Kleiner Leitfaden für Anfänger, die gerne stilvoll ... - HOMOLKA
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CITYTRIP I ROM<br />
Hinter den Fenstern rechts oben<br />
wohnt der Heilige Vater.<br />
Der fesche junge Mann im dunklen<br />
Mantel links unten passt auf,<br />
dass <strong>die</strong> gläubigen Besucher nicht<br />
vom rechten Weg abkommen.<br />
88 I REISEMAGAZIN 12/06<br />
Doch sind <strong>die</strong> Fassaden vom ewigen Verkehr tatsächlich recht geschwärzt,<br />
was eine Art Venedig-Effekt bewirkt, der den großzügig angelegten<br />
Boulevards und dem dazwischen eingebetteten Gasselgewirr vor allem<br />
nachts einen zeitlos mythischen Touch verleiht. Und immer wieder öffnet<br />
sich <strong>die</strong> Häuserflucht zu einer Piazza, eine mächtige Kirche mit eindrucksvoller<br />
Fassade schiebt sich ins Blickfeld, oder ein prächtiger Palazzo<br />
aus dem 16. Jahrhundert, geschützt von Pfeilern, <strong>die</strong> der Flut der Parkplatz<br />
suchenden Motoristen trotzen, pompös angestrahlt, und bewacht<br />
von unglaublich attraktiven Carabinieri in phantastisch sitzenden Uniformen,<br />
selbstverständlich niemals ohne coole Sonnenbrille. In <strong>die</strong>sen Prachtbauten<br />
wird das Land verwaltet, Senatoren walten ihrer Ämter, und wer<br />
weiß, was sonst noch <strong>für</strong> Entscheidungen dort gefällt werden.<br />
Wer hat den Größten?<br />
Generell fällt auf, wie viele Ordnungshüter hier Beschäftigung<br />
finden, wenn auch schnell klar wird, dass <strong>die</strong>s weniger<br />
auf alltägliche Bedrohung zurückzuführen ist, sondern mehr<br />
auf <strong>die</strong> Liebe der Römer zur Inszenierung. So scheint jedem<br />
Staats<strong>die</strong>ner in gehobener Stellung ein Fahrer zuzustehen,<br />
welchen wiederum <strong>die</strong> Exekutive stellt, und <strong>die</strong> Fahrzeuge, <strong>die</strong><br />
dabei zum Einsatz kommen, sind durchaus edle. Die dunklen<br />
Alfas, Jaguars und Audis sind mit Blaulicht ausgestattet, das<br />
als Attribut der Autorität lässig am Armaturenbrett liegt, weil<br />
am Dach montiert wäre es der Ästhetik abträglich.<br />
Und noch etwas fällt mir jetzt auf: Je bedeutender offenbar<br />
der Beförderte, desto größer und eleganter auch der ihm zugeteilte<br />
Chauffeur. Mein nachdenklicher Blick ruht auf Salvatore<br />
(zirka 1,69 m). Echten Promistatus dürfte ich noch nicht<br />
erreicht haben. Salvatore lenkt den Wagen nun in eine Seitengasse,<br />
auf der Piazza Santa Maria sotto Minerva hält er vor einem Obelisken<br />
an, einem von unzähligen in Rom, jedenfalls mehr als in Ägypten geblieben<br />
sind, meint er, während er mir schon den Schlag aufhält.<br />
Die Dame von der Agentur erwartet mich in der Wohnung, Principe<br />
Carbone steht am Türschild, ich werde also in nächster Zeit Prinz Kohle<br />
sein dürfen. Ich resi<strong>die</strong>re im 3. Stock eines jahrhundertealten Palazzetto, <strong>die</strong><br />
Etage ist aufgeteilt, meine Nachbarn sind eine kleine Galerie, <strong>die</strong> nie Besuch<br />
haben sollte, und der Sohn der Besitzerin, hinter dessen Wohnungstüre<br />
manchmal Geräusche vernehmbar sind, <strong>die</strong> auf den Damenbesuch<br />
hindeuten, aber nur wenn man ganz aufmerksam lauscht. Ich darf das ehemalige<br />
Reich der Nonna bewohnen. Deckenbalken und Fenstersimse zeugen<br />
von der langen Vergangenheit des Hauses, <strong>die</strong> Einrichtung beweist,<br />
dass Italienerinnen einfach ein Gespür <strong>für</strong> unprätentiösen Chic haben.<br />
Und beim Blick aus dem Fenster wird mir klar, dass <strong>die</strong>ser Ort schon vor<br />
2000 Jahren eine beliebte Wohngegend war – im Pantheon logieren ja bekanntlich<br />
geschlossen <strong>die</strong> Götter, und <strong>die</strong> sind sicher wählerisch.<br />
Was man mir auch noch mit auf den Weg nach Rom gegeben hatte (neben<br />
der eindringlichen Taxifahrerwarnung): Alles sei bequem zu Fuß erreichbar.<br />
Na dann, nix wie los, erste Erkundung am späten Abend, schließlich<br />
hatte mich ein in Österreich weltbekanntes Reisemagazin beauf- �<br />
Eine interessante Korrelation:<br />
Je wichtiger der Fahrgast, desto<br />
imposanter der Chauffeur.<br />
Stil ist keine Frage der Größe!<br />
Der Prophet Jesaja<br />
blickt sinnend über <strong>die</strong><br />
Piazza di Spagna.<br />
Mit plötzlicher<br />
Erleuchtung muss man<br />
in Rom rechnen.<br />
Die Spanische Treppe, oben<br />
steht das Hotel Hassler