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SUMPF- BESTIEN

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Nr. 4 AUGUST 2010<br />

ALINE SAUVAGE<br />

<strong>SUMPF</strong>-<br />

<strong>BESTIEN</strong><br />

GREIFEN<br />

AN!<br />

DIOMEDES<br />

PHANTASTIK<br />

Digital ART<br />

WORKS WITH PLEASURE


2 BLACK JERICHO<br />

Das Bier im Glas leuchtete golden auf, als es von einem<br />

Lichtstrahl getroffen wurde, der durch die sich<br />

öffnende Tür hereinfiel. Jericho schenkte der Person,<br />

die durch die Tür trat, keine Beachtung.<br />

Umgekehrt war das allerdings nicht der Fall.<br />

»Sind Sie Jericho Blane?« Es war die Stimme einer Frau.<br />

Widerwillig sah Jericho von seinem Bier auf.<br />

»Wer will das wissen?«<br />

Im Gesicht der Frau zeigte sich der Anflug verletzter<br />

Eitelkeit.<br />

»Mein Name ist Belgravia«, sagte sie pikiert. »Miss Bella<br />

Belgravia.«<br />

Jericho wunderte sich noch, weshalb eine Frau einen<br />

Vornamen trug, der so gar nicht ihr Äußeres reflektierte.<br />

Einen entsprechenden Kommentar jedoch behielt<br />

er für sich.<br />

»Sind Sie nun der, für den ich Sie halte?«, hakte Miss<br />

Belgravia ungeduldig nach.<br />

»Und wenn ichs wäre?«<br />

Die Frau seufzte gereizt. »Dann hätte ich einen Auftrag für Sie.«<br />

Unverschämt musterte Jericho sein Gegenüber. Für seinen Geschmack<br />

war ihr Busen zu klein und der Hintern zu schmal. Aber die<br />

Belgravia roch nach Geld. Einer Menge Geld. Allein die hoch getürmte<br />

Frisur mit den eingewebten Platinfäden und den blau schimmernden<br />

Metallic-Strähnen musste ein Vermögen gekostet haben. An ihren Ohren<br />

und Fingern glitzerte kostspieliger Schmuck, und das knapp sitzende<br />

Kostüm stammte aus einem dieser sündhaft teuren Designerläden.<br />

Auf den ersten Blick hätte man Miss Belgravia auf Mitte zwanzig geschätzt,<br />

auf den zweiten jedoch bemerkte Jericho, dass sie deutlich älter<br />

sein musste und das jugendliche Gesicht die Arbeit eines prominenten<br />

Schönheitschirurgen war.<br />

Obwohl sie nicht sein Fall war, fragte er sich für einen Moment, wie<br />

sich ihr Körper anfühlen mochte und hörte beinahe schon ihr empörtes<br />

Kreischen, wenn der zarte Stoff ihres Kostüms unter seinen Fingern<br />

nachgab. Vielleicht hätte er sie sogar gepackt und zu sich herangezogen,<br />

nur um zu spüren, wie sie sich wand, wenn er den Rock an ihren<br />

schlanken Beinen nach oben schob, doch hinter ihr standen zwei Kerle<br />

mit ausdruckslosen Gesichtern. Ihre Muskeln spannten den teuren<br />

Anzugstoff. Hände groß wie Suppenteller warteten nur darauf, geballt<br />

zu werden oder nach der Waffe zu greifen. Jericho beschloss, dass diese<br />

Frau den Ärger nicht wert war.


<strong>SUMPF</strong><strong>BESTIEN</strong> GREIFEN AN! 3<br />

»Kommen Sie in einem halben Jahr wieder. Bin ziemlich ausgebucht.«<br />

»Mister Blane, ich habe kein halbes Jahr Zeit. Ich brauche Sie jetzt!<br />

Die entsprechenden Regierungsstellen haben mich an Sie verwiesen.«<br />

Dieses Weib hatte also tatsächlich hinter seinem Rücken agiert – und<br />

diese Regierungsfuzzis hatten es nicht einmal für nötig gehalten, ihn<br />

davon in Kenntnis zu setzen. Er würde wohl bald mit Beck ein ernsthaftes<br />

Wörtchen reden müssen.<br />

Glas splitterte, das Bier ergoss sich über Jerichos Hand und hinterließ<br />

weißen Schaum auf seiner dunklen Haut.<br />

»Diese Kraftdemonstration war absolut unnötig.«<br />

Ihre kühle Stimme reizte Jericho noch mehr. Er merkte nicht einmal,<br />

wie sich Glasscherben in seinen Handballen bohrten und dunkelrotes<br />

Blut in die Bierpfütze floss.<br />

Brion erschien mit einem Wischtuch. »Das ist Bella Belgravia«, wisperte<br />

er Jericho zu, wischte die Lache auf und sammelte die Scherben<br />

ein. »Die Frau hat Geld wie Heu und Kontakte bis in die höchsten Regierungsstellen.<br />

