de</strong>n.<br />

Man orientiere sich vor <strong>de</strong>r Arbeit, wie etwa verschüttete Substanzproben rasch<br />

vernichtet wer<strong>de</strong>n können. Man vermei<strong>de</strong> vor allem das Einatmen von Dämpfen<br />

organischer Substanzen, beson<strong>de</strong>rs von Flüssigkeiten, die oft einen erheblichen<br />

Dampfdruck haben.<br />

Geruchsproben führe man so aus, daß man das Gefäß mit <strong>de</strong>r Substanz 20 cm von <strong>de</strong>r<br />

Nase entfernt hält und durch eine Handbewegung in Richtung Nase etwas von <strong>de</strong>m<br />

Dampf <strong>de</strong>r Verbindung in die Nase treibt. Geschmacksproben sind auf je<strong>de</strong>n Fall zu<br />

unterlassen!!! Viele Stoffe sind carcinogen, d.h. es gibt keine Toleranzgrenze. Beim<br />

Aufnehmen (Entfernen) ausgelaufener Flüssigkeiten niemals ohne Atemschutz und nur<br />

mit Handschuhen arbeiten - vorher Assistent zu Rate ziehen!<br />

Beson<strong>de</strong>rs gefährliche Verbindungen sind aus <strong>de</strong>r Tabelle (im Anhang) mit <strong>de</strong>n<br />

Maximalen Arbeitsplatz-Konzentrationen (MAK-Werten) zu erkennen. Dazu gehören<br />

u.a. Acetonitril, Anilin, Benzol, Blausäure, Chinon, Chloroform, Diazomethan,<br />

Dimethylsulfat, Hydrazin, Methylenchlorid, Methanol, nitrose Gase,<br />

Nitrosoverbindungen (beson<strong>de</strong>rs N-Nitrosoverbindungen), Phenol, Phenylhydrazin,<br />

Quecksilber, fast alle chlorierten Kohlenwasserstoffe u.v.a.<br />

Aus Sicherheitsgrün<strong>de</strong>n ist es verboten, bei <strong>de</strong>r Laborarbeit zu essen, zu trinken o<strong>de</strong>r<br />

zu rauchen !!! Das ist keine Schikane, <strong>de</strong>nken Sie an Ihre Gesundheit.<br />

Die Anordnungen <strong>de</strong>r Assistenten, die Sauberkeit und Sicherheit am Arbeitsplatz<br />

betreffen, sind unbedingt zu befolgen.<br />

3


NICHTBEACHTUNG DER VORSCHRIFTEN KANN ZUM AUSSCHLUSS AUS DEM<br />

PRAKTIKUM FÜHREN !!!<br />

Umweltbewußtes Verhalten:<br />

Es ist strengstens untersagt, die Umwelt durch fahrlässiges Hantieren und Verschütten<br />

von Chemikalien zu belasten. Versuchen Sie als Chemiker mit gutem Beispiel voran zu<br />

gehen. Nicht <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re - Sie sollen die Umwelt mitschützen!<br />

2. A R B E I T S V O R B E R E I T U N G<br />

Bevor eine synthetische o<strong>de</strong>r analytische organische Arbeit begonnen wer<strong>de</strong>n kann,<br />

sind folgen<strong>de</strong> Vorbereitungen zu treffen:<br />

2.1 Literatursuche:<br />

Im Regelfall liegen beim Assistenten für die im Organischen Praktikum auszuführen<strong>de</strong>n<br />

Reaktionen Arbeitsvorschriften aus. Trotz<strong>de</strong>m sollte man schon in diesem Stadium <strong>de</strong>s<br />

Studiums darüber Bescheid wissen, wie man nach Arbeitsvorschriften in <strong>de</strong>r Literatur<br />

sucht.<br />

Die gesuchte Verbindung wird zunächst als Bruttoformel aufgeschrieben und nach <strong>de</strong>r<br />

IUPAC-Nomenklatur benannt. Bei Schwierigkeiten in <strong>de</strong>r Benennung ist das Buch <strong>de</strong>r<br />

IUPAC, (International Union of Pure and Applied Chemistry) "Nomenclature of Organic<br />

Chemistry", Sections A, B und C 1 o<strong>de</strong>r das Buch von D. Hellwinkel; "Die<br />

systematische Nomenklatur <strong>de</strong>r Organischen Chemie", Springer Verlag, Hei<strong>de</strong>lberg<br />

1974, zu Rate zu ziehen.<br />

Zunächst versucht man die gesuchte Verbindung in <strong>de</strong>n gängigen Tabellenbüchern wie<br />

Chemiker-Kalen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r D'Ans-Lax Handbuch zu fin<strong>de</strong>n. Bei allen hier aufgeführten<br />

Verbindungen ist die Literaturstelle im Beilstein bzw. <strong>de</strong>n Chemical Abstracts<br />

angegeben. Erst wenn diese Suche keinen Erfolg hat, benutzt man die großen<br />

Nachschlagewerke.<br />

4


Die gesamte chemische Literatur wird laufend in <strong>de</strong>n "Chemical Abstracts" und im<br />

Beilstein" so aufbereitet, daß man nach einer bereits in <strong>de</strong>r Literatur beschriebenen<br />

Verbindung sowohl unter ihrem IUPAC-Namen, als auch unter ihrem Trivialnamen (falls<br />

es so einen gibt) und nach <strong>de</strong>r Bruttoformel in <strong>de</strong>n Jahres-, 5-Jahres- o<strong>de</strong>r 10-Jahres-<br />

Registerbän<strong>de</strong>n suchen kann.<br />

In <strong>de</strong>r Regel ist die Suche unter <strong>de</strong>r Bruttoformel am sichersten, weil auch erfahrene<br />

Chemiker in <strong>de</strong>r Benennung von Verbindungen Fehler machen und dann die<br />

betreffen<strong>de</strong>n Verbindungen unter <strong>de</strong>m gegebenen Namen in <strong>de</strong>n Registerbän<strong>de</strong>n nicht<br />

zu fin<strong>de</strong>n wären.<br />

Wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Name nicht richtig nach <strong>de</strong>r IUPAC-Nomenklatur gebil<strong>de</strong>t, so erhält man<br />

beim Durchsehen <strong>de</strong>r neben <strong>de</strong>r Formel stehen<strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Generalformelregisters<br />

<strong>de</strong>s "Beilsteins" o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s "Chemischen Zentralblattes" o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r "Chemical Abstracts"<br />

eine Denkhilfe: Man fin<strong>de</strong>t selbst mit beschei<strong>de</strong>nen Nomenklaturkenntnissen meist<br />

heraus, ob ein angeführter Name <strong>de</strong>r gesuchten Formel entsprechen kann. Die<br />

Formelregister sind in allen erwähnten Werken nach steigen<strong>de</strong>r Kohlenstoffzahl<br />

angeordnet, bezüglich <strong>de</strong>r Anordnung weiterer Elemente wur<strong>de</strong> aber in <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>ner Formelregistern uneinheitlich verfahren. Im Beilstein und <strong>de</strong>ssen Er-<br />

gänzungswerk wer<strong>de</strong>n Verbindungen gleicher Kohlenstoffzahl in Gruppen unterteilt:<br />

(Gruppe 1 umfaßt Verbindungen, die außer Kohlenstoff nur noch ein Element<br />

enthalten, Gruppe 2 solche mit zwei Elementen, usw. Bei <strong>de</strong>r weiteren Unterteilung<br />

kommt <strong>de</strong>m Wasserstoff (häufigstes Begleitelement) die höchste Priorität zu, dann<br />

folgen Sauerstoff, Stickstoff, Chlor, Brom, Iod, Fluor, Schwefel und Phosphor (Richter-<br />

Alphabet).<br />

Es ergibt sich somit folgen<strong>de</strong> Aufeinan<strong>de</strong>rfolge <strong>de</strong>r Summenformeln:<br />

Hauptkriterium: C-Anzahl: C-1 steht vor C-2.<br />

Nebenkriterium: Anzahl <strong>de</strong>r vorhan<strong>de</strong>nen zusätzlichen Elementarten:<br />

C5H9O2N3 steht vor C5H9ONCl.<br />

5


Innerhalb <strong>de</strong>r Gruppen sind die Formeln nach steigen<strong>de</strong>r Atomzahl nach <strong>de</strong>m<br />

"Richteralphabet" angeordnet, z.B.<br />

C2-I Gruppe: C2H2, C2H4, C2H6, ....C2N2, .... C2Cl2, C2Cl4.... C2Br2 .... C2I2<br />

C2-II Gruppe:C2H2N4 ... C2H2Cl4 ... C2H3N .... C2H40, C2H402, C2H403 ... C2H4N2<br />

In <strong>de</strong>n Formelregistern <strong>de</strong>r Chemical Abstracts hat man auf die Unterteilung <strong>de</strong>r<br />

Verbindungen gleicher C-Zahl nach <strong>de</strong>r Zahl zusätzlicher Elemente verzichtet und<br />

wen<strong>de</strong>t bezüglich <strong>de</strong>r Priorität von Heteroatomen das Hill-Alphabet an: Hier besitzt<br />

zwar so wie nach <strong>de</strong>r, Richteralphabet <strong>de</strong>r Wasserstoff höchste Priorität, alle übrigen<br />

Elemente wer<strong>de</strong>n jedoch dann in alphabetischer Reihenfolge angeordnet.<br />

Die Anordnung <strong>de</strong>r obigen Bruttoformel <strong>de</strong>r C2-Gruppen ist also wie folgt vorzunehmen:<br />

C2H2, C2H2Cl4, C2H2N4, C2H3N, C2H4, C2H4N2, C2H4O, C2H4O2,<br />

C2H4O3, C2H6, C2Br2, C2Cl2, C2Cl4, C2I2,<br />

Ab <strong>de</strong>m zweiten Ergänzungswerk wur<strong>de</strong> das für die Chemical Abstracts angewandte<br />

Registerverfahren (Hill-Alphabet) auch bei <strong>de</strong>n Beilstein‘schen Sammelregistern<br />

verwen<strong>de</strong>t.<br />

Im Hauptteil <strong>de</strong>s Beilstein sind nur jene Verbindungen enthalten, die bis 1909 in <strong>de</strong>r<br />

Literatur publiziert wur<strong>de</strong>n. Das 1. Ergänzungswerk enthält Angaben über die Literatur<br />

von 1910 bis 1919, das zweite von 1920-1929 und das dritte von 1930 bis 1949. In <strong>de</strong>n<br />

Ergänzungswerken sind oben die Seitenzahlen <strong>de</strong>s Hauptwerkes und <strong>de</strong>r älteren<br />

Ergänzungswerke, auf <strong>de</strong>nen die gleiche Verbindung behan<strong>de</strong>lt wird, angegeben, so<br />

daß dadurch die Literatursuche wesentlich erleichter ist. Um die neuere Literatur zu<br />

erfassen, ist unbedingt eine Literatursuche auch in <strong>de</strong>n Registerbän<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Chemical<br />

Abstracts erfor<strong>de</strong>rlich. Sammelregister <strong>de</strong>r Chemical Abstracts, die die Literatur eines<br />

Zeitraumes von 5 und 10 Jahren erfassen, sind verfügbar, neuere Literaturangaben<br />

müssen <strong>de</strong>n Einzeljahresregistern entnommen wer<strong>de</strong>n.<br />

6


Am zweckmäßigsten geht man bei <strong>de</strong>r Literatursuche so vor, daß man zuerst in <strong>de</strong>n<br />

Registerbän<strong>de</strong>n neuesten Datums nach <strong>de</strong>r Verbindung sucht, weil man so gleichzeitig<br />

meist auch ältere Literatur erfasst, die in neueren Arbeiten fast immer zitiert ist.<br />

Dementsprechend beginnt man mit <strong>de</strong>r Literatursuche in <strong>de</strong>n neuesten Registerbän<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Chemical Abstracts und geht erst dann auf die Beilsteinbän<strong>de</strong> zurück.<br />

Wenn eine Verbindung noch nicht in <strong>de</strong>r Literatur beschrieben ist, so kann man nach<br />

Synthesebeschreibungen analoger Verbindungen suchen. Dies wird durch das<br />

Beilsteinsystem erleichtert, weil dort die Verbindungen nach Klassen geordnet sind.<br />

Beispielsweise kann man versuchen, eine Vorschrift <strong>de</strong>r beschriebenen Synthese<br />

nächst niedriger Homologer auszuführen.<br />

Wichtige Hilfe bei <strong>de</strong>r Vorplanung von Synthesen leisten Metho<strong>de</strong>nregister, <strong>de</strong>nen man<br />

entnehmen kann, welche Verfahren für bestimmte Umsetzung z.B. <strong>de</strong>n Ersatz von<br />

Halogen durch eine Hydroxylgruppe, anwendbar sind.<br />

Zu erwähnen sind hier:<br />

R.B. Wagner und H.D. Zook: "Synthetic Organic Chemistry", ausgezeichnete und<br />

übersichtliche Zusammenstellung von Metho<strong>de</strong>n zur Herstellung einfach substituierter<br />

aliphatischer Verbindungen. Lei<strong>de</strong>r sind nur jene Metho<strong>de</strong>n erfasst, die bis etwa 1954<br />

entwickelt wur<strong>de</strong>n.<br />

C. Weigand und G. Hilgetag.- "Organisch chemische Experimentierkunst". Sehr<br />

übersichtliche Zusammenstellung verschie<strong>de</strong>ner Reaktionstypen, allerdings auch nicht<br />

auf neustem Stand.<br />

I.T. Harrison und S.Harrison "Compendium of Organic Synthetic Plethods" enthält in<br />

Formelübersicht, jedoch ohne Kommentar, eine Fülle an Material, das <strong>de</strong>r neueren<br />

Literatur entnommen wur<strong>de</strong>, Geordnet nach funktionellen Gruppen. Erfor<strong>de</strong>rt doch<br />

einige Sucharbeit.<br />

C. Ä. Buehler und D. Pearson: "Survey of Organic Synthesis", ähnlich aufgebaut wie<br />

das Buch von Wagner und Zook, unter Auswertung <strong>de</strong>r Literatur bis 1970.<br />

Houben-Weyl: "Metho<strong>de</strong>n- <strong>de</strong>r organischen Chemie" : Umfangreichstes<br />

Metho<strong>de</strong>nregister mit ausführlichen Beispielen.<br />

Organic Reactions: Sehr ausführliche Behandlung häufig verwandter Metho<strong>de</strong>n (z.B.<br />

Reduktionen mit LiAlH4)- Je<strong>de</strong>s Jahr erscheint ein neuer Band.<br />

L.F. Fieser und M. Fieser: "Reagents for Organic Syntheses".<br />

7


W. Forst: "Neuere Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Organischen Chemie", ähnliche Metho<strong>de</strong>nbehandlung<br />

wie in <strong>de</strong>n Organic Reactions, wobei beson<strong>de</strong>rer Wert auf neuere und weniger<br />

bekannte Verfahren gelegt wird.<br />

W. Theilheimer: "Synthetische Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Organischen Chemie". Je<strong>de</strong>s Jahr<br />

erscheint ein Band, in <strong>de</strong>m in kurzer Form allgemein anwendbare neue<br />

Herstellungsverfahren <strong>de</strong>s letzten Jahres beschrieben sind.<br />

Lei<strong>de</strong>r ist die Suche nach bestimmten Metho<strong>de</strong>n durch das etwas unübersichtliche<br />

Registerverfahren (die Reaktionen sind innerhalb <strong>de</strong>r Bücher nicht nach Typen<br />

unterteilt) für <strong>de</strong>n Anfänger schwierig, doch enthalten diese Bän<strong>de</strong> eine gewaltige Fülle<br />

an Material. Beilstein und Chenical Abstracts enthalten nur zusammenfassen<strong>de</strong><br />

Referate <strong>de</strong>r Originalarbeiten.<br />

Hat man daher die betreffen<strong>de</strong> Verbindung in einem Beilstein o<strong>de</strong>r CA-Band<br />

gefun<strong>de</strong>n, so darf man sich nicht mit <strong>de</strong>n dort in Kurzform angeführten<br />

Herstellungsvorschriften zufrie<strong>de</strong>n geben, son<strong>de</strong>rn in je<strong>de</strong>m Fall ist die Originalliteratur<br />

einzusehen, die genauere Angaben über die Arbeitsbedingungen (Menge, Temperatur,<br />

Reaktionsdauer, eventuelle Schwierigkeiten, Ausbeute usw.) enthält. Unter Umstän<strong>de</strong>n<br />

ist die Herstellung ein und <strong>de</strong>rselben Verbundung in mehreren Literaturstellen<br />

beschrieben. Die Arbeitsvorschriften sind zu vergleichen, um <strong>de</strong>n rationellsten<br />

Zugangsweg ausfindig zu machen (Diskussion und Besprechung dieser<br />

Herstellungsmetho<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Assistenten).<br />

2.2 Vorbereitung <strong>de</strong>r Arbeitsmaterialien:<br />

Aus <strong>de</strong>n Arbeitsvorschriften <strong>de</strong>r Literatur kann man entnehmen, wie groß <strong>de</strong>r Ansatz zu<br />

wählen ist, um die gewünschte Menge an Produkt zu erhalten. Es ist jedoch zu<br />

beachten, daß mit Ausnahme gut überarbeiteter Laborvorschriften (Präparate aus <strong>de</strong>m<br />

„Organikum“, „Organic Synthesis“, „Vogels Textbook" etc.) in <strong>de</strong>r Originalliteratur, die<br />

Reaktionen mehrmals durchgeführt wur<strong>de</strong>n, nur die beste Ausbeute angegeben ist.<br />

Diese "Literaturausbeute" wird von Anfängern in <strong>de</strong>r Regel nicht erreicht, da kleine<br />

Fehler fast unvermeidbar sind. Aus <strong>de</strong>r Menge <strong>de</strong>r Reagentien ergibt sich die Größe<br />

<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r Reaktion zu verwen<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Gefäße.<br />

Reagenzien vorbereiten: Auf Verunreinigung prüfen (Schmelz-Punktbestimmung (Fp)<br />

bzw. Sie<strong>de</strong>punktsbestimmung (Kp) , Brechungsin<strong>de</strong>x).<br />

8


Reagenzien abwiegen: Unbedingt darauf achten, dass die Waage exakt eben steht<br />

(durch Drehen <strong>de</strong>r Standbeine ausrichten und mit <strong>de</strong>r eingebauten 2D-Wasserwaage<br />

(„Libelle“) <strong>de</strong>n ebenen Stand überprüfen !!!)<br />

Lösungsmittel reinigen, eventuell absolutieren.<br />

Apparaturaufbau vorbereiten: Apparaturteile zusammenstellen, Schlauchverbindungen<br />

vorbereiten, Schlauchsicherungsklemmen (Ligaturen) bereitlegen.<br />

Alle diese Vorbereitungsarbeiten nehmen oft erhebliche Zeit in Anspruch (z.B.<br />

Absolutieren von Lösungsmitteln, Heranschaffen seltener Chemikalien, wenig<br />

gebrauchter Apparaturteile), daher ist es für rationelles Arbeiten unbedingt notwendig,<br />

soweit wie möglich vorzuplanen, am besten zwei Tage o<strong>de</strong>r mehr.<br />

Meist gibt es, wenn ein Ansatz einmal läuft, erhebliche Totzeit. Diese sollte unbedingt<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n, um für das nächste und übernächste Präparat vorzuplanen.<br />

Später muß ein Chemiker imstan<strong>de</strong> sein, mehrere Ansätze gleichzeitig zu fahren und<br />

zu betreuen, das gelingt aber nur bei entsprechen<strong>de</strong>r Planung!<br />

9


2.3 Protokollführung:<br />

Hat man in <strong>de</strong>r Originalliteratur eine Arbeitsvorschrift gefun<strong>de</strong>n, so sollte man nicht<br />

damit einen Zettel beschmieren, da dieser früher o<strong>de</strong>r später verloren geht. Alle<br />

Eintragungen sind in ein Heft mit genauer Literaturangabe zu machen: Name <strong>de</strong>r<br />

Autoren (mit Vornameninitialen), Zeitschrift, Band, Seite und Erscheinungsjahr. Wenn<br />

man sich mit einem Extrakt <strong>de</strong>r Originalvorschrift begnügen muß, ist es zweckmäßig,<br />

später nochmals die Originalvorschrift zu kontrollieren, zumin<strong>de</strong>st dann, wenn man mit<br />

Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Schon oft wur<strong>de</strong>n Randbemerkungen, die sich auf<br />

eine Arbeitsvorschrift beziehen, zunächst nicht wichtig genommen!<br />

Ein Protokoll sollte so ausgearbeitet sein, daß ein Kollege ohne weiteres danach<br />

arbeiten kann. Nach Angabe <strong>de</strong>s Namens, einer formelmäßigen Darstellung <strong>de</strong>s<br />

Reaktionsablaufes und Reaktionstyps hat das Protokoll Angaben über die Größe <strong>de</strong>s<br />

Ansatzes und <strong>de</strong>r verwen<strong>de</strong>ten Apparatur, auch Hinweise über <strong>de</strong>ren Aufbau zu<br />

enthalten. Angaben über <strong>de</strong>n Zeitbedarf für einzelne Reaktionen sind wichtig<br />

(Arbeitszeiteinteilung).<br />

Über Beobachtungen bezüglich <strong>de</strong>s Reaktionsablaufes (Temperatur- und<br />

Farbän<strong>de</strong>rungen, Schwierigkeiten (z.B. Schäumen beim Destillieren) ist während <strong>de</strong>r<br />

Arbeit Protokoll zu führen, am Tage nach <strong>de</strong>r Reaktion hat man Vieles schon wie<strong>de</strong>r<br />

vergessen! Gute Protokollführung erlaubt erst eine exakte Reproduktion und hilft Fehler<br />

aufspüren! Zum Schluß <strong>de</strong>s Protokolls sind Angaben über das Reaktionsprodukt und<br />

seine Reinheitskriterien zu machen (Schmp. , Sdp.), wobei man nicht vergessen sollte,<br />

zu schreiben, aus welchem Lösungsmittel (und mit welcher Lösungsmittelmenge)<br />

umkristallisiert wur<strong>de</strong>. Zum Schluß ist die theoretisch mögliche, die in <strong>de</strong>r Literatur<br />

erreichte und praktische Ausbeute zu berechnen.<br />

Die Protokolle müssen in einem Bericht zusammengestellt wer<strong>de</strong>n (keine losen<br />

Blätter!); neue Präparate wer<strong>de</strong>n erst nach Abgabe alten Präparate und <strong>de</strong>s<br />

Laborberichts ausgegeben.<br />

Die Protokolle sollen kurzgehalten wer<strong>de</strong>n und nur Daten und Beobachtungen<br />

enthalten, die wirklich gemessen wor<strong>de</strong>n sind.<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n ist kurz skizziert, wie ein Laborbericht aufgebaut sein muss:<br />

10


Name <strong>de</strong>s Präparats<br />

1. Vollständige Literaturangabe (Buchtitel, Autoren, Seite, Verlag, etc.)<br />

2. Reaktionsname (z.B. Veresterung, Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Acylierung)<br />

3. Reaktionstyp (z.B. nucleophile Substitution eines Carbonsäurechlorids)<br />

4. Vollständige Reaktionsgleichung (unter <strong>de</strong>n Formeln Angabe <strong>de</strong>s Molgewichts)<br />

5. Reaktionsverlauf (Reaktionsmechanismus)<br />

6. Geräte (Kolben, Rückflußkühler, mechanischer Rührer), keine trivialen<br />

Apparaturen abbil<strong>de</strong>n<br />

7. Eingesetzte Mengen (in mol und Gramm)<br />

8. Reaktionsbedingungen (Reaktionstemperatur, Druck, Zeitdauer ...)<br />

9. Aufarbeitung, Abtrennung, Isolierung <strong>de</strong>s gewünschten Produkts<br />

10. Reinigung u. Charakterisierung <strong>de</strong>s Präparats (Schmp., Sdp., Rf, nD, IR-Daten,<br />

eventuell NMR- und UV-Daten, zusätzlich die betreffen<strong>de</strong>n Angaben <strong>de</strong>r Literatur)<br />

11. Ausbeuteangabe: Theorie, Literatur und praktisch gefun<strong>de</strong>n jeweils in %, g und<br />

Mol.<br />

3. GERÄTE, APPARATUREN UND IHRE BENUTZUNG<br />

3.1. Reaktionsgefäße<br />

Die gebräuchlichsten Reaktionsgefäße sind Erlenmeyer- und Rundkolben die zur<br />

Erweiterung <strong>de</strong>s Anwendungsbereiches mit mehreren Hälsen versehen sind (Abb. 1):<br />

Abb. 1:<br />

300 mL<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

ERLENMEYER-KOLBEN<br />

Enghals Weithals<br />

300 mL<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

Normschliff<br />

NS29<br />

300 mL<br />

NS29<br />

300<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

1 L<br />

Rundkolben<br />

500 mL<br />

11


Wenn nicht genügend Öffnungen zur Verfügung stehen, verwen<strong>de</strong>t man einen Claisen-<br />

Aufsatz (Abb. 2):<br />

Abb. 2:<br />

NS29<br />

Zum Zutropfen von Reaktionsflüssigkeiten wer<strong>de</strong>n Tropftrichter verwen<strong>de</strong>t, die bei<br />

geschlossenen Apparaturen einen Druckausgleich haben müssen. Abb. 3<br />

Abb. 3:<br />

mL<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

NS29<br />

Tropftrichter<br />

ohne mit<br />

Druckausgleich Druckausgleich<br />

3.2. Apparaturen – allgemeine Arbeitshinweise:<br />

Heutzutage wer<strong>de</strong>n die Glasteile <strong>de</strong>r Apparaturen nahezu ausschließlich mit genormten<br />

Schliffen verbun<strong>de</strong>n.<br />

3.2.1.a) Schliffe:<br />

Man unterschei<strong>de</strong>t zwischen Kegel- und Kugelschliffen. Die gebräuchlichsten sind die<br />

Kegelschliffe (Abb.4).<br />

mL<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

NS29<br />

75 o<br />

12


Abb. 4:<br />

Kugelschliffe haben <strong>de</strong>n Vorteil <strong>de</strong>r größeren Beweglichkeit in sich und wer<strong>de</strong>n<br />

verwen<strong>de</strong>t, wenn flexible Verbindungen erfor<strong>de</strong>rlich sind. Lei<strong>de</strong>r sind sie sehr teuer.<br />

Wenn bei einem Kegelschliff die geschliffene Fläche außen ist, so spricht man vom<br />

Kern, an<strong>de</strong>renfalls von <strong>de</strong>r Hülse. Die Bezeichnung <strong>de</strong>r Schliffgrößen sind:<br />

NS 9, NS 14,5, NS 1-01, NS 29, NS 32, .... (NS = Norm-Schliff, die Zahl bezeichnet die<br />

größte Weite - falls noch eine zweite Zahl angegeben ist) bezieht sich diese auf die<br />

Schlifflänge).<br />

Zur Verbindung von Schliffen verschie<strong>de</strong>ner Größe wer<strong>de</strong>n Übergangsstücke<br />

verwen<strong>de</strong>t. Abb. 5<br />

Abb. 5:<br />

Quickfit-<br />

Adapter<br />

29-14 14-29 NS 29 NS 14<br />

zum Einführen<br />

von Glasrohr bzw.<br />

Thermometer<br />

13


Behandlung von Schliffen:<br />

Die präzisionsgeschliffenen Flächen <strong>de</strong>r Schliffe sind äußerst empfindlich gegenüber<br />

mechanischen Verunreinigungen (Glassplitter, Staubteilchen, Sand usw.); schon<br />

kleinste Kratzer bedingen oft Undichtigkeit einer Apparatur, beson<strong>de</strong>rs beim Betrieb<br />

unter vermin<strong>de</strong>rtem Druck (Vakuum<strong>de</strong>stillation).<br />

Es ist <strong>de</strong>shalb auf peinlichste Sauberkeit <strong>de</strong>r Schliffflächen zu achten.<br />

Zur Erhöhung <strong>de</strong>r Dichtigkeit und zur Materialschonung (Reibung) wer<strong>de</strong>n die Schliffe<br />

vor <strong>de</strong>m Zusammenbau dünn mit Siliconfett bestrichen.<br />

Bei Handhabung von kleinen Substanzmengen wirkt sich die Verwendung von<br />

Schlifffett jedoch oft störend aus, da es teilweise in die Probe gelangt und diese<br />

verunreinigt. In diesen Fällen sollte man besser auf Graphit als Gleitmittel<br />

zurückgreifen.<br />

2.2.1.b)_Aufbau von_Apparaturen:<br />

Vor Aufbau einer Apparatur müssen alle dafür notwendigen Teile bereitgelegt wer<strong>de</strong>n.<br />

Kühlwasserschläuche an Kühlern sind vor <strong>de</strong>m Zusammenbau zu befestigen.<br />

Bestimmend für die Höhe <strong>de</strong>s Aufbaues und damit für die Anordnung <strong>de</strong>r Apparatur ist<br />

die Höhe <strong>de</strong>r Hebebühne mit Magnetrührer und Ölbad, Wasserbad, usw.<br />

Der Reaktionsrundkolben soll so hoch angebracht wer<strong>de</strong>n, dass durch herunterdrehen<br />

<strong>de</strong>r Hebebühne je<strong>de</strong>rzeit das Heizbad (Wasserbadtopf, Ölbadtopf) vollständig vom<br />

Reaktionskolben entfernt und entnommen wer<strong>de</strong>n kann (möglicherweise muss bei<br />

manchen Reaktionen rasch gekühlt wer<strong>de</strong>n, z.B. bei <strong>de</strong>r Grignard-Reaktion) und durch<br />

ein Kältebad ersetzt wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Danach wird die Apparatur schrittweise vervollständigt, in<strong>de</strong>m die Schliffteile erst locker<br />

eingepaßt und dann spannungsfrei befestigt wer<strong>de</strong>n.<br />

Bei Aufbau eines Rührwerkes (KPG-Rührer, siehe unter Rühren) sollte <strong>de</strong>r schwere<br />

Motor vor Einbau <strong>de</strong>r kleineren Teile (wie Tropftrichter, Rückflußkühler usw.) am Stativ<br />

befestigt wer<strong>de</strong>n (zur Vermeidung von Glasbruch bei späterem Einbau).<br />

14


Muffen sind so anzubringen, daß jeweils die Öffnung <strong>de</strong>r Muffenhalterungen nach oben<br />

offen sind (Abb. 6).<br />

Abb .6:<br />

3.2.1.c) Allgemeine Hinweise zum Erhitzen:<br />

Organische Reaktionen, bei <strong>de</strong>nen sich durch das Erhitzen das Lösungsmittel o<strong>de</strong>r<br />

Reaktionspartner verflüchtigen könnten, dürfen nur in Rundkolben mit<br />

Rückflußkühler durchgeführt wer<strong>de</strong>n, da das Erhitzen in Bechergläsern o<strong>de</strong>r<br />

Erlenmeyerkolben auf <strong>de</strong>m Magnetrührer zum Überschäumen und in <strong>de</strong>r Folge schon<br />

oft zu gefährlichen Laborbrän<strong>de</strong>n geführt hat!!!<br />

Zur Vermeidung von Sie<strong>de</strong>verzügen müssen Sie<strong>de</strong>steine, Sie<strong>de</strong>kapillaren o<strong>de</strong>r<br />

mechanische Rührer (Magnetrührer mit Rührfisch) benutzt wer<strong>de</strong>n. Sie<strong>de</strong>steine dürfen<br />

jedoch nie in die schon heiße Flüssigkeit geworfen wer<strong>de</strong>n, da es dann zu plötzlichen<br />

Aufsie<strong>de</strong>n und Schäumen kommt. Sie<strong>de</strong>steine verlieren ihre Wirksamkeit, wenn die<br />

Sie<strong>de</strong>flüssigkeit vorübergehend abgekühlt wird, z.B. bei Zugabe von Lösungsmitteln bei<br />

<strong>de</strong>r Umkristallisation, so daß auf je<strong>de</strong>n Fall vor erneutem Anheizen neue Sie<strong>de</strong>steine<br />

zugegeben wer<strong>de</strong>n müssen. Üblicherweise wer<strong>de</strong>n heute fast ausschließlich<br />

Magnetrührer mit Rührfisch verwen<strong>de</strong>t.<br />

Bei <strong>de</strong>r Benutzung von Ölbä<strong>de</strong>rn ist strengstens darauf zu achten, dass kein<br />

Wasser in das Öl gelangt: Erhitzt man ein Ölbad, in <strong>de</strong>m sich Wasser befin<strong>de</strong>t,<br />

kann das Wasser Explosionsartig verdampfen, heisses Ölbad spritzt herum !!!<br />

Kontaminierte Ölbä<strong>de</strong>r mehrere Tage lang unterhalb 100°C halten, dann erst<br />

wie<strong>de</strong>r langsam stärker erhitzen!!!<br />

Wasserschläuche an Kühlern verlässlich mit Schlauchklemmen sichern.<br />

15


3.2.2. Reaktionsapparaturen:<br />

a) Erhitzen unter Rückfluß<br />

Reaktionen, die in sie<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Lösungsmitteln ablaufen, führt man im Rundkolben<br />

mit Magnetrührer und Rückflußkühler durch (Abb.8). Die aufsteigen<strong>de</strong>n<br />

Lösungsmitteldämpfe kon<strong>de</strong>nsieren im Kühler und tropfen in <strong>de</strong>n Kolben zurück.<br />

Abb. 8:<br />

Rührfisch<br />

300<br />

o C<br />

200<br />

50<br />

100<br />

AN<br />

150 AUS<br />

500 mL<br />

20 o<br />

AUS 1000<br />

20 o<br />

0 U/min<br />

1500<br />

AN<br />

250<br />

Kühlwasser<br />

Zulauf<br />

Ablauf<br />

750<br />

500<br />

Steigrohr<br />

Ölbad o<strong>de</strong>r<br />

Wasserbad<br />

Magnetrührer<br />

mit Heizung<br />

16


) Kühlen<br />

Folgen<strong>de</strong> Kühlertypen wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Praxis verwen<strong>de</strong>t (Abb.9).<br />

Abb. 9:<br />

Liebig-<br />

Kühler<br />

20o<br />

Dimroth-<br />

Kühler<br />

20 o<br />

Rückflusskühler<br />

mit Glasolive mit Schraubolive<br />

1 2 3<br />

20 o<br />

20 o<br />

Intensiv-<br />

Kühler<br />

Dimroth-<br />

Kühler<br />

1. Liebig-Kühler: Geringe Kühlwirkung, nicht mehr in Gebrauch.<br />

2. Dimroth-Kühler: Gebräuchlichster Kühler beim Sie<strong>de</strong>n unter Rückfluß.<br />

RD14<br />

45 o<br />

RD14<br />

45 o<br />

RD14<br />

45 o<br />

RD14<br />

45 o<br />

Intensiv-<br />

Kühler<br />

3. Intensiv-Kühler: Kombination aus Liebig- und Dimroth-Kühler: Sehr gute<br />

Kühlwirkung, gut für leichtflüchtige Lösungsmittel - wie Ether - geeignet. Nachteil:<br />

Teuer.<br />

Bei stark exothermer Reaktion o<strong>de</strong>r bei Reaktionen, die bei tiefen Temperaturen<br />

durchgeführt wer<strong>de</strong>n, muß <strong>de</strong>r Reaktionskolben zusätzlich durch ein Kältebad gekühlt<br />

wer<strong>de</strong>n. Die Wahl <strong>de</strong>s Kühlmittels richtet sich nach Kühltemperatur und <strong>de</strong>r<br />

abzuführen<strong>de</strong>n Wärme.<br />

17


Ein Wasserbad ist billig und wird bei geringer notwendigen Wärmeabfuhr benutzt. Für<br />

Temperaturen um und etwas oberhalb von 0°C dient ein Gemisch aus zerstoßenem Eis<br />

und Wasser. Eine Eis-Kochsalz-Gemisch kühlt bis etwa –20°C (ca. 1/3 Salz, 2/3 Eis).<br />

Bei Verwendung von festem Kohlendioxid (Trockeneis) in Isopranol kann bis –78°C<br />

gekühlt wer<strong>de</strong>n. Diese Kältemischung bereitet man in einem Dewar-Gefäß (Abb. 10)<br />

zu.<br />

Abb. 10:<br />

hoch<br />

Dewargefäße<br />

verspiegelter Glaskörper<br />

mit Vakuum<br />

flach<br />

Mit flüssigem Stickstoff kann man bis –196°C kühlen.<br />

VORSICHT: Ein Dewargefäß, das mit Trockeneis beschickt wur<strong>de</strong>, sollte danach<br />

keinesfalls wie<strong>de</strong>r für flüssigen Stickstoff verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, da durch das feste<br />

Trockeneis die innere Glaswand zerkratzt wer<strong>de</strong>n kann und bei stärkerer,<br />

schlagartiger Abkühlung auf –196°C die Gefahr einer Implosion besteht:<br />

Einmal Trockeneis – immer Trockeneis!!<br />

c) Rühren<br />

Bei verschie<strong>de</strong>nen Reaktionsansätzen, beson<strong>de</strong>rs bei solchen mit mehreren Phasen,<br />

ist gutes Rühren zur besseren Durchmischung bzw. zur Erhöhung <strong>de</strong>r<br />

Phasengrenzfläche, nötig. Dazu bieten sich verschie<strong>de</strong>ne Möglichkeiten an:<br />

1. KPG-Rührer: (KPG = Kerngeschliffenes Präzisions Glasgerät) mit verschie<strong>de</strong>nen<br />

Rührflügeltypen (Abb. 11).<br />

Abb. 11<br />

.<br />

18


Paraffin<br />

200 300 400<br />

500<br />

50 0 600<br />

1 L<br />

AN<br />

AUS<br />

KPG-Rührmotor<br />

Gummischlauch<br />

KPG-Rührwelle<br />

KPG-Rührhülse<br />

Vorteil: Sehr gutes Drehmoment und gute Durchmischung sind gewährleistet.<br />

Die Welle <strong>de</strong>s Rührers muß mit Glycerin o<strong>de</strong>r Paraffin geschmiert wer<strong>de</strong>n.<br />

2. Magnet-Rührer mit Heizung: (nur für kleinere Mengen geeignet) erlaubt in völlig<br />

abgeschlossenen Apparaturen zu rühren und gleichzeitig zu erhitzen. Er besteht aus<br />

einem mittels Motor in Rotation versetzten Magneten, <strong>de</strong>r im Reaktionsgefäß einen mit<br />

Teflon überzogenen Eisenstabmagneten (Rührfisch) bewegt.<br />

d) Gase, Dosierung und Handhabung<br />

Muß einer Reaktion Gas zugeführt wer<strong>de</strong>n (z.B. Chlorierung) ergeben sich<br />

verschie<strong>de</strong>ne Probleme (z.B. <strong>de</strong>r Trocknung, Reinigung und Dosierung).<br />

1. Gasdruckflaschen<br />

19


Gase kommen gewöhnlich in Gasdruckflaschen in <strong>de</strong>n Han<strong>de</strong>l, in <strong>de</strong>nen diese<br />

meistens auf ca. 200 atü komprimiert sind. Der schwächste Punkt dieser Gasflaschen<br />

ist das Hauptventil, das durch eine Schutzkappe beim Transport gesichert ist. Diese<br />

darf erst abgeschraubt wer<strong>de</strong>n, wenn die Gasflasche ausreichend gegen Umfallen<br />

gesichert ist, sonst besteht LEBENSGEFAHR.<br />

Gemäß aktueller Vorschriften dürfen Gasflaschen überhaupt nicht mehr in<br />

Labors freistehend aufgestellt wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn nur noch in dafür geeigneten<br />

Gasflaschen-Sicherheitsschränken.<br />

Die Entnahme <strong>de</strong>r Gase aus <strong>de</strong>r Bombe erfolgt über ein Reduzierventil, <strong>de</strong>ssen<br />

Funktion in Abb. 12 angegeben ist.<br />

Abb. 12:<br />

2. Bei <strong>de</strong>r Handhabung ist folgen<strong>de</strong>s zu beachten<br />

1. Flasche mit einer Kette o<strong>de</strong>r Schelle am Labortisch o<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>r Wand sichern.<br />

2. Schutzkappe abschrauben.<br />

3. Reduzierventil anschrauben.<br />

20


4. Absperrventil und Stellschraube schließen, d.h. Stellschraube <strong>de</strong>r Gummimembrane<br />

ganz herausschrauben, Absperrventil ohne Kraftanwendung (sonst wird das<br />

Na<strong>de</strong>lventil beschädigt) zudrehen<br />

5. Hauptventil <strong>de</strong>r Bombe Öffnen, Druck wird am Manometer I angezeigt.<br />

6. An <strong>de</strong>r Stellschraube gewünschten Vordruck einstellen (Manometer II).<br />

7. Am Absperrventil Strömungsgeschwindigkeit regeln.<br />

3. Trocknen und Reinigen von Gasen<br />

Die meisten im Labor angewandten Gase sind nicht analysenrein, son<strong>de</strong>rn enthalten<br />

Beimengungen von Fremdgasen und beson<strong>de</strong>rs von Wasser.<br />

Bei einigen Reaktionen ist es unumgänglich, das Wasser vorher zu entfernen (z.B.<br />

Radikalreaktionen).<br />

Das Gas wird hierzu durch eine Waschflasche geleitet, in <strong>de</strong>r sich konzentrierte<br />

Schwefelsäure befin<strong>de</strong>t.<br />

Vor und hinter dieser Waschflasche befin<strong>de</strong>n sich Sicherheitsflaschen, die ein<br />

Rücksteigen <strong>de</strong>r Schwefelsäure, sowohl in die Bombe als auch in die Apparatur,<br />

verhin<strong>de</strong>rn (Abb.13).<br />

Abb. 14:<br />

Gase, die mit Schwefelsäure reagieren (z.B. Ammoniak), können auf diese Weise nicht<br />

getrocknet wer<strong>de</strong>n. In diesem Falle benutzt man einen sog. Trockenturm, <strong>de</strong>r je nach<br />

Anwendung mit unterschiedlichen festen Trockenmitteln (für NH3 z.B. Ca0) beschickt<br />

wird (siehe auch Kapitel: Trocknen im Labor) (Abb.14).<br />

Abb. 14:<br />

21


e) Kombinationen von Apparaturen<br />

Im Folgen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n einige <strong>de</strong>r gebräuchlichsten Anwendungsbeispiele <strong>de</strong>r<br />

Kombination von Glasapparaturen im Labor gegeben:<br />

Abb. 15:<br />

1<br />

20 o<br />

20 o<br />

2<br />

20 o<br />

20 o<br />

1. Erhitzen unter Rückfluß mit Trockenrohr<br />

2. Erhitzen unter Rückfluß und Gaseinleitung<br />

3. Reaktionskolben (Dreihals) mit KPG-Rührer, Tropftrichter und Rückflußkühler<br />

4. Reaktionskolben<br />

Tropftrichter<br />

mit KPG-Rührer, Innenthermometer, Rückflußkühler u.<br />

f) Reaktionen-unter UV-Bestrahlung<br />

250 mL<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

200 300 400<br />

500<br />

AN<br />

50 0 600<br />

AUS<br />

1 L<br />

1 L<br />

3<br />

20 o<br />

20 o<br />

20 o<br />

20 o<br />

mL 100<br />

75<br />

50<br />

25<br />

200 300 400<br />

500<br />

50 0 600<br />

AUS<br />

1 L<br />

1 L<br />

4<br />

AN<br />

o<br />

C<br />

10 0<br />

9 0<br />

8 0<br />

7 0<br />

6 0<br />

5 0<br />

4 0<br />

3 0<br />

2 0<br />

1 0<br />

0 0<br />

1 0<br />

22


Reaktionen, bei <strong>de</strong>nen durch Bindungsbruch Radikale gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n müssen,<br />

benötigen eine hohe Energiezufuhr, die allein durch Heizen nicht aufgebracht wer<strong>de</strong>n<br />

kann:<br />

Cl-Cl Æ Cl • + Cl •<br />

In diesem Falle bedient man sich <strong>de</strong>r Bestrahlung mit UV-Licht, <strong>de</strong>ren Lichtquanten<br />

energiereich genug sind, Radikale zu bil<strong>de</strong>n.<br />

Abb. 16<br />

Gaseinleitung<br />

zum<br />

Netzgerät<br />

20 o<br />

20 o<br />

Tauchrohr<br />

aus Quarzglas<br />

Quecksilbertauchlampe<br />

Das Tauchrohr muß aus Quarzglas bestehen, weil normales Geräteglas die UV-<br />

Strahlung absorbiert.<br />

g) Apparatur zur azeotropen Entfernung von Reaktionswasser (Wasserabschei<strong>de</strong>r)<br />

Gleichgewichtsreaktionen, bei <strong>de</strong>nen Wasser entsteht, wie z.B. Veresterungen, wer<strong>de</strong>n<br />

so durchgeführt, dass durch Entfernung <strong>de</strong>s Reaktionswassers das Gleichgewicht<br />

