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BGHZ 167, 171 - Bereicherungsanspruch der Zahlstelle

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BUNDESGERICHTSHOF<br />

IM NAMEN DES VOLKES<br />

XI ZR 220/05<br />

URTEIL<br />

in dem Rechtsstreit<br />

Verkündet am:<br />

11. April 2006<br />

Herrwerth,<br />

Justizangestellte<br />

als Urkundsbeamtin<br />

<strong>der</strong> Geschäftsstelle<br />

Nachschlagewerk: ja<br />

<strong>BGHZ</strong>:<br />

ja<br />

BGHR:<br />

ja<br />

_____________________<br />

BGB § 812<br />

Im Einzugsermächtigungsverfahren kann <strong>der</strong> Schuldnerbank, die den Lastschriftbetrag<br />

zunächst dem Girokonto des Schuldners belastet, auf dessen Wi<strong>der</strong>spruch<br />

aber wie<strong>der</strong> gutgeschrieben hat, ein unmittelbarer <strong>Bereicherungsanspruch</strong> gegen<br />

den Gläubiger zustehen.<br />

BGH, Urteil vom 11. April 2006 - XI ZR 220/05 - LG Bochum<br />

AG Bochum


- 2 -<br />

Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat im schriftlichen Verfahren<br />

(§ 128 Abs. 2 ZPO) aufgrund <strong>der</strong> bis zum 14. Februar 2006 eingereichten<br />

Schriftsätze durch den Vorsitzenden Richter Nobbe und die Richter<br />

Dr. Müller, Dr. Joeres, Dr. Ellenberger und Prof. Dr. Schmitt<br />

für Recht erkannt:<br />

Die Revision gegen das Urteil <strong>der</strong> 9. Zivilkammer des<br />

Landgerichts Bochum vom 22. Juni 2005 wird auf Kosten<br />

<strong>der</strong> Beklagten, die auch die Kosten <strong>der</strong> Nebenintervention<br />

trägt, zurückgewiesen.<br />

Von Rechts wegen<br />

Tatbestand:<br />

1<br />

Die klagende Sparkasse nimmt die Beklagte auf Rückzahlung eines<br />

im Einzugsermächtigungsverfahren eingezogenen Lastschriftbetrages<br />

in Anspruch.<br />

2<br />

Die Beklagte stellte dem Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin Arbeiten an seiner<br />

EDV-Anlage mit 1.508,58 € in Rechnung und zog diesen Betrag am<br />

3. November 2003 von seinem Girokonto bei <strong>der</strong> Klägerin im Einzugsermächtigungsverfahren<br />

ein. Am 27. Januar 2004 wi<strong>der</strong>sprach <strong>der</strong> Streithelfer<br />

<strong>der</strong> Klägerin <strong>der</strong> Belastung seines Kontos. Daraufhin schrieb die


- 3 -<br />

Klägerin den Rechnungsbetrag seinem Konto mit Wertstellung zum<br />

3. November 2003 wie<strong>der</strong> gut.<br />

3 Die Klägerin ist <strong>der</strong> Auffassung, die Beklagte sei zum Lastschrifteinzug<br />

nicht berechtigt gewesen, weil sie die abgerechneten Arbeiten<br />

mangelhaft ausgeführt und <strong>der</strong> Streithelfer für das belastete Konto keine<br />

schriftliche Einzugsermächtigung erteilt habe.<br />

4<br />

Das Amtsgericht hat die Klage auf Zahlung von 1.508,58 € nebst<br />

Zinsen abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit <strong>der</strong><br />

vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung des amtsgerichtlichen Urteils.<br />

Entscheidungsgründe:<br />

5<br />

Die Revision ist unbegründet.<br />

I.<br />

6<br />

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im<br />

Wesentlichen ausgeführt:<br />

7<br />

Der Klägerin stehe gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß § 812<br />

Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB auf Zahlung von 1.508,58 € zu. Die bereicherungsrechtliche<br />

