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B .i.S.S.a.L.u.B . * - Nina Trentmann

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work: B.i.S.S.a.L.u.B. Schanghai<br />

Zu groß für China Erst wollte niemand in Schanghai<br />

Token Hus Schuhe haben, nun verkauft er sie in alle Welt<br />

B.i.S.S.a.L.u.B. *<br />

ch<br />

ng<br />

hai<br />

*Besuch in Startup-Städten<br />

(außer London und Berlin)<br />

Diesmal:<br />

Aus<br />

mangel<br />

wird<br />

wirtschaft<br />

Wer in China Erfolg haben will,<br />

muss chinesische Probleme lösen.<br />

Oder US-Hipster begeistern<br />

Business Punk<br />

—<br />

080<br />

Business Punk<br />

—<br />

081


work: B.i.S.S.a.L.u.B. Schanghai<br />

Business Punk<br />

—<br />

082<br />

Bewusst riskant<br />

Bitcoin-Händler<br />

Bobby Lee spekuliert<br />

auf eine<br />

einträgliche Zukunft<br />

GWC China<br />

»Im 17. Jahrhundert<br />

wurde die<br />

Elektrizität<br />

entdeckt, 1960<br />

die Computer,<br />

2009 die Bitcoins«<br />

Text: <strong>Nina</strong> <strong>Trentmann</strong><br />

Fotos: Daniele Mattioli<br />

–<br />

Die beste Idee seines Lebens verdankt Token Hu seiner<br />

Katze. Ein paar Jahre ist es her, da fasst der Produktdesigner<br />

einen Plan. Schuhe will er entwerfen.<br />

Federleicht, angenehm zu tragen, gerade an den heißen<br />

Schanghaier Sommertagen, und trotzdem robust.<br />

Was ihm fehlt: das geeignete Material. Eines Nachmittags<br />

entdeckt Hus Katze sein Portemonnaie als Spielzeug.<br />

Sie wirft es durch die Luft, fährt ihre Krallen<br />

aus. Hu lässt das Tier gewähren, widmet sich wieder<br />

seiner Arbeit. „Ich dachte, ich würde nur noch Fetzen<br />

finden“, sagt der 29-Jährige. Doch das Portemonnaie<br />

überlebt die Attacke. „Kein Kratzer, nichts.“ Da weiß<br />

er, seine Schuhe wird er aus Tyvek schneidern. Das<br />

papierartige Kunststoffmaterial ist siebenmal so belastbar<br />

wie Leder, dabei leichter als Aquarellkarton.<br />

Hu schnippelt und näht in seiner Küche, lässt sich<br />

von Freunden auslachen, wenn er seine Prototypen<br />

auf der Straße ausprobiert. „Mit jedem Paar wurden<br />

sie etwas tragbarer“, sagt Hu. Nach knapp zwei Jahren<br />

sind die Schuhe marktreif. Der Designer mietet einen<br />

Laden in der ehemaligen französischen Konzession,<br />

einem angesagten Viertel, und wartet auf Kunden.<br />

Doch niemand in Schanghai will seine Papierschuhe<br />

kaufen. „Ich bekam wieder und wieder gesagt: ,Das<br />

sind schöne Schuhe, aber von welcher Marke sind<br />

sie‘ Als sie hörten, die Schuhe kommen aus China,<br />

war es vorbei“, sagt Hu. Dann, kurz vor der Pleite,<br />

hilft ihm wieder der Zufall. Der Schanghaier lernt<br />

zwei Amerikaner kennen. Denen gefallen die Schuhe.<br />

Besser noch: Sie wissen, wie man sie verkaufen muss.<br />

Hu erging es wie vielen chinesischen Gründern<br />

in Schanghai. Die 24-Millionen-Metropole bringt<br />

gute Ideen hervor, doch es braucht Kompetenz von<br />

außen, um daraus erfolgreiche Firmen zu entwickeln.<br />

Dabei hat die Stadtregierung längst erkannt, dass aus<br />

Startups Millionenkonzerne werden können. Sie unterstützt<br />

