Sport für Entwicklung und friEdEn - Deza - admin.ch
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<strong>Sport</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> Frieden
Herausgeberin<br />
Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit (DEZA) – © 2005<br />
Konzept <strong>und</strong> redaktionelle<br />
Gesamtverantwortung<br />
Waldburger Consulting, Züri<strong>ch</strong><br />
Gestaltung <strong>und</strong> Layout<br />
Meier Media Design, Züri<strong>ch</strong><br />
Druck<br />
Jordi AG – das Medienhaus, Belp<br />
Bezugsadresse<br />
Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
Freiburgstrasse 130, CH-3003 Bern, S<strong>ch</strong>weiz<br />
info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
Diese Publikation ist in Deuts<strong>ch</strong>, Englis<strong>ch</strong>,<br />
Französis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> Spanis<strong>ch</strong> erhältli<strong>ch</strong>.<br />
Bild Titelseite: Lebensfreude dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel – Frauen-Cricket in Neukaledonien.
Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />
Vorwort<br />
<strong>Sport</strong> ist kein Luxus 4<br />
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e Kontext 6<br />
<strong>Sport</strong> als Instrument der <strong>Entwicklung</strong> 12<br />
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale Integration 22<br />
Projekt «Droit au sport» 29<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 30<br />
Projekt «Kicking AIDS Out!» 37<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden 38<br />
Projekt «Game4Change» 45<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender 46<br />
Projekt «Ishraq» 55<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> 56<br />
Projekt «Olympafrica» 63<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung 64<br />
Projekt «Think and Move» 70<br />
Teil III: Synthese & Perspektiven<br />
S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick 72<br />
Annex<br />
Weiterführende Informationen 80<br />
Über die Autoren/-innen 82<br />
Über die DEZA 84
vorwort<br />
<strong>Sport</strong> ist kein Luxus<br />
«Haben Sie einen Ball mitgebra<strong>ch</strong>t» Bei meinen<br />
Besu<strong>ch</strong>en in unseren Partnerländern im Süden<br />
<strong>und</strong> Osten ist das oft die erste Frage, die<br />
mir von den Kindern gestellt wird. Au<strong>ch</strong> wenn<br />
sie in Armut <strong>und</strong> unter widrigen sozialen Bedingungen<br />
leben, eines haben Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
auf der ganzen Welt gemeinsam: die Lust<br />
am Spiel <strong>und</strong> die Freude an der Bewegung.<br />
Ob in der S<strong>ch</strong>weiz oder in Südafrika, in Russland<br />
oder in Brasilien, <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel sind<br />
zutiefst mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnisse. Si<strong>ch</strong> mit einem<br />
Gegner friedli<strong>ch</strong> messen, mit Sieg <strong>und</strong> Niederlage<br />
umgehen, Regeln akzeptieren, die<br />
Grenzen des eigenen Körpers erfahren oder<br />
si<strong>ch</strong> als Mitglied ins Team einfügen: Dur<strong>ch</strong> den<br />
<strong>Sport</strong> können Kinder diese <strong>und</strong> andere gr<strong>und</strong>legende<br />
soziale Fertigkeiten auf spieleris<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />
lustvolle Weise erlernen <strong>und</strong> üben. Fertigkeiten<br />
notabene, die weit über den <strong>Sport</strong> hinaus eine<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> ein friedli<strong>ch</strong>es Zusammenleben<br />
in jeder Gesells<strong>ch</strong>aft sowie <strong>für</strong> ein selbstbestimmtes<br />
Leben jedes Einzelnen sind.<br />
<strong>Sport</strong> ist <strong>für</strong> eine Gesells<strong>ch</strong>aft deshalb kein<br />
Luxus, ganz im Gegenteil. <strong>Sport</strong> ist eine wi<strong>ch</strong>tige<br />
Investition in die Gegenwart <strong>und</strong> in die Zukunft –<br />
gerade in <strong>Entwicklung</strong>sländern. Dies ni<strong>ch</strong>t nur<br />
wegen seiner erwiesenermassen positiven<br />
Auswirkung auf die körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> geistige<br />
Ges<strong>und</strong>heit. <strong>Sport</strong> hat au<strong>ch</strong> eine unerrei<strong>ch</strong>te<br />
Fähigkeit, Mens<strong>ch</strong>en über Grenzen hinweg zu<br />
verbinden.<br />
Als in Ruanda na<strong>ch</strong> mehrjährigem Bürgerkrieg<br />
1994 die Waffen endli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wiegen, fanden<br />
die ersten zaghaften Kontakte zwis<strong>ch</strong>en den<br />
einstigen Konfliktparteien auf dem <strong>Sport</strong>platz<br />
statt, beim gemeinsamen Fussball- <strong>und</strong> Volleyballspiel.<br />
Das ist kein Zufall. <strong>Sport</strong> kann au<strong>ch</strong><br />
dort Brücken s<strong>ch</strong>lagen, wo andere Mittel versagen<br />
– bei der Überwindung von Konflikten <strong>und</strong><br />
kulturellen Barrieren oder bei der besseren Integration<br />
von Minderheiten <strong>und</strong> Randgruppen.<br />
Diese einzigartigen Eigens<strong>ch</strong>aften ma<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Sport</strong> zu einem idealen Motor <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprozesse<br />
– auf individueller wie auf gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />
Ebene. <strong>Sport</strong> ist in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
deshalb au<strong>ch</strong> kein neues<br />
Thema. Na<strong>ch</strong>dem sein Potenzial aber lange<br />
ni<strong>ch</strong>t gezielt <strong>und</strong> systematis<strong>ch</strong> genutzt wurde,<br />
besteht heute ein s<strong>ch</strong>nell wa<strong>ch</strong>sender Konsens,<br />
dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag<br />
zum Errei<strong>ch</strong>en von globalen <strong>Entwicklung</strong>szielen,<br />
darunter den Millennium Development<br />
Goals (MDGs), leisten können.<br />
Ein Symbol da<strong>für</strong> ist die Erklärung des Jahrs<br />
2005 zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong><br />
der <strong>Sport</strong>erziehung dur<strong>ch</strong> die UNO-Generalversammlung.<br />
Sein Ziel ist es, <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden,<br />
<strong>Entwicklung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Bildung sowie<br />
Ges<strong>und</strong>heit <strong>für</strong> alle fru<strong>ch</strong>tbar zu ma<strong>ch</strong>en – im<br />
Norden ebenso wie im Süden <strong>und</strong> Osten, in<br />
entwickelten Gesells<strong>ch</strong>aften ebenso wie in <strong>Entwicklung</strong>sländern.<br />
Damit dies gelingt, brau<strong>ch</strong>t es vor allem zweierlei:<br />
Zum einen ein no<strong>ch</strong> stärkeres Bewusstsein<br />
bei allen Akteuren – internationalen Organisationen,<br />
Regierungen, <strong>Sport</strong>verbänden, Wirts<strong>ch</strong>aft,<br />
Hilfswerken, Wissens<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> Medien –<br />
<strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s,<br />
zum anderen eine verstärkte Zusammenarbeit<br />
zwis<strong>ch</strong>en allen Akteuren.<br />
Die vorliegende DEZA-Bros<strong>ch</strong>üre will zu beiden<br />
Zielen etwas beitragen. Sie gibt einen Überblick<br />
über zentrale Themen im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong><br />
<strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, zeigt anhand von<br />
konkreten Erfahrungen <strong>und</strong> Beispielen Chancen<br />
<strong>und</strong> Grenzen auf <strong>und</strong> skizziert Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
<strong>für</strong> die Förderung eines globalen Netzwerks <strong>für</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Eines ist unbestritten: Wenn alle Akteure ihre<br />
jeweiligen Stärken einbringen <strong>und</strong> ausspielen,<br />
entsteht ein uns<strong>ch</strong>lagbares Team im Dienst von<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden.<br />
Walter Fust<br />
Direktor, Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit (DEZA)
Teil I<br />
Einführung & GrunDlagen
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> Frieden – der<br />
entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Kontext
<strong>Sport</strong> – universelle Spra<strong>ch</strong>e mit<br />
globaler Verbreitung: Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
spielen in den Strassen der kubanis<strong>ch</strong>en<br />
Hauptstadt Havanna Baseball.
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Was hat <strong>Sport</strong> mit <strong>Entwicklung</strong> zu tun No<strong>ch</strong> vor wenigen Jahren wäre bei<br />
dieser Frage selbst man<strong>ch</strong>er Experte ins Grübeln geraten. Das hat si<strong>ch</strong> geändert.<br />
<strong>Sport</strong> nimmt inzwis<strong>ch</strong>en auf der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Agenda einen festen<br />
Platz ein, <strong>und</strong> selbst Skeptiker attestieren dem Berei<strong>ch</strong> «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />
erhebli<strong>ch</strong>es Zukunftspotenzial.<br />
Was ist <strong>Sport</strong><br />
Si<strong>ch</strong>tbarster Ausdruck dieser Veränderung<br />
ist das Internationale Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der<br />
<strong>Sport</strong>erziehung 2005, das von der UNO-Generalversammlung<br />
im November 2003 ausgerufen<br />
wurde. Mit der UNO-Resolution 58/5<br />
werden Regierungen, <strong>Sport</strong>organisationen, die<br />
UNO <strong>und</strong> ihre Agenturen, <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>verbände aufgerufen, die<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Förderung von<br />
Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung, Ges<strong>und</strong>heit, <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> Frieden zu nutzen. Namentli<strong>ch</strong> sollen<br />
Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> zur Erfüllung der im Jahre 2000<br />
verabs<strong>ch</strong>iedeten Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />
beitragen, die unter anderem die Halbierung<br />
der Armut bis 2015 anstreben.<br />
Als Folge hat das Thema <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
eine eindrückli<strong>ch</strong>e Dynamik entwickelt. Heute<br />
setzen weltweit H<strong>und</strong>erte, wenn ni<strong>ch</strong>t Tausende<br />
von Projekten auf den <strong>Sport</strong> als Mittel zur <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Zum Beispiel in Brasilien. Dort hat die Regierung<br />
das Programm «Seg<strong>und</strong>o Tempo» lanciert,<br />
das Jugendli<strong>ch</strong>en mit <strong>Sport</strong>angeboten einen<br />
Ausweg aus Elend <strong>und</strong> Gewalt aufzeigen will.<br />
Auf die morgendli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ulausbildung <strong>und</strong> das<br />
Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind zutiefst mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnisse <strong>und</strong> spielen in allen<br />
Kulturen eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle. Im <strong>Entwicklung</strong>skontext umfasst <strong>Sport</strong> alle Formen<br />
von körperli<strong>ch</strong>er Aktivität, die zu physis<strong>ch</strong>er Fitness, mentalem Wohlbefinden<br />
<strong>und</strong> sozialem Austaus<strong>ch</strong> beitragen, egal ob organisiert oder unorganisiert.<br />
<strong>Sport</strong> kann au<strong>ch</strong> negative Begleiters<strong>ch</strong>einungen wie Gewalt, Korruption, Diskriminierung,<br />
Hooliganismus, Nationalismus, Doping oder Betrug haben. Damit<br />
er sein positives Potenzial entfalten kann, ist eine Begleitung <strong>und</strong> Steuerung von<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten von grosser Bedeutung.<br />
warme Mittagessen folgt in der «zweiten Halbzeit»,<br />
am Na<strong>ch</strong>mittag, ein <strong>Sport</strong>programm.<br />
Zwei Millionen Kinder will das Projekt bis Ende<br />
Jahr aufnehmen. Au<strong>ch</strong> in den Elendsvierteln<br />
von Medellin in Kolumbien findet ein ähnli<strong>ch</strong>es<br />
Programm statt. Als direkte Konsequenz konnte<br />
dort die Kriminalitätsrate gesenkt werden. In<br />
Indien werden im ganzen Land <strong>Sport</strong>turniere<br />
veranstaltet, in denen gemis<strong>ch</strong>te Muslim- <strong>und</strong><br />
Hindu-Manns<strong>ch</strong>aften gegeneinander antreten.<br />
Auf dem Spielfeld wie au<strong>ch</strong> auf der Zus<strong>ch</strong>auertribüne<br />
kommen si<strong>ch</strong> so Hindu <strong>und</strong> Moslems<br />
wieder näher, na<strong>ch</strong>dem sie über Jahre gewalttätig<br />
aneinander geraten waren.<br />
Universell, spieleris<strong>ch</strong>, einfa<strong>ch</strong> – <strong>und</strong><br />
ein Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t<br />
Alle diese Projekte nutzen die einzigartigen Eigens<strong>ch</strong>aften<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />
<strong>Entwicklung</strong>szielen. So steht <strong>Sport</strong> auf spieleris<strong>ch</strong>e<br />
<strong>und</strong> lustbetonte Weise <strong>für</strong> gr<strong>und</strong>legende<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Werte wie Respekt <strong>für</strong> den Gegner,<br />
Anerkennung von Regeln, Fairplay <strong>und</strong><br />
Teamwork. Glei<strong>ch</strong>zeitig ist er im besten Sinn<br />
universell: Seine Regeln sind einfa<strong>ch</strong>, lei<strong>ch</strong>t<br />
verständli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> überall glei<strong>ch</strong>. Mehr als jede<br />
andere Aktivität kann er damit Mens<strong>ch</strong>en unabhängig<br />
von kulturellen Differenzen miteinander<br />
verbinden.<br />
Dabei ist sein Nutzen ni<strong>ch</strong>t auf einzelne Berei<strong>ch</strong>e<br />
bes<strong>ch</strong>ränkt. <strong>Sport</strong> kann die individuelle<br />
Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung von Kindern, Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>senen ebenso fördern<br />
wie die soziale, kulturelle <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Entwicklung</strong> von Gruppen oder den friedli<strong>ch</strong>en<br />
Austaus<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en Kulturen. <strong>Sport</strong> ist deshalb<br />
<strong>für</strong> eine Gesells<strong>ch</strong>aft kein Luxus, sondern eine
sport <strong>für</strong> entwicklung <strong>und</strong> frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e kontext<br />
wi<strong>ch</strong>tige Investition in die Gegenwart <strong>und</strong> in die<br />
Zukunft – gerade in <strong>Entwicklung</strong>sländern.<br />
Im <strong>Entwicklung</strong>szusammenhang wird <strong>Sport</strong> sehr<br />
weit gefasst. Er umfasst – so die Definition –<br />
jegli<strong>ch</strong>e Formen von körperli<strong>ch</strong>er Aktivität, die<br />
zu physis<strong>ch</strong>er Fitness, mentalem Wohlbefinden<br />
<strong>und</strong> sozialem Austaus<strong>ch</strong> beitragen – egal, ob<br />
organisiert oder unorganisiert. Im Mittelpunkt<br />
steht aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t immer der Breitensport,<br />
ni<strong>ch</strong>t der Spitzensport.<br />
Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
denn au<strong>ch</strong> keine ganz neuen Themen.<br />
Vor allem in der humanitären Hilfe werden<br />
sie s<strong>ch</strong>on seit längerer Zeit <strong>für</strong> die Verbesserung<br />
der Lebensbedingungen der Betroffenen <strong>und</strong><br />
zur Bewältigung von Traumata na<strong>ch</strong> bewaffneten<br />
Konflikten oder Naturkatastrophen eingesetzt<br />
(vgl. Kasten S. 10). Als Teil der Kultur war<br />
<strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> in längerfristig ausgeri<strong>ch</strong>teten Programmen<br />
immer wieder ein Thema. Allerdings<br />
wurde er bis vor kurzem ni<strong>ch</strong>t systematis<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> genutzt.<br />
Dies, obwohl <strong>Sport</strong> von der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft<br />
längst als Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t anerkannt ist.<br />
Als «ein f<strong>und</strong>amentales Re<strong>ch</strong>t <strong>für</strong> alle» bezei<strong>ch</strong>nete<br />
die Unesco den <strong>Sport</strong> bereits 1978. 1989<br />
zogen die Vertragsstaaten der Kinderre<strong>ch</strong>tskonvention<br />
na<strong>ch</strong> <strong>und</strong> anerkannten «das Re<strong>ch</strong>t des<br />
Kindes auf Ruhe <strong>und</strong> Freizeit [...], auf Spiel <strong>und</strong><br />
altersgemässe aktive Erholung [...]». Allerdings<br />
wurde diesen Erklärungen wenig Na<strong>ch</strong>druck<br />
vers<strong>ch</strong>afft, <strong>und</strong> bis vor kurzem wurde das Re<strong>ch</strong>t<br />
auf Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> als «vergessenes<br />
Re<strong>ch</strong>t» bezei<strong>ch</strong>net.<br />
Wa<strong>ch</strong>sende politis<strong>ch</strong>e Dynamik ab 1999<br />
In den letzten Jahren wurden die Anstrengungen<br />
zu seiner Realisierung endli<strong>ch</strong> erhebli<strong>ch</strong><br />
verstärkt. In der <strong>Entwicklung</strong> des Themas lassen<br />
si<strong>ch</strong> einige Meilensteine ausma<strong>ch</strong>en:<br />
1999: UNO-Generalsekretär Kofi Annan<br />
gibt am Weltwirts<strong>ch</strong>aftsforum in Davos den<br />
Starts<strong>ch</strong>uss. Er fordert die <strong>Sport</strong>welt auf, si<strong>ch</strong><br />
zusammen mit Politik, Wirts<strong>ch</strong>aft, Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>und</strong> Religion stärker <strong>für</strong> eine gere<strong>ch</strong>tere <strong>und</strong><br />
friedli<strong>ch</strong>ere Welt einzusetzen.<br />
2001: Kofi Annan ernennt den S<strong>ch</strong>weizer alt<br />
B<strong>und</strong>esrat Adolf Ogi zu seinem Sonderberater<br />
<strong>für</strong> <strong>Sport</strong> im Dienst von <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden.<br />
Ogi gelingt es in der Folge ni<strong>ch</strong>t nur, das Thema<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> auf die globale entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Agenda zu setzen, sondern<br />
au<strong>ch</strong> das Bewusstsein aller Akteure – UNO-<br />
Organisationen, Regierungen, <strong>Sport</strong>verbände,<br />
NGOs, Wirts<strong>ch</strong>aft, Medien <strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft –<br />
<strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s zu<br />
s<strong>ch</strong>ärfen.<br />
2002: Unter der Führung von Adolf Ogi <strong>und</strong><br />
der damaligen Unicef-Direktorin Carol Bellamy<br />
wird die «UN-Inter Agency Task Force <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>,<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden» eingesetzt. Sie setzt<br />
si<strong>ch</strong> aus Vertretern/-innen von vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
UNO-Agenturen, darunter ILO, Unesco, WHO,<br />
UNDP, UNEP, UNHCR, Unicef <strong>und</strong> UNAIDS,<br />
zusammen <strong>und</strong> untersu<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e Rolle der<br />
<strong>Sport</strong> bei der Errei<strong>ch</strong>ung der Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />
spielen kann. Der 2003 veröffentli<strong>ch</strong>te<br />
S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t der Task Force attestiert<br />
dem <strong>Sport</strong> ein grosses entwicklungspolitis<strong>ch</strong>es<br />
Potenzial <strong>und</strong> ruft dazu auf, <strong>Sport</strong> systematis<strong>ch</strong> in<br />
der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit einzusetzen.<br />
2003: Im Februar findet in der S<strong>ch</strong>weiz die<br />
1. Magglingen Konferenz zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
statt. Getragen vom UNO-Sonderberater<br />
A. Ogi, der Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit (DEZA) <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>esamt<br />
<strong>für</strong> <strong>Sport</strong> (BASPO), bringt sie erstmals Akteure<br />
aus allen Teilen der Gesells<strong>ch</strong>aft zusammen.<br />
Fast 400 ho<strong>ch</strong>rangige Repräsentanten von<br />
Regierungen, UNO-Agenturen, der <strong>Sport</strong>welt,<br />
Eine friedli<strong>ch</strong>ere Welt dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>:<br />
