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Ethik-Charta der DGSS Schmerz in Deutschland

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<strong>Ethik</strong>-<strong>Charta</strong> <strong>der</strong> <strong>DGSS</strong><br />

<br />

Grundlagen<br />

Was ist <strong>Schmerz</strong><br />

<strong>Schmerz</strong> verweist nicht nur als Symptom auf die Erregung<br />

schmerzvermitteln<strong>der</strong> (nozizeptiver) Strukturen.<br />

Er ist e<strong>in</strong> Phänomen, das e<strong>in</strong>e physiologische Dimension<br />

sowie e<strong>in</strong>e Bewusstse<strong>in</strong>s- und e<strong>in</strong>e Gefühlskomponente<br />

hat, die die Intensität und Art des <strong>Schmerz</strong>erlebens<br />

und des <strong>Schmerz</strong>verhaltens bestimmen. H<strong>in</strong>zu<br />

kommt, dass die <strong>in</strong>dividuelle <strong>Schmerz</strong>toleranz auch<br />

von kommunikativen Gewohnheiten, historischen und<br />

psychosozialen Aspekten bee<strong>in</strong>flusst wird.<br />

Was <strong>Schmerz</strong> nutzt<br />

<strong>Schmerz</strong> hat e<strong>in</strong>e wichtige Funktion zur Früherkennung<br />

von Schädigungen des Organismus. Ohne<br />

dieses Warnsystem bei möglichen Gesundheitsschäden<br />

wären Krankheit o<strong>der</strong> gar Tod die Folge. Wird<br />

die schmerzauslösende Störung aufgehoben, geht<br />

<strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel zurück. Akuter <strong>Schmerz</strong> ist<br />

als Symptom wichtiger H<strong>in</strong>weis auf e<strong>in</strong>e auslösende<br />

Ursache. Hält <strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong> länger an, verliert er se<strong>in</strong>e<br />

Warnfunktion, er verselbständigt sich. Beh<strong>in</strong><strong>der</strong>ungen<br />

und E<strong>in</strong>schränkungen auf <strong>der</strong> körperlichen,<br />

psychischen und sozialen Ebene s<strong>in</strong>d die Folge.<br />

Wenn <strong>Schmerz</strong> zur Krankheit wird<br />

Aufgrund <strong>der</strong> vielfältigen Dimensionen des chronischen<br />

<strong>Schmerz</strong>es spricht man von e<strong>in</strong>er bio-psycho-sozialen<br />

<strong>Schmerz</strong>krankheit. Länger anhaltende<br />

<strong>Schmerz</strong>zustände führen auch zu nachweisbaren<br />

Verän<strong>der</strong>ungen <strong>in</strong> den nervalen Strukturen, zu Lernprozessen<br />

und zur Ausbildung e<strong>in</strong>es <strong>Schmerz</strong>gedächtnisses.<br />

Rechtzeitige Therapie und Prävention<br />

von <strong>Schmerz</strong>en kann diese Chronifizierung vermeiden,<br />

unterbrechen o<strong>der</strong> rückgängig machen.<br />

Wie muss man chronischen <strong>Schmerz</strong><br />

behandeln<br />

Entsprechend <strong>der</strong> Schwere und Dauer <strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong>erkrankung<br />

ist e<strong>in</strong> gestuftes Vorgehen notwendig.<br />

Zunächst reicht die monodiszipl<strong>in</strong>äre Diagnose und<br />

Therapie. Bei e<strong>in</strong>em längeren Verlauf sollte e<strong>in</strong> entsprechend<br />

qualifizierter Facharzt (Zusatzbezeichnung<br />

„Spezielle <strong>Schmerz</strong>therapie“ o<strong>der</strong> Zusatzbezeichnung<br />

„Palliativmediz<strong>in</strong>“) aufgesucht werden.<br />

Als letzte Stufe <strong>der</strong> Therapie ist dann e<strong>in</strong> ambulantes<br />

o<strong>der</strong> stationäres <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Zentrum, <strong>in</strong> dem<br />

gleichzeitig mehrere Diszipl<strong>in</strong>en mit dem Patienten<br />

zusammenarbeiten, erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Wie kann man <strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong>krankheit<br />

vorbeugen<br />

E<strong>in</strong>e wichtige Aufgabe <strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong>therapie ist die<br />

adäquate Behandlung akuter <strong>Schmerz</strong>en und damit<br />

die Prophylaxe von chronischen <strong>Schmerz</strong>en.<br />

Son<strong>der</strong>fall Tumorschmerzen<br />

Sowohl h<strong>in</strong>sichtlich Diagnostik als auch h<strong>in</strong>sichtlich<br />

Therapie unterscheiden sich Tumorschmerzen deutlich<br />

von Nichttumorschmerzen und auch von akuten<br />

<strong>Schmerz</strong>en. Während beim Tumorschmerz e<strong>in</strong>e Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung<br />

des <strong>Schmerz</strong>niveaus alle<strong>in</strong> als ausreichen<strong>der</strong><br />

Therapieerfolg angesehen werden kann, stellt dies<br />

beim Nichttumorschmerz – z. B. beim Rückenschmerz<br />

– ke<strong>in</strong> ausreichendes Maß dar. Während beim Tumorschmerz<br />

vielfach e<strong>in</strong>e Monotherapie mit <strong>Schmerz</strong>medikamenten<br />

ausreichend ist, erfor<strong>der</strong>t <strong>der</strong> chronische<br />

Nichttumorschmerz e<strong>in</strong>e umfassende Therapie <strong>der</strong><br />

bio-psycho-sozialen Erkrankung. Neben körperlichen<br />

Methoden s<strong>in</strong>d auch psychologische und soziale Methoden<br />

<strong>der</strong> Diagnostik und Therapie e<strong>in</strong>zuführen.<br />

Problemfall alternative Methoden<br />

Häufiger als gesicherte alternative Methoden (wie<br />

Akupunktur) s<strong>in</strong>d ungesicherte, wissenschaftlich<br />

unbewiesene Methoden <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Schmerz</strong>therapie<br />

anzutreffen. Dies gilt sowohl für alternative als auch<br />

für <strong>in</strong>vasive und operative Methoden. Der E<strong>in</strong>satz<br />

solcher Methoden ist ethisch abzulehnen und lediglich<br />

im Rahmen von kontrollierten Studien zu akzeptieren.<br />

Ebenfalls abzulehnen ist e<strong>in</strong>e unangemessen<br />

hohe Liquidation für solche Außenseitermethoden.<br />

Die Grundlage: <strong>Schmerz</strong> messen!<br />

<strong>Schmerz</strong> sollte neben Blutdruck, Puls, Temperatur<br />

und Atmung als fünftes Vitalzeichen regelmäßig<br />

kontrolliert werden, m<strong>in</strong>destens <strong>in</strong> <strong>der</strong>selben Regelmäßigkeit<br />

wie Herzfrequenz und Blutdruck. Dadurch<br />

würden viele Situationen unentdeckter <strong>Schmerz</strong>en<br />

wegfallen und Möglichkeiten e<strong>in</strong>er ausreichenden<br />

<strong>Schmerz</strong>therapie eröffnet.

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