„gestört“, d.h. zu Gunsten <strong>de</strong>r Produkte „verschoben“ wird. Dies kann durch azeotrope<br />

Destillation mit einem Schlepper geschehen. Ein gebräuchlicher Schlepper ist Toluol,<br />

das leichter als Wasser ist (Dichte < 1). Hierfür dient die folgen<strong>de</strong> Apparatur (Abb. 17a)<br />

Abb. 17a:<br />

23


Wasserabschei<strong>de</strong>r: links für „leichte“ LM (Dichte < 1), rechts für „schwere“ LM<br />

20 o<br />

20 o<br />

Das Azeotrop sie<strong>de</strong>t bei geringerer Temperatur als die bei<strong>de</strong>n Einzelkomponenten.<br />

Das Kon<strong>de</strong>nsat trennt sich in <strong>de</strong>r Kälte wie<strong>de</strong>r in zwei Phasen, wobei sich Wasser als<br />

schwerere Phase unten abschei<strong>de</strong>t und <strong>de</strong>r Schlepper wie<strong>de</strong>r zurück in <strong>de</strong>n Kolben<br />

gelangt.<br />

Wichtig: Den graduierten Auffangteil (Meßrohr) <strong>de</strong>s Wasserabschei<strong>de</strong>rs vor <strong>de</strong>r<br />

Reaktion auch mit Schlepper füllen, um die LM-Menge im Reaktionskolben konstant zu<br />

halten.<br />

Bei Verwendung von Lösungsmitteln, die schwerer als Wasser sind (Dichte > 1) (z.B.<br />

CH2Cl2, Dichlormethan = Methylenchlorid) verwen<strong>de</strong>t man eine an<strong>de</strong>re Apparatur, bei<br />

<strong>de</strong>r daß graduierte Meßrohr nach oben gebogen ist (Abb.17b). Wasser schei<strong>de</strong>t sich<br />

oben ab.<br />

Wichtig: Auch hier das Messrohr vor <strong>de</strong>r Reaktion (durch schräghalten) durch <strong>de</strong>n<br />

geöffneten Schliffhahn am Messrohr mit Schlepper füllen, dann <strong>de</strong>n Schliffhahn<br />

schließen und <strong>de</strong>n Wasserabschei<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>n Reaktionskolben setzen.<br />

Abb. 17b:<br />

24


Dieser Wasserabschei<strong>de</strong>r ist sehr empfindlich und bricht leicht!!<br />

3.2.3. Destillation:<br />

a) Destillation unter Normaldruck<br />

Die wichtigste Reinigungsmetho<strong>de</strong> für leichtflüchtige Substanzen (Flüssigkeiten) ist die<br />

Destillation. Die verunreinigte Flüssigkeit wird in einem Kolben zum Sie<strong>de</strong>n erhitzt, <strong>de</strong>r<br />

Dampf wird in einem schrägabfallen<strong>de</strong>n Kühler kon<strong>de</strong>nsiert und das "Destillat" in <strong>de</strong>r<br />

Vorlage aufgefangen. Leichter flüchtige Verbindungen (z.B. Lösungsmittel) verdampfen<br />

zuerst und wer<strong>de</strong>n verworfen. Die Hauptkomponente (z.B. Reaktionsprodukt) wird<br />

aufgefangen, wenn ein konstanter Sie<strong>de</strong>punkt abgelesen wird. Die Destillation ist<br />

been<strong>de</strong>t, wenn die Temperatur weiter ansteigt o<strong>de</strong>r abfällt (Abb. 18).<br />

Abb. 18:<br />

25


o<br />

C<br />

25 0<br />

24 0<br />

23 0<br />

22 0<br />

21 0<br />

20 0<br />

19 0<br />

18 0<br />

17 0<br />

16 0<br />

15 0<br />

14 0<br />

13 0<br />

12 0<br />

11 0<br />

10 0<br />

9 0<br />

8 0<br />

7 0<br />

6 0<br />

5 0<br />

4 0<br />

3 0<br />

2 0<br />

1 0<br />

0 0<br />

1 0<br />

Kühlwasser<br />

Vorstoß<br />

Die Destillation unter Normaldruck sollte nur bei Substanzen angewandt wer<strong>de</strong>n, die<br />

einen Sie<strong>de</strong>punkt zwischen 40-150°C besitzen. Tiefer sie<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Komponenten wer<strong>de</strong>n<br />

nicht genügend gekühlt; <strong>de</strong>r Verlust wird zu groß (Dämpfe entweichen). In solchen<br />

Fällen muß man entwe<strong>de</strong>r die Vorlage kühlen (Eis/Kochsalz, Isopropanol/Trockeneis)<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kühler mit tiefgekühltem Methanol aus einem Kryostaten betreiben.<br />

Bei Substanzen, die höher als 150°C sie<strong>de</strong>n, ist die Gefahr <strong>de</strong>r Zersetzung bei <strong>de</strong>r<br />

Destillation unter Normaldruck sehr groß. In diesem Falle bedient man sich <strong>de</strong>r<br />

Vakuum<strong>de</strong>stillation.<br />

b) Vakuum<strong>de</strong>stillation<br />

Die Vakuum<strong>de</strong>stillation wird wie die Destiilation ohne Unterdruck meist fraktionierend<br />

durchgeführt (Abb.19):<br />

Abb.19:<br />

26


o<br />

C<br />

25 0<br />

24 0<br />

23 0<br />

22 0<br />

21 0<br />

20 0<br />

19 0<br />

18 0<br />

17 0<br />

16 0<br />

15 0<br />

14 0<br />

13 0<br />

12 0<br />

11 0<br />

10 0<br />

9 0<br />

8 0<br />

7 0<br />

6 0<br />

5 0<br />

4 0<br />

3 0<br />

2 0<br />

1 0<br />

0 0<br />

1 0<br />

Fraktionierte Vakuum<strong>de</strong>stillation<br />

zur<br />

Vakuumpumpe<br />

Bredt-Vorstoß<br />

(Spinne)<br />

Der Dampfdruck einer Flüssigkeit ist stark von <strong>de</strong>r Temperatur abhängig. Die<br />

Temperaturabhängigkeit wird durch die Gleichung von Clausius-Clapeyron<br />

beschrieben:<br />

d lnp / dT = HV / RT 2<br />

p - Dampfdruck<br />

HV<br />

molare Verdampfungsenthalpie<br />

T - absolute Temperatur (Kelvin)<br />

R - Gaskonstante<br />

in integrierter Form: ln p = -HV / RT + C<br />

ln p aufgetragen gegen 1/T sollte also eine Gera<strong>de</strong> ergeben. Dies ist nur richtig unter<br />

<strong>de</strong>r Annahme, daß HV temperaturunabhäng ist, was aber nur in kleineren<br />

Temperaturbereichen <strong>de</strong>r Fall ist (Abb. 20).<br />

Abb. 20:<br />

.<br />

27


Durch Erniedrigung <strong>de</strong>s Druckes in <strong>de</strong>r Destillationsapparatur ist es also möglich, <strong>de</strong>n<br />

Sie<strong>de</strong>punkt einer Substanz (verglichen ihrem Sie<strong>de</strong>punkt bei Normaldruck) so weit zu<br />

senken, daß eine vernünftige (40°C - 150°C) Destillationstemperatur erreicht wird.<br />

Das Vakuum wird durch eine Membranpumpe, o<strong>de</strong>r, für besseres Vakuum, durch eine<br />

Drehschieber-Ölpumpe, in speziellen Fällen <strong>de</strong>r Hochvakuum<strong>de</strong>stillation durch<br />

Quecksilber- o<strong>de</strong>r Öl-Diffusionspumpen erzeugt.<br />

Vakuum<strong>de</strong>stillationen sind so durchzufahren, daß zuerst das Vakuum angelegt wird<br />

und danach erst die Heizung angestellt wird.<br />

Zur Vermeidung eines Sie<strong>de</strong>sverzugs muss immer mit Magnetrührer und Rührfisch<br />

gerührt wer<strong>de</strong>n. Manchmal sind Sie<strong>de</strong>kapillaren günstig, beson<strong>de</strong>rs bei stark viskosen<br />

o<strong>de</strong>r schweren Flüssigkeiten. Durch die Sie<strong>de</strong>kapillare wird ständig ein geringer<br />

Gasstrom (am besten Stickstoff o<strong>de</strong>r Argon aus einem Ballon) durch die Flüssigkeit<br />

gesaugt.<br />

c) Rektifikation<br />

Zur Trennung von Gemischen mehrerer Komponenten, die nahe beieinan<strong>de</strong>rliegen<strong>de</strong><br />

Sie<strong>de</strong>punkte haben (Unterschied Kp < 50°C) genügt eine einfache Destillation zur<br />

Reinigung <strong>de</strong>r Substanzen nicht mehr. Man benutzt in solchen Fällen eine sogenannte<br />

Vigreux-Kolonne (Abb.21).<br />

Abb. 21:<br />

Vigreuxkolonne<br />

Destillationsbrücke mit<br />

Vigreuxkolonne<br />

29


Prinzip: Das Dampfgemisch steigt auf, die schwerer flüchtige Komponente kon<strong>de</strong>nsiert<br />

und fließt zurück. Der Effekt entspricht also einer Mehrfach<strong>de</strong>stillation.<br />

An <strong>de</strong>n Grenzflächen zwischen aufsteigen<strong>de</strong>m Dampf und herabfließen<strong>de</strong>m Kon<strong>de</strong>nsat<br />

erfolgt ein ständiger Stoffaustausch, so daß die Konzentration <strong>de</strong>s aufsteigen<strong>de</strong>n<br />

Dampfes an <strong>de</strong>r leichter flüchtigen Komponente immer größer wird und am<br />

Kolonnenkopf am größten ist. Die beste Anreicherung <strong>de</strong>r leichter flüchtigen<br />

Komponente wür<strong>de</strong> man dann erreichen, wenn man <strong>de</strong>n gesamten aufsteigen<strong>de</strong>n<br />

Dampf kon<strong>de</strong>nsiert und in <strong>de</strong>r Kolonne zurückfließen ließe. Man spricht dann von<br />

einem maximalen Rücklaufverhältnis; nur in diesem Falle wird überhaupt die<br />

theoretisch mögliche Gleichgewichtseinstellung erreicht.<br />

In <strong>de</strong>r Praxis will man jedoch die am Kolonnenkopf angereicherten Komponenten auch<br />

über<strong>de</strong>stillieren und in <strong>de</strong>r Vorlage sammeln. Zur Erzielung eines guten Trenneffektes<br />

muß man daher langsam <strong>de</strong>stillieren, so daß noch viel <strong>de</strong>s aufsteigen<strong>de</strong>n Dampfes<br />

kon<strong>de</strong>nsieren kann und zurückfließt, daß also das Rücklaufverhältnis noch möglichst<br />

groß ist. Es gibt auch Apparaturen, an <strong>de</strong>nen das Rücklaufverhältnis manuell<br />

eingestellt wer<strong>de</strong>n kann. (Man informiere sich zusätzlich in Lehrbüchern <strong>de</strong>r physikal.<br />

Chemie).<br />

Eine zu schnelle Destillation hat kaum eine an<strong>de</strong>re Wirkung als das Umschütten<br />

<strong>de</strong>r Substanz in einen an<strong>de</strong>ren Kolben.<br />

d) Rotationsverdampfer<br />

Da die meisten Reaktionen in Lösungsmitteln stattfin<strong>de</strong>n, muß das Lösungsmittel zur<br />

Isolierung <strong>de</strong>r Reaktionsprodukte entfernt wer<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>n meisten Fällen durch<br />

Destillation. Zum Ab<strong>de</strong>stillieren größerer Lösungsmittelmengen benutzt man am besten<br />

einen Rotationsverdampfer mit angelegtem Vakuum (Abb.22).<br />

30


Abb. 22:<br />

Der Destillationskolben wird schnell um seine Achse gedreht, wodurch die Oberfläche<br />

<strong>de</strong>r Flüssigkeit stark erhöht wird, was für die Dampfbildung entschei<strong>de</strong>nd ist.<br />

Außer<strong>de</strong>m wer<strong>de</strong>n durch die dauern<strong>de</strong> Bewegung <strong>de</strong>r FIüssigkeit Sie<strong>de</strong>verzüge<br />

weitgehend vermie<strong>de</strong>n. Durch Anlegen eines Vakuums wird <strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>punkt gesenkt,<br />

so daß die Destillation beschleunigt wird.<br />

e) Wasserdampf<strong>de</strong>stillation<br />

Der Dampfdruck eines Gemisches zweier nicht ineinan<strong>de</strong>r löslichen Substanzen ergibt<br />

sich als Summe <strong>de</strong>r Dampfdrücke <strong>de</strong>r Einzelkomponenten, d.h. <strong>de</strong>r Gesamtdampfdruck<br />

ist höher als <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Einzelkomponente; <strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>punkt <strong>de</strong>s Gemisches liegt tiefer als<br />

<strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>punkt <strong>de</strong>s niedrigstsie<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Anteils.<br />

Diese Eigenschaften nutzt man bei <strong>de</strong>r Wasserdampf<strong>de</strong>stillation aus. Ein in Wasser<br />

unlöslicher Stoff kann im Gemisch mit Wasser <strong>de</strong>stilliert bzw. durch Einleiten von<br />

Wasserdampf in die Mischung <strong>de</strong>stilliert wer<strong>de</strong>n. So können empfindliche Stoffe<br />

schonend <strong>de</strong>stilliert wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Sie<strong>de</strong>punkt sonst weit über 100°C liegen; z.B.<br />

etherische Öle, Phenole etc. (Abb. 23).<br />

31


Abb. 23:<br />

3.2.4. Extraktion:<br />

a) Ausschütteln<br />

Unter Ausschütteln versteht man die Extraktion eines Stoffes aus einem Lösungsmittel<br />

mit einem an<strong>de</strong>ren, nicht mischbaren Lösungsmittel (s.a. Perforation).<br />

Die auszuschütteln<strong>de</strong> Lösung wird zusammen mit <strong>de</strong>m Extraktionsmittel in einem<br />

Schütteltrichter (Schei<strong>de</strong>trichter, Abb. 24) gefüllt, dieser mit einem Stopfen<br />

verschlossen und anschließend gut durchgeschüttelt. Dabei muß man das Hahnküken<br />

und <strong>de</strong>n Stopfen gut festhalten. Der Überdruck, (beson<strong>de</strong>rs beim Ausschütteln mit<br />

Ether und auch beim Neutralisieren einer organischen Phase durch Ausschütteln mit<br />

Sodalösung) muß mehrfach abgelassen wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Auslauf nach oben<br />

richtet und <strong>de</strong>n Hahn vorsichtig öffnet. <strong>SCHUTZBRILLE</strong> !!!<br />

32


Abb.24:<br />

VORSICHT: Das zu extrahieren<strong>de</strong> Gemisch muss selbstverständlich kälter sein<br />

als <strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>punkt <strong>de</strong>s zur Extraktion verwen<strong>de</strong>ten Lösungsmittels (z.B.<br />

Raumtemp. bei Extraktion mit Diethylether).<br />

An<strong>de</strong>rnfalls entsteht unkalkulierbarer und gefährlicher Überdruck !!!!!<br />

b) Perforation<br />

Mit Hilfe von Perforatoren kann man das "Ausschütteln" mit einer geringen<br />

Lösungsmittelmenge kontinuierlich durchführen. Das Lösungsmittel wird ständig<br />

verdampft, kon<strong>de</strong>nsiert im Rückflußkühler und durchströmt durch eine Fritte fein verteilt<br />

die zu extrahieren<strong>de</strong> Lösung und fließt dann in <strong>de</strong>n Sie<strong>de</strong>kolben zurück (Abb.25).<br />

Abb.25:<br />

33


c) Soxhlet und Thielepape-Aufsatz<br />

1<br />

Zur Extraktion von Feststoffen kocht man diese mit Lösungsmittel auf und <strong>de</strong>kantiert<br />

dann o<strong>de</strong>r man benutzt einen Soxhlet-Extraktor o<strong>de</strong>r einen Thielepape-Aufsatz. Bei<br />

bei<strong>de</strong>n erhitzt man das Lösungsmittel im unteren Kolben, die Dämpfe steigen auf,<br />

wer<strong>de</strong>n im Kühler kon<strong>de</strong>nsiert und das Lösungsmittel tropft auf das Extraktionsgut, das<br />

in einer Hülse eingeführt wur<strong>de</strong> (Abb.26).<br />

34


Abb.26:<br />

Heißextraktor<br />

Soxhlet-<br />

Extraktor<br />

Beim Thielepape-Aufsatz tropft <strong>de</strong>r Extrakt (das Lösungsmittel) kontinuierlich in <strong>de</strong>n<br />

Kolben zurück, beim Soxhlet-Extraktor läuft <strong>de</strong>r Extrakt erst zurück, wenn <strong>de</strong>r<br />

Flüssigkeitsspiegel die Höhe <strong>de</strong>s Heberknies erreicht hat. Bei Erhitzen über viele<br />

Stun<strong>de</strong>n erreicht man beim Soxhlet-Extraktor eine sehr gute Extraktion, weil <strong>de</strong>r obere<br />

Teil immer wie<strong>de</strong>r über das seitliche absteigen<strong>de</strong> Glasrohr automatisch geleert wird und<br />

so eine nahezu vollständige Extraktion erreicht wer<strong>de</strong>n kann.<br />

3.2.5. Sublimation<br />

Die Sublimation ist eine Reinigungsmetho<strong>de</strong> für feste Stoffe. Viele Stoffe kann man<br />

verdampfen, ohne daß sie schmelzen, und die Dämpfe direkt in fester Form<br />

kon<strong>de</strong>nsieren (auch Feststoffe besitzen einen Dampfdruck).<br />

35


Zur Reinigung eines Feststoffes wird dieser z.B. in eine Schale gefüllt, mit einem<br />

Trichter abge<strong>de</strong>ckt und langsam erhitzt. Der gereinigte Stoff schei<strong>de</strong>t sich dann<br />

kristallin auf <strong>de</strong>m kälteren Trichter ab. Für bei Normaldruck nicht zu sublimieren<strong>de</strong><br />

Stoffe benutzt man eine Sublimationsapparatur (c), an die man Vakuum anlegen kann<br />

Abb.27).<br />

Abb.27:<br />

Einfache<br />

Sublimationsapparaturen<br />

3.3. Kristallisation<br />

Kühlwasser<br />

Vakuum-<br />

Sublimille<br />

erwärmen<br />

Vakuum<br />

Kühlfinger<br />

saubere Substanz<br />

verunreinigte Substanz<br />

Eine häufig benutzte Metho<strong>de</strong> zur Reinigung fester Stoffe ist die Umkristallisation. Der<br />

zu reinigen<strong>de</strong> Stoff wird in möglichst wenig Lösungsmittel in <strong>de</strong>r Hitze gelöst, danach<br />

von unlöslichen Beimengungen filtriert und schließlich die Lösung abgekühlt, wobei die<br />

Substanz meist in reinerer Form auskristallisiert. Bei unbekannten Substanzen muß<br />

vorher ein geeignetes Lösungsmittel gefun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n, das in Vorversuchen mit einer<br />

geringen Menge <strong>de</strong>r Substanz probiert wird.<br />

Als Anhaltspunkt kann folgen<strong>de</strong> Tabelle dienen:<br />

36


Stoffklasse Gut löslich in Lösungsmittel vom Typ<br />

Kohlenwasserstoffe hydrophob Kohlenwasserstoffe, Ether,<br />

Halogenkohlenwasserstoffe<br />

Halogenkohlenwasserstoffe<br />

Ether<br />

Ester Ester<br />

Nitroverbindungen<br />

Nitrile Ethanol, Dioxan, Eisessig<br />

Ketone<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong><br />

Phenole Ethanol, Wasser<br />

Amine<br />

Alkohole<br />

Carbonsäuren<br />

Sulfonsäuren<br />

Salze hydrophil Wasser<br />

Auch Lösungsmittelgemische führen oft zum Ziel (z.B. Wasser/Ethanol, Aceton/<br />

Petrolether).<br />

Zur zusätzlichen Reinigung (Entfärbung) kann vor <strong>de</strong>m Aufkochen (nachträglicher<br />

Zusatz wür<strong>de</strong> zu starkem Aufschäumen und evtl. explosionsartigem Aufsie<strong>de</strong>n führen!)<br />

Aktivkohle zugesetzt wer<strong>de</strong>n, die die färben<strong>de</strong>n Verunreinigungen - meist polymere<br />

Verbindungen, die bei <strong>de</strong>r Reaktion mit entstan<strong>de</strong>n sind - absorbiert. Die Kohle wird<br />

dann heiß abfiltriert und die geklärte Lösung abgekühlt. Falls beim Abkühlen die<br />

Kristallisation nicht einsetzt, da viele organische Stoffe zur Bildung übersättigter<br />

Lösungen neigen, kann sie durch Reiben mit einem Glasstab an <strong>de</strong>r Innenwand <strong>de</strong>s<br />

Gefäßes provoziert: wer<strong>de</strong>n. Dabei bil<strong>de</strong>n sich durch Glasabrieb Kristallisationskeime,<br />

die für die Kristallisation notwendig sind. Oft kristallisiert danach die Substanz spontan<br />

aus.<br />

3.4. Trocknen im Labor (siehe auch Gase):<br />

Bei einigen Reaktionen ist es notwendig, Gase o<strong>de</strong>r flüssige Stoffe vorher zu trocknen,<br />

da die geringste Spur von Wasser zu Mißerfolg führen wer<strong>de</strong> (Claisen-Kon<strong>de</strong>nsation,<br />

Radikalreaktionen, Grignard-Reaktion). Im Folgen<strong>de</strong>n ist eine kurze Liste <strong>de</strong>r<br />

gebräuchlichsten Trockenmittel für Lösungsmittel aufgeführt:<br />

Lösungsmittel Kp [°C] Trockenmittel<br />

37


Aceton 56 CaCl2, K2CO3<br />

Anilin 184 KOH, BaO<br />

Benzol 80 Destillation, CaCl2<br />

Chloroform 61 CaCl2, P2O5<br />

Cyclohexan 81 LiAlH4<br />

Diethylether ..35 CaCl2, LiAlH4, basisches Alox<br />

Dioxan 101 CaCl2<br />

Essigsäureethylester 77 K2CO3, CaO<br />

Ethanol 78 CaO, Mg, MgO<br />

Ethylenglycol 197 Destillation<br />

Methanol 65 CaCl2, Mg, Ca0<br />

Pyridin 115 KOH, BaO<br />

Toluol 111 Destillation, CaCl2<br />

Das Trocknen unpolarer Lösungsmittel durch Einpressen von Natriumdraht wird wegen<br />

<strong>de</strong>r auftreten<strong>de</strong>n Gefahren beim Umgang mit Natriummetall und wegen <strong>de</strong>r problematischen<br />

Entsorgung grösserer Natriummengen im Grundpraktikum nicht mehr<br />

durchgeführt.<br />

Viele unpolare Lösungsmittel lassen sich sehr effektiv mit basischem Aluminiumoxid<br />

trocknen. Dazu füllt man das basische Alox in eine Chromatographiesäule aus Glas<br />

und lässt das LM durchlaufen, das eluieren<strong>de</strong> LM ist trocken (Vorsicht: bei Ether wird<br />

<strong>de</strong>r Stabilisator (BHA = 2-tButyl-4-Hydroxy-Anisol o<strong>de</strong>r BHT = di-tButyl-Hydroxy-Toluol)<br />

entfernt und muss erneut hinzugefügt wer<strong>de</strong>n.<br />

38


Trocknung von unpolaren Lösungsmitteln mit basischem Aluminiumoxid<br />

Lösungsmittel Löslichkeit von H2O im Spezifische Durchbruchs-<br />

(LM) LM bei 25°C (in Gew.%) menge (g LM pro g Al2O3)<br />

n-Hexan 0,01 1450<br />

Methylenchlorid<br />

(Dichlormethan) 0,2 55<br />

Chloroform 0,07 90<br />

Tetrachlorkohlenstoff 0,01 1150<br />

Trichlorethylen 0,025 380<br />

Tetrachlorethylen 0,02 1440<br />

Acetonitril 0,1* 20<br />

Cyclohexan 0,013 1630<br />

Benzol 0,065 170<br />

Cumol<br />

(Isopropylbenzol) 0,03 280<br />

Chlorbenzol 0,04 250<br />

Brombenzol -- 380<br />

Dekalin 0,07 1400<br />

Ether<br />

(Diethylether) 1,47 14 – 140<br />

Dioxan 0,1* 25<br />

THF<br />

(Tetrahydrofuran) 0,1* 21<br />

* Wasserlösliches LM, <strong>de</strong>ssen H2O-Gehalt auf <strong>de</strong>n angegebenen Wert eingestellt wur<strong>de</strong><br />

Über die genauen Vorschriften zur Absolutierung von Lösungsmitteln informiere man<br />

sich in entsprechen<strong>de</strong>n Lehrbüchern.<br />

Um eine Reaktion unter Wasserausschluß durchzuführen, benutzt man Trockenrohre,<br />

mit <strong>de</strong>nen die Apparatur verschlossen wird. Die Trockenrohre wer<strong>de</strong>n mit einem Glas-<br />

wollepfropfen, dann mit gekörntem Calciumchlorid und anschließend mit Glaswolle<br />

gefüllt (Abb.30).<br />

39


Abb.30:<br />

Glaswolle<br />

Trockenmittel<br />

(z.B. CaCl2) Festsubstanzen wer<strong>de</strong>n im Vakuum-Exsiccator getrocknet (Abb.31):<br />

Abb.31:<br />

Exsikkatoren<br />

150 mL<br />

zur<br />

Vakuumpumpe<br />

Substanz<br />

Trockenmittel<br />

(z.B. KOH-Plätzchen)<br />

150 mL<br />

zur<br />

Vakuumpumpe<br />

Im unteren Teil wird Trockenmittel eingefüllt (CaCl2, KOH-Plätzchen, Blaugel ..., je nach<br />

Verwendungszweck). Die zu trocknen<strong>de</strong>n Proben wer<strong>de</strong>n in Gefäßen,die durch<br />

Alufolie (gelocht) verschlossen sind, in <strong>de</strong>n Exsiccator gebracht, <strong>de</strong>r Deckel<br />

geschlossen und Vakuum angelegt (Trocknungsdauer ca. 1 Tag).<br />

3.5. Geräte zur Bestimmung physikalischer Konstanten:<br />

a) Refraktometer<br />

Eine sehr be<strong>de</strong>utsame Größe zur Charakterisierung von reinen Flüssigkeiten ist <strong>de</strong>r<br />

Brechungsin<strong>de</strong>x. Mit einem Refraktometer wird <strong>de</strong>r Grenzwinkel <strong>de</strong>r Totalreflexion<br />

gemessen, kenntlich an <strong>de</strong>r scharfen Trennungslinie zwischen hell und dunkel.<br />

40


Die Hell-Dunkel-Grenze wird am Refraktometer so eingestellt, daß sie genau im<br />

Fa<strong>de</strong>nkreuz <strong>de</strong>s rechten Meßfernrohres liegt:<br />

Durch das linke Okular kann man dann direkt <strong>de</strong>n Brechungin<strong>de</strong>x ablesen (auf 4<br />

Stellen hinter <strong>de</strong>m Komma, die letzte Ziffer geschätzt).<br />

b) Schmelzpunkt<br />

Der Schmelzpunkt ist die wichtigste physikalische Konstante zur Charakterisierung<br />

eines Feststoffes. Eine kleine Menge <strong>de</strong>r trockenen Verbindung wird fein gepulvert und<br />

in ein Schmelzpunktsröhrchen gefüllt. Dieses Röhrchen wird in das<br />

Schmelzpunktsbestimmungsgerät gestellt und langsam aufgeheizt. Durch die Lupe ist<br />

<strong>de</strong>r Verlauf zu beobachten und die Temperatur <strong>de</strong>s Beginns und En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Schmelzens<br />

zu notieren. Wenn <strong>de</strong>r Schmelzpunkt weit unter <strong>de</strong>m Literaturwert liegt (tiefer als 5°C),<br />

muß die Substanz nochmals gereinigt, eventuell auch besser getrocknet wer<strong>de</strong>n.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Schmelzpunkt zu hoch liegt (größer als 2°C) wur<strong>de</strong> entwe<strong>de</strong>r zu schnell<br />

aufgeheizt (Substanz ist träger als das Thermometer) o<strong>de</strong>r es han<strong>de</strong>lt sich nicht um die<br />

gesuchte Substanz!<br />

41


c) Sie<strong>de</strong>punkt<br />

Neben <strong>de</strong>m Brechungsin<strong>de</strong>x ist für Flüssigkeiten auch immer <strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>punkt<br />

anzugeben. 1 ml <strong>de</strong>r Substanz wird in ein kleines Reagensglas gefüllt, ein Sie<strong>de</strong>stein<br />

hinzugefügt und das Reagensglas im Wasserbad o<strong>de</strong>r Ölbad vorsichtig erhitzt, bis die<br />

Flüssigkeit konstant sie<strong>de</strong>t. Die Sie<strong>de</strong>temperatur (Kp) wird mit einem Thermometer<br />

abgelesen, das so aufgehängt wird, daß es die Glaswän<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Reagensglases nicht<br />

berührt und nicht in die Flüssigkeit taucht, son<strong>de</strong>rn nur von <strong>de</strong>n Dämpfen umspült wird.<br />

II. PRÄPARATIVER TEIL<br />

1. Einleitung<br />

Ein Chemiker sollte nicht nur imstan<strong>de</strong> sein, theoretische Überlegungen zur Aufklärung<br />

<strong>de</strong>r Struktur eines unbekannten Stoffes o<strong>de</strong>r zur Synthese anzustellen, son<strong>de</strong>rn muß<br />

diese Überlegungen auch in <strong>de</strong>r Praxis realisieren können.<br />

Chemie ist auch ein Handwerk und das lernt man nur durch Praxis. Diese Praxis<br />

ist aber untrennbar mit theoretischen Erwägungen über Reaktionsmechanismen,<br />

stereochemischen Fragen usw. verbun<strong>de</strong>n.<br />

42


Da es eine fast unüberschaubare Zahl von Herstellungswegen gibt, hat man versucht,<br />

diese zu ordnen. Grundlage <strong>de</strong>r Ordnung sind in <strong>de</strong>n meisten mo<strong>de</strong>rnen Lehrbüchern<br />

die Reaktionsmechanismen: Der Stu<strong>de</strong>nt soll z.B. zunächst Präparate herstellen, die im<br />

Zuge einer SN1- o<strong>de</strong>r SN2-Reaktion gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, dann Eliminierungsreaktionen<br />

nach E1 und E2 ausführen, usw. Dieses System leitet zwar <strong>de</strong>n jungen Chemiker zu<br />

einem perfekten mechanistischen Denken an, lei<strong>de</strong>t aber unter <strong>de</strong>m schwerwiegen<strong>de</strong>n<br />

Mangel, daß er die Planung und Ausführung von Synthesen nur ungenügend<br />

kennenlernt.<br />

In Kenntnis dieser Tatsache wollen wir in Bayreuth, ausgehend von einfachen<br />

Verbindungen, die wichtigsten Reaktionen so behan<strong>de</strong>ln, daß wir gleichzeitig<br />

Synthesemöglichkeiten und Reaktionsmechanismen betrachten.<br />

Zunächst wer<strong>de</strong>n einfache Funktionalisierungen durchgeführt, d.h. es wer<strong>de</strong>n<br />

bestimmte funktionelle Gruppen in ein Molekül eingeführt bzw. vorhan<strong>de</strong>ne funktionelle<br />

Gruppen in an<strong>de</strong>re überführt. Auf diesem Weg sollen Sie wichtige Verbindungstypen<br />

und Reaktionen Schritt für Schritt kennenlernen.<br />

In gleicher Weise und mit gleichem Ziel wer<strong>de</strong>n dann Syntheseschritte und Reaktionen<br />

<strong>de</strong>r aromatischen Verbindungen behan<strong>de</strong>lt. Schließlich wer<strong>de</strong>n Reaktionen<br />

durchgeführt, die zum Aufbau von größeren Verbindungen (Knüpfung von Kohlenstoff-<br />

Kohlenstoff-Bindungen) geeignet sind.<br />

2. Ester organischer Säuren<br />

2.1 Be<strong>de</strong>utung als Ausgangsmaterial für die Synthese<br />

Reaktivität von Säure<strong>de</strong>rivaten:<br />

Ein leicht zugängliches und billiges Ausgangsmaterial zur Synthese einer Vielzahl<br />

aliphatischer Verbindungen sind Carbonsäuren, die beispielsweise bei <strong>de</strong>r Verseifung<br />

von Fetten anfallen:<br />

43


H 2C O<br />

HC<br />

O<br />

H 2C O<br />

O<br />

C<br />

O<br />

C<br />

O<br />

C<br />

R<br />

R<br />

R<br />

OH �<br />

H 2O<br />

H 2C<br />

HC<br />

H 2C<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

Glycerin<br />

+ R C O<br />

O �<br />

Carbonsäure-Salz<br />

Carbonsäuren sind aber auch, wie wir später sehen wer<strong>de</strong>n, als<br />

Zwischenprodukte aufbauen<strong>de</strong>r Synthesen von Be<strong>de</strong>utung. Beispiele hierfür<br />

sind die „Malonestersynthese“, die „Acetessigestersynthese“ und die Hünig-<br />

Synthese.<br />

"Freie" Carbonsäuren sind relativ reaktionsträge. Will man sie für weitere<br />

synthetische Aufbaureaktionen einsetzen, so muß man sie umformen. Eine <strong>de</strong>r<br />

wichtigsten Umformungsreaktionen besteht in <strong>de</strong>r Reduktion zu primären<br />

Alkoholen, die ihrerseits wie<strong>de</strong>r in Alkylhalogeni<strong>de</strong> überführbar sind:<br />

R C<br />

O<br />

OH<br />

R CH 2 OH R CH 2 X<br />

Säuren selbst setzen <strong>de</strong>m Reduktionsschritt, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Angriff eines Hydridions am<br />

Carbonylkohlenstoffatom beinhaltet, erheblichen Wi<strong>de</strong>rstand entgegen, weil in<br />

ihnen die positive Ladungsdichte am Carbonylkohlenstoffatom, verglichen mit<br />

Carbonsäure<strong>de</strong>rivaten, am geringsten ist.<br />

R C O<br />

O<br />

H R C O<br />

Eine beson<strong>de</strong>rs hohe Neigung zur Kompensation <strong>de</strong>r Ladung zeigt<br />

das Anion:<br />

O<br />

H<br />

44


R C O<br />

O<br />

�<br />

R C O<br />

Grenzstrukturen<br />

O<br />

�<br />

R C<br />

�<br />

realer<br />

Zustand<br />

In Carbonsäureami<strong>de</strong>n ist diese Neigung bereits vermin<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r Stickstoff <strong>de</strong>r<br />

Amidgruppe gibt weniger bereitwillig Elektronen ab als das -O �<br />

–Atoms eines Carbonsäureanions.<br />

Noch geringer ist die Fähigkeit zur Kompensation <strong>de</strong>r positiven Ladung <strong>de</strong>s<br />

Carbonylkohlenstoffatoms in Estern, weil <strong>de</strong>r an die Alkylgruppe gebun<strong>de</strong>ne<br />

Sauerstoff noch weniger als <strong>de</strong>r Stickstoff in Carbonsäureami<strong>de</strong>n zur<br />

Elektronenabgabe bereit ist. Die geringste Neigung zur Abgabe von Elektronen<br />

haben schließlich die Halogenatome in Carbonsäurehalogeni<strong>de</strong>n. Es ergibt sich<br />

daher folgen<strong>de</strong> Reihe <strong>de</strong>r Reaktivität:<br />

hochreaktiv unreaktiv<br />

R C O<br />

X<br />

Säurehalogenid<br />

(X = Halogen)<br />

R C O<br />

Ester<br />

O<br />

R C O<br />

R NH2 Säureamid<br />

O<br />

O<br />

R C O<br />

Säureanion<br />

Nur wenige Reagenzien sind befähigt, Carbonsäuren, die am Carbonkohlenstoffatom<br />

vergleichsweise die höchste Elektronendichte und damit die geringste Carbonylaktivität<br />

aller Carbonyl-Verbindungen aufweisen, zu reduzieren. Möglich ist eine Reduktion mit<br />

komplexen Metallhydri<strong>de</strong>n, wie z.B. LiAlH4. Diese reagieren mit <strong>de</strong>r freien Carbonsäure<br />

zunächst unter Bildung eines Salzes:<br />

4<br />

R C O<br />

OH<br />

+ LiAlH 4<br />

(RCOO) 4Al � Li �<br />

O �<br />

45


Dieses Salz kann weiterreduziert wer<strong>de</strong>n (1/4 Mol LiAlH4 wird zur Salzbildung<br />

verbraucht), doch ist das entstehen<strong>de</strong> Salz in <strong>de</strong>m verwen<strong>de</strong>ten Lösungsmittel (Ether)<br />

oft zu schlecht löslich, als daß die Reaktion stattfin<strong>de</strong>n könnte.<br />

Aus diesem Grun<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel zur Reduktion nicht die freien Carbonsäuren,<br />

son<strong>de</strong>rn ihre Ester eingesetzt. Möglichkeiten, zu <strong>de</strong>ren Herstellung sollen im Folgen<strong>de</strong>n<br />

besprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

2.2. Herstellung von Estern durch Umsatz von Säuren mit Alkoholen:<br />

R C O<br />

OH<br />

+ R'OH<br />

(H 3O �<br />

R C<br />

O<br />

OR'<br />

+ H 2O<br />

Diese Reaktion ist das Para<strong>de</strong>beispiel für eine Gleichgewichtsreaktion.<br />

Die Einstellung <strong>de</strong>s Gleichgewichtes erfolgt wegen <strong>de</strong>r geringen Carbonylaktivität <strong>de</strong>r<br />

Säuren nur sehr langsam. Sie wird durch Säurezusatz geför<strong>de</strong>rt, weil die Addition<br />

eines Protons an das Sauerstoffatom <strong>de</strong>r Carbonylgruppe unter Positivierung <strong>de</strong>s<br />

Carbonylkohlenstoffatoms dieses <strong>de</strong>m Angriff eines nukleophilen Teilchens beson<strong>de</strong>rs<br />

leicht zugänglich macht:<br />

R C O<br />

OH<br />

+ H 3O �<br />

R C + H2O OH<br />

OH<br />

Der Alkohol reagiert mit <strong>de</strong>m Carbonylkohlenstoff unter Veresterung:<br />

�<br />

46


R C<br />

R C<br />

H<br />

OH<br />

OH<br />

�<br />

�<br />

OH<br />

+R' O H R<br />

OH<br />

C<br />

�<br />

O<br />

OH<br />

OH H<br />

�<br />

OH<br />

O R' R C<br />

H<br />

O H<br />

O<br />

R'<br />

R'<br />

- H �<br />

+ H �<br />

R C O + H3O �<br />

OR'<br />

Die Lage <strong>de</strong>s Gleichgewichtes ist zugunsten <strong>de</strong>r Esterbildung verschiebbar,<br />

wenn man einen (meist <strong>de</strong>n billigeren!) Reaktionspartner im Überschuß einsetzt<br />

o<strong>de</strong>r das gebil<strong>de</strong>te Wasser aus <strong>de</strong>m Reaktionsgemisch entfernt<br />

(Massenwirkungsgesetz!). Man sollte daher von vornherein möglichst<br />

wasserfreien ("absoluten") Alkohol verwen<strong>de</strong>n (dies gilt jedoch nur, wenn das<br />

Wasser aus <strong>de</strong>r Reaktionslösung entfernt wird).<br />

Bei <strong>de</strong>r Reaktion entstehen<strong>de</strong>s Wasser läßt sich durch Zusatz eines<br />

"Schleppers", eines Lösungsmittels, das mit Wasser ein azeotropes Gemisch<br />

bil<strong>de</strong>t (Methylenchlorid, Toluol u.a.), aus <strong>de</strong>m Reaktionsmedium entfernen<br />

(„Azeotrope Veresterung“).<br />

Man kann aber auch das Gleichgewicht dadurch „verschieben“, daß man gebil<strong>de</strong>ten<br />

Ester ab<strong>de</strong>stilliert o<strong>de</strong>r extraktiv durch Zusatz eines Lösungsmittels, das <strong>de</strong>n Ester gut,<br />

die Reaktionspartner aber nicht löst, aus <strong>de</strong>m Reaktionsgemisch entfernt („Extraktive<br />

Veresterung“).<br />

Praktikumsversuch 1: Azeotrope Veresterung o<strong>de</strong>r extraktive Veresterung<br />

Bei Säuren, die in α-Stellung verzweigt sind, z.B. Trimethylessigsäure<br />

(Pivalinsäure), verläuft die Veresterung wesentlich langsamer. Durch die<br />

Substituenten in α-Stellung wird <strong>de</strong>r nukleophile Angriff <strong>de</strong>s Alkohols sterisch<br />

behin<strong>de</strong>rt. Eine Veresterung gelingt in diesem Falle durch Lösen <strong>de</strong>r<br />

47


Carbonsäure in konzentrierter Schwefelsäure und Umsetzung dieser Lösung mit<br />

<strong>de</strong>m Alkohol. In <strong>de</strong>r Schwefelsäure liegt das Acylium-Ion vor, das ausgesprochen<br />

leicht nukleophil angegriffen wer<strong>de</strong>n kann:<br />

R C O<br />

OH<br />

R C O �<br />

+ 2 H2SO4 + H3O � �<br />

+ 2 HSO4 Acylium-Ion<br />

Aus <strong>de</strong>n gleichen Grün<strong>de</strong>n (sterische Hin<strong>de</strong>rung) ist auch die Veresterung mit<br />

sekundären o<strong>de</strong>r tertiären Alkoholen erschwert. Bei Veresterungereaktionen mit diesen<br />

Alkoholen erhält man leicht als Nebenprodukt ungesättigte Kohlenwasserstoffe, die sich<br />

durch H2O-Eliminierung bil<strong>de</strong>n, die durch die als Katalysator zugesetzte Säure (z.B.<br />

H2SO4) bewirkt wird (E1-Eliminierung).<br />

CH 3<br />

H3O C<br />

�<br />

H3C CH2 CH3 H3C CH2 C CH3+ H2O - H 2O<br />

OH<br />

H 2O<br />

H<br />

H H3C 3C CH<br />

CH 3<br />

- H3O C CH3 �<br />

�<br />

CH 3<br />

OH 2<br />

�<br />

H H3C 3C CH<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

Ester, die durch die beschriebene Veresterungsreaktion nur schwer herstellbar, sind,<br />

können auch durch Umsetzung von Carbonsäuresalzen mit Alkylhalogeni<strong>de</strong>n<br />

hergestellt wer<strong>de</strong>n (nukleophile Substitution).<br />

R C O<br />

O � Na �<br />

+R' X<br />

S N2<br />

R C<br />

O<br />

O R'<br />

X = Halogen, OSO 2R'', OSO 2OR''<br />

+ NaX<br />

48


2.3 Herstellung von Methylestern mit Diazomethan:<br />

Diazomethan ist durch Einwirkung von Alkali auf Nitrosomethylharnstoff herstellbar:<br />

O C<br />

H 3C<br />

NH 2<br />

N<br />

CH 3<br />

N O<br />

N N O �<br />

OH �<br />

�<br />

O<br />

HO<br />

+ 2 H 2O<br />

- 2 OH �<br />

C<br />

� � � �<br />

H 2C<br />

NH 2<br />

N<br />

CH 3<br />

H2C N N H2C N N<br />

N O<br />

�<br />

N N OH2 H OH �<br />

O C NH2 OH<br />

+<br />

H 3C<br />

- 2 H 2O<br />

Diazomethan (toxisch, cancerogen, explosiv)<br />

N N O<br />

Dabei greift das Alkali zunächst am Carbonylkohlenstoffatom an. Das so<br />

gebil<strong>de</strong>te Produkt zerfällt, wie in <strong>de</strong>n Formeln dargelegt, (im Falle <strong>de</strong>s N-Methyl-<br />

nitrosomethylharnstoffs entsteht Carbaminsäure, die weiter zu Ammoniak und<br />

CO2 gespalten wird).<br />

Anstelle <strong>de</strong>s unbeständigen und hochcancerogenen Nitrosomethylharnstoffs<br />

verwen<strong>de</strong>t man besser p-Tolylsulfonyl-methylnitrosamid, das mit KOH in<br />

prinzipiell gleicher Reaktion zu Diazomethan umgesetzt wird:<br />

�<br />

49


O<br />

N O<br />

H3C S N + KOH<br />

O<br />

O<br />

O<br />

CH 3<br />

H3C S O �<br />

K � +<br />

CH 2N 2 + H 2O<br />

Diazomethan reagiert von selbst mit Verbindungen, die genügend aci<strong>de</strong><br />