Rückabwicklung einer Lastschrift richte sich nach denselben<br />

Grundsätzen wie die einer Zahlung durch Überweisung. Danach


- 4 -<br />

habe <strong>der</strong> Angewiesene einen unmittelbaren <strong>Bereicherungsanspruch</strong> gegen<br />

den Anweisungsempfänger, wenn es an einer wirksamen Anweisung<br />

fehle. Dies sei hier <strong>der</strong> Fall, weil <strong>der</strong> Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin <strong>der</strong> Beklagten<br />

jedenfalls für sein Konto bei <strong>der</strong> Klägerin keine schriftliche Einzugsermächtigung<br />

erteilt habe. Ob eine wirksame Anweisung auch deshalb<br />

fehle, weil <strong>der</strong> Streithelfer <strong>der</strong> Kontobelastung wi<strong>der</strong>sprochen habe, könne<br />

dahinstehen. Mangels wirksamer Anweisung habe die Beklagte den<br />

eingezogenen Betrag ohne rechtlichen Grund erlangt. Auf ihre Werklohnfor<strong>der</strong>ung<br />

gegen den Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin könne die Beklagte sich<br />

gegenüber <strong>der</strong> Klägerin nicht berufen.<br />

II.<br />

8<br />

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.<br />

9<br />

1. a) Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen,<br />

dass sich <strong>der</strong> Bereicherungsausgleich in Fällen <strong>der</strong> Leistung kraft Anweisung,<br />

etwa aufgrund eines Überweisungsauftrages, grundsätzlich innerhalb<br />

des jeweiligen Leistungsverhältnisses vollzieht, also zum einen zwischen<br />

dem Anweisenden und dem Angewiesenen und zum an<strong>der</strong>en zwischen<br />

dem Anweisenden und dem Anweisungsempfänger (st.Rspr., vgl.<br />

<strong>BGHZ</strong> 147, 269, 273; Senat, Urteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04,<br />

WM 2005, 1564, 1565; jeweils m.w.Nachw.). Allerdings hat <strong>der</strong> Angewiesene<br />

ausnahmsweise einen unmittelbaren <strong>Bereicherungsanspruch</strong> gegen<br />

den Anweisungsempfänger, wenn eine wirksame Anweisung fehlt. Dies<br />

gilt unabhängig davon, ob <strong>der</strong> Anweisungsempfänger das Fehlen einer<br />

wirksamen Anweisung im Zeitpunkt <strong>der</strong> Zuwendung kannte, weil die Zah-


- 5 -<br />

lung ohne gültige Anweisung dem vermeintlich Anweisenden nicht als<br />

seine Leistung zugerechnet werden kann, selbst wenn dieser den gezahlten<br />

Betrag dem Zahlungsempfänger tatsächlich schuldete (Senat<br />

<strong>BGHZ</strong> 147, 145, 151 und Urteil vom 21. Juni 2005 - XI ZR 152/04,<br />

WM 2005, 1564, 1565 f.; jeweils m.w.Nachw.).<br />

10<br />

b) Diese bereicherungsrechtlichen Grundsätze gelten prinzipiell<br />

auch für die Zahlung mittels Lastschrift (<strong>BGHZ</strong> 69, 186, 188; BGH, Urteil<br />

vom 20. September 1982 - II ZR 186/81, WM 1982, 1246, 1247; Grundmann,<br />

in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB BankR Rdn. II 140; Münch-<br />

KommBGB/Lieb, 4. Aufl. § 812 Rdn. 99; Weber, Recht des Zahlungsverkehrs<br />

4. Aufl. S. 194). Obwohl die Initiative zum Lastschrifteinzug vom<br />

Gläubiger und nicht, wie bei <strong>der</strong> Überweisung, vom Schuldner ausgeht,<br />

handelt es sich rechtlich und wirtschaftlich in beiden Fällen um Leistungen<br />

des Schuldners (<strong>BGHZ</strong> 69, 186, 188; MünchKommBGB/Lieb, 4. Aufl.<br />