Gründer mit Kapital und Büroräumen. Firmen<br />

aus der Medien- und IT-Branche siedeln sich<br />

hier, rund 1 400 Kilometer südlich der Hauptstadt<br />

Peking, an. Experten schätzen, dass Schanghai inzwischen<br />

etwa 3 000 Startups beheimatet, dank diverser<br />

Inkubatoren-Programme und üppiger Fördergelder<br />

von der offiziell kommunistischen, im Kern aber sehr<br />

marktwirtschaftlich orientierten Stadtregierung.<br />

Von der staatlichen Anschubhilfe hat auch<br />

Ricky Ye profitiert. Der 34-Jährige ist Gründer und<br />

Geschäftsführer von DF Robot, einem Händler für<br />

Hardware, Roboterbauteile und 3-D-Drucker. Durch<br />

die Unterstützung der Regierung sparte Ye drei Jahre<br />

lang über 20 000 Yuan, rund 2 420 Euro, Büromiete im<br />

Monat. Umgerechnet 12 000 Euro gab es obendrauf,<br />

als er den ersten Mitarbeiter mit Doktortitel anstellte.<br />

Vor wenigen Monaten stand die Hälfte seines Büros<br />

im Stadtteil Pudong noch leer. Inzwischen läuft<br />

das Geschäft. „Ich habe die Zahl meiner Mitarbeiter<br />

mal eben verdoppelt“, sagt Ye. Nun ist der Raum<br />

erfüllt vom lauten Summen und Piepen mehrerer<br />

Dream maker. So heißt der 3-D-Drucker, den Ye für<br />

rund 880 Euro an Designstudios und Hochschulen<br />

verkauft, viele davon in den USA. Gerade entwickeln<br />

Yes Angestellte ein Nachfolgemodell des Bestsellers.<br />

Mangel als wichtigster Innovationstreiber<br />

„Schanghai ist eine sehr internationale Stadt, wir<br />

haben drei der besten Universitäten Chinas hier“,<br />

sagt Ye, „und die Arbeitskosten sind niedrig.“ Darum<br />

entschied sich der Chinese nach seinem Studium in<br />

Großbritannien und einem ersten Job als Programmierer<br />

bei Airbus gegen eine Konzernkarriere. Stattdessen<br />

kehrte er in sein Heimatland zurück, um in<br />

Schanghai eine eigene Firma zu gründen. „Hier“, sagt<br />

Ye, „habe ich genau das, was ich brauche.“<br />

Dabei sei nicht der Überfluss der größte Innovationstreiber<br />

für Schanghais Startup-Szene, sondern<br />

der Mangel, glaubt David Li, Leiter des Hackerspace<br />

Xinchejian: „Bei uns gibt es eine schöne Redewendung:<br />

,Die Notwendigkeit ist die Mutter der Erfindung.‘“<br />

Gründer versuchten darum, mit ihren Produkten<br />

und Dienstleistungen Nischen zu füllen. „In einem<br />

Entwicklungsland wie China gibt es viele Bereiche, wo<br />

Startups leicht zu erntende Früchte<br />

finden“, sagt Li.<br />

Wie man eine typisch chinesische<br />

Nische entdeckt und auch noch<br />

gewinnträchtig ausbeutet, zeigt Efficiency<br />

Exchange, kurz EEx. Das<br />

Todd Embley<br />

Auch bei seinem<br />

Accelerator ist<br />

Scheitern Alltag:<br />

Rund die Hälfte<br />

der Startups jedes<br />

China-Axlr8r-<br />

Jahrgangs kommen<br />

nicht durch.<br />

Den Gescheiterten<br />

klarzumachen,<br />

dass das gar<br />

keine Schande ist,<br />

gehört bisweilen<br />

zu den schwerer<br />

vermittelbaren<br />

Lektionen eines<br />

Gründer-Mentors<br />

in China<br />

Startup der Amerikanerin Taryn<br />

Sullivan hat Hunderten Fabriken<br />

im Süden des Landes geholfen, ihren<br />