Wasserstoffatome enthalten, wie z.B. Säuren und Phenolen (mit Alkoholen aber nur<br />

unter beson<strong>de</strong>ren Bedingungen) unter Veresterung bzw. Veretherung:<br />

H2C N N<br />

� �<br />

R C O<br />

OH + �<br />

R COO + N N<br />

�<br />

H3C S N2<br />

R C<br />

O<br />

O CH 3<br />

�<br />

�<br />

+<br />

N N<br />

OH + H2C N N<br />

O + H3C N N<br />

OCH 3<br />

+ N 2<br />

Die Reaktion eignet sich hervorragend zur Herstellung kleiner und kleinster<br />

Methylestermengen (mikroanalytischer Maßstab).<br />

VORSICHT:<br />

�<br />

�<br />

50


Die Handhabung von N-Nitrosomethylharnstoff und beson<strong>de</strong>rs die von<br />

Diazomethan ist sehr gefährlich!!!<br />

N-Nitrosomethylharnstoff ist krebserzeugend, kann bei Licht- und Wärmeeinwirkung<br />

unter Feuererscheiniing verpuffen und muss <strong>de</strong>shalb in dunklen Flaschen in <strong>de</strong>r<br />

Tiefkühltruhe aufbewahrt wer<strong>de</strong>n.<br />

Diazomethan ist ein explosives und außeror<strong>de</strong>ntlich giftiges Gas (Kp –24°C). Es<br />

wird nur in Lösung (Ether) hergestellt und gehandhabt. Es ist auch in <strong>de</strong>r Kälte<br />

in Lösung nur einige Tage haltbar. Arbeiten mit Diazomethan dürfen nur unter<br />

einem speziellen Abzug mit beson<strong>de</strong>rs starker Absaugung hinter einem<br />

Schutzschild durchgeführt wer<strong>de</strong>n!!l<br />

Deshalb wird zur Herstellung größerer Estermengen die Veresterungsreaktion mit<br />

Alkoholen <strong>de</strong>r eleganteren und rascheren Metho<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Veresterung mit Diazomethan<br />

vorgezogen.<br />

2.4 Veresterung mit Säurechlori<strong>de</strong>n:<br />

Im Prinzip können Säurechlori<strong>de</strong> mit Alkohol o<strong>de</strong>r Alkoholaten zu Estern<br />

umgesetzt wer<strong>de</strong>n:<br />

R C O + R'OH R C O<br />

+ HCl<br />

Cl<br />

OR'<br />

Im allgemeinen wer<strong>de</strong>n Säurechlori<strong>de</strong> jedoch bei Anwesenheit von geringsten<br />

Mengen Wasser sofort zu Carbonsäuren verseift, so daß diese Metho<strong>de</strong> zur<br />

Esterherstellung nur begrenzte Anwendung fin<strong>de</strong>t.<br />

Be<strong>de</strong>utung hat diese Metho<strong>de</strong> im analytischen Bereich zur Charakterisierung von<br />

Alkoholen mit aromatischen Säurechlori<strong>de</strong>n, die wegen vermin<strong>de</strong>rter<br />

Carbonylaktivität (Mesomerie!) nur langsam mit H20 reagieren.<br />

Verwen<strong>de</strong>t man ein Säurechlorid, das in Wasser nur schwer löslich ist, so kann<br />

die Veresterung mit diesem Säurechlorid auch dann vorgenommen wer<strong>de</strong>n, wenn<br />

<strong>de</strong>r Alkohol nicht wasserfrei ist.<br />

51


Bei dieser Reaktion wird <strong>de</strong>r Alkohol durch das Säurechlorid aus <strong>de</strong>r wäßrigen<br />

Phase herausextrahiert und kann in homogener Phase mit diesen zum<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Ester reagieren. An<strong>de</strong>rerseits kann die Hydrolyse <strong>de</strong>s<br />

Säurechlorids zur Carbonsäure nur an <strong>de</strong>r Phasengrenzfläche stattfin<strong>de</strong>n, und<br />

diese Reaktion verläuft <strong>de</strong>mzufolge wesentlich langsamer als die Veresterung.<br />

C O<br />

Benzoesäurechlorid<br />

Cl<br />

+ R'OH C O<br />

- HCl<br />

NaOH/H2O OR'<br />

(Schotten-Baumann-Verfahren)<br />

o<strong>de</strong>r<br />

Pyridin (Einhorn-Verfahren)<br />

Wasserschwerlösliche Säurechlori<strong>de</strong> sind z.B. Benzoesäurechlorid und seine<br />

kermsubstituierten Derivate. Mit diesen Säurechlori<strong>de</strong>n kann ein Alkohol direkt<br />

aus <strong>de</strong>r wäßrigen Analysenlösung als Derivat einer Carbonsäure (Benzoesäure)<br />

abgeschie<strong>de</strong>n und charakterisiert wer<strong>de</strong>n, da die Benzoesäureester <strong>de</strong>r meisten<br />

Alkohole Feststoffe sind und einen <strong>de</strong>finierten Schmelzpunkt haben (Schotten-<br />

Baumann).<br />

2.5 Herstellung von Essigsäureestern durch Reaktion eines Alkohols mit Acetanhydrid<br />

(Acetylierung):<br />

Ester wer<strong>de</strong>n nicht nur, wie eben gezeigt wur<strong>de</strong> (Kap.: 2.4) zur Erhöhung <strong>de</strong>r<br />

Carbonylaktivität <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n Säure im Hinblick auf die weitere<br />

Umsetzung (hier zur Reduktion zu einem primären Alkohol) hergestellt. Ihre<br />

Herstellung ist weiterhin auch zum Schutze von OH-Funktionen einer<br />

mehrfunktionellen Verbindung gegen Oxidation von Be<strong>de</strong>utung. Durch<br />

Veresterung mit Essigsäureanhydrid kann eine solche "Schutzgruppe" in das<br />

betreffen<strong>de</strong> Molekül eingefügt wer<strong>de</strong>n.<br />

52


CH 2<br />

R OH<br />

H 3C<br />

H 3 C<br />

C<br />

O<br />

O<br />

C O<br />

-H �<br />

-H �<br />

+H �<br />

+H �<br />

R<br />

CH 2<br />

H 3 C<br />

H 3C<br />

O<br />

C OH<br />

O<br />

C<br />

O<br />

-H �<br />

-H �<br />

+H �<br />

+H �<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

+<br />

C<br />

C<br />

O<br />

O<br />

O<br />

OH<br />

CH 2<br />

Die Carbonylaktivität von Säureanhydri<strong>de</strong>n ist vergleichbar mit <strong>de</strong>r von<br />

Säurechlori<strong>de</strong>n (vgl. Kap.: 2.1).<br />

Als Katalysator und zun Abfangen <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n Essigsäure wird häufig Pyridin<br />

(Salzbildung) verwen<strong>de</strong>t.<br />

Diese "Derivatisierung" eines Alkohols wird auch benutzt, um Alkohole vor <strong>de</strong>r<br />

analytischen Trennung in einem Gaschromatographen flüchtiger zu machen.<br />

2.6 Nachweis von Carbonsäureestern<br />

Hinweise auf das Vorliegen eines Carbonsäureesters gibt eine positiv<br />

verlaufen<strong>de</strong> Prüfung auf alkalische Verseifbarkeit <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Verbindung<br />

sowie <strong>de</strong>r positive Hydroxamsäuretest.<br />

Bei<strong>de</strong> Nachweisreaktionen sind nicht spezifisch für Ester, son<strong>de</strong>rn Lactone,<br />

Anhydri<strong>de</strong> und verseifbare Halogeni<strong>de</strong> (beim Hydroxamsäuretest nur<br />

Säurechlori<strong>de</strong> und geminale Trihalogeni<strong>de</strong>) sowie Ami<strong>de</strong> und Nitrile geben<br />

gleiche o<strong>de</strong>r ähnliche Reaktionen. Der sicherste Weg zur Charakterisierung ist<br />

daher die Verseifung <strong>de</strong>s Esters und <strong>de</strong>r Einzelnachweis <strong>de</strong>r Alkohol- und<br />

Säurekomponente nebeneinan<strong>de</strong>r.<br />

Bei <strong>de</strong>r Probe auf alkalische Verseifbarkeit wird wenig Substanzprobe mit<br />

alkoholischer Natronlauge unter Zusatz von Phenolphthalein versetzt. Dann wird<br />

beobachtet, ob die durch das zugefügte Phenolphthalein hervorgerufene<br />

Rotfärbung verschwin<strong>de</strong>t.<br />

Ester reagieren mit Hydroxylamin zu Hydroxamsäuren und Alkohol.<br />

R R C O<br />

- HOR'<br />

COOR' +H2N OH<br />

NH OH<br />

R<br />

53


Mit Eisen-(III)-Salzen geben die Hydroxamsäuren meist violett gefärbte Komplexe.<br />

Diese Reaktion ist für Enole typisch. Hydroxamsäuren können nämlich als Enole<br />

vorliegen.<br />

R C O<br />

N<br />

H<br />

OH<br />

R C<br />

3. Herstellung von primären Alkoholen durch Reduktion von Carbonsäureestern<br />

3.1 Reduktion mit Lithiumaluminiumhydrid:<br />

Die Reduktion von Carbonsäureesteim zu primären Alkoholen wird im Labor meist mit<br />

Hilfe komplexer Metallhydri<strong>de</strong> - vorzugsweise mit LiAlH4 - ausgeführt. Angreifen<strong>de</strong>s<br />

Agens ist ein Hydridion:<br />

R C O<br />

R C<br />

OR'<br />

O<br />

H<br />

H H<br />

Hydrolyse<br />

- 2 H 2<br />

H<br />

Al<br />

Al<br />

H<br />

Li �<br />

H R C<br />

H<br />

H<br />

�<br />

�<br />

OR'<br />

+ 4 H 2O<br />

- LiAl(OH) 4<br />

Li �<br />

OH<br />

N<br />

O<br />

H<br />

OR'<br />

H<br />

R C<br />

H<br />

OH<br />

Al<br />

O<br />

H<br />

H<br />

H<br />

�<br />

H<br />

Al<br />

O<br />

Li �<br />

H �<br />

R'<br />

Li �<br />

R CH 2 OH + R'OH<br />

54


Bei Verwendung von LiAlH4 gelingt es nicht, die Reaktion auf <strong>de</strong>r Stufe <strong>de</strong>r<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> abzufangen, so daß die Alkohole direkt erhalten wer<strong>de</strong>n. Als<br />

Lösungsmittel dient im allgemeinen Diethylether, bei <strong>de</strong>r Reduktion<br />

reaktionsträger Verbindungen ist <strong>de</strong>r Einsatz von Tetrahydrofuran, das einen<br />

höheren Sie<strong>de</strong>punkt als Ether hat, vorzuziehen (höher sie<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Lösungsmittel<br />

erlauben die Durchführung von Reaktionen bei höherer Temperatur, wodurch die<br />

Reaktionsgeschwindigkeit erheblich gesteigert wird).<br />

VORSICHT:<br />

LiAlH4 reagiert mit Wasser aber auch mit Alkohol unter Bildung von Wasserstoff<br />

(Knallgasbildung = Explosionsgefahr !!), <strong>de</strong>r zur Reduktion verwen<strong>de</strong>te Ether muß<br />

daher vor <strong>de</strong>r Reaktion von Wasserspuren und Alkohol befreit wer<strong>de</strong>n.<br />

Natriumborhydrid hingegen ist weniger reaktiv wie LiAlH4. Es kann zwar in wäßriger<br />

Lösung zur Reduktion von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n und Ketonen verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, greift aber Ester<br />

nicht an.<br />

Der Vorteil <strong>de</strong>r Reduktion mit komplexen Metallhydri<strong>de</strong>n gegenüber <strong>de</strong>r<br />

nachfolgend beschriebenen Anwendung von unedlen Metallen als<br />

Reduktionsmittel ist <strong>de</strong>r weitaus schonen<strong>de</strong>re Reaktionsverlauf und die<br />

wesentlich höhere Ausbeute.<br />

LiAlH4 ist jedoch ein teures Reagenz, <strong>de</strong>shalb verwen<strong>de</strong>t man im Labor sowie in <strong>de</strong>r<br />

Technik zur Reduktion größerer Ansätze unedle Metalle.<br />

3.2 Reduktion mit unedlen Metallen (Bouveault-Blanc):<br />

Die Reduktionskraft <strong>de</strong>r Metalle ist von ihrer Stellung in <strong>de</strong>r Spannungsreihe<br />

abhängig: Während Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> und Ketone sowohl mit Alkalimetallen als auch mit<br />

Zn, Al und Mg reduzierbar sind, ist die Reduktion von Estern nur mit<br />

Alkalimetallen möglich. Meist wird hierfür Natrium verwen<strong>de</strong>t, das man in die<br />

alkoholische Lösung <strong>de</strong>s Esters einträgt (Bouveault-Blanc-Reduktion). Die freien<br />

Säuren selbst kann man so nicht reduzieren, weil diese mit Na-Metall (ähnlich wie<br />

Alkohole zu Alkoholat) unter Salzbildung reagieren wur<strong>de</strong>n:<br />

55


R C O<br />

OH<br />

+<br />

Na<br />

R C O<br />

O � Na �<br />

+ ½ H 2<br />

Bei dieser Reaktion entsteht Wasserstoff (sachgerecht ableiten), Reaktion im Abzug<br />

ausführen! ! !<br />

Man nimmt an, daß die Bouveault-Blanc-Reduktion in Gegenwart von Alkohol an<br />

<strong>de</strong>r Na-Oberfläche über Radikalanionen abläuft:<br />

R C O<br />

R<br />

H<br />

C O<br />

OR'<br />

R'<br />

�<br />

+ 2 Na<br />

O<br />

� + R''OH + 2 Na � + R''O �<br />

R C O<br />

H<br />

+ 2 Na �<br />

H<br />

R C<br />

O<br />

R C<br />

O �<br />

R'<br />

R C O<br />

H<br />

+ R'O �<br />

R C O �<br />

+ R''OH + 2 Na �<br />

H<br />

H<br />

O �<br />

+ H 2O<br />

H<br />

H<br />

- OH � R CH 2 OH<br />

+ R''O �<br />

Als Alkohol dient in <strong>de</strong>r Regel Isopropanol, da dieser weniger leicht ein Alkoholat bil<strong>de</strong>t<br />

als ein primärer Alkohol (induktive Wirkung <strong>de</strong>r Methylgruppen) und so weniger Natrium<br />

durch die Nebenreaktion <strong>de</strong>r Alkoholatbildung verlorengeht.<br />

In <strong>de</strong>r Technik wen<strong>de</strong>t man zur Reduktion von Estern oft auch katalytische Verfahren<br />

an, wobei <strong>de</strong>r Ester und Wasserstoff bei Temperaturen zwischen 100°C und 300°C<br />

über Kupferchromitkatalysatoren geleitet und dabei reduziert wird.<br />

3.3 Nachweis von Alkoholen:<br />

56


Substanzen, die eine Hydroxylfunktion enthalten, ergeben mit einer Lösung von<br />

Cerammoniumnitrat (NH4)2[Ce(NO3)6] in Salpetersäure farbige Komplex-Verbindungen.<br />

Phenole und Enole geben auch mit Eisen(IlI)-chlorid farbige Komplexe, nicht jedoch die<br />

aliphatischert Alkohole (Unterscheidungsmöglichkeit).<br />

Charakterisiert wer<strong>de</strong>n Alkohole u.a. durch die Schmelzpunkte <strong>de</strong>r Benzoesäure-, <strong>de</strong>r<br />

p-Nitrobenzoesäure- o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r 3,5-Dinitrobenzoesäureester, (Herstellung nach<br />

Schotten-Baumann, Kap. 2.4.). Sekundäre Alkohole, die nur schwer zu verestern sind,<br />

wer<strong>de</strong>n in die entsprechen<strong>de</strong>n Halogenverbindungen überführt und als solche<br />

nachgewiesen.<br />

4. Alkylhalogeni<strong>de</strong><br />

4.1 Nucleophile Substitution:<br />

Bei <strong>de</strong>r nukleophilen Substitution ersetzt ein nukleophiles Reagenz ein Atom o<strong>de</strong>r eine<br />

Atomgruppe <strong>de</strong>s Substrats und steuert dabei Elektronen zur Bindungsbildung bei. Zum<br />

Unterschied zur Basizität, die die Fähigkeit einer Base zur Reaktion mit einem Proton<br />

beschreibt, versteht man unter "Nucleophilie" die Fähigkeit eines Reagenz mit einem<br />

mehr o<strong>de</strong>r weniger positiven Kohlenstoffatom zu reagieren.<br />

R X + Y R<br />

�<br />

4.1.1 Merkmale <strong>de</strong>r monomolekularen Substitution (SN1):<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

C<br />

�<br />

CH 3<br />

X<br />

CH 3<br />

langsam<br />

+ Y �<br />

schnell<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

Y + X �<br />

C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

� + X �<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

1) Die SN1-Reaktion verläuft nach einem Geschwindigkeitsgesetz 1. Ordnung. Der<br />

geschwindigkeitsbestimmen<strong>de</strong> Schritt ist <strong>de</strong>r Bindungsbruch zwischen Alkylrest und<br />

Y<br />

57


X. Daraus folgt weiterhin, daß eine Steigerung <strong>de</strong>r Konzentration von Y �<br />

zu keiner<br />

Geschwindigkeitserhöhung führt.<br />

2) Bei <strong>de</strong>r Bildung <strong>de</strong>s Carbenium-Ions geht <strong>de</strong>r zentrale Kohlenstoff <strong>de</strong>s Substrats aus<br />

<strong>de</strong>r tetraedischen Form in eine dreibindige planare Struktur über. Der nucleophile<br />

Angriff von Y �<br />

im zweiten Reaktionsschritt kann daher von bei<strong>de</strong>n Seiten <strong>de</strong>s<br />

Carbeniumions erfolgen. Bei chiralem Carbeniumion tritt <strong>de</strong>shalb Racemisierung ein<br />

(in Wirklichkeit nur partiell, da das Nukleophil vom Nukleofug sterisch behin<strong>de</strong>rt wird<br />

und <strong>de</strong>shalb eher auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite <strong>de</strong>s Carbeniumions angreift).<br />

3) Da bei <strong>de</strong>r SN1-Reaktion Ionen solvatisiert wer<strong>de</strong>n müssen, hat das<br />

Solvatationsvermögen <strong>de</strong>s Lösungsmittels großen Einfluß auf <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>r<br />

Reaktion.<br />

4) Da das Carbenium-Ion auch Zwischenstufe von Eliminierungsreaktionen ist,<br />

bil<strong>de</strong>n sich als Nebenprodukte Olefine. Bei bestimmten strukturellen<br />

Gegebenheiten <strong>de</strong>s Substratmoleküls entstehen zusätzlich<br />

Umlagerungsprodukte.<br />

4.1.2 Merkmale <strong>de</strong>r SN2 Substitution:<br />

X<br />

+ Y �<br />

H<br />

H<br />

C Y C X<br />

H<br />

R<br />

R<br />

H<br />

H<br />

Y C + X<br />

H<br />

R<br />

�<br />

1) Bei dieser Reaktion erfolgen Bindungsbildung und Bindungslösung<br />

gleichzeitig. Im Übergangszustand, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Zustand höchster Energie im<br />

Verlauf <strong>de</strong>r Reaktion darstellt, befin<strong>de</strong>n sich austreten<strong>de</strong> und eintreten<strong>de</strong><br />

Gruppen gleichzeitig an zentralen Kohlenstoffatom, Y ist noch nicht ganz<br />

gebun<strong>de</strong>n und X ist noch nicht ganz gelöst.<br />

2) Die Reaktion verläuft nach einem Geschwindigkeitsgesetz 2. Ordnung., <strong>de</strong>mzufolge<br />

bewirkt eine Konzentrationserhöhung von Y �<br />

eine Erhöhung <strong>de</strong>r Reaktionsgeschwindigkeit.<br />

3) Bei optisch aktiven Verbindungen kehrt sich die Konfiguration um (Wal<strong>de</strong>n-Umkehr).<br />

58


4) Eliminierungs- und Umlagerungsreaktionen lassen sich durch geeignete Wahl <strong>de</strong>r<br />

Reaktionsbedingungen vermei<strong>de</strong>n.<br />

5) Wegen <strong>de</strong>r hohen Ordnung <strong>de</strong>s Übergangszustan<strong>de</strong>s ist die Reaktionsentropie stark<br />

negativ.<br />

In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Anwendungsbeispielen wird auf <strong>de</strong>n Einfluß <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>s<br />

Substrates, <strong>de</strong>r austreten<strong>de</strong>n Gruppe, <strong>de</strong>s Lösungsmittels und an<strong>de</strong>rer Parameter auf<br />

<strong>de</strong>n Reaktionsverlauf eingegangen.<br />

4.2 Herstellung von Alkylhalogeni<strong>de</strong>n aus primären Alkoholen:<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> sind wichtige Ausgangsstoffe für nucleophile<br />

Substitutionsreaktionen.<br />

Die Reaktivität <strong>de</strong>r Alkylhalogeni<strong>de</strong> im Zuge nucleophiler Substitutionsreaktionen nimmt<br />

von <strong>de</strong>n lodi<strong>de</strong>n über die Bromi<strong>de</strong> zu <strong>de</strong>n Chlori<strong>de</strong>n stark ab, <strong>de</strong>nn mit fallen<strong>de</strong>m<br />

lonenradius ist mehr Energie zur Bildung <strong>de</strong>s X �<br />

-Anions aufzuwen<strong>de</strong>n (geringere<br />

Polarisierbarkeit <strong>de</strong>r Bindung, Verteilung <strong>de</strong>r Ladung auf einem kleinen Raum).<br />

Leicht zugängliches Ausgangsmaterial zur Herstellung primärer<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> sind die entsprechen<strong>de</strong>n Alkohole, die im Zuge einer<br />

nucleophilen SN2-Reaktion umgesetzt wer<strong>de</strong>n. Allerdings ist OH �<br />

eine so schlechte Abgangsgruppe, daß <strong>de</strong>r Ersatz gegen X � nicht<br />

freiwillig eintritt. Er kann erzwungen wer<strong>de</strong>n, in<strong>de</strong>m man <strong>de</strong>n Alkohol<br />

protoniert and damit eine Wasserabspaltung anstelle <strong>de</strong>r OH � -<br />

Eliminierung ermöglicht:<br />

[H<br />

OH<br />

�<br />

@<br />

R R O H �<br />

H<br />

+ X �<br />

R X + H 2O<br />

Im Prinzip stellt diese Reaktion die Veresterung einer anorganischen Säure mit einem<br />

Alkohol dar.<br />

59


Die Gleichgewichtsreaktion läßt sich durch Zusatz von Schwefelsäure als<br />

wasserentziehen<strong>de</strong>s Mittel auf die Seite <strong>de</strong>r Alkylhalogenidbildung drücken.<br />

Da HI bereits gebil<strong>de</strong>tes Alkyliodid zum Kohlenwasserstoff zu reduzieren vermag, HCl<br />

jedoch zu geringe Nukleophile besitzt, stellt man in <strong>de</strong>r Regel Alkylbromi<strong>de</strong> her, die im<br />

allgemeinen genügend Reaktivität besitzen, um für weitere Synthesen eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n zu können.<br />

In <strong>de</strong>r Praxis führt man die Reaktion durch mehrstündiges Erhitzen <strong>de</strong>s primären<br />

Alkohols in 48 % HBr unter Zusatz von H2SO4 aus.<br />

Praktikumsversuch 2: Nucleophile Substitution eines primären Alkohols mit HBr<br />

Reicht die Reaktivität eines Alkylbromi<strong>de</strong>s für die nachfolgend geplante Umsetzung<br />

nicht aus, so kann aus ihnen das lodid nach Finkelstein hergestellt wer<strong>de</strong>n. Dazu wird<br />

das Bromid in Aceton gelöst und mit KI erhitzt. KI ist in Aceton gut löslich, KBr<br />

dagegen nur sehr schlecht (Gleichgewichtsverschiebung).<br />

(Aceton)<br />

R Br + KI<br />

R<br />

I + KBr<br />

schwerlöslich<br />

Die Austauschreaktion beruht zum Teil auch auf <strong>de</strong>r größeren<br />

Nukleophilie <strong>de</strong>s I � gegenüber <strong>de</strong>s Br � .<br />

lodi<strong>de</strong> sind außer<strong>de</strong>m direkt herstellbar aus <strong>de</strong>n Alkoholen durch Umsatz mit PI3, das<br />

im Zuge <strong>de</strong>r Reaktion aus I2 und Phosphor gebil<strong>de</strong>t wird.<br />

Im ersten Schritt reagiert <strong>de</strong>r Alkohol wahrscheinlich mit Pl3 zu<br />

R O P R<br />

I<br />

I bzw. O P<br />

O<br />

O<br />

R<br />

R<br />

60


I �<br />

greift dann dieses Zwischenprodukt im Zuge einer nukleophilen Substitutionsreaktion<br />

an:<br />

(RO) 3P + 3 H , 3 5 , + H 3 PO 3<br />

Diese Reaktion ist vor allem wichtig zur Herstellung sekundärer und tertiärer<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong>, (die über die Finkelstein-Reaktion nur mit schlechter Ausbeute<br />

zugänglich sind, weil eine SN2-Reaktion erschwert ist.<br />

Alkylchlori<strong>de</strong> erhält man aus primären Alkoholen, wenn man bei höheren Temperaturen<br />

<strong>de</strong>n Alkohol mit HCl-Gas sättigt.<br />

R OH<br />

+ HCl, Δ<br />

- H 2O<br />

R Cl<br />

Weiterhin entstehen Alkylchlori<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Umsetzung von Alkoholen mit PCl3, PCl5 o<strong>de</strong>r<br />

SOCl2.<br />

3<br />

+ PCl3 R OH 3 R Cl<br />

- H3PO3 + PCl5 2 R OH 2 R Cl<br />

- POCl3 Primäre Alkylbromi<strong>de</strong> stellt man analog mit PBr3 her:<br />

3<br />

+ PBr3 R CH2 OH 3 R<br />

- H3PO3 CH 2<br />

Eine oft benutzte Möglichkeit, die Abgangsgruppen-Qualität <strong>de</strong>s Hydroxyls in Alkoholen<br />

zu verbessern, ist die Herstellung von Schwefelsäure- und Sulfonsäureestern.<br />

Beispiele:<br />

Br<br />

61


H 3 C<br />

O<br />

H3C S O<br />

O<br />

O<br />

O S O CH3+ Na �<br />

O<br />

CH CH 2 CH 3<br />

CH 3<br />

� ����<br />

�������� �����<br />

� ����� � ��� �<br />

����� �����<br />

� ������<br />

4.3 Herstellung sekundärer und tertiärer Alkylhalogeni<strong>de</strong>:<br />

Br<br />

CH 3<br />

�<br />

CH CH 2 CH 3<br />

Sekundäre und tertiäre Alkohole können nicht so einfach in entsprechen<strong>de</strong><br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> überführt wer<strong>de</strong>n wie primäre:<br />

Versucht man etwa mit 48 %iger Bromwasserstoffsäure (HBr) aus einem sekundären<br />

o<strong>de</strong>r tertiären Alkohol das Bromid herzustellen, so erhält man oft in überwiegen<strong>de</strong>r<br />

Menge Olefine. Grund für diese gegenüber primären Alkoholen an<strong>de</strong>rs verlaufen<strong>de</strong><br />

Reaktion ist <strong>de</strong>r Wechsel <strong>de</strong>s Reaktionmechanismus, wenn man von primären über<br />

sekundäre zu tertiären Alkoholen übergeht. Der gedrängte räumliche Bau verhin<strong>de</strong>rt<br />

<strong>de</strong>n Angriff <strong>de</strong>s Reagenz im Zuge einer SN2-Reaktion. An<strong>de</strong>rerseits wird durch<br />

Zunahme <strong>de</strong>s +I-Effektes vom primären zum tertiären C-Atom hin <strong>de</strong>r Bindungsbruch<br />

zur austreten<strong>de</strong>n Gruppe (-OH bzw. – �<br />

OH2) erleichtert:<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

OH<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

H3C CH OH H3C C OH<br />

CH 3<br />

Dies führt dazu, dass die Bindung zur austreten<strong>de</strong>n Gruppe schon vor <strong>de</strong>m Angriff von<br />

X �<br />

unter Bildung eines Carbenium-Ions gelöst wird (SN1-Mechanismus). Das gebil<strong>de</strong>te<br />

Carbenium-Ion wird mit steigen<strong>de</strong>m +I-Effekt stabilisiert.<br />

Während primäre Alkohole normalerweise bei Substitutionen nach <strong>de</strong>m SN2-<br />

Mechanismus reagieren, wer<strong>de</strong>n tertiäre Alkohole nach <strong>de</strong>m SN1-Mechanismus<br />

substituiert. Die Reaktion sekundärer Alkohole ist zumeist eine Mischung zwischen<br />

62


mono- und bimolekularer Umsetzung und kann durch geeignete Wahl <strong>de</strong>s<br />

Lösungsmittels in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>s einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Reaktionstyps gedrängt wer<strong>de</strong>n.<br />

Das im ersten Reaktionsschritt gebil<strong>de</strong>te Carbeniumion einer SN1-Reaktion hat zwei<br />

Möglichkeiten zum Endprodukt weiterzureagieren:<br />

H 2C<br />

C<br />

Wird es von Y �<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

+ X �<br />

- HX<br />

Eliminierung<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

�<br />

CH 3<br />

+ X �<br />

Substitution<br />

CH 3<br />

H3C C X<br />

CH 3<br />

nucleophil angegriffen, so entsteht unter Bindungsknüpfung<br />

(Substitution) ein Halogenalkan. Das Carbenium-Ion ist sp 2 -hybridisiert und planar. Im<br />

Halogenalkan liegt wie<strong>de</strong>r ein tetraedrisches sp 3 -hybridisiertes Kohlenstoffatom vor, die<br />

Substituenten müssen im Zuge <strong>de</strong>r Substitution also wie<strong>de</strong>r enger zusammen rücken,<br />

was umso energieaufwendiger ist, je sperriger die Substituenten sind.<br />

Stabilisiert sich das Carbeniumion unter Eliminierung (in<strong>de</strong>m X �<br />

als Base wirkt und ein<br />

H-Atom aus <strong>de</strong>r β-Position abstrahiert, β Eliminierung), so bleiben die Substituenten<br />

weiterhin in planarer Anordnung (sp 2 Hybrid) und es braucht nicht wie bei <strong>de</strong>r<br />

Substitution, Energie zugeführt wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Regel läßt es sich aber nicht vermei<strong>de</strong>n,<br />

daß Substitutions- und Eliminierungsprodukte nebeneinan<strong>de</strong>r entstehen.<br />

Das Mengenverhältnis ist abhängig von <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>r Verbindung.<br />

Kompliziert wird die Reaktion noch durch die Möglichkeit, daß primär gebil<strong>de</strong>te<br />

Carbeniumionen in an<strong>de</strong>re stabilere Carbeniumionen umgelagert wer<strong>de</strong>n können, die<br />

ihrerseits im Zuge einer Substitutions- und Eliminierungsreaktion weiter reagieren<br />

können:<br />

63


R<br />

R<br />

R<br />

C OH H3O �<br />

R<br />

R<br />

CH2 +<br />

- H2O �<br />

C CH 2<br />

R<br />

>+ �<br />

@<br />

; �<br />

R<br />

R<br />

C CH 2<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

X<br />

C CH 2<br />

R<br />

� - H2O OH2 CH R<br />

R<br />

R<br />

C CH 2<br />

Da die SN1-Reaktion und damit die ungewünschte Olefinbildung (E1-Eliminierung)<br />

durch protische polare Lösungsmittel geför<strong>de</strong>rt wird (För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Solvatation von<br />

Kationen und Anionen, die Voraussetzung für die Bindungsspaltung ist), muß man zur<br />

Herbeiführung einer SN2-Reakzion ein aprotisches dipolares Lösungsmittel verwen<strong>de</strong>n.<br />

Diese för<strong>de</strong>rt zwar auch die Solvatation, da sie aber zum Anion keine<br />

Wasserstoffbrücke ausbil<strong>de</strong>n können, ist die primäre Abdissoziation von X �<br />

und damit auch die miteinan<strong>de</strong>r konkurrieren<strong>de</strong>n SN1- und E1-Reaktionen.<br />

R<br />

R<br />

�<br />

erschwert<br />

Da die sterisch weniger gespannten Olefine thermodynamisch stabiler, d.h. eine<br />

größere negative freie Bildungsenthalpie haben, wer<strong>de</strong>n sie bei höheren<br />

Temperaturen bevorzugt gebil<strong>de</strong>t. Der Grund dafür ist <strong>de</strong>r bei höheren<br />

Temperaturen größere Energieinhalt <strong>de</strong>r Ausgangsmoleküle.<br />

Will man sekundäre und tertiäre Alkohole in die Halogeni<strong>de</strong><br />

überführen, sollte man daher bei tiefen Temperaturen arbeiten.<br />

Damit allein kann die Ausbeutemin<strong>de</strong>rung zufolge Olefinbildung nur<br />

eingeschränkt, nicht aber vermie<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Deshalb wählt man zur Herstellung<br />

sekundärer und tertiärer Alkylhalogeni<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Umweg <strong>de</strong>r Umsetzung mit<br />

Phosphorhalogeni<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Thionylchlorid.<br />

Br2 und I2 reagiert wie bereits früher ausgeführt, mit rotem Phosphor<br />

unter PX3 Bildung. Dieses Reagenz setzt sich mit Alkoholen zu einem<br />

64


Ester um, <strong>de</strong>r in das Alkylhalogenid überführbar ist. Thionylchlorid<br />

reagiert mit Alkohol zum Chlorsulfinsäureester, <strong>de</strong>r unter SO2 -<br />

R OH<br />

R Cl<br />

Eliminierung in das Alkylchlorid zerfällt.<br />

62&O� R O S Cl<br />

O<br />

H Cl H Cl<br />

O S Cl<br />

O H<br />

SO 2 + HCl<br />

Ein an<strong>de</strong>rer Weg zur Herstellung sekundärer Bromi<strong>de</strong> unter Ausschluß <strong>de</strong>r Gefahr <strong>de</strong>r<br />

Carbeniumionenbildung ist das Verfahren von Hunsdiecker:<br />

R CH<br />

R'<br />

C<br />

O<br />

OAg<br />

+ Br 2 R CH<br />

R'<br />

Br + CO 2 + AgBr<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n die trockenen Silbersalze von Carbonsäuren in Fluor-<br />

kohlenwasserstoffen mit Br2 behan<strong>de</strong>lt. Aus <strong>de</strong>m zunächst gebil<strong>de</strong>ten<br />

Acylhypohalogenid entsteht unter CO2-Abspaltung neben einem Bromradikal ein<br />

Alkylradikal, das in einer radikalischen Kettenreaktion zum Endprodukt weiterreagiert<br />

(zum Mechanismus von Kettenreaktionen siehe auch Kap. 4.4).<br />

65


R C<br />

R C<br />

R C<br />

O<br />

OAg<br />

O<br />

O Br<br />

R �<br />

AgBr<br />

+ Br2 R C<br />

+ Br 2 R Br<br />

O<br />

+ Br<br />

O Br<br />

�<br />

R �<br />

O<br />

O Br<br />

R � + CO 2 + Br �<br />

R �<br />

+ Br 2 R Br<br />

+ CO 2<br />

+ Br �<br />

+ Br �<br />

+ Br 2<br />

usw.<br />

Bei Verwendung von CCl4 als Lösungsmittel entsteht als Nebenprodukt immer das<br />

entsprechen<strong>de</strong> Chlorid (Reaktion mit <strong>de</strong>m Lösungsmittel). In <strong>de</strong>n meisten Fällen kann<br />

aber das Chlorid/Bromid-Gemisch für die weiteren Umsetzungen eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Da bereits geringe Feuchtigkeitsspuren die Ausbeute stark vermin<strong>de</strong>rn, wird meist <strong>de</strong>r<br />

gegenüber Wasser weniger empfindliche Cristol-Abbau vorgezogen. Dieser erlaubt<br />

<strong>de</strong>n Einsatz <strong>de</strong>r Carbonsäuren, die in Gegenwart von HgO durch Zutropfen von Br2 das<br />

Bromid liefern.<br />

4.4 Bromierung mit N-Bromsuccinimid:<br />

Unter Einhaltung bestimmter Reaktionsbedingungen können Olefine mit N-<br />

Bromsuccinimid (NBS) unter Beibehaltung <strong>de</strong>r Doppelbindung in Allylstellung<br />

(direkte Nachbarschaft zur Doppelbindung) bromiert wer<strong>de</strong>n.<br />

An<strong>de</strong>rs als bei <strong>de</strong>n bisher beschriebenen Reaktionen han<strong>de</strong>lt es sich hierbei nicht um<br />

eine nucleophile, son<strong>de</strong>rn um eine radikalische Substitution, die als<br />

Radikalkettenreaktion abläuft.<br />

66


Eine Radikalkettenreaktion wird durch einen homolytischen Bindungsbruch unter<br />

Bildung zweier Radikale, von <strong>de</strong>nen min<strong>de</strong>stens ein Radikal <strong>de</strong>r Kettenträger ist,<br />

gestartet. Dies geschieht in vielen Fällen durch Lichtenergie, wobei die Energie<br />

<strong>de</strong>s eingestrahlten Lichtes höher als die Bindungsenergie <strong>de</strong>r zu spalten<strong>de</strong>n<br />

Bindung sein muß.<br />

Bei <strong>de</strong>r Einwirkung von Licht auf N-Bromsuccinimnid (NBS) bil<strong>de</strong>t sich:<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N<br />

O<br />

Br<br />

N-Bromsuccinimid<br />

(NBS)<br />

h•ν<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N<br />

O<br />

• •<br />

Diese Reaktion kann auch mit in katalytischen Mengen zugesetzten "Initiatoren"<br />

eingeleitet wer<strong>de</strong>n. Initiatoren bil<strong>de</strong>n bereits bei geringerer Energiezufuhr<br />

Radikale, die dann ihre Radikal -Eigenschaften auf das Reagenz übertragen z.B.:<br />

C<br />

O O<br />

C<br />

O O<br />

Dibenzoylperoxid<br />

2<br />

2<br />

+<br />

� + 2 CO 2<br />

Das Bromradikal kann nun in einer ersten Kettenfortpflanzungsreaktion das Olefin<br />

radikalisch angreifen:<br />

Br<br />

C<br />

O<br />

O<br />

�<br />

67


R CH 2 CH CH R + Br �<br />

R CH CH CH R + HBr<br />

�<br />

Der Angriff erfolgt an einer <strong>de</strong>r Doppelbindung benachbarten C-H-Bindung, weil<br />

so ein mesomeriestabilisiertes Allylradikal gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n kann:<br />

R CH CH CH R<br />

�<br />

�<br />

R CH CH CH R<br />

Bei ungleichen Resten R entstehen <strong>de</strong>mzufolge zwei Allylbromi<strong>de</strong>. Durch Einwirkung<br />

eines weiteren Moleküls NBS auf <strong>de</strong>n entstan<strong>de</strong>nen Bromwasserstoff bil<strong>de</strong>t sich Brom,<br />

das eigentliche Agens, das mit <strong>de</strong>m Allylradikal weiterreagiert:<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

C<br />

HBr + N Br<br />

NH<br />

+ Br Br<br />

C<br />

O<br />

O<br />

R CH CH CH R<br />

R CH CH CH R<br />

�<br />

Br Br + + Br �<br />

Das Bromradikal greift nun wie<strong>de</strong>r ein Olefinmolekül an und <strong>de</strong>r Reaktionsablauf<br />

beginnt von neuem.<br />

Greift man die mittlere Kettenfortpflanzungsreaktion heraus, so hat N-<br />

Bromsuccinimid nur die Aufgabe, das bei <strong>de</strong>r Substitution gebil<strong>de</strong>te HBr in Brom<br />

umzuwan<strong>de</strong>ln, wodurch eine gleichbleiben<strong>de</strong> Bromkonzentration eingestellt wird.<br />

Obwohl <strong>de</strong>r Mechanismus <strong>de</strong>r Reaktion noch nicht völlig geklärt ist, gibt es<br />

experimentelle Anhaltspunkte dafür, daß eine geringe Bromkonzentration<br />

entschei<strong>de</strong>nd für <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>r Reaktion in die gewünschte Richtung ist.<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

Br<br />

C<br />

C<br />

O<br />

O<br />

68


Wichtig ist auch, daß die Reaktion in Tetrachlorkohlenstoff, in <strong>de</strong>m NBS kaum<br />

löslich ist, durchgeführt wird. In polaren Lösungssmitteln wird die<br />

Doppelbindung unter Addition angegriffen. Schon polare Verunreinigungen<br />

(Säuren, Salze) begünstigen diese Nebenreaktion.<br />

4.5 Halogenierung in α-Stellung von Carbonylverbindungen:<br />

Eine Carbonylgruppe bewirkt die Aktivierung benachbarter C-H-Bindungen: Das<br />

positivierte Carbonylkohlenstoffatom versucht negative Ladungsteile aus benachbarten<br />

Bindungen abzuziehen und führt so zu einer partiellen Polarisierung benachbarter C-<br />

Atome, von <strong>de</strong>nen daher die Ablösung eines Protons leichter erfolgen kann<br />

(Aktivierung).<br />

Diese Reaktion wird durch Basen wie auch durch Säuren katalysiert.<br />

a) Basenkatalyse (Hydroxid-lonen, Acetat-Ionen):<br />

R CH 2 C<br />

O<br />

R OH�<br />

- H 2O<br />

R CH C<br />

�<br />

O<br />

R CH C<br />

O<br />

�<br />

R<br />

R<br />

praktisch<br />

nicht<br />

vorhan<strong>de</strong>n<br />

Durch die Base wird das α-ständige Wasserstoffatom abstrahiert und ein Carbanion<br />

gebil<strong>de</strong>t, das sich z.B. mit Brom sofort unter Bildung von α-Bromketon umsetzt:<br />

R CH C<br />

O<br />

�<br />

R<br />

Br Br<br />

R CH C<br />

Br<br />

O<br />

R<br />

+ Br �<br />

69


Diese Reaktion zeigt, daß Carbonylverbindungen neben <strong>de</strong>m<br />

positivierten, d.h. elektrophilen Carbonyl-C-Atom<br />

δ+ δ-<br />

C O<br />

formal ein weiteres, jedoch nucleophiles Reaktionszentrum am αα-C-<br />

b) Säurekatalyse (Säure = H-A):<br />

R CH 2 C<br />

O<br />

R CH 2 C<br />

OH<br />

�<br />

R<br />

R<br />

Atom besitzen:<br />

�<br />

CH C R<br />

O<br />

HA - A �<br />

+<br />

R CH 2 C<br />

OH<br />

+ A � - HA<br />

R CH C<br />

�<br />

OH<br />

Nach vorgeschalteter reversibler Protonierung <strong>de</strong>s Carbonylsauerstoffs wird hier<br />

(wie bei <strong>de</strong>r Basenkatalyse direkt) durch die konjugierte Base <strong>de</strong>r Säure ein H-<br />

Atom vom α-C-Atom unter Bildung eines Enols abgespalten. Dieses Enol reagiert<br />

ebenfalls rasch mit einem Halogenmolekül:<br />

Br<br />

Br<br />

R CH C<br />

O<br />

R<br />

H<br />

Br �<br />

Br<br />

R CH C<br />

O<br />

R<br />

H �<br />

R<br />

R<br />

70


Die α-Halogenketone und Säure<strong>de</strong>rivate sind außeror<strong>de</strong>ntlich reaktive Verbindungen,<br />

die wegen <strong>de</strong>s Vorhan<strong>de</strong>nseins von 2 verschie<strong>de</strong>nen funktionellen Gruppen sehr<br />

wertvoll für <strong>de</strong>n Aufbau komplexer Moleküle sind.<br />

Allerdings reicht die Carbonylaktivität freier Säuren noch nicht zu einer α-Halogenierung<br />

aus. α-Halogencarbonsäuren lassen sich aber über die reaktiveren Säurehalogeni<strong>de</strong><br />

nach <strong>de</strong>m oben zur Herstellung α-bromierter Ketone dargelegten Mechanismus<br />

erhalten. In <strong>de</strong>r Praxis braucht man die Säurebromi<strong>de</strong> nicht herzustellen, wenn man<br />

sich <strong>de</strong>r Metho<strong>de</strong> von Hell-Volhard-Zelinsky bedient: Man läßt auf die vorgelegte<br />

Carbonsäure und roten Phosphor Br2 einwirken. Dabei entsteht zunächst PBr3, das als<br />

Bromierungsreasenz (ähnlich wie bei <strong>de</strong>r Herstellung von sekundären und tertiären<br />

Bromi<strong>de</strong>n diskutiert, Kap.4.3), Über die Phosphorsäureester mit <strong>de</strong>r Carbonsäure das<br />

Säurebromid bil<strong>de</strong>t. Dieses wird in <strong>de</strong>r Folge durch weiteres Br2 zu <strong>de</strong>m α-<br />