§ 812 Rdn. 99; Weber, Recht des Zahlungsverkehrs 4. Aufl. S. 194).<br />

11<br />

2. Das Berufungsgericht hat ferner im Ergebnis zutreffend angenommen,<br />

dass dem Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin die Belastung seines Kontos<br />

mit dem Rechnungsbetrag und die entsprechende Gutschrift auf dem<br />

Konto <strong>der</strong> Beklagten nicht als Leistung zurechenbar sind. Dies ergibt<br />

sich aber, an<strong>der</strong>s als das Berufungsgericht meint, nicht aus dem Fehlen<br />

einer schriftlichen Einzugsermächtigung. Auch eine schriftliche Einzugsermächtigung<br />

rechtfertigt es nicht, eine im Lastschriftverfahren bewirkte<br />

Zahlung als Leistung des Schuldners anzusehen. In einer vom Schuldner<br />

dem Gläubiger erteilten Einzugsermächtigung liegt keine Ermächtigung<br />

o<strong>der</strong> Vollmacht, das Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner<br />

Bank auszuüben und über sein Guthaben bei dem Kreditinstitut zu verfü-


- 6 -<br />

gen, son<strong>der</strong>n nur die Gestattung, das von <strong>der</strong> Kreditwirtschaft entwickelte<br />

technische Verfahren des Lastschrifteinzugs zu benutzen (Senat, Urteil<br />

vom 14. Februar 1989 - XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521).<br />

12 a) An<strong>der</strong>s als im Abbuchungsauftragsverfahren (vgl. <strong>BGHZ</strong> 72,<br />

343, 345; BGH, Urteil vom 10. April 1978 - II ZR 203/76, WM 1978, 819,<br />

820; van Gel<strong>der</strong>, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch<br />

2. Aufl. § 57 Rdn. 64, § 58 Rdn. 45) greift die Schuldnerbank im Einzugsermächtigungsverfahren<br />

ohne eine Weisung o<strong>der</strong> einen Auftrag ihres<br />

Kunden auf dessen Konto zu (<strong>BGHZ</strong> 74, 300, 304; Senat <strong>BGHZ</strong> 144,<br />

349, 353; 162, 294, 302 f.; BGH, Urteil vom 10. Januar 1996 - XII ZR<br />

271/94, WM 1996, 335, 337). Sie handelt bei <strong>der</strong> Einlösung einer Lastschrift<br />

im Einzugsermächtigungsverfahren nach ständiger Rechtsprechung<br />

des Bundesgerichtshofs (<strong>BGHZ</strong> 69, 82, 84 f.; 74, 309, 312; 95,<br />

103, 105 f.; Senat <strong>BGHZ</strong> 144, 349, 353) nur aufgrund einer von <strong>der</strong><br />

Gläubigerbank - o<strong>der</strong> einer etwa eingeschalteten Zwischenbank - im eigenen<br />

Namen im Interbankenverhältnis erteilten Weisung.<br />

13<br />

b) Da die Bank mangels Weisung des Schuldners dessen Konto<br />

zunächst unberechtigt belastet, kann <strong>der</strong> Schuldner ihr gegenüber <strong>der</strong><br />

Belastung seines Kontos ohne Angabe von Gründen sowie unabhängig<br />

von dem Bestehen einer Verpflichtung im Valutaverhältnis wi<strong>der</strong>sprechen.<br />

Die Schuldnerbank hat dementsprechend keinen Aufwendungsersatzanspruch,<br />

solange ihr Kunde die Belastungsbuchung nicht nach<br />

§ 684 Satz 2 BGB genehmigt hat (<strong>BGHZ</strong> 74, 309, 312; 95, 103, 106; Senat<br />

<strong>BGHZ</strong> 144, 349, 353 f.; 162, 294, 303). Erst die nachträgliche Zustimmung<br />

des Schuldners ergibt die Berechtigung <strong>der</strong> Schuldnerbank zur<br />

Einlösung <strong>der</strong> Lastschrift. Diese Genehmigung tritt an die Stelle einer


- 7 -<br />

Weisung im Sinne <strong>der</strong> §§ 675, 665 BGB, wie sie beim Überweisungsauftrag<br />

(vor Einführung <strong>der</strong> §§ 676a ff. BGB) o<strong>der</strong> beim Abbuchungsauftrag<br />

<strong>der</strong> Belastung vorausgeht (Hadding WM 1978, 1366, 1368).<br />

14 c) Verweigert <strong>der</strong> Schuldner hingegen die Genehmigung, indem er<br />