Vermutlich könnte sie sogar die Regierung kaufen, falls<br />

ihr zwischenzeitlich nicht einfallen sollte, sie lieber zu stürzen.«<br />

Jericho schenkte ihm kaum Aufmerksamkeit und fixierte stattdessen<br />

die beiden Leibwächter. Er rechnete sich aus, wie lange es dauern<br />

würde, sie auszuschalten. Nur so zum Spaß, um ihnen das überhebliche<br />

Grinsen aus den hochglanzpolierten Bodybuilder-Visagen zu prügeln.<br />

Leises Zischen und ein kurzer, scharfer Schmerz holten ihn wieder in<br />

die Gegenwart zurück. Er hatte wohl bemerkt, dass Brion zum Tresen<br />

geeilt und danach wieder zurückgekommen war – die Sprühflasche mit<br />

Derma-Kleber war ihm jedoch entgangen.<br />

»Obacht, Brion!«, sagte Jericho halblaut. »Schleich dich nicht so ran!<br />

Ich hätte dir beinahe eine gescheuert.«<br />

»Der Wirt ist doch nun wirklich der letzte, der Prügel verdient hat.«<br />

Brion Teague nahm die Sprühflasche beleidigt wieder an sich. Er rechnete<br />

kaum noch damit, dass die Tabletten, die er Jericho ins Bier gekippt<br />

hatte, noch wirkten; fast den halben Inhalt des Glases hatte er<br />

eben von der Tischplatte gewischt. Aber wenn es eine Chance gab, das<br />

Aggressionspotenzial des Söldners zu senken, dann wollte er sie nutzen.<br />

Und als Verena Dambrosi ihm diese Beruhigungstabletten angeboten<br />

BLACK JERICHO erscheint monatlich bei der JERICHO BELLS PRESS, einer Abteilung des DIOMEDES VERLAGS.<br />

Lektorat: Bernd Tezeden, E-Mail: bernd.tezeden@freenet.de. Layout und Satz: DIOMEDES VERLAG. Druck und Verarbeitung:<br />

Schaltungsdienst Lange o.H.G., Zehrensdorfer Straße 11, 12277 Berlin. Copyright © 2010 by author. Cover<br />

und Illustration: DigitalART. Die Personen und Begebenheiten der Romanhandlung sind frei erfunden; Ähnlichkeiten<br />

mit lebenden oder verstorbenen Personen sowie mit tatsächlichen Ereignissen sind unbeabsichtigt. Alle Rechte vorbehalten.<br />

BLACK JERICHO ® , NICOLETA BELÀ ® , VERENA DAMBROSI ® , CHRISTEL LIPPENBERRY ® , RUBIN ROS-<br />

GARD ® , GEN-O-MATIC ® , ZACH DARKOVICZ ® , BRION TEAGUE ® , and all prominent characters featured in this issue,<br />

and the distinctive likenesses thereof, are trademarks of JERICHO BELLS PRESS, a division of DIOMEDES VERLAG.<br />

Nachdruck, auch auszugsweise, Vervielfältigung und Reproduktion sowie Speichern auf digitalen Medien nur mit<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlages (per E-Mail an: diomedes-verlag@black-jericho.com).<br />

Vertrieb: Romantruhe-Buchversand, Röntgenstraße 79, 50169 Kerpen-Türnich, Telefon 0 22 37/92 49-6,<br />

Telefax 0 22 37/92 49 70, E-Mail: info@romantruhe.de, Internet: www.romantruhe.de. Jahresabonnementpreis<br />

(12 Ausgaben) 47,40 € inkl. Versand; Einzelheft-Nachbestellungen 3,95 € je Ausgabe zzgl. Versand. Auslandsbestellungen<br />

auf Anfrage. Internet: www.black-jericho.com. Printed in Germany. AUGUST 2010


4 BLACK JERICHO<br />

hatte, hatte er einfach nicht widerstehen können und sich im Geiste ausgemalt,<br />

wie schön ›Teague’s Tavern‹ sein würde – ohne zertrümmertes<br />

Mobiliar, verstümmelte Gäste und Blutflecken an Boden und Wänden.<br />

Ganz zu schweigen von den Leichen, die er dann nicht mehr entsorgen<br />

musste.<br />

Verena hatte die Tabletten von Pia-Marie Juergens bekommen, einer<br />

Menschenrechtlerin, die sich vehement für die Belange der Gen-O-<br />

Matics einsetzte. Ihr waren die Probleme durch Gen-Manipulationen<br />

durchaus bekannt, und sie wusste auch, dass davon in der Öffentlichkeit<br />

niemand etwas hören wollte. Dass sie Medikamente weitergab, die<br />

noch nicht für den Markt zugelassen waren, erschien ihr nur gerecht.<br />

Zumal diese nicht nur Jerichos Reizbarkeit mindern, sondern auch die<br />

krampfartigen Anfälle reduzieren würden. Betrachtete Brion es unter<br />

diesem Aspekt, tat er sogar noch ein gutes Werk. Und wenn Jericho<br />

dann irgendwann lammfromm vor ihm stehen würde, wollte er ihm aufrecht<br />

und mit süffisantem Grinsen die Rechnung für seine demolierte<br />

Eingangstür servieren. Nicht, dass Brion Skrupel oder gar Angst vor Jericho<br />

gehabt hätte – nein! Allerdings gab es gewisse Unwägbarkeiten in<br />

der Reaktion des weißhaarigen Schwarzen, und Brion Teague war ein<br />

Mann mit hohem Sicherheitsdenken.<br />

»Mister Blane! Sagt ihnen der Name Cayman etwas?«<br />

Bella Belgravias Stimme forderte mit schneidender Eindringlichkeit<br />

Jerichos Aufmerksamkeit zurück. Diese Frau schien das Wort ›aufgeben‹<br />

nicht zu kennen.<br />

»Und wenn?« Jericho gab sich äußerlich unbeeindruckt, obwohl Bella<br />

Belgravia es nun doch geschafft hatte, ihn hellhörig zu machen.<br />

»Er ist doch Ihr Freund, zumindest ein Kollege – oder etwa nicht? Haben<br />

Sie nicht in Ihrer Zeit als Kautionsjäger öfter mit ihm zusammengearbeitet?<br />