Kofi Annan, Adolf Ogi <strong>und</strong> Roger<br />
Federer (von re<strong>ch</strong>ts) anlässli<strong>ch</strong><br />
der Eröffnungszeremonie des Internationalen<br />
Jahrs des <strong>Sport</strong>s am<br />
5. November 2004 in New York.
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> humanitäre Hilfe<br />
In Flü<strong>ch</strong>tlingslagern <strong>und</strong> Katastrophengebieten<br />
hat si<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> als Mittel zur Bewältigung<br />
ausserordentli<strong>ch</strong>er Lebensumstände<br />
seit langem bewährt. UNO-Organisationen<br />
<strong>und</strong> Hilfswerke bauen diesen traditionellen<br />
Einsatzberei<strong>ch</strong> weiter aus <strong>und</strong><br />
treiben die Einführung von <strong>Sport</strong> in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern<br />
in aller Welt voran.<br />
Das Flü<strong>ch</strong>tlingswerk der Vereinten Nationen<br />
(UNHCR) s<strong>ch</strong>ätzt die Zahl der in Lagern <strong>und</strong> Notunterkünften<br />
lebenden Jugendli<strong>ch</strong>en weltweit auf<br />
r<strong>und</strong> neun Millionen. Entwurzelt, verarmt, ohne<br />
Ausbildung <strong>und</strong> oft ohne ausrei<strong>ch</strong>ende elterli<strong>ch</strong>e<br />
Fürsorge haben diese Jugendli<strong>ch</strong>en kaum Zukunftsaussi<strong>ch</strong>ten.<br />
Sie kämpfen mit Erfahrungen wie<br />
Vertreibung <strong>und</strong> Flu<strong>ch</strong>t, Verlust von Familienangehörigen<br />
oder Ausbeutung. <strong>Sport</strong> bietet ihnen die<br />
Mögli<strong>ch</strong>keit, dem tristen Lagerleben <strong>für</strong> einige St<strong>und</strong>en<br />
zu entfliehen – zu spielen, herumzutollen <strong>und</strong><br />
si<strong>ch</strong> zu vergnügen. Im <strong>Sport</strong> können sie ein Ventil<br />
finden, um angestaute Aggressionen <strong>und</strong> Frustrationen<br />
kontrolliert abzubauen. Er kann minimale<br />
Strukturen in einem reizarmen Alltag s<strong>ch</strong>affen <strong>und</strong><br />
helfen, Traumata zu verarbeiten, Selbstvertrauen<br />
zu s<strong>ch</strong>öpfen <strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erheit zurückzugewinnen.<br />
Das UNHCR hat s<strong>ch</strong>on in den Neunzigerjahren<br />
die vielfältigen Funktionen des <strong>Sport</strong>s erkannt <strong>und</strong><br />
ist Partners<strong>ch</strong>aften mit <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />
wie «Right to Play» eingegangen. «Right to Play»<br />
entsendet seither Freiwillige in Flü<strong>ch</strong>tlingslager in<br />
über 20 Ländern mit dem Ziel, in den meist multinationalen<br />
<strong>und</strong> multiethnis<strong>ch</strong>en Lagern eine Kultur<br />
des friedli<strong>ch</strong>en Zusammenlebens zu s<strong>ch</strong>affen. Dort,<br />
wo <strong>Sport</strong> gefördert wird, beri<strong>ch</strong>ten Flü<strong>ch</strong>tlinge <strong>und</strong><br />
Freiwillige von einer Abnahme der Aggressionsbereits<strong>ch</strong>aft.<br />
In Uganda wurde es beispielsweise<br />
mögli<strong>ch</strong>, dass si<strong>ch</strong> Hutu <strong>und</strong> Tutsi im friedli<strong>ch</strong>en<br />
Wettkampf begegnen. Ents<strong>ch</strong>eidend <strong>für</strong> sol<strong>ch</strong>e Erfolge<br />
ist immer die ri<strong>ch</strong>tige Inszenierung<br />
<strong>und</strong> Vermittlung des <strong>Sport</strong>s.<br />
Viel verspre<strong>ch</strong>end sind die <strong>Sport</strong>projekte<br />
im erdbebenversehrten Bam: R<strong>und</strong> 450<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en im Alter von 6 bis 18 Jahren<br />
werden dort seit Oktober 2004 sportli<strong>ch</strong>e<br />
<strong>und</strong> erholsame Aktivitäten wie Volleyball,<br />
B<strong>admin</strong>ton, Karate, Gymnastik oder Tis<strong>ch</strong>tennis<br />
angeboten. Diese sind als Ergänzung<br />
zur psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en Betreuung geda<strong>ch</strong>t <strong>und</strong><br />
finden in zwei umgebauten, ges<strong>ch</strong>ützten <strong>und</strong><br />
gut ausgerüsteten Lagerhallen <strong>und</strong> einem ehemaligen<br />
Stadion statt.<br />
Au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> der verheerenden Flutkatastrophe in<br />
Asien setzen Hilfsorganisationen auf die Karte<br />
<strong>Sport</strong>. Unicef hat allein in Aceh 21 S<strong>ch</strong>utzzentren<br />
<strong>für</strong> Kinder eingeri<strong>ch</strong>tet, in denen 17000 Kinder<br />
psy<strong>ch</strong>osoziale Betreuung erhalten. Je 200 bis<br />
300 Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Jungen können hier an Spiel<strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>angeboten teilnehmen.<br />
Nationale <strong>und</strong> internationale <strong>Sport</strong>verbände<br />
können viel zum Ausbau sol<strong>ch</strong>er Programme<br />
beitragen. Ihre Hilfe vor Ort<br />
– sei sie materiell, finanziell, organisatoris<strong>ch</strong><br />
oder inhaltli<strong>ch</strong> – ist oft<br />
zentral <strong>für</strong> die Dur<strong>ch</strong>führung von<br />
humanitären Projekten. Auf internationaler<br />
Ebene haben sie zudem<br />
enormes Sensibilisierungs<strong>und</strong><br />
Mobilisierungspotenzial.<br />
Traumabewältigung<br />
na<strong>ch</strong> Naturkatastrophen:<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten in den<br />
Zeltstädten r<strong>und</strong> um die<br />
2003 vom Erdbeben<br />
zerstörte iranis<strong>ch</strong>e<br />
Stadt Bam.<br />
<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen <strong>und</strong> den Medien<br />
treffen si<strong>ch</strong> in Magglingen zu einem Informations-<br />
<strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong>. Das Ergebnis<br />
ist die «Magglingen Deklaration», die <strong>Sport</strong><br />
als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t bekräftigt <strong>und</strong> alle Akteure<br />
aufruft, <strong>Sport</strong> im Dienst der <strong>Entwicklung</strong> einzusetzen<br />
(vgl. Kasten S. 11). Ebenfalls 2003 erklärt<br />
die UNO-Generalversammlung das Jahr<br />
2005 zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong><br />
der <strong>Sport</strong>erziehung.<br />
2005: Vorläufiger Höhepunkt ist das Internationale<br />
Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der <strong>Sport</strong>erziehung<br />
2005. Eröffnet wird es von Kofi Annan<br />
<strong>und</strong> Adolf Ogi im Beisein des Tennisstars Roger<br />
Federer. Das Jahr bietet eine hervorragende<br />
Gelegenheit, die Aufmerksamkeit der Weltöffentli<strong>ch</strong>keit<br />
auf die Bedeutung des <strong>Sport</strong>s in der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft zu ri<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> die Dynamik weiter<br />
zu verstärken.<br />
Das internationale Umfeld <strong>und</strong><br />
das Engagement der S<strong>ch</strong>weiz<br />
Die Anstrengungen haben auf allen<br />
Ebenen Frü<strong>ch</strong>te getragen. Ni<strong>ch</strong>t nur ist<br />
das Bewusstsein <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
bei allen Akteuren erhebli<strong>ch</strong><br />
gestiegen. Au<strong>ch</strong> die Beziehungen<br />
zwis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>swelt<br />
wurden erhebli<strong>ch</strong> gestärkt.<br />
Als Resultat hat si<strong>ch</strong> die Zahl der<br />
Projekte im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> vervielfa<strong>ch</strong>t.<br />
10
sport <strong>für</strong> entwicklung <strong>und</strong> frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e kontext<br />
<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen entdecken den <strong>Sport</strong><br />
zunehmend als wirkungsvolles Instrument, das<br />
komplementär zu anderen Mitteln genutzt werden<br />
kann. So setzen heute vers<strong>ch</strong>iedene UNO-Agenturen,<br />
darunter Unicef, UNDP, ILO oder UNEP,<br />
auf die Karte <strong>Sport</strong>. Dasselbe gilt <strong>für</strong> vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Regierungen <strong>und</strong> bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sagenturen.<br />
Holland, Norwegen, Kanada <strong>und</strong><br />
Grossbritannien verfügen alle über umfassende<br />
Programme <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, die in<br />
enger Zusammenarbeit mit <strong>Sport</strong>organisationen<br />
<strong>und</strong> NGOs entwickelt <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />
Au<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz zählt zu den Pionieren auf<br />
dem Gebiet. Seit 2003 unterhält sie mit der<br />
«Swiss Working Group for <strong>Sport</strong> and Development»<br />
ein Instrument, um innovative Projekte zu<br />
unterstützen <strong>und</strong> Erfahrungen zu validieren. Der<br />
Gruppe gehören Repräsentanten des UNO-<br />
Sonderberaters <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, der<br />
DEZA, des BASPO <strong>und</strong> von Swiss Olympic an.<br />
Darüber hinaus setzt die DEZA <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t nur<br />
als Instrument in der eigenen <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> der humanitären Hilfe ein.<br />
Zusätzli<strong>ch</strong> zu ihren laufenden Projekten will sie<br />
die <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Friedensdimension des<br />
<strong>Sport</strong>s sowohl auf nationaler wie au<strong>ch</strong> auf internationaler<br />
Ebene stärken.<br />
Zur Bros<strong>ch</strong>üre<br />
Die vorliegende Bros<strong>ch</strong>üre will einen au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
Ni<strong>ch</strong>texperten verständli<strong>ch</strong>en Überblick über<br />
den aktuellen Stand der Diskussion im Berei<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> geben. Sie ist in drei<br />
Teile gegliedert:<br />
Teil 1: Situiert das Thema im grösseren entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en<br />
Zusammenhang (Kapitel 1)<br />
<strong>und</strong> zeigt die Bedeutung von <strong>Sport</strong> als übergreifendes<br />
Instrument <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />
<strong>Entwicklung</strong>szielen auf (Kapitel 2).<br />
Die Magglingen Deklaration<br />
Diese Erklärung steht <strong>für</strong> unser Engagement im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Im Wissen um seine Vielfalt sind wir überzeugt,<br />
dass der <strong>Sport</strong> ein Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> eine ideale Lebenss<strong>ch</strong>ule<br />
ist. Wir anerkennen die Mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>und</strong> Werte<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> erklären:<br />
Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fördern auf kostengünstige Art die<br />
körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> mentale Ges<strong>und</strong>heit des Mens<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
sind wi<strong>ch</strong>tig <strong>für</strong> die <strong>Entwicklung</strong>.<br />
Die Aufnahme von <strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t ins S<strong>ch</strong>ulsystem hilft<br />
Kindern, bessere Leistungen zu erbringen <strong>und</strong> steigert ihre<br />
Lebensqualität.<br />
Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> helfen, seelis<strong>ch</strong>e W<strong>und</strong>en zu heilen <strong>und</strong><br />
Traumata in Zeiten von Konflikten, Krisen <strong>und</strong> sozialen<br />
Spannungen zu überwinden.<br />
<strong>Sport</strong> auf lokaler Ebene ist ein ausgezei<strong>ch</strong>netes Mittel,<br />
Mens<strong>ch</strong>en vers<strong>ch</strong>iedenster Herkunft zusammenzubringen<br />
<strong>und</strong> den Gemeinsinn zu fördern.<br />
<strong>Sport</strong> kann helfen, ethnis<strong>ch</strong>e, religiöse oder soziale S<strong>ch</strong>ranken<br />
zu überwinden wie au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e gegenüber Behinderten<br />
oder zwis<strong>ch</strong>en den Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tern.<br />
<strong>Sport</strong> ist wirksam, wenn er mit Fairness <strong>und</strong> Respekt, ohne<br />
Drogen oder Doping betrieben <strong>und</strong> niemand ausges<strong>ch</strong>lossen<br />
wird.<br />
Indem si<strong>ch</strong> die <strong>Sport</strong>artikelindustrie ethis<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
verpfli<strong>ch</strong>tet, verleiht sie ihren Produkten einen Mehrwert<br />
<strong>und</strong> trägt dazu bei, die Gesells<strong>ch</strong>aft positiv zu gestalten.<br />
Die Partners<strong>ch</strong>aft von <strong>Sport</strong>, Medien <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sarbeit<br />
fördert das Bewusstsein <strong>für</strong> den Beitrag des <strong>Sport</strong>s zu<br />
einer na<strong>ch</strong>haltigen <strong>Entwicklung</strong>.<br />
All dies kann errei<strong>ch</strong>t werden, indem <strong>Sport</strong> ein wesentli<strong>ch</strong>er<br />
Bestandteil der nationalen <strong>und</strong> internationalen <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
wird. Darum fordern wir Regierungen,<br />
UNO-Da<strong>ch</strong>verbände, <strong>Sport</strong>verbände, ni<strong>ch</strong>tstaatli<strong>ch</strong>e Organisationen,<br />
<strong>Sport</strong>artikelindustrie, Medien, Wirts<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> alle<br />
Mens<strong>ch</strong>en auf, einen Beitrag zu <strong>Sport</strong> im Dienste der <strong>Entwicklung</strong><br />
zu leisten.<br />
Magglingen ist ein erster S<strong>ch</strong>ritt in unserem Engagement <strong>für</strong><br />
eine bessere Welt dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>.<br />
Magglingen, den 18. Februar 2003<br />
Teil 2: Analysiert <strong>und</strong> dokumentiert die Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />
spezifis<strong>ch</strong>en thematis<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>szielen<br />
(Kapitel 3–8).<br />
Teil 3: Zieht eine erste Bilanz der bisherigen<br />
Aktivitäten <strong>und</strong> unternimmt den Versu<strong>ch</strong> eines<br />
Ausblicks (Kapitel 9).<br />
11
Teil I: Einführung & gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>Sport</strong> als Instrument<br />
der <strong>Entwicklung</strong>
Förderung von Eigenverantwortung,<br />
Selbstwertgefühl <strong>und</strong><br />
sozialen Kompetenzen dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>:<br />
Spiel auf ein improvisiertes Fussballtor<br />
in Bosnien kurz na<strong>ch</strong> Beendigung<br />
des Bürgerkriegs.<br />
13
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>Sport</strong> spielt in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Berei<strong>ch</strong>e hinein <strong>und</strong> eignet<br />
si<strong>ch</strong> damit als themenübergreifendes <strong>Entwicklung</strong>sinstrument. Er entfaltet<br />
sein positives Potenzial allerdings ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, sondern erfordert eine<br />
professionelle, sozial verantwortli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> auf den jeweiligen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Kontext zuges<strong>ch</strong>nittene Vermittlung.<br />
« <strong>Sport</strong> bietet ein soziales<br />
Lernfeld, das dem/der<br />
Einzelnen die Mögli<strong>ch</strong>keit gibt, auf<br />
spieleris<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> lustvolle Weise<br />
gr<strong>und</strong>legende soziale Kompetenzen<br />
zu erlernen wie Teamwork,<br />
Umgang mit verbindli<strong>ch</strong>en Regeln,<br />
organisatoris<strong>ch</strong>e Fähigkeiten,<br />
strukturierten Umgang mit freier<br />
Zeit oder konstruktiven Umgang<br />
mit starken Emotionen. »<br />
<strong>Sport</strong> bewegt Mens<strong>ch</strong>en – im wörtli<strong>ch</strong>en ebenso<br />
wie im übertragenen Sinn. In allen Teilen der<br />
Welt <strong>und</strong> in allen Kulturen wird gespielt, messen<br />
si<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>en im friedli<strong>ch</strong>en Wettstreit, freuen<br />
si<strong>ch</strong> Individuen <strong>und</strong> Teams an der eigenen<br />
Leistung. Ob als Teilnehmer/innen oder als Zus<strong>ch</strong>auer/innen<br />
– keine andere Aktivität zieht so<br />
viele Mens<strong>ch</strong>en weltweit in ihren Bann.<br />
Die Gründe liegen wohl im spieleris<strong>ch</strong>en, lustvollen<br />
Charakter des <strong>Sport</strong>s, der einem gr<strong>und</strong>legenden<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Bedürfnis entgegenkommt.<br />
Man weiss nie, wie das Spiel ausgeht,<br />
man muss etwas wagen, Grenzen überwinden,<br />
<strong>und</strong> man brau<strong>ch</strong>t Mut. Zudem gilt im <strong>Sport</strong> das<br />
Prinzip Hoffnung: Jedes Spiel bietet eine neue<br />
Chance – die Verlierer von gestern sind viellei<strong>ch</strong>t<br />
s<strong>ch</strong>on beim nä<strong>ch</strong>sten Mal die Sieger.<br />
Der <strong>Sport</strong> setzt wie kaum eine andere Aktivität<br />
Kräfte <strong>und</strong> Energien frei. Es ist diese<br />
Fähigkeit, Mens<strong>ch</strong>en auf einer<br />
emotionalen, spieleris<strong>ch</strong>en<br />
Ebene anzuspre<strong>ch</strong>en, zu<br />
mobilisieren <strong>und</strong> über<br />
alle kulturellen, spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en,<br />
Bildungs- <strong>und</strong> Altersbarrieren<br />
hinweg<br />
zusammenzubringen,<br />
wel<strong>ch</strong>e die Einzigartigkeit<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> seinen immanenten Wert<br />
ausma<strong>ch</strong>t. Dabei steht er <strong>für</strong> gr<strong>und</strong>legende<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Werte wie Respekt <strong>für</strong> den Gegner,<br />
das Akzeptieren von verbindli<strong>ch</strong>en Regeln,<br />
Teamwork <strong>und</strong> Fairness – Prinzipien, wie sie<br />
au<strong>ch</strong> in der UNO-Charta postuliert werden.<br />
<strong>Sport</strong> als Wert an si<strong>ch</strong> <strong>und</strong> als <strong>Entwicklung</strong>sinstrument<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel haben deshalb einen Wert<br />
an si<strong>ch</strong>. Der Zugang zu sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten<br />
ist von der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft als<br />
Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t seit langem anerkannt <strong>und</strong><br />
wiederholt bestätigt worden. Unter dem Motto<br />
«Zugang <strong>für</strong> alle» ist dessen Realisierung denn<br />
au<strong>ch</strong> eines der Ziele der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft.<br />
Mit seinen Eigens<strong>ch</strong>aften bietet si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong><br />
darüber hinaus als Mittel <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> geradezu<br />
an. Die Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten sind äusserst<br />
vielfältig. Ob in der kurzfristig <strong>und</strong> auf Sofortmassnahmen<br />
ausgeri<strong>ch</strong>teten humanitären Hilfe,<br />
in langfristig angelegten Projekten der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> ob im lokalen, regionalen<br />
oder globalen Massstab: <strong>Sport</strong> kann<br />
einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag zur Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen,<br />
darunter den MDGs (Millennium<br />
Development Goals), leisten (vgl. Kasten<br />
S. 16).<br />
Als Teil der Gesells<strong>ch</strong>aft spielt er in vers<strong>ch</strong>iedenste<br />
Lebensberei<strong>ch</strong>e hinein <strong>und</strong> hat zahlrei<strong>ch</strong>e soziale,<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> kulturelle S<strong>ch</strong>nittstellen<br />
14
sport als instrument der entwicklung<br />
<strong>und</strong> Berührungspunkte. Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />
ist <strong>Sport</strong> deshalb ideal, um als Mittel themenübergreifend<br />
– als so genanntes «cross-cutting»<br />
Instrument – eingesetzt zu werden.<br />
Regelmässig betriebener <strong>und</strong> kompetent angeleiteter<br />
<strong>Sport</strong> trägt beispielsweise ni<strong>ch</strong>t nur zur<br />
Ges<strong>und</strong>heit des/der Einzelnen bei, sondern<br />
fördert au<strong>ch</strong> Eigens<strong>ch</strong>aften wie Selbstwertgefühl,<br />
Eigenverantwortung <strong>und</strong> Körpergefühl.<br />
Er bietet einen ges<strong>ch</strong>ützten Raum, in dem Kinder,<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> junge Erwa<strong>ch</strong>sene soziale<br />
Kompetenzen erlernen <strong>und</strong> üben können.<br />
Er fördert auf diese Weise Eigens<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong><br />