<strong>der</strong> Belastungsbuchung wi<strong>der</strong>spricht, fehlt eine ihm zurechenbare Anweisung,<br />

so dass die Gutschrift auf dem Gläubigerkonto dem Schuldner<br />

nicht als Leistung zugerechnet werden und die Schuldnerbank gemäß<br />

§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB beim Gläubiger Rückgriff nehmen kann<br />

(Soergel/Häuser/Welter, BGB 12. Aufl. § 675 Rdn. 205; van Gel<strong>der</strong>, in:<br />

Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch 2. Aufl. § 58<br />

Rdn. 145; Stierle, Der Bereicherungsausgleich bei fehlerhaften Banküberweisungen<br />

S. 115; Klinger, Die Rückabwicklung unberechtigter Lastschriften<br />

im Einzugsermächtigungsverfahren Diss. Würzburg 1989<br />

S. 220, 249 f., 283 f.; Denck ZHR 147 (1983), 544, 561 f.; Rinze<br />

JuS 1991, 202, 205, 207; vgl. auch Kümpel, Bank- und Kapitalmarktrecht<br />

3. Aufl. Rdn. 4.502; a.A. LG Bonn ZIP 2004, 2183, 2186; Gößmann,<br />

Recht des Zahlungsverkehrs 3. Aufl. Rdn. 188 f.; Weber, Recht des Zahlungsverkehrs<br />

4. Aufl. S. 196; Ott JA 1992, 170, 176). Ob <strong>der</strong> Gläubiger<br />

aufgrund <strong>der</strong> ihm erteilten Einzugsermächtigung von einer Leistung des<br />

Schuldners ausgeht, ist unerheblich. Der so genannte Empfängerhorizont<br />

kann eine wirksame Anweisung als objektive Grundlage <strong>der</strong> Zurechnung<br />

nicht ersetzen (Senat <strong>BGHZ</strong> 147, 145, 151 und Urteil vom 21. Juni 2005<br />

- XI ZR 152/04, WM 2005, 1564, 1565 f.; jeweils m.w.Nachw.).<br />

15<br />

d) Gegen eine Durchgriffskondiktion unabhängig vom Vorliegen<br />

einer Einzugsermächtigung kann entgegen Canaris (Bankvertragsrecht<br />

3. Aufl. Rdn. 627), <strong>der</strong> die vom Bundesgerichtshof nicht geteilte Ermäch-


- 8 -<br />

tigungstheorie vertritt, nicht eingewandt werden, <strong>der</strong> Lastschriftgläubiger<br />

erfahre dadurch eine beträchtliche Verschlechterung seiner Rechtsstellung<br />

gegenüber <strong>der</strong> Giroüberweisung. Die Rechtsstellung des Lastschriftgläubigers<br />

ist wegen <strong>der</strong> prinzipiell unbefristeten Wi<strong>der</strong>spruchsmöglichkeit<br />

des Schuldners im Einzugsermächtigungsverfahren mit <strong>der</strong><br />

des Überweisungsempfängers von vornherein nicht vergleichbar. Die<br />

daraus resultierenden Nachteile nimmt <strong>der</strong> Lastschriftgläubiger wegen<br />

<strong>der</strong> Vorteile, die das Einzugsermächtigungsverfahren bietet, bewusst in<br />

Kauf (Klinger, Die Rückabwicklung unberechtigter Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren<br />

Diss. Würzburg 1989 S. 251, 262; Denck<br />

ZHR 147 (1983), 544, 561). Die Vorteile bestehen für den Gläubiger vor<br />

allem darin, dass er im Einzugsermächtigungsverfahren die Initiative<br />

beim Zahlungseinzug ergreifen kann, nicht darauf angewiesen ist, die<br />

pünktliche Zahlung seiner Schuldner abzuwarten, dass die sofortige Gutschrift<br />

<strong>der</strong> eingereichten Lastschrift Liquiditäts- und Zinsvorteile bewirkt<br />

und dass die Zahlungsüberwachung rationalisiert wird, weil nur noch die<br />

in <strong>der</strong> Regel wenigen Rückbelastungen bearbeitet werden müssen<br />

(<strong>BGHZ</strong> 161, 49, 57; BGH, Urteil vom 10. Januar 1996 - XII ZR 271/94,<br />

WM 1996, 335, 336).<br />

III.<br />

16<br />

Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich aber aus an<strong>der</strong>en<br />

Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Das Berufungsgericht hat im<br />

Ergebnis zu Recht einen Anspruch <strong>der</strong> Klägerin gegen die Beklagte gemäß<br />

§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB (Nichtleistungskondiktion) auf Zahlung<br />

von 1.508,58 € bejaht.