Sie würden ihn doch sicherlich nicht im Stich lassen, wenn<br />

er sich in Schwierigkeiten befände.«<br />

»Bloß weil ich von jemandem den Namen kenne, heißt das noch lange<br />

nicht, dass ich sein Babysitter bin.«<br />

»Nun, Mr. Blane – Cayman ist verschwunden …!«<br />

»Und Sie glauben«, verzog Jericho säuerlich den Mund und betrachtete<br />

seine Hand, »ich kann ihn wieder aus dem Hut zaubern?«<br />

»Sagen wir mal, ich weiß, wozu Sie fähig sind. Man hat mir von höchster<br />

Stelle zugetragen, dass Sie vor Kurzem einen äußerst heiklen Auftrag<br />

in Madagaskar ausgeführt haben. ›Heikel‹ in doppeltem Sinne: Sie<br />

hatten es nicht nur mit scheußlichen Kreaturen zu tun, sondern auch<br />

mit übernatürlichen Ereignissen. Und versuchen Sie nicht, das zu leugnen!<br />

Ich habe viele Freunde bei der GSA.«*<br />

»Darauf wette ich einen Arsch voll Hämorrhoiden«, knurrte Jericho<br />

missmutig. Seine Hand blutete zwar nicht mehr, aber durstig war er immer<br />

noch.<br />

*Global Security Agency, hervorgegangen aus dem US-amerikanischen Nachrichtendienst<br />