Fähigkeiten, die au<strong>ch</strong> in anderen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Kontexten wi<strong>ch</strong>tig <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine ganzheitli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> ein<br />
selbstbestimmtes Leben sind.<br />
Vielfältige Anwendungsberei<strong>ch</strong>e<br />
Im Folgenden wird das erhebli<strong>ch</strong>e Potenzial<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e entwicklungsrelevante<br />
Berei<strong>ch</strong>e kurz skizziert.<br />
Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong><br />
soziale Integration<br />
<strong>Sport</strong> bietet ein soziales Lernfeld, das dem/<br />
der Einzelnen die Mögli<strong>ch</strong>keit gibt, auf spieleris<strong>ch</strong>e<br />
<strong>und</strong> lustvolle Weise gr<strong>und</strong>legende soziale<br />
Kompetenzen zu erlernen wie Teamwork,<br />
Umgang mit verbindli<strong>ch</strong>en Regeln, organisatoris<strong>ch</strong>e<br />
Fähigkeiten, strukturierten Umgang mit<br />
freier Zeit, konstruktiven Umgang mit starken<br />
Emotionen (etwa bei Sieg <strong>und</strong> Niederlage).<br />
<strong>Sport</strong>angebote können dazu beitragen,<br />
dass Randgruppen besser in die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
integriert werden, z. B. S<strong>ch</strong>ulaussteiger, Strassenkinder,<br />
Kindersoldaten, Behinderte, ethnis<strong>ch</strong>e<br />
Minderheiten, Migranten/-innen, HIV/Aids-<br />
Infizierte.<br />
Friedensförderung / Konfliktprävention<br />
<strong>und</strong> Konfliktbewältigung<br />
<strong>Sport</strong> kann den Austaus<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en Gemeins<strong>ch</strong>aften,<br />
Völkern <strong>und</strong> Kulturen verstärken<br />
<strong>und</strong> dazu beitragen, dass au<strong>ch</strong> in offenen oder<br />
latenten Konfliktsituationen ein Dialog zwis<strong>ch</strong>en<br />
den Parteien aufre<strong>ch</strong>terhalten bleibt.<br />
<strong>Sport</strong> kann Identität <strong>und</strong> Zusammengehörigkeit<br />
von Gemeins<strong>ch</strong>aften fördern <strong>und</strong> die<br />
Bereits<strong>ch</strong>aft der Einzelnen erhöhen, si<strong>ch</strong> in der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft zu engagieren.<br />
In Konflikt- <strong>und</strong> Post-Konfliktsituationen kann<br />
<strong>Sport</strong> helfen, <strong>für</strong> die betroffenen Mens<strong>ch</strong>en eine<br />
strukturierte, konstruktive <strong>und</strong> auf den friedli<strong>ch</strong>en<br />
Abbau von Aggressionen <strong>und</strong> Spannungen<br />
ausgeri<strong>ch</strong>tete Bes<strong>ch</strong>äftigungsmögli<strong>ch</strong>keit zu<br />
s<strong>ch</strong>affen.<br />
Na<strong>ch</strong> bewaffneten Konflikten oder Naturkatastrophen<br />
kann <strong>Sport</strong> einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag<br />
zur Bewältigung von Traumata leisten, beispielsweise<br />
in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern.<br />
Ges<strong>und</strong>heitserhaltung <strong>und</strong><br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Betätigung kann einen wi<strong>ch</strong>tigen<br />
Beitrag zur körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> geistigen Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Einzelnen <strong>und</strong> der Gesells<strong>ch</strong>aft leisten.<br />
<strong>Sport</strong> ist ein geeignetes Mittel, um die in ihrer<br />
Ges<strong>und</strong>heit am meisten gefährdeten Gruppen<br />
wie Strassenkinder, in Armut lebende heranwa<strong>ch</strong>sende<br />
Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Knaben oder junge<br />
Erwa<strong>ch</strong>sene zu errei<strong>ch</strong>en.<br />
<strong>Sport</strong> kann einen bewussteren Umgang mit<br />
dem eigenen Körper fördern <strong>und</strong> positive Rollenvorbilder<br />
anbieten.<br />
Gender<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten können dazu beitragen, Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terstereotypen<br />
aufzubre<strong>ch</strong>en, soziokulturelle<br />
Erwartungen an Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />
in Frage zu stellen <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen zu<br />
thematisieren.<br />
<strong>Sport</strong> kann <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en Gelegenheiten<br />
s<strong>ch</strong>affen, um ihre sozialen Kontakte<br />
zu verbessern <strong>und</strong> die Teilnahme am öffentli<strong>ch</strong>en<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Leben zu verstärken.<br />
15
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen können auf<br />
allen Ebenen – lokal, regional <strong>und</strong> national –<br />
Bes<strong>ch</strong>äftigungs- <strong>und</strong> Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
s<strong>ch</strong>affen.<br />
<strong>Sport</strong> kann dur<strong>ch</strong> seine positiven Auswirkungen<br />
auf die allgemeine Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung<br />
zu einer produktiveren Volkswirts<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>und</strong> zu einer Entlastung des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />
beitragen.<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> die Millenniumsziele<br />
1. Ziel: Beseitigung der extremen Armut<br />
<strong>und</strong> des Hungers<br />
<strong>Entwicklung</strong> trägt zur Armutsbekämpfung bei. So<br />
werden zum Bespiel dur<strong>ch</strong> die <strong>Sport</strong>industrie oder<br />
au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Organisation von grossen <strong>Sport</strong>anlässen<br />
Arbeitsplätze ges<strong>ch</strong>affen. <strong>Sport</strong> vermittelt<br />
ausserdem gr<strong>und</strong>legende soziale Fähigkeiten, wel<strong>ch</strong>e<br />
<strong>für</strong> ein produktives Leben in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
wesentli<strong>ch</strong> sind.<br />
2. Ziel: Gr<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>ulbildung <strong>für</strong> alle<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>erziehung sind ein wesentli<strong>ch</strong>er<br />
Bestandteil von qualitativ ho<strong>ch</strong> stehender Bildung.<br />
Sie fördern positive Werte <strong>und</strong> Fähigkeiten, wel<strong>ch</strong>e<br />
einen direkten <strong>und</strong> anhaltenden Einfluss auf junge<br />
Mens<strong>ch</strong>en haben. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>erziehung<br />
ma<strong>ch</strong>en den S<strong>ch</strong>ulunterri<strong>ch</strong>t allgemein<br />
attraktiver <strong>und</strong> erhöhen die Beteiligung.<br />
3. Ziel: Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung der<br />
Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter <strong>und</strong> Ermä<strong>ch</strong>tigung der Frau<br />
Vermehrter Zugang zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>er Tätigkeit<br />
hilft Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, Selbstvertrauen<br />
aufzubauen <strong>und</strong> die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Integration<br />
zu stärken. Der Einbezug von Mäd<strong>ch</strong>en in sportli<strong>ch</strong>e<br />
Tätigkeiten zusammen mit Knaben trägt zur<br />
Überwindung von Vorurteilen bei, wel<strong>ch</strong>e in gewissen<br />
Gesells<strong>ch</strong>aften oft <strong>für</strong> die soziale S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ung<br />
der Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en mitverantwortli<strong>ch</strong><br />
sind.<br />
4. & 5. Ziel: Senkung der Kindersterbli<strong>ch</strong>keit<br />
<strong>und</strong> Verbesserung der Ges<strong>und</strong>heit<br />
von Müttern<br />
<strong>Sport</strong> kann ein wirkvolles Mittel sein, Frauen zu<br />
einem ges<strong>und</strong>en Lebensstil zu verhelfen. Ausserdem<br />
kann er wi<strong>ch</strong>tige Bots<strong>ch</strong>aften vermitteln,<br />
zumal beide Ziele oft mit einem besseren Empowerment<br />
von Frauen <strong>und</strong> mit Zugang zu Bildung<br />
zusammenhängen.<br />
6. Ziel: Bekämpfung von<br />
HIV/Aids, Malaria <strong>und</strong> anderen<br />
Krankheiten<br />
<strong>Sport</strong> erlaubt anderweitig nur s<strong>ch</strong>wer<br />
errei<strong>ch</strong>bare Bevölkerungsteile anzuspre<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> positive Rollenmodelle zu bieten,<br />
die Präventionsbots<strong>ch</strong>aften vermitteln. <strong>Sport</strong><br />
kann dank seinem eins<strong>ch</strong>liessenden Charakter<br />
<strong>und</strong> seiner meist informellen Struktur mithelfen,<br />
Vorurteile, Stigmatisierung <strong>und</strong> Diskriminierung<br />
zu überwinden, indem er eine bessere gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Integration begünstigt.<br />
7. Ziel: Si<strong>ch</strong>erung der ökologis<strong>ch</strong>en<br />
Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />
<strong>Sport</strong> ist ein ideales Instrument, um das Bewusstsein<br />
über die Notwendigkeit von Umwelts<strong>ch</strong>utz zu fördern.<br />
Die We<strong>ch</strong>selbeziehung zwis<strong>ch</strong>en regelmässigen<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten im Freien <strong>und</strong> dem S<strong>ch</strong>utz<br />
der Umwelt sind <strong>für</strong> alle lei<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>vollziehbar.<br />
8. Ziel: Aufbau einer weltweiten Partners<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>Sport</strong> kann genutzt werden, um Partners<strong>ch</strong>aften<br />
zwis<strong>ch</strong>en Industrie- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern,<br />
Privatsektor, öffentli<strong>ch</strong>en Institutionen, Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />
<strong>und</strong> dem UN-System<br />
zu s<strong>ch</strong>affen <strong>und</strong> zu fördern. <strong>Sport</strong> bietet unzählige<br />
Gelegenheiten <strong>für</strong> innovative Partners<strong>ch</strong>aften<br />
zur Errei<strong>ch</strong>ung von Zielen im<br />
Berei<strong>ch</strong> der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>. <br />
Quelle: «Concept – Education, Health,<br />
Development, Peace» (2005), United<br />
Nations Office for the International<br />
Year of <strong>Sport</strong> and Physical<br />
Education, Geneva 2005<br />
Mobilisierung <strong>und</strong> Kommunikation<br />
<strong>Sport</strong> besitzt eine grosse Anziehungskraft<br />
<strong>und</strong> kann Mens<strong>ch</strong>en zusammenbringen. Er ist<br />
deshalb ein hervorragendes Instrument <strong>für</strong> die<br />
Mobilisierung von Mens<strong>ch</strong>en sowohl <strong>für</strong> gezielte<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten als au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Teilnahme<br />
an anderen entwicklungsrelevanten Projekten<br />
<strong>und</strong> Programmen (<strong>Sport</strong> als «Türöffner»).<br />
Als Kommunikationsinstrument eignet si<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> ideal <strong>für</strong> die Vermittlung von sozialen, ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />
<strong>und</strong> Friedensbots<strong>ch</strong>aften.<br />
Beispielsweise bieten <strong>Sport</strong>anlässe gute Gelegenheiten<br />
<strong>für</strong> Informationskampagnen <strong>und</strong><br />
Aktionen (z. B. Aids-Präventionskampagnen,<br />
Impfaktionen usw.).<br />
Grosses Potenzial, aber ni<strong>ch</strong>t<br />
unproblematis<strong>ch</strong><br />
Im zweiten Teil der vorliegenden Publikation<br />
wir der potenzielle Beitrag<br />
des <strong>Sport</strong>s zu den einzelnen Themen<br />
genauer untersu<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> dargestellt.<br />
Die Analysen ma<strong>ch</strong>en<br />
deutli<strong>ch</strong>, dass <strong>Sport</strong> in Projekten<br />
der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
vers<strong>ch</strong>iedene miteinander<br />
verknüpfte Rollen hat.<br />
Zum einen steht er selbst im<br />
Mittelpunkt <strong>und</strong> wird als Instrument<br />
unmittelbar <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
oder Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
genutzt. Ein<br />
typis<strong>ch</strong>es Beispiel da<strong>für</strong> sind<br />
etwa Projekte wie «Kicking<br />
AIDS Out!» in Afrika, in denen<br />
der <strong>Sport</strong> direkt <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
<strong>und</strong> HIV/Aids-<br />
Prävention eingesetzt wird.<br />
16
sport als instrument der entwicklung<br />
Zum anderen wird seine Mobilisierungskraft<br />
als «Türöffner» genutzt, um Mens<strong>ch</strong>en anzuziehen<br />
<strong>und</strong> <strong>für</strong> andere entwicklungsrelevante Aktivitäten<br />
<strong>und</strong> Projekte zu sensibilisieren <strong>und</strong> zu<br />
motivieren. So versu<strong>ch</strong>t zum Beispiel die NGO<br />
«<strong>Sport</strong> in Action» in Sambia mit Erfolg, mittels<br />
<strong>Sport</strong> gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Strukturen zu s<strong>ch</strong>affen<br />
<strong>und</strong> diese als Basis <strong>für</strong> weiterführende Aktivitäten<br />
wie etwa den Aufbau von landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Produktionsgemeins<strong>ch</strong>aften zu nutzen<br />
(vgl. dazu Kapitel «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Mobilisierung», S. 64).<br />
So gross sein Potenzial au<strong>ch</strong> ist, <strong>Sport</strong> ist denno<strong>ch</strong><br />
kein unproblematis<strong>ch</strong>es Allheilmittel <strong>für</strong><br />
sämtli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sprobleme. Als kulturelles<br />
Phänomen ist er ein Spiegel der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>und</strong> so komplex <strong>und</strong> widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> wie diese<br />
selbst.<br />
Zum Beispiel spielen Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Konstruktionen, was als «männli<strong>ch</strong>»<br />
bzw. «weibli<strong>ch</strong>» gilt, im <strong>Sport</strong> eine ebenso<br />
wi<strong>ch</strong>tige Rolle wie in anderen Berei<strong>ch</strong>en der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft. Unreflektiert akzeptiert <strong>und</strong> angewendet,<br />
können sol<strong>ch</strong>e Konstruktionen den<br />
Zugang <strong>und</strong> die Teilnahme von Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
Frauen am <strong>Sport</strong> erhebli<strong>ch</strong> behindern. Umgekehrt<br />
kann <strong>Sport</strong> aber au<strong>ch</strong> gezielt als Raum<br />
dienen, wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen thematisiert<br />
<strong>und</strong> neu verhandelt werden (vgl. dazu Kapitel<br />
«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender», S. 46). Ähnli<strong>ch</strong> kann<br />
<strong>Sport</strong> je na<strong>ch</strong> sozialem Kontext zwis<strong>ch</strong>en gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Gruppen Brücken s<strong>ch</strong>lagen <strong>und</strong><br />
Spannungen abbauen. Oder aber er kann zu<br />
einer Verstärkung von Feindseligkeit <strong>und</strong> sogar<br />
zu Gewalt beitragen (vgl. dazu Kapitel «<strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> Frieden», S. 38).<br />
Um erfolgrei<strong>ch</strong> zu sein <strong>und</strong> die gewüns<strong>ch</strong>ten<br />
Wirkungen zu erzielen, müssen <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sprojekte si<strong>ch</strong> dieser Ambivalenz<br />
stellen <strong>und</strong> sie bewusst in die Konzeption <strong>und</strong><br />
Umsetzung einbeziehen. Ges<strong>ch</strong>ieht dies, so<br />
übertreffen die positiven Aspekte des <strong>Sport</strong>s<br />
die negativen bei weitem, wie die UN Inter-<br />
Agency Task Force in ihrem Beri<strong>ch</strong>t «<strong>Sport</strong> for<br />
Development and Peace» festhält (S. 2).<br />
Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> Projekte<br />
Die bisherigen Erfahrungen lassen den S<strong>ch</strong>luss<br />
zu, dass vers<strong>ch</strong>iedene Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e<br />
Projekte auss<strong>ch</strong>laggebend sind:<br />
Vermittlung: Die Vermittlung (Inszenierung)<br />
ist in <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Entwick-<br />
So gross sein «<br />
lungsprojekten von ents<strong>ch</strong>eidender<br />
Potenzial au<strong>ch</strong> ist, <strong>Sport</strong> ist<br />
Bedeutung. <strong>Sport</strong> entfaltet sein<br />
positives Potenzial ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>,<br />
sondern erfordert eine Allheilmittel <strong>für</strong> sämtli<strong>ch</strong>e<br />
kein unproblematis<strong>ch</strong>es<br />
professionelle <strong>und</strong> sozial verantwortli<strong>ch</strong>e<br />
Anleitung sportli<strong>ch</strong>er Als kulturelles Phänomen ist er<br />
<strong>Entwicklung</strong>sprobleme.<br />
<strong>und</strong> spieleris<strong>ch</strong>er Aktivitäten ein Spiegel der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
dur<strong>ch</strong> ausgebildete Lehrpersonen <strong>und</strong> so komplex <strong>und</strong> widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />
wie diese.<br />
<strong>und</strong> Coa<strong>ch</strong>es. Wi<strong>ch</strong>tig ist zudem,<br />
dass <strong>Sport</strong>aktivitäten mit Regelmässigkeit<br />
<strong>und</strong> Verbindli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong>ge-<br />
»<br />
führt werden. Die Wahl der <strong>Sport</strong>art<br />
spielt demgegenüber eine untergeordnete<br />
Rolle.<br />
kontextabhängig: <strong>Sport</strong> muss den gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> kulturellen Kontext berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />
<strong>und</strong> situativ eingesetzt werden. Das gilt<br />
sowohl <strong>für</strong> die Wahl der <strong>Sport</strong>arten als au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
ihre Vermittlung. Ausgrenzungsme<strong>ch</strong>anismen<br />
bezügli<strong>ch</strong> Rasse, ethnis<strong>ch</strong>er Herkunft, Religionszugehörigkeit<br />
<strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t sollen aktiv bekämpft<br />
werden.<br />
lokale Verankerung: Der Fokus muss auf der<br />
na<strong>ch</strong>frageorientierten Unterstützung von lokalen<br />
Initiativen liegen. Es darf kein Import von<br />
<strong>Sport</strong>projekten stattfinden. Im Sinn der Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />
muss das Gewi<strong>ch</strong>t auf lokale Trägers<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erung der Finanzierung gelegt<br />
werden. Die wiederkehrenden Infrastrukturkosten<br />
müssen von der lokalen Bevölkerung getragen<br />
werden können.<br />
17
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
U<br />
«Der Zugang zu<br />
<strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ist ein<br />
gr<strong>und</strong>legendes Re<strong>ch</strong>t<br />
<strong>für</strong> alle.»<br />
unesco, International Charter of<br />
Physical Education and <strong>Sport</strong>, 1978<br />
gendersensitiv: Frauen – <strong>und</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong><br />
Männer – sehen si<strong>ch</strong> mit einer ganzen Reihe von<br />
spezifis<strong>ch</strong>en Barrieren konfrontiert, die sie daran<br />
hindern, aktiv am <strong>Sport</strong> teilzuhaben. Um<br />
diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen,<br />
müssen Initiativen im Berei<strong>ch</strong> von <strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> die spezifis<strong>ch</strong>en<br />
Perspektiven, Rollen <strong>und</strong> Verantwortli<strong>ch</strong>keiten<br />
von Frauen<br />
<strong>und</strong> Männern berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />
Einbettung in übergreifende<br />
<strong>Entwicklung</strong>sstrategien:<br />
Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />
ist <strong>Sport</strong> ein<br />
komplementäres Instrument,<br />
das zusammen mit<br />
anderen eingesetzt wird<br />
<strong>und</strong> idealerweise in übergreifende<br />
<strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Poverty-<br />
Reduction-Strategien eingebettet ist.<br />
Akteure mit vers<strong>ch</strong>iedenen Interessen<br />
<strong>Sport</strong> ist heute ein globaler Faktor. Die Förderung<br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Sport</strong>s wird denn au<strong>ch</strong> von<br />
vers<strong>ch</strong>iedenen Akteuren vorangetrieben.<br />
Auf der einen Seite steht die <strong>Sport</strong>welt, angeführt<br />
von nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