Halogencarbonsäurebromid umgesetzt, das durch Reaktion mit überschüssiger Säure<br />

die freie α-Halogencarbonsäure bil<strong>de</strong>t:<br />

R CH 2<br />

R CH 2 C O<br />

2 P, 3 Br2 COOH R CH2C O<br />

- H3PO Br<br />

3<br />

Br<br />

R C O<br />

CH<br />

Br<br />

Br Br<br />

R C O<br />

CH<br />

Br<br />

Br<br />

+<br />

H<br />

R C O<br />

CH<br />

OH<br />

Br<br />

R CH 2 COOH<br />

+<br />

R C O<br />

CH<br />

Br<br />

R C O<br />

CH<br />

Br<br />

Br<br />

R CH 2 C O<br />

Br<br />

H<br />

+ HBr<br />

71


4.6 Nachweisreaktionen:<br />

Halogenverbindungen lassen sich durch die Beilsteinprobe nachweisen: Am<br />

glühen<strong>de</strong>n Kupferdraht wird die Halogenverbindung unter Bildung von<br />

Kupferhalogenid zersetzt, das sich durch charakteristische Grünfärbung zu<br />

erkennen gibt.<br />

Die Reaktion versagt oft, falls die Halogenverbindung zu flüchtig ist<br />

(Wegdampfen <strong>de</strong>r Verbindung vor Zersetzung) o<strong>de</strong>r bei Gegenwart von<br />

Stickstoffverbindungen, die durch Zersetzung Nitrile bil<strong>de</strong>n) die ebenfalls als<br />

Pseudohalogeni<strong>de</strong> mit Cu unter grüner Flammenfärbung reagieren.<br />

Der Nachweis <strong>de</strong>r Halogeni<strong>de</strong> gelingt ferner nach Aufschluß <strong>de</strong>r organischen<br />

Substanz mit metallischem Natrium im Glühröhrchen durch Fällen mit AgNO3 in<br />

salpetersaurer Lösung.<br />

Durch Hydrolyse-Versuche kann die Substanzklasse, in die die Halogenverbindung<br />

gehört, ermittelt wer<strong>de</strong>n: Es wird in wäßriger Lösung unter Zusatz von AgNO3 zunächst<br />

bei Raumtemperatur und schließlich in <strong>de</strong>r Wärme hydrolysiert. Je nach<strong>de</strong>m, ob in <strong>de</strong>r<br />

Kälte o<strong>de</strong>r erst nach Erwärmung ein Nie<strong>de</strong>rschlag zu beobachten ist, kann eine<br />

Unterteilung nach Substanzgruppen erfolgen.<br />

In <strong>de</strong>r Kälte: Säurechlori<strong>de</strong>, tert. Alkylhalogeni<strong>de</strong>, Allylhalogeni<strong>de</strong>,<br />

geminale Dibromi<strong>de</strong>.<br />

In <strong>de</strong>r Wärme: Primäre und sekundäre Alkylchlori<strong>de</strong>, (Arylhalogeni<strong>de</strong> geben keine<br />

Fällung<br />

5. Herstellung von Ethern, Nitrilen und Nitroverbindungen aus primären<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong>n:<br />

Primäre AlkyIhalogeni<strong>de</strong> sind i<strong>de</strong>ale Ausgangsverbindungen zur Herstellung von<br />

Ethern, Thioethern, Nitroalkanen und Nitrilen, aber auch von Thiolen und Aminen.<br />

Will man Thiole und primäre bzw. sekundäre Amine herstellen, muß man<br />

allerdings durch Verwendung von Schutzgruppen gegen eine weitergehen<strong>de</strong><br />

Alkylierung Vorkehrungen treffen. Im Falle <strong>de</strong>r Thiole wählte man daher <strong>de</strong>n Weg<br />

72


über S-Alkyl-isothiuronium-Salze, die aus Alkylhalogenid und Thioharnstoff<br />

zugänglich sind:<br />

S C NH 2<br />

NH 2<br />

+ RX<br />

R<br />

�<br />

X �<br />

S C NH 2<br />

NH 2<br />

R SH + CO 2 + 2 NH 3 + HX<br />

(OH �<br />

+ 2 H2O Primäre Amine sind über die N-Alkylphthalimi<strong>de</strong> zugänglich (Gabriel-Synthese):<br />

+ R X<br />

- KX<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

Phthalimid<br />

NH<br />

+ KOH<br />

- H2O O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N<br />

N-Alkyl-Phthalimid<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

Kalium-Phthalimid<br />

(Hydrazin)<br />

R H 2 N NH 2<br />

N<br />

�<br />

K �<br />

+ R NH 2<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

primäres Amin<br />

NH<br />

NH<br />

Phthalhydrazid<br />

Die Umsetzungen primärer Alkylhalogeni<strong>de</strong> verlaufen überwiegend nach einer SN2-<br />

Reaktion: Das angreifen<strong>de</strong> Agens wird we<strong>de</strong>r durch räumliche Faktoren an <strong>de</strong>r<br />

Reaktion mit <strong>de</strong>m positivierten, das Halogenatom tragen<strong>de</strong>n Kohlenstoff behin<strong>de</strong>rt,<br />

73


noch besteht die Möglichkeit zur Ausbildung eines stabilen Carbeniumions, das eine<br />

SN1-Reaktion begünstigen wur<strong>de</strong>.<br />

För<strong>de</strong>rlich ist <strong>de</strong>r SN2-Reaktion die Verwendung eines dipolaren aprotischen<br />

Lösungsmittels wie Dimethylsulfoxid o<strong>de</strong>r Dimethylformamid.<br />

Die Herstellung von Ethern und Thioethern im Zuge einer Williamson-schen<br />

Ethersynthese ist unproblematisch:<br />

R X + Na �<br />

R X + Na �<br />

� - NaX<br />

O R'<br />

R<br />

� - NaX<br />

S R'<br />

R S<br />

Praktikumsversuch 3: Methylether nach Williamson<br />

O R'<br />

Beim Umsatz eines Alkylhalogenids mit einem Nitrit- o<strong>de</strong>r Cyanidion muß beachtet<br />

wer<strong>de</strong>n, daß es sich hierbei um ambi<strong>de</strong>nte Anionen han<strong>de</strong>lt, die je nach<br />

Reaktionsbedingungen und Reagenz verschie<strong>de</strong>n reagieren können:<br />

In Nitrit-Ionen verfügen nicht nur die bei<strong>de</strong>n Sauerstoffatome über<br />

"nucleophile Kräfte<br />

� �<br />

O N O O N O<br />

son<strong>de</strong>rn auch das Stickstoffatom, da es ein freies Elektronenpaar besitzt. In<br />

gleicher Weise ist auch das Cyanidion - das ebenfalls 2 reaktive Zentren trägt - zu<br />

<strong>de</strong>n "ambi<strong>de</strong>nten" Anionen zu rechnen:<br />

�<br />

C<br />

N<br />

C<br />

�<br />

N<br />

R'<br />

74


Je nach<strong>de</strong>m welches Zentrum <strong>de</strong>s ambi<strong>de</strong>nten Anions reagiert, erhält man durch<br />

Umsatz von Alkylhalogeni<strong>de</strong>n mit Nitrit entwe<strong>de</strong>r Nitroverbindungen o<strong>de</strong>r<br />

Salpetrigsäureester:<br />

R X + NO �<br />

2<br />

mit Cyanidionen Nitrile o<strong>de</strong>r Isonitrile:<br />

R X<br />

�<br />

C<br />

C<br />

N<br />

�<br />

N<br />

R N O<br />

�<br />

O �<br />

Nitroalkan<br />

R O N O<br />

Salpetrigsäureester<br />

R C<br />

Nitril<br />

R<br />

N<br />

N O<br />

Isonitril<br />

(S N2)<br />

(S N1)<br />

Die Reaktionsweise ambi<strong>de</strong>nter Anionen ist von verschie<strong>de</strong>nen Faktoren<br />

abhängig. Bei einem SN2-Mechanismus reagiert bevorzugt das Atom mit höchster<br />

nucleophiler Kraft (das am leichtesten polarisierbare Atom), d..h. beim Umsatz<br />

mit Nitrit wer<strong>de</strong>n Nitroalkane, mit Cyanid Cyani<strong>de</strong> entstehen. Verläuft die<br />

Reaktion nach einem SN1-Mechanismus, wird bevorzugt das Atom höchster<br />

Elektronendichte angegriffen<br />

(Bildung von Salpetrigsäureestern, bzw. Isonitrilen). Ob SN1- o<strong>de</strong>r SN2-Reaktion<br />

vorliegt ist, wie bereits diskutiert, hauptsächlich abhängig von <strong>de</strong>r Struktur <strong>de</strong>s<br />

Alkylhalogenids und <strong>de</strong>n Eigenschaften <strong>de</strong>s Lösungsmittels.<br />

Je leichter polarisierbar die Abgangsgruppe ist, umso eher reagiert <strong>de</strong>r daran<br />

gebun<strong>de</strong>ne Alkylrest mit <strong>de</strong>m leichter polarisierbaren Zentrum <strong>de</strong>s ambi<strong>de</strong>nten Agens<br />

(SN2). Die Bildung <strong>de</strong>r Nitroverbindung erfolgt also leichter mit Iodi<strong>de</strong>n als mit<br />

Bromi<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r gar mit Chlori<strong>de</strong>n.<br />

75


Die nucleophile Kraft für SN2-Reaktionen wird überdies stark durch Verwendung eines<br />

dipolaren aprotischen Lösungsmittels gesteigert. Deshalb erhält man bei <strong>de</strong>r<br />

Umsetzung primärer Iodi<strong>de</strong> mit NO2 �<br />

Nitroverbindung und nicht <strong>de</strong>n Salpetrigsäureester.<br />

5.1 Nachweisreaktionen:<br />

5.1.1 Ether<br />

in Dimethylformamid fast ausschließlich die<br />

Ether sind meistens sehr beständige Verbindungen und geben keine typischen<br />

Nachweisreaktionen, die auf die funktionelle Gruppe R-O-R hin<strong>de</strong>uten.<br />

Deswegen sind sie mit gesättigten Kohlenwasserstoffen verwechselbar. Die<br />

meisten aliphatischen Ether sind jedoch in konzentrierter Salzsäure unter<br />

Oniumsalzbildung löslich:<br />

Cl<br />

�<br />

R O R'<br />

�<br />

Diese Salze zerfallen beim Verdünnen wie<strong>de</strong>r (Metho<strong>de</strong> zur Abtrennung).<br />

H<br />

Zum ein<strong>de</strong>utigen Nachweis müssen Ether mit Säure (HI, HBr) gespalten wer<strong>de</strong>n<br />

und die entstehen<strong>de</strong>n Alkylhalogeni<strong>de</strong> als solche i<strong>de</strong>ntifiziert wer<strong>de</strong>n.<br />

5.1.2 Nitroalkane:<br />

R O R' + H I R I + R O H<br />

In primären und sekundären Nitroalkanen bewirkt die Nitrogruppe eine leichte<br />

"Beweglichkeit" <strong>de</strong>r am gleichen C-Atom gebun<strong>de</strong>nen H-Atome, so daß folgen<strong>de</strong><br />

Tautomerie ermöglicht wird:<br />

76


R<br />

CH<br />

H<br />

�<br />

N<br />

O<br />

O �<br />

R<br />

R<br />

�<br />

CH<br />

CH<br />

�<br />

N<br />

�<br />

N<br />

aci-Form<br />

In wäßriger Natronlauge gehen daher primäre und sekundäre Nitroalkane unter<br />

Salzbildung in Lösung, aus alkoholischer Natronlauge wer<strong>de</strong>n die Natriumsalze<br />

abgeschie<strong>de</strong>n.<br />

Als Nachweis und Unterscheidungsreaktion von Nitroalkanen verwen<strong>de</strong>t man die<br />

Umsetzung mit salpetriger Säure. Diese Reaktion beruht ebenfalls auf <strong>de</strong>r<br />

aktivieren<strong>de</strong>n Wirkung <strong>de</strong>r Nitrogruppe auf benachbarte H-Atome. Mit primären<br />

Nitroalkanen wer<strong>de</strong>n die sogenannten Nitrolsäuren erhalten, <strong>de</strong>ren Alkalisalze<br />

blutrot gefärbt sind.<br />

R CH2NO2 R C NO2 N OH<br />

Nitrolsäure<br />

R C NO2 N OH<br />

+ NaOH<br />

R<br />

R<br />

C<br />

N<br />

C<br />

�<br />

N<br />

O �<br />

�<br />

N<br />

N O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

�<br />

H<br />

H<br />

+ H 2O<br />

O �<br />

O<br />

O �<br />

O �<br />

Sekundäre Nitroalkane ergeben blaugrün gefärbte Pseudonitrole.<br />

+ Na �<br />

77


R � O �<br />

R<br />

CH<br />

N<br />

O<br />

+ HNO2 - H2O R<br />

R<br />

C<br />

�<br />

N<br />

N O<br />

O �<br />

O<br />

Pseudonitrol<br />

Tertiäre Nitroalkane sind dagegen nicht in <strong>de</strong>r Lage, mit salpetriger Säure zu<br />

reagieren.<br />

5.1.3 Nitrile<br />

Nitrile ergeben bei basischer Hydrolyse die entsprechen<strong>de</strong> Carbonsäure und<br />

Ammoniak:<br />

H2O R CH2COOH (OH �<br />

R CH2CN + NH3 Der Nachweis <strong>de</strong>s gasförmig entweichen<strong>de</strong>n Ammoniaks mit Indikatorpapier<br />

dient als Nachweis auf das Vorhan<strong>de</strong>nsein von Nitrilen. Es ist jedoch zu<br />

beachten, daß auch Säureami<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Hydrolyse Ammoniak entwickeln. Die<br />

Hydrolyse wird mit konzentrierter Kalilauge in <strong>de</strong>r Sie<strong>de</strong>hitze durchgeführt.<br />

Zur I<strong>de</strong>ntifizierung wer<strong>de</strong>n die Nitrile durch Reduktion mit Natrium in Amine überführt<br />

und als solche z.B. durch Umsetzung mit Benzoylchlorid nachgewiesen:<br />

R NH 2 +<br />

R C N R CH2NH2 O<br />

C<br />

Cl<br />

+<br />

N<br />

(Pyridin)<br />

- Pyridin �HCl<br />

C<br />

O<br />

NH R<br />

ein N-Alkylbenzamid<br />

78


6. Herstellung eines sekundären o<strong>de</strong>r tertiären Alkohols bzw. einer Säure durch<br />

Grignardreaktion:<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> können infolge ihrer Polarisation nicht direkt mit Carbonylgruppen in<br />

Reaktion gebracht wer<strong>de</strong>n:<br />

δ+ δ− R δ+ δ−<br />

R CH2I + C O<br />

R<br />

Will man eine solche Reaktion erzwingen, so muss man vorher das Alkylhalogenid<br />

umpolarisieren (Umpolung). Dies gelingt über metallorganische Verbindungen:<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> setzen sich in ",absolutem", d.h. wasserfreiem Ether langsam mit<br />

Magnesiumspänen formal unter Einschub <strong>de</strong>s Metalls zwischen Alkylrest und<br />

Halogenatom um. Die so gebil<strong>de</strong>te Grignardverbindling steht im Gleichgewicht mit <strong>de</strong>m<br />

Dialkylmagnesium:<br />

2<br />

R Mg X<br />

R X + Mg R Mg X<br />

X<br />

Mg<br />

R<br />

X<br />

Die Aufgabe <strong>de</strong>s Lösungsmittels ist es, das Grignard-Reagenz komplex zu bin<strong>de</strong>n:<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

Mg<br />

O<br />

R<br />

R Mg X<br />

O<br />

X<br />

CH 2 CH 3<br />

CH 2 CH 3<br />

Mg<br />

R<br />

+<br />

X<br />

Mg<br />

R<br />

79


Zur besseren Aktivierung kann <strong>de</strong>r Ether nach Bildung <strong>de</strong>r Grignard-Verbindung<br />

ab<strong>de</strong>stilliert und durch ein an<strong>de</strong>res Lösungsmittel ersetzt wer<strong>de</strong>n. Die<br />

„metallorganische“ Verbindung kann eine polarisierbare Doppelbindung, z.B. C=O o<strong>de</strong>r<br />

-C≡NI am Kohlenstoffatom nucleophil angreifen:<br />

R<br />

R<br />

δ+<br />

C<br />

H 2O<br />

δ−<br />

O<br />

+<br />

R<br />

R<br />

δ− δ+ δ−<br />

R' Mg X R C O Mg X<br />

R C OH + HO Mg X<br />

R'<br />

Je nach Art <strong>de</strong>r Carbonylgruppe wer<strong>de</strong>n erhalten:<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

C<br />

O 1. R'MgX<br />

H<br />

aus Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n<br />

O<br />

aus Ketonen<br />

2.<br />

1.<br />

2.<br />

H 2 O<br />

R'MgX<br />

H 2 O<br />

R<br />

R<br />

H<br />

C<br />

R<br />

C<br />

R'<br />

C O H<br />

H<br />

1. R'MgX<br />

2. H2O H<br />

H<br />

C<br />

R'<br />

OH<br />

aus Formal<strong>de</strong>hyd primäre Alkohole<br />

OH<br />

R'<br />

sekundäre Alkohole<br />

OH<br />

R'<br />

tertiäre Alkohole<br />

80


Der Angriff <strong>de</strong>r Alkylgruppe auf die Carbonylverbindung erfolgt innerhalb eines<br />

cyclischen Komplexes mit einem zweiten Molekül <strong>de</strong>r Grignard-Verbindung. Die relativ<br />

geringe nucleophile Kraft <strong>de</strong>r magnesiumorganischen Verbindung wird auf diese Weise<br />

verstärkt:<br />

R<br />

C<br />

O<br />

R<br />

R'<br />

Mg<br />

X<br />

Mg<br />

R<br />

X<br />

Statt einer zweiten Grignard-Verbindung kann auch eine Lewis-Säure wie<br />

Magnesiumbromid diese Wirkung ausüben:<br />

R<br />

C<br />

O<br />

R<br />

R'<br />

Mg<br />

Br<br />

R<br />

R<br />

C<br />

O<br />

R'<br />

Mg<br />

X<br />

+<br />

Mg<br />

R<br />

R<br />

R R'<br />

Mg<br />

Br<br />

X C<br />

O<br />

+<br />

Mg<br />

Mg<br />

Br<br />

Setzt man Grignard-Reagenzien mit stark raumbeanspruchen<strong>de</strong>n Gruppen um, so<br />

verläuft die Reaktion vorwiegend unter Hydridionenübertragung an das Kohlen-<br />

stoffatom <strong>de</strong>r Carbonylgruppe, weil eine zweite Grignardverbindung aus sterischen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht an <strong>de</strong>m für die Reaktion notwendigen cyclischen Übergangszustand<br />

teilnehmen kann.<br />

Br<br />

X<br />

X<br />

81


R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

C<br />

H<br />

Mg<br />

X<br />

R R<br />

C<br />

O<br />

R<br />

R<br />

C<br />

R<br />

C R<br />

R<br />

R<br />

+<br />

H<br />

Mg<br />

X<br />

CH<br />

C<br />

O<br />

R<br />

R<br />

+ H2O - Mg(OH)X<br />

Aus <strong>de</strong>m Grignardreagenz entsteht so ein Olefin, aus <strong>de</strong>r Carbonylverbindung ein<br />

Alkohol. Durch Zusatz von Magnesiumbromid kann diese Nebenreaktion unterdrückt<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Aus Carbonsäureestern entstehen zunächst Ketone:<br />

R C O<br />

R''MgX<br />

OR'<br />

R''MgX<br />

O<br />

R C<br />

R''<br />

MgX<br />

R''<br />

O<br />

MgX<br />

R C O R'<br />

R''<br />

H 2O<br />

- Mg(OH)X<br />

- R'OMgX<br />

OH<br />

R C R''<br />

R''<br />

OH<br />

O<br />

R C<br />

Die Reaktion ist jedoch auf <strong>de</strong>r Stufe <strong>de</strong>r Ketone nicht anhaltbar, da diese wegen ihrer<br />

hohen Carbonylaktivität eher reagieren als die Ester, so dass diese mit überschüssiger<br />

Grignardverbindung weiter tertiäre Alkohole bil<strong>de</strong>n.<br />

Mit CO2 entstehen Carbonsäuren:<br />

O C O + R Mg X O C<br />

O Mg X H2O R<br />

R''<br />

R C O<br />

OH<br />

82


Die Carbonylaktivität <strong>de</strong>r so gebil<strong>de</strong>ten Säureanionen reicht nicht mehr für eine weitere<br />

Umsetzung mit noch vorhan<strong>de</strong>nem Grignardreagenz aus.<br />

Metallorganische Verbindungen reagieren mit allen Stoffen, die aktive Wasserstoffe<br />

enthalten, also mit Wasser, Alkoholen, Mercaptanen, Säuren, Ami<strong>de</strong>n und Aminen<br />

unter Bildung eines Kohlenwasserstoffs:<br />

H 3C Mg Br + HO CH 2 R CH 4 + Br Mg OCH 2R<br />

Aus <strong>de</strong>m Grignardreagenz <strong>de</strong>s Methylbromids wird Methan gebil<strong>de</strong>t, das<br />

gasvolumetrisch bestimmbar ist. Somit kann die Anzahl aktiver Wasserstoffe bestimmt<br />

wer<strong>de</strong>n (Zerewitinow-Reaktion).<br />

Stark CH-aci<strong>de</strong> Stoffe wie Acetylene reagieren ebenfalls mit Grignardreagenz:<br />

R C C H + R' Mg X R C C Mg X + R' H<br />

Dieser Weg wird oft zur Herstellung sonst nicht zugänglicher Grignard-Verbindungen<br />

beschritten.<br />

Wegen <strong>de</strong>r Zersetzbarkeit von Grignard-Verbindungen durch Verbindung mit aktiven<br />

Wasserstoffatomen sind vor allem Wasser- o<strong>de</strong>r Alkoholspuren aus <strong>de</strong>m als<br />

Lösungsmittel fungieren<strong>de</strong>n Ether vor <strong>de</strong>r Reaktion vollständig zu entfernen.<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong> reagieren mit Grignard-Verbindungen ähnlich <strong>de</strong>r Wurtz'schen<br />

Synthese zu Alkanen:<br />

R X + R' Mg X R R' + MgX2 Wichtig ist die Austauschreaktion <strong>de</strong>s Magnesium-Atoms gegen Cadmium bzw.<br />

allgemein gegen edlere Metalle:<br />

83


2 RMgX + CdCl 2<br />

R 2Cd + MgX 2 + MgCl 2<br />

Die Cadmium-organischen Verbindungen sind weniger reaktiv als die Grignard-<br />

Verbindungen. Setzt man sie mit Säurechlori<strong>de</strong>n um, so bleibt die Reaktion auf <strong>de</strong>r<br />

Stufe <strong>de</strong>r Ketone stehen:<br />

R C O<br />

O<br />

R C<br />

Cl + CdR''2 R'' + CdCl2 Der Nachweis von Alkoholen ist im Kapitel 3.3 beschrieben, <strong>de</strong>r von Ketonen im Kapitel<br />

7.<br />

Praktikumsversuch 4: Grignard-Reaktion zum sekundären Alkohol.<br />

7. Oxidation primärer und sekundärer Alkohole zu Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n bzw. Ketonen:<br />

Primäre Alkohole sind über die Stufe <strong>de</strong>r Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> zu Carbonsäuren oxidierbar:<br />

R CH 2 OH<br />

R C<br />

O<br />

O<br />

R C<br />

H OH<br />

Es ist schwierig, die Reaktion auf <strong>de</strong>r Stufe <strong>de</strong>r Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> anzuhalten, da diese - als<br />

Al<strong>de</strong>hydhydrate - leicht zu Carbonsäuren oxidiert wer<strong>de</strong>n können. Da Alkohole höhere<br />

Sie<strong>de</strong>punkte als die Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> haben (Wasserstoffbrückenbindungen), kann man <strong>de</strong>n<br />

entstan<strong>de</strong>nen Al<strong>de</strong>hyd durch rasche Destillation aus <strong>de</strong>m Reaktionsmedium entfernen.<br />

Als Oxidationsmittel dient meist Chromsäure, die man durch Zusatz von Schwefelsäure<br />

aus Dichromat in Freiheit setzt.<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

OH<br />

H 2Cr 2O 7<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

C O<br />

H<br />

84


Als Nebenprodukt entsteht <strong>de</strong>r Ester : Gebil<strong>de</strong>ter Al<strong>de</strong>hyd und Alkohol setzen sich zum<br />

Halbacetal um, das dann mit Chromsäure zum Ester oxidiert wird:<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

C O<br />

C<br />

H<br />

OH<br />

O<br />

O<br />

CH 2 CH 2<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

C<br />

CH 2<br />

OH<br />

H<br />

O<br />

H 2Cr 2O 7<br />

Diese Reaktion tritt vor allem dann ein, wenn man höhere Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> herstellen will.<br />

In <strong>de</strong>r Technik wen<strong>de</strong>t man vorzugsweise katalytische Oxidationsverfahren an, bei<br />

<strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Alkohol über einen Kupfer-Chromoxid-Katalysator geleitet wird.<br />

Nach einem neueren Verfahren führt man <strong>de</strong>n Alkohol in das Tosylat über und oxidiert<br />

dieses mit Dimethylsulfoxid o<strong>de</strong>r geht vom entsprechen<strong>de</strong>n Alkylchlorid aus und oxidiert<br />

mit Trimethylamin-N-oxid:<br />

R CH 2 OH<br />

R CH O<br />

H<br />

+ TosCl<br />

- HCl<br />

� - S(CH 3) 2<br />

S(CH 3) 2<br />

�<br />

HCO3 R CH 2 O SO 2 CH 3<br />

- H 2CO 3<br />

R C<br />

O<br />

H<br />

�<br />

Ox.<br />

- TosOH<br />

O S CH 3<br />

�<br />

CH 3<br />

85


R CH 2<br />

O N(CH3) 3<br />

�<br />

�<br />

Cl<br />

7.1 Oppenauer-Oxidation:<br />

Cl �<br />

R CH<br />

H O<br />

H H<br />

O N(CH3) 3<br />

�<br />

R C<br />

O<br />

H<br />

+<br />

�<br />

Cl �<br />

HN(CH 3) 3<br />

Ein sehr schonen<strong>de</strong>s und spezifisches Oxidationsverfahren ist die Oppenauer-<br />

Oxidation, die vorzugsweise zur Oxidation von Naturstoffen eingesetzt wird. In <strong>de</strong>r<br />

Regel wird ein sekundärer Alkohol über das Aluminiumalkoholat in das Keton überführt.<br />

Zunächst wird aus <strong>de</strong>m Alkohol mit Aluminium-t-butylat das Aluminiumalkoholat<br />

hergestellt:<br />

R<br />

3 R CH<br />

OH + (H 3C) 3C O 3 Al R CH<br />

R<br />

O Al + 3 (H<br />

3<br />

3C) 3C OH<br />

Das Alkoholat reagiert weiter mit zugesetztem Cyclohexanon in einem Redox-Prozess<br />

zum entsprechen<strong>de</strong>n Keton:<br />

R<br />

R CH O Al + 3 O<br />

3<br />

3<br />

R<br />

R<br />

C<br />

O<br />

+<br />

H<br />

Al<br />

O<br />

3<br />

Die Oxidation von sekundären Alkoholen zu Ketonen ist in <strong>de</strong>r Regel aber auch mit<br />

Chromsäure durchführbar, weil die Ketone nicht mehr weiter oxidierbar sind:<br />

R<br />

R CH<br />

OH<br />

H 2CrO 4<br />

R<br />

R<br />

C<br />

O<br />

86


Die erhaltenen Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> und Ketone können im Zuge von Grignard-Reaktionen unter<br />

Bildung von C-C-Bindungen zu sekundären bzw. tertiären Alkoholen umgesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

(siehe vorn).<br />

7.2 Nachweis von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n und Ketonen:<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> und Ketone gehen zahlreiche Kon<strong>de</strong>nsations- bzw. Additionsreaktionen ein,<br />

die man direkt für Nachweisreaktionen und zur I<strong>de</strong>ntifizierung verwen<strong>de</strong>n kann.<br />

Am gebräuchlichsten ist die Umsetzung mit 2,4-Dinitrophenylhydrazin zu 2,4-Dinitrophenylhydrazonen:<br />

R<br />

R<br />

C O + H2N NH<br />

R<br />

R<br />

C N NH<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

- H 2O<br />

8. Herstellung ungesättigter und gesättigter Kohlenwasserstoffe:<br />

8.1 Herstellung ungesättigter Kohlenwasserstoffe:<br />

Als Ausgangsmaterialien zur Herstellung ungesättigter Kohlenwasserstoffe dienen<br />

Verbindungen, die funktionelle Gruppen enthalten. Die funktionelle Gruppe wird im<br />

Zuge einer Eliminierungsreaktion mit einem Wasserstoffatom aus einer benachbarten<br />

CH-Bindung abgespalten.<br />

R CH 2 CH R'<br />

X<br />

- HX<br />

R CH CH R'<br />

Wie bei <strong>de</strong>n Substitutionsreaktionen unterschei<strong>de</strong>t man nach <strong>de</strong>r Art <strong>de</strong>s<br />

Eliminierungsmechanismus E1- und E2-Reaktionen.<br />

87


8.1.1 E1-Eliminierung:<br />

Bei <strong>de</strong>r E1-Eliminierung wird wie bei <strong>de</strong>r SN1-Reaktion im geschwindig-<br />

keitsbestimmen<strong>de</strong>n Schritt <strong>de</strong>r Reaktion die Bindung zwischen <strong>de</strong>m Substituenten X<br />

und <strong>de</strong>m damit verbun<strong>de</strong>nen Kohlenstoffatom gelöst, so dass sich als Zwischenprodukt<br />

das gleiche Carbeniumion wie bei <strong>de</strong>r SN1-Substitution bil<strong>de</strong>t. Dementsprechend wird<br />

auch die E1-Reaktion durch protische polare Lösungsmittel begünstigt, die befähigt<br />

sind, durch Wasserstoffbrückenbindungen zum austreten<strong>de</strong>n Ion X �<br />

dieses zu<br />

solvatisieren und gleichzeitig in <strong>de</strong>r Lage sind, durch vorhan<strong>de</strong>ne freie Elektronenpaare<br />

an Heteroatomen das gebil<strong>de</strong>te Carbeniumion zu stabilisieren.<br />

Der Bau <strong>de</strong>s Carbeniumions ist ausschlaggebend dafür, in welchem Ausmaß<br />

Substitution o<strong>de</strong>r Eliminierung erfolgt: Tertiäre Carbeniumionen (beson<strong>de</strong>rs mit<br />

voluminösen Substituenten) erschweren <strong>de</strong>n Angriff <strong>de</strong>s nucleophilen Teilchens, so<br />

dass die Eliminierung begünstigt ist. Auch die Möglichkeit, durch Eliminierung sterische<br />

Spannung abzubauen ("sterische Beschleunigung"), begünstigt die Olefinbildung,<br />

ebenso wie Temperaturerhöhung (vergl. Kap.4. SN1-Substitution).<br />

Typische Beispiele für <strong>de</strong>rartige Eliminierungsreaktionen sind die säurekatalysierte<br />

Wasserabspaltung aus tertiären Alkoholen und die Solvolyse von Schwefelsäure- o<strong>de</strong>r<br />

Sulfonsäureestern in Alkohol.<br />

R<br />

R<br />

C<br />

OH<br />

CH 2 R + H 3O �<br />

- 2 H 2O<br />

R CH 2 CH<br />

8.1.2 E2-Eliminierung:<br />

R<br />

R<br />

R<br />

�<br />

C<br />

O SO 3H<br />

CH 2 R<br />

(EtOH)<br />

- [H �<br />

@<br />

R CH<br />

Bei <strong>de</strong>r E2-Reaktion erfolgt die Abstraktion <strong>de</strong>s Protons vom β-Kohlenstoffatom und die<br />

Eliminierung <strong>de</strong>s Substituenten X nahezu gleichzeitig. Beson<strong>de</strong>rs geeignet als<br />

(H �<br />

R<br />

R<br />

C<br />

C<br />

R<br />

H<br />

CH<br />

R<br />

88


angreifen<strong>de</strong>s Agens sind voluminöse Basen, die durch ihre Raumbeanspruchung<br />

schlecht in <strong>de</strong>r Lage sind, in einer Nebenreaktion das <strong>de</strong>n Substituenten tragen<strong>de</strong><br />

Kohlenstoffatom nucleophil anzugreifen (Unterschied Basizität und Nucleophilie vergl.<br />

Kap.4). Als Basen fungieren beispielsweise Chinolin o<strong>de</strong>r Dicyclohexylamin zur<br />

Abspaltung von Halogenwasserstoff aus primären Alkylhalogeni<strong>de</strong>n:<br />

H<br />

R<br />

H<br />

H<br />

N<br />

C<br />

X<br />

C H<br />

H<br />

H<br />

R<br />

C<br />

C<br />

H<br />

H<br />

X �<br />

�<br />

+ (C 6H 11) 2NH 2<br />

Stark ausgeprägt ist die Neigung zur E2-Eliminierung bei quartären Ammoniumbasen<br />

(Hofmann-Eliminierung), die schon beim Erhitzen dieser Basen eintritt:<br />

H 3C<br />

CH CH<br />

vN(CH3)<br />

3<br />

w<br />

OH<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

Hitze<br />

Sterischer Verlauf <strong>de</strong>r E2-Eliminierung:<br />

H 2C<br />

H 3C<br />

CH CH<br />

+<br />

CH<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

> 98%<br />

< 2%<br />

Voraussetzung für die bimolekulare Eliminierung ist, dass <strong>de</strong>r abzuspalten<strong>de</strong><br />

Substituent zu einem am benachbarten C-Atom gebun<strong>de</strong>nen Wasserstoff die anti-<br />

Konformation einnimmt (anti-Eliminierung - Ingold-Regel).<br />

89


X C<br />

C<br />

Während sich bei aliphatischen Verbindungen diese anti-Lage leicht einzustellen<br />

vermag (freie Drehbarkeit), ist dies bei höher substituierten alicyclischen Verbindungen<br />

nicht mehr <strong>de</strong>r Fall. Betrachten wir beispielsweise ein Cyclohexan<strong>de</strong>rivat mit einer<br />

raumerfüllen<strong>de</strong>n Gruppe einmal trans-ständig (a) und einmal cis-ständig (b) zu einem<br />

am benachbarten C-Atom gebun<strong>de</strong>nen Halogenatom (X), so sind folgen<strong>de</strong><br />

Reaktionsabläufe möglich.<br />

a) R und X trans-ständig<br />

R<br />

X<br />

R e<br />

H X<br />

3 5<br />

1<br />

e<br />

Im energetischen Grundzustand nimmt die raumerfüllen<strong>de</strong> Gruppe die äquatoriale Lage<br />

ein. Da X trans-ständig zu R angeordnet ist, befin<strong>de</strong>t sich auch X in dieser Lage (e,e).<br />

Eine anti-Eliminierung ist jedoch nur aus <strong>de</strong>r diaxialen trans-Stellung (a,a) möglich.<br />

Diese Konformation kann durch "Umklappen" <strong>de</strong>r Sesselform (über die Wannenform)<br />

eingenommen wer<strong>de</strong>n. Wie man sieht, gibt es neben <strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Substituenten X<br />

tragen<strong>de</strong>n Kohlenstoff nur ein β-C-Atom, das ein zu X trans-ständiges H-Atom besitzt,<br />

so dass die Eliminierung nur in einer Richtung unter Bildung eines einheitlichen<br />

Endproduktes abläuft:<br />

H<br />

H<br />

H<br />

H<br />

R a<br />

1<br />

X<br />

a<br />

3<br />

H<br />

H<br />

5<br />

90


H<br />

H<br />

R a<br />

X<br />

a<br />

H<br />

a<br />

w<br />

OH<br />

H<br />

- X �<br />

- H 2O<br />

b) Betrachten wir nun die Verbindung, in <strong>de</strong>r X und R zueinan<strong>de</strong>r cis-ständig sind, so<br />

befin<strong>de</strong>n sich bereits im Grundzustand (<strong>de</strong>r raumerfüllen<strong>de</strong> Substituent in äquatorialer<br />

Lage) zwei transaxiale H-Atome in Nachbarschaft zum Substituenten X und es wird bei<br />

<strong>de</strong>r E2-Eliminierung <strong>de</strong>mzufolge ein Olefingemisch gebil<strong>de</strong>t:<br />

R<br />

R<br />

o<strong>de</strong>r<br />

X<br />

X<br />

R<br />

R<br />

H<br />

H<br />

a<br />

H<br />

a<br />

H<br />

X<br />

X<br />

a<br />

a<br />

a<br />

H<br />

w<br />

OH<br />

a<br />

H<br />

w<br />

OH<br />

H<br />

H<br />

R<br />

R<br />

- X �<br />

- H 2O<br />

- X �<br />

- H 2O<br />

Wovon das Produktverhältnis <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Verbindungen im allgemeinen abhängig ist,<br />

wird in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Abschnitten besprochen.<br />

R<br />

R<br />

91


Die überwiegen<strong>de</strong> Eliminierungsrichtung ist bei unsymmetrisch gebauten R-X-<br />

Molekülen durch die Saytzeff- und Hofmann-Regel vorhersagbar. Bei sekundären und<br />

tertiären Alkylhalogeni<strong>de</strong>n und Alkoholen <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Struktur kann z.B. die<br />

Eliminierung in zwei Richtungen laufen:<br />

R CH 2 CH<br />

OH<br />

CH 3<br />

- H 2O<br />

- H 2O<br />

R CH CH<br />

(Saizew-Produkt)<br />

(Saytzeff)<br />

CH 3<br />

R CH 2 CH CH 2<br />

(Hofmann-Produkt)<br />

Das Olefin mit <strong>de</strong>r höchsten Alkylsubstitution bezeichnet man als Saytzeff-Produkt, das<br />

Olefin, das die geringste Anzahl Alkylgruppen an <strong>de</strong>n Doppelbindungskohlenstoffen<br />

trägt, als Hoffmannprodukt. Das Saytzeff-Produkt ist das thermodynamisch stabilere.<br />

Bei monomolekularen Eliminierungen (z.B. <strong>de</strong>r säurekatalysierten Dehydratisierung von<br />

tertiären Alkoholen) entsteht überwiegend das Saytzeff-Produkt, da das im<br />

Übergangszustand vorhan<strong>de</strong>ne Carbeniumion schon weitgehend Olefinstruktur besitzt,<br />

sind für die Bildung <strong>de</strong>s Endproduktes allein energetische Grän<strong>de</strong> maßgebend. Nur<br />

wenn <strong>de</strong>r Angriff <strong>de</strong>r Base auf das Proton am β-C-Atom, <strong>de</strong>ssen Ablösung zum<br />

Saytzeff-Produkt aus sterischen Grün<strong>de</strong>n erschwert wird, bil<strong>de</strong>t sich auch bei <strong>de</strong>r E1-<br />

Eliminierung das Hofmann-Produkt:<br />

92


R<br />

CH 2<br />

H 3 C<br />

R '<br />

C<br />

CH<br />

R ''<br />

CH<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

C<br />

OH<br />

CH 3<br />

H �<br />

- H 2 O<br />

R C C<br />

CH 2<br />

H 3 C<br />

R '<br />

CH<br />

R ''<br />

CH 3<br />

R<br />

C<br />

Saizew-Produkt =<br />

Nebenprodukt<br />

CH 2<br />

H 3 C<br />

R '<br />

C<br />

- H 3 O �<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH<br />

CH 3<br />

R ''<br />

C<br />

H<br />

C<br />

�<br />

O<br />

H H<br />

sterisch<br />

behin<strong>de</strong>rt<br />

R '<br />

CH 3<br />

CH 2<br />

R ''<br />

H<br />

O<br />

H<br />

leicht<br />

CH 3<br />

H<br />

R CH2 C C C CH2 H<br />

H 3 C<br />

CH<br />

CH 3<br />

Hofmann-Produkt =<br />

Hauptprodukt<br />

Bei <strong>de</strong>r bimolekularen Eliminierung ist die Produktbildung abhängig von<br />

1) <strong>de</strong>r austreten<strong>de</strong>n Gruppe X<br />

- H 3 O �<br />

2) <strong>de</strong>n sterischen Verhältnissen, insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r Substitution am α- und β-C-Atom<br />

<strong>de</strong>s Substrates<br />

3) <strong>de</strong>m Lösungsmittel und <strong>de</strong>r Stärke, <strong>de</strong>r auf das H-Atom einwirken<strong>de</strong>n Base<br />

Je leichter <strong>de</strong>r Substituent -X abgelöst wer<strong>de</strong>n kann (-I leichter als -Cl), umso mehr<br />

Saytzeff-Produkt wird gebil<strong>de</strong>t.<br />

Positiv gela<strong>de</strong>ne Gruppen (- �<br />

NR3), - �<br />

SR2) in sogenannten Oniumverbindungen, bil<strong>de</strong>n<br />

überwiegend das Hofmann-Produkt.<br />

Die Eliminierung von tertiären Aminen aus quartären Ammoniumsalzen stellt die<br />

Hofmann-Eliminierung dar. Diese Reaktion hatte große Be<strong>de</strong>utung bei <strong>de</strong>r<br />

Strukturermittlung von Alkaloi<strong>de</strong>n durch chemischen Abbau.<br />

Entschei<strong>de</strong>nd für diese Orientierung bei <strong>de</strong>r Produktbildung sind zwei Grün<strong>de</strong>:<br />

1) die positive Gruppe erhöht durch <strong>de</strong>n Induktionseffekt die Acidität <strong>de</strong>r β-H-Atome<br />

stärker als an<strong>de</strong>re austreten<strong>de</strong> Gruppen<br />

93


2) Durch die räumliche Größe <strong>de</strong>r austreten<strong>de</strong>n Gruppen kann nur <strong>de</strong>r<br />

Übergangszustand mit <strong>de</strong>r geringsten Gruppenhäufung durchlaufen wer<strong>de</strong>n, dies<br />

ist <strong>de</strong>r Übergangszustand, <strong>de</strong>r zum Hofmann-Produkt führt. An einem Beispiel<br />

soll dies veranschaulicht wer<strong>de</strong>n:<br />

R<br />

C<br />

H3C C<br />

CH3 N v<br />

C C<br />

H H<br />

'<br />

R ''<br />

H H<br />

H H<br />

|B<br />

H H<br />

geringere Gruppenhäufung<br />

�<br />

- HB<br />

R ' R '' CH CH 2 N(CH 3) 2 + H 2C CH 2<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

v<br />

C<br />

H<br />

C<br />

OH<br />

H<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

+ H<br />

- H2O �<br />

- H �<br />

Hofmann-Produkt<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

C<br />

H<br />

C<br />

v<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

Eine ganz ähnliche Wirkung geht auch von <strong>de</strong>r Base aus. Je stärker raumerfüllend<br />

diese ist, <strong>de</strong>sto mehr Hofmann-Produkt entsteht, da <strong>de</strong>r Angriff auf die durch die<br />

Alkylgruppe bereits abgeschirmten β-H-Atome zusätzlich erschwert ist.<br />

Das Lösungsmittel ist wie bei <strong>de</strong>r Substitution dafür verantwortlich, ob die Reaktion<br />

mono- o<strong>de</strong>r bimolekular abläuft. Um schließlich bei bimolekularem Reaktionsablauf die<br />

Eliminierung gegenüber <strong>de</strong>r Substitution zu begünstigen, müssen möglichst starke<br />

Basen eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

94


In <strong>de</strong>r Praxis wird die Bildung einheitlicher Produkte noch zusätzlich durch mögliche<br />

Umlagerungsreaktionen erschwert. Beispielsweise erhält man bei <strong>de</strong>r Elininierung von<br />

Wasser aus Pinakolylalkohol nicht das erwartete Olefin, son<strong>de</strong>rn ein<br />

Umlagerungsprodukt, das im Zuge einer Wagner-Meerwein-Umlagerung entsteht:<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

v<br />

C<br />

H<br />

C<br />

OH<br />

H<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

+ H<br />

- H2O �<br />

- H �<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

CH 3<br />

C<br />

H<br />

C<br />

v<br />

C<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

Ein weiteres Beispiel stellt die Möglichkeit zur Bildung cis/trans-Isomeren Verbindungen<br />

dar, die bei E1-Reaktion etwa mit gleichen Wahrscheinlichkeiten entstehen, während<br />

bei <strong>de</strong>r sterisch besser kontrollierten E2-Reaktion je nach Art zusätzlicher Substituenten<br />

das eine o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re überwiegt (Kap. 8.1.2).<br />