Stromverbrauch zu senken. Für<br />

etwa 145 Euro pro Trafo berät EEx<br />

Firmen, wie sie ihre Anlagen effizienter<br />

nutzen, wo sie modernisieren<br />

müssen. Sie können ihre Ausgaben<br />

für Energie dank EEx zwischen elf<br />

und 25 Prozent senken. „Die Leute<br />

sorgen sich um die Kosten“, sagt<br />

Sullivan, „damit kriegen wir sie.“<br />

Vor der Gründung von EEx hat<br />

die 31-Jährige bereits über neun<br />

Business Punk<br />

—<br />

083


work: B.i.S.S.a.L.u.B. Schanghai<br />

Jahre in China gearbeitet, unter anderem als Supply-<br />

Chain-Managerin. Dabei sah die Amerikanerin nicht<br />

nur zig Fabriken von innen, sondern auch die durch<br />

deren Energiehunger verursachte Luftverschmutzung:<br />

Strom wird in China meist aus Kohle erzeugt.<br />

Als sie nach Schanghai zog, um ihr Mandarin zu verbessern,<br />

kam die Idee für EEx. Inzwischen ist sie selten<br />

in ihrer „absoluten Lieblingsstadt“, wo ein Teil des<br />

Teams arbeitet. Die meiste Zeit pendelt Sullivan zwischen<br />

Südchina, wo ihre Kunden sind, und Washington,<br />

D.C., wo ihre Programmierer sitzen.<br />

Business Punk<br />

—<br />

084<br />

Chinesen folgen Trends, sie setzen keine<br />

Neben einem Gespür für passgenaue Lösungen chinesischer<br />

Probleme beweisen einige Gründer aus<br />

Schanghai einen für China eher unüblichen Mut zum<br />

Risiko. Bobby Lee etwa, dessen Büro im 23. Stock eines<br />

unscheinbaren Hochhaus-Klotzes im Westen der<br />

Stadt liegt. Von dort hat Lee einen guten Blick auf den<br />

Smog, der gerade im Winter an vielen Tagen wie eine<br />

graue Glocke über der Metropole hängt. Zur Aufheiterung<br />

seiner Mitarbeiter hat der 38-Jährige die Wände<br />

in Rot, Gelb und Grün streichen lassen. Die Scheiben<br />

zwischen den Besprechungsräumen sind bekritzelt.<br />

Was Lee und seine Leute dort hingeschrieben haben,<br />

zeugt von großen Plänen und einer Menge Selbstvertrauen:<br />

„Im 17. Jahrhundert wurde die Elektrizität<br />

entdeckt“, liest Bobby Lee vor, „1960 die Computer,<br />

2009 die ersten Bitcoins.“<br />

Der Chinese, der auch einen amerikanischen und<br />

einen Pass aus Hongkong hat, leitet BTC China, eine<br />

der größten Bitcoin-Handelsplattformen der Welt. Bis<br />

zu 90 000 Transaktionen werden pro Tag über die Seite<br />

abgewickelt, Mitte November sammelte BTC China<br />

5 Mio. Dollar bei Investoren ein. „Viele Chinesen sehen<br />

Bitcoins als alternative Geldanlage“, sagt Lee. Er<br />

ist optimistisch, dass seine Plattform weiter wachsen<br />

wird – und das, obwohl die chinesische Zentralbank<br />

den Kurs vor Weihnachten auf Talfahrt schickte, als<br />

sie BTC China und anderen Plattformen verbot, Einzahlungen<br />

in Renminbi anzunehmen. Sollte die Regierung<br />

den Handel mit Bitcoins untersagen, wäre BTC<br />

China von einem Tag auf den anderen einen Großteil<br />

der Kunden los. Lee nimmt es gelassen. Er wuchs an<br />

der afrikanischen Elfenbeinküste auf, studierte in<br />

Stanford und arbeitete acht Jahre bei Yahoo. „Ich habe<br />

schon viel erlebt“, sagt er. Und dass der Aufbau von<br />