<strong>Sport</strong>organisationen (z. B. dem internationalen<br />
Fussballverband Fifa oder dem Internationalen<br />
Olympis<strong>ch</strong>en Komitee IOC) sowie der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />
(z. B. <strong>Sport</strong>artikelhersteller, Veranstalter<br />
von <strong>Sport</strong>anlässen, Medienunternehmen usw).<br />
Ihr Hauptziel ist die <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Sport</strong>s an<br />
si<strong>ch</strong> <strong>und</strong> besonders die Förderung von spezifis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Sport</strong>arten (z. B. Fussball, Lei<strong>ch</strong>tathletik,<br />
Volleyball usw.).<br />
Auf der anderen Seite steht die <strong>Entwicklung</strong>sgemeins<strong>ch</strong>aft<br />
mit Akteuren wie Regierungen<br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen. Sie sehen<br />
den <strong>Sport</strong> vor allem als wirkungsvolles <strong>und</strong><br />
kosteneffizientes Mittel <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />
<strong>Entwicklung</strong>szielen. Für sie ist <strong>Sport</strong> ein Instrument<br />
unter anderen, das si<strong>ch</strong> komplementär<br />
zu diesen einsetzen lässt. Ihr Interesse ist ni<strong>ch</strong>t<br />
die <strong>Sport</strong>entwicklung als sol<strong>ch</strong>e, sondern die<br />
<strong>Entwicklung</strong> dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>. Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />
steht deshalb au<strong>ch</strong> immer der Breitensport im<br />
Mittelpunkt, ni<strong>ch</strong>t der Spitzensport.<br />
Für die beiden Stossri<strong>ch</strong>tungen haben si<strong>ch</strong> in<br />
der Debatte die Oberbegriffe «<strong>Sport</strong>entwicklung»<br />
bzw. «<strong>Entwicklung</strong> dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>» etabliert.<br />
Na<strong>ch</strong>dem sie anfangs als miteinander unvereinbar<br />
einges<strong>ch</strong>ätzt wurden, hat inzwis<strong>ch</strong>en ein<br />
Umdenken stattgef<strong>und</strong>en. Heute hat si<strong>ch</strong> die<br />
Erkenntnis dur<strong>ch</strong>gesetzt, dass beide Ansätze<br />
aus entwicklungspolitis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t ihren Wert haben<br />
<strong>und</strong> si<strong>ch</strong> ergänzen. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt teilen die<br />
<strong>Sport</strong>welt <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>sgemeins<strong>ch</strong>aft<br />
die glei<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>werte.<br />
Das bedeutet ni<strong>ch</strong>t, dass es ni<strong>ch</strong>t zu Interessenkonflikten<br />
kommen kann. Vor allem im Berei<strong>ch</strong><br />
des Spitzensports gibt es immer wieder Auswü<strong>ch</strong>se<br />
wie Hooliganismus, Nationalismus, Doping,<br />
Korruption, Handel mit <strong>Sport</strong>lern/-innen<br />
usw., die <strong>Entwicklung</strong>szielen zuwiderlaufen.<br />
Au<strong>ch</strong> besteht die Gefahr, dass globale <strong>Sport</strong>disziplinen<br />
wie Fussball oder Basketball lokale<br />
Spiel- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>arten verdrängen <strong>und</strong> so zu einer<br />
kulturellen Verarmung beitragen.<br />
Dass die <strong>Sport</strong>gemeins<strong>ch</strong>aft im Umgang mit diesen<br />
Problemen eine besondere Verantwortung<br />
hat, wird heute von niemandem mehr bestritten,<br />
am wenigsten von den <strong>Sport</strong>organisationen<br />
selbst. Ebenso klar ist, dass si<strong>ch</strong> im <strong>Sport</strong> allgemeine<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Probleme spiegeln, die<br />
si<strong>ch</strong> nur dur<strong>ch</strong> das Engagement aller beteiligten<br />
Akteure lösen lassen. So etwa im Berei<strong>ch</strong> Doping,<br />
wo erst dur<strong>ch</strong> die Zusammenarbeit aller<br />
Akteure eine Anti-Doping-Konvention ges<strong>ch</strong>affen<br />
werden konnte, die Aussi<strong>ch</strong>t auf Erfolg hat.<br />
18
sport als instrument der entwicklung<br />
Übergreifendes Modell: Dimensionen,<br />
Akteure, Themen<br />
«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>» präsentiert si<strong>ch</strong> so als<br />
ein dynamis<strong>ch</strong>er gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Berei<strong>ch</strong>, indem<br />
unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Stossri<strong>ch</strong>tungen, Akteure<br />
<strong>und</strong> Themen zusammenkommen. Bisher existieren<br />
kaum Modelle, die diesen Sa<strong>ch</strong>verhalt konzeptionell<br />
erfassen. Die folgende Grafik ist ein<br />
Versu<strong>ch</strong> eines integrierten Modells, das diese<br />
Multidimensionalität zum Ausdruck bringt. Es ist<br />
als Beitrag zur Formulierung eines analytis<strong>ch</strong>en<br />
Rahmens zu verstehen.<br />
«<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong>» bzw. «<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>»<br />
bezei<strong>ch</strong>net in diesem Modell das<br />
jeweilige Hauptinteresse von <strong>Entwicklung</strong>saktivitäten<br />
<strong>und</strong> gibt einen Hinweis auf die auslösenden<br />
Akteure. Es handelt si<strong>ch</strong> um die Pole<br />
in ein- <strong>und</strong> demselben Kontinuum – einzig die<br />
Akzente werden in den Projekten <strong>und</strong> Programmen<br />
unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> gesetzt: Während bei den<br />
einen die <strong>Sport</strong>aspekte überwiegen, stehen bei<br />
den anderen die <strong>Entwicklung</strong>sziele im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Allen Aktivitäten gemeinsam ist, dass sie die<br />
immanenten Werte von <strong>Sport</strong> – Mobilisierungskraft,<br />
Motivationsfähigkeit, Spass, übergreifenden<br />
Charakter – nutzen.<br />
In der Realität sind die Grenzen oft fliessend.<br />
Je na<strong>ch</strong> Gewi<strong>ch</strong>tung <strong>und</strong> Intensität der <strong>Entwicklung</strong>sdimension<br />
nehmen Projekte einen Platz<br />
mehr links oder mehr re<strong>ch</strong>ts auf dem Kontinuum<br />
ein. Ähnli<strong>ch</strong> verhält es si<strong>ch</strong> in Bezug auf die Themen:<br />
Der übergreifende Charakter des <strong>Sport</strong>s<br />
erlaubt, ihn als «cross-cutting» Instrument <strong>für</strong><br />
mehrere Themen einzusetzen.<br />
Die beiden Stossri<strong>ch</strong>tungen lassen si<strong>ch</strong> folgendermassen<br />
kurz <strong>ch</strong>arakterisieren:<br />
<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong>: Ausgangspunkte<br />
<strong>für</strong> diese Projekte sind meist <strong>Entwicklung</strong>sor-<br />
<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong><br />
Integration von <strong>Sport</strong> als übergreifendes Werkzeug<br />
in die <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit <strong>und</strong> humanitäre Hilfe<br />
S<strong>ch</strong>lüsselakteure im<br />
<strong>Entwicklung</strong>sberei<strong>ch</strong><br />
– Regierungen<br />
– Multilaterale<br />
Organisationen<br />
– Bilaterale<br />
Organisationen<br />
– Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />
– <strong>Sport</strong>organisationen<br />
– Medien<br />
– Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
Immanente Werte des <strong>Sport</strong>s: Spass, Motivations- <strong>und</strong><br />
Mobilisierungskraft, themenübergreifend<br />
Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung /<br />
Bildung / soziale Integration<br />
Ges<strong>und</strong>heit<br />
Friedensförderung / Konfliktprävention /<br />
Konfliktbewältigung<br />
Gender<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
Kommunikation / Mobilisierung<br />
Immanente Werte des <strong>Sport</strong>s: Spass, Motivations- <strong>und</strong><br />
Mobilisierungskraft, themenübergreifend<br />
S<strong>ch</strong>lüsselakteure<br />
im <strong>Sport</strong>berei<strong>ch</strong><br />
– <strong>Sport</strong>verbände<br />
– Regierungen<br />
– Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />
– <strong>Sport</strong>artikelhersteller<br />
– Medien<br />
– Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong><br />
Integration von <strong>Entwicklung</strong>szielen in <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />
«<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>»<br />
<strong>und</strong> «<strong>Entwicklung</strong> plus<br />
<strong>Sport</strong>»: Pole eines Kontinuums,<br />
in dem die Akzente<br />
unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> gesetzt<br />
werden.<br />
Grafik: Direktion <strong>für</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit (DEZA)<br />
19
Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />
ganisationen, Regierungen <strong>und</strong> NGOs. Sie<br />
setzen <strong>Sport</strong> als Instrument <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung<br />
spezifis<strong>ch</strong>er <strong>Entwicklung</strong>sziele ein, etwa <strong>für</strong> die<br />
Bekämpfung von HIV/Aids oder die Wiedereingliederung<br />
von Strassenkindern usw. Idealerweise<br />
sind diese Projekte in übergreifende <strong>Entwicklung</strong>sprogramme<br />
integriert.<br />
<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>: Typis<strong>ch</strong>erweise werden<br />
diese Projekte von Akteuren aus der <strong>Sport</strong>welt<br />
<strong>und</strong> von Regierungen initiiert. Sie zielen auf<br />
die Förderung des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Sport</strong>erziehung <strong>und</strong> betra<strong>ch</strong>ten den <strong>Sport</strong> als<br />
Wert an si<strong>ch</strong>. Bewusst oder unbewusst können<br />
sie aber au<strong>ch</strong> zur <strong>Entwicklung</strong> beitragen,<br />
etwa dur<strong>ch</strong> die Bildung von gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Strukturen, die Förderung von Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
oder die Bereitstellung von Infrastrukturen.<br />
<strong>und</strong> Ressourcen einbringen, kann <strong>Sport</strong> eine<br />
bedeutende Rolle als Motor von <strong>Entwicklung</strong>sprozessen<br />
spielen.<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> bezieht seine Dynamik<br />
aus der grossen Vielfalt <strong>und</strong> Diversität der laufenden<br />
Projekte <strong>und</strong> der beteiligten Akteure.<br />
Denno<strong>ch</strong> besteht Ausbaupotenzial. Im Mittelpunkt<br />
stehen die <strong>Entwicklung</strong> eines gemeinsamen<br />
konzeptionellen Rahmens, eine bessere<br />
Koordination zwis<strong>ch</strong>en den Akteuren <strong>und</strong> die<br />
Bildung neuer <strong>und</strong> innovativer Partners<strong>ch</strong>aften<br />
über institutionelle <strong>und</strong> Disziplinengrenzen hinweg<br />
(vgl. dazu Kapitel «S<strong>ch</strong>lussfolgerungen<br />
<strong>und</strong> Ausblick», S. 72).<br />
Das Modell zeigt die Komplexität des Berei<strong>ch</strong>s<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> auf. Glei<strong>ch</strong>zeitig ma<strong>ch</strong>t<br />
es zusätzli<strong>ch</strong> eines deutli<strong>ch</strong>: Nur wenn alle Akteure<br />
– Regierungen, <strong>Sport</strong>verbände, internationale<br />
Organisationen, Wirts<strong>ch</strong>aft, NGOs, Medien<br />
<strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft – zusammenarbeiten<br />
<strong>und</strong> ihre jeweiligen spezifis<strong>ch</strong>en Kompetenzen<br />
20
Teil II<br />
Themen & Projekte<br />
21
Teil II: THEMEN & PROJEKTE<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
<strong>und</strong> soziale<br />
Integration
Ausgrenzung überwinden:<br />
Sudanesis<strong>ch</strong>e Opfer von Landminen<br />
nehmen im Flü<strong>ch</strong>tlingslager<br />
Kakuma (Kenia), an einem Basketballturnier<br />
teil.<br />
23
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> hat über die körperli<strong>ch</strong>e Ertü<strong>ch</strong>tigung <strong>und</strong> den Aufbau sportspezifis<strong>ch</strong>er<br />
Fähigkeiten hinaus ein erhebli<strong>ch</strong>es pädagogis<strong>ch</strong>es Potenzial. Er fördert<br />
die Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> den Aufbau sozialer Kompetenzen <strong>und</strong><br />
trägt damit im weiteren Sinn zur gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Integration <strong>und</strong> zum<br />
sozialen Zusammenhalt bei. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist allerdings, dass er<br />
gezielt eingesetzt <strong>und</strong> kompetent angeleitet wird.<br />
Anton Lehmann<br />
Zur <strong>Entwicklung</strong>saufgabe der Individuation im<br />
Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter gehört au<strong>ch</strong>, dass Kinder<br />
<strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e lernen, ihre freie Zeit sinnvoll<br />
<strong>und</strong> selbstbestimmt zu nutzen. Eine zentrale<br />
Rolle kommt dabei der Familie <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>ule<br />
als primären Sozialisationsinstanzen zu.<br />
zuleben sowie Selbstwertgefühl <strong>und</strong> soziale<br />
Kompetenzen in der Gruppe aufzubauen. <strong>Sport</strong><br />
kann aber au<strong>ch</strong> ausgrenzen, zum Beispiel dort,<br />
wo es nur gerade um Talentförderung <strong>und</strong> Selektion<br />
geht oder wo Mäd<strong>ch</strong>en generell ausges<strong>ch</strong>lossen<br />
werden.<br />
Au<strong>ch</strong> Bewegung, Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> können dazu<br />
einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag leisten, insbesondere in<br />
Ländern bzw. Situationen, wo ni<strong>ch</strong>t einges<strong>ch</strong>ulte<br />
Kinder in prekären Familienverhältnissen aufwa<strong>ch</strong>sen<br />
<strong>und</strong> die Familie deshalb diese zentrale<br />
Rolle ni<strong>ch</strong>t oder nur ungenügend wahrnehmen<br />
kann. <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Bewegungsprogramme können<br />
Waisen-, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskindern<br />
die Mögli<strong>ch</strong>keit bieten, ihre Bedürfnisse na<strong>ch</strong><br />
körperli<strong>ch</strong>em <strong>und</strong> geistigem Wohlbefinden aus-<br />
«<strong>Sport</strong> allein fördert die<br />
moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, er bietet aber<br />
ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong><br />
geeignetes Umfeld.»<br />
Studien haben gezeigt, dass <strong>Sport</strong> allein die<br />
moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong> fördert, dass er<br />
aber ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> geeignetes Umfeld<br />
bietet. Soll <strong>Sport</strong>treiben Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
im Lernen von Konfliktfähigkeit, Selbstständigkeit<br />
<strong>und</strong> einem konstruktiven Umgang mit Erfolgen<br />
<strong>und</strong> Enttäus<strong>ch</strong>ungen fördern, müssen sportli<strong>ch</strong>e<br />
Aktivitäten in ein adäquat «vorbereitetes»<br />
Umfeld eingebettet <strong>und</strong> na<strong>ch</strong> pädagogis<strong>ch</strong>en<br />
Gr<strong>und</strong>sätzen konzipiert <strong>und</strong> angeleitetet werden.<br />
«Die Einlösung der Bildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
des <strong>Sport</strong>s (wozu) ist neben den Inhalten<br />
(was) ents<strong>ch</strong>eidend von der Art seiner Inszenierung<br />
(wie) abhängig», halten die<br />
<strong>Sport</strong>wissens<strong>ch</strong>aftler Jeisy <strong>und</strong> Mengisen<br />
in diesem Zusammenhang fest. 1<br />
Pädagogis<strong>ch</strong>e Wirkungen auf<br />
individueller <strong>und</strong> kollektiver<br />
Ebene<br />
Entspre<strong>ch</strong>end eingesetzt kann <strong>Sport</strong> auf<br />
vielfältige Weise zur Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
sowie zur Erlangung gr<strong>und</strong>legender<br />
sozialer Kompetenzen beitragen.<br />
1<br />
Jeisy E.; Mengisen W., mobile 1/04,<br />
Magglingen, 2004<br />
24
sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />
Trainer/innen <strong>und</strong> Lehrpersonen haben als<br />
Leader, Vorbilder <strong>und</strong> Verantwortungsträger<br />
eine wi<strong>ch</strong>tige Modellfunktion.<br />
Individuelle Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung dur<strong>ch</strong><br />
sportli<strong>ch</strong>e Selbst- <strong>und</strong> Gruppenerfahrung:<br />
Regelmässiges <strong>und</strong> engagiertes <strong>Sport</strong>treiben<br />
fördert Disziplin, Zielstrebigkeit <strong>und</strong> Verlässli<strong>ch</strong>keit.<br />
Dazugehören, si<strong>ch</strong> als wertvoll <strong>und</strong><br />
kompetent erfahren, sind zentrale Motive der<br />
Beteiligung Jugendli<strong>ch</strong>er an <strong>Sport</strong>programmen.<br />
Sol<strong>ch</strong>e Fähigkeitsgefühle können dur<strong>ch</strong> eine<br />
qualitativ ho<strong>ch</strong> stehende Anleitung, emotional<br />
packende Erlebnisse <strong>und</strong> spannende Herausforderungen,<br />
aber au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>endes<br />
Verhalten der Lehrperson, die Forts<strong>ch</strong>ritte <strong>und</strong><br />
Erfolge mit positivem Feedback <strong>und</strong> Ermutigung<br />
begleitet, gefördert werden.<br />
Voraussetzung <strong>für</strong> eine positive Individuation<br />
<strong>und</strong> den Aufbau von Selbstkompetenz <strong>und</strong><br />
Wohlbefinden in der Gruppe ist, den eigenen<br />
Körper über natürli<strong>ch</strong>e Körperkontakte <strong>und</strong> Bewegung<br />
kennen zu lernen, si<strong>ch</strong> wohl zu fühlen<br />
in der eigenen Haut. Berühren, Halten <strong>und</strong> Tragen<br />
sind mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>bedürfnisse. Der<br />
<strong>Sport</strong> kann da<strong>für</strong> angemessen Raum bieten,<br />
ohne dabei Grenzen zu übers<strong>ch</strong>reiten.<br />
eine realistis<strong>ch</strong>e Eins<strong>ch</strong>ätzung ihrer Fähigkeiten.<br />
Zu hohe Risikobereits<strong>ch</strong>aft erhöht die Verletzungsgefahr,<br />
zu wenig Risikofreude heisst, si<strong>ch</strong><br />
neuen Erfahrungen vers<strong>ch</strong>liessen <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> die<br />
Befriedigung verbauen, Herausforderungen<br />
zu meistern. Hier sind Lehrpersonen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>pädagogen/-innen<br />
gefordert: Je grösser die<br />
Diskrepanz zwis<strong>ch</strong>en Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung,<br />
desto grösser das Spannungs- <strong>und</strong><br />
Konfliktpotenzial. Gemeinsame Ziel- <strong>und</strong> Dosierungsvereinbarungen<br />
mit den Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
dienen als Leitplanken <strong>für</strong> den Aufbau eines ges<strong>und</strong>en<br />
Selbstvertrauens <strong>und</strong> einer realistis<strong>ch</strong>en<br />
Selbsteins<strong>ch</strong>ätzung.<br />
Das Einüben sozialer Kompetenzen in der<br />
Gruppe fördert die Integration <strong>und</strong> den Gemeinsinn:<br />
Soziale Kompetenzen werden im Lernprozess<br />
mit Glei<strong>ch</strong>altrigen (Peers) <strong>und</strong> mit jüngeren<br />
Die <strong>Sport</strong> Treibenden werden au<strong>ch</strong> mit ihren<br />
Grenzen konfrontiert, üben Selbstkontrolle <strong>und</strong><br />
25
Teil II: Themen & Projekte<br />
Wi<strong>ch</strong>tiger als die Wahl der <strong>Sport</strong>art<br />
ist die Konzipierung <strong>und</strong> Vermittlung<br />
von <strong>Sport</strong>aktivitäten.<br />
<strong>und</strong> älteren Mitgliedern der Familie <strong>und</strong>/oder<br />
des sozialen Netzes erworben. Vielen bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en fehlt beides: die Familie<br />
<strong>und</strong> ein tragfähiges soziales Netz. Sie verfügen<br />
daher über kein oder nur ein sehr rigides System<br />
von Werthaltungen <strong>und</strong> zeigen starre Raster<br />
<strong>für</strong> angemessenes Empfinden <strong>und</strong> Verhalten<br />
in einer Gruppe. Sie brau<strong>ch</strong>en positive aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>und</strong> ausserfamiliäre Erfahrungen, um<br />
in der Auseinandersetzung mit si<strong>ch</strong> selbst, den<br />
Partnern <strong>und</strong> Gegnern <strong>und</strong> mit der Umwelt Fähigkeitsgefühle<br />
<strong>und</strong> Selbstkontrolle aufzubauen<br />
<strong>und</strong> angemessenes, konfliktfähiges Verhalten in<br />
der Gruppe zu lernen.<br />
Die universelle Spra<strong>ch</strong>e des <strong>Sport</strong>s mit seinen<br />
einfa<strong>ch</strong>en Regeln <strong>und</strong> der nonverbal verständli<strong>ch</strong>en<br />
Körperspra<strong>ch</strong>e erlei<strong>ch</strong>tert die Kommunikation,<br />