NSA


<strong>SUMPF</strong><strong>BESTIEN</strong> GREIFEN AN! 5<br />

»Beck hat Sie doch über die Hintergründe unterrichtet und Ihnen von<br />

dem Dimensionstor auf Madagaskar erzählt. Es könnte durchaus sein,<br />

dass auch Caymans Verschwinden in Zusammenhang mit einem temporären<br />

Dimensionsloch steht.«<br />

»Und was geht Sie das an? Was haben Sie mit Cayman im Einzelnen<br />

und mit Dimensionslöchern im Besonderen zu schaffen, Miss …?«<br />

Miss Belgravia sah Jericho stumm an und nickte dann einem Ihrer<br />

Bodyguards zu, der ihr die Tür öffnete. Im Türrahmen stehend, wandte<br />

sie sich noch einmal zu Jericho um. »Sie bekommen Antworten auf<br />

Ihre Fragen, Mister Blane. Ebenso eine entsprechende Vergütung, wenn<br />

Sie den Auftrag annehmen. Ich erwarte Sie in zwei Stunden in meinem<br />

Haus. Ein Vertreter der Regierung wird ebenfalls dort sein.«<br />

Die Tür schlug hinter ihr und ihren Leibwächtern zu. Jericho ließ seine<br />

Faust donnernd auf den Tisch krachen. Mit einem Unheil verheißenden<br />

Knirschen erschien ein Sprung im Holz.<br />

»Nicht schon wieder!«, jammerte Brion und verdrehte die Augen.<br />

»Nur ’n Kratzer. Das Teil hält noch Jahre. Aber die Belgravia geht mir<br />

auf den Sack! Bin ich ein Yorkshire Terrier, der ihr auf Fingerschnippen<br />

die Muschi schleckt …?«<br />

»Und wenn dieser Cayman wirklich in Schwierigkeiten ist?«, gab Brion<br />

zu bedenken.<br />

»Cayman kann mit Schwierigkeiten umgehen. Der hat schon im<br />

Sandkasten mit ihnen gespielt. Also wenn irgendetwas durch dieses<br />

Dimensionsloch gekrochen ist, dann hat es sich an ihm garantiert die<br />

Zähne ausgebissen.«<br />

Brion brummelte leise vor sich hin und zog sich zurück, um den Tresen<br />

zu wischen.<br />

»Bring mir noch ’n Bier«, verlangte Jericho. Fast im selben Moment<br />

wurde die Tür der ›Tavern‹ aufgestoßen, und für einen winzigen Augenblick<br />

hoffte Jericho, Bella Belgravia wäre zurückgekommen, um sich für<br />

ihre arrogante Art zu entschuldigen und Jericho auf diese Weise einen<br />

Grund zu liefern, sie bis aufs Blut zu demütigen. Doch anstelle der High-<br />

Society-Lady kamen Verena Dambrosi und Nicoleta Belà herein und kicherten<br />

wie Schulmädchen. Sie bestellten zwei Humpen Bier bei Brion<br />

und setzten sich zu Jericho an den Tisch.<br />

»Welche mutierte Riesenlaus ist dir denn über die Leber gelaufen?«,<br />

fragte Verena heiter.<br />

Noch bevor Jericho zu einer Antwort ansetzen konnte, kam Brion mit<br />

dem Bier herangeeilt.<br />

»Wieso krieg ich so ’n Spucknapf«, maulte Jericho, »und die Mädels<br />

solche Pötte?«<br />

»Die wollten große Gläser«, zuckte Brion die Schultern und setzte das<br />

Tablett ab. Noch in derselben Sekunde griff Jericho nach seinem Glas<br />

und stürzte das Bier in einem Schluck die Kehle hinab. »Nachschub!«,<br />

grollte er mit funkelnden Augen. »Aber so was hier!« Er deutete auf die<br />

Litergläser der Mädchen.<br />

»Schlechte Laune, Großer?«, griente Nici ihren Lover an. Sie hakte


6 BLACK JERICHO<br />

die Hand zwischen Glas und Henkel und hob es zum Mund. Ihre Stupsnase<br />

verschwand kurz im Schaum.<br />

»Keinen Bock, drüber zu reden.«<br />

»Hat es mit der Forschungsstation in Paraguay zu tun?«, wandte sich<br />

Verena an Nicoleta.<br />

»Tja, dieser Beck ist ein echter Armleuchter«, meinte Nici. »Der hetzt<br />

uns von einer Scheiße in die nächste und tut, als ob nichts passiert<br />

wäre.«<br />

»Aber er hat euch auch in ein paar streng geheime Dinge eingeweiht.«*<br />

Verena nahm ebenfalls einen kräftigen Zug aus ihrem Humpen. »Das<br />

macht der doch nicht aus Jux und Dollerei.«<br />

»Nö.« Nici blinzelte ihre Mitbewohnerin an. »Der hat garantiert ein<br />

paar Kohlen im Feuer, die wir ihm rausholen dürfen. Außerdem hat<br />

er ein paar echt fette Furunkel am Hintern. Nicht nur die Sache mit<br />

den Osh-Mecc …« Nicoleta hielt kurz inne und beobachtete den leisen<br />

Schatten, der über Verenas Miene huschte, als sie von den Außerirdischen<br />

hörte. Vor nicht allzu langer Zeit hatte sie sich in deren Gewalt befunden.**<br />

Niemand wusste, was die Aliens mit Verena angestellt hatten.<br />

Und sie selbst besaß keinerlei Erinnerung an die Vorfälle.<br />

»Nun ja«, lenkte Nici auf ein anderes Thema über, »Beck und Konsorten<br />

verursacht dieses Dämonentor noch ziemliche Bauchschmerzen –«<br />

Jerichos Kopf ruckte hoch.<br />

»Die Dinger verfolgen einen, als hätten sie einen hitzeempfindlichen<br />

Spürkopf …«<br />

Nici und Verena sahen sich fragend an.<br />

Brion stellte Jerichos Bier auf den Tisch, zog sich einen Stuhl heran<br />

und klopfte Jericho freundschaftlich auf die Schulter.<br />

»Sehts ihm nach. Ein schlimmes Erlebnis hat ihn geprägt …« Der Wirt<br />

verzog die Lippen zu einem feinen Lächeln.<br />

»Übertreibs nicht, Brion«, raunte Jericho ihm zu und packte sein<br />

Bierglas.<br />

»Spucks schon aus, Brion!«, riefen Nici und Verena im Duett. Nicoleta<br />

prostete Jericho neckisch zu. »Red schon, Brion! Was hat meinem<br />

Zuchthengst die Laune verhagelt?«<br />

Der Wirt der ›Tavern‹ begann zögerlich vom Angebot Miss Belgravias<br />

zu erzählen, schmückte seinen Bericht noch ein wenig aus und beendete<br />

ihn mit dem Verschwinden von Cayman. Die ganze Zeit über starrte<br />

Jericho nur dumpf die Tischplatte an.<br />

»Du gehst mir echt auf die Eierstöcke!«, ranzte Nici ihren Lover an.<br />

»Wieso bist du noch nicht aufgesprungen, um deinem Partner aus der<br />

Klemme zu helfen? Du kannst ihn doch jetzt nicht hängen lassen, bloß<br />

weil du diese Tussi nicht magst.«<br />

»Da hat sie verdammt recht!« Verena stellte ihr Bierglas mit einem<br />

Knall auf den Tisch.<br />

*siehe BLACK JERICHO #3: »TERROR DER DÄMONENBRUT«<br />

**siehe BLACK JERICHO #2: »BLUTDÜRSTIGE SCHATTEN«


<strong>SUMPF</strong><strong>BESTIEN</strong> GREIFEN AN! 7<br />

»Cayman kommt alleine klar.« Je öfter Jericho diese Ausrede gebrauchte,<br />

desto fadenscheiniger wirkte sie. Nicoleta strich sich das<br />

kinnlange, schwarze Haar aus dem Gesicht.<br />

»Und wenn nicht? Was ist, wenn er diesmal deine Hilfe braucht? Außerdem<br />

hast du nichts zu verlieren! Du kannst ein saftiges Honorar herausschlagen,<br />

