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Mittwoch, 03. Juli 2013<br />
Portrait 5<br />
Austra<br />
Kanadischer New-Wave mit kollektiver Ästhetik<br />
Ein Interview mit Frontfrau Katie Stelmanis<br />
Interview und Foto: David Kurt Karl Roth<br />
»Wir<br />
wollen keine<br />
Fashion Band<br />
sein.«<br />
Video<br />
Interview auf www.fashiondaily.tv<br />
M<br />
usik und Mode<br />
gehören<br />
vielen<br />
seit<br />
Jahrzehnten<br />
zusammen,<br />
wie Gin<br />
und Tonic, wie Angelina Jolie<br />
und Brad Pitt. Man denke nur<br />
an David Bowies dandyeske<br />
Kunstfigur „The Thin White<br />
Duke“, mit weißem Hemd,<br />
schwarzer Bundfaltenhose<br />
und streng zurück gekämmten<br />
Haaren. Oder Madonnas<br />
Bühnenoutfits aus den 90er<br />
Jahren. Modemacher Jean<br />
Paul Gaultier schneiderte ihr<br />
für ihre „Blond Ambition“<br />
Tour einen Spitz-BH, mit dem<br />
die „Queen of Pop“ die Welt<br />
schockte. Noch nicht allzu<br />
lang her, die musikalische wie<br />
modische Revolution der britischen<br />
Elektro-Pop-Band Hot<br />
Chip, deren nerdiger Look mit<br />
Hornbrille und Schnauz dem<br />
Hipsterlook zu weltweitem<br />
Ruhm verhalf, von Williamsburg<br />
über Kreuzberg bis zur<br />
Brick Lane. Eine Band ohne<br />
signifikanten Look ist heute<br />
undenkbar. Auch Musiker, denen<br />
es zu wider, zu oberflächlich<br />
erscheint, sich mit der<br />
Mode auseinanderzusetzen,<br />
die stolz darauf sind Anti-<br />
Fashion zu sein, setzen genau<br />
damit ihr Fashion Statement.<br />
Katie Stelmanis, die charismatische<br />
Frontfrau von Austra,<br />
der Band, die 2011 mit ihrem<br />
Hit „Don‘t want too lose<br />
you“ einen Ohrwurm schuf,<br />
vor dem es kein Entkommen<br />
gab, weiß um die Bedeutsamkeit<br />
der Mode, doch sie selbst<br />
möchte keinesfalls Mitglied<br />
einer „Fashion Band“ sein.<br />
Wir sprachen mit Stelmanis<br />
über ihre schlimmsten Modesünden,<br />
warum sie darauf<br />
verzichtet für ihre Bühnenoutfits<br />
mit Stylisten zusammenzuarbeiten<br />
und über die<br />
kreativen Synergien, die im<br />
Bestfall zwischen Musik und<br />
Mode entstehen können.<br />
Wie wichtig ist der Look<br />
einer Band in der heutigen<br />
Zeit<br />
Sehr wichtig! Die Art und<br />
Weise, wie du dich auf der<br />
Bühne präsentierst, kann den<br />
Menschen helfen deine Musik<br />
zu verstehen. Es sagt viel darüber<br />
aus, wer du als Künstler<br />
bist, aus welcher Szene du<br />
stammst oder wo du aufgewachsen<br />
bist.<br />
Wie wichtig ist der Look für<br />
Austra<br />
Wir sind lange Zeit als sechsköpfige<br />
Band ohne Budget<br />
für eine ausgefeilte Bühnenproduktion<br />
durch die Welt<br />
getourt, daher war es schon<br />
immer enorm wichtig, was<br />
wir auf der Bühne getragen<br />
haben, denn dies war neben<br />
der Musik der einzige Weg<br />
um uns kreativ auszudrücken.<br />
Es war nicht unser Ziel starke<br />
Einzellooks zu präsentieren,<br />
sondern viel mehr ein stimmiges<br />
Gesamtbild als Band<br />
zu erschaffen, dies haben wir<br />
über Farben oder aber durch<br />
das kollektive Aufgreifen einer<br />
bestimmten Ästhetik erreicht.<br />
Arbeitet ihr heute, nach eurem<br />
Durchbruch und der damit<br />
zwangsläufig einhergehenden<br />
Professionalisierung,<br />
mit Stylisten zusammen, um<br />
einen einheitlichen Look zu<br />
erschaffen<br />
Bei Fotoshootings kommt es<br />
vor, dass wir Stylisten haben,<br />
mit denen wir zusammenarbeiten,<br />
doch normalerweise<br />
machen wir alles allein, denn<br />
es ist wichtig, dass man natürlich<br />
bleibt und nicht die<br />
Kontrolle verliert. Wir wollten<br />
niemals wie eine Fashion<br />
Band aussehen. Mode sollte<br />
nicht das erste sein, das mit<br />
Austra assoziiert wird.<br />
Erzähl‘ uns von deinen<br />
schlimmsten Modesünden<br />
Ich hatte mein ganzes Leben<br />
Phasen, in denen ich eigenartig<br />
aussah, allesamt, kurioserweise,<br />
grundverschieden.<br />
Doch, wenn ich zurückblicke,<br />
dann kam wohl der irrwitzigste<br />
Look zustande, als ich<br />
mein Coming Out als Lesbe<br />
hatte. Zu der damaligen Zeit<br />
wollte ich jedem zeigen, dass<br />
ich eine Lesbe bin. Kurz nach<br />
dem ich meine Highschool<br />
beendete hatte, fuhr ich nach<br />
Europa, dort schnitt ich mir<br />
meine langen Haare ab, färbte<br />
sie blond und ließ mir ein<br />
Nasenpiercing stechen. Damals<br />
begann ich damit Männerklamotten<br />
zu tragen, dazu<br />
Birkenstock-Sandalen. Als ich<br />
von meinem Europa-Trip wieder<br />
nach Hause nach Kanada<br />
kam, fragten mich meine<br />
Freunde, was mit mir passiert<br />
sei, ob ich ihnen etwas erzählen<br />
will (lacht). Aber mein<br />
wildes Herumexperimentieren<br />
mit verschiedenen Ästhetiken<br />
ist mir im Nachhinein nicht<br />
peinlich, ich finde es cool und<br />
auch irgendwie wichtig.