fördert die Gruppenbildung <strong>und</strong> stärkt<br />
den Zusammenhalt in der Gruppe. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Aktivitäten <strong>und</strong> Gruppenspiele bieten deshalb<br />
ein geeignetes Umfeld zur Einübung sozialer<br />
Kompetenzen wie Verantwortungsgefühl, Respekt,<br />
Teamgeist, Fairplay, Toleranz <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit<br />
über Spra<strong>ch</strong>-, Kultur- <strong>und</strong> soziale<br />
Grenzen hinweg. Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Traditionen<br />
<strong>und</strong> Minderheiten können in diesem Kontext<br />
als Berei<strong>ch</strong>erung wahrgenommen werden. So<br />
können beispielsweise Jugendli<strong>ch</strong>e, die in anderen<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kontexten aus ethnis<strong>ch</strong>en<br />
Gründen bena<strong>ch</strong>teiligt sind, im <strong>Sport</strong> Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />
erleben <strong>und</strong> Integration erfahren.<br />
Lehrpersonen können all dies fördern dur<strong>ch</strong><br />
geeignete Rituale wie vertrauens- <strong>und</strong> identifikationsstiftende<br />
Begrüssungs- <strong>und</strong> Vorstellungsr<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> Einstieghilfen «älterer» Mitglieder.<br />
Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung wird im Jugendalter<br />
zunehmend über die Peers gesteuert.<br />
<strong>Sport</strong>pädagogen können dur<strong>ch</strong> partizipativ<br />
verhandelte (statt einseitig verordnete) Vereinbarungen<br />
(Commitments, Charta, Kodex) <strong>und</strong><br />
gemeins<strong>ch</strong>aftsbildende Rituale <strong>und</strong> Symbole<br />
Leitplanken setzen <strong>für</strong> die Werte <strong>und</strong> Normen<br />
der Gruppe.<br />
Im übers<strong>ch</strong>aubaren Erfahrungs- <strong>und</strong> Übungsfeld<br />
der <strong>Sport</strong>gruppe entwickeln Jugendli<strong>ch</strong>e so<br />
au<strong>ch</strong> einen über die Gruppe hinaus wirksamen<br />
Gemeins<strong>ch</strong>afts- <strong>und</strong> Bürgersinn (citoyenneté)<br />
mit Modell<strong>ch</strong>arakter. Sie tragen insbesondere<br />
mit ihrer Zeit zum Gedeihen der Gruppe bei,<br />
übernehmen von den Leitern/-innen delegierte<br />
Aufgaben in Eigenverantwortung, sei es als<br />
Peerleader/in, Co-Trainer/in, Organisator/in<br />
oder Helfer/in bei Anlässen, als Redaktor/in<br />
einer Klubzeits<strong>ch</strong>rift usw. <strong>und</strong> qualifizieren si<strong>ch</strong><br />
so <strong>für</strong> Aufgaben in der Zivilgesells<strong>ch</strong>aft.<br />
26
sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />
<strong>Sport</strong> in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />
– pädagogis<strong>ch</strong>e<br />
Wirksamkeit anstreben<br />
Trainer/innen <strong>und</strong> Lehrpersonen<br />
haben als Leader, Vorbilder <strong>und</strong><br />
Verantwortungsträger eine wi<strong>ch</strong>tige<br />
Modellfunktion. Im <strong>Sport</strong> werden<br />
ni<strong>ch</strong>t nur sportte<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Kompetenzen<br />
vermittelt, sondern au<strong>ch</strong><br />
die hier bes<strong>ch</strong>riebenen Selbst- <strong>und</strong> Sozialkompetenzen<br />
gefördert. Es finden individuelle<br />
<strong>und</strong> kollektive Lernprozesse statt,<br />
die <strong>für</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e von ents<strong>ch</strong>eidender Bedeutung<br />
<strong>für</strong> eine befriedigende Lebensgestaltung<br />
sind <strong>und</strong> die der Anleitung <strong>und</strong> Begleitung bedürfen.<br />
Lehrpersonen sind dabei einer Ethik der<br />
sozialen Verantwortung <strong>und</strong> der A<strong>ch</strong>tsamkeit<br />
verpfli<strong>ch</strong>tet. Diese Haltung kann ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong><br />
verordnet werden, sondern wird über Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung <strong>und</strong> in der tägli<strong>ch</strong>en Praxis aufgebaut<br />
<strong>und</strong> verstärkt.<br />
Dass weltweit – <strong>und</strong> somit au<strong>ch</strong> in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />
– <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> ohne Anleitung getrieben<br />
wird (z. B. Fussball spielende Jugendli<strong>ch</strong>e oder<br />
Erwa<strong>ch</strong>sene) ist eine Tatsa<strong>ch</strong>e. Ungea<strong>ch</strong>tet des<br />
Werts dieser Form ni<strong>ch</strong>t angeleiteten <strong>Sport</strong>s<br />
<strong>und</strong> Spiels sind aber von sol<strong>ch</strong> spontanen sportli<strong>ch</strong>en<br />
Aktivitäten kaum oder nur diffuse pädagogis<strong>ch</strong>e<br />
Wirkungen im Sinne der hier angestrebten<br />
Kompetenzen zu erwarten.<br />
Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Realisierung<br />
von <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten sind folgende<br />
Aspekte von besonderer Bedeutung:<br />
Wel<strong>ch</strong>er <strong>Sport</strong> bzw. wel<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>arten <strong>für</strong> die<br />
Förderung der dargestellten Kompetenzen besonders<br />
geeignet sind, kann ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>liessend<br />
beantwortet werden. Mit Si<strong>ch</strong>erheit aber spielt<br />
weniger die Wahl der <strong>Sport</strong>art als vielmehr deren<br />
Konzipierung bzw. Inszenierung eine ents<strong>ch</strong>eidende<br />
Rolle. Diese sollten beispielsweise<br />
auf den jeweiligen Kontext angepasst werden,<br />
ni<strong>ch</strong>t ausgrenzend sein, kulturell bedingte Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigen, mit Regelmässigkeit<br />
<strong>und</strong> Verbindli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong>geführt werden<br />
<strong>und</strong> in der lokalen Gemeins<strong>ch</strong>aft verankert sein.<br />
«Die Einlösung der Bildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
des <strong>Sport</strong>s (wozu)<br />
ist neben den Inhalten (was)<br />
ents<strong>ch</strong>eidend von der Art seiner<br />
Inszenierung (wie) abhängig.»<br />
Ni<strong>ch</strong>t zuletzt sollten die Aktivitäten au<strong>ch</strong> einen<br />
Leistungsaspekt enthalten <strong>und</strong> eine ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Wirkung erzielen.<br />
<strong>Sport</strong>immanente Selektionskriterien sollten<br />
äusserst behutsam angewendet werden. Wi<strong>ch</strong>tiger<br />
ist, dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegungsangebote<br />
mögli<strong>ch</strong>st vielen Jugendli<strong>ch</strong>en, insbesondere<br />
au<strong>ch</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, offen stehen. Talentierten <strong>und</strong><br />
ambitionierten Kindern, die si<strong>ch</strong> im Leistungssport<br />
weiterentwickeln wollen, soll vor allem<br />
mittels Weitervermittlung geholfen werden.<br />
Wi<strong>ch</strong>tig ist au<strong>ch</strong>, dass ni<strong>ch</strong>t nur etablierte «globale»<br />
<strong>Sport</strong>arten ausgewählt, sondern au<strong>ch</strong><br />
traditionelle «lokale» <strong>Sport</strong>-, Spiel- <strong>und</strong> Tanzformen<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigt werden.<br />
In heterogenen Gruppen herrs<strong>ch</strong>t in der Regel<br />
ni<strong>ch</strong>t immer nur Harmonie. Kinder lernen,<br />
si<strong>ch</strong> an verbindli<strong>ch</strong> geltende Normen, Regeln,<br />
Leitplanken <strong>und</strong> Massstäbe zu halten bzw. si<strong>ch</strong><br />
damit aktiv auseinander zu setzen. Lehrpersonen<br />
sollten so ausgebildet sein, dass sie mit<br />
Spannungen, Konflikten <strong>und</strong> Krisen umgehen<br />
können (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
Frieden», S. 38).<br />
Besondere Aufmerksamkeit ist auf die Konstituierung<br />
von <strong>Sport</strong>gruppen mit bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en – ni<strong>ch</strong>t (mehr) einges<strong>ch</strong>ulte<br />
Kinder, Strassenkinder, Flü<strong>ch</strong>tlinge, intern Vertriebene,<br />
Kindersoldaten usw. – zu ri<strong>ch</strong>ten. Sie<br />
27
Teil II: Themen & Projekte<br />
sollten mehrmals pro Wo<strong>ch</strong>e gemeinsam unter<br />
Anleitung trainieren <strong>und</strong> spielen können.<br />
In die Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern/-innen<br />
<strong>und</strong> Trainern/-innen sollten zusätzli<strong>ch</strong> zu<br />
sportspezifis<strong>ch</strong>en Kompetenzen vermehrt au<strong>ch</strong><br />
entwicklungsrelevante Inhalte <strong>und</strong> Vermittlungste<strong>ch</strong>niken<br />
integriert werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig sollten<br />
Dozierende <strong>und</strong> Studenten/-innen stärker da<strong>für</strong><br />
sensibilisiert werden, dass <strong>Sport</strong> im aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en<br />
Berei<strong>ch</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige sozialpädagogis<strong>ch</strong>e<br />
Aufgabe übernehmen kann.<br />
Auf der Gr<strong>und</strong>lage von organisierten sportli<strong>ch</strong>en<br />
Aktivitäten lassen si<strong>ch</strong> weitergehende<br />
zivile Strukturen (z. B. eine Art Vereinswesen)<br />
aufbauen, wel<strong>ch</strong>e den Zusammenhalt <strong>und</strong> das<br />
friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben von Gemeins<strong>ch</strong>aften<br />
stärken.<br />
Key Messages<br />
Bewegung, Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind zentral <strong>für</strong> die Sozialisation <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
junger Mens<strong>ch</strong>en.<br />
<strong>Sport</strong> allein fördert die moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en zwar<br />
ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, er bietet jedo<strong>ch</strong> ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> geeignetes Umfeld.<br />
Eine professionelle <strong>und</strong> sozial verantwortli<strong>ch</strong>e Anleitung sportli<strong>ch</strong>er Aktivitäten dur<strong>ch</strong><br />
ausgebildete Coa<strong>ch</strong>es ist von zentraler Bedeutung, damit der <strong>Sport</strong> sein positives Potenzial<br />
<strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale Integration entfalten kann.<br />
Ni<strong>ch</strong>t die Wahl der <strong>Sport</strong>art, sondern ihre Konzipierung <strong>und</strong> Inszenierung sind <strong>für</strong><br />
erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte ents<strong>ch</strong>eidend.<br />
Ri<strong>ch</strong>tig angeleiteter <strong>Sport</strong> fördert den konstruktiven Umgang mit Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg<br />
<strong>und</strong> erhöht die Konfliktfähigkeit.<br />
<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Regeln, Rituale <strong>und</strong> Symbole können vertrauens- <strong>und</strong> identitätsstiftend<br />
wirken <strong>und</strong> Gemeinsinn <strong>und</strong> Gruppenintegration erhöhen.<br />
Organisierte sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten bilden eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> zivilgesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Strukturen, die den Zusammenhalt <strong>und</strong> das friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben von<br />
Gemeins<strong>ch</strong>aften stärken.<br />
28
sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />
«Droit au <strong>Sport</strong>» – Bewegung, Spiel<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> bena<strong>ch</strong>teiligte Kinder<br />
Ort: Sozial bena<strong>ch</strong>teiligte Quartiere von Abidjan (z. B. Cocody, Abobo, Port Boué, Joupogon)<br />
<strong>und</strong> von Gemeinden im Landesinnern (z. B. Rubino, Guiglo, Daloa) der Côte d’Ivoire<br />
Zielgruppe: Kinder aus bena<strong>ch</strong>teiligten Quartieren sowie ni<strong>ch</strong>t bzw. ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
einges<strong>ch</strong>ulte Kinder, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskinder<br />
Organisation: «Droit au <strong>Sport</strong>» ist eine Kooperation zwis<strong>ch</strong>en dem B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong><br />
<strong>Sport</strong> Magglingen (BASPO) <strong>und</strong> dem «Institut National de la Jeunesse et des <strong>Sport</strong>s»<br />
(INJS) in Abidjan (Côte d’Ivoire). Finanziert wird das Projekt hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von der<br />
Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA).<br />
<strong>Sport</strong>studierende des nationalen <strong>Sport</strong>instituts<br />
von Abidjan vermitteln entwicklungs-<br />
<strong>und</strong> friedensfördernde Elemente<br />
des <strong>Sport</strong>s an lokale <strong>Sport</strong>leitende, die<br />
dieses Wissen in sozial bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Gegenden gezielt anwenden.<br />
Unter «Droit au <strong>Sport</strong>» treiben im westafrikanis<strong>ch</strong>en<br />
Staat Côte d’Ivoire seit 2002 Kinder <strong>und</strong><br />
Jugendli<strong>ch</strong>e unter kompetenter Anleitung zwei<br />
bis drei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>. Waren anfängli<strong>ch</strong><br />
r<strong>und</strong> 650 Kinder in das Projekt einbezogen,<br />
so werden heute 2000 Kinder errei<strong>ch</strong>t, ein<br />
Drittel davon Mäd<strong>ch</strong>en. Es sind in erster Linie<br />
Kinder aus Elendsvierteln, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskinder,<br />
denen das Bildungsprojekt den Zugang<br />
zu Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ermögli<strong>ch</strong>en will.<br />
Ein im Lehrplan des Institut National de la Jeunesse<br />
et des <strong>Sport</strong>s (INJS) verankertes Lehrangebot<br />
zur Förderung des sozialpädagogis<strong>ch</strong>en<br />
Potenzials des <strong>Sport</strong>s initiierte <strong>und</strong> ermögli<strong>ch</strong>te<br />
das Engagement der Dozenten/-innen <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong>studierenden im aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong>.<br />
Ausgerüstet mit Fa<strong>ch</strong>wissen <strong>und</strong> Lehrunterlagen<br />
absolvieren die Studierenden ein dreimonatiges<br />
Praktikum im Berei<strong>ch</strong> «<strong>Sport</strong> mit bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en». Im Verlauf ihres Praktikums<br />
bilden sie lokale Animatoren/-innen zu<br />
<strong>Sport</strong>leitenden aus <strong>und</strong> begleiten diese vor Ort.<br />
Die Quartiere <strong>und</strong> Gemeinden erhalten dur<strong>ch</strong><br />
«Droit au <strong>Sport</strong>» ein pädagogis<strong>ch</strong> wertvolles,<br />
strukturiertes Freizeit- bzw. Bes<strong>ch</strong>äftigungsangebot<br />
<strong>für</strong> die riesige Zahl von bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en, die oft ni<strong>ch</strong>t bzw.<br />
ni<strong>ch</strong>t mehr einges<strong>ch</strong>ult oder arbeitslos sind. Die<br />
sportli<strong>ch</strong>e Aktivität bietet Fixpunkte im Ablauf der<br />
Wo<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>afft Zugehörigkeit <strong>und</strong> soziale Integration<br />
über ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse Grenzen<br />
hinweg. Dur<strong>ch</strong> den sportli<strong>ch</strong>-spieleris<strong>ch</strong>en Erwerb<br />
von Sozialkompetenzen sollen sie zudem den oft<br />
s<strong>ch</strong>wierigen Alltag besser bewältigen lernen <strong>und</strong><br />
Zukunftsperspektiven entwickeln.<br />
Erfolg trotz s<strong>ch</strong>wieriger Umstände<br />
Die erfolgrei<strong>ch</strong> angelaufene Pilotphase im<br />
Jahre 2002 erlebte mit dem Ausbru<strong>ch</strong> des<br />
Bürgerkriegs im September 2002 eine ernsthafte<br />
Bewährungsprobe. Trotz ers<strong>ch</strong>werten<br />
Bedingungen konnten aber die ersten Absolventen/-innen<br />
des nationalen <strong>Sport</strong>instituts ihre<br />
Ausbildung beenden <strong>und</strong> ihr Wissen den Animatoren/-innen<br />
von lokalen Hilfswerken <strong>und</strong><br />
von Gemeinden vermitteln.<br />
«Droit au <strong>Sport</strong>» entwickelt si<strong>ch</strong> heute zunehmend<br />
zu einem Aufbauprogramm <strong>für</strong> Gemeinden,<br />
das die individuelle Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
entwurzelter Kinder fördert <strong>und</strong> über aufgebro<strong>ch</strong>ene<br />
ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse Grenzen hinweg<br />
sozial integrierend wirkt. Das Interesse der Gemeinden<br />
ist gross, insbesondere sind au<strong>ch</strong> jene<br />
Gemeinden interessiert, die vom Bürgerkrieg<br />
stark in Mitleidens<strong>ch</strong>aft gezogen worden sind.<br />
Die Projektarbeit in den Einsatzorten wird jeweils<br />
<strong>für</strong> ein Jahr von «Droit au <strong>Sport</strong>» finanziert;<br />
dana<strong>ch</strong> wird die Arbeit vertragsgemäss<br />
in die Gemeindestrukturen integriert. Jedes Jahr<br />
kommen somit neue Einsatzorte dazu, ohne<br />
dass die Projektkosten explodieren.<br />
29
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit
Körperli<strong>ch</strong>e Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />
geistige Ausgegli<strong>ch</strong>enheit dur<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong>: Mens<strong>ch</strong>en in einem Park in<br />
Shanghai (China), beim <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en<br />
Volkssport Tai-Chi, einer Kombination<br />
aus Selbstverteidigung <strong>und</strong> Meditation.<br />
31
Teil II: Themen & Projekte<br />
Die alarmierende Zunahme von so genannten «Zivilisationskrankheiten» in<br />
S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern kann dur<strong>ch</strong> vermehrte körperli<strong>ch</strong>e Bewegung<br />
<strong>und</strong> sportli<strong>ch</strong>e Betätigung kosteneffizient gebremst werden. <strong>Sport</strong> hat jedo<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t nur eine direkte ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung. Er bietet au<strong>ch</strong> eine Plattform<br />
<strong>für</strong> die Förderung von ges<strong>und</strong>heitsbewusstem Verhalten <strong>und</strong> die Vermittlung von<br />
Präventionsbots<strong>ch</strong>aften.<br />
Claudia Kessler Bodiang<br />
Weltweit sind laut der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />
WHO mehr als eine Milliarde Erwa<strong>ch</strong>sene<br />
übergewi<strong>ch</strong>tig. Seit 1980 hat si<strong>ch</strong> dieses<br />
Problem in vielen Ländern – von den rei<strong>ch</strong>sten<br />
bis zu den ärmsten – verdreifa<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> ist mitverantwortli<strong>ch</strong>,<br />
dass ni<strong>ch</strong>tinfektiöse Krankheiten<br />
wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder<br />
Krebs heute gegen 60 Prozent aller Todesfälle<br />
weltweit bewirken.<br />
Immer häufiger <strong>und</strong> gar überproportional sind<br />
au<strong>ch</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e von diesem Phänomen<br />
betroffen – <strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>t nur in Industrienationen,<br />
sondern zunehmend au<strong>ch</strong> in S<strong>ch</strong>wellen-<br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern. In städtis<strong>ch</strong>en<br />
Gebieten Chinas sind gegen 20 Prozent der<br />
Bevölkerung übergewi<strong>ch</strong>tig, in Samoa gar 75<br />
Prozent, <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> in Afrika, Asien <strong>und</strong> Lateinamerika<br />
führen die s<strong>ch</strong>nellen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
«Mit <strong>Sport</strong> lassen si<strong>ch</strong><br />
au<strong>ch</strong> Zielgruppen errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
mobilisieren, die mit den<br />
herkömmli<strong>ch</strong>en Massnahmen der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung kaum<br />
anzuspre<strong>ch</strong>en sind.»<br />
Veränderungen zu einer rasanten Ausbreitung<br />
dieser «Zivilisationsers<strong>ch</strong>einung».<br />
Hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>en sind Bewegungsmangel<br />
<strong>und</strong> Fehlernährung. Zunehmende Urbanisierung<br />
<strong>und</strong> Te<strong>ch</strong>nologisierung bewirken au<strong>ch</strong><br />
in den ärmsten Ländern, dass die Mens<strong>ch</strong>en<br />
si<strong>ch</strong> berufli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> in ihrer Freizeit immer weniger<br />
bewegen. Global gesehen haben r<strong>und</strong><br />
60 Prozent aller Mens<strong>ch</strong>en zu wenig Bewegung<br />