und wenn Cayman sich bereits selbst gerettet hat, dann<br />

war sowieso alle Aufregung umsonst.«<br />

Jericho fühlte sich in die Defensive gedrängt. Allerdings hatten Nicoletas<br />

Ansichten etwas für sich. Wenn er es halbwegs geschickt anstellte,<br />

sollte sich mit diesem Auftrag für wenig Arbeit fette Knete verdienen<br />

lassen.<br />

Er packte den Humpen erneut und schüttete sich einen dreiviertel<br />

Liter Bier ungebremst in den Hals. Nachdem sein Aufstoßen als Donnerschlag<br />

durch die Kneipe gehallt war, stand er ruckartig auf und sah<br />

Nici herausfordernd an.<br />

»In Ordnung! Ich gehe! – Zufrieden?«<br />

Jericho wartete eine Antwort gar nicht erst ab. Er war durch die Tür<br />

gestürmt und hatte sie mit so viel Schwung zugeschlagen, dass die<br />

Fensterscheiben klirrten, noch ehe der hastig nach hinten gestoßene<br />

Stuhl auf seine vier Beine zurückgefunden hatte.<br />

Verena zog Brion am Arm zu sich herüber und flüsterte ihm ins Ohr:<br />

»Du hast sie ihm gegeben – oder?«<br />

»Er hat das meiste davon verschüttet«, sah Brion Teague sie entschuldigend<br />

an. »Ich hoffe, das bisschen, was er getrunken hat, wirkt.«<br />

»Das tut es!«, erwiderte Verena selbstsicher.<br />

»Woher ...?«<br />

Verena legte dem Wirt beruhigend eine Hand auf den Arm und deutete<br />

über ihre Schulter.<br />

»Deine Tür ist noch ganz …«<br />

HHH<br />

In der weitläufigen Parkanlage tummelten sich Pfaue, und ein Springbrunnen<br />

entließ aus einem Fischmaul eine schillernde Wasserfontäne in<br />

die sonnendurchflutete Nachmittagsluft. Miss Belgravia hatte ihr Anwesen<br />

so gestaltet, dass man sich in eine andere Epoche versetzt fühlte,<br />

sobald man es betrat. Ein Palais wie zur Zeit des Sonnenkönigs Louis<br />

XIV. Nahm das gesamte Panorama ein, als Jericho das Aero-Car ruckartig<br />

abbremste und unsanft aufsetzte. Auf dem Co-Piloten-Sitz wurden<br />

Nicis Augen eine Spur größer, als sie fasziniert die Kuppel betrachtete,<br />

die sich blau-grün schillernd über den turmartigen Hauptkomplex<br />

spannte.<br />

»Da wackelt die feine Lady ran«, wies Verena aus dem Fond voraus.<br />

»Ihre Pitbulls immer im Schlepptau.«<br />

»Ihr bleibt hier drinnen«, wandte sich Jericho an seine Frauen. »Ich<br />

kümmere mich um das Flittchen.«<br />

Er stieg aus und trottete behäbig auf Bella Belgravia und ihre Body-


8 BLACK JERICHO<br />

guards zu. Sie schenkte ihm weder ein Lächeln noch eine andere Bezeugung<br />

von Wertschätzung. Zumindest sprach sie mit Jericho, als er in<br />

Reichweite war.<br />

»Ich habe mir schon gedacht, dass Sie nicht widerstehen können …«<br />

»Kommen Sie zur Sache, Ma’am.«<br />

Kies knirschte unter Jerichos Stiefeln, als er an der Seite von Bella<br />

Belgravia zwischen gepflegten Blumenbeeten hindurchschritt. Er fühlte<br />

sich nicht wohl mit den beiden Leibwächtern in seinem Nacken, doch<br />

er würde den Teufel tun und sich umdrehen.<br />

»Wie Sie meinen, Mr. Blane. Man sagte mir schon, dass Sie nichts anbrennen<br />

lassen.«<br />

Wieder machte sie eine Pause, streichelte mit den Fingerspitzen das<br />

Perlenkollier, das sich um ihren Hals schmiegte und lächelte nun ihr<br />

einstudiertes, faltenloses Lächeln.<br />

Jericho hätte sie erwürgen können.<br />

»Nun, Mr. Blane, sehen Sie, es geht nicht nur darum, dass Sie und<br />

Cayman eine gemeinsame Vergangenheit haben. Ihre jüngsten Erfahrungen<br />

mit Dämonen könnten für uns von unschätzbarem Wert sein.«<br />

»Worauf wollen Sie hinaus?« Hatte Bella Belgravia ihn nun doch nur<br />

unter einem fadenscheinigen Vorwand auf ihr Anwesen gelockt? Und<br />

war Cayman nicht mehr als der Köder, den sie ausgeworfen hatte?<br />

»Auf meinem Grundstück wurde ein Dimensionstor geöffnet.« Die<br />

Frau sagte es, als gebe es nichts Selbstverständlicheres. »Ihre Kollegen<br />

von der Regierung vermuten, dass Dämonen die Verursacher sein könnten<br />

…«<br />

»Ich habe keine Kollegen bei der Regierung, Miss«, stellte Jericho<br />

klar. »Ich habe dort Geschäftspartner. Nicht gerade meine bevorzugte<br />

Klientel, aber wenn man an das Gold in der Schlangengrube will, muss<br />

man sich mit Schlangen einlassen.« Er sah sich kurz um, bevor er weitersprach.<br />