Chinas erster Börse für die 2011 noch als Hackerwährung<br />

verfemten Bitcoins riskanter werden würde als<br />

eine Karriere in den USA, war ihm vorher klar.<br />

Alle Unverzagtheit nützt jedoch nichts, wenn es<br />

an Akzeptanz beim chinesischen Kunden mangelt.<br />

Eine Lektion, die Schuhdesigner Token Hu schmerzlich<br />

lernen musste. „Wer in China verkaufen will, der<br />

muss aus dem Ausland kommen und eine starke Marke<br />

mitbringen“, sagt Hu. Der Grund: Nach vielen Jahren<br />

der Planwirtschaft haben chinesische Produkte<br />

noch immer nicht dasselbe Ansehen wie Waren aus<br />

dem Westen. Käufer vertrauen heimischen Herstellern<br />

nicht. Und: „China ist ein Land, das dem Trend<br />

folgt“, sagt Hu, „nicht eines, das selber Trends setzt.“<br />

Ȇber die Finanzierung<br />

können wir die<br />

startups knacken«<br />

Das wissen auch Shaun Nath und Joseph<br />

Constan ty. Beide hatten mehrere Jahre in China gelebt,<br />

in Schanghai eigene Firmen gegründet und die<br />

Fallstricke des Markts kennengelernt, ehe sie auf Hu<br />

trafen. Um dessen Schuh zum Erfolg zu verhelfen,<br />

verpassten sie der Firma als Erstes einen Namen, der<br />

nach etwas klingt: UT Lab – Unbelievable Testing<br />

Laboratory. „Es war wichtig, der Marke ein Gesicht<br />

zu geben“, sagt Nath, ein 28-jähriger Kalifornier. UT<br />

Lab soll Kunden ansprechen, die sich für Technik und<br />

Fortschritt interessieren. „Wir wollten doch alle mal<br />

Astronauten werden, als wir jung waren“, sagt Nath.<br />

Dann starten Hu und die Amerikaner im Sommer<br />

vergangenen Jahres eine Kampagne bei Kickstarter:<br />

2013 Paare, streng limitiert. Das Medienecho ist groß,<br />

binnen vier Wochen sind die 68 Dollar teuren Schuhe<br />

verkauft. An Kunden aus den USA, Europa, Japan.<br />

Der Expat-Bonus wirkt aber auch auf Kunden<br />

aus China, weiß EEx-Gründerin Sullivan. „Dadurch,<br />

dass wir Amerikaner im Unternehmen haben, gelten<br />

wir bei unseren Kunden als fortschrittlicher“, sagt<br />

sie. „Wären wir rein chinesisch, würde man uns als<br />

nichtsnutzige Berater abtun.“ Das<br />

gilt nicht nur für Kunden, sondern<br />

auch für Geldgeber. In China, sagt<br />

Sullivan, verstünden viele Investoren<br />

nicht, was eine Anfangsfinanzierung<br />

ist. Lieber gäben sie<br />

Geld für etwas, das bereits läuft.<br />

„Die wollen einen Millionenumsatz,<br />

bevor sie überhaupt nur an<br />

Investments denken.“<br />

Zudem forderten einheimische<br />

Geldgeber sichtbare Ergebnisse.<br />

„Es gibt wenig Investoren in<br />

China, die Geld in etwas stecken,<br />

das nicht sofort Resultate bringt“,<br />

sagt Rui Ma, Angel-Investorin bei<br />

500 Startups, einem Ableger des<br />

US-Inkubatoren-Programms. Das<br />

bekam auch DF-Robot-Gründer<br />

Ye zu spüren, der in den ersten<br />

In die<br />

Produktion<br />

Bevor Taryn<br />

Sullivan begann,<br />

chinesischen<br />

Fabrikbesitzern<br />

zu sagen,<br />

wo sie Strom<br />

sparen können,<br />

sammelte sie<br />

dort Eindrücke<br />

aus erster Hand<br />

– vom Job am<br />

Fließband (o.)<br />

bis zum Mittag<br />

mit Kollegen (u.)