– mit fatalen Folgen <strong>für</strong> die Volksges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> enormen negativen Auswirkungen auf<br />
die betroffenen Volkswirts<strong>ch</strong>aften.<br />
<strong>Sport</strong> – kosteneffizientes Mittel zur<br />
Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung der allgemeinen<br />
Ges<strong>und</strong>heit<br />
In diesem Berei<strong>ch</strong> liegt au<strong>ch</strong> das auf den ersten<br />
Blick grösste Potenzial des <strong>Sport</strong>s. Bewegung<br />
<strong>und</strong> Spiel – das belegen zahlrei<strong>ch</strong>e Studien –<br />
haben eine ges<strong>und</strong>heitsfördernde <strong>und</strong> vorbeugende<br />
Wirkung. Die WHO empfiehlt<br />
deshalb ein Mindestmass von 30 Minuten<br />
mässiger körperli<strong>ch</strong>er Bewegung<br />
oder sportli<strong>ch</strong>er Betätigung pro Tag.<br />
F<strong>und</strong>ierte wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Untersu<strong>ch</strong>ungen<br />
belegen, dass si<strong>ch</strong> dadur<strong>ch</strong><br />
bedeutende <strong>und</strong> vielfältige Wirkungen<br />
auf Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensqualität erzielen<br />
lassen.<br />
Studien zeigen zudem, dass insbesondere<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e, wel<strong>ch</strong>e aktiv <strong>Sport</strong><br />
32
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />
treiben, weniger anfällig <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitss<strong>ch</strong>ädigendes<br />
Verhalten sind. Um die erwarteten<br />
sportli<strong>ch</strong>en Leistungen erbringen zu können,<br />
rau<strong>ch</strong>en junge <strong>Sport</strong>ler/innen weniger <strong>und</strong> sind<br />
Alkohol- <strong>und</strong> Drogensu<strong>ch</strong>t weniger ausgesetzt.<br />
Ausserdem vermeiden junge <strong>Sport</strong>lerinnen öfter<br />
frühe S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften.<br />
Gerade in S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />
sind diese Vorteile von grosser Bedeutung.<br />
Denn indem <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel zu einer gesünderen<br />
<strong>und</strong> aktiveren Bevölkerung beitragen,<br />
entlasten sie das Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen.<br />
In Ländern mit s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t funktionierenden<br />
Ges<strong>und</strong>heitsdiensten ist die Prävention von<br />
<strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>en Krankheiten besonders wi<strong>ch</strong>tig, da<br />
sol<strong>ch</strong>e Erkrankungen oft teure <strong>und</strong> langwierige<br />
Behandlungen na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> ziehen, die in vielen<br />
der ärmsten Länder ni<strong>ch</strong>t breit verfügbar sind.<br />
Für Länder mit bes<strong>ch</strong>ränkten Ressourcen ist <strong>Sport</strong><br />
deshalb au<strong>ch</strong> kein Luxus. Ganz im Gegenteil. Er<br />
hat einen hohen entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Wert,<br />
da er ein kosteneffizientes Mittel zur Erhaltung<br />
<strong>und</strong> Verbesserung des allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitsniveaus<br />
ist.<br />
Aus den USA weiss man, dass jeder Dollar, wel<strong>ch</strong>er<br />
<strong>für</strong> Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ausgegeben wird,<br />
Ges<strong>und</strong>heitskosten von mehr als drei Dollar<br />
spart. Dazu kommen no<strong>ch</strong> die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Gewinne dur<strong>ch</strong> verminderte Krankheitsausfälle<br />
<strong>und</strong> höhere Produktivität.<br />
Obs<strong>ch</strong>on diesbezügli<strong>ch</strong> bisher keine genauen<br />
Zahlen <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer vorliegen, kann<br />
man davon ausgehen, dass in den ärmsten Ländern<br />
die Opportunitätskosten von Krankheiten,<br />
z. B. in Form von entgangener Arbeitsleistung,<br />
no<strong>ch</strong> wesentli<strong>ch</strong> grösser sind, da die existierenden<br />
Ges<strong>und</strong>heitssysteme bereits dur<strong>ch</strong> andere<br />
Herausforderungen wie HIV/Aids überlastet<br />
sind <strong>und</strong> die si<strong>ch</strong> anbahnenden Probleme gar<br />
ni<strong>ch</strong>t auffangen können.<br />
<strong>Sport</strong> als Vermittlungsplattform<br />
<strong>Sport</strong> fördert die Ges<strong>und</strong>heit Einzelner oder von<br />
Bevölkerungen ni<strong>ch</strong>t nur direkt, sondern kann<br />
au<strong>ch</strong> indirekt einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag leisten. Im<br />
Mittelpunkt steht hier die Fähigkeit des <strong>Sport</strong>s,<br />
Mens<strong>ch</strong>en zu mobilisieren <strong>und</strong> zusammenzubringen.<br />
Gewissermassen als Türöffner bietet<br />
er eine Plattform, um begleitend zu <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />
ges<strong>und</strong>heitsrelevante Informationen zu<br />
vermitteln <strong>und</strong> entspre<strong>ch</strong>ende Verhaltensweisen<br />
zu thematisieren.<br />
Das Ishraq-Programm in Ägypten zum Beispiel<br />
verbindet <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel mit Bildung <strong>und</strong> der<br />
Förderung so genannter «lifeskills» (Fähigkeiten<br />
<strong>für</strong>s Leben). Es ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> an ni<strong>ch</strong>t alphabetisierte<br />
Mäd<strong>ch</strong>en auf dem Land. Integriert in<br />
andere Massnahmen, wel<strong>ch</strong>e die Selbstbestimmung<br />
der sozial Verletzbarsten, der Mäd<strong>ch</strong>en,<br />
stärken sollen, sind au<strong>ch</strong> Informationen <strong>und</strong><br />
Diskussionen über Fortpflanzung, Sexualität,<br />
S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aft, Gewalt gegen Mäd<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Beziehungsfragen. Auf diese<br />
Weise wird au<strong>ch</strong> das Verhältnis zum eigenen<br />
Körper thematisiert <strong>und</strong> teilweise au<strong>ch</strong> positiv<br />
verändert (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel «<strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> Gender», S. 46). So haben Evaluationen<br />
gezeigt, dass die Mäd<strong>ch</strong>en als Folge der Teil-<br />
Der Film «Die Gelbe Karte» aus<br />
Simbabwe zeigt anhand der<br />
Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te eines lokalen Fussballstars<br />
die Problematik von Teenage-<br />
S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften, HIV-Ansteckung<br />
<strong>und</strong> Vaterpfli<strong>ch</strong>ten auf.<br />
33
Teil II: Themen & Projekte<br />
nahme am Progamm heute wesentli<strong>ch</strong> kritis<strong>ch</strong>er<br />
gegenüber Heirat im Teenageralter <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>enbes<strong>ch</strong>neidung sind.<br />
Ein Basis-Ges<strong>und</strong>heitsprojekt der deuts<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>für</strong> Te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Zusammenarbeit (GTZ)<br />
in Uganda verfolgt einen ähnli<strong>ch</strong>en Ansatz <strong>und</strong><br />
nutzt <strong>Sport</strong> zur Mobilisierung. In örtli<strong>ch</strong>en Ges<strong>und</strong>heitszentren<br />
werden <strong>Sport</strong>aktivitäten <strong>für</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Jungen angeboten. Vor allem<br />
die Mäd<strong>ch</strong>en finden über den <strong>Sport</strong> lei<strong>ch</strong>teren<br />
Zugang zu den übrigen Dienstleistungen <strong>und</strong><br />
Informationen des Zentrums.<br />
Au<strong>ch</strong> der Kampf gegen die Aids-Epidemie verdeutli<strong>ch</strong>t<br />
das Potential des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> indirekte<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Prävention. Gut angeleitete<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten sind ein ideales Instrument<br />
<strong>für</strong> die Vermittlung von Informationen <strong>und</strong><br />
die Thematisierung von ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />
Verhaltensweisen. Die mediale Aufmerksamkeit,<br />
die etwa dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>anlässe <strong>und</strong> Auftritte von<br />
bekannten <strong>Sport</strong>idolen ges<strong>ch</strong>affen wird, kann<br />
zur Sensibilisierung genutzt <strong>und</strong> mit Präventionsinterventionen<br />
verknüpft werden.<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e Projekte weltweit nutzen <strong>Sport</strong> gezielt<br />
<strong>für</strong> die HIV/Aids-Arbeit:<br />
«Live Safe, Play Safe»: das <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsprogramm<br />
der weltweit tätigen NGO<br />
«Right to Play» zielt darauf ab, die Fähigkeiten<br />
junger Mens<strong>ch</strong>en zu stärken, si<strong>ch</strong> gegen eine<br />
HIV-Ansteckung zu s<strong>ch</strong>ützen. Das Bilden einer<br />
eigenen Meinung in Bezug auf Beziehungs<strong>und</strong><br />
Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terfragen, das Fällen <strong>und</strong> Dur<strong>ch</strong>setzen<br />
von ges<strong>und</strong>heitsfördernden Ents<strong>ch</strong>eiden<br />
wie au<strong>ch</strong> die korrekte Benützung von Präservativen<br />
werden auf spieleris<strong>ch</strong>e Art diskutiert <strong>und</strong><br />
geübt <strong>und</strong> mit sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten verknüpft.<br />
Dabei werden au<strong>ch</strong> traditionelle Spiele eingesetzt,<br />
wel<strong>ch</strong>e den Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
bereits vertraut sind.<br />
Eine Studie, wel<strong>ch</strong>e 2003 mit Unterstützung<br />
des norwegis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong>verbands in Zimbabwe,<br />
Sambia <strong>und</strong> Südafrika dur<strong>ch</strong>geführt wurde,<br />
zeigte, dass in einem Ho<strong>ch</strong>prävalenzland<br />
die Bekämpfung des Stigmas von HIV/Aids ein<br />
Hauptanliegen des Engagements der <strong>Sport</strong>bewegung<br />
sein muss. HIV-infizierte Mens<strong>ch</strong>en<br />
können dur<strong>ch</strong> sportli<strong>ch</strong>e Aktivität ihre Ges<strong>und</strong>heit<br />
länger erhalten <strong>und</strong> sozial besser integriert<br />
bleiben. Als Trainer können HIV-Infizierte einen<br />
wertvollen Beitrag zur Aufklärung der <strong>Sport</strong><br />
Treibenden <strong>und</strong> der Zus<strong>ch</strong>auer leisten. Diesem<br />
Ziel hat si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> «Kicking AIDS Out!», ein regionales<br />
Netzwerk von Organisationen im südli<strong>ch</strong>en<br />
Afrika, vers<strong>ch</strong>rieben.<br />
Mehrere Aids-Aufklärungsfilme benützen<br />
sportbezogene Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten, um die Bots<strong>ch</strong>aft<br />
einem jugendli<strong>ch</strong>en Publikum näher zu bringen.<br />
Der Film «Die Gelbe Karte» aus Simbabwe zeigt<br />
anhand der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te eines lokalen Fussballstars<br />
die Problematik von Teenage-S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften,<br />
HIV-Ansteckung <strong>und</strong> Vaterpfli<strong>ch</strong>ten auf.<br />
Erhebli<strong>ch</strong>er Handlungsbedarf<br />
No<strong>ch</strong> ist die Wirksamkeit von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung<br />
auf die Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung<br />
hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> in Industrienationen, jedo<strong>ch</strong><br />
kaum <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>wellenländer<br />
dokumentiert <strong>und</strong> belegt. Do<strong>ch</strong> zeigt das Beispiel<br />
des Programms «Agita São Paulo», dass<br />
au<strong>ch</strong> in einem Land wie Brasilien breite städtis<strong>ch</strong>e<br />
Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten von einem auf<br />
wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnissen gestützten <strong>und</strong><br />
partizipativen Mobilisierungsprogramm errei<strong>ch</strong>t<br />
werden können. Eine Evaluation belegt, dass<br />
55 Prozent der Bevölkerung (bei den Frauen<br />
sogar 61 Prozent) das empfohlene bewegungsrei<strong>ch</strong>ere<br />
Verhalten annahmen. 1996 initiiert,<br />
gilt «Agita São Paulo» heute als Modell da<strong>für</strong>,<br />
wie ges<strong>und</strong>e körperli<strong>ch</strong>e Betätigung in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />
gefördert werden kann.<br />
34
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />
Die bisherigen Erfahrungen lassen einen Handlungsbedarf<br />
auf operationeller <strong>und</strong> struktureller<br />
Ebene erkennen:<br />
Das Bewusstsein von Politikern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsverantwortli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>für</strong> das Potenzial<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsförderung muss<br />
verstärkt werden. Sie müssen da<strong>für</strong> sensibilisiert<br />
werden, dass <strong>Sport</strong> gerade au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> arme<br />
Länder kein Luxus ist, sondern einen wi<strong>ch</strong>tigen<br />
Ges<strong>und</strong>heitseffekt hat. Die Förderung von körperli<strong>ch</strong>er<br />
Aktivität <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> muss wegen des<br />
hohen ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Nutzens zu einem wi<strong>ch</strong>tigen Anliegen <strong>für</strong> Regierungen<br />
in <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>wellenländern<br />
werden. Insbesondere in städtis<strong>ch</strong>en Gebieten<br />
soll die Ges<strong>und</strong>heitspolitik eng mit der <strong>Sport</strong>politik<br />
verknüpft werden.<br />
Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> lassen si<strong>ch</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> mit<br />
wenig Zusatzaufwand in bestehende Ges<strong>und</strong>heits-<br />
<strong>und</strong> HIV/Aids-Projekte integrieren. Dies fördert<br />
ni<strong>ch</strong>t nur die eigentli<strong>ch</strong>en Ziele dieser Vorhaben,<br />
sondern trägt au<strong>ch</strong> zu ihrer Attraktivität<br />
<strong>und</strong> Bekanntheit bei. Zudem lassen si<strong>ch</strong> so au<strong>ch</strong><br />
Zielgruppen errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> mobilisieren, die mit<br />
den herkömmli<strong>ch</strong>en Massnahmen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung<br />
kaum anzuspre<strong>ch</strong>en sind.<br />
Die Rolle der <strong>Sport</strong>verbände in der ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />
Aufklärungsarbeit (insbesondere<br />
im Berei<strong>ch</strong> HIV/Aids) ist no<strong>ch</strong> längst ni<strong>ch</strong>t<br />
ausges<strong>ch</strong>öpft. Als wi<strong>ch</strong>tige Partner können sie<br />
das Bewusstsein in der Bevölkerung stärken,<br />
Präventionswissen vermitteln <strong>und</strong> Stigma <strong>und</strong><br />
Diskriminierung wirksam bekämpfen. Dur<strong>ch</strong> den<br />
Einbezug von HIV/Aids-Betroffenen können die<br />
Empfohlene Intensität körperli<strong>ch</strong>er Betätigung<br />
Benefits<br />
Health, ftness benefts<br />
Active living<br />
Activity for health<br />
Excercise for ftness<br />
Training for sport<br />
Risks and harms<br />
Type and amount of activity<br />
Grafik: World Health<br />
Organisation (WHO)<br />
Light, moderate<br />
Daily<br />
Tens of minutes<br />
Moderate<br />
About daily<br />
At least 30 min<br />
Moderate,<br />
vigorous<br />
3 times a week<br />
At least 20 min<br />
Strenuous<br />
Several times<br />
a week<br />
Variable<br />
35
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong>verbände ni<strong>ch</strong>t nur einen Beitrag zu deren<br />
Ges<strong>und</strong>heitserhaltung leisten, sondern au<strong>ch</strong><br />
ihre Aufklärungsarbeit glaubhafter <strong>und</strong> kompetenter<br />
gestalten. Projekte in Mosambik, der<br />
Mongolei <strong>und</strong> anderswo haben Fussballtrainer<br />
erfolgrei<strong>ch</strong> als Multiplikatoren <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung<br />
ausgebildet <strong>und</strong> eingesetzt.<br />
Ges<strong>und</strong>heitsförderung dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
körperli<strong>ch</strong>e Bewegung ist kosteneffizient. Allerdings<br />
soll dieser Zusammenhang au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sländer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> belegt<br />
werden. Gezielte Studien sollen Auskunft über<br />
die Wirkung auf den allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
der Bevölkerung <strong>und</strong> auf die Kosten im<br />
Ges<strong>und</strong>heitssektor geben.<br />
Es sollten spezifis<strong>ch</strong>e Programme <strong>für</strong> Gruppen<br />
entwickelt werden, wel<strong>ch</strong>e von vermehrter<br />
körperli<strong>ch</strong>er Aktivität besonders profitieren <strong>und</strong><br />
zu bestehenden Angeboten oft einen ers<strong>ch</strong>werten<br />
Zugang haben, namentli<strong>ch</strong> Frauen <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en, Behinderte <strong>und</strong> Betagte.<br />
Key Messages<br />
Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fördern die körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> mentale Ges<strong>und</strong>heit.<br />
Mangelnde Bewegung ist einer der Hauptrisikofaktoren <strong>für</strong> die weltweit alarmierende<br />
Zunahme an <strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>en, ni<strong>ch</strong>t infektiösen Krankheiten <strong>und</strong> Todesfällen,<br />
wel<strong>ch</strong>e in zunehmendem Masse au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer betrifft.<br />
Die gezielte Nutzung von Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ist eine kostengünstige Strategie,<br />
um Ges<strong>und</strong>heitskosten zu sparen <strong>und</strong> die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Produktivität zu fördern.<br />
Gerade deshalb sollen entspre<strong>ch</strong>ende Massnahmen <strong>für</strong> die Regierungen armer<br />
Länder einen wi<strong>ch</strong>tigen Stellenwert einnehmen.<br />
<strong>Sport</strong> bietet eine Plattform, um ges<strong>und</strong>heitsrelevante Informationen zu vermitteln <strong>und</strong><br />
entspre<strong>ch</strong>ende Verhaltensweisen zu thematisieren.<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel lassen si<strong>ch</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> in bestehende Ges<strong>und</strong>heitsangebote integrieren<br />
<strong>und</strong> stärken deren Popularität.<br />
Beim Aufbau von entspre<strong>ch</strong>enden Angeboten in <strong>Entwicklung</strong>sländern soll speziell<br />
darauf gea<strong>ch</strong>tet werden, dass alle Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten, insbesondere die bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
(Frauen, Betagte <strong>und</strong> Behinderte), Zugang haben.<br />
<strong>Sport</strong>persönli<strong>ch</strong>keiten <strong>und</strong> -verbände haben ein wi<strong>ch</strong>tiges Potenzial im Kampf gegen<br />
HIV/Aids. Dieses liegt in der Sensibilisierung, der Wissensvermittlung <strong>und</strong> der<br />
Bekämpfung von Diskriminierung <strong>und</strong> Stigmatisierung von HIV/Aids-Betroffenen.<br />
Der Nutzen von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> vermehrter körperli<strong>ch</strong>er Aktivität <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit<br />
soll dur<strong>ch</strong> wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Studien au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> den Kontext der S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sländer belegt werden.<br />
36
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />
«Kicking AIDS Out!» – Mit <strong>Sport</strong><br />
gegen Aids<br />
Ort: Europa <strong>und</strong> südli<strong>ch</strong>es Afrika (England, Kanada, Kenia, Namibia, Norwegen,<br />
Südafrika, Tansania, Sambia, Simbabwe)<br />
Zielgruppe: Junge Männer <strong>und</strong> Frauen mit <strong>und</strong> ohne HIV-Infizierung<br />
Organisation: Initiiert wurde das Projekt von der sambis<strong>ch</strong>en Stiftung Edusport.<br />
Mit Unterstützung der staatli<strong>ch</strong>en norwegis<strong>ch</strong>en Agentur <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
(NORAD) entstand aus dem Projekt ein internationales Netzwerk<br />
von insgesamt zwölf Mitgliedorganisationen.<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel erhöhen Ges<strong>und</strong>heit<br />