Will man daher reine Olefine herstellen, so ist <strong>de</strong>r Einsatz dieser Metho<strong>de</strong> stark<br />

beschränkt, oft strebt man aber die Entfernung <strong>de</strong>r funktionellen Gruppe an, um in<br />

einem zweiten Schritt durch Hydrierung einen gesättigten Kohlenwasserstoff<br />

herzustellen.<br />

Für diese Zwecke können die Gemische <strong>de</strong>r Olefine katalytisch zu einheitlichen<br />

Kohlenwasserstoffen hydriert wer<strong>de</strong>n (dies gilt streng, nur für aliphatische<br />

Verbindungen).<br />

Als Katalysatoren wer<strong>de</strong>n im Labor vorzugsweise Palladiumkohle o<strong>de</strong>r PtO2 verwen<strong>de</strong>t,<br />

das mit Wasserstoff zu Pt mit großer Oberfläche (beson<strong>de</strong>rs gute Aufnahme von H2)<br />

reduzierbar ist.<br />

95


R CH 2 CH<br />

OH<br />

CH 2<br />

R '<br />

R CH2 CH2 R '<br />

CH2 - H 2O<br />

- H 2O<br />

R CH CH<br />

R CH 2 CH<br />

CH 2<br />

CH<br />

R '<br />

R '<br />

+ H 2<br />

Katalysator<br />

Nach Beendigung <strong>de</strong>r Wasserstoffaufnahme wird <strong>de</strong>r Katalysator abfiltriert und die<br />

Lösung eingeengt - <strong>de</strong>r Kohlenwasserstoff fällt meist in sehr reiner Form an.<br />

8.1.3 Thermische syn-Eliminierung:<br />

Neben E1- und E2-Eliminierung von HX aus Alkohol, Alkylhalogenid und <strong>de</strong>r<br />

Zersetzung von Oniumsalzen spielen thermische Zersetzungsreaktionen eine wichtige<br />

Rolle zur Herstellung von Olefinen.<br />

Xanthogensäurealkylester, die aus Schwefelkohlenstoff und Alkohol bei Gegenwart von<br />

Alkalihydroxid und nachfolgen<strong>de</strong>m Umsatz mit R‘X (meistens verwen<strong>de</strong>t man CH3I)<br />

herstellbar sind,<br />

R CH 2 CH 2 OH + S C S NaOH<br />

- H 2O<br />

R CH 2 CH 2<br />

R CH 2 CH 2<br />

S<br />

O C S Na �<br />

�<br />

+ CH3 I<br />

- NaI<br />

O<br />

S<br />

C S<br />

zerfallen beim Erhitzen über einen 6-gliedrigen Übergangszustand in Olefin, Mercaptan<br />

und COS (Tschugaeff-Reaktion):<br />

CH 3<br />

96


H H<br />

R '<br />

R<br />

O<br />

H<br />

C<br />

S<br />

SCH 3<br />

Hitze<br />

H H<br />

R '<br />

C<br />

C<br />

R<br />

+<br />

O C<br />

H<br />

S<br />

SCH 3<br />

O C S<br />

+<br />

CH 3SH<br />

Wegen <strong>de</strong>s bei <strong>de</strong>r Reaktion entstehen<strong>de</strong>n Mercaptans (Geruch) zieht man heute die<br />

bei mil<strong>de</strong>ren Temperaturen verlaufen<strong>de</strong> Cope-Eliminierung von Aminoxi<strong>de</strong>n vor:<br />

R CH 2 CH 2 NR '<br />

2<br />

H 2O 2<br />

H<br />

H<br />

R R<br />

H<br />

H H<br />

N C<br />

+<br />

H<br />

O C<br />

�<br />

R'<br />

R '<br />

�<br />

H<br />

R CH2CH2 N R'<br />

�<br />

R '<br />

2NOH<br />

Die thermische Zersetzung <strong>de</strong>r Ester, die ebenfalls eine cis-Eliminierung darstellt ,<br />

erfor<strong>de</strong>rt sehr hohe Temperaturen und wird daher nicht viel verwen<strong>de</strong>t:<br />

H H<br />

H<br />

R<br />

O<br />

H<br />

C<br />

O<br />

R<br />

Hitze<br />

H H<br />

R<br />

O C<br />

Von beson<strong>de</strong>rer Be<strong>de</strong>utung zur Herstellung von Olefinen ist heute die Wittig-Reaktion.<br />

Hierbei setzt man einen Al<strong>de</strong>hyd mit einem Phosphorylid um:<br />

H<br />

C<br />

C<br />

+<br />

H<br />

O<br />

R<br />

�<br />

O<br />

R '<br />

97


R C<br />

O<br />

H<br />

O<br />

+ H 2C PPh 3 R CH<br />

CH 2<br />

R CH + O<br />

PPh 3<br />

PPh 3<br />

CH 2<br />

ein Oxaphosphetan<br />

Das Zwischenprodukt zerfällt zu Triphenylphosphinoxid und einem Olefin, so dass im<br />

En<strong>de</strong>ffekt die Carbonylgruppe durch eine Methylengruppe ersetzt wird.<br />

Die Phosphoryli<strong>de</strong> (Phosphorane) sind durch Umsatz von Triphenylphosphin mit CH3I<br />

leicht zugänglich:<br />

Ph3P| + CH3 I Ph3P CH3 � �<br />

Ph3P CH2 Phosphor-Ylid<br />

8.1.4. Nachweis von Olefinen:<br />

�<br />

I<br />

Ph 3P CH 2<br />

Ylen<br />

�<br />

Li �<br />

Ph �<br />

o<strong>de</strong>r NaH<br />

Zum Nachweis von Olefinen macht man sich ihre große Neigung zu<br />

Anlagerungsreaktionen zunutze:<br />

KMnO4 wird sofort entfärbt:<br />

�<br />

C MnO4 C<br />

O<br />

O<br />

�<br />

MnO 2<br />

H 2O<br />

(OH �<br />

Allerdings ist diese Reaktion nicht spezifisch für Olefine, da alle leicht oxidierbaren<br />

Substanzen (Alkohole, Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>, Amine, Thiole, Enole usw.) einen positiven Test<br />

ergeben.<br />

OH<br />

OH<br />

98


In gleicher Weise kann die Reaktion mit molekularem Brom - erkenntlich ebenfalls an<br />

<strong>de</strong>r Entfärbung <strong>de</strong>s zugesetzten Broms - als Nachweisreaktion dienen. Brom wird<br />

elektrophil an <strong>de</strong>r Doppelbindung addiert.<br />

Br<br />

C C + Br 2 C C<br />

Es ist zu beachten, das Brom C-H-aci<strong>de</strong> Verbindungen (z.B. Ketone) auch substituieren<br />

kann:<br />

O<br />

+ Br 2<br />

in CCl 4 O<br />

Br<br />

Br<br />

+ HBr<br />

Diese Reaktion führt ebenfalls zur Entfärbung <strong>de</strong>s Broms. Arbeitet man in CCl4 statt in<br />

CHCl3, in <strong>de</strong>m das entstan<strong>de</strong>ne HBr nicht löslich ist und daher am Entweichen aus <strong>de</strong>r<br />

Lösung erkenntlich ist (Indikatorpapier), so kann man entschei<strong>de</strong>n, ob ein Olefin o<strong>de</strong>r<br />

eine substituierbare Verbindung vorliegt.<br />

Mit Olefinen, die elektronenziehen<strong>de</strong> Gruppen an <strong>de</strong>r Doppelbindung tragen, reagiert<br />

Brom nur langsam. Hier ist die Prüfung mit KMnO4 angebracht.<br />

8.2 Herstellung gesättigter Kohlenwasserstoffe:<br />

Neben <strong>de</strong>r Hydrierung von Olefinen bzw. Olefingemischen sind gesättigte<br />

Kohlenwasserstoffe aus Carbonylverbindungen zugänglich:<br />

8.2.1 Clemmensen-Reduktion:<br />

Im allgemeinen führt die Reduktion von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n und Ketonen zur Bildung von<br />

Alkoholen, die nicht mehr weiter reduzierbar sind. Clemmensen stellte fest, dass die<br />

Reduktion bis zum Kohlenwasserstoff unter Überspringen <strong>de</strong>r Zwischenstufe <strong>de</strong>s<br />

99


Alkohols verläuft, wenn man als Reduktionsmittel amalgamiertes Zink (Zn/Hg) in<br />

salzsaurer Lösung einsetzt:<br />

R<br />

R<br />

C<br />

O +<br />

8.2.2 Wolff-Kishner-Reduktion:<br />

2 Zn + 4 [H �<br />

@ CH2 + 2 Zn 2�<br />

R<br />

R<br />

+ �2<br />

Ergänzt wird dieses Verfahren durch die Metho<strong>de</strong> von Wolff-Kishner in <strong>de</strong>r Variante von<br />

Huang-Minlon. Ein Keton, das in einem hochsie<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Lösungsmittel (Ethylenglycol)<br />

gelöst ist, reagiert in Gegenwart von KOH und Hydrazin nach Bildung <strong>de</strong>s Hydrazons<br />

unter N2-Abspaltung:<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

C<br />

R<br />

R<br />

O<br />

O<br />

+ H 2N NH 2<br />

CH<br />

H<br />

O<br />

H<br />

H2N NH2 KOH<br />

- H2O 140°C<br />

N N H<br />

R<br />

R<br />

OH<br />

�<br />

C<br />

KOH<br />

- H 2O<br />

- H 2O<br />

N<br />

- N 2<br />

- OH �<br />

NH 2<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

KOH<br />

- N2 200°C<br />

CH 2<br />

N<br />

R<br />

R<br />

NH 2<br />

CH 2<br />

Ein dritter Weg zur Herstellung von Kohlenwasserstoffen aus Carbonylverbindungen<br />

besteht im Umsatz <strong>de</strong>r Carbonylverbindung zu einem Dithioacetal (meist<br />

Ethylendithioacetal), das an schließend mit Raney-Nickel entschwefelt wird:<br />

100


R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C<br />

CH2 SH<br />

S<br />

CH2 SH R<br />

O C<br />

- H2O R<br />

S<br />

CH 2<br />

+<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

SH<br />

SH<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

(Ni)<br />

+ H2 Raney-Nickel erhält man aus einer Aluminium-Nickel-Legierung durch Herauslösen <strong>de</strong>s<br />

Aluminiums mit Alkali.<br />

Vorsicht: Raney-Nickel ist pyrophor, d.h. an <strong>de</strong>r Luft selbstentzündlich,<br />

Filterpapiere mit Raney-Nickel dürfen daher keinesfalls achtlos weggeworfen<br />

wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn müssen unmittelbar nach Abfiltrieren durch gezieltes<br />

Abbrennen mit <strong>de</strong>m Bunsenbrunner unschädlich gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Symmetrische gesättigte Kohlenwasserstoffe sind ferner nach Wurtz aus<br />

Alkylhalogeni<strong>de</strong>n durch Behandlung mit Na zugänglich:<br />

H3C (CH2 ) n CH2 I + 2 Na H3C (CH2 ) n CH2 Na + Na I<br />

H 3 C (CH 2 ) n CH 2 Na<br />

+<br />

H 3 C (CH 2 ) n CH 2<br />

I<br />

H 3C (CH 2) n CH 2<br />

H 3 C (CH 2 ) n CH 2<br />

+ NaI<br />

Corey und House entwickelten unabhängig voneinan<strong>de</strong>r eine sehr vielseitige<br />

Kohlenwasserstoffsynthese, die die Herstellung längerkettiger (auch verzweigter und<br />

unsymmetrischer) Alkane erlaubt. Sie setzen das Alkylhalogenid mit Lithium zur<br />

Alkyllithiumverbindung um. Mit Kupfer-(I)-iodid entsteht die Lithium-dialkylkupferverbindung,<br />

die schließlich mit weiterem Alkylhalogenid <strong>de</strong>n Kohlenwasserstoff<br />

ergibt.<br />

101


CH 3<br />

2 R CH 2 CH<br />

CH 3<br />

R CH 2 CH<br />

Cl<br />

2 Li<br />

- LiCl<br />

CH 3<br />

2 R CH2CHLi CH 3<br />

2 CuLi R' CH2 Br<br />

R CH2CH - LiBr<br />

+<br />

CH 3<br />

R CH2CHCu Cu I<br />

- LiI<br />

CH 2<br />

Auch durch Zersetzung von Grignard-Verbindungen mit Wasser erhält man<br />

Kohlenwasserstoffe:<br />

R Mg X + H 2 O R H + Mg(OH)X<br />

Aus diesem Grun<strong>de</strong> ist bei Grignard-Reaktionen die Gegenwart von Wasser o<strong>de</strong>r<br />

an<strong>de</strong>ren Verbindungen mit aci<strong>de</strong>n Wasserstoffen (Phenolen, Säuren, Alkoholen,<br />

Aminen) peinlichst auszuschließen!!<br />

Praktikumsversuch 5: Oxidation o<strong>de</strong>r Reduktion nach einem <strong>de</strong>r erwähnten o<strong>de</strong>r<br />

analogen Verfahren.<br />

9. Herstellung von Aminen:<br />

Bei <strong>de</strong>r Einwirkung von NH3 auf Alkylhalogeni<strong>de</strong> entstehen Gemisch primärer,<br />

sekundärer und tertiärer Amine sowie das quartäre Ammoniumsalz. Die Trennung<br />

dieser Verbindungen nach Hinsberg ist relativ zeitaufwendig. Es ist daher eleganter<br />

und zweckmäßiger, die Herstellung reiner Verbindungen anzustreben:<br />

9.1 Herstellung primärer Amine:<br />

Reine Primäre Amine sind über die Gabrielsynthese zugänglich:<br />

R '<br />

102


O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N �<br />

K �<br />

+ RCl<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N<br />

R + KCl<br />

Die so erhältlichen N-alkylsubstituierten Phthalimi<strong>de</strong> sind durch Hydrazinolyse in<br />

primäres Amin und Phthalsäurehydrazid spaltbar:<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

N<br />

R H 2 N NH 2<br />

Vorsicht: Hydrazin ist ein starkes Nervengift und cancerogen.<br />

O<br />

O<br />

NH<br />

NH<br />

+ R NH 2<br />

Primäre Amine sind auch durch Reduktion <strong>de</strong>r Oxime von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Ketonen<br />

zugänglich:<br />

R<br />

R<br />

C<br />

O<br />

H 2N<br />

- H 2O<br />

OH<br />

R<br />

R<br />

C<br />

N<br />

OH<br />

H 2/Ni<br />

EtOH<br />

R<br />

R<br />

CH NH 2<br />

Die theoretisch mögliche Reduktion von aliphatischen Nitroverbindungen zu Aminen hat<br />

in <strong>de</strong>r Praxis kaum Be<strong>de</strong>utung, da diese im allgemeinen schwerer zugänglich sind als<br />

die Amine.<br />

Dagegen spielt die Reduktion <strong>de</strong>r Nitrile zu primären Aminen eine große Rolle,<br />

insbeson<strong>de</strong>re in <strong>de</strong>r Technik. (Herstellung von Nylon, Reduktion von Adipinsäuredinitril).<br />

103


Als Zwischenprodukte entstehen zunächst Aldimine, die entwe<strong>de</strong>r zum primären Amin<br />

weiter hydriert wer<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r aber mit bereits gebil<strong>de</strong>tem primären Amin unter<br />

Ammoniakabspaltung zu Azomethinen weiter reagieren, die bei <strong>de</strong>r Hydrierung<br />

sekundärer Amine ergeben.<br />

R CH 2 C N<br />

H 2<br />

Ni<br />

δ+ δ-<br />

R CH2CH NH<br />

+<br />

R CH 2 CH 2 NH 2<br />

R CH 2<br />

- NH 3<br />

H 2<br />

CH NH R CH2 CH2 NH2 Ni<br />

R CH 2 CH N CH 2 CH 2 R<br />

H 2/Ni<br />

R CH2CH2 NH CH2 CH2 R<br />

Um die Bildung <strong>de</strong>s als Nebenprodukt entstehen<strong>de</strong>n sekundären Amins zu<br />

unterdrücken, fügt man <strong>de</strong>r Reaktionslösung einen grossen Überschuß Ammoniak zu<br />

(Gleichgewichtsverschiebung).<br />

Weitere wichtige Metho<strong>de</strong>n zur Herstellung von Aminen gehen von Säuren aus:<br />

Hofmann-Abbau:<br />

Beim Hofmann-Abbau stellt man über das Säurechlorid das Säureamid her, das mit Br2<br />

in alkalischer Lösung umgesetzt wird.<br />

Dabei bil<strong>de</strong>t sich Hypobromit, das das Säureamid am Stickstoff bromiert:<br />

R<br />

C<br />

O<br />

NH 2<br />

+ HOBr<br />

- H 2O<br />

R<br />

C<br />

O<br />

N H<br />

Br<br />

104


Die N-Bromverbindung spaltet formal HBr ab und lagert sich sofort unter<br />

Restwan<strong>de</strong>rung zum Isocyanat um:<br />

R<br />

C<br />

O<br />

N H<br />

�<br />

OH<br />

Br<br />

- H 2O<br />

R<br />

C<br />

�<br />

O<br />

N Br<br />

- Br �<br />

R N<br />

C O<br />

Die in manchen Lehrbüchern erwähnte Nitrenzwischenstufe mit einem<br />

Elektronensextett am Stickstoff konnte noch niemals nachgewiesen wer<strong>de</strong>n:<br />

Es entsteht so ein Isocyanat, das in <strong>de</strong>r wässrigen Lösung H2O addiert:<br />

R<br />

+ H2O R N C O<br />

R NH C<br />

Die entstehen<strong>de</strong> Carbaminsäure zerfällt in primäres Amin und CO2:<br />

Curtius-Abbau:<br />

R<br />

NH<br />

C<br />

O<br />

OH<br />

C<br />

O<br />

N<br />

- CO 2<br />

R NH 2<br />

Sehr ähnlich ist <strong>de</strong>r Curtius-Abbau, bei <strong>de</strong>m man von Säureazi<strong>de</strong>n ausgeht, die wie<strong>de</strong>r<br />

über Säurechlori<strong>de</strong> durch Umsatz mit NaN3 erhältlich sind. Die Säureazi<strong>de</strong> zerfallen<br />

beim Erhitzen unter Stickstoffabspaltung zu <strong>de</strong>m gleichen Addukt, das man beim<br />

Hofmann-Abbau erhält:<br />

O<br />

OH<br />

105


R C<br />

O<br />

Cl<br />

NaN3 R C<br />

�<br />

O<br />

N<br />

N N<br />

�<br />

- N 2<br />

R N<br />

C O<br />

Wenn z.B. in wasserfreiem Benzol als Lösungsmittel gearbeitet wird, kann man die<br />

Isocyanate isolieren. Bei Gegenwart von kleinen Mengen Wasser entsteht aus <strong>de</strong>m<br />

Isocyanat über das Carbaminsäure<strong>de</strong>rivat wie beim Hofmann-Abbau primäres Amin,<br />

das sich mit noch unumgesetzten Isocyanaten zum Harnstoff<strong>de</strong>rivat umsetzt<br />

(Nebenreaktion):<br />

R NH2 + R N C O R NH C<br />

O<br />

NH R<br />

Zur Herstellung primärer Amine zersetzt man daher das Säureazid in alkoholischer<br />

Lösung. Hier bil<strong>de</strong>t sich aus <strong>de</strong>m zunächst entstehen<strong>de</strong>n Isocyanat ein Urethan<strong>de</strong>rivat,<br />

das bei <strong>de</strong>r sauren Hydrolyse zum primären Amin, Alkohol und CO2 zerfällt:<br />

O - N2 R C<br />

R N C O<br />

R NH<br />

Schmidt-Abbau:<br />

N 3<br />

C<br />

ein Urethan<br />

O<br />

OC 2H 5<br />

+ C 2H 5OH<br />

R NH 2 + C 2H 5OH + CO 2<br />

Beim Schmidt-Abbau setzt man die Säure mit HN3 (Stickstoffwasserstoffsäure) –<br />

VORSICHT, EXPLOSIV - in Gegenwart von Schwefelsäure um:<br />

106


R<br />

R<br />

C<br />

C<br />

O<br />

OH<br />

OH OH<br />

+ H �<br />

N<br />

H<br />

N<br />

�<br />

N<br />

R<br />

- H 3O �<br />

C<br />

R<br />

�<br />

O<br />

OH<br />

H<br />

C<br />

O<br />

+ HN 3<br />

� N N N<br />

�<br />

Unter Stickstoffverlust entsteht das gleiche Zwischenprodukt wie bei <strong>de</strong>n übrigen<br />

Abbaureaktionen, das schließlich das primäre Amin liefert.<br />

9.2 Herstellung sekundärer Amine:<br />

Sekundäre Amine sind erhältlich durch katalytische Reduktion von Iminen, die ihrerseits<br />

aus Al<strong>de</strong>hyd und primären Amin zugänglich sind:<br />

R NH 2 + O C<br />

H<br />

R '<br />

R R '<br />

NH CH2 R N C<br />

Ein weiterer Weg besteht in <strong>de</strong>r Acylierung eines primären Amins, das dann durch<br />

LiAlH4-Reduktion in das entsprechen<strong>de</strong> sekundäre Amin überführbar ist:<br />

R NH2 + O C R '<br />

Cl<br />

R R '<br />

NH CH2 9.3 Herstellung tertiärer Amine:<br />

- HCl<br />

O<br />

H<br />

R '<br />

R R '<br />

NH C<br />

H 2<br />

LiAlH 4<br />

Tertiäre Amine mit verschie<strong>de</strong>nen Alkylsubstituenten sind erhältlich durch Acylierung<br />

entsprechen<strong>de</strong>r sekundärer Amine und nachfolgen<strong>de</strong>r LiAlH4-Reduktion:<br />

107


R R '<br />

NH<br />

R<br />

R '<br />

N<br />

+ O C<br />

Cl<br />

CH 2<br />

Leuckart-Wallach-Reaktion:<br />

R NH 2<br />

R ''<br />

R ''<br />

9.4. Nachweisreaktionen von Aminen:<br />

9.4.1 Isonitril-Reaktion:<br />

- HCl<br />

HCHO / HCOOH<br />

- CO 2 - H 2O<br />

R<br />

R '<br />

N<br />

O<br />

C<br />

R ''<br />

R N CH 3<br />

CH 3<br />

LiAlH 4<br />

Eine empfindliche Nachweisreaktion für primäre Amine ist die Isonitril-Reaktion. Bei<br />

<strong>de</strong>r Umsetzung mit Chloroform und Alkalilauge entstehen die wi<strong>de</strong>rlich riechen<strong>de</strong>n<br />

giftigen Isonitrile:<br />

- 3 NaCl<br />

� �<br />

R NH2+ CHCl3 + 3 NaOH R N C<br />

- 3 H2O Bei <strong>de</strong>r Isonitrilreaktion entsteht aus CHCl3 zunächst im Zuge einer α-Eliminierung<br />

Dichlorcarben:<br />

Cl<br />

Cl C H<br />

Cl<br />

OH �<br />

- HCl<br />

Cl<br />

Cl<br />

C x<br />

108


(Als Carben bezeichnet man eine Methylengruppe mit zwei Elektronen :CH2. Carbene<br />

sind außeror<strong>de</strong>ntlich reaktive Verbindungen).<br />

Mit primären Aminen reagiert das Dichlorcarben zum entsprechen<strong>de</strong>n Isonitril:<br />

H<br />

Cl<br />

R NH x<br />

2 +<br />

xC<br />

R N<br />

Cl<br />

� �<br />

R N C<br />

H<br />

C Cl<br />

Cl<br />

- 2 HCl<br />

9.4.2. Umsetzungen mit salpetriger Säure, Reaktionen zur Unterscheidung<br />

primärer, sekundärer und tertiärer Amine:<br />

Primäre aliphatische Amine wer<strong>de</strong>n in saurer Lösung von NO �<br />

, (entsteht aus NaNO2<br />

und Säure) am Stickstoffatom (Ort größter Elektronendichte) angegriffen:<br />

R N<br />

H<br />

H<br />

+ NO �<br />

R N N �<br />

OH 2<br />

R<br />

�<br />

N<br />

N<br />

H<br />

H<br />

Durch Deprotonierung-Protonierung entsteht ein protoniertes Diazoniumhydroxid,<br />

woraus nach Wasserabspaltung ein Diazoniumsalz entsteht:<br />

R N N �<br />

OH 2<br />

R N<br />

�<br />

N<br />

- H 2O<br />

�<br />

R N N<br />

Das Diazoniumsalz ist unbeständig, solange nicht eine Stabilisierungsmöglichkeit durch<br />

Mesomerie mit Elektronen <strong>de</strong>s Restes R gegeben ist und spaltet N2 ab:<br />

O<br />

109


Der Rest R �<br />

� - N2 �<br />

R N N<br />

R<br />

+ H 2O<br />

- H � R OH<br />

reagiert mit einem vorhan<strong>de</strong>nem Nukleophil (z.B. Lösungsmittel) o<strong>de</strong>r<br />

spaltet im Zuge einer Eliminierung H �<br />

ab.<br />

Sekundäre Amine wer<strong>de</strong>n in gleicher Weise wie primäre Amine von NO �<br />

am Stickstoff<br />

angegriffen. In diesem Falle resultiert aber eine N-Nitrosoverbindung:<br />

R NH R<br />

NO �<br />

R<br />

R N N O<br />

H<br />

�<br />

- H �<br />

Nitrosamine sind gelbe bis orangefarbene, in Wasser wenig lösliche Öle.<br />

R<br />

R<br />

N N O<br />

VORSICHT: Nitrosamine sind krebserregend. - Beim Arbeiten mit diesen Substanzen<br />

äußerste Vorsicht walten lassen: Abzug, Schutzhandschuhe!ll<br />

R<br />

N<br />

Tertiäre Amine reagieren ebenso zu Nitrosaminen<br />

R<br />

R<br />

NO �<br />

X �<br />

R<br />

�<br />

R N N O<br />

R X�<br />

O<br />

H H<br />

- ROH<br />

- HX<br />

R<br />

R<br />

N N O<br />

9.4.2. Trennung von primären, sekundären und tertiären Aminen (Hinsberg-Trennung):<br />

Mit Benzolsulfochlorid bzw. p-Toluolsulfochlorid reagieren primäre und sekundäre<br />

Amine in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Weise:<br />

110


O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

Cl<br />

Cl<br />

Tertiäre Amine reagieren nicht.<br />

O<br />

+ H2N R<br />

- HCl<br />

S<br />

+ H<br />

R<br />

N R<br />

- HCl<br />

H<br />

N<br />

O<br />

löslich in Alkali<br />

R<br />

O<br />

S N<br />

R<br />

O<br />

R<br />

unlöslich in Alkali<br />

Einige primäre Amine reagieren zum Teil zu Disulfonyl<strong>de</strong>rivaten, die ebenfalls in<br />

alkalischer Lösung unlöslich sind (Verwechselungsmöglichkeit mit sekundären<br />

Aminen). Durch Kochen mit Natriumethylat kann die Disulfonylverbindung zerstört<br />

wer<strong>de</strong>n:<br />

O<br />

O<br />

2 S Cl + 2H2N<br />

R<br />

- 2 HCl<br />

S<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

R<br />

N<br />

O<br />

S<br />

O<br />

N R EtO S<br />

� �<br />

Na ���<br />

Praktikumsversuch 6: Herstellung eines aliphatischen Amins nach einer <strong>de</strong>r<br />

erwähnten o<strong>de</strong>r analogenVerfahren<br />

10. Herstellung einfacher aromatischer Verbindungen<br />

10.1. Die elektrophile Substitution:<br />

�<br />

Na �<br />

O<br />

O<br />

111


Im Gegensatz zu substituierten aliphatischen Verbindungen, die vielfach über<br />

nucleophile Reaktionen zugänglich sind, spielen solche Reaktionen in <strong>de</strong>r Chemie <strong>de</strong>r<br />

Aromaten nur eine geringe Rolle: Das aromatische Ringsystem ist relativ reich an<br />

Elektronen und daher eher von positiv gela<strong>de</strong>nen Partikelchen im Zuge elektrophiler<br />

Substitutionsreaktionen angreifbar.<br />

In <strong>de</strong>r Regel bil<strong>de</strong>t sich zunächst mit <strong>de</strong>m angreifen<strong>de</strong>n positiv gela<strong>de</strong>nen Agens ein loser<br />

Komplex - <strong>de</strong>r π-Komplex - unter Beteiligung negativer Ladungsteile <strong>de</strong>s aromatischen<br />

Ringsystems. Dieser entwickelt sich zu einem σ-Komplex, in <strong>de</strong>m bereits eine σ-<br />

Bindung zwischen einem Kohlenstoffatom <strong>de</strong>s Aromaten und <strong>de</strong>m elektrophilen<br />

Reagens ausgebil<strong>de</strong>t ist. Obwohl noch 5 Kohlenstoffatome an <strong>de</strong>m Mesomeriesystem<br />

im σ-Komplex beteiligt sind, ist durch die Aufhebung <strong>de</strong>s aromatischen Zustan<strong>de</strong>s<br />

hoher Energieaufwand nötig.<br />

+ X � X �<br />

π -Komplex<br />

�<br />

H<br />

X<br />

σ -Komplex<br />

Bis hierher gleicht die Reaktion völlig <strong>de</strong>r Additionsreaktion an Doppelbindungen. Der<br />

aus <strong>de</strong>m Aromaten gebil<strong>de</strong>te σ-Komplex hat aber das Bestreben, wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />

energetisch günstigen Zustand <strong>de</strong>s Aromaten zu erreichen. Dies ist nur möglich, wenn<br />

das Wasserstoffatom von <strong>de</strong>m sp 3 -hybridisierten Kohlenstoffatom - <strong>de</strong>r<br />

Unterbrechungsstelle <strong>de</strong>s mesomeren Systems - als Proton eliminiert wird.<br />

Auf diese Weise lassen sich aus Aromaten durch Nitrierung Nitroverbindungen,<br />

durch Alkylierung o<strong>de</strong>r Acylierung im Zuge von Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktionen<br />

Kohlenwasserstoffe bzw. aromatische Ketone, durch Halogenierung Bromi<strong>de</strong> und<br />

Iodi<strong>de</strong> und durch Sulfonierung Sulfonsäuren gewinnen. Alle diese Verbindungen<br />

sind wie<strong>de</strong>rum wertvolle Ausgangsstoffe zur Überführung in an<strong>de</strong>re Derivate bzw.<br />

zur Einführung weiterer Substituenten.<br />

112


Die Alkylhalogeni<strong>de</strong> spielen in <strong>de</strong>r Chemie <strong>de</strong>r Aromaten als Zwischenprodukte zur<br />

Synthese weiterer Derivate eine wesentlich geringere Rolle als die Alkylhalogeni<strong>de</strong> in<br />

<strong>de</strong>r Chemie <strong>de</strong>r Aliphaten, weil eine direkte nucleophile Substitution am Aromaten sehr<br />

erschwert ist:<br />

Das Halogenatom ist an <strong>de</strong>r Mesomerie beteiligt, wodurch die C-Halogenbindung<br />

partiellen Doppelbindungscharakter erhält und damit fester als in aliphatischen<br />

Verbindungen gebun<strong>de</strong>n ist (verhin<strong>de</strong>rt SN1-Reaktion).<br />

Cl Cl<br />

Außer<strong>de</strong>m ist an <strong>de</strong>m Kohlenstoffatom, das das Halogen trägt, die negative<br />

Ladungsdichte im Vergleich zu analogen Kohlenstoffatomen aliphatischer<br />

Verbindungen viel höher. Damit ist <strong>de</strong>r Angriff eines Nucleophils auch im Zuge<br />

einer SN2-Reaktion erschwert.<br />

Die Rolle <strong>de</strong>r Alkylhalogeni<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Aliphatenchemie kommt in <strong>de</strong>r Chemie <strong>de</strong>r<br />

Aromaten <strong>de</strong>n Aminen zu, die über Sandmeyer-Reaktionen in eine große Zahl<br />

von Verbindungen mit an<strong>de</strong>ren Substituenten überführbar sind. Sie sind erhältlich<br />

durch Reduktion von Nitroverbindungen.<br />

Enthält eine aromatische Verbindung bereits einen Substituenten, so übt dieser<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Einfluß darauf aus, welche Position <strong>de</strong>r neu einzutreten<strong>de</strong> Substituent<br />

angreift:<br />

Substituenten, die durch einen induktiven o<strong>de</strong>r mesomeren Effekt elektronendrückend<br />

wirken, erhöhen die negative Ladungsdichte in 2- und 4-Stellung (Substituenten 1.<br />

Ordnung). Insgesamt wird dadurch die elektrophile Substitution erleichtert und in diese<br />

Stellungen gelenkt:<br />

�<br />

�<br />

113


CH 3<br />

O<br />

�<br />

CH 3<br />

O<br />

Anisol<br />

Substituent 1. Ordnung<br />

�<br />

�<br />

CH 3<br />

Elektronenziehen<strong>de</strong> Substituenten vermin<strong>de</strong>rn die Elektronendichte im Kern und damit<br />

die Neigung zur weiteren Substitution (Substituenten 2. Ordnung). Relativ am größten<br />

ist die Elektronendichte noch in 3-Stellung und daher erfolgt, wenn überhaupt, ein<br />

Angriff in dieser Position:<br />

H 3C<br />

C<br />

O<br />

H 3C<br />

�<br />

C<br />

O<br />

�<br />

H 3C<br />

Acetophenon<br />

Substituent 2. Ordnung<br />

Entfaltet ein Substituent gleichzeitig induktive und mesomere Effekte, so ist für<br />

die Orientierung <strong>de</strong>s Zweitsubstituenten immer <strong>de</strong>r mesomere Effekt<br />

verantwortlich:<br />

Zum Beispiel wirkt im Anisol (Ph-O-CH3) und Anilin (Ph-NH2) <strong>de</strong>r induktive Effekt in<br />

Richtung <strong>de</strong>s Substituenten, da Sauerstoff und auch Stickstoff elektronegativer als<br />

Kohlenstoff sind. Wür<strong>de</strong> man diesen induktiven Effekt allein betrachten, so wür<strong>de</strong> sich<br />

eine Vermin<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Elektronendichte im aromatischen Kern ergeben.<br />

C<br />

O<br />

�<br />

�<br />

O<br />

�<br />

114


Da sowohl Sauerstoff als auch Stickstoff über freie Elektronenpaare verfügen,<br />

üben sie gleichzeitig einen mesomeren Effekt aus, <strong>de</strong>r in die an<strong>de</strong>re Richtung<br />

wirkt.<br />

NH 2<br />

-I-Effekt<br />

(σ -Acceptor-Effekt)<br />

NH 2<br />

�<br />

+M-Effekt<br />

( π -Donor-Effekt)<br />

NH 2<br />

Dipolmoment<br />

�<br />

NH 2<br />

Aus <strong>de</strong>r experimentellen Ermittlung <strong>de</strong>r Größe und <strong>de</strong>r Richtung <strong>de</strong>s<br />

Dipolmomentes weiß man, dass <strong>de</strong>r resultieren<strong>de</strong> Gesamteffekt von –OCH3 und –<br />

NH2 eine Erhöhung <strong>de</strong>r Elektronendichte im aromatischen Kern bewirkt, diese<br />

Substituenten also elektronendrückend wirken.<br />

Dies hat weiterhin zur Folge, dass die Zweitsubstituenten in 2- und 4-Stellung<br />

eintreten. Da Sauerstoff und Stickstoff relativ leicht ihr Elektronenpaar zur<br />

Verfügung stellen, überwiegt hier <strong>de</strong>r mesomere Effekt gegenüber <strong>de</strong>m<br />

induktiven Effekt.<br />

An<strong>de</strong>rs sind die Verhältnisse beim Chlorbenzol. Chlor ist elektronegativer als<br />

Sauerstoff und Stickstoff und übt einen starken -I-Effekt aus. Chlor hat ebenfalls<br />

ein freies Elektronenpaar, ist aber im Gegensatz zu Sauerstoff und Stickstoff weit<br />

weniger bereit, dieses zur Verfügung zu stellen.<br />

115


Das Dipolmoment ist im Chlorbenzol daher an<strong>de</strong>rs als im Anisol o<strong>de</strong>r Anilin zum<br />

Chlor hin gerichtet. Chlorbenzol vermin<strong>de</strong>rt also die Elektronendichte im<br />

aromatischen Kern und erschwert damit die Zweitsubstitution.<br />

Cl<br />

Dipolmoment<br />

Wie ist es nun mit <strong>de</strong>r Orientierung <strong>de</strong>r neu eintreten<strong>de</strong>n Substituenten? Oben wur<strong>de</strong><br />

erwähnt, dass elektronenziehen<strong>de</strong> Gruppen, die die Elektronendichte im Kern<br />

vermin<strong>de</strong>rn, dies am wenigsten in <strong>de</strong>r 3-Stellung bewirken können und dass ein Angriff,<br />

wenn er überhaupt erfolgt, in dieser Position stattfin<strong>de</strong>t.<br />

Die Praxis zeigt jedoch, dass Chlorbenzol in 2- und 4-Stellung substituiert wird.<br />

Das be<strong>de</strong>utet, dass die bisherige Deutung zu vereinfacht ist,und dass<br />

an<strong>de</strong>rerseits <strong>de</strong>r mesomere Effekt trotz<strong>de</strong>m bei <strong>de</strong>r Richtung <strong>de</strong>r Substitution in<br />

Rechnung zu stellen ist, auch wenn <strong>de</strong>r induktive Effekt bezüglich <strong>de</strong>r Richtung<br />

<strong>de</strong>r Polarisierung ein an<strong>de</strong>res Substitutionsmuster erwarten lassen wür<strong>de</strong>.<br />

Die bisherige Vorhersage über <strong>de</strong>n Angriffspunkt <strong>de</strong>s Zweitsubstituenten (s.o.)<br />

basiert ausschließlich auf <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s Ausgangsmoleküls. Entschei<strong>de</strong>nd<br />

für <strong>de</strong>n Reaktionsablauf ist aber <strong>de</strong>r Übergangszustand.<br />

Die Struktur, die <strong>de</strong>m Übergangszustand recht nah sein sollte, ist <strong>de</strong>r σ-Komplex<br />

(dafür spricht u.a. die Beobachtung, dass die Bildung <strong>de</strong>s σ-Komplexes bei vielen<br />

elektrophilen Substitutionsreaktionen <strong>de</strong>r geschwindigkeitsbestimmen<strong>de</strong> Schritt<br />

ist).<br />

116


Cl<br />

�<br />

Cl �<br />

NO 2<br />

H<br />

NO 2<br />

H<br />

Cl Cl<br />

�<br />

NO 2<br />

H<br />

H<br />

H<br />

Cl �<br />

�<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

2-Substitution 3-Substitution 4-Substitution<br />

Bei vergleichen<strong>de</strong>r Betrachtung <strong>de</strong>s σ-Komplexes <strong>de</strong>r drei gedachten<br />

Angriffspunkte eines Zweitsubstituenten (Nitrogruppe) wird <strong>de</strong>utlich, dass nur bei<br />

2- und 4-Stellung eine Stabilisierung durch Mesomerie möglich ist. Dies ist <strong>de</strong>r<br />

Grund für die Bildung von z.B. 2- und 4-Nitrochlorbenzol, obwohl <strong>de</strong>r Angriff <strong>de</strong>s<br />

Zweitsubstituenten im Vergleich zum Benzol im Chlorbenzol wegen <strong>de</strong>s<br />

elektronenziehen<strong>de</strong>n Effektes <strong>de</strong>s Chlors erschwert ist.<br />

Ähnlich sind die Verhältnisse beim Styrol. Obwohl die Vinylgruppe elektronenziehend<br />

ist, erfolgt 2-und 4-Substitution. Auch hier kann im σ-Komplex nur die 2- und 4-Stellung<br />

stabilisiert wer<strong>de</strong>n:<br />

CH<br />

�<br />

CH 2<br />

NO 2<br />

CH<br />

H NO2 H<br />

�<br />

CH 2<br />

H<br />

CH<br />

�<br />

NO 2<br />

CH 2<br />

117


Die Orientierung <strong>de</strong>s Zweitsubstituenten ist also ein<strong>de</strong>utig nur aus <strong>de</strong>r<br />

Betrachtung <strong>de</strong>s <strong>de</strong>m Übergangszustand <strong>de</strong>r Reaktion sehr ähnlichen σ-<br />

Komplexes abzuleiten. Die Betrachtung nur <strong>de</strong>s Grundzustan<strong>de</strong>s ist eine<br />

vereinfachte Interpretation, die zu Fehlschlüssen führen kann.<br />

Man sollte erwarten, dass das Verhältnis von 2- zu 4-Substitutionsprodukten etwa<br />

2:1 beträgt (zwei 2-Stellungen gegenüber einer 4-Stellung). In <strong>de</strong>r Regel wird<br />

jedoch hauptsächlich das 4-Produkt gebil<strong>de</strong>t. Ausschlaggebend hierfür sind<br />

sterische Faktoren (<strong>de</strong>r Angriff <strong>de</strong>s Elektrophils ist in unmittelbarer<br />

Nachbarschaft zur bereits vorhan<strong>de</strong>nen Gruppe räumlich erschwert) und die<br />

höhere Stabilität <strong>de</strong>r parachinoi<strong>de</strong>n Struktur bei Entstehung <strong>de</strong>s 4-Produktes.<br />

�<br />

O<br />

�<br />

CH 3<br />

bzw.<br />

�<br />

O<br />

CH 3<br />

H NO 2<br />

parachinoi<strong>de</strong> Struktur<br />

11. Herstellung von Nitroverbindungen:<br />

�<br />

O<br />

CH 3<br />

�<br />

bzw.<br />

�<br />

O<br />

orthochinoi<strong>de</strong> Struktur<br />

CH 3<br />

NO 2<br />

Das aktive Agens <strong>de</strong>r Nitrierung ist das NO2 �<br />

Ion (Nitronium-Ion). In Salpetersäure wird<br />

dieses Ion nur in ganz geringer Menge durch Eigenprotonierung gebil<strong>de</strong>t:<br />

HO NO 2 + HNO 3 H 2O NO 2<br />

�<br />

�<br />

NO2 - H 2O<br />

�<br />

+ NO3 Die Konzentration reicht aber aus, um reaktive aromatische Verbindungen wie z.B.<br />

Phenol o<strong>de</strong>r Anisol zu nitrieren:<br />

H<br />

118


CH 3<br />

O<br />

�<br />

CH 3<br />

O<br />

�<br />

�<br />

+ NO2 �<br />

CH 3<br />

O<br />

- H �<br />

OCH 3<br />

H NO 2 NO 2<br />

Zur Nitrierung unsubstituierter aromatischer Kohlenwasserstoffe o<strong>de</strong>r gar von<br />

solchen, die elektronenziehen<strong>de</strong> Gruppen tragen, ist die Konzentration an NO2 �<br />

in<br />

<strong>de</strong>r Salpetersäure nicht ausreichend. Um diese zu erhöhen, setzt man<br />

Schwefelsäure zu:<br />

HNO 3 + 2 H 2SO 4<br />

�<br />

NO2 + H 3O �<br />

�<br />

+ 2 HSO4 Die Nitrierkraft <strong>de</strong>r so erhältlichen Nitriersäure kann gegebenenfalls noch durch<br />

Zusatz von Stickoxi<strong>de</strong>n (rote rauchen<strong>de</strong> Salpetersäure) und Erhitzen gesteigert<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Da Salpetersäure auch oxidieren<strong>de</strong> Wirkung entfaltet, die zu einem Abbau <strong>de</strong>s<br />

Aromaten führen könnte, ist beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>r Nitrierung von Phenolen und<br />

Aminen genaue Temperaturkontrolle nötig. Zweckmäßig ist ein vorhergehen<strong>de</strong>n<br />

Schutz durch Acylierung. Nach <strong>de</strong>r Reaktion kann die Schutzgruppe wie<strong>de</strong>r<br />

entfernt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ähnliches gilt für die Nitrierung von Aromaten mit Seitenketten, die durch Oxidation zu<br />

entsprechen<strong>de</strong>n aromatischen Garbonsäuren abgebaut wer<strong>de</strong>n:<br />

NO 2<br />

CH 2 R CH 2 R<br />

NO 2<br />

COOH<br />

119


In <strong>de</strong>r Regel enstehen bei <strong>de</strong>r Nitrierumg substituierter Aromaten<br />

Isomerengemische, <strong>de</strong>ren Trennung im Labor nicht immer einfach ist. In <strong>de</strong>r<br />

Technik wer<strong>de</strong>n diese Gemische durch Ausfrieren o<strong>de</strong>r Destillation getrennt.<br />

In manchen Fällen ist die Trennung im Labor durch Wasserdampf<strong>de</strong>stillation<br />

möglich, wie z.B. von 2- und 4-Nitrophenol: Nur das 2-Isomere ist<br />

wasserdampfflüchtig, nicht aber das 4-, und auch nicht das 3-Nitrophenol.<br />

Maßgebend für diesen drastischen Unterschied in <strong>de</strong>n physikalischen<br />