work: B.i.S.S.a.L.u.B. Schanghai<br />

Kreative Umerziehung<br />

Ricky Ye lässt die Neuen im Team drei<br />

Monate lang basteln statt arbeiten<br />

»Die chinesischen Studenten<br />

sind in ihrer Kreativität<br />

sehr viel beschränkter«<br />

Business Punk<br />

—<br />

086<br />

Jahren Probleme hatte, Wagniskapital aufzutreiben.<br />

Erst im August 2013 – da war seine Firma bereits ein<br />

weltweit aktiver Hardwarehändler mit vorzeigbaren<br />

Umsätzen – gelang es ihm, in einer Finanzierungsrunde<br />

mehrere Millionen Yuan bei chinesischen Kapitalgebern<br />

einzusammeln.<br />

Todd Embley setzt genau bei diesem Dilemma<br />

vieler Schanghaier Gründer an. „Über die Finanzierung<br />

können wir die Startups knacken“, sagt er. Der<br />

40-jährige Amerikaner, der seinen Kaffee aus einem<br />

überdimensionalen Starbucks-Becher schlürft und<br />

trotz des eisigen Schanghaier Winterwinds T-Shirt<br />

und Käppi trägt, ist Direktor des Accelerator-Programms<br />

China Axlr8r. Über SOS Ventures, einen amerikanischen<br />

Fonds, investiert er 90 Tage lang in zehn<br />

Unternehmen. Im Februar startet der nächste Durchgang<br />

des Programms. Wer am Ende als Sieger aus dem<br />

Wettbewerb hervorgeht, wird weiterfinanziert. Mit<br />

Mentoren, Elevator-Pitches und Webinaren trimmt<br />

Embley die Schanghaier Startups auf Erfolg. Doch<br />

nur 20 Prozent der Firmen, die bei China Axlr8r mitmachen,<br />

werden von Chinesen geführt.<br />

Brave Kinder meiden Startups<br />

Dafür gibt es viele Erklärungen. Embley, der zuvor in<br />

der nordchinesischen Hafenstadt Dalian ein ähnliches<br />

Programm leitete, hat im Land einen Mangel an<br />

Kreativität und selbstständigem Denken festgestellt.<br />

„Die Freiheit im Kopf ist zu gering“, sagt er, „die Chinesen<br />

haben zu wenig davon, um selbst zu entscheiden.“<br />

Vom Kindergartenalter bis zum Berufseinstieg<br />

bestimmen die Eltern, was ihre Kinder tun und lassen,<br />

sogar die Ehepartner werden für sie ausgesucht.<br />

DF-Robot-Chef Ye kennt das Problem: „Die chinesischen<br />

Studenten sind in ihrer Kreativität sehr viel<br />

beschränkter.“ Deshalb lässt er alle neuen Mitarbeiter<br />

drei Monate spielen und experimentieren. Dabei entsteht<br />

Sinnvolles wie Roboter und Transformatoren,<br />

aber auch fantasievoller Spielkram wie kleine Orgeln,<br />

aus denen Musik tönt. Mentoren helfen den Neueinsteigern,<br />

ihre Kreativität neu zu entdecken. „Sie<br />

dürfen wieder Kind sein“, sagt Ye.<br />

In den ersten Lebensjahren wurzelt ein weiteres<br />

Problem. Wegen der Einkindpolitik sind es viele junge<br />

Chinesen gewohnt, stets die ungeteilte Aufmerksamkeit<br />

ihrer Eltern und Großeltern zu bekommen.<br />

Und nach der anstrengenden Plackerei in der Schule<br />

und im Studium haben nur wenige Lust auf die harte<br />

Arbeit, die ein Startup bedeutet. Die Aussicht auf<br />

durchgearbeitete Nächte bei geringem Lohn hält viele<br />

talentierte Chinesen ab, ihr eigenes Unternehmen zu<br />