<strong>und</strong> Integration HIV-infizierter Mens<strong>ch</strong>en.<br />
Au<strong>ch</strong> Präventionsarbeit lässt si<strong>ch</strong><br />
erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> mit wenig Zusatzaufwand<br />
mit <strong>Sport</strong> verbinden. «Kicking<br />
AIDS Out!» zeigt Betroffenen <strong>und</strong><br />
Gefährdeten Wege auf, wie mit der<br />
Krankheit angemessen umgegangen<br />
werden kann.<br />
«Können Moskitos Aids übertragen» Kurzes<br />
S<strong>ch</strong>weigen. Dann ents<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> Lindiwe <strong>für</strong><br />
«FALSCH» <strong>und</strong> springt von einer Fragestation<br />
zur nä<strong>ch</strong>sten. Wird sie zwis<strong>ch</strong>en den zwei Fragestationen<br />
ni<strong>ch</strong>t von einem Spieler der gegneris<strong>ch</strong>en<br />
Manns<strong>ch</strong>aft mit einem Ball getroffen,<br />
errei<strong>ch</strong>t sie na<strong>ch</strong> vier Fragen wieder die Start-<br />
Ziel-Station, <strong>und</strong> ihre Manns<strong>ch</strong>aft erhält einen<br />
Punkt. Antwortet sie fals<strong>ch</strong> oder kann sie dem<br />
Ball ni<strong>ch</strong>t auswei<strong>ch</strong>en, s<strong>ch</strong>eidet sie aus, bis die<br />
zwei Manns<strong>ch</strong>aften die Rollen we<strong>ch</strong>seln.<br />
Mit sol<strong>ch</strong>en sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten verbindet<br />
«Kicking AIDS Out!» Prävention <strong>und</strong> Aufklärung<br />
mit Spiel, Spass <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>er Bewegung.<br />
Das Netzwerk versteht si<strong>ch</strong> denn au<strong>ch</strong> primär<br />
als Informationsplattform, auf der Spielideen,<br />
Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze ausgetaus<strong>ch</strong>t<br />
<strong>und</strong> diskutiert werden können. Es betreibt Lobbyarbeit<br />
auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen <strong>und</strong> stellt<br />
Unterri<strong>ch</strong>tsmaterialien <strong>für</strong> die Leiter/innen der<br />
lokalen «Kicking AIDS Out!»-Sektionen zusammen.<br />
So ers<strong>ch</strong>ien 2005 zum Beispiel eine<br />
Zusammenstellung von über 70 traditionellen<br />
Spielen aus Sambia.<br />
Für die Spielleiter/innen – 60 Prozent sind junge<br />
Frauen – wurden spezielle Ausbildungsmodule<br />
zusammengestellt, anhand deren sie die<br />
Planung, Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Weitervermittlung<br />
von «Kicking AIDS Out!»-Aktivitäten studieren<br />
können. Darüber hinaus werden die Trainer/innen<br />
zu Fa<strong>ch</strong>personen in Sa<strong>ch</strong>en HIV <strong>und</strong> Aids<br />
ausgebildet – sie sollen in ihrer Funktion zu<br />
Vertrauens- <strong>und</strong> Auskunftspersonen <strong>für</strong> Glei<strong>ch</strong>altrige<br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e werden. Gelegentli<strong>ch</strong> wird<br />
die sportli<strong>ch</strong>e Freizeitgestaltung au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Rollenspiele<br />
<strong>und</strong> Theateraufführungen ergänzt.<br />
Der konzeptionelle Rahmen von «Kicking AIDS<br />
Out!» ist breit abgesteckt. Über den <strong>Sport</strong> soll<br />
den Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t nur Aids-spezifis<strong>ch</strong>es<br />
Wissen weitergegeben werden, sondern au<strong>ch</strong><br />
Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Körpergefühl,<br />
Respekt gegenüber Mitmens<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Gemeins<strong>ch</strong>aftssinn.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.kickingaidsout.net<br />
37
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden
Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>werte au<strong>ch</strong><br />
in Konfliktsituationen ho<strong>ch</strong>halten:<br />
spielende Waisenkinder in Bagdad<br />
(Irak) während des Irakkriegs.<br />
39
Teil II: Themen & Projekte<br />
Im Spitzensport zählen Beri<strong>ch</strong>te über Gewalt, Hooliganismus <strong>und</strong> Rassismus heute<br />
zum Alltag. Darüber gerät lei<strong>ch</strong>t in Vergessenheit, dass si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong> immer<br />
wieder als Friedensförderer <strong>und</strong> als Brücke <strong>für</strong> den Dialog zwis<strong>ch</strong>en Kulturen <strong>und</strong><br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Gruppierungen beweist.<br />
Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle <strong>und</strong> Rolf S<strong>ch</strong>wery<br />
Dur<strong>ch</strong> Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> Vertrauen<br />
aufbauen: Projekt «<strong>Sport</strong> pour la<br />
Paix» in Côte d’Ivoire.<br />
Die UNO-Blauhelme haben ein Ritual. Wenn<br />
sie in einem Konfliktgebiet ihre Mission antreten,<br />
organisieren sie wenn immer mögli<strong>ch</strong> zuerst<br />
sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten mit der örtli<strong>ch</strong>en Bevölkerung.<br />
Aus Erfahrung wissen sie: Jenseits aller Politik<br />
bietet der <strong>Sport</strong> eine ideale Gelegenheit, um<br />
s<strong>ch</strong>nell <strong>und</strong> unverkrampft mit der Bevölkerung in<br />
Kontakt zu treten. Egal ob beim Fussball, Volleyball<br />
oder anderen Spielen, auf dem <strong>Sport</strong>platz<br />
begegnen si<strong>ch</strong> Friedenstruppen <strong>und</strong> lokale Be-<br />
völkerung gewissermassen auf Augenhöhe –<br />
als glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigte Individuen <strong>und</strong> Partner.<br />
Gemeinsames Spiel markiert so oft den Beginn<br />
eines Prozesses mit dem Ziel, si<strong>ch</strong> gegenseitig<br />
besser kennen zu lernen <strong>und</strong> Spannungen, Vorurteile<br />
<strong>und</strong> Feindbilder auf beiden Seiten abzubauen.<br />
Natürli<strong>ch</strong> kann <strong>Sport</strong> allein in konfliktträ<strong>ch</strong>tigen<br />
Situationen keine langfristig tragfähige<br />
Atmosphäre von gegenseitigem Vertrauen<br />
s<strong>ch</strong>affen. Dazu bedarf es einer ganzen Reihe<br />
von gezielten <strong>und</strong> aufeinander abgestimmten<br />
politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Massnahmen.<br />
Er kann aber als ein Mittel unter anderen einen<br />
wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag zu Friedensförderung <strong>und</strong><br />
Konfliktprävention leisten.<br />
Sein erhebli<strong>ch</strong>es Potenzial da<strong>für</strong> bezieht<br />
der <strong>Sport</strong> aus Eigens<strong>ch</strong>aften, die in ihrer<br />
Kombination wohl einzigartig sind:<br />
Die Spra<strong>ch</strong>e des <strong>Sport</strong>s ist einfa<strong>ch</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>für</strong> alle verständli<strong>ch</strong>. Er kann Mens<strong>ch</strong>en<br />
deshalb über politis<strong>ch</strong>e, spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e, religiöse<br />
<strong>und</strong> kulturelle Grenzen hinweg verbinden.<br />
<strong>Sport</strong> beruht auf Prinzipien wie Fairness,<br />
Respekt <strong>für</strong> den Gegner, Anerkennung von<br />
verbindli<strong>ch</strong>en Regeln <strong>und</strong> Partizipation. Dieselben<br />
Werte sind die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> jedes<br />
friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben.<br />
40
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />
<strong>Sport</strong> spri<strong>ch</strong>t alle an – arm, rei<strong>ch</strong>,<br />
jung, alt. Er erfüllt das zutiefst<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnis na<strong>ch</strong> Spiel<br />
<strong>und</strong> Spass <strong>und</strong> kann wie keine<br />
andere Tätigkeit Mens<strong>ch</strong>en mobilisieren<br />
<strong>und</strong> als Türöffner <strong>für</strong> gemeinsame<br />
Aktivitäten agieren.<br />
<strong>Sport</strong> ist von Natur aus unpolitis<strong>ch</strong>.<br />
Er kann deshalb als eine<br />
unbelastete Plattform <strong>für</strong> Begegnungen<br />
zwis<strong>ch</strong>en Individuen sowie<br />
sozialen <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>en Gruppen<br />
dienen.<br />
«<strong>Sport</strong> kann Begegnungen<br />
auf einem neutralen,<br />
politis<strong>ch</strong> unbelasteten Terrain<br />
ermögli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> so ein Wegbereiter<br />
<strong>für</strong> eine Annäherung <strong>und</strong><br />
Versöhnung zwis<strong>ch</strong>en einstigen<br />
Konfliktparteien sein.»<br />
In der Praxis erweist si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong> als wirkungsvolles,<br />
wennglei<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> oft fragiles Instrument<br />
der Friedensförderung. Letzteres au<strong>ch</strong> deshalb,<br />
weil bei allen positiven Erfahrungen <strong>Sport</strong><br />
immer Teil einer grösseren gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Realität ist. So besteht gerade in Konfliktsituationen<br />
die Gefahr, dass seine Strukturen <strong>und</strong> Methoden<br />
von politis<strong>ch</strong>en Gruppierungen <strong>für</strong> ihre<br />
Zwecke missbrau<strong>ch</strong>t werden mit negativen Folgen<br />
wie Gewaltanwendung, separatistis<strong>ch</strong>en<br />
Bestrebungen, Nationalismus <strong>und</strong> Rassismus.<br />
Tatsa<strong>ch</strong>e ist, dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel einen Wert an<br />
si<strong>ch</strong> haben. Fest steht aber ebenso, dass sie ihr<br />
ganzes Potenzial im Berei<strong>ch</strong> der Konfliktprävention<br />
<strong>und</strong> -bewältigung insbesondere dann voll<br />
entfalten können, wenn dieses im Rahmen von<br />
<strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Friedensprojekten explizit gefördert,<br />
gezielt <strong>und</strong> kompetent vermittelt sowie<br />
in eine auf den spezifis<strong>ch</strong>en Kontext zuges<strong>ch</strong>nittene<br />
Gesamtstrategie eingebettet wird.<br />
Ist dies der Fall, kann der <strong>Sport</strong> auf vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Ebenen <strong>und</strong> in diversen Kontexten eine<br />
friedensfördernde Rolle spielen.<br />
<strong>Sport</strong> als Mittel der Konfliktbewältigung<br />
<strong>und</strong> der Identitätsstiftung<br />
Als in Ruanda na<strong>ch</strong> mehrjährigem Bürgerkrieg<br />
1994 die Waffen wieder s<strong>ch</strong>wiegen, fanden<br />
die ersten Kontakte zwis<strong>ch</strong>en den einstigen Konfliktparteien<br />
auf dem <strong>Sport</strong>platz statt. Dasselbe<br />
ges<strong>ch</strong>ah auf dem Balkan na<strong>ch</strong> dem Zerfall des<br />
jugoslawis<strong>ch</strong>en Staates.<br />
vor allem au<strong>ch</strong> erste Begegnungen auf einem<br />
neutralen, politis<strong>ch</strong> unbelasteten Terrain ermögli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> damit ein Wegbereiter <strong>für</strong> den<br />
s<strong>ch</strong>wierigen Prozess der Annäherung <strong>und</strong> Versöhnung<br />
zwis<strong>ch</strong>en einstmals verfeindeten Gruppen<br />
sein.<br />
Erfahrungsgemäss sind <strong>Sport</strong>programme zum<br />
Abbau von Spannungen auf der gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Ebene besonders wirkungsvoll, da sie die<br />
betroffenen Mens<strong>ch</strong>en direkt anspre<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
einbeziehen. <strong>Sport</strong> bietet hier eine ideale Plattform<br />
<strong>für</strong> die Sensibilisierung <strong>und</strong> die Aufnahme<br />
von konfliktrelevanten Themen.<br />
Aber au<strong>ch</strong> im nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
Kontext hat der <strong>Sport</strong> als Vermittler <strong>und</strong> Brückenbauer<br />
eine Rolle.<br />
In der Vergangenheit hat er in vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Ländern einen Beitrag zur Überwindung von<br />
gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Spaltungen <strong>und</strong> zur Bildung<br />
einer nationalen Identität geleistet. Trotz gelegentli<strong>ch</strong>er<br />
Gewaltausbrü<strong>ch</strong>e hat beispielsweise<br />
der Fussball in vers<strong>ch</strong>iedenen afrikanis<strong>ch</strong>en<br />
Staaten wie Eritrea, Zimbabwe, Malawi oder<br />
Nigeria die nationale Einheit gestärkt. Der Sieg<br />
Ni<strong>ch</strong>t zufällig – denn na<strong>ch</strong> gewaltsamen Konflikten<br />
kann der <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t nur dringend benötigte<br />
Momente der Ablenkung bieten. Er kann<br />
41
Teil II: Themen & Projekte<br />
der deuts<strong>ch</strong>en Fussballer über Ungarn an den<br />
Weltmeisters<strong>ch</strong>aften 1954 hat einer ganzen<br />
Nation na<strong>ch</strong> den verheerenden Erfahrungen<br />
des Zweiten Weltkriegs wieder Selbstvertrauen<br />
gegeben.<br />
Auf der internationalen Ebene hat der <strong>Sport</strong> vers<strong>ch</strong>iedentli<strong>ch</strong><br />
ges<strong>ch</strong>afft, was der Politik versagt<br />
blieb. In den 70er-Jahren nutzten die beiden<br />
Grossmä<strong>ch</strong>te USA <strong>und</strong> China Tis<strong>ch</strong>tenniswettbewerbe,<br />
um ihre auf einem Tiefpunkt angelangten<br />
Beziehungen wieder zu beleben – ein<br />
Vorgang, der bis heute unter dem Begriff «Ping-<br />
Pong-Diplomatie» bekannt ist. Die Fussball-WM<br />
von 2002, die von Südkorea <strong>und</strong> Japan gemeinsam<br />
dur<strong>ch</strong>geführt wurde, hat zwei Länder<br />
zusammengeführt, wel<strong>ch</strong>e über Jahrzehnte im<br />
Konflikt standen. Und au<strong>ch</strong> das olympis<strong>ch</strong>e<br />
Dorf ist seit langem ein Symbol <strong>für</strong> den Völker<br />
verbindenden Geist des <strong>Sport</strong>s.<br />
<strong>Sport</strong> als «Trainingscamp<br />
der Demokratie»<br />
Die wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> grösste Wirkung als Instrument<br />
der Friedensförderung hat der <strong>Sport</strong> auf<br />
der lokalen Ebene – im Rahmen der Erziehung<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en. Indem er gr<strong>und</strong>legende<br />
soziale Werte wie Toleranz, Teamwork,<br />
Fairness <strong>und</strong> einen konstruktiven Umgang<br />
mit Konflikten lehrt, trägt er zu einer auf fried-<br />
«Indem er gr<strong>und</strong>legende<br />
soziale Werte wie Toleranz,<br />
Teamwork, Fairness <strong>und</strong><br />
einen konstruktiven Umgang<br />
mit Konflikten lehrt,<br />
trägt der <strong>Sport</strong> zu einer auf<br />
friedli<strong>ch</strong>en Werten ruhenden<br />
Kultur bei.»<br />
li<strong>ch</strong>en Werten ruhenden Kultur bei <strong>und</strong> stärkt so<br />
au<strong>ch</strong> die zivilen Strukturen. In diesem Sinn ist er<br />
eine Art Trainingscamp <strong>für</strong> die Demokratie.<br />
Die Faszination einer Gruppenidentität – wel<strong>ch</strong>e<br />
von Sekten, re<strong>ch</strong>tsextremen Verbänden,<br />
geheimbündleris<strong>ch</strong>en Vereinigungen gezielt<br />
missbrau<strong>ch</strong>t wird – kann mittels <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel<br />
au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> eine Ethik der sozialen Verantwortung<br />
genutzt werden:<br />
Rituale s<strong>ch</strong>affen Si<strong>ch</strong>erheit, Zugehörigkeit,<br />
Verbindung <strong>und</strong> Identität: Sie können au<strong>ch</strong> neben<br />
dem Spielfeld handlungsanleitend wirken.<br />
Das Training von Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />
fördert den Selbstwert <strong>und</strong> ist identitätsstiftend.<br />
Im <strong>Sport</strong> kann Selbstwirksamkeit (self-efficacy)<br />
si<strong>ch</strong>tbar gema<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> die Erfahrung von Sinn<br />
<strong>und</strong> Kohärenzempfinden ermögli<strong>ch</strong>t werden.<br />
Zu den zentralen sozialen Fertigkeiten zählt der<br />
Umgang mit Aggressionen. Im <strong>Sport</strong> ist Aggressivität<br />
si<strong>ch</strong>tbar <strong>und</strong> deshalb au<strong>ch</strong> gut thematisierbar.<br />
Ein dosierter Umgang mit Aggressivität<br />
gehört zu den Lebensgestaltungskompetenzen<br />
von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />
Aggressivität wird dur<strong>ch</strong> den <strong>Sport</strong> mobilisiert,<br />
kanalisiert <strong>und</strong> reguliert.<br />
<strong>Sport</strong> bietet si<strong>ch</strong> an als Lernfeld <strong>für</strong> ein friedli<strong>ch</strong>es<br />
Mit- <strong>und</strong> Gegeneinander: Verhaltens<strong>und</strong><br />
Spielregeln bestimmen die Grenzen<br />
zwis<strong>ch</strong>en vereinbarter Aggressivität <strong>und</strong><br />
unerwüns<strong>ch</strong>ter Gewalt. Ein konstruktiver<br />
Umgang mit Regelverstössen bzw. Konflikten<br />
lässt si<strong>ch</strong> exemplaris<strong>ch</strong> üben.<br />
Diese Fähigkeiten des <strong>Sport</strong>s werden<br />
gezielt au<strong>ch</strong> bei der Resozialisierung<br />
von Opfern von bewaffneten Konflikten<br />
genutzt. So etwa in Programmen <strong>für</strong> die<br />
Wiederintegration von Kindersoldaten in<br />
die Gesells<strong>ch</strong>aft. <strong>Sport</strong> hat si<strong>ch</strong> hier als eines<br />
der wirksamsten Mittel erwiesen, um diese<br />
42
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />
überhaupt zu errei<strong>ch</strong>en – die wi<strong>ch</strong>tigste Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> eine Betreuung im Rahmen von<br />
psy<strong>ch</strong>osozialen Programmen. Glei<strong>ch</strong>zeitig ist es<br />
ein Lern- <strong>und</strong> Erlebnisfeld, in dem die einstigen<br />
Soldaten neue soziale Verhaltensformen <strong>und</strong><br />
Verantwortungsprinzipien lernen können.<br />
Ähnli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern: <strong>Sport</strong> bietet<br />
<strong>für</strong> die Bewohner ni<strong>ch</strong>t nur Ablenkung <strong>und</strong><br />
willkommene Tagesstrukturen in einem ereignisarmen<br />
Alltag, sondern au<strong>ch</strong> eine Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />
Aggressionen kontrolliert abzubauen. Gerade<br />
in diesem Umfeld kommt dem <strong>Sport</strong> ausserdem<br />
eine grosse Bedeutung als Mittel zur Verarbeitung<br />
von Traumata zu.<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e innovative<br />
Beispiele weltweit<br />
Inzwis<strong>ch</strong>en gibt es weltweit zahlrei<strong>ch</strong>e Beispiele,<br />
in denen <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Friedensförderung<br />
genutzt wird.<br />
Im von Bürgerkriegen zerrissenen westafrikanis<strong>ch</strong>en<br />
Land Côte d’Ivoire setzt das Projekt<br />
«<strong>Sport</strong> pour la Paix» auf die verbindende Kraft<br />
von Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>, um einstmals verfeindete<br />
ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Gruppen zusammenzubringen,<br />
das gegenseitige Misstrauen<br />
abzubauen <strong>und</strong> einen Beitrag zum Aufbau<br />
von tragfähigen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Strukturen<br />
zu leisten.<br />
In Bur<strong>und</strong>i, Uganda, Sierra Leone <strong>und</strong> Liberia<br />
lernen ehemalige Kindersoldaten mit Hilfe<br />
von <strong>Sport</strong>programmen, ihre traumatis<strong>ch</strong>en Erfahrungen<br />
zu verarbeiten <strong>und</strong> wieder Kinder zu<br />
sein, ihre Aggressionen konstruktiv auszuleben<br />
<strong>und</strong> ein Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln.<br />
Ziel ist es, sie endgültig zu demobilisieren <strong>und</strong><br />
wieder in die Gesells<strong>ch</strong>aft zu integrieren.<br />
In Bosnien <strong>und</strong> Herzegowina, Mazedonien,<br />
Serbien <strong>und</strong> Montenegro treffen si<strong>ch</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> Jungen aus vers<strong>ch</strong>iedenen ethnis<strong>ch</strong>en<br />
Gruppen in den «Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools».<br />
Beim gemeinsamen Ballspiel kommen sie si<strong>ch</strong><br />
näher <strong>und</strong> lernen so, si<strong>ch</strong> besser zu verstehen<br />
<strong>und</strong> kulturelle Barrieren zu überwinden. Inzwis<strong>ch</strong>en<br />
haben über 70 000 Kinder zwis<strong>ch</strong>en 8<br />
<strong>und</strong> 12 Jahren Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools besu<strong>ch</strong>t.<br />
In Flü<strong>ch</strong>tlingslagern in Aserbaids<strong>ch</strong>an werden<br />
im Rahmen des Projekts <strong>Sport</strong>Works begleitete<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten angeboten. Den von Gewalt<br />
<strong>und</strong> Kriegen geprägten Flü<strong>ch</strong>tlingen sollen<br />