»Wo ist dieses Tor? Ich kann nichts erkennen.«<br />

»Aber Mister Blane, dieses Grundstück ist riesig! Vermutlich hätten<br />

wir das Tor nie entdeckt, wenn ich mich nicht dazu entschlossen hätte,<br />

im nördlichsten Teil einen Fischweiher anlegen zu lassen. Selbstverständlich<br />

habe ich dieses Projekt einstweilen zurückgestellt. Die Erforschung<br />

des Tores geht vor.«<br />

»Sie wollen es erforschen?« Jericho glaubte, sich verhört zu haben.<br />

»Sie setzen ihren Fuß direkt in die Hölle, wenn sie da durchgehen. Falls<br />

die Hölle nicht schon zu ihnen gekommen ist.«<br />

»Es scheint sich um ein anderes Tor zu handeln als jenes, das Sie gesehen<br />

haben.«<br />

»Ich habe es nicht einmal gesehen! Ich habe es nur ahnen können.<br />

Aber ich habe gesehen, was es ausgespuckt hat …!«<br />

»Dämonen?«, fragte Miss Belgravia.<br />

»Dämonen!«, bestätigte Jericho.<br />

»Wir hatten es ebenfalls mit einer einzelnen dämonischen Kreatur zu<br />

tun. Ein Gärtner, der sich auf schreckliche Weise verwandelt hat.« Bella<br />

Belgravia war kein bisschen aufgebracht. »Wir vermuten, dass Cayman


<strong>SUMPF</strong><strong>BESTIEN</strong> GREIFEN AN! 9<br />

ihn getötet hat und dann durch das Tor getreten ist. Die Spurensicherung<br />

und die Überreste dieses … Wesens bestätigen unseren Verdacht.«<br />

»Cayman hat für Sie gearbeitet?« Jericho betrachtete seine Auftraggeberin<br />

argwöhnisch. »Sie erzählen mir doch nicht die Wahrheit! Hören<br />

Sie jetzt auf, um den heißen Brei herumzureden und sagen Sie mir, was<br />

zum Teufel hier vor sich geht!«<br />

»Sie brauchen nicht laut zu werden, Mr. Blane! Meine Ohren funktionieren<br />

ausgezeichnet.«<br />

Jericho ballte die Fäuste. Die Muskeln in seinem Kiefer spannten<br />

sich. Nur zu gerne hätte er seine Finger um diesen perfekt gelifteten<br />

Hals gelegt und so lange zugedrückt, bis die ozeanblauen Augen aus<br />

den Höhlen platzten.<br />

»Außerdem weiß ich nicht, was es da nicht zu verstehen gibt! Sie kennen<br />

Cayman doch selbst! Einer solchen Verlockung hätte er mit größter<br />

Wahrscheinlichkeit nicht widerstehen können. Ich möchte Sie bitten,<br />

sich die Umgebung des Tores persönlich anzusehen und sich eine Meinung<br />

zu bilden. Außerdem wäre ich Ihnen dankbar, wenn Sie mein Sicherheitsteam<br />

auf die andere Seite des Tores begleiten könnten.«<br />

»Auf die andere Seite des Tores«, murmelte Jericho. »Sie sind wie ein<br />

Hund, der die Schnauze in einen Ventilator steckt, Miss.«<br />

Jerichos Knöchel knackten, als er die Finger streckte und wieder<br />

schloss.<br />

»Aber Mr. Blane …«<br />

»Ich leite diese Aktion! Und ich arbeite nur mit meinen Leuten. Ihre<br />

Sicherheitsknilche können Sie vor die Rosenbeete stellen.«<br />

»Sie bekommen einen Zuschlag, wenn Sie zumindest einige meiner<br />

Leute mitnehmen.«<br />

»Überzeugendes Argument«, rang Jericho sich ein halbherziges Grinsen<br />

ab. »Aber der Boss bei dem Unternehmen bin ich!«<br />

Miss Belgravias manikürte Finger strichen an der Unterseite ihres<br />

Kinns entlang.<br />

»Ich denke, darüber können wir reden. Lieutenant Norton wird zwar<br />

nicht begeistert sein, aber man kann ihn sicher überzeugen, dass es von<br />

Vorteil ist, wenn ein Mann Ihres Kalibers das Kommando hat.«<br />

HHH<br />

Wenn man nicht wusste, worum es sich handelte, sah man es nicht.<br />

Jeder unbedarfte Wanderer wäre daran vorbeigegangen, ohne dem Wabern<br />

der Luft zwischen den beiden Felsen auch nur die geringste Aufmerksamkeit<br />

zu schenken. Nur wer bis auf einen Meter an das Dimensionstor<br />

herankam, wusste das Gefühl zu deuten, das einen in dessen<br />

Nähe erfasste. Es war, als würde gleichzeitig ein heißer und ein kalter<br />

Luftzug die Haut streifen.<br />

Dr. Ernest Hunter zog sich Einweghandschuhe über, bevor er ein unscheinbares,<br />