gründen. Hinzu kommt, dass eine Tätigkeit in einem<br />

Staatskonzern oder einem internationalen Unternehmen<br />

als angesehener gilt als ein Job bei einem Startup,<br />

das keiner kennt.<br />

Wieder spielen die Eltern eine Rolle: „Es wird<br />

nicht akzeptiert, wenn die Schößlinge nicht für ein<br />

großes Unternehmen arbeiten wollen“, sagt Todd<br />

Embley von China Axlr8r. Erst vor Kurzem habe er<br />

wieder erlebt, dass ein junger Chinese, CTO in einem<br />

Startup, von seinen Eltern gezwungen wurde, zu kündigen<br />

und bei einem Staatsunternehmen anzuheuern.<br />

Schuld daran ist auch die straffe Zeitplanung, der chinesische<br />

Karrieren unterliegen: Mit 25 soll geheiratet<br />

werden, mit 28 muss das Haus da sein, gefolgt von<br />

den Kindern, die vor dem 30. Lebensjahr geboren sein<br />

müssen. „Das macht eine Karriere bei einem Startup<br />

sehr unattraktiv“, sagt DF-Robot-Gründer Ye. Mindestens<br />

ein Jahrzehnt werde deshalb vergehen, bis<br />

sich das Ökosystem entwickelt habe und Schanghai<br />

eines Tages vielleicht eine ähnliche Masse an jungen<br />

Talenten wie das Silicon Valley vorweisen könne.<br />

Dazu müsste auch die Hochschulausbildung<br />

mehr Wert auf BWL-Grundwissen und lebenspraktische<br />

Erfahrung legen. „Die Gründer haben kein Gefühl<br />

dafür, was der Kunde will, wie Markenbildung<br />

geht oder wie sie ihr Supply-Chain-Management<br />

organisieren müssen“, berichtet Accelerator-Chef<br />

Embley. Aus diesem Grund prüft 500-Startups-Investorin<br />

Rui Ma die Bilanzen bei chinesischen Startups<br />

besonders gründlich. Denn sie weiß, wie wenig<br />

verlässlich die oft sind: „Der Zugang zu guten Daten<br />

ist oft ein Problem“, sagt die 32-Jährige,<br />

„viele Chinesen sammeln zu<br />

wenig Daten und verlassen sich<br />

lieber auf ihr Bauchgefühl.“ Sie ist<br />

aber zuversichtlich, dass mit der begonnenen<br />

Professionalisierung der<br />

Rui Ma<br />

Seit 2013 sucht<br />

die in den USA<br />

aufgewachsene<br />

Chinesin für den<br />

US-Inkubator<br />

500 Startups nach<br />

unverbrauchten<br />

Ideen. Ganz oben<br />

auf ihrer Liste:<br />

„boring startups“,<br />

kleine, eher<br />

technische Firmen,<br />

die schnell<br />

amortisierbare<br />

Lösungen für<br />

echte Probleme<br />

haben<br />

Szene viele dieser Schwierigkeiten<br />

mit der Zeit verschwinden werden.<br />

Ein Schanghai voller Startups<br />

und Hipster, das würde zur Vision<br />

von Nath passen. Der amerikanische<br />

Kompagnon von Designer Hu<br />

hat für UT Lab einen Dreijahresplan:<br />

Anfang 2014 wurde eine zweite<br />

Sneaker-Charge gelauncht, nun<br />

will er die Popularität des Labels<br />

in Europa und den USA weiter steigern.<br />

In ein paar Jahren sei die Zeit<br />

dann reif für einen zweiten Versuch,<br />

endlich den Heimatmarkt zu<br />

erobern. Dann als „amerikanischchinesische<br />

Marke“.<br />

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