Hoffnung <strong>und</strong> Ablenkung gegeben werden, um<br />
die traumatis<strong>ch</strong>en Erlebnisse besser zu bewältigen.<br />
Zur Unterstützung der IKRK-Kampagne<br />
«S<strong>ch</strong>ützt Kinder im Krieg» hat der Europäis<strong>ch</strong>e<br />
Fussballverband (UEFA) die Europameisters<strong>ch</strong>aften<br />
in Portugal 2004 – das drittgrösste<br />
Medienereignis der Welt – als Plattform angeboten.<br />
Den zahlrei<strong>ch</strong>en positiven Beispielen stehen<br />
au<strong>ch</strong> negative Erfahrungen gegenüber, in denen<br />
<strong>Sport</strong> – insbesondere Spitzensport – Konflikte<br />
begünstigt oder gar ausgelöst hat.<br />
So sind fanatis<strong>ch</strong>e Fanclubs ein fru<strong>ch</strong>tbares<br />
Akquisitionsfeld <strong>für</strong> radikale politis<strong>ch</strong>e Gruppierungen.<br />
Der Konflikt von 1970 zwis<strong>ch</strong>en<br />
El Salvador <strong>und</strong> Guatemala wurde dur<strong>ch</strong> ein<br />
Fussballspiel zusätzli<strong>ch</strong> angeheizt <strong>und</strong> ging<br />
als «Fussballkrieg» in die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te ein. Ein<br />
unrühmli<strong>ch</strong>es Beispiel ist au<strong>ch</strong> der Fanclub des<br />
serbis<strong>ch</strong>en Vereins Roter Stern Belgrad, «Delje»,<br />
wel<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> im Balkankonflikt als ge<strong>für</strong><strong>ch</strong>teter<br />
S<strong>ch</strong>lägertrupp einen Namen ma<strong>ch</strong>te.<br />
Das Potenzial des <strong>Sport</strong>s wird aber insbesondere<br />
gefährdet dur<strong>ch</strong> die versteckte Gewalt im<br />
Hintergr<strong>und</strong>: sexuelle Übergriffe, Rassismus <strong>und</strong><br />
militäris<strong>ch</strong>e Trainingsmethoden.<br />
Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte<br />
Damit der <strong>Sport</strong> sein positives Potenzial <strong>für</strong> die<br />
Überwindung von kulturellen Barrieren <strong>und</strong> die<br />
Friedensförderung einbringen kann, müssen<br />
vers<strong>ch</strong>iedene Voraussetzungen erfüllt sein. Aus<br />
43
Teil II: Themen & Projekte<br />
heutiger Perspektive s<strong>ch</strong>einen folgende Faktoren<br />
ents<strong>ch</strong>eidend:<br />
Einbettung – <strong>Sport</strong> sollte ni<strong>ch</strong>t isoliert betra<strong>ch</strong>tet,<br />
sondern als Instrument in übergreifende<br />
Friedensförderungs- oder Community-Building-Programme<br />
integriert werden.<br />
Zusammenarbeit – Wi<strong>ch</strong>tige lokale Akteure<br />
wie Community-Leaders <strong>und</strong> Rollenvorbilder<br />
(lokale <strong>Sport</strong>ler, kulturelle <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>e Idole<br />
usw.) sollten in die Projekte einbezogen werden,<br />
um die lokale Verankerung <strong>und</strong> Legitimation zu<br />
si<strong>ch</strong>ern.<br />
Anleitung – <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel müssen von da<strong>für</strong><br />
ausgebildeten Personen angeleitet werden.<br />
Sie müssen in der Lage sein, mit Themen wie<br />
Aggressivität umzugehen. Zudem sollten sie da<strong>für</strong><br />
sorgen, dass niemand ausges<strong>ch</strong>lossen wird.<br />
S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ere <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en sind besonders zu<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />
Ma<strong>ch</strong>barkeit – Der <strong>Sport</strong> ist ein wirkungsvolles,<br />
dabei aber au<strong>ch</strong> begrenztes Mittel, das ni<strong>ch</strong>t<br />
überfra<strong>ch</strong>tet werden sollte. Er kann in Konfliktlagen<br />
wieder Bewegung in erstarrte Situationen<br />
bringen <strong>und</strong> als Türöffner <strong>für</strong> weitergehende<br />
Aktionen dienen. Auf si<strong>ch</strong> allein gestellt, muss er<br />
als Friedensinstrument aber versagen.<br />
Key Messages<br />
In Verbindung mit aufeinander abgestimmten politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Massnahmen kann der <strong>Sport</strong> ents<strong>ch</strong>eidend zur Friedensförderung <strong>und</strong> Konfliktbewältigung<br />
beitragen.<br />
Auf si<strong>ch</strong> allein gestellt, muss der <strong>Sport</strong> als Friedensinstrument versagen.<br />
Mit seiner einfa<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e, den Prinzipien Fairness, Respekt <strong>und</strong> Teamwork <strong>und</strong><br />
seinem unpolitis<strong>ch</strong>en Charakter ist der <strong>Sport</strong> ein mögli<strong>ch</strong>er Wegweiser aus s<strong>ch</strong>einbar<br />
ausweglosen Konfliktsituationen.<br />
Der <strong>Sport</strong> fördert den kontrollierten Umgang mit Aggressivität, indem er diese mobilisiert,<br />
kanalisiert <strong>und</strong> reguliert.<br />
In ereignisarmen Alltagssituationen befriedigt der <strong>Sport</strong> das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />
na<strong>ch</strong> Abwe<strong>ch</strong>slung, Spiel <strong>und</strong> Unterhaltung.<br />
Der <strong>Sport</strong> läuft stets Gefahr, politis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> religiös vereinnahmt zu werden. Nur<br />
auf neutralem Terrain <strong>und</strong> offen gegenüber allen Bevölkerungsgruppen kann er<br />
seine konfliktpräventive <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftsstabilisierende Wirkung entfalten.<br />
44
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />
«Game4Change» – Spielend<br />
Konflikte überwinden<br />
Ort: Indien (u. a. Anakapalli, Bangalore, Halol, Nagpur, New Delhi)<br />
Zielgruppe: Muslimis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> hinduistis<strong>ch</strong>e Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene<br />
Organisation: Initiiert wurde das Projekt von lokalen Basisorganisationen.<br />
Heute wird es von der National Youth Fo<strong>und</strong>ation, der Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA) <strong>und</strong> zehn weiteren Organisationen getragen.<br />
In ganz Indien werden <strong>Sport</strong>turniere<br />
veranstaltet, in denen gemis<strong>ch</strong>te Muslim-<br />
<strong>und</strong> Hindu-Manns<strong>ch</strong>aften gegeneinander<br />
antreten. Dur<strong>ch</strong> sie kommen<br />
si<strong>ch</strong> Hindu <strong>und</strong> Muslime sowohl auf<br />
dem Spielfeld als au<strong>ch</strong> auf der Zus<strong>ch</strong>auertribüne<br />
wieder näher, na<strong>ch</strong>dem sie<br />
2002 wiederholt <strong>und</strong> gewalttätig aneinander<br />
geraten waren.<br />
Seit 1988 kam es im indis<strong>ch</strong>en B<strong>und</strong>esstaat Gujarat<br />
regelmässig zu gewaltsam ausgetragenen<br />
Konflikten zwis<strong>ch</strong>en der hinduistis<strong>ch</strong>en Mehrheit<br />
<strong>und</strong> der muslimis<strong>ch</strong>en Minderheit. Im Februar<br />
2002 eskalierten diese <strong>und</strong> forderten bis Ende<br />
Jahr über 850 Todesopfer.<br />
Um die Spirale der Gewalt zu dur<strong>ch</strong>bre<strong>ch</strong>en,<br />
gründeten 2003 lokale Organisationen den<br />
Jagruti Trust. Respekt <strong>und</strong> Vertrauen als Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> Stabilität <strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erheit sollten insbesondere<br />
unter den Jugendli<strong>ch</strong>en wiederhergestellt<br />
werden. Zu diesem Zweck organisierte der<br />
Jagruti Trust im Januar 2003 ein «Cricket for<br />
Peace»-Turnier, an dem zwölf Teams teilnahmen<br />
<strong>und</strong> dessen Endspiel von r<strong>und</strong> 2000 Zus<strong>ch</strong>auern<br />
verfolgt wurde. Die Teams, die si<strong>ch</strong> aus<br />
elf Spielern zusammensetzten, mussten dabei<br />
immer mindestens je fünf Muslime <strong>und</strong> Hindus<br />
umfassen. Der Kapitän <strong>und</strong> sein Vize durften zudem<br />
ni<strong>ch</strong>t der glei<strong>ch</strong>en Religionsgemeins<strong>ch</strong>aft<br />
angehören.<br />
Was 2003 klein begann, entwickelte si<strong>ch</strong> 2004<br />
zum Grossanlass, <strong>und</strong> zwar in mehrfa<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t:<br />
So wu<strong>ch</strong>s am Jagruti Cup 2004 die Zahl<br />
der teilnehmenden Teams von 12 auf 35 an.<br />
Neu waren au<strong>ch</strong> die Frauen mit drei Teams präsent,<br />
na<strong>ch</strong>dem sie si<strong>ch</strong> ein Jahr zuvor ledigli<strong>ch</strong><br />
an den Eröffnungszeremonien beteiligen konnten.<br />
Insgesamt füllten 40000 Mens<strong>ch</strong>en die Zus<strong>ch</strong>auertribünen,<br />
auf denen nun au<strong>ch</strong> indis<strong>ch</strong>e<br />
Cricket-Stars zu sehen waren. Das Turnier entwickelte<br />
si<strong>ch</strong> zu einem Volksfest, wo zusammen<br />
gebetet, gewonnen <strong>und</strong> verloren wurde <strong>und</strong> wo<br />
die Idee des Friedens aktiv mit T-Shirts, Flyer,<br />
Zeremonien <strong>und</strong> Informationsständen gefördert<br />
wurde.<br />
Aus «Cricket for Peace» wird<br />
«Game4Change»<br />
Der grosse Erfolg veranlasste die Organisatoren,<br />
den geografis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> konzeptionellen<br />
Rahmen der <strong>Sport</strong>anlässe auszudehnen: So<br />
werden heute <strong>Sport</strong>veranstaltungen in vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Landesteilen dur<strong>ch</strong>geführt. An diesen<br />
neu benannten «Game4Change»-Anlässen<br />
können si<strong>ch</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer jetzt ni<strong>ch</strong>t mehr<br />
nur beim Cricket messen, sondern au<strong>ch</strong> in zahlrei<strong>ch</strong>en<br />
anderen meist regionalen <strong>und</strong> ethnospezifis<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Sport</strong>arten wie Kabbadi, Kho-Kho,<br />
Carrom oder Teer-Kamta. Zudem werden die<br />
Spiele ni<strong>ch</strong>t mehr allein mit der Friedensförderung<br />
verknüpft; sie bringen neu au<strong>ch</strong> Themen<br />
wie Ges<strong>und</strong>heit, Erziehung <strong>und</strong> Wasser zur<br />
Spra<strong>ch</strong>e.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.game4<strong>ch</strong>ange.org<br />
45
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender
<strong>Sport</strong> als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t:<br />
Afghanis<strong>ch</strong>e Lei<strong>ch</strong>tathletinnen<br />
nehmen kurz na<strong>ch</strong> dem Sturz<br />
des Taliban-Regimes an den<br />
«Spielen <strong>für</strong> Muslimis<strong>ch</strong>e Frauen»<br />
in Teheran (Iran) teil.<br />
47
Teil II: Themen & Projekte<br />
Die Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> die Förderung der Selbstbestimmung<br />
(Empowerment) von Frauen gehören zu den gr<strong>und</strong>legenden Zielen der<br />
<strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit. <strong>Sport</strong> kann viel zu ihrer Errei<strong>ch</strong>ung beitragen,<br />
wobei si<strong>ch</strong> das Hauptanliegen in den letzten Jahren verlagert hat: von «Gender-<br />
Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>» zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung». Heutige Initiativen<br />
im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> zielen deshalb ni<strong>ch</strong>t mehr nur auf die vermehrte<br />
Beteiligung von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en im <strong>Sport</strong>, sondern auf ihre Glei<strong>ch</strong>stellung.<br />
Annemarie Sancar <strong>und</strong> Charlie Sever<br />
«Der <strong>Sport</strong> kann<br />
einen Raum bieten,<br />
wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />
neu verhandelt<br />
statt weiterzementiert<br />
werden.»<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> hat ni<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t nur die<br />
Förderung des körperli<strong>ch</strong>en Wohlbefindens im<br />
Auge, sondern ist ein Mittel zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung<br />
von weiter gefassten Zielen wie Frieden oder<br />
die <strong>Entwicklung</strong> von Gemeinwesen (community<br />
development). <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>institutionen sind<br />
heute tendenziell auf die Interessen von Männern<br />
ausgeri<strong>ch</strong>tet, während die oft anders gearteten<br />
Bedürfnisse <strong>und</strong> Lebensverhältnisse von<br />
Frauen wenig Bea<strong>ch</strong>tung finden. Als Folge hinkt<br />
die Beteiligung der Frauen am <strong>Sport</strong> in allen<br />
Ländern <strong>und</strong> Regionen der Welt<br />
weit hinter jener der Männer her.<br />
Ein Hauptziel ist daher die<br />
Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen<br />
<strong>und</strong> Männern in <strong>Sport</strong>projekten.<br />
Um Letztere besser<br />
auf die besonderen Bedürfnisse<br />
von Frauen <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en (<strong>und</strong> bestimmten<br />
Gruppen von Männern) zuzus<strong>ch</strong>neiden,<br />
müssen die spezifis<strong>ch</strong>en<br />
Randbedingungen <strong>und</strong><br />
Eins<strong>ch</strong>ränkungen berücksi<strong>ch</strong>tigt werden,<br />
mit denen sie konfrontiert sind.<br />
Gegen ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>e Ausgrenzung im<br />
<strong>Sport</strong> vorzugehen, heisst also ni<strong>ch</strong>t bloss, «Frauen<br />
<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en mitspielen zu lassen». Vielmehr<br />
geht es darum, die besonderen Hindernisse <strong>und</strong><br />
Barrieren zu verstehen <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> einen glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigten<br />
Zugang <strong>und</strong> eine sinnvolle Teilhabe<br />
von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en an <strong>Sport</strong>projekten einzusetzen.<br />
Beteiligung von Mäd<strong>ch</strong>en in<br />
<strong>Sport</strong>projekten in Côte d’Ivoire <strong>und</strong><br />
in Kenia<br />
Ein Programm in Côte d’Ivoire tut genau das.<br />
«<strong>Sport</strong> pour la Paix» («<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden») wurde<br />
im Oktober 2003 lanciert. Über 1600 junge<br />
Mens<strong>ch</strong>en haben seither daran teilgenommen,<br />
ein Drittel davon Mäd<strong>ch</strong>en. Das Projekt ist Teil<br />
des Versöhnungsprozesses na<strong>ch</strong> Jahren religiöser<br />
<strong>und</strong> ethnis<strong>ch</strong>er Konflikte. Es vereint Leute<br />
aus vers<strong>ch</strong>iedenen ethnis<strong>ch</strong>en, politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
religiösen Gruppen, die über wenig oder keine<br />
formale Bildung verfügen. Sie treffen si<strong>ch</strong> in den<br />
Städten Guiglo, Man <strong>und</strong> Duékoué regelmässig<br />
zwei bis drei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e im Freien zum<br />
Training.<br />
Um Mäd<strong>ch</strong>en den Einstieg ins Programm zu erlei<strong>ch</strong>tern,<br />
wird statt mit trockenen Übungen mit<br />
Musik <strong>und</strong> Tanz aufgewärmt. Zusätzli<strong>ch</strong> müssen<br />
Mäd<strong>ch</strong>en einen Teil der «peer leaders» stellen,<br />
die si<strong>ch</strong> um die übrigen Gruppenmitglieder<br />
kümmern. Die Präsidentin des ivoris<strong>ch</strong>en «Frau-<br />
48
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />
Erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />
die spezifis<strong>ch</strong>en körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
sozialen Bedingungen von Mäd<strong>ch</strong>en:<br />
<strong>Sport</strong>projekt <strong>für</strong> Mäd<strong>ch</strong>en der Mathare<br />
Youth <strong>Sport</strong>s Association (Mysa) in<br />
Nairobi, Kenia.<br />
enparlaments» – einer zur Friedensbewegung<br />
gehörenden Gruppe von 3000 Frauen – hat<br />
si<strong>ch</strong> auf hoher Ebene <strong>für</strong> das Programm eingesetzt<br />
<strong>und</strong> viel dazu beigetragen, es besser auf<br />
die Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terglei<strong>ch</strong>stellung auszuri<strong>ch</strong>ten.<br />
Ein anderes Beispiel ist das <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprogramm<br />
im Stadtteil Mathare, einem<br />
Armenviertel in Nairobi (Kenia). Es wird von<br />
der Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association (MYSA)<br />
betrieben, die 1987 mit dem Ziel gegründet<br />
wurde, <strong>Sport</strong>, Jugendentwicklung <strong>und</strong> Engagement<br />
<strong>für</strong> Umweltanliegen miteinander zu kombinieren.<br />
Heute verbindet die Organisation ein<br />
Fussballprogramm mit einem Projekt zur HIV/<br />
Aids-Aufklärung sowie vers<strong>ch</strong>iedenen anderen<br />
gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Diensten (z. B. Kehri<strong>ch</strong>tabfuhr)<br />
<strong>und</strong> Bildungsangeboten.<br />
MYSA hat mit ihren Mäd<strong>ch</strong>enprojekten ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong><br />
die bisherigen, auf Jungen ausgeri<strong>ch</strong>teten<br />
Programme umgemünzt, sondern eigens neue<br />
Projekte entwickelt. Sie berücksi<strong>ch</strong>tigen die spezifis<strong>ch</strong>en<br />
körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> sozialen Bedingungen<br />
<strong>und</strong> Eins<strong>ch</strong>ränkungen, denen si<strong>ch</strong> viele der Mäd<strong>ch</strong>en<br />
in Mathare gegenübersehen. Um in der<br />
Bevölkerung <strong>und</strong> besonders au<strong>ch</strong> bei den Eltern<br />
Unterstützung <strong>für</strong> das Projekt zu gewinnen, besu<strong>ch</strong>ten<br />
MYSA-Vertreter/innen die Mäd<strong>ch</strong>en zu<br />
Hause, führten Gesprä<strong>ch</strong>e mit den Vätern <strong>und</strong><br />
Müttern <strong>und</strong> bezogen sie ins Projekt ein.<br />
Von «Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>»<br />
zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung»<br />
Die Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern<br />
ist ein gr<strong>und</strong>legendes Ziel der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
<strong>und</strong> ein allgemein anerkanntes<br />
ziviles, kulturelles, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es, politis<strong>ch</strong>es<br />
<strong>und</strong> soziales Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t. Frauen nehmen weltweit<br />
weniger an <strong>Sport</strong>aktivitäten teil als Männer<br />
<strong>und</strong> sind au<strong>ch</strong> in den Ents<strong>ch</strong>eidungsgremien von<br />
<strong>Sport</strong>institutionen deutli<strong>ch</strong> unterrepräsentiert.<br />
Eine höhere Frauenbeteiligung im <strong>Sport</strong> muss<br />
daher ein Hauptanliegen von Programmen<br />
im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> sein. In den<br />
vergangenen Jahren hat si<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>werpunkt<br />
der Anstrengungen allerdings von «Gender-<br />
49
Teil II: Themen & Projekte<br />
Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>» zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-<br />
Glei<strong>ch</strong>stellung» verlagert. Heutige Programme<br />
<strong>und</strong> Projekte begnügen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr damit,<br />
ledigli<strong>ch</strong> die Beteiligung von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
zu fördern, sondern zielen auf eine Glei<strong>ch</strong>stellung<br />
von Frauen <strong>und</strong> Männern ab.<br />
<strong>Sport</strong> kann auf vielfältige Weise dazu beitragen,<br />
weiter gefasste Glei<strong>ch</strong>stellungsziele wie<br />
etwa die Stärkung von Re<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> Selbstbestimmungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
zu errei<strong>ch</strong>en.<br />
<strong>Sport</strong> kann Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en Zugang zu<br />
öffentli<strong>ch</strong>en Räumen vers<strong>ch</strong>affen, wo sie si<strong>ch</strong> treffen<br />
können, um zusammen zu lernen, si<strong>ch</strong> gegenseitig<br />
zu unterstützen, <strong>und</strong> wo sie ihre Ausdrucks<strong>und</strong><br />
Bewegungsfreiheit geniessen können.<br />
Für das Empowerment von Frauen wi<strong>ch</strong>tige<br />
Eigens<strong>ch</strong>aften wie Bildung, Kommunikationfähigkeit,<br />
Verhandlungsges<strong>ch</strong>ick <strong>und</strong> Führungsqualitäten<br />
können dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> gefördert werden.<br />
<strong>Sport</strong> kann das Selbstwertgefühl von Frauen<br />
<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en sowie das Bewusstsein da<strong>für</strong> stärken,<br />
dass ihr Körper ihnen selbst gehört. Das trägt<br />
dazu bei, dass sie selbstständiger über ihr eigenes<br />
Leben – insbesondere au<