blassviolettes Blümchen aus einer Felsnische pflückte und<br />

in einen Plastiksack steckte. Ungeduldig drängte sich Jericho an ihm


10 BLACK JERICHO<br />

vorbei. Der pingelige Wissenschaftler nervte ihn jetzt schon, dabei war<br />

er ihm gerade erst vorgestellt worden. Auch jetzt quäkte dieser wieder<br />

los: »Aber Mr. Blane! Das sind endemische Pflanzen, die Sie zertrampeln!«<br />

Hunter sah so jung aus, dass er seinen Doktortitel wahrscheinlich<br />

erst seit wenigen Wochen innehatte, legte jedoch das Verhalten eines<br />

um Jahrzehnte älteren Menschen an den Tag. Vermutlich wurde man<br />

so, wenn man ständig von vertrockneten, alten Fachidioten umgeben<br />

war.<br />

»Wickel dir dein epidemisches Zeug um die Schwarzwurzel!«<br />

»Es heißt endemisch und bedeutet, dass sie nur hier vorkommen. Ihre<br />

Samen haben es geschafft, sich durch das Dimensionstor zu verbreiten.<br />

Die meisten auf diese Weise in unserer Welt strandenden Samen sind<br />

normalerweise nicht einmal in der Lage, hier zu keimen. Sie kommen<br />

mit der hiesigen Atmosphäre nicht zurecht.«<br />

»Du kannst hier Blumen pflücken, solange du willst. Ich habe etwas<br />

Besseres zu tun. Außerdem ist es mir sowieso lieber, wenn gar nichts aus<br />

anderen Welten bei uns landet.«<br />

Angewidert betrachtete Jericho die stinkende Schleimpfütze, aus der<br />

noch einzelne, sich langsam zersetzende Tentakel ragten.<br />

»Der Gärtner ist wirklich in seiner Arbeit aufgegangen«, grinste Jericho.<br />

Er sah hinüber zum Aero-Car und zeigte Nici seinen erhobenen<br />

Daumen.<br />

»Sie haben doch bereits Erfahrungen mit Dämonen, Mister Blane.<br />

Glauben sie, dass dieses Wesen tatsächlich ein Dämon gewesen ist?«<br />

Dr. Hunter war neben Jericho in die Hocke gegangen. Mit einem zangenähnlichen<br />

Instrument sammelte er Stücke des faulenden Gewebes<br />

ein und ließ sie in ein durchsichtiges Plastiksäckchen fallen.<br />

»Erfahrung mit Dämonen? Wer verzapft bloß immer diesen Blödsinn?«<br />

Jericho bekam einen grimmigen Gesichtsausdruck. »Die traurigen<br />

Überreste hier sind von einem Menschen, der von irgendetwas verwandelt<br />

worden ist. Falls Sie mir darüber hinausgehende Erfahrungen<br />

andichten wollen, schmieren Sie es sich jetzt schon in die Haare. Sagen<br />

Sie mir lieber, was Sie von diesem Tor wissen.«<br />

»Es ist noch nicht wissenschaftlich bewiesen, aber ich habe die These<br />

aufgestellt, dass sich bereits seit Jahrtausenden immer wieder spontan<br />

Tore zwischen den Dimensionen auftun. Unsere Messungen haben eigenwillige<br />

Strahlungswerte nachgewiesen. Wir können uns darauf noch<br />

keinen Reim machen. Ebenso wenig gibt es klare Aussagen zur Stabilität<br />

des Durchgangs. Wir hatten uns da eigentlich Informationen von<br />

Ihnen erwartet, Mister Blane …«<br />

»Pustekuchen, Doc! Das, was ich hier sehe, hat nicht im Entferntesten<br />

mit der Erscheinung auf Madagaskar zu tun.«<br />

»Madagaskar also!«, stieß Ernest Hunter hervor. »Sperrgebiet! Quarantänezone!<br />

Jetzt ergibt es einen Sinn!«<br />

Jericho biss sich auf die Lippe. In den Medien war mit Sicherheit eine<br />

andere Version zu hören gewesen.