- 9 -<br />

17 1. Eine dem Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin zurechenbare Leistung an die<br />

Beklagte liegt nicht vor.<br />

18 a) Er hat <strong>der</strong> am 3. November 2003 erfolgten Belastung seines<br />

Kontos bei <strong>der</strong> Klägerin am 27. Januar 2004 wirksam wi<strong>der</strong>sprochen.<br />

Dass die sechswöchige Frist gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 1 LSA in<br />

diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war, ist unerheblich (vgl. Senat<br />

<strong>BGHZ</strong> 144, 349, 354), weil dieses Abkommen gemäß Abschnitt IV Nr. 1<br />

Rechte und Pflichten nur zwischen den beteiligten Kreditinstituten, aber<br />

nicht gegenüber dem Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin als Schuldner begründet.<br />

Der Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin hatte die Belastung seines Kontos nach den<br />

Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Sachvortrag <strong>der</strong> Parteien<br />

auch nicht zuvor genehmigt. Eine solche Genehmigung ergibt sich nicht<br />

aus Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 AGB-Sparkassen. Danach gilt die Genehmigung<br />

spätestens dann als erteilt, wenn <strong>der</strong> Kunde <strong>der</strong> Belastung nicht vor Ablauf<br />

von sechs Wochen nach Zugang eines Rechnungsabschlusses wi<strong>der</strong>spricht.<br />

Auch wenn dem Streithelfer <strong>der</strong> Klägerin nach dem Ende des<br />

vierten Quartals 2003 ein Rechnungsabschluss zugegangen sein sollte,<br />

waren bis zum 27. Januar 2004 noch keine sechs Wochen vergangen.<br />

19<br />

b) Die Beklagte kann sich auch nicht auf einen durch den Streithelfer<br />

geschaffenen Rechtsschein einer Leistung berufen. Der Streithelfer<br />

hat einen solchen Rechtsschein nicht in zurechenbarer Weise veranlasst.<br />

Allein die Erteilung einer Einzugsermächtigung begründet nicht den<br />

Rechtsschein einer wirksamen Anweisung, auch wenn <strong>der</strong> Schuldner dadurch<br />

mittelbar die Zahlung an den Gläubiger veranlasst. Die Einzugsermächtigung<br />

enthält, wie dargelegt, keine Ermächtigung o<strong>der</strong> Vollmacht,


- 10 -<br />

das Weisungsrecht des Schuldners gegenüber seiner Bank auszuüben<br />

und über sein Guthaben bei dieser zu verfügen, son<strong>der</strong>n nur die Gestattung,<br />

das von <strong>der</strong> Kreditwirtschaft entwickelte technische Verfahren des<br />

Lastschrifteinzugs zu benutzen (Senat, Urteil vom 14. Februar 1989<br />

- XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521). Daher ist <strong>der</strong> Fall, dass <strong>der</strong><br />

Schuldner zunächst eine Einzugsermächtigung erteilt, später aber <strong>der</strong><br />

darauf beruhenden Belastungsbuchung wi<strong>der</strong>spricht, entgegen <strong>der</strong> Auffassung<br />

<strong>der</strong> Revision nicht mit <strong>der</strong> Situation vergleichbar, dass zunächst<br />

eine wirksame Anweisung erteilt und später wi<strong>der</strong>rufen wird.<br />

20<br />

2. Auch die weiteren Voraussetzungen einer Nichtleistungskondiktion<br />

sind erfüllt.<br />

21<br />

a) Die Beklagte hat "etwas" im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1<br />