Eigenschaften ist <strong>de</strong>r sogenannte ortho-Effekt.<br />

Befin<strong>de</strong>n sich in ortho-Stellung eine OH-Gruppe und eine Gruppe mit einem<br />

freien Elektronenpaar, so kann es über eine quasi Sechsringstruktur zur<br />

Ausbildung einer intramolekularen Wasserstoffbrücke kommen. Da <strong>de</strong>shalb<br />

Wasserstoffbrücken nicht zu an<strong>de</strong>ren Molekülen geschlagen wer<strong>de</strong>n können,<br />

ergeben sich starke Unterschie<strong>de</strong> von 2- und 3- bzw. 4-Isomeren in <strong>de</strong>n<br />

physikalischen Eigenschaften.<br />

In manchen Fällen ist auch eine oxidative Herstellung von Nitroverbindungen aus<br />

Aminoverbindungen durch Reaktion mit Caro-scher Säure angebracht:<br />

NH 2<br />

NO 2<br />

�<br />

H 2SO 5<br />

N<br />

O<br />

O<br />

O<br />

H<br />

�<br />

NO 2<br />

NO 2<br />

120


11.1 Herstellung von 3-Nitro<strong>de</strong>rivaten aus Verbindungen, die einen Substituenten 1.<br />

Ordnung tragen:<br />

Will man von Verbindungen mit Substituenten erster Ordnung 3-Nitroverbindungen<br />

erhalten, so muß man Umwege gehen. Beispielsweise kann man durch vorgeschaltete<br />

Nitrierung in 4-Stellung und anschließen<strong>de</strong> Reduktion <strong>de</strong>r NO2-Gruppe zur -NH2-<br />

Gruppe, diese -NH2-Gruppe durch Acetylierung schützen und die<br />

Acetylaminoverbindung in 2-Stellung nitrieren, was eine Nitrierung in 3-Stellung <strong>de</strong>r<br />

ursprünglichen Verbindung be<strong>de</strong>utet. Zur Entfernung <strong>de</strong>r Acetylaminogruppe wird <strong>de</strong>r<br />

Acetylrest abhydrolisiert, die Aminogruppe in die Diazoniumverbindung überführt und<br />

dann reduktiv entfernt (Kap. 12.2.1).<br />

O 2 N<br />

CH3 CH 3 CH 3 CH 3<br />

CH 3<br />

NHCOCH 3<br />

O 2N<br />

NO 2 NH 2 NH<br />

CH 3<br />

NH 2<br />

O 2N<br />

CH 3<br />

�<br />

N2 Cl �<br />

O 2N<br />

C CH3 C<br />

O<br />

CH3 O<br />

Die Herstellung von 2- und 4-Nitro<strong>de</strong>rivaten von Verbindungen mit Substituenten<br />

zweiter Ordnung gelingt wie<strong>de</strong>r nur auf Umwegen. Beispielsweise ist 2- und 4-<br />

Nitrobenzoesäure durch Oxidation <strong>de</strong>s leicht erhältlichen 2- und 4-Nitrotoluols<br />

herstellbar:<br />

CH 3<br />

121


CH 3<br />

NO 2<br />

COOH<br />

NO 2<br />

In manchen Fällen gelingt die Einführung von Nitrogruppen durch Austausch gegen die<br />

Sulfonsäuregruppe:<br />

OH OH<br />

SO 3H<br />

SO 3H<br />

11.2 Nachweis von aromatischen Nitroverbindungen:<br />

O 2N NO 2<br />

NO 2<br />

Pikrinsäure<br />

Die Nitroverbindung wird mit Zinkstaub in saurer Lösung zum entsprechen<strong>de</strong>n<br />

aromatischen Amin reduziert. Durch Behan<strong>de</strong>ln mit NaNO2-Lösung in schwach saurem<br />

Medium erhält man das Diazoniumsalz, das mit β-Naphthol in schwach alkalischer<br />

Lösung zu einem roten Farbstoff gekuppelt wer<strong>de</strong>n kann (Kap. 12.2.2).<br />

Zur Charakterisierung dienen die Säureami<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Benzoesäure <strong>de</strong>r Benzol-<br />

sulfonsäure o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r 4-Toluolsulfonsäure.<br />

12. Herstellung aromatischer Amine<br />

Aromatische Amine erhält man in hervorragen<strong>de</strong>n Ausbeuten durch Reduktion von<br />

Nitroverbindungen.<br />

Die gebräuchlichsten Reduktionsmittel sind:<br />

122


a) Zinn in salzsaurer Lösung<br />

NO 2<br />

Sn/HCl<br />

b) bessere Ausbeuten liefert SnCl2 in konzentrierter Salzsäure:<br />

� + Sn 2�<br />

Ph N O<br />

Ph N<br />

Gesamt:<br />

Ph NO 2<br />

O �<br />

OH<br />

H<br />

- Sn 4�<br />

NH 2<br />

+ 2 H �<br />

- H2O Ph N O + Sn 2�<br />

+ 2 H �<br />

- Sn 4�<br />

+ Sn 2�<br />

+ 2 H �<br />

- Sn 4�<br />

+ 3 Sn 2�<br />

- 3 Sn 4�<br />

- H 2O<br />

+ 6 H �<br />

- 2 H 2O<br />

Ph NH 2<br />

Ph NH 2<br />

c) Reduziert man mit Zink in Eisessig/Essigsäureanhydrid, so erhält man direkt das<br />

acetylierte Amin:<br />

NO 2<br />

3 Zn<br />

Ac 2O / HOAc<br />

NH<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

d) In <strong>de</strong>r Technik wird das billigere Eisen in Wasser als Reduktionsmittel verwen<strong>de</strong>t.<br />

Salzsäure und Essigsäure dienen als Katalysator (Bechamp-Verfahren):<br />

4<br />

+ 9 Fe + 4 H2O / HCl<br />

Ph NO2 4 Ph NH2 - 3 Fe3O4 Das entstehen<strong>de</strong> Eisenoxid wird als Farbpigment ebenfalls verwen<strong>de</strong>t.<br />

123


e) Die Nitrogruppe kann auch durch katalytische Hydrierung in die Aminogruppe<br />

überführt wer<strong>de</strong>n. In <strong>de</strong>r Regel verwen<strong>de</strong>t man hierfür Platin-Aktivkohle (10 % Pt)<br />

o<strong>de</strong>r Raney-Nickel in neutraler, meist alkoholischer Lösung.<br />

Zur Herstellung von Raney-Nickel wird aus einer Aluminium-Nickel-Legierung durch<br />

Lauge das Aluminium herausgelöst und so Nickel mit einer sehr großen Oberfläche<br />

erhalten. VORSICHT: Raney-Nickel ist in trockenem Zustand pyrophor, also<br />

selbstentzündlich. Es muss nach <strong>de</strong>m Abfiltrieren durch gezieltes Abbrennen<br />

vernichtet wer<strong>de</strong>n (Einziger Einsatz <strong>de</strong>s Bunsenbrenners im OC-Grundpraktikum).<br />

Der Vorteil <strong>de</strong>r katalytischen Hydrierung gegenüber <strong>de</strong>n vorher erwähnten<br />

Metho<strong>de</strong>n für die Synthese liegt unter an<strong>de</strong>rem darin, dass bei <strong>de</strong>r Reduktion von<br />

Nitroverbindungen, die zusätzlich eine Acetylaminogruppe tragen, die<br />

Schutzgruppe nicht, wie bei <strong>de</strong>r Reduktion in saurem Medium, abhydrolysiert<br />

wird:<br />

NHCOCH 3<br />

NO 2<br />

Pt / H2 EtOH<br />

NHCOCH 3<br />

NH 2<br />

Bei <strong>de</strong>r Reduktion mit Raney-Nickel kann die Anwendung von H2 dadurch<br />

umgangen wer<strong>de</strong>n, dass man Hydrazin als wasserstoffliefern<strong>de</strong>s Reagens<br />

einsetzt.<br />

VORSICHT: Hydrazin ist jedoch ein Plasmagift und ruft Krämpfe und<br />

Herzschä<strong>de</strong>n hervor. Auf <strong>de</strong>r Haut wirkt es stark ätzend. - Verätzte Hautstellen<br />

wer<strong>de</strong>n mit verdünnter Essigsäure gewaschen.<br />

f) Die selektive Reduktion nur einer Nitrogruppe in Polynitroverbindungen gelingt<br />

mit <strong>de</strong>r berechneten Menge von Natrium- o<strong>de</strong>r Ammoniumhydrogensulfid:<br />

124


NO 2<br />

NO 2<br />

NH 4<br />

SH<br />

NH 2<br />

NO 2<br />

Solange man in saurer Lösung arbeitet, verläuft die Reduktion glatt. In neutraler<br />

o<strong>de</strong>r alkalischer Lösung kann die Reaktion auf Zwischenstufen stehen bleiben,<br />

so dass man je nach Reaktionsbedingungen.auch Nitrosoverbindungen,<br />

aromatische Hydroxyl-amine, Azoxyverbindungen, Azoverbindungen und<br />

Hydrazoverbindungen erhalten kann:<br />

Nitrosobenzol<br />

Phenylhydroxylamin<br />

Anilin<br />

Ph NO 2<br />

Ph N O<br />

Ph NH OH<br />

H �<br />

Ph NH 2<br />

OH �<br />

OH �<br />

O<br />

�<br />

Ph N N Ph<br />

�<br />

Azoxybenzol<br />

Ph<br />

Ph<br />

N N Ph<br />

Azobenzol<br />

NH NH Ph<br />

Hydrazobenzol<br />

Die Nitrogruppe ist im Vergleich zu an<strong>de</strong>ren reduzierbaren Stoffen beson<strong>de</strong>rs<br />

leicht angreifbar, so dass es in vielen Fällen entsprechen<strong>de</strong>r Umwege o<strong>de</strong>r<br />

Vorkehrungen bedarf, um in ihrer Gegenwart an<strong>de</strong>re Gruppen zu reduzieren.<br />

Ein spezielles Verfahren zur Herstellung von β-Naphthylamin und analogen<br />

Verbindungen - vor allem in <strong>de</strong>r Technik - ist die Bucherer-Reaktion: Setzt man<br />

β-Naphthol in ammomiakalischer Lösung mit Ammoniumhydrogensulfit bei 150°C<br />

(Druckgefäß) um, so erhält man β-Naphthylamin:<br />

125


OH OH<br />

NH4HSO3 NH<br />

H SO 3 NH 4<br />

H SO 3NH 4 H SO 3NH 4<br />

NH 2<br />

H SO 3NH 4<br />

- NH4HSO3 O + NH 3<br />

- H 2O<br />

VORSICHT: β-Naphthylamin ist ein starkes Cancerogen, beim Umgang mit dieser<br />

Verbindung ist daher höchste Vorsicht geboten. Auch an<strong>de</strong>re Amine haben häufig<br />

cancerogene Eigenschaften, daher immer mit Gummihandschuhen und im Abzug<br />

arbeiten!!!<br />

Gemischt aromatisch-aliphatische sekundäre Amine sind zugänglich durch<br />

Acylierung <strong>de</strong>s betreffen<strong>de</strong>n primären aromatischen Amins und nachfolgen<strong>de</strong><br />

Reduktion durch ein komplexes Metallhydrid:<br />

NH 2<br />

NHCOCH 3<br />

LiAlH 4<br />

NH<br />

NH 2<br />

C 2H 5<br />

Aus Carbonsäuren sind primäre Amine durch Abbaureaktionen erhältlich (z.B.<br />

Hofmann-Abbau, siehe dazu Kapitel 9.1).<br />

12.1 Bildung von Diazoniumsalzen<br />

Primäre aromatische Amine reagieren im Gegensatz zu primären aliphatischen Aminen<br />

(die unter N2-Abspaltung in die entsprechen<strong>de</strong>n Alkohole übergehen, Kap. 9.4.1) mit<br />

salpetriger Säure in mineralsaurem (meist salzsaurem) Medium zu Diazoniumsalzen:<br />

126


Die Mineralsäure setzt aus salpetriger Säure bzw. Natriumnitrit das Nitrosonium-<br />

Ion frei, das die Aminogruppe zunächst nitrosiert.<br />

NH 2 + N O �<br />

NH N<br />

� - H2O OH2 + H 2O<br />

- H 3O �<br />

�<br />

N<br />

NH N O<br />

N<br />

+ 2 H 3O �<br />

- 2 H 2O<br />

Das im weiteren Verlauf <strong>de</strong>r Reaktion entstehen<strong>de</strong> Diazoniumion wird durch <strong>de</strong>n<br />

Benzolring zusätzlich stabilisiert (Beteiligung an <strong>de</strong>r Mesomerie) und ist daher im<br />

Gegensatz zu <strong>de</strong>n aliphatischen Diazoniumionen in Lösung bei tiefen Temperaturen<br />

beständig.<br />

12.2 Reaktionen <strong>de</strong>r Diazoniumsalze<br />

Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r aromatischen Amine in <strong>de</strong>r synthetischen Chemie beruht unter<br />

an<strong>de</strong>rem auf <strong>de</strong>r Überführbarkeit in Diazoniumsalze, die zu einer Anzahl weiterer<br />

Reaktionen befähigt sind (man informiere sich darüber im Lehrbuch).<br />

In diesem Rahmen soll nur auf zwei wichtige Reaktionstypen eingegangen wer<strong>de</strong>n, die<br />

Desaminierung und die sogenannte Kupplungsreaktion. Die Sandmeyer Reaktion und<br />

ähnliche Umsetzungen, die ebenfalls von Diazoniumsalzen ausgehen, wer<strong>de</strong>n im Kap.<br />

13 behan<strong>de</strong>lt.<br />

12.2.1 Desaminierung<br />

Diese Reaktion dient zur Entfernung <strong>de</strong>r NH2-Gruppe aus einem Aromaten im Verlauf<br />

einer Synthese.<br />

Bei Behandlung <strong>de</strong>s aus <strong>de</strong>m Amin hergestellten Diazoniumsalzes mit<br />

Reduktionsmitteln wie unterphosphoriger bzw. phosphoriger Säure, alkalischer<br />

Natriumstannitlösung o<strong>de</strong>r Ameisensäure wird unter Abspaltung von Stickstoff<br />

127


<strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong> Kohlenwasserstoff gewonnen, d.h. die ursprüngliche<br />

Aminogruppe entfernt:<br />

NH 2<br />

CH 3<br />

Cl<br />

NaNO 2<br />

(HCl)<br />

12.2.2 Kupplungsreaktionen<br />

�<br />

N N<br />

CH 3<br />

Cl �<br />

Cl<br />

+ H 3PO 4 + H 2O<br />

- H 3PO 3 - N 2 - HCl<br />

Das Diazoniumkation ist ebenso wie an<strong>de</strong>re positiv gela<strong>de</strong>ne Reagenzien<br />

befähigt, aromatische Systeme elektrophil anzugreifen. Diese Reaktion nennt<br />

man Azokupplung.<br />

Das Diazoniumkation ist, verglichen mit an<strong>de</strong>ren Ionen (z.B. NO �<br />

), nur ein schwaches<br />

elektrophiles Reagens und kann <strong>de</strong>mzufolge nur mit reaktionsfähigen aromatischen<br />

Verbindungen reagieren (Phenolen, Aminen, aber nicht mehr mit Anisol).<br />

Durch elektronenziehen<strong>de</strong> Gruppen wird die positive Ladung <strong>de</strong>s<br />

Diazoniumkations verstärkt und seine Reaktivität erhöht.<br />

In saurer und auch in schwach alkalischer Lösung sind Diazoniumsalze<br />

beständig und liegen in dissoziierter Form vor. Im stark alkalischen Milieu bil<strong>de</strong>n<br />

sich dagegen Diazotat-Anionen.<br />

� + OH�<br />

�<br />

N N Cl<br />

- Cl �<br />

N N O �<br />

N<br />

OH<br />

CH 3<br />

+ OH �<br />

- H 2O<br />

Es gibt daher für je<strong>de</strong> Kupplungsreaktion einen optimalen pH-Wert. Bei <strong>de</strong>r<br />

Reaktion mit Phenolen arbeitet man im schwach alkalischem Medium, weil das<br />

N<br />

Cl<br />

128


Phenolatanion eine größere Elektronendichte als das Phenol selbst aufweist und<br />

daher elektrophil leichter angreifbar ist.<br />

Obwohl <strong>de</strong>r Angriff am Sauerstoff und am Kohlenstoff erfolgen könnte, erhält<br />

man bei Phenolen nur das kohlenstoffsubstituierte Produkt. Entschei<strong>de</strong>nd dafür<br />

ist die Bindungsstärke <strong>de</strong>r neugebil<strong>de</strong>ten Bindung und nicht die<br />

Elektronendichte.<br />

+ OH �<br />

- H 2O<br />

�<br />

O �<br />

N N<br />

O �<br />

+ N N<br />

O<br />

N<br />

N<br />

Amine reagieren langsamer als Phenole. Um eine hohe Diazoniumkation-<br />

Konzentration zu erzielen, arbeitet man in saurem Medium. Ist die Lösung jedoch<br />

zu sauer, so wird an<strong>de</strong>rerseits das Amin in das wesentlich reaktionsträgere<br />

Kation umgewan<strong>de</strong>lt:<br />

NH 2<br />

+ H 3O �<br />

- H 2 O<br />

O �<br />

�<br />

NH3 Es muß also in schwach saurem Bereich gearbeitet wer<strong>de</strong>n. Der optimale pH-<br />

Wert liegt etwa beim pKA-Wert <strong>de</strong>s eingesetzten Amins.<br />

H<br />

129


An<strong>de</strong>rs als Phenole kuppeln primäre und sekundäre Amine, nicht tertiäre Amine,<br />

am Stickstoff <strong>de</strong>r Amingruppe und nicht am Kohlenstoff. Daher wer<strong>de</strong>n<br />

Diazoamino-verbindungen gebil<strong>de</strong>t:<br />

- H �<br />

�<br />

H<br />

N N + N<br />

N N<br />

H<br />

N<br />

N<br />

NH<br />

Beim Erwärmen in saurer Lösung lagern die Diazoaminoverbindungen jedoch in<br />

die Aminoazoverbindungen um:<br />

N N NH<br />

�<br />

N N +<br />

+ H �<br />

NH 2<br />

N N<br />

NH2 H<br />

N<br />

H<br />

H<br />

N N N<br />

Ein Beispiel für die Kupplungsreaktion ist die Bildung von Methylorange durch<br />

Kupplung von p-Sulfonyldiazoniumchlorid mit N,N-Dimethylanilin in schwach<br />

saurem Medium.<br />

- H �<br />

H<br />

�<br />

�<br />

130


HO 3S<br />

HO 3S<br />

�<br />

N N Cl +<br />

�<br />

N<br />

N<br />

Methylorange<br />

N<br />

N<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

- HCl<br />

In saurer Lösung liegt Methylorange in Form eines rotgefärbten chinoi<strong>de</strong>n Salzes vor.<br />

In basischer Lösung bil<strong>de</strong>t sich das gelbgefärbte Natriumsalz <strong>de</strong>r Azoform. Deshalb<br />

fin<strong>de</strong>t Methylorange als Indikator Anwendung.<br />

Na �<br />

�<br />

O3S �<br />

�<br />

Na O3S �<br />

N N<br />

N<br />

H<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

N N<br />

N<br />

gelb<br />

rot<br />

Na �<br />

�<br />

O3S CH 3<br />

CH 3<br />

H �<br />

OH �<br />

N N<br />

N<br />

Der Nachweis primärer aromatischer Amine erfolgt durch Diazotierung und Kupplung<br />

mit β-Naphthol (siehe Kap. 11)<br />

13. Herstellung aromatischer Halogenverbindungen und Nitrile<br />

Während die Anlagerung eines Halogenmoleküls an Doppelbindungen so rasch und<br />

leicht erfolgt, dass diese Reaktion für <strong>de</strong>n qualitativen Nachweis von Doppelbindungen<br />

nutzbar ist, erfor<strong>de</strong>rt die Halogenierung eines aromatischen Systems meist die<br />

Gegenwart von Katalysatoren (eine Ausnahme bil<strong>de</strong>t die Reaktion von Halogen mit<br />

H<br />

CH 3<br />

�<br />

CH 3<br />

131


Phenolen und Aminen, die durch die funktionelle Gruppe beson<strong>de</strong>rs stark für<br />

elektrophile Angriffe aktiviert sind).<br />

Als Katalysatoren dienen Lewis Säuren, wie FeCl3 o<strong>de</strong>r ZnCl2. In <strong>de</strong>r Regel genügt eine<br />

kleine Menge an Fe-Pulver, um die Reaktion einzuleiten. Dieses reagiert mit Halogen<br />

und bil<strong>de</strong>t FeX3, das nun die eigentliche Reaktion in Gang setzt, die meist bereits bei<br />

Raumtemperatur abläuft (KKK-Regel: Kälte, Katalysator, Kern).<br />

Da Chlor ein Substituent 1. Ordnung ist und <strong>de</strong>mzufolge <strong>de</strong>r Eintritt von Zweit-<br />

substituenten in 2- und 4-Stellung erfolgt, könnte man weiterhin annehmen, dass<br />

<strong>de</strong>r für die Orientierung maßgeben<strong>de</strong> Mesomerieeffekt (Kap. 10.1) auch <strong>de</strong>n<br />

weiteren Angriff eines zweiten Chloratoms an das zunächst gebil<strong>de</strong>te<br />

Chlorbenzol för<strong>de</strong>rt. Dies ist aber nicht <strong>de</strong>r Fall, da <strong>de</strong>r Chlorsubstituent<br />

insgesamt die Elektronendichte im Kern vermin<strong>de</strong>rt (Kap.10.1).<br />

Die Chlorierung von Benzol kann also auf <strong>de</strong>r Stufe <strong>de</strong>s monohalogenierten<br />

Produktes abgestoppt wer<strong>de</strong>n. Disubstitutionsprodukte, die vor allem bei <strong>de</strong>r<br />

Halogenierung <strong>de</strong>s reaktionsfähigeren Naphthalins entstehen, können durch<br />

Destillation leicht abgetrennt wer<strong>de</strong>n.<br />

13.1 Herstellung aromatischer Halogenverbindungen und Nitrile durch Sandmeyer-<br />

Reaktion<br />

Als Ausgangsmaterial dienen primäre aromatische Amine. Bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>r<br />

durch Diazotierung (Kap. 12.1) zugänglichen Diazoniumsalze, z.B. Benzol-<br />

diazoniumchlorid mit Kupfer(I)chlorid in salzsaurer Lösung und anschließen<strong>de</strong>r<br />

Erwärmung <strong>de</strong>r Lösung, bil<strong>de</strong>t sich Chlorbenzol, das durch Wasserdampf<strong>de</strong>stillation<br />

aus <strong>de</strong>r Reaktionslösung isoliert wer<strong>de</strong>n kann.<br />

�<br />

CuCl<br />

�<br />

N N Cl<br />

Cl + N 2<br />

Im Einzelnen läuft die Reaktion folgen<strong>de</strong>rmaßen ab: Kupfer-(I)-chlorid bil<strong>de</strong>t in<br />

salzsaurer Lösung einen Komplex:<br />

132


CuCl + Cl �<br />

[CuCl 2] �<br />

In zu stark saurer Lösung entsteht ein Tetrakomplex, <strong>de</strong>r nicht mehr in <strong>de</strong>r<br />

gewünschten Weise reagiert; in zu stark salzsauren Lösungen verläuft die<br />

Umsetzung daher wesentlich langsamer:<br />

CuCl + 3 Cl �<br />

[CuCl 4 ] 3�<br />

Der [CuCl2] �<br />

-Komplex reagiert mit <strong>de</strong>m Diazoniumsalz unter Abspaltung von Stickstoff<br />

und Bildung eines Arylradikals. Kupfer gibt dabei ein Elektron ab und wird zum<br />

Kupfer(II) oxidiert.<br />

�<br />

N N [CuCl2 ] + N2 �<br />

+ � + CuCl2 Diese Reaktion ist geschwindigkeitsbestimmend für <strong>de</strong>n Ablauf <strong>de</strong>r Gesamtreaktion.<br />

Der Elektronenübergang vom Kupfer-(I)-Komplex erfolgt vermutlich in einem aktivierten<br />

Komplex über eine „Chlorid-Brücke“.<br />

�<br />

N N Cl Cu Cl �<br />

In einer nachfolgen<strong>de</strong>n schnelleren Reaktion überträgt das Kupfer-(II)-chlorid ein<br />

Chlorradikal auf das Arylradikal und wird dabei wie<strong>de</strong>r zum Kupfer-(I)-chlorid reduziert.<br />

� + Cl Cu Cl<br />

Cl + CuCl<br />

In gleicher Weise sind Bromi<strong>de</strong> und Chlori<strong>de</strong> herstellbar.<br />

133


�<br />

N<br />

N<br />

- N 2<br />

[CuBr 2] �<br />

+ CN �<br />

Cu �<br />

Br<br />

C N<br />

Bei <strong>de</strong>r Herstellung von lodi<strong>de</strong>n sind Kupfersalze als Katalysatoren nicht erfor<strong>de</strong>rlich, da<br />

das lodid-Ion selbst reversibel oxidierbar ist und somit seinen eigenen Katalysator<br />

darstellt, kann Kaliumiodid für die Umsetzung eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

�<br />

N N Cl �<br />

+ K ,<br />

- KCl<br />

,<br />

+ N 2<br />

Fluorbenzol läßt sich in analoger Weise nicht herstellen, ist aber durch die Balz-<br />

Schiemann-Reaktion zugänglich, bei <strong>de</strong>r trockenes Benzoldiazonium-<br />

Tetrafluoroborat erhitzt wird.<br />

�<br />

N N [BF4] F<br />

� Hitze<br />

- N2 + BF 3<br />

Der Vorteil dieser Reaktionen zur Herstellung von aromatischen<br />

Halogen<strong>de</strong>rivaten liegt vor allem darin, dass auf diese Weise auch in solchen<br />

Positionen Halogenatome eingebaut wer<strong>de</strong>n können, die sonst nicht zugänglich<br />

sind.<br />

m-Dichlorbenzol ist durch direkte Chlorierung nicht herstellbar, da Chlor in 2- und 4-<br />

Stellung dirigiert. Seine Herstellung gelingt aber auf folgen<strong>de</strong> Weise über die<br />

Sandmeyer-Reaktion:<br />

134


NO �<br />

NO 2<br />

�<br />

N 2<br />

NO 2<br />

�<br />

N 2<br />

Sn/HCl<br />

CuCl<br />

HCl<br />

NH 2<br />

13.2 Herstellung aromatischer Nitrile durch Sulfonsäuresalzschmelze<br />

Cl<br />

NH 2<br />

Bei größeren Diazotierungsansätzen steigt die Gefahr, die Temperatur nicht mehr<br />

kontrollieren zu können, so dass sie nur schlecht im industriellen Maßstab<br />

durchzuführen sind. Man wen<strong>de</strong>t daher zur Einführung <strong>de</strong>r Cyanidgruppe anstelle <strong>de</strong>s<br />

Sandmeyerverfahrens die KCN-Schmelze von Sulfonsäuren an:<br />

SO 3H<br />

13.2.2 Herstellung von Sulfonsäuren<br />

KCN<br />

CN<br />

+ KHSO 3<br />

Die als Ausgangsmaterial zur Nitrilherstellung benötigten Sulfonsäuren sind durch<br />

Sulfonierung zugänglich: Die Sulfonierung aromatischer Verbindungen erfor<strong>de</strong>rt je nach<br />

<strong>de</strong>r Aktivierung <strong>de</strong>s Aromaten unterschiedliche Reaktionsbedingungen: Phenole lassen<br />

sich bereits mit 70-100 % H2SO4 sulfonieren, Naphthalin erst mit Schwefelsäure, <strong>de</strong>r<br />

noch SO3 zugesetzt wird. Das angreifen<strong>de</strong> Agens bei <strong>de</strong>r Sulfonierung ist SO3.<br />

Cl<br />

135


O<br />

+ δ+ S<br />

δ−<br />

O<br />

O<br />

�<br />

H<br />

O<br />

S O<br />

O<br />

�<br />

- H �<br />

O<br />

S O<br />

Als Nebenprodukte bil<strong>de</strong>n sich Sulfone. Sie entstehen aus <strong>de</strong>n Sulfonsäuren, die<br />

durch Protonierung ihrerseits wie<strong>de</strong>r elektrophile Reagentien bil<strong>de</strong>n können, die<br />

die Ausgangsmoleküle angreifen:<br />

O<br />

O<br />

S<br />

OH<br />

+ H �<br />

- H2O Weitere Nebenprodukte können durch die oxidative Wirkung <strong>de</strong>r Schwefelsäure<br />

gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Die Isolierung <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n Säuren ist wegen ihrer hohen<br />

Wasserlöslichkeit schwierig. Meist gelingt sie durch Aussalzen (Zusatz von festem<br />

NaCl).<br />

Um leichter isolierbare Verbindungen zu erhalten, stellt man vielfach anstelle <strong>de</strong>r<br />

Sulfonsäuren <strong>de</strong>ren Sulfochlori<strong>de</strong> her, die durch Umsatz <strong>de</strong>r Aromaten mit<br />

Chlorsulfonsäuren erhältlich sind:<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

S<br />

�<br />

O<br />

�<br />

136


Cl<br />

+ O S O<br />

OH<br />

- HCl<br />

SO 3 H<br />

Cl SO 3H<br />

- H 2SO 4<br />

SO 2 Cl<br />

Die Sulfonierung ist wie die Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktion reversibel. Durch kinetische<br />

Kontrolle gebil<strong>de</strong>te Produkte können daher bei Temperaturerhöhung in die<br />

thermodynamisch stabileren umgelagert wer<strong>de</strong>n, so dass dadurch die<br />

Möglichkeit besteht, je nach Reaktionsbedingungen verschie<strong>de</strong>ne<br />

Substitutionsprodukte zu erhalten:<br />

SO 3H<br />

SO 3H<br />

13.3 Nachweis aromatischer Halogen<strong>de</strong>rivate<br />

Die Beweglichkeit von Halogenen, die an einem Aromaten gebun<strong>de</strong>n sind, ist - wie<br />

bereits früher eingehend dargelegt - bei weitem nicht so groß wie die aliphatischer<br />

Halogeni<strong>de</strong>. Dies zeigt sich beispielsweise in <strong>de</strong>r Reaktionsfähigkeit gegenüber<br />

alkoholischer Silbernitratlösung: Während aliphatische Halogeni<strong>de</strong> relativ rasch unter<br />

Bildung von AgX reagieren, beobachtet man bei Umsatz von aromatischen<br />

Halogeni<strong>de</strong>n auch nach mehrstündigen Stehgn keine Trübung <strong>de</strong>r Reaktionslösung<br />

durch ausfallen<strong>de</strong>s Silberhalogenid.<br />

Als Nachweisreaktion ist die Beilsteinprobe geeignet sowie <strong>de</strong>r Aufschluß <strong>de</strong>r<br />

aromatischen Verbindung mit Natrium und <strong>de</strong>r Nachweis <strong>de</strong>r Chlorionen mit<br />

Silbernitrat.<br />

Eine Charakterisierung ist meist durch Nitrierung über <strong>de</strong>n Schmelzpunkt <strong>de</strong>r<br />

Nitro<strong>de</strong>rivate o<strong>de</strong>r durch Sulfonamidbildung möglich.<br />

14. Herstellung aromatischer Ketone und Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong><br />

14.1 Die Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Acylierung<br />

137


Acylhalogeni<strong>de</strong> (Säurechlori<strong>de</strong>) sind befähigt, aromatische Verbindungen in Gegenwart<br />

von Lewis-Säuren im Zuge einer elektrophilen Substitutionsreaktion zu acylieren<br />

(Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Acylierung).<br />

H 3C C<br />

O<br />

Cl<br />

H<br />

�<br />

+ AlCl3 H3C C<br />

�<br />

O<br />

O<br />

C<br />

�<br />

AlCl4 CH 3<br />

- HCl<br />

�<br />

AlCl4 O<br />

C<br />

AlCl 3<br />

CH 3<br />

Die Reaktion wird offenbar durch Komplexbildung am Sauerstoffatom (Erhöhung<br />

<strong>de</strong>r Carbonylaktivität) eingeleitet. Das so gebil<strong>de</strong>te Elektrophil greift in üblicher<br />

Weise die aromatische Verbindung an. AlCl3 bil<strong>de</strong>t auch mit <strong>de</strong>m entstehen<strong>de</strong>n<br />

Keton eine Komplexverbindung, die unter <strong>de</strong>n gegebenen Reaktionsbedingungen<br />

beständig ist. AlCl3 muß daher in einer Menge, die über einem Mol liegt,<br />

zugesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Aromaten, die über elektronenziehen<strong>de</strong> Substituenten verfügen, haben zu geringe<br />

negative Ladungsdichte, um eine Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktion einzugehen. Da zu<br />

diesen Substituenten auch Ketone zählen, bleibt die Reaktion nach <strong>de</strong>r erfolgten<br />

Mono-Acylierung stehen.<br />

Eine Umsetzung von Säure<strong>de</strong>rivaten und Nitroverbindungen gelingt aus <strong>de</strong>m<br />

gleichen Grun<strong>de</strong> nicht, es sei <strong>de</strong>nn, noch zusätzlich vorhan<strong>de</strong>ne<br />

elektronendrücken<strong>de</strong> Gruppen (z.B. Methoxylgruppen) heben <strong>de</strong>n<br />

reaktionsbehin<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Einfluß dieser Substituenten zweiter Ordnung auf.<br />

�<br />

�<br />

138


Als Lösungsmittel für die Reaktion dient Nitrobenzol, das wegen seiner Trägheit<br />

selbst nicht reagiert und wegen seiner hohen Polarität zur Lösung <strong>de</strong>s benötigten<br />

AlCl3 gut geeignet ist. Ebenso geeignet ist 1,2-Dichlorethan (Vorsicht: Sehr giftig,<br />

cancerogen).<br />

Der Ausschluss von Wasser und an<strong>de</strong>ren Verbindungen mit aktiven<br />

Wasserstoffatomen (Säuren) ist erfor<strong>de</strong>rlich, um eine Hydrolyse <strong>de</strong>r<br />

Säurechlori<strong>de</strong> zu vermei<strong>de</strong>n.<br />

Anstelle von Säurechlori<strong>de</strong>n können auch die etwas trägeren Anhydri<strong>de</strong><br />

eingesetzt wer<strong>de</strong>n. In diesem Falle ist aber min<strong>de</strong>stens eine 2 molare Menge an<br />

Katalysator erfor<strong>de</strong>rlich, ein Mol <strong>de</strong>s Katalysators wird hierbei zur<br />

Komplexbildung an <strong>de</strong>r Ketofunktion, das zweite zur Bindung <strong>de</strong>r entstehen<strong>de</strong>n<br />

Carbonsäure benötigt.<br />

Da die Reaktion reversibel ist, kann durch längere Reaktionszeit und verschärfte<br />

Reaktionsbedingungen (höhere Temperatur) eine zunächst im Zuge kinetischer<br />

Reaktionskontrolle überwiegend gebil<strong>de</strong>te Verbindung zum thermodynamisch<br />

stabileren Isomeren umgelagert wer<strong>de</strong>n, beispielsweise α-Acetylnaphthalin in<br />

das β-Acetylnaphthalin.<br />

H 3C<br />

C<br />

O<br />

Hitze<br />

AlCl 3<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

Phenole wür<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m Katalysator Salze bil<strong>de</strong>n. Daher setzt man in diesem<br />

Falle die Phenolester ein und lagert diese nach Zusatz.von AlCl3 in Nitrobenzol<br />

zum aromatischen Hydroxyketon um (Fries-Verschiebung).<br />

139


O C CH 3<br />

O<br />

Hitze<br />

AlCl 3<br />

HO C CH 3<br />

Bei höheren Temperaturen (150°C) bil<strong>de</strong>t sich überwiegend das o-Produkt.<br />

14.1.1 Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktion mit Alkylhalogeni<strong>de</strong>n<br />

Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktionen sind auch mit Alkylhalogeni<strong>de</strong>n durchführbar. Die<br />

dabei entstehen<strong>de</strong>n Alkylaromaten för<strong>de</strong>rn zufolge <strong>de</strong>s Elektronendrucks <strong>de</strong>r<br />

Alkylgruppe weitere elektrophile Substitutionsreaktionen, so dass<br />

Mehrfachsubstitutionsprodukte entstehen.<br />

Abgesehen davon läßt es sich nicht vermei<strong>de</strong>n. dass unter <strong>de</strong>r Einwirkung <strong>de</strong>s<br />

Katalysator die Alkylketten so rasch umgelagert wer<strong>de</strong>n, dass bevorzugt<br />

Reaktionsprodukte mit Verzweigung in <strong>de</strong>r Seitenkette gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n:<br />

H 3C CH 2 CH 2 Cl<br />

AlCl 3<br />

�<br />

AlCl4 H 3C CH 2 CH 2 Cl CH 2 CH 2 CH 3<br />

�<br />

�<br />

AlCl4 O<br />

CH 3<br />

H3C �<br />

CH Cl CH<br />

H3C CH3 Dieser Reaktion kommt daher zur Herstellung von aromatischen<br />

Kohlenwasserstoffen mit aliphatischer Seitenkette nur in Son<strong>de</strong>rfällen Be<strong>de</strong>utung<br />

zu. Statt Alkylhalogeni<strong>de</strong>n kann man bei dieser Reaktion auch Alkene einsetzen.<br />

Aromatische Kohlenwasserstoffe mit unverzweigten Seitenketten stellt man<br />

durch Acylierung nach Frie<strong>de</strong>l-Crafts- und nachfolgen<strong>de</strong> Clemmenson-Reduktion:<br />

140


C 2H 5<br />

AlCl 3<br />

C<br />

O<br />

Cl<br />

O<br />

C<br />

C 2H 5<br />

Red.<br />

CH 2<br />

C 2H 5<br />

Die Herstellung von Ketonen nach <strong>de</strong>r Houben-Hoesch-Synthese durch Umsetzung<br />

<strong>de</strong>s Aromaten mit einem Nitril bei Anwesenheit von Aluminiumchlorid wird im Kapitel<br />

14.2.2 gesprochen.<br />

14.2 Herstellung aromatischer Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong><br />

14.2.1 Gattermann-Koch-Synthese<br />

Zur Herstellung aromatischer Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> könnte man in Analogie zur Herstellung von<br />

Ketonen, Aromaten mit Formylchlorid nach Frie<strong>de</strong>l-Grafts umsetzen. Formylchlorid<br />

selbst ist aber unbeständig, es zerfällt zu HCl und CO.<br />

Die Reaktion gelingt aber, wenn man Aromaten mit HCl und CO unter hohem<br />

Druck mit AlCl3 zusammenbringt. Die Verwendung <strong>de</strong>s Druckgefäßes läßt sich<br />

vermei<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Reaktion CuCl zugesetzt wird, das offensichtlich CO zu<br />

komplexieren und damit reaktionsfähiger zu machen vermag (Gattermann-Koch-<br />

Synthese).<br />

CH 3<br />

14.2.2 Gattermann-Synthese<br />

+ CO + HCl AlCl 3, CuCl<br />

Elektrophil:<br />

H C O �<br />

�<br />

AlCl4 H<br />

CH 3<br />

Als Formylierungsreagens sind aber auch wasserfreie Blausäure und HCl einsetzbar:<br />

Dabei erfolgt zunächst Addition von HCl, an die Blausäure unter Bildung <strong>de</strong>s<br />

unbeständigen Formimidchlorid, das <strong>de</strong>m Formylchlorid analog gebaut ist. Dieses<br />

C<br />

O<br />

141


eagiert nun unter Komplexbildung mit <strong>de</strong>m AlCl3, das elektrophil <strong>de</strong>n Aromaten angreift<br />

(Gattermann-Synthese):<br />

H C N + HCl H C NH<br />

H C NH<br />

Cl<br />

� �<br />

AlCl3 Cl<br />

� �<br />

AlCl 3<br />

bzw. H C N AlCl3 + HCl<br />

Das Hydrochlorid <strong>de</strong>s entstehen<strong>de</strong>n Aldimins zerfällt bei Säurebehandlung unter<br />

Hydrolyse zum Al<strong>de</strong>hyd:<br />

H 3CO<br />

+ H C NH<br />

H3CO H 3CO<br />

Cl<br />

� �<br />

AlCl3 C<br />

O<br />

H<br />

Setzt man anstelle <strong>de</strong>r HCN Nitrile ein, so erhält man aromatische Ketone<br />

(Houben-Hoesch-Synthese).<br />

+<br />

H �<br />

R C N + HCl<br />

C<br />

O<br />

R<br />

AlCl 3<br />

C<br />

C<br />

�<br />

H<br />

NH 2<br />

�<br />

NH 2<br />

R<br />

Cl<br />

�<br />

Cl<br />

�<br />

142


Das gefährliche Arbeiten mit wasserfreier Blausäure läßt sich<br />

vermei<strong>de</strong>n, wenn man <strong>de</strong>n nötigen Cyanwasserstoff aus Zn(CN)2<br />

durch Einleiten von Chlorwasserstoffgas in Freiheit setzt<br />

(Gattermann-Synthese).<br />

Die Gattermann-Synthese dient vorzugsweise zur Herstellung von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n aus<br />

Phenolethern und Phenolen. Die Größe <strong>de</strong>s Reagens bedingt eine nahezu ausschließliche<br />

Formylierung in <strong>de</strong>r 4-Stellung.<br />

14.2.3 Vilsmeyer-Synthese<br />

Phenolether, Phenole, tertiäre aromatische Amine und beson<strong>de</strong>rs reaktive Aromaten<br />

können auch mit Hilfe <strong>de</strong>r Vilsmeyer-Synthese formyliert wer<strong>de</strong>n. Das<br />

Formylierungsreagenz ist in diesem Falle ein formyliertes sekundäres Amin<br />

(Dimethylformamid und N-Methyl-formanilid sind am gebräuchlichsten), <strong>de</strong>ssen<br />

Formylgruppe durch Umsatz mit Phosphoroxychlorid aktiviert wird:<br />

H 3 C<br />

H 3 C<br />

N<br />

C<br />

O<br />

H<br />

H 3 C<br />

H 3 C<br />

N<br />

+ POCl 3<br />

�<br />

C<br />

O<br />

H<br />

O Cl<br />

P<br />

Cl �<br />

Cl<br />

H 3 C<br />

H 3 C<br />

N<br />

�<br />

H 3 C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

C<br />

N<br />

N<br />

�<br />

O<br />

H<br />

C<br />

Cl<br />

C<br />

O Cl<br />

P<br />

Cl<br />

O<br />

H<br />

H<br />

�<br />

Cl<br />

Cl<br />

O Cl<br />

P<br />

Cl<br />

�<br />

PO2Cl2 Das so gebil<strong>de</strong>te Reagens mit positiver Partialladung am Formylkohlenstoffatom<br />

reagiert als Elektrophil mit <strong>de</strong>r aromatischen Verbindung zu einem<br />

143


Al<strong>de</strong>hydammoniak<strong>de</strong>rivat, das - wie für solche Verbindungen üblich - leicht einer<br />

Hydrolyse unterliegt:<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

N<br />

�<br />

C<br />

�<br />

PO2Cl2 (H 3C) 2N<br />

H<br />

Cl<br />

+<br />

CH<br />

NR 2<br />

Cl<br />

NR 2<br />

H 2O<br />

-HCl<br />

- HN(CH 3) 2<br />

(H 3C) 2N<br />

H<br />

NR 2<br />

14.2.4 Weitere Herstellungsmetho<strong>de</strong>n von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n und Ketonen<br />

H<br />

C<br />

O<br />

CH<br />

�<br />

NR 2<br />

Aromatische Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> und Ketone sind überdies durch Oxidation entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Alkohole zugänglich. Da Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> leicht zu entsprechen<strong>de</strong>n Benzoesäure<strong>de</strong>rivaten<br />

weiter oxidiert wer<strong>de</strong>n, sind Umwege notwendig:<br />

Radikalische Dihalogenierung von Toluol und Derivaten, und anschließen<strong>de</strong><br />

Hydrolyse <strong>de</strong>r Reaktionsprodukte:<br />

Cl<br />

144


Cl Cl Cl �<br />

CH 3<br />

+ Cl �<br />

+ Cl �<br />

- HCl � Cl Cl<br />

CH2 - Cl �<br />

CH<br />

Cl<br />

Cl<br />

+ Cl �<br />

Cl Cl<br />

+ Cl<br />

- HCl<br />

�<br />

CH 2Cl<br />

Die Benzylstellung ist in aromatischen Verbindungen durch <strong>de</strong>n Aromaten<br />

aktiviert. Sie ist daher bevorzugt radikalisch angreifbar. Durch Lichteinwirkung<br />

ist Chlor spaltbar, das gebil<strong>de</strong>te Chloratom reagiert mit einer benzylständigen<br />

C-H-Bindung unter Abstraktion eines Wasserstoffatoms und eines durch<br />

Mesomerie stabilisierten Benzylradikals, das nun seinerseits wie<strong>de</strong>r mit einem<br />