<strong>SUMPF</strong><strong>BESTIEN</strong> GREIFEN AN! 11<br />

Den weiterplappernden Wissenschaftler ignorierend, wandte er sich<br />

wieder der flimmernden Öffnung zwischen den Dimensionen zu.<br />

»Bisschen schmalbrüstig fürs Aero-Car, das Loch da«, brummte er<br />

vor sich hin.<br />

Er berührte mit den Fingern den Rand des Dimensionstores. Die Luft<br />

wellte sich und knisterte leise. Jericho ballte die Hand zur Faust und<br />

trat zurück. Hunter nahm die Gelegenheit wahr, mit seinen behandschuhten<br />

Händen einen achtbeinigen, gelbgrün schillernden Käfer vor<br />

Jerichos schweren Stiefeln zu retten und ebenfalls in einen Plastiksack<br />

zu stecken. Er warf einen kleinen chloroformgetränkten Wattebausch<br />

hinterher. Die Bewegungen des Käfers wurden langsamer, bis er schließlich<br />

die Beine anzog und sich nicht mehr regte.<br />

»Mister Blane, wenn Sie mir etwas Zeit geben, diesen Ort zu untersuchen,<br />

kann ich Ihnen aufgrund der Veränderungen von Flora und Fauna<br />

sagen, wie lange das Dimensionstor schon offen ist und welche Bedingungen<br />

Sie auf der anderen Seite vorfinden werden.«<br />

»Bis du mit deinen Untersuchungen fertig bist, hat es sich womöglich<br />

längst geschlossen.«<br />

»Bist du dir sicher, dass das Tor stabil ist?«, rief Nici aus dem Aero-<br />

Car herüber, die nackten Füße auf das Armaturenbrett gelegt.<br />

»Bist du dir sicher, dass du morgen einen Orgasmus haben wirst?«,<br />

rief Jericho zurück.<br />

»Bin ich Hermine, die einäugige Prophetin …?«<br />

»Na, dann hast du deine Frage nach der Stabilität des Tores schon<br />

selbst beantwortet.«<br />

»Blödmann!«, zischte Nici und trat mit dem Fuß gegen die Frontscheibe<br />

des Aero-Cars. Verena saß gelassen auf dem Rücksitz und reinigte<br />

ihre Fingernägel mit einem unterarmlangen Jagdmesser.<br />

Jericho achtete nicht auf die beiden Frauen und wuchtete einen riesigen,<br />

schwarzen Rucksack aus dem Aero-Car. Mit wenigen Handgriffen<br />

schnallte er sich eine Machete an den einen Oberschenkel, am anderen<br />

befestigte er eine MPR 357, eine kurzläufige Handfeuerwaffe für Explosivgeschosse,<br />

und eine Atemmaske.<br />

»Wo glaubst du, dass es hinführt?«<br />

Nici zeichnete eines ihres Tattoos mit dem Finger nach, während sie<br />

Jericho beobachtete, wie er die Patronengurte umlegte.<br />

»Woher soll ich das wissen?«<br />

Mit einem leisen Ächzen wuchtete er sich den Rucksack auf die Schultern<br />

und nahm sein FLUX EP 6000 Sturmgewehr.<br />

»Dann könnte es also durchaus sein, dass uns Dämonen auf der anderen<br />

Seite erwarten?«<br />

»Genauso gut kannst du in der Schneewittchenhölle eine Freizeitparks<br />

landen.«<br />

Nicoleta schwang die Füße vom Armaturenbrett, schnappte sich ihren<br />

eigenen Rucksack und überprüfte den Sitz ihrer Waffen. Ungeduldig<br />

strich sie eine Haarsträhne zurück, die ihr Kinn kitzelte.


12 BLACK JERICHO<br />

»Wir könnten von einem Rudel Dämonen in Empfang genommen werden<br />

oder einem anderen Höllenvieh geradewegs in den Rachen laufen.«<br />

»Es wird sich an uns verschlucken«, erwiderte Jericho. »Mit dem Feuerwerk,<br />

das wir vom Stapel lassen, wirds selbst dem Teufel in der Hölle<br />

zu heiß.«<br />

»Hört sich gut an«, mischte sich nun Verena Dambrosi ein. Sie hatte<br />

ihre Ausrüstung bereits angelegt und zerrte noch an den Tragegurten,<br />

um sie in eine bequemere Position zu bringen. »Wir müssen also mit allem<br />

rechnen und es kann durchaus passieren, dass sich das Tor hinter<br />

uns schließt und wir auf der anderen Seite festsitzen.« Sie setzte ein diabolisches<br />

Lächeln auf. »Ich liebe Herausforderungen!«<br />

»Also in einem Punkt kann ich Sie beruhigen, Miss Dambrosi«, sagte<br />

Dr. Hunter. »Aufgrund der geringen Fluktuation im Energiepegel des<br />

Tores, würde ich sagen, dass es noch mehrere Tage stabil bleibt. Außerdem<br />

lässt eine vorläufige Untersuchung der eingewanderten Pflanzen<br />

und Tiere den Schluss zu, dass die Luft auf der anderen Seite des Tores<br />

mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit für Menschen atembar ist.«<br />

»Wie wärs, wenn ich Sie kurz durchwerfe und abwarte, ob Sie wieder<br />

zurückgekrochen kommen?« Jericho zeigte dem Doktor seine strahlenden<br />

Zähne und wandte sich sodann an die Soldaten, die sich im Halbkreis<br />

um das Tor aufgestellt hatten.<br />

»Ihr lasst nichts passieren, was aus dem Tor kommt und euch keinen<br />

Ausweis unter den Rüssel hält! Meint ihr Wichte, ihr kriegt das gebacken?«<br />

»Jawohl, Sir!«, kam die einhellige Antwort aus zwanzig Kehlen.<br />

Ein Dekontaminator zeichnete seine blassblaue Linie in einem Radius<br />

von dreißig Metern um das Tor auf das zertrampelte Gras, die jedes<br />

Mal zischte und Funken sprühte, wenn ein Insekt sie von der einen oder<br />

anderen Seite zu durchqueren versuchte. Schnellfeuergewehre würden<br />

sich um alles kümmern, das groß und stark genug war, den Strahlen des<br />

Dekontaminators zu widerstehen.<br />

Mit einem knappen Kopfnicken bedeutete Jericho den beiden Frauen,<br />

ihm zu folgen. Die sechs Leute des Einsatztrupps formierten sich<br />

hinter ihnen, jeder eine MP schussbereit in der Hand.<br />

»Atemmasken!«<br />

Auf Jerichos Befehl hin setzten sich die Leute in Marsch. Die Luft<br />

um sie herum schien zu erzittern, als sie hintereinander durch das Tor<br />

traten. Für einige Augenblicke wirkte es wie eine senkrecht stehende<br />

Wasserfläche. Die Wellen breiteten sich kreisförmig aus, ließen Felsen<br />

flüssig erscheinen und stießen zischend an die Dekontaminatorlinie.<br />

Dann war es, als hätte es Jericho und sein Team nie gegeben.

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