Die nächste Revolution in Deutschland - Denkwerk Zukunft
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und Angst vor schlechterem Service sei manchen Leuten die<br />
Werbung der Alternativstromer e<strong>in</strong>fach zu politisch. Politik und<br />
Vertrauen <strong>in</strong> Produktqualität sche<strong>in</strong>en sich für viele also nicht<br />
so recht zu vertragen.<br />
Zentral sche<strong>in</strong>t mir jedoch auch die Frage, wie es gel<strong>in</strong>gen<br />
kann, die e<strong>in</strong>sam getroffene Konsumentscheidung zu e<strong>in</strong>em<br />
kollektiven Erlebnis der Vielen zu machen. <strong>Die</strong> Stuttgarter<strong>in</strong>,<br />
der Stuttgarter kom men ja deshalb jeden Montag <strong>in</strong> den<br />
Schlossgarten, weil er und sie sich <strong>in</strong>zwischen fest darauf<br />
verlassen kann, dort das Erlebnis zu haben, Teil e<strong>in</strong>es großen<br />
und deshalb e<strong>in</strong>flussreichen Ganzen zu se<strong>in</strong> – e<strong>in</strong> Erlebnis das<br />
auch richtig gute Gefühle macht. <strong>Die</strong>ses Glückgefühl dürfte<br />
beim Kauf der Schokolade im Supermarkt oder eben dem<br />
Stromwechsel wohl kaum aufsche<strong>in</strong>en. Trotzdem gäbe es<br />
Möglichkeiten, sichtbar zu machen, dass unsere sche<strong>in</strong>bar<br />
unbedeutende E<strong>in</strong>zelaktion Wirkung <strong>in</strong> der Masse zeigt.<br />
Änderungen im eigenen Verhalten herbeizuführen ist e<strong>in</strong>e der<br />
schwersten Übungen überhaupt. Es ist dies jedoch nicht nur<br />
e<strong>in</strong> Thema für die Psychologen und Soziologen. Offenkundig ist<br />
auch die politische E<strong>in</strong>sicht noch nicht gereift, dass der eigene<br />
Lebensstil, die tagtäglichen vielen kle<strong>in</strong>en und großen<br />
Entscheidungen, was wir tun und lassen, was wir kaufen oder<br />
nicht, gravierende Auswirkungen auf die Lebens-,<br />
Produktionsbed<strong>in</strong>gungen, ja auf das ganze Wirtschaftssystem<br />
dieses Landes und <strong>in</strong> der Welt hat. <strong>Die</strong> Debatte über die<br />
Energiepolitik zum Beispiel ist derzeit ganz und gar<br />
technikzentriert. Doch auch 100 Prozent Erneuerbare werden<br />
uns nicht retten, m öglicherweise sogar neue Probleme<br />
e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gen (Stichwort Landschaftsverbrauch), wenn nicht<br />
parallel zum Technologiewechsel auch der Konsumwechsel<br />
stattf<strong>in</strong>det. Das oberste Gebot heißt noch im mer: viel weniger<br />
und effizienter verbrauchen. Wir wissen im Grunde alle, dass<br />
wir schon recht bald ganz viel ganz anders machen müssen.<br />
Jeder e<strong>in</strong>zelne von uns. Doch so lange es geht, zögern wir es<br />
h<strong>in</strong>aus. Und wundern uns, dass es die Konzerne nicht anders<br />
machen. Bis zum letzten Tropfen Öl … Wir s<strong>in</strong>d dam it Teil des<br />
Problems, Teil e<strong>in</strong>es Systems, das überwunden werden muss.<br />
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1880 hatte Paul Lafargue <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Schrift „Recht auf Faulheit“<br />
den Arbeitern e<strong>in</strong>e Mitschuld an ihrem Elend und ihrer<br />
Unterdrückung im Kapitalismus gegeben, weil sie die Arbeit als<br />
Mittel zum Konsum une<strong>in</strong>geschränkt <strong>in</strong>s Zentrum ihres Lebens<br />
stellen. Noch heute ist es nicht opportun, Kritik an e<strong>in</strong>er<br />
Lebensweise zu üben, die Ausbeutung von Menschen und<br />
Ressourcen zum<strong>in</strong>dest mit befördert. Wir sehen uns gerne als<br />
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