Halogemolekül unter Bildung von Benzylchlorid weiterreagieren kann. Die<br />

Reaktion läßt sich nach Austausch von 2 Halogenatomen stoppen. Das<br />

Benzalchlorid ist im Zuge einer nukleophilen Substitutionsreaktion in <strong>de</strong>n<br />

Al<strong>de</strong>hyd überführbar.<br />

CH<br />

Cl<br />

Cl<br />

H 2O<br />

C O<br />

H<br />

Zur Überführung einer am aromatischen kernbstituierten Methylgruppe in eine<br />

Al<strong>de</strong>hydruppe kann eine verbesserte Variante <strong>de</strong>r veralteten Etard-Reaktion<br />

(Oxidation mit CrO2Cl2 in Schwefelkohlenstoff) dienen:<br />

Aktivierte benzylische C-H-Bindungen können oxidativ durch<br />

Chromsäureanhydrid in Essigsäureanhydrid/Essigsäure angegriffen wer<strong>de</strong>n. Der<br />

sich bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Al<strong>de</strong>hyd wird sofort in das geminale Diacetat überführt und so vor<br />

weiterer Oxidation bewahrt. Das Diacetat ist leicht zum Al<strong>de</strong>hyd hydrolisierbar:<br />

CH<br />

�<br />

Cl<br />

145


CH 3<br />

Ac 2O<br />

in HOAc<br />

H2SO4 CrO 3<br />

CH C O<br />

OAc<br />

H2O OAc<br />

Blanc-Reaktion mit nachfolgen<strong>de</strong>r Sommelet-Reaktion<br />

Aromaten reagieren mit <strong>de</strong>m reaktivsten Al<strong>de</strong>hyd, <strong>de</strong>m Formal<strong>de</strong>hyd, in Gegenwart von<br />

Chlorwasserstoff und ZnCl2, AlCl3 o<strong>de</strong>r H3PO4 unter Chlormethylierumg (Blanc-sche<br />

Reaktion). Der protonierte Formal<strong>de</strong>hyd greift elektrophil <strong>de</strong>n Aromaten an:<br />

H C<br />

O<br />

H<br />

+ H �<br />

H C<br />

OH<br />

�<br />

OH<br />

+ H C<br />

H<br />

�<br />

H H<br />

�<br />

CH 2 OH<br />

+ H �<br />

- H2O H<br />

CH 2<br />

�<br />

CH2 OH<br />

+ Cl �<br />

Der so gebil<strong>de</strong>te Benzylalkohol neigt nach Protonierung am Sauerstoffatom zur<br />

Wasserabspaltung. Das entstehen<strong>de</strong> Benzylcarbenium-Ion (SN1-Reaktion) bil<strong>de</strong>t<br />

mit vorhan<strong>de</strong>nen Chloridionen das Benzylchlorid.<br />

Das reaktionsfreudige Benzylhalogenid setzt sich mit Hexamethylentetramin zu<br />

Benzylamin um.<br />

- H �<br />

CH 2<br />

H<br />

Cl<br />

146


CH 2<br />

CH 2<br />

Cl<br />

N<br />

N<br />

N<br />

N<br />

CH 2<br />

N CH2 CH N CH3 NH 2 H C<br />

+ H2O - CH3NH2 O<br />

H<br />

C O<br />

H<br />

Wahrscheinlich reagiert <strong>de</strong>r ebenfalls bei <strong>de</strong>r Hydrolyse von Hexamethylentetramin<br />

entstehen<strong>de</strong> Formal<strong>de</strong>hyd mit Benzylamin zu einer Schiff‘schen Base, aus <strong>de</strong>r nach<br />

Umlagerung und Hydrolyse Benzal<strong>de</strong>hyd entsteht.<br />

Nachweisreaktionen: Siehe Nachweis aliphatischer Ketone und Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> (Kap. 7).<br />

15. Herstellung aromatischer Carbonsäuren<br />

15.1 Be<strong>de</strong>utung von Carbonsäuren für die Synthese<br />

Aromatische Carbonsäuren können in Form ihrer Derivate zur Einleitung von<br />

Aufbaureaktionen unter Bildung von C-C-Bindungen verwen<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n.<br />

Beispielsweise läßt sich ein aromatisches Säurechlorid im Zuge einer Frie<strong>de</strong>l-Crafts-<br />

Acylierung mit einem zweiten aromatischen Rest verknüpfen:<br />

O<br />

C<br />

Cl +<br />

AlCl 3<br />

Die Acylgruppe kann aber auch im Zuge von Kon<strong>de</strong>nsationsreaktionen<br />

(Esterkon<strong>de</strong>nsation) zum Anbau einen aliphatischen Restes verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n:<br />

O<br />

C<br />

147


O<br />

C<br />

OR<br />

+<br />

H 3C C<br />

O<br />

OCH 3<br />

O<br />

C<br />

CH 2<br />

COOCH 3<br />

Aromatische Carbonsäuren sind also wichtige Vor- und Zwischenstufen für<br />

Synthesen.<br />

15.2 Herstellung aromatischer Säuren durch Grignard-Reaktion<br />

Ähnlich wie aliphatische Carbonsäuren können auch aromatische Carbonsäuren über<br />

eine Grignard-Reaktion hergestellt wer<strong>de</strong>n (Kap. 6). Die dazu benötigten aromatischen<br />

Halogeni<strong>de</strong> sind in <strong>de</strong>r Regel weniger reaktiv als aliphatische, weil das Halogenatom an<br />

<strong>de</strong>m aromatischen Rest fester gebun<strong>de</strong>n ist. Die Einleitung <strong>de</strong>r Reaktion bedarf daher<br />

vielfach <strong>de</strong>r Starthilfe, die durch Zusatz einer Spur von Methyliodid o<strong>de</strong>r<br />

Tetrachlorkohlenstoff gewährt wer<strong>de</strong>n kann. (Peinlicher Ausschluß von Wasser und<br />

Alkoholen ist selbstverständlich).<br />

In <strong>de</strong>r Regel wer<strong>de</strong>n die Bromi<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Chlori<strong>de</strong>n vorgezogen, weil sie leichter erhältlich<br />

sind und außer<strong>de</strong>m höhere Reaktivität besitzen. Wenn ihre Reaktivität nicht ausreicht,<br />

muß man auf die schwerer zugänglichen lodi<strong>de</strong> zurückgreifen.<br />

15.3 Herstellung aromatischer Säuren durch Verseifung von Nitrilen<br />

Nur in Son<strong>de</strong>rfällen spielt die Verseifung <strong>de</strong>r Nitrile als Herstellungsverfahren<br />

aromatischer Säuren eine Rolle, <strong>de</strong>nn es muß dabei berücksichtigt wer<strong>de</strong>n, dass die<br />

Nitrile selbst meist nur in mäßigen Ausbeuten über die Sandmeyer-Reaktion o<strong>de</strong>r die<br />

Sulfonsäuren zugänglich sind.<br />

O<br />

C N C<br />

H2O OH<br />

15.4 Herstellung durch oxidativen Abbau von Seitenketten<br />

148


Das wohl wichtigste Verfahren zur Herstellung aromatischer aber auch von<br />

heterocyclischen Carbonsäuren - ist <strong>de</strong>r oxidative Abbau von Seitenketten:<br />

Die Benzylstellung ist wegen ihrer hohen Aktivität leicht oxidativ angreifbar, nicht aber<br />

<strong>de</strong>r aromatische Kern. So können Alkylbenzole in guten Ausbeuten mit Permanganat<br />

zu entsprechen<strong>de</strong>n Benzoesäure<strong>de</strong>rivaten abgebaut wer<strong>de</strong>n:<br />

CH 2 CH 2 CH 3<br />

KMnO 4<br />

O<br />

C<br />

OH<br />

+ H 3C C<br />

Das Naphthalinsystem ist ebenfalls oxidativ unter Abbau eines Ringes angreifbar:<br />

O 2<br />

V 2 O 5<br />

COOH<br />

COOH<br />

Diese Metho<strong>de</strong> ist ein geeignetes Verfahren zur Herstellung substituierter<br />

Phthalsäuren, mit elektronenziehen<strong>de</strong>n Substituenten, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r oxidative Angriff<br />

erfolgt bevorzugt im unsubstituierten Ring:<br />

O 2N<br />

Ox.<br />

O 2N<br />

COOH<br />

COOH<br />

Will o<strong>de</strong>r muß man schonen<strong>de</strong>r oxidieren, z.B. bei Anwesenheit<br />

elektronendrücken<strong>de</strong>r Substituenten, so ist in <strong>de</strong>n Fällen, in <strong>de</strong>nen eine COCH3-<br />

Seitenkette vorhan<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>r Abbau über die Haloform-Reaktion mit Vorteil<br />

anwendbar. Hierbei wird zunächst die Methylgruppe halogeniert, <strong>de</strong>r hohe<br />

Elektronenzug <strong>de</strong>r Trihalogenmethylgruppe bewirkt die durch Alkali katalysierte<br />

Bindungsspaltung:<br />

O<br />

OH<br />

149


O<br />

Ar C CH 3<br />

2 Br 2 + 2 OH �<br />

OH �<br />

- H 2O<br />

O<br />

Ar C<br />

- 2 H 2O - 2 Br � Ar C<br />

- �<br />

,&%U� Ar C<br />

O<br />

O<br />

OH<br />

�<br />

C<br />

CH 2<br />

Br<br />

Br<br />

Br<br />

+ �<br />

,&%U� Br Br<br />

- Br �<br />

OH �<br />

O<br />

Ar C<br />

O �<br />

CH 2<br />

Br<br />

Ar C C Br<br />

Ar C<br />

OH<br />

Br<br />

Br<br />

O + HCBr3<br />

O �<br />

Beispielsweise gelingt auf diesem Wege die Herstellung von β-Naphthoesäure:<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

COOH<br />

Diese Reaktion ist nicht nur auf aromatische Methylketone<br />

beschränkt, son<strong>de</strong>rn auf alle Verbindungen, die die CH3-CO- Gruppe<br />

enthalten, anwendbar.<br />

Entsprechen<strong>de</strong> Alkohole wer<strong>de</strong>n durch das in <strong>de</strong>r Lösung vorhan<strong>de</strong>ne Hypohalogenit<br />

zunächst zum Keton aufoxidiert, das dann die Haloformspaltung eingeht.<br />

15.5 Nachweis und Charakterisierung<br />

150


Aromatische Carbonsäuren wer<strong>de</strong>n wie aliphatische Carbonsäuren am besten durch<br />

Überführung in ein Säureamid o<strong>de</strong>r -anilid charakterisiert.<br />

Das Äquivalentgewicht kann durch Titration ermittelt wer<strong>de</strong>n.<br />

16. Herstellung aromatischer Phenole und Chinone<br />

Im Gegensatz zu aliphatischen Alkoholen sind aromatische Alkohole (Phenole) aus<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Halogeni<strong>de</strong>n nur unter sehr verschärften Bedingungen durch Umsatz<br />

mit Alkali erhältlich. Dies beruht darauf, dass aromatisch gebun<strong>de</strong>nes Halogen <strong>de</strong>m<br />

Angriff eines Nucleophils erheblichen Wi<strong>de</strong>rstand entgegensetzt:<br />

Cl<br />

hohe<br />

Elektronendichte<br />

�<br />

Cl<br />

�<br />

partielle<br />

Doppelbindung<br />

Elektronenziehen<strong>de</strong> Substituenten in o- und p-Stellung führen zu einer relativen<br />

Elektronenverarmung an <strong>de</strong>m Kohlenstoffatom, an <strong>de</strong>m das Halogen gebun<strong>de</strong>n<br />

ist. Damit wird ein nucleophiler Angriff erleichtert. Wenn zwei <strong>de</strong>rartige Gruppen<br />

vorhan<strong>de</strong>n sind, erfolgt bereits relativ bereitwillig ein Austausch gegen ein<br />

an<strong>de</strong>res Nucleophil, z.B. OH; drei Nitrogruppen machen das aromatisch<br />

gebun<strong>de</strong>ne Halogen bereits so beweglich, dass es nahezu ähnlich leicht<br />

austauschbar ist wie in einem Säurechlorid:<br />

151


�<br />

O �<br />

N<br />

Cl<br />

�<br />

N<br />

�<br />

O<br />

�<br />

O �<br />

N<br />

Cl<br />

O<br />

O O<br />

�<br />

O<br />

O 2N<br />

N<br />

Cl<br />

O<br />

OH<br />

NO 2<br />

�<br />

N<br />

O<br />

O<br />

�<br />

�<br />

- Cl �<br />

�<br />

O<br />

O 2N<br />

N<br />

O<br />

�<br />

N<br />

OH<br />

NO 2<br />

O<br />

O<br />

�<br />

�<br />

NO 2<br />

+ OH �<br />

Bei <strong>de</strong>r Herstellung von Phenol aus Chlorbenzol im sogenannten Raschig-<br />

Verfahren erfolgt kein nucleophiler Austausch, son<strong>de</strong>rn die Reaktion läuft über<br />

die Zwischenstufe <strong>de</strong>r Arine: Hierbei wird durch das Alkali aus <strong>de</strong>m Benzol unter<br />

Ausbildung von Dehydrobenzol HCl eliminiert. Das so gebil<strong>de</strong>te Arin reagiert<br />

sofort weiter unter Wasseranlagerung:<br />

H<br />

Cl<br />

*<br />

- HCl<br />

*<br />

+ H 2O<br />

+ H 2O<br />

HO<br />

OH<br />

*<br />

*<br />

152


Der-Reaktionsverlauf ließ sich durch Markierung <strong>de</strong>s Kohlenstoffatoms<br />

nachweisen, <strong>de</strong>r ursprünglich das Halogenatom trug: Im gebil<strong>de</strong>ten Phenol<br />

verteilte sich die Markierung sowohl auf das C-Atom, das die OH-Gruppe trägt als<br />

auch auf, die benachbarten C-Atome (Nachweis durch Abbaureaktionen).<br />

Das Verfahren ist zwar zur Herstellung von Phenol in industriellem Maßstab<br />

anwendbar, nicht aber zur Synthese von Phenolen im Labor:<br />

Hier benutzt man in <strong>de</strong>r Regel zur Herstellung komplexer Phenole <strong>de</strong>n Weg über die<br />

Nitro-Verbindungen, die zu <strong>de</strong>n Aminen reduziert wer<strong>de</strong>n und dann nach Diazotierung<br />

zum Phenol verkocht wer<strong>de</strong>n: Das Diazoniumsalz ist in <strong>de</strong>r Hitze unbeständig und<br />

zerfällt beim Erwärmen zu einem Carbenium-Ion, das sofort mit vorhan<strong>de</strong>nem Wasser<br />

o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Nucleophilen in Reaktion tritt. Erhitzt man daher das Diazoniumsalz in<br />

wäßriger Lösung, erhält man im wesentlichen nur das Phenol:<br />

� Hitze<br />

N N<br />

- N2 �<br />

H 2O<br />

- H �<br />

Ein weiterer, teilweise im Labor, hauptsächlich aber industriell angewandtes<br />

Verfahren zur Herstellung von Phenolen besteht in <strong>de</strong>r KOH-Schmelze <strong>de</strong>r<br />

Sulfonsäuren:<br />

SO 3H<br />

KOH<br />

Hock'sche Phenolsynthese:<br />

Cumolhydroperoxid zerfällt beim Behan<strong>de</strong>ln mit verdünnten Mineralsäuren zu Aceton<br />

und Phenol:<br />

OH<br />

OH<br />

153


H 3C<br />

C<br />

CH 3<br />

O OH<br />

H �<br />

OH<br />

+ H 3C<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

In Westeuropa wer<strong>de</strong>n mehr als 90 % <strong>de</strong>s benötigten Phenols nach diesem, erst in <strong>de</strong>n<br />

50er Jahren in <strong>de</strong>r Technik eingeführten Verfahren hergestellt. Cumolhydroperoxid<br />

entsteht bereits durch Autoxidation im Zuge einer Radikalkettenreaktion. In <strong>de</strong>r<br />

Technik erfolgt die Oxidation katalytisch an Kupfer-, Mangan- o<strong>de</strong>r Kobaltsalzen.<br />

H 3C<br />

CH<br />

CH 3<br />

O O �<br />

�<br />

H 3C<br />

C<br />

CH 3<br />

O OH<br />

Cumolhydroperoxid wird bei <strong>de</strong>r Zersetzung an <strong>de</strong>r Peroxidgruppe protoniert,<br />

spaltet Wasser ab, lagert sich unter Wan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Phenylrestes um und lagert<br />

wie<strong>de</strong>r Wasser an:<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

O<br />

O<br />

H3C H A C<br />

H<br />

- A �<br />

- H 2O<br />

Dieses Halbacetal zerfällt zu Aceton und Phenol.<br />

�<br />

O<br />

CH 3<br />

+ H 2O<br />

- HA<br />

H 3C<br />

C<br />

O<br />

CH 3<br />

OH<br />

154


H 3C<br />

C<br />

O<br />

CH 3<br />

OH<br />

OH<br />

+<br />

H 3C<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

Das gleichzeitig entstehen<strong>de</strong> Aceton ist ebenfalls ein willkommenes Produkt<br />

(Lösungsmittel, Syntheseausgangsstoff).<br />

Phenole sind äußerst oxidationsempfindlich, vor allem in alkalischer Lösung. Die<br />

Oxidationsempfindlichkeit wird durch zusätzlich vorhan<strong>de</strong>ne OH- und NH2-Gruppen<br />

noch weiter gesteigert, vor allem, wenn diese in 2- o<strong>de</strong>r 4-Stellung stehen Dabei wird<br />

z.B. aus <strong>de</strong>m 4-Dihydroxybenzol (Hydrochinon) p-Chinon gebil<strong>de</strong>t, während aus <strong>de</strong>m<br />

entsprechen<strong>de</strong>n 2-Dihydroxybenzol (Brenzkatechin) das entstehen<strong>de</strong> o-Chinon so<br />

leicht weiter oxidativ abgebaut wer<strong>de</strong>n kann, dass es lange Zeit für nicht herstellbar<br />

galt.<br />

OH<br />

OH<br />

Ox.<br />

O<br />

O<br />

Hydrochinon p-Benzochinon Brenzkatechin o-Benzochinon<br />

Wegen ihrer hohen Oxidationsempfindlichkeit wer<strong>de</strong>n daher Verbindungen dieses Typs<br />

als photographische Entwickler eingesetzt.<br />

In mehrkernigen kon<strong>de</strong>nsierten Aromaten ist <strong>de</strong>r aromatische Charakter <strong>de</strong>r<br />

mittleren Ringe eingeschränkt. Durch Oxidation <strong>de</strong>r mittleren<br />

Ringkohlenstoffatome unter Bildung von Chinonen behalten die äußeren Ringe<br />

OH<br />

OH<br />

Ox.<br />

O<br />

O<br />

155


ihren vollen aromatischen Charakter bei. Solche Systeme sind daher ebenfalls<br />

oxidativ angreifbar:<br />

Ox.<br />

O<br />

Anthracen Anthrachinon<br />

o-chinoi<strong>de</strong> Verbindungen erlei<strong>de</strong>n allerdings leicht Weiteroxidation unter<br />

Ringöffnung:<br />

Ox.<br />

O<br />

O<br />

O<br />

COOH<br />

COOH<br />

Will man mit Phenolen arbeiten, so müssen daher vielfach die vorhan<strong>de</strong>nen OH-<br />

Gruppen geschützt wer<strong>de</strong>n. Dies gelingt durch Veretherung o<strong>de</strong>r Veresterung.<br />

Zur Veretherung verwen<strong>de</strong>t man meist Diazomethan, das mit einem Phenol<br />

wegen seines sauren Charakters unter Etherbildung reagiert:<br />

OH<br />

� �<br />

+ N N<br />

CH 2<br />

- N 2<br />

O CH 3<br />

156


Schutz durch Acylierung wird durch Umsatz mit einem Säureanhydrid o<strong>de</strong>r noch<br />

besser mit einem Säurehalogenid erreicht. Derivate, die durch Acylierung<br />

erhältlich sind, kristallisieren im allgemeinen gut und sind daher wichtige<br />

Reagenzien zur Charakterisierung von Phenolen.<br />

16.1 Nachweis von Phenolen<br />

Der qualitative Phenolnachweis ist durch die Fe 3�<br />

-chlorid-Reaktion zu führen: Eine<br />

winzige Probe <strong>de</strong>s Phenols, in einem Tropfen Alkohol gelöst, verfärbt sich nach Zusatz<br />

von Alkali und einem Tropfen Fe 3�<br />

, weil das Enolsystem mit <strong>de</strong>m Eisen einen<br />

Farbkomplex bil<strong>de</strong>n kann.<br />

Praktikumsversuche 7-10: Halogenierung am Aromaten, Sandmeyer-Reaktion,<br />

Vilsmeier-Formylierung, Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Acylierung, Haloform-Reaktion,<br />

Herstellung eines aromatischen Amins.<br />

17. Knüpfen von Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen<br />

1 Einleitung<br />

Bisher haben wir uns im wesentlichen mit <strong>de</strong>m Austausch o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Einführung<br />

funktioneller Gruppen in organische Moleküle beschäftigt. Die organische Synthese<br />

beruht aber hauptsächlich auf <strong>de</strong>m Aufbau komplexer Moleküle durch Knüpfen von<br />

Kohlenstoff-Kohlenstoff-Bindungen.<br />

Die Grignard-Reaktion, die wir bereits kennenlernten, ist eine solche vielfach<br />

angewandte Aufbaureaktion. Auch <strong>de</strong>r Austausch eines Halogenatoms gegen eine<br />

Nitrilgruppe ist als Aufbaureaktion zu werten, weil so ein zusätzliches Kohlenstoffatom<br />

in die Verbindung eingeführt wird.<br />

In diesem Kapitel sollen weitere Aufbaureaktionen besprochen wer<strong>de</strong>n.<br />

18. Aufbaureaktionen, die die Kohlenstoffkette um 1 C-Atom verlängern<br />

157


Aus Vollständigkeitsgrün<strong>de</strong>n wollen wir unter diesem Gesichtspunkt (Einführung eines<br />

zusätzlichen C-Atoms in das Molekül), zunächst die bereits besprochenen Reaktionen<br />

noch einmal kurz anführen:<br />

a) Grignard-Reaktion mit CO2:<br />

R X + Mg<br />

RCOOMgX<br />

Ether<br />

H �<br />

RMgX<br />

R COOH<br />

b) Ersatz eon Halogen gegen CN (Kolbe-Synthese):<br />

c) Wittig-Reaktion:<br />

R CH 2 C<br />

R CH 2<br />

d) Chlormethylierung:<br />

R<br />

CN<br />

R X R CN<br />

�<br />

O<br />

H<br />

CH CH 2<br />

O<br />

+ H 2C P(C 6H 5) 3<br />

P(C 6H 5) 3<br />

H C<br />

O<br />

H<br />

HCl / H 3PO 4<br />

e) Formylierung von aromatischen Verbindungen:<br />

e1) Vilsmeyer-Synthese:<br />

CO 2<br />

R CH 2 CH CH 2<br />

R<br />

CH 2Cl<br />

158


N<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

POCl 3<br />

e2) Gattermann- und Gattermann/Koch-Synthese:<br />

N<br />

C<br />

CO / HCl<br />

bzw.<br />

HO<br />

HCN / HCl<br />

HO<br />

Folgen<strong>de</strong> Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Kettenverlängerung um ein C-Atom wur<strong>de</strong>n noch nicht<br />

diskutiert:<br />

Bei <strong>de</strong>r Arndt-Eistert Reaktion wird ein Saurechlorid mit Diazomethan zu einem<br />

Diazoketon umgesetzt, wobei das nucleophile Kohlenstoffatom <strong>de</strong>s Diazomethans am<br />

Carbonylkohlenstoffatom <strong>de</strong>r Säure angreift. Im Reaktionsprodukt drängt das negativ<br />

gela<strong>de</strong>ne Sauerstoffatom das Halogenatom aus <strong>de</strong>m Molekülverband. In <strong>de</strong>r Folge<br />

kommt es zur Abspaltung eines Protons und damit zur Ausbildung <strong>de</strong>s Diazoketons.<br />

Dieses zerfällt in Gegenwart von Silber unter Stickstoffabspaltung. In <strong>de</strong>m nicht<br />

fafbaren Reaktionsprodukt ist am Kohlenstoff ein Elektronensextett. Solche<br />

Zwischenprodukte mit "Carben"-Struktur neigen zu einer Wolff-Umlagerung, bei <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Alkylrest an das Kohlenstoffatom wan<strong>de</strong>rt, wobei sich ein Keten ausbil<strong>de</strong>t; dieses<br />

reagiert sofort mit Lösungsmittel (H20 o<strong>de</strong>r Alkohol) zu einer Saure bzw. einem Ester:<br />

O<br />

H<br />

O<br />

C<br />

H<br />

C<br />

N<br />

O<br />

H<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

159


R C<br />

O<br />

Cl<br />

+ H 2C<br />

O<br />

H<br />

N N � �<br />

�<br />

R C CH N N<br />

R C<br />

Cl �<br />

O<br />

CH<br />

ein Carben<br />

R CH C O<br />

ein Keten<br />

- HCl<br />

- N 2<br />

R C<br />

O<br />

R C<br />

O<br />

O<br />

Cl<br />

�<br />

CH 2<br />

CH N N � �<br />

�<br />

R C CH N N<br />

�<br />

+ H 2O<br />

�<br />

N N<br />

R CH 2 COOH<br />

In ähnlicher Weise lassen sich auch Methylgruppen in Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r Ketone<br />

einschieben:<br />

R C<br />

O<br />

H<br />

+ H2C N N � �<br />

O<br />

�<br />

�<br />

R C N N<br />

H<br />

CH 2<br />

In <strong>de</strong>m primären Reaktionsprodukt ist im Gegensatz zu <strong>de</strong>m Produkt, das aus<br />

Säurechlorid und Diazomethan entsteht, keine gut eliminierbare Gruppe (H �<br />

kann im<br />

Gegensatz zu Cl �<br />

nicht abgespalten wer<strong>de</strong>n) vorhan<strong>de</strong>n. Eine Stabilisierung ist daher<br />

nicht möglich, <strong>de</strong>shalb erfolgt Stickstoffabspaltung. Das entstan<strong>de</strong>ne Produkt lagert<br />

sich unter Wan<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Restes R um:<br />

160


�<br />

R<br />

O<br />

CH<br />

�<br />

N N<br />

- N2 R CH2 C<br />

CH 2<br />

Es entsteht so ein um ein C-Atom längerer Al<strong>de</strong>hyd.<br />

Be<strong>de</strong>utung hat diese Reaktion vor allem zur Ringerweiterung gewonnen, da<br />

hierbei einheitliche Produkte entstehen, während bei Ketonen mit verschie<strong>de</strong>n<br />

langen Alkylresten schwer trennbare Gemische erhalten wer<strong>de</strong>n, so dass die<br />

Reaktion für synthetische Zwecke nur beschränkt brauchbar ist.<br />

O<br />

Cyclohexanon<br />

Cyanhydrin-Synthese:<br />

+ H2C N N � �<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> reagieren mit Cyanid-Ionen unter Addition:<br />

R C<br />

O<br />

H<br />

O<br />

�<br />

CH 2<br />

O<br />

H<br />

- N 2<br />

O<br />

Cycloheptanon<br />

O<br />

+ HCN R C C N<br />

H<br />

H<br />

Cyanhydrin<br />

�<br />

N N<br />

161


Blausäure ist nur wenig dissoziiert und es müssen daher zur Freisetzung <strong>de</strong>r<br />

Cyanidionen basische Katalysatoren zugesetzt wer<strong>de</strong>n (Alkalicyani<strong>de</strong>,<br />

Alkalicarbonate usw.). Üblicherweise verwen<strong>de</strong>t man daher Cyanidsalze, aus<br />

<strong>de</strong>nen man durch Zutropfen von Säure die Cyanidionen freisetzt und gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>n<br />

zur Reaktion optimalen pH-Wert einstellt (durch Protonenzusatz wird die<br />

Carbonylaktivität erhöht, Anlagerung von H �<br />

an das Carbonylsauerstoffatom).<br />

Die Reaktion ist reversibel. Insbeson<strong>de</strong>re sind Cyanhydrine empfindlich gegen<br />

Basen und thermische Beanspruchung. Sie wer<strong>de</strong>n daher nur als<br />

Zwischenprodukt verwen<strong>de</strong>t, aus <strong>de</strong>nen man durch saure Verseifung α-Hydroxy-<br />

Carbonsäuren herstellt.<br />

O<br />

H<br />

R C C N<br />

H<br />

Cyanhydrin<br />

H 2O (H �<br />

OH<br />

R CH<br />

COOH<br />

Vorsicht!!! Unter gut ziehen<strong>de</strong>m Abzug arbeiten, Handschuhe tragen,<br />

Entsorgung sichern (Cyanid-Abfallflasche, pH basisch).<br />

Umsatz von Formal<strong>de</strong>hyd mit Acetyli<strong>de</strong>n (Ethinylierung):<br />

Acetyli<strong>de</strong> reagieren mit Formal<strong>de</strong>hyd unter Bildung von Derivaten <strong>de</strong>s<br />

Propargylalkohols:<br />

R C C �<br />

Na �<br />

Na-Acetylenid<br />

+ H C<br />

O<br />

H<br />

R C C Na �<br />

CH2 O �<br />

Das Acetylenid wird durch Eintragen <strong>de</strong>r Acetylenverbindung in ein Gefäß, in <strong>de</strong>m<br />

man flüssigen Ammoniak mit metallischem Natrium versetzt hat (Bildung von<br />

162


Natriumamid) erhalten. Dabei entzieht das Natriumamid <strong>de</strong>r Acetylverbindung<br />

unter Ammoniak-bildung ein Proton. Das Anion kann nun mit zugesetztem<br />

Formal<strong>de</strong>hyd zur Reaktion gebracht wer<strong>de</strong>n.<br />

Diese Reaktion hat vorzugsweise Be<strong>de</strong>utung für Synthesen im technischen<br />

Maßstab. Beispielsweise kann man auf diese Weise durch Umsatz von Acetylen<br />

mit 2 Mol Formal<strong>de</strong>hyd und nachfolgen<strong>de</strong> Hydrierung 1,4-Butandiol gewinnen:<br />

Na + NH 3<br />

NaNH 2 + ½ H 2<br />

HC CH + 2 NaNH 2 Na �<br />

Na �<br />

�<br />

O<br />

HO<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

� �<br />

C C<br />

Na �<br />

+ 2 H 2C=O<br />

+ 2 NH 3<br />

C C Na �<br />

CH2 O �<br />

+ H 2O<br />

C C CH 2<br />

OH<br />

HO CH 2 OH<br />

CH 2<br />

+ 2 H 2<br />

CH 2<br />

Daraus ist durch Wasserabspaltung Butadien herstellbar. Allerdings ist dieses<br />

Verfahren heute zur Butadien-Herstellung nicht mehr konkurrenzfähig.<br />

Aminomethylierung (Mannich-Reaktion):<br />

Als Mannich-Reaktion bezeichnet man die Umsetzung von Formal<strong>de</strong>hyd und einem<br />

sekundären Amin mit einer C-H-aci<strong>de</strong>n Verbindung (z.B. Keton), dabei wird die C-Haci<strong>de</strong><br />

Verbindung aminomethyliert.<br />

163


Sekundäre Amine setzen sich mit Formal<strong>de</strong>hyd folgen<strong>de</strong>rmaßen um:<br />

R<br />

R<br />

�<br />

NH 2<br />

Cl<br />

�<br />

+<br />

H<br />

C<br />

O<br />

H<br />

R<br />

�<br />

R<br />

�<br />

Cl<br />

NH<br />

OH<br />

C<br />

H<br />

H<br />

- H 2O<br />

R<br />

R<br />

�<br />

N CH 2<br />

Das entstehen<strong>de</strong> Kation, das ein N-analoges Formal<strong>de</strong>hyd<strong>de</strong>rivat darstellt, besitzt<br />

wie Formal<strong>de</strong>hyd eine starke Neigung mit nucleophilen Reagenzien in Reaktion<br />

zu treten. Als nucleophiles Reagens kann z.B. ein in <strong>de</strong>r Enolform vorliegen<strong>de</strong>s<br />

Keton (C-H-aci<strong>de</strong> Verbindung) wirken:<br />

O<br />

C<br />

R<br />

R<br />

C H<br />

R<br />

+ �<br />

O C C CH2 NH<br />

R<br />

R<br />

R<br />

Cl �<br />

HO<br />

R<br />

R<br />

6DO] GHU 0DQQLFK %DVH<br />

�<br />

C<br />

R<br />

R<br />

C H<br />

R<br />

R<br />

R<br />

�<br />

Cl<br />

N CH 2<br />

Als C-H-aci<strong>de</strong> Verbindungen sind Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>, Ketone, aber auch aliphatische<br />

Nitroverbindungen und Acetylen einsetzbar. Verbindungen mit beson<strong>de</strong>rs hoher<br />

C-H-Acidität wie Malonester reagieren mit Formal<strong>de</strong>hyd unter Aldolkon<strong>de</strong>nsation,<br />

weil in diesem Falle sich <strong>de</strong>r Formal<strong>de</strong>hyd bevorzug mit <strong>de</strong>m stärker<br />

nucleophilen Partner (Malonester) umsetzt.<br />

Merke: Mannich-Basen kann man nur erhalten, wenn das eingesetzte Amin eine<br />

höhere nucleophile Kraft besitzt als die C-H-aci<strong>de</strong> Verbindung!<br />

Da in zu stark saurer Lösung das freie Amin<br />

+ �<br />

+ �<br />

�<br />

Cl<br />

�<br />

164


R<br />

R<br />

�<br />

NH 2<br />

R<br />

R<br />

NH +�<br />

aufgrund obiger Gleichgewichtsbedingungen nur in geringer Konzentration vorliegt,<br />

aber an<strong>de</strong>rerseits die Aktivität <strong>de</strong>r C-H-aci<strong>de</strong>n Verbindung mit zunehmen<strong>de</strong>r H �<br />

-<br />

Ionenkonzentration ansteigt, gibt es für je<strong>de</strong> Mannich-Reaktion ein pH-Optimum.<br />

Primäre Amine reagieren unter Ersatz aller am Stickstoff befindlichen<br />

Wasserstoffatome:<br />

Cl<br />

�<br />

R<br />

O C CH2 NH<br />

R<br />

�<br />

CH2 H<br />

6DO] GHU 0DQQLFK %DVH<br />

Bei Umsatz mit einem primären Amin:<br />

O C CH2 NH R<br />

R<br />

+<br />

CH 2<br />

R<br />

HO C C<br />

+<br />

H<br />

C<br />

O<br />

H<br />

+ H � �� ��<br />

O C CH2 R<br />

CH 2<br />

O C CH2 R<br />

CH 2<br />

R<br />

�<br />

O C CH2 NH R<br />

R<br />

CH 2<br />

+ H � + Cl �<br />

O C CH2 CH2 N CH2 R<br />

R<br />

CH 2<br />

R<br />

N CH 2 C<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

R<br />

NH C O<br />

R<br />

�<br />

OH<br />

�<br />

165


Hat eine Methylenkomponente mehr als eine reaktionsfähige Methyl- o<strong>de</strong>r<br />

Methylengruppe, so erhält man oft Bis-Mannich-Basen, weil doppelter Umsatz möglich<br />

ist:<br />

O<br />

H3C CH3 HNR2 ,H2C O<br />

CH2 C CH2 - H2O H 3 C<br />

CH<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

CH 3<br />

R2N CH2 CH NR 2 2<br />

In diesen Fällen muß man zur Vermeidung <strong>de</strong>s doppelten Umsatzes mit einem<br />

großen Überschuß an C-H-aci<strong>de</strong>r Verbindung arbeiten.<br />

Auch Phenole und manche Heterocyclen (Indol, Thiophen), die mit hoher Neigung<br />

im Zuge elektrophiler Substitution angegriffen wer<strong>de</strong>n, bil<strong>de</strong>n Mannichprodukte:<br />

N<br />

H<br />

+ HNMe 2 + HCHO<br />

- H 2O<br />

N H<br />

CH 2<br />

NMe 2<br />

Mannich-Basen von Carbonylverbindungen gehen bereits beim Erhitzen unter<br />

Eliminierung in entsprechen<strong>de</strong> α,β−ungesättigte Verbindungen über.<br />

Glyci<strong>de</strong>stersynthese zur Herstellung von Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n:<br />

In α-halogenierten Fettsäureestern sind die anständigen Wasserstoffatome durch <strong>de</strong>n<br />

induktiven Effekt <strong>de</strong>s Halogenatoms und <strong>de</strong>n Elektronenzug <strong>de</strong>r Carbonylgruppe<br />

beson<strong>de</strong>rs aktiviert. Solche Verbindungen können sich mit Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Ketonen<br />

nach <strong>de</strong>m Prinzip einer Aldolkon<strong>de</strong>nsation umsetzen:<br />

166


H CH COOR + O R<br />

Cl<br />

O<br />

R<br />

C CH COOR<br />

R<br />

2,3-Epoxyester<br />

(Glyci<strong>de</strong>ster)<br />

�<br />

- Cl �<br />

R<br />

R<br />

R<br />

�<br />

O<br />

C<br />

R<br />

�<br />

CH<br />

Cl<br />

C O<br />

CH<br />

Cl<br />

COOR<br />

COOR<br />

+ ROH<br />

Die so gebil<strong>de</strong>ten Epoxi<strong>de</strong> <strong>de</strong>carboxylieren bei <strong>de</strong>r Verseifung unter Bildung eines<br />

Al<strong>de</strong>hyds.<br />

R<br />

R<br />

O<br />

C<br />

H<br />

CH<br />

O<br />

C<br />

O<br />

19. Einführung von 2 Kohlenstoffatomen<br />

Ethinylierung:<br />

R<br />

R<br />

C<br />

R<br />

CH<br />

R<br />

In Acetylen ist <strong>de</strong>r Wasserstoff etwas aci<strong>de</strong> und daher mit Basen ablösbar. Das so<br />

gebil<strong>de</strong>te nucleophile Reagens kann mit einem Keton unter Ethinylierung in Reaktion<br />

treten:<br />

CH<br />

C<br />

O<br />

O<br />

H<br />

H<br />

+<br />

O<br />

C<br />

O<br />

167


Als Base wird meistens Natriumamid in flüssigem Ammoniak angewandt<br />

(metallisches Natrium wird in flüssigen Ammoniak gegeben und dann die<br />

Carbonylverbindung zugefügt).<br />

Na + NH 3<br />

Na �<br />

�<br />

NH2 HC CH + Na � �<br />

C<br />

NH 2<br />

R OH<br />

C<br />

R C CH<br />

H �<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

�<br />

+ ½<br />

C O<br />

C<br />

O<br />

H 2<br />

CH<br />

�<br />

C CH<br />

+ NH 3<br />

Natriumamid muß in min<strong>de</strong>stens molaren Mengen vorliegen, da das entstehen<strong>de</strong><br />

Ethinylcarbinol-Anion erst nach been<strong>de</strong>ter Reaktion und Verdampfen <strong>de</strong>s<br />

Ammoniaks mit angesäuertem Wasser zersetzt wird.<br />

Aliphatische Ketone reagieren auch schon mit Ätzkali als Katalysator, wobei man<br />

meist in schwer flüchtigen Ethern, wie Diethylenglycoldimethylether<br />

H3CO-CH2-CH2-O-CH2-CH2-OCH3 („diglyme“) arbeitet.<br />

HC CH + OH C<br />

�<br />

R OH<br />

C<br />

R C CH<br />

H2O - OH �<br />

R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

�<br />

C O<br />

C<br />

O<br />

CH<br />

�<br />

C CH<br />

+ H 2O<br />

168


Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> lassen sich auf diese Weise nicht „ethinylieren“, weil die zur Reaktion<br />

benötigte Base eine Aldolkon<strong>de</strong>nsation zweier Al<strong>de</strong>hydmoleküle so begünstigen<br />

wür<strong>de</strong>, dass die Ethinylierung praktisch nicht eintreten könnte.<br />

Bei <strong>de</strong>r Verwendung von Kupferacetylenid statt Acetylen gelingt jedoch auch eine<br />

Umsetzung mit Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n.<br />

Die Metho<strong>de</strong> hat industrielle Be<strong>de</strong>utung, beispielsweise stellt man auf diese<br />

HO<br />

Weise Derivate von Steroidhormonen (Verhütungsmittel) her:<br />

Östron<br />

Malonesterkon<strong>de</strong>nsation:<br />

O<br />

HC CH<br />

+ Na + NH 3<br />

HO<br />

17α -Ethinyl<br />

Östradiol<br />

OH<br />

C CH<br />

In Malonestern sind die Wasserstoffatome <strong>de</strong>r zwischen <strong>de</strong>n Carbonylgruppen<br />

sitzen<strong>de</strong>n Methylengruppen durch zwei Carbonylgruppen aktiviert und daher beson<strong>de</strong>rs<br />

leicht unter Basenkatalyse (Zusatz von Alkoholat) entfernbar, weil so ein durch<br />

Mesomerie sehr gut stabilisiertes Anion entstehen kann:<br />

COOR<br />

C<br />

H<br />

H<br />

COOR<br />

+ B �<br />

- HB<br />

C<br />

C<br />

�<br />

O<br />

OR<br />

H<br />

COOR<br />

C<br />

C<br />

O<br />

OR<br />

H<br />

COOR<br />

�<br />

COOR<br />

Der so herstellbare Natriummalonester ist ein starkes nucleophiles Reagens, das<br />

mit Alkylhalogeni<strong>de</strong>n und Acylhalogeni<strong>de</strong>n in üblicher Weise reagiert:<br />

C<br />

C<br />

H<br />

O<br />

�<br />

OR<br />

169


COOR<br />

C<br />

��<br />

H<br />

COOR<br />

+ R X<br />

- X �<br />

R C<br />

O<br />

X<br />

COOR<br />

CH R C<br />

COOR<br />

+ C<br />

COOR<br />

��<br />

H<br />

COOR<br />

COOR<br />

��<br />

H<br />

COOR<br />

- X �<br />

+<br />

R<br />

R C<br />

R C<br />

O<br />

C<br />

�<br />

O<br />

X<br />

COOR<br />

CH<br />

COOR<br />

- X �<br />

COOR<br />

C H<br />

COOR<br />

COOR<br />

O<br />

CH<br />

COOR<br />

Durch Verseifung <strong>de</strong>r Estergruppen entsteht eine β-Carbonylverbindung, die<br />

Decarboxylierung erlei<strong>de</strong>t:<br />

R<br />

O<br />

C<br />

HO<br />

CH<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

O<br />

H<br />

- CO 2<br />

O<br />

X<br />

R C CH C<br />

R<br />

O<br />

O<br />

C<br />

CH 2<br />

Die Malonestersynthese stellt somit eine Metho<strong>de</strong> dar, um eine Carbonsäure nach<br />

LiAlH4-Reduktion ihres Esters zum entsprechen<strong>de</strong>n primären Alkohol über das<br />

primäre Alkylhalogenid um zwei Kohlenstoffatome zu verlängern:<br />

C<br />

OH<br />

OH<br />

O<br />

OH<br />

C<br />

R<br />

170


R C<br />

HBr<br />

H 2O<br />

O<br />

OH<br />

ROH<br />

H �<br />

R CH 2 Br<br />

R C<br />

�<br />

CH<br />

O<br />

COOR<br />

COOR<br />

- Br �<br />

R CH 2 CH 2 C<br />

OR<br />

¼ LiAlH 4<br />

R CH 2 CH<br />

R CH 2 OH<br />

COOR<br />

COOR<br />

Da die nucleophile Kraft <strong>de</strong>s Malonesteranions durch Einführung einer<br />

Alkylgruppe durch <strong>de</strong>n +I-Effekt dieser Gruppe noch erhöht wird, wird bei <strong>de</strong>r<br />

Alkylierung meistens Mehrfachumsetzung beobachtet. Monoalkylmalonester<br />

sind auf diese Weise nicht rein herstellbar.<br />

Zur Herstellung dieser Produkte verwen<strong>de</strong>t man daher häufig die<br />

Esterkon<strong>de</strong>nsation mit Oxalsäurediestern.<br />

Beispiel: Herstellung von Propylmalonester.<br />

O<br />

OH<br />

171


H 7C 3 CH COOR<br />

COOR<br />

COOR<br />

H<br />

H 7C 3<br />

H 7C 3<br />

O<br />

H 7C 3<br />

O<br />

C<br />

RO<br />

C<br />

RO<br />

C<br />

C<br />

C<br />

CH<br />

O<br />

OR<br />

COOR<br />

OH �<br />

�<br />

C O<br />

OR<br />

C O<br />

C O<br />

�<br />

O R<br />

OR<br />

C O<br />

C O<br />

�<br />

H<br />

H<br />

�<br />

H7C3 CH COOR<br />

- �<br />

25<br />

H 7C 3<br />

H 7C 3<br />

H 7C 3<br />

O<br />

C<br />

RO<br />

C<br />

CH<br />

O<br />

OR<br />

C O<br />

COOR<br />

C<br />

OR<br />

C O<br />

C O<br />

COOR<br />

CH<br />

COOR<br />

Der bei <strong>de</strong>r Kon<strong>de</strong>nsation von Valeriansäureester mit Oxalsäurediester zunächst<br />

entstehen<strong>de</strong> β-Carbonyloxalester erlei<strong>de</strong>t bereits bei geringer Wärmezufuhr<br />

Decarbonylierung.<br />

H<br />

172


Acetessigestersynthese:<br />

Eine gleichartige Kettenverlängerung gelingt, wenn man an Stelle <strong>de</strong>s Malonesters<br />

Acetessigester einsetzt und diesen dann <strong>de</strong>r Säurespaltung (Hauptprodukt ist eine<br />

Säure) mit Alkali untewirft:<br />

R' X +<br />

�<br />

COOR<br />

CH<br />

C<br />

CH 3<br />

O<br />

- X �<br />

COOR<br />

R' CH OH �<br />

C<br />

CH 3<br />

O<br />

R' CH 2 COOH<br />

+<br />

CH 3<br />

COOH<br />

Starkes Alkali greift am Carbonylkohlenstoffatom an, so dass in Umkehr <strong>de</strong>r<br />

Bildungsreaktion <strong>de</strong>s Acetessigesters <strong>de</strong>r nunmehr am Methylenkohlenstoff<br />

substituierte Acetessigester in eine Alkylcarbonsäure und Essigsäure gespalten<br />

wird:<br />

H 3C C<br />

R'<br />

�<br />

O<br />

CH COOR<br />

R'<br />

CH COOR<br />

OH �<br />

H 2 O<br />

OH �<br />

H 3C C<br />

OH<br />

O<br />

�<br />

CH COOR<br />

R'<br />

R' CH 2 COOH<br />

- CH 3COOH<br />

Wen<strong>de</strong>t man zur Verseifung Alkali o<strong>de</strong>r Säure in <strong>de</strong>r Kälte an, so erfolgt zuerst eine<br />

Verseifung <strong>de</strong>r Estergruppierung. Die so gebil<strong>de</strong>te β-Ketosäure erlei<strong>de</strong>t<br />

Decarboxylierung unter Bildung eines Methylketons. Diese sogenannte Ketonspaltung<br />

(Hauptprodukt ist ein Keton) ist daher ein interessanter Zugangsweg zu Methylketonen:<br />

173


R'<br />

COOR<br />

CH<br />

C<br />

CH 3<br />

O<br />

H �<br />

E]Z<br />

OH �<br />

(verdünnt)<br />

Kälte<br />

R'<br />

O<br />

CH<br />

C<br />

C<br />

CH 3<br />

O<br />

O<br />

H - CO2 R' CH<br />

CH 3<br />

CH<br />

O<br />

R' CH 2 C<br />

Knoevenagel-Reaktion:<br />

Verbindungen mit aktiven Methylengruppen, wie z.B. Malonester reagieren mit<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n in Gegenwart von Piperidinacetat (Piperidin katalysiert als Base die<br />

Abspaltung eines Protons aus <strong>de</strong>r Methylengruppe <strong>de</strong>s Malonesters) unter Knüpfung<br />

einer C-C-Bindung. Nach Wasserabspaltung (Chance zur Ausbildung eines<br />

konjugierten Systems) und Decarboxylierung entsteht eine α,β-ungesättigte<br />

Carbonsäure:<br />

COOR<br />

C<br />

��<br />

H<br />

COOR<br />

+ H �<br />

- H2O +<br />

O<br />

R' C<br />

R' CH<br />

H<br />

CH<br />

�<br />

R' CH<br />

H<br />

C<br />

COOR<br />

COOR<br />

H �<br />

-<br />

O<br />

�<br />

COOR<br />

COOR<br />

R'<br />

ROOC<br />

CH<br />

C<br />

H �<br />

COOR<br />

R' CH<br />

CH<br />

+ H �<br />

O<br />

O<br />

- CO 2<br />

- 2 ROH<br />

H<br />

CH 3<br />

H<br />

COOR<br />

COOR<br />

R' CH CH COOH<br />

174


Reformatsky-Rektion:<br />

Eine weitere Metho<strong>de</strong> zur Herstellung ungesättigter Fettsäuren ausgehend von<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n und <strong>de</strong>r Kettenverlängerung um 2 C-Atome ist die Reformatsky-Reaktion.<br />

Bromessigester reagiert mit Zink unter Bildung einer metallorganischen<br />

Verbindung, die Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>, nicht aber Ester (geringere Carbonyaktivität) ähnlich<br />

wie eine Grignardverbindung anzugreifen vermag:<br />

Br CH 2 COOR<br />

OH<br />

R' CH CH 2 COOR<br />

Zn<br />

H 2O<br />

BrZn<br />

R'<br />

C<br />

R' CH<br />

CH 2<br />

O<br />

H<br />

OZnBr<br />

CH 2<br />

COOR<br />

COOR<br />

Die so gebil<strong>de</strong>ten β-Hydroxyester sind sehr leicht unter Bildung eines α,β-ungesättigten<br />

Esters <strong>de</strong>hydratisierbar (treiben<strong>de</strong> Kraft: Ausbildung eines mesomerie-stabilisierten<br />

Systems).<br />

OH<br />

R' CH CH 2 COOR<br />

- H 2O<br />

R' CH CH<br />

COOR<br />

Wer<strong>de</strong>n anstelle <strong>de</strong>r Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> Ketone eingesetzt, so erhält man Ester, die in β-Stellung<br />

verzweigt sind.<br />

Die Metho<strong>de</strong> ist allerdings nur zur Herstellung nie<strong>de</strong>rmolekularer β-Hydroxyester<br />

geeignet, höhermolekulare Hydroxyester entstehen nur in sehr geringer Ausbeute.<br />

Perkin-Reaktion:<br />

175


Im Acetanhydrid sind die zur funktionellen Gruppe α-ständigen C-H-Bindungen so weit<br />

aktiviert, dass unter schwacher Basenkatalyse (z.B. Natriumacetat) die Ablösung eines<br />

Protons erfolgen kann. Die so erhaltene reaktive Spezies setzt sich mit aromatischen<br />

Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong>n zu α,β-ungesättigten Säuren um:<br />

H 3 C<br />

H 3 C<br />

Ph<br />

Ph<br />

H<br />

C<br />

O<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

O<br />

O<br />

C O<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

Aldol-Kon<strong>de</strong>nsation:<br />

CH 2<br />

��<br />

CH 2<br />

+ CH 3 COO �<br />

CH 3<br />

C O<br />

O<br />

CH 3<br />

COO �<br />

+<br />

- AcO �<br />

Ph<br />

H 2 C �<br />

H 3C<br />

C<br />

H<br />

C<br />

O<br />

��<br />

O<br />

H<br />

C<br />

CH 2<br />

H 3C<br />

O<br />

O<br />

C O<br />

C O<br />

O<br />

C O<br />

Ph CH CH COOH<br />

176


Acetal<strong>de</strong>hyd kann unter schwacher Basenkatalyse ein aktiviertes Proton<br />

abspalten:<br />

B �<br />

+<br />

H<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

H<br />

- HB<br />

�<br />

CH2 C<br />

O<br />

H<br />

CH 2<br />

Das mesomeriestabilisierte Anion vermag mit <strong>de</strong>m Carbonylkohlenstoffatom eines<br />

zweiten Moleküls unter Bindungsspaltung zu reagieren:<br />

CH 3<br />

C<br />

+ H �<br />

- H 2O<br />

O<br />

H<br />

H B<br />

+<br />

CH 2<br />

C<br />

H 3C CH CH<br />

O<br />

H<br />

�<br />

C<br />

O<br />

H<br />

H 3C<br />

O H<br />

C<br />

H<br />

B �<br />

CH 2<br />

Das so gebil<strong>de</strong>te Alkoholatanion nimmt ein Proton auf und reagiert unter<br />

Wasserabspaltung zu einem α,β-ungesättigten Al<strong>de</strong>hyd. Bei Gegenwart stärkerer<br />

Basen kann das Reaktionsprodukt, ein „vinyloger“ Acetal<strong>de</strong>hyd, unter<br />

neuerlichem Umsatz mit einem Acetal<strong>de</strong>hydmolekül weiter reagieren, so dass<br />

Kon<strong>de</strong>nsationsprodukte entstehen:<br />

H3C CH CH C + CH3COO H<br />

�<br />

O<br />

+<br />

�<br />

CH 3<br />

CH 2<br />

C<br />

H<br />

O<br />

C<br />

C<br />

O<br />

H<br />

O<br />

H<br />

CH<br />

O<br />

CH C<br />

H<br />

+ CH3COOH +H �<br />

- H 2 O<br />

H3C CH CH CH CH C<br />

+<br />

CH 3<br />

C<br />

O<br />

H<br />

usw.<br />

+H �<br />

- H 2 O<br />

O<br />

H<br />

�<br />

177


Die Reaktion ist nicht auf Acetal<strong>de</strong>hyd beschränkt. Höhere Al<strong>de</strong>hy<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>n<br />

Verbindungen, die am α-C-Atom verzweigt sind.<br />

Ester-Kon<strong>de</strong>nsation (Claisen-Kon<strong>de</strong>nsation):<br />

Wird an Stelle von Acetal<strong>de</strong>hyd Essigester mit einer starken Base behan<strong>de</strong>lt, so erfolgt<br />

ebenfalls Abstraktion eines Protons:<br />

H CH2 C<br />

Na<br />

O<br />

�<br />

+ O C2H5 OC2H5 �<br />

CH2 C<br />

�<br />

Na �<br />

(1) (2) (3)<br />

O<br />

OC 2H 5<br />

+ C 2H 5OH<br />

Das Anion reagiert wie das aus Acetal<strong>de</strong>hyd entstan<strong>de</strong>ne Reaktionsprodukt mit <strong>de</strong>m<br />

Carbonylkohlenstoffatom eines zweiten Moleküls:<br />

C<br />

O<br />

OC2H5 Na<br />

�<br />

CH2 C<br />

O<br />

OC2H5 �<br />

H3C +<br />

Na<br />

O<br />

H3C C CH2 OC2H5 C<br />

�<br />

�<br />

(3) (4)<br />

O<br />

OC 2 H 5<br />

In diesem Zwischenprodukt ist eine relativ leicht als Anion abspaltbare OR �<br />

-Gruppe<br />

vorhan<strong>de</strong>n, die von <strong>de</strong>m negativ gela<strong>de</strong>nen Sauerstoffatom aus <strong>de</strong>m Molekülverband<br />

herausgedrängt wird.<br />

�<br />

O<br />

Na �<br />

H3C C C<br />

CH 2<br />

OC 2H 5<br />

(4)<br />

O<br />

OC 2H 5<br />

O<br />

H3C C<br />

�<br />

CH C<br />

O<br />

OC 2H 5<br />

+<br />

O<br />

H3C C C<br />

+<br />

CH 2<br />

�<br />

Na O C2H5 �<br />

Na �<br />

O<br />

(5)<br />

O<br />

H3C C C<br />

CH 2<br />

+ EtOH<br />

OC 2H 5<br />

O<br />

�<br />

OC 2H 5<br />

178


Die zunächst gebil<strong>de</strong>te β-Dicarbonylverbindung (5) reagiert als die schwächere Base<br />

mit <strong>de</strong>r Alkoholat-Base (H5C2O �<br />

) unter Protonenabgabe. Dabei entsteht ein<br />

mesomeriestabilisiertes Anion (6) <strong>de</strong>s β-Ketosäureesters, d.h. es entsteht bei <strong>de</strong>r<br />

Reaktion sofort die Natriumverbindung <strong>de</strong>s β-Ketosäureester, so dass ein Äquivalent<br />

Natrium eingesetzt wer<strong>de</strong>n muß. Alkohol braucht nur in geringeren Mengen zum<br />

Starten <strong>de</strong>r Reaktion eingesetzt zu wer<strong>de</strong>n, da er im Laufe <strong>de</strong>r Reaktion gebil<strong>de</strong>t wird.<br />

Die Bildung <strong>de</strong>s mesomeriestabilisierten Enolatanions (6) ist be<strong>de</strong>utend für <strong>de</strong>n<br />

gesamten Reaktionsablauf, da dadurch das Gleichgewicht nach rechts<br />

verschoben wird. Die Gleichgewichtsreaktion zur Bildung <strong>de</strong>s Anions (3) liegt<br />

nämlich stärker auf <strong>de</strong>r linken Seite.<br />

Daher reagieren Ester <strong>de</strong>r Formel R2CH-COOC2H5 nicht, obwohl ein α-ständiges<br />

H-Atom zur Bildung <strong>de</strong>s Anions (3) vorhan<strong>de</strong>n ist, <strong>de</strong>nn im Kon<strong>de</strong>nsationsprodukt<br />

R 2CH<br />

O<br />

C<br />

CR 2<br />

C<br />

O<br />

OC 2H 5<br />

ist keine Möglichkeit zur Bildung eines Enolations gegeben (Fehlen von α-ständigen H-<br />

Atomen).<br />

Einwirkung von Ethylenoxid auf Grignardverbindungen:<br />

Grignardverbindungen reagieren mit Ethylenoxid unter Bildung primärer Alkohole.<br />

C 4 H 9 Mg Br + H 2 C CH 2<br />

H 2O<br />

C 4H 9<br />

CH 2<br />

O<br />

CH 2<br />

OH<br />

C 4 H 9<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

OMgBr<br />

Die Reaktion verläuft nur mit schlechter Ausbeute. Sie hat daher wenig praktische<br />

Be<strong>de</strong>utung.<br />

179


20. Kettenverlängerung um drei und mehr C-Atome:<br />

In <strong>de</strong>n voangegangenen Kapiteln wur<strong>de</strong>n bereits folgen<strong>de</strong> Synthesemöglicbkeiten<br />

beschrieben:<br />

1. Die Grignard-Reaktion, mit <strong>de</strong>r aus Carbonylverbindungen und Alkyl- o<strong>de</strong>r<br />

Arylhalogeni<strong>de</strong>n Verbindungen variabler C-Zahl synthetisierbar sind.<br />

2. Die Wurtz‘sche Kohlenwasserstoffe-Synthese<br />

3. Die Acylierung von Aromaten nach Frie<strong>de</strong>l-Crafts und anschließen<strong>de</strong><br />

Clemmensen- o<strong>de</strong>r Wolff-Kishner-Reduktion zur Einführung von<br />

Alkylketten in Aromaten.<br />

20.1 Michael-Addition:<br />

In α,β-ungesättigten Carbonylverbindungen bil<strong>de</strong>n die π-Elektronen eine sich über das<br />

ganze ungesättigte System erstrecken<strong>de</strong> Elektronenwolke. Die Eigenschaften <strong>de</strong>s<br />

Carbonylkohlenstoffatoms wer<strong>de</strong>n dadurch nahezu ungeschwächt auf das β-C-Atom<br />

übertragen:<br />

β<br />

R C<br />

H<br />

H<br />

α<br />

C C<br />

R<br />

O<br />

�<br />

R C<br />

H<br />

H<br />

δ+<br />

H<br />

δ−<br />

R C C C O<br />

H<br />

C C<br />

Diese Verbindungen wer<strong>de</strong>n als Vinyloge (Vinyl-Homologe) <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Carbonylverbindung bezeichnet. Mit nucleophilen Reagenzien (Basen) reagieren<br />

vinyloge Carbonylverbindungen unter Addition an <strong>de</strong>r C=C-Doppelbindung:<br />

R<br />

R<br />

O<br />

�<br />

180


R<br />

R CH CH C O<br />

B �<br />

HB<br />

B �<br />

-<br />

R<br />

B<br />

CH<br />

CH<br />

R<br />

C O<br />

R<br />

B<br />

CH<br />

CH<br />

R<br />

C O<br />

R<br />

H<br />

R<br />

B<br />

CH CH2 C O<br />

Im Prinzip liegen in vinylogen Verbindungen zwei Reaktionszentren vor: Die C=O-<br />

Gruppe und die vinyloge C=C-Doppelbindung. Mit wenig polarisierbaren Nucleophilen<br />

(sogenannten „harten“ Nucleophilen) erhält man tatsächlich überwiegend einen Angriff<br />

an die C=O-Bindung.<br />

Mit gut polarisierbaren Nucleophilen ("weichen Nucleophilen") erfolgt <strong>de</strong>r Angriff am<br />

vinylogen C-Atom.<br />

Insbeson<strong>de</strong>re <strong>de</strong>r basekatalysierte Angriff von C-H-aci<strong>de</strong>n 'Verbindungen an<br />

vinyloge Carbonylverbindungen wird als Michael-Addition im engeren Sinne<br />

bezeichnet. Die Michael-Addition hat einen weiten Anwendungsbereich in <strong>de</strong>r<br />

organischen Synthese. Als C-H-aci<strong>de</strong> Verbindungen wer<strong>de</strong>n Ester, Ketone, Nitrile<br />

und Nitroverbindungen verwen<strong>de</strong>t, hauptsächlich:<br />

β-Dicarbonylverbindungen (z.B. Malonester)<br />

Cyanessigester (N≡CH2-COOR)<br />

Benzylcyanid (Ph-CH2-C≡N)<br />

Gebräuchliche vinyloge Carbonylverbindungen sind<br />

Acrylsäuremethylester (H2C=CH-COOCH3)<br />

Methylvinylketon<br />

H 2C<br />

CH<br />

O<br />

C<br />

CH 3<br />

usw.<br />

Malonester reagiert z.B. mit Acrylsäureester (vinyloge Carbonylverbindung) in <strong>de</strong>r<br />

folgen<strong>de</strong>n Weise:<br />

�<br />

181


ROOC<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

CH 2<br />

CH CH 2<br />

+ OR �<br />

- ROH<br />

CH<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

C<br />

OR<br />

CH<br />

�<br />

H 2C<br />

� O + ROH<br />

- OR �<br />

CH<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

C<br />

O<br />

OR<br />

CH CH 2<br />

CH 2<br />

Nach Hydrolyse <strong>de</strong>s Esters kann das entstan<strong>de</strong>ne β-Dicarbonyl<strong>de</strong>rivat durch Erhitzen<br />

(ca. 160°C) <strong>de</strong>carboxyliert wer<strong>de</strong>n und es bil<strong>de</strong>t sich Glutarsäure:<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

CH CH 2<br />

Hitze<br />

- CO 2<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

OR<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

CH CH 2<br />

HOOC CH2 CH2 CH2 COOH<br />

Glutarsäure<br />

Beim Einsatz von alkylsubstituierten Malonestern wer<strong>de</strong>n α,β-alkylverzweigte<br />

Glutarsäure<strong>de</strong>rivate erhalten.<br />

Bei <strong>de</strong>r Umsetzung α,β-ungesättigter Ketone mit Malonester reagiert das entstan<strong>de</strong>ne<br />

Michael-Additionsprodukt im Zuge einer Esterkon<strong>de</strong>nsation unter Ringschluß weiter:<br />

Aus Mesityloxid (1) und Malonester (2) bil<strong>de</strong>t sich auf diese Weise 4-<br />

Carboxyethyl-5,5-dimethyl-cyclohexan-1,3-dion (3).<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

OH<br />

C<br />

O<br />

OR<br />

182


ROOC<br />

CH 2<br />

ROOC<br />

Malonester<br />

ROOC<br />

ROOC<br />

H 3 C<br />

H 3C<br />

CH<br />

CH 2<br />

C<br />

+<br />

CH 3<br />

H 3 C<br />

H 3 C<br />

C CH 2<br />

CH 3<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

COOR<br />

�<br />

CH2 C<br />

C<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

CH 3<br />

O<br />

C<br />

Mesityloxid<br />

O<br />

OR<br />

- OR �<br />

(1)<br />

CH 3<br />

+ OR �<br />

+ OR �<br />

Esterkon<strong>de</strong>nsation<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

C<br />

COOR<br />

CH 2<br />

Durch Decarboxylierung wird aus (3) Dimedon (4) (5,5-Dimethyldihydresorcin) erhalten:<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

C<br />

CH<br />

COOR<br />

CH 2<br />

C<br />

O<br />

(3)<br />

1. Verseifung<br />

2. Hitze<br />

- CO 2<br />

O<br />

C<br />

O<br />

(3)<br />

C<br />

Dimedon<br />

Dimedon besitzt eine hohe C-H-Aktivität und reagiert mit Formal<strong>de</strong>hyd in folgen<strong>de</strong>r<br />

Weise:<br />

O<br />

183


OH<br />

C<br />

Dimedon<br />

Enol<br />

O<br />

O<br />

C<br />

H H<br />

- H 2 O<br />

O<br />

O<br />

CH 2<br />

Diese Reaktion kann zur gravimetrischen Bestimmung von Formal<strong>de</strong>hyd<br />

verwen<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kombination von Michael-Addition und Ester-o<strong>de</strong>r Aldolkon<strong>de</strong>nsation wird häufig<br />

bei Naturstoff-Synthesen angewandt, z.B. bei <strong>de</strong>r Robinson-Synthese zum Aufbau <strong>de</strong>s<br />

Steroidgrundgerüsts:<br />

CH 2<br />

O CH 3<br />

OR �<br />

+<br />

O<br />

H<br />

O<br />

CH 3<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

O<br />

CH 3<br />

OH<br />

O<br />

OR �<br />

- H 2O<br />

Bei Verbindungen mit zwei konjugierten Doppelbindungen zur Carbonylgruppe<br />

überwiegt die 1,6-Addition gegenüber <strong>de</strong>r 1,4-Addition:<br />

O<br />

O<br />

O<br />

CH 2<br />

CH 3<br />

O<br />

O<br />

CH 3<br />

O<br />

CH 3<br />

O<br />

184


H 3C<br />

H 3C<br />

EtOOC<br />

H H3C 3C<br />

CH CH CH CH C<br />

O<br />

OCH 3<br />

CH CH CH C<br />

CH<br />

CH 2<br />

COOEt<br />

CH CH CH C<br />

EtOOC<br />

CH<br />

+<br />

CH 2<br />

COOEt<br />

O<br />

O<br />

OCH 3<br />

OCH 3<br />

CH 2<br />

COOEt<br />

COOEt<br />

72 %<br />

Häufig ist die Michael-Addition auch Folgereaktion z.B. einer Knoevenagel-Reaktion:<br />

O<br />

COOEt<br />

H3C CH2 C +<br />

H<br />

CH2 COOEt<br />

CH 2<br />

COOEt<br />

COOEt<br />

Michaeladdition<br />

EtOOC<br />

EtOOC<br />

HOOC<br />

CH<br />

CH 2<br />

CH<br />

OR �<br />

CH 2<br />

CH 3<br />

CH<br />

CH 2<br />

CH 3<br />

CH<br />

CH 2<br />

H 3 C<br />

COOEt<br />

COOEt<br />

CH 2<br />

COOH<br />

8 %<br />

C<br />

C<br />

1. Verseifung<br />

2. Hitze<br />

- CO 2<br />

3-Ethylpentandisäure<br />

(β<br />

-Ethylglutarsäure)<br />

COOEt<br />

COOEt<br />

185


20.2. Stobbe-Kon<strong>de</strong>nsation:<br />

Aus Bernsteinsäureestern kann durch Einwirkung von Alkoholat (z.B. Kalium-t-butylat)<br />

ein Proton eliminiert wer<strong>de</strong>n. Setzt man ein Keton zu, so reagiert dieses über ein<br />

isolierbares Paraconsäure<strong>de</strong>rivat zu einem Alkyli<strong>de</strong>nbernsteinsäure-Halbester:<br />

COOEt<br />

CH 2<br />

CH 2<br />

COOEt<br />

R<br />

R<br />

R<br />

O<br />

R<br />

O<br />

K � �<br />

O C(CH3) 3<br />

COOEt<br />

H<br />

O<br />

�<br />

COOEt<br />

�<br />

OEt<br />

O<br />

COOEt<br />

�<br />

CH<br />

CH 2<br />

- OEt �<br />

COOEt<br />

R<br />

R<br />

R<br />

H 3C<br />

R<br />

O<br />

C<br />

O<br />

CH 3<br />

COOEt<br />

H<br />

Paraconsäure<strong>de</strong>rivat<br />

C C<br />

R<br />

O<br />

COOEt<br />

CH 2<br />

R<br />

C<br />

O<br />

�<br />

O<br />

COOEt<br />

C<br />

CH 2<br />

C<br />

KO t Bu<br />

COO �<br />

K �<br />

Dieser Halbester liefert bei <strong>de</strong>r Verseifung unter Decarboxylierung die β,γ-ungesättigte<br />

Carbonsäure im Gleichgewicht mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n γ-Lacton, das mit<br />

Katalysatoren und Wasserstoff zur gesättigten Carbonsäure reduziert wird:<br />

OEt<br />

186


R<br />

R<br />

R<br />

R<br />

C C<br />

COOEt<br />

CH 2<br />

COO �<br />

K �<br />

C CH CH2COOH HBr / HOAc<br />

H2O - CO2 - EtOH<br />

- KBr<br />

Kat.<br />

20.3 Hünigsynthese (Enamin-Synthese):<br />

H 2<br />

R<br />

R<br />

R<br />

CH<br />

R<br />

O<br />

CH 2<br />

O<br />

CH COOH<br />

Eine wichtige Metho<strong>de</strong> zur gleichzeitigen Einführung von 5 und 6 C-Atomen ist die<br />

Hünig-Synthese. Zunächst wird aus Cyclohexanon o<strong>de</strong>r Cyclopentanon und Morpholin<br />

das Enamin hergestellt:<br />

O<br />

- H 2O<br />

[H �<br />

@<br />

HN<br />

O<br />

N<br />

O<br />

Morpholinocyclohexen<br />

Dieses Enamin kann acyliert (Elektrophiler Angriff eines Säurechlorids) wer<strong>de</strong>n und<br />

durch Verseifung entsteht aus dieser Verbindung ein β-Diketon, das wie<strong>de</strong>rum durch<br />

Säurespaltung in eine 6- bzw. 7-Ketosäure überführbar ist.<br />

OH<br />

N<br />

O<br />

187


-<br />

N<br />

+<br />

O<br />

Cl<br />

H2O / [H �<br />

@<br />

HN<br />

C<br />

R<br />

O<br />

O<br />

C<br />

��<br />

�<br />

N<br />

R<br />

Cl �<br />

Cl �<br />

Cl �<br />

O<br />

C<br />

OH �<br />

R<br />

O<br />

R C<br />

(CH 2) 5<br />

COOH<br />

Die endständige Ketofunktion läßt sich durch Wolff-Kishner-Reduktion entfernen, so<br />

dass auf diese Weise - ausgehend von einem Säurechlorid - eine um 5 bzw. 6 C-<br />

Atome längere Carbonsäure zugänglich ist.<br />

O<br />

R C<br />

(CH2) 5 COOH R (CH2) 6 COOH<br />

20.4 Umsetzung von Cyclopentanon o<strong>de</strong>r Cyclohexanon mit Grignard-Verbindungen:<br />

In Cyclohexanon und Cyclopentanon können durch Grignard-Reaktion beliebige<br />

Alkylreste eingeführt wer<strong>de</strong>n. Die so gebil<strong>de</strong>ten tertiären Alkohole sind durch<br />

Chromsäure in Eisessig oxidativ zu Ketosäuren spaltbar:<br />

O<br />

HO R<br />

RMgX CrO3 AcOH<br />

O<br />

R C<br />

(CH 2) 4<br />

COOH<br />

188


In Analogie zur Hünig-Synthese erhält man in diesem Falle ausgehend von einem<br />

Halogenalkan eine entsprechen<strong>de</strong> Kettenverlängerung.<br />

20.5 Oxidative Veknüpfung von Monoacetylenen (Glaser-Synthese):<br />

Bei <strong>de</strong>r Untersuchung <strong>de</strong>r Eigenschaften von Phenylacetylen (Ph-C≡C-H) fand Glaser<br />

(1869), dass sich diese Verbindung beim Durchleiten von Sauerstoff durch eine<br />

alkoholisch-ammoniakalische Lösung bei Anwesenheit äquivalenter Mengen Kupfer(I)chlorid<br />

zu Diphenyldiacetylen dimerisiert; daneben entsteht Kupfer(I)-oxid:<br />

2 Ph C CH + CuCl<br />

½ O 2<br />

ammoniakalische<br />

Lösung<br />

Ph C C C C Ph + Cu 2O<br />

2Ph C C Cu<br />

Der Mechanismus dieser Reaktion wird so ge<strong>de</strong>utet, dass intemediär gebil<strong>de</strong>te Radikal<br />

(Ph-C≡C • ) unter Bildung <strong>de</strong>s Endproduktes rekombiniert.<br />

Diese Synthese wur<strong>de</strong> mehrfach modifiziert und verbessert:<br />

2<br />

1. Bei Verwendung von Pyridin/Methanol als Lösungsmittel genügen<br />

katalytische Mengen Kupfer(I)-chlorid. Bei <strong>de</strong>r Umsetzung von 2-Methyl-3-butin-2ol<br />

wur<strong>de</strong> eine Ausbeute von 90 % erzielt:<br />

H 3C<br />

CH 3<br />

C<br />

OH<br />

C CH<br />

½ O 2<br />

[CuCl]<br />

Pyridin/MeOH<br />

CH 3<br />

H3C C C C C C C<br />

OH<br />

CH 3<br />

OH<br />

90 %<br />

CH 3<br />

2. Bei <strong>de</strong>r Umsetzung von 1-Alkinen mit <strong>de</strong>m entsprechen<strong>de</strong>n Brom<strong>de</strong>rivat<br />

(R-C≡C-Br), das aus ersterem mit Hypobromit zugänglich ist, wer<strong>de</strong>n ebenfalls<br />

nur katalytische Mengen Kupfersalz benötigt:<br />

189


NaOBr<br />

Ph C CH Ph C C<br />

Ph C CH<br />

- HBr<br />

Br<br />

Ph C C C C Ph<br />

Diese Reaktion wird in einer wäßrigen Ethylaminlösung durchgeführt.<br />

20.6 Kolbe-Synthese:<br />

Nach Kolbe (1849) sind symmetrische Kohlenwasserstoffe durch Elektrolyse <strong>de</strong>r<br />

Alkalisalze von Carbonsäuren zugänglich:<br />

2 H 3C CH 2 COONa 2 CH 3CH 2COO �<br />

Katho<strong>de</strong>: 2 H �<br />

2 H 2O 2 H �<br />

H �<br />

Ano<strong>de</strong>: 2 CH 3CH 2COO �<br />

H 2<br />

2+ �<br />

2 CH 3 CH 2 C<br />

2 CH3CH2COO � �<br />

2 CH3CH2 �<br />

2 CH3CH2 + 2 Na �<br />

O<br />

O�<br />

+ 2 CO 2<br />

H 3C CH 2 CH 2 CH 3<br />

2H 3C CH 2 COONa + 2 H 2O H 3C CH 2 CH 2 CH 3<br />

+ 2 e �<br />

+ 2 NaOH + H 2 € + 2 CO 2 €<br />

Das Carboxylat-Anion wird an <strong>de</strong>r Ano<strong>de</strong> entla<strong>de</strong>n. Das zunächst entstehen<strong>de</strong><br />

Carboxyl-Radikal bil<strong>de</strong>t unter CO2-Abspaltung ein Alkylradikal, das zum<br />

Kohlenwasserstoff dimerisiert.<br />

Der Einsatz von Salzgemischen (RCOONa / R´COONa) führt zu schwer trennbaren<br />

Gemischen von R-R, R-R´ und R´-R´, so dass - wie bei <strong>de</strong>r Wurtz'schen Synthese - nur<br />

die Herstellung symmetrischer Kohlenwasserstoffe sinnvoll ist.<br />

21. Aufbau mehrkerniger aromatischer Verbindungen<br />

190


21.1 Einleitung und Nomenklatur<br />

Mehrkernige Kohlenwasserstoffe können jeweils über eine Einfachbindung<br />

miteinan<strong>de</strong>r verknüpft sein o<strong>de</strong>r aber über jeweils zwei gemeinsame<br />

Kohlenstoffatome. Die letztere <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Verknüpfungsmöglichkeiten nennt<br />

man Anellierung.<br />

7<br />

6<br />

7<br />

6<br />

8<br />

5<br />

1<br />

4<br />

Naphthalin<br />

8<br />

5<br />

9<br />

Fluoren<br />

2<br />

3<br />

1<br />

4<br />

2<br />

3<br />

7<br />

6<br />

8<br />

5<br />

Biphenyl<br />

In<strong>de</strong>n Chrysen<br />

6<br />

7<br />

p-Terphenyl<br />

9<br />

10<br />

Anthracen<br />

5<br />

4<br />

1<br />

4<br />

3<br />

10<br />

8 9<br />

Phenanthren<br />

2<br />

3<br />

2<br />

1<br />

191


Zur Benennung <strong>de</strong>r über eine Einfachbindung verknüpften mehrkernigen Aromaten<br />

wer<strong>de</strong>n die Präfixe Bi, Ter-, Quater-, usw. vor <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>s Kohlenwasserstoffrestes<br />

gestellt. Die anellierten mehrkernigen Ringe haben zumeist Trivialnamen.<br />

Eine weitere wichtige Verbindungsgruppe stellen die Phenylmethan<strong>de</strong>rivate dar, die<br />

durch Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Alkylierung herstellbar sind.<br />

Benzylchlorid<br />

CH 2Cl +<br />

2 + CH2Cl2 AlCl 3<br />

AlCl 3<br />

AlCl 3<br />

CH 2<br />

Diphenylmethan<br />

CH 2<br />

Diphenylmethan<br />

3 + HCCl3CH Triphenylmethan<br />

Vom Triphenylmethan leitet sich eine Reihe von Farbstoffen ab (Malachitgrün;<br />

Kristallviolett).<br />

Das Triphenylmethylradikal (Tritylradikal) war das erste hergestellte freie organische<br />

Radikal (Gomberg, 1900):<br />

192


C �<br />

�<br />

Wegen <strong>de</strong>r vielfältigen Mesomeriemöglichkeiten ist dieses Radikal sehr beständig. In<br />

<strong>de</strong>r Lösung es im Gleichgewicht mit <strong>de</strong>m dimeren Produkt, das sich beim Eindampfen<br />

<strong>de</strong>r Lösung abschei<strong>de</strong>t. Das Dimere hat nicht die Struktur <strong>de</strong>s 1,1,1,2,2,2-<br />

Hexaphenylethans, son<strong>de</strong>rn:<br />

C<br />

C C<br />

21.2 Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Acylierung zum Aufbau annellierter Aromaten<br />

Viele Verbindungen dieser Reihe können mit <strong>de</strong>r bekannten Frie<strong>de</strong>l-Crafts-Reaktion<br />

hergestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

21.2.1 Naphthalin<strong>de</strong>rivate<br />

Durch Succinoylierung (Umsetzung mit Bernsteinsäureanhydrid) von Benzol entsteht<br />

Naphthalin. Diese auch als Haworth-Synthese bekannte Umsetzung wird zur<br />

Herstellung von Naphthalin selbst natürlich nicht angewandt, stellt aber eine wichtige<br />

Metho<strong>de</strong> zur Herstellung substituierter Naphthaline dar.<br />

β-substituierte Naphthaline sind z.B. durch folgen<strong>de</strong> Syntheseschritte zugänglich:<br />

C<br />

�<br />

193


X<br />

X<br />

X<br />

X = Halogen<br />

Alkyl<br />

OCH 3<br />

O<br />

+ O<br />

O<br />

AlCl 3<br />

HO O HF o<strong>de</strong>r<br />

C Polyphosphorsäure<br />

Pd, Hitze<br />

X<br />

Dehydrierung<br />

(Aromatisierung)<br />

X<br />

HO<br />

O<br />

C<br />

O<br />

O<br />

α− Tetralon<strong>de</strong>rivat<br />

Clemmensen-<br />

Reduktion<br />

Clemmensen-<br />

Reduktion<br />

Hydroaromaten lassen sich am Palladium-Kontakt in <strong>de</strong>r Wärme zu Aromaten<br />

<strong>de</strong>hydrieren.<br />

Durch Grignard-Umsetzung <strong>de</strong>s α-Tetralons o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>ssen Derivate sind in 1-Stellung<br />

substituierte Naphthaline bzw. zusätzlich in β‘-Stellung <strong>de</strong>s zweiten Ringes<br />

disubstituierte Derivate herstellbar.<br />

X<br />

194


O<br />

1) Dehydratisierung<br />

2) Aromatisierung<br />

C 2H 5MgBr<br />

CH 2<br />

HO CH 2 CH 3<br />

Nach Veresterung <strong>de</strong>r im ersten Schritt entstehen<strong>de</strong>n Ketosäure gelingt auch auf<br />

dieser Stufe eine Umsetzung mit Grignard-Verbindungen. Da durch die Grignard-<br />

Verbindung auch die Esterfunktion angegriffen wer<strong>de</strong>n kann, müssen exakt<br />

äquimolare Mengen eingesetzt wer<strong>de</strong>n und möglichst die Grignard-Verbindung<br />

zugetropft wer<strong>de</strong>n, damit diese nicht im Überschuß vorliegt. Auf diese Weise<br />

sind ausgehend von mono-substituierten Benzol<strong>de</strong>rivaten 1,6-disubstituierte<br />

Naphthaline zugänglich.<br />

CH 3<br />

195


H 3C<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

O<br />

+ O<br />

O OR<br />

C<br />

O<br />

O<br />

C<br />

R'<br />

21.2.2 Phenanthren<strong>de</strong>rivate<br />

O<br />

R'MgX<br />

AlCl 3<br />

H 3C<br />

H 3C<br />

OH 1) HF<br />

2) Clemmensen-<br />

Reduktion<br />

3) Aromatisierung<br />

O<br />

C<br />

O<br />

HO R'<br />

OH<br />

+ ROH<br />

H �<br />

O OR 1) Dehydratisierung<br />

C 2) Hydrolyse<br />

3) Hydrierung<br />

Durch Succinoylierung von Naphthalin bil<strong>de</strong>t sich entsprechend Phenanthren:<br />

H 3C<br />

R'<br />

196


O<br />

C<br />

O<br />

OH<br />

Phenanthren<br />

O<br />

+ O<br />

AlCl 3<br />

Durch Variation <strong>de</strong>r Synthese gelingt auch hier die Herstellung substituierter Derivate.<br />

21.2.3 Anthracen<strong>de</strong>rivate.<br />

Die Umsetzung von Phthalsäureanhydrid mit Benzol<strong>de</strong>rivaten liefert<br />

Anthrachinon<strong>de</strong>rivate:<br />

O<br />

O<br />

HO<br />

C<br />

O<br />

197


H 2SO 4<br />

O<br />

O<br />

O<br />

+<br />

O<br />

O<br />

CH 3 AlCl3<br />

CH 3<br />

Zn/OH �<br />

O OH<br />

Die Anthrachinone sind durch Reduktion mit Zink und Alkali in Anthracen<strong>de</strong>rivate<br />

überführbar:<br />

9-substituierte Anthracene wer<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>rmaßen gewonnen:<br />

Zn/OH �<br />

O<br />

O<br />

O<br />

HO R<br />

+<br />

COOH<br />

- H 2O<br />

AlCl 3<br />

HF<br />

C<br />

O<br />

O OH<br />

O<br />

R<br />

C<br />

O<br />

CH 3<br />

RMgX<br />

CH 3<br />

198


21.3 Verknüpfung zu Biphenyl<strong>de</strong>rivaten<br />

Die Einwirkung von metallischem Natrium auf Arylhalogeni<strong>de</strong> ergibt in einer <strong>de</strong>r Wurtz-<br />

Reaktion analogen Umsetzung nur geringe Ausbeuten an Biphenyl:<br />

2 Cl + 2 Na<br />

21.3.1 Ullmann-Reaktion<br />

- 2 NaCl<br />

Ullmann fand, dass die Ausbeuten durch Verwendung von Kupferpulver o<strong>de</strong>r<br />

Kupferbronze bei höheren Temperaturen wesentlich verbessert wer<strong>de</strong>n können:<br />

[Cu]<br />

2 H3C Cl<br />

H3C CH3 21.3.2 Gomberg-Bachmann-Reaktion:<br />

Hierbei gibt man zu einem Gemisch bestehend aus einer wäßrigen<br />

Diazoniumsalzlösung und <strong>de</strong>m aromatischen Kohlenwasserstoff unter kräftigem<br />

Rühren (Zweiphasensystem) Natronlauge.<br />

�<br />

Br N N<br />

Cl �<br />

+<br />

NaOH<br />

Im Gegensatz zur Ullmann-Reaktion können mit <strong>de</strong>r Gomberg-Bachmann-Reaktion<br />

auch unsymmetrische Biphenyle hergestellt wer<strong>de</strong>n. Die Ausbeuten sind, bedingt<br />

durch das Arbeiten in einem zweiphasigen System, nur gering.<br />

Die Reaktion verläuft nach einem radikalischen Mechanismus. Das Arylradikal bil<strong>de</strong>t<br />

sich aus Diazohydroxid, das mit Natronlauge aus <strong>de</strong>m Diazoniumsalz entsteht:<br />

Br<br />

199


�<br />

Br N N<br />

Cl �<br />

NaOH<br />

- NaBr<br />

Br<br />

- N 2<br />

N N OH<br />

Br � + OH<br />

�<br />

Die Reaktion <strong>de</strong>s Radikals mit <strong>de</strong>n aromatischen Kohlenwasserstoff erfolgt<br />

wahrscheinlich in zwei Stufen.<br />

� Br +<br />

Br<br />

�<br />

- H �<br />

Br<br />

Das H-Radikal wird durch ein an<strong>de</strong>res Radikal abgefangen (HO • , Ph • ).<br />

Bei Angriff eines ungela<strong>de</strong>nen Radikals ist eigentlich keine dirigieren<strong>de</strong> Wirkung durch<br />

Erstsubstituenten zu erwarten, <strong>de</strong>nnoch wird die bevorzugte Bildung von 2- und 4-<br />

Produkten beobachtet. Dies muß damit erklärt wer<strong>de</strong>n, dass eine Stabilisierung <strong>de</strong>r<br />

radikalischen Übergangsverbindung nur von 2- und 4-ständigen Substituenten (sowohl<br />

von Substituenten 1. Ordnung als auch von Substituenten 2. Ordnung) ermöglicht wird.<br />

Ausgehend von 2-Nitrodiphenylmethan kann auch <strong>de</strong>r Fluoren-Grundkörper aufgebaut<br />

wer<strong>de</strong>n:<br />

H<br />

200


Cu, Zn<br />

O 2N<br />

1) Reduktion<br />

2) Diazotierung<br />

Wird die Verknüpfung eines Diazoniumsalzes mit Kupfer- o<strong>de</strong>r Zinkpulver vorgenommen,<br />

so bezeichnet man diesen Reaktionsschritt auch als Gattermann-Reaktion.<br />

21.3.3 Pschorr Synthese<br />

Die Pschorr-Synthese stellt eine interessante Anwendung <strong>de</strong>r Arylverknüpfung dar. Sie<br />

dient zum Aufbau <strong>de</strong>s Phenanthrengerüstes:<br />

H<br />

C O<br />

NO 2<br />

+<br />

CH 2<br />

COONa<br />

�<br />

N2 Cl �<br />

NO 2<br />

COOH<br />

2-Nitrobenzal<strong>de</strong>hyd wird mit <strong>de</strong>m Natriumsalz <strong>de</strong>r Phenylessigsäure in Gegenwart von<br />

Essigsäureanhydrid analog <strong>de</strong>r Perkin-Synthese umgesetzt. Statt <strong>de</strong>r genannten<br />

Verbindungen können auch jeweils substituierte Derivate eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Bei dieser<br />

Umsetzung entsteht hauptsächlich die α-Phenyl-2-nitrozimtsäure, aus <strong>de</strong>r durch<br />

Reduktion <strong>de</strong>r Nitrogruppe und Diazotierung <strong>de</strong>s so gebil<strong>de</strong>ten Amino<strong>de</strong>rivates<br />

schließlich durch Arylverknüpfung die 9-Phenanthrencarbonsäure entsteht:<br />

201


Cu<br />

NO 2<br />

COOH<br />

1) Reduktion<br />

2) Diazotierung<br />

COOH<br />

Weiterhin seien folgen<strong>de</strong> Verknüpfungsreaktionen genannt:<br />

�<br />

N2 Cl �<br />

COOH<br />

1. lodaryle wer<strong>de</strong>n in einer photochemischen Reaktion mit flüssigen aromatischen<br />

Kohlenwasserstoffen verknüpft:<br />

h � ν<br />

H3C , + H3C 2. Aromatische Grignard-Verbindungen reagieren mit Kupfer(II)-halogeni<strong>de</strong>n zu<br />

Biarylverbindungen.<br />

MgX + XMg<br />

CuX 2<br />

+ 2 MgX 2 + Cu<br />

202

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