Alt. 2 BGB, nämlich die Gutschrift des Rechnungsbetrages auf ihrem<br />

Konto, erlangt. Dies gilt unabhängig davon, ob <strong>der</strong> Beklagten eine Einzugsermächtigung<br />

des Streithelfers <strong>der</strong> Klägerin vorlag. Das im Fall einer<br />

unberechtigten Lastschrift bestehende Stornierungsrecht <strong>der</strong> Gläubigerbank<br />

lässt die Bereicherung des Gläubigers nicht entfallen (a.A.<br />

Grundmann, in: Ebenroth/Boujong/Joost, HGB BankR Rdn. II 142). Dass<br />

die Gläubigerbank ihr Stornierungsrecht im vorliegenden Fall ausgeübt<br />

hat, obwohl die Klägerin nicht sie gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 2, Abschnitt<br />

I Nr. 5 LSA, son<strong>der</strong>n die Beklagte gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1<br />

Alt. 2 BGB in Anspruch nimmt, ist den Feststellungen des Berufungsgerichts<br />

und dem Sachvortrag <strong>der</strong> Parteien nicht zu entnehmen.<br />

22<br />

b) Die Beklagte hat die Gutschrift des Rechnungsbetrages auf<br />

Kosten <strong>der</strong> Klägerin erlangt. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Be-


- 11 -<br />

klagte die Lastschrift unberechtigt eingereicht hat und <strong>der</strong> Klägerin ein<br />

Schadensersatzanspruch gemäß Abschnitt III Nr. 2 Satz 2, Abschnitt I<br />

Nr. 5 LSA gegen die Gläubigerbank zusteht. Allein das Bestehen eines<br />

solchen Anspruchs hätte nicht zur Folge, dass das Vermögen <strong>der</strong> Gläubigerbank<br />

und nicht das <strong>der</strong> Klägerin als Schuldnerbank belastet wird<br />

(a.A. Klinger, Die Rückabwicklung unberechtigter Lastschriften im Einzugsermächtigungsverfahren<br />

Diss. Würzburg 1989 S. 264; Schwintowski,<br />

in: Schwintowski/Schäfer, Bankrecht 2. Aufl. § 8 Rdn. 100). Davon wäre<br />

erst auszugehen, wenn die Gläubigerbank, an<strong>der</strong>s als im vorliegenden<br />

Fall, tatsächlich Schadensersatz geleistet hätte.<br />

23<br />

Grundsätzlich kann ein Gläubiger, dem Ansprüche gegen mehrere<br />

Schuldner zustehen, frei wählen, welchen <strong>der</strong> Schuldner er in Anspruch<br />

nehmen will, auch wenn <strong>der</strong> eine nach Bereicherungsrecht und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

auf Schadensersatz haftet (vgl. <strong>BGHZ</strong> 52, 39, 42 ff.). Im Fall des Wi<strong>der</strong>spruchs<br />

gegen eine Lastschrift ist für die Schuldnerbank die Inanspruchnahme<br />

des Gläubigers, sofern er nicht insolvent ist, zudem einfacher<br />

als die <strong>der</strong> Gläubigerbank. Denn im Verhältnis zum Gläubiger genügt<br />

die Darlegung, dass <strong>der</strong> Schuldner <strong>der</strong> Belastungsbuchung wi<strong>der</strong>sprochen<br />

hat, während ein Anspruch gegen dessen Bank nur gegeben<br />

ist, wenn die <strong>Zahlstelle</strong> darüber hinaus nachweisen kann, dass es sich<br />

um eine unberechtigte Lastschrift handelte, was einen Rückgriff auf das<br />

Valutaverhältnis erfor<strong>der</strong>t, das beiden Banken nicht bekannt ist (vgl.<br />

van Gel<strong>der</strong>, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch<br />

2. Aufl. § 58 Rdn. 141).<br />

24<br />

c) Die Beklagte hat die Gutschrift im Verhältnis zur Klägerin auch<br />

ohne rechtlichen Grund erlangt. Ob ihr gegen den Streithelfer <strong>der</strong> Kläge-


- 12 -<br />

rin ein Anspruch auf Zahlung des Rechnungsbetrages zustand, ist unerheblich.<br />

IV.<br />

25<br />

Die Revision war demnach als unbegründet zurückzuweisen.<br />

Nobbe Müller Joeres<br />

Ellenberger<br />

Schmitt<br />

Vorinstanzen:<br />

AG Bochum, Entscheidung vom 20.01.2005 - 44 C 434/04 -<br />

LG Bochum, Entscheidung vom 22.06.2005 - 9 S 59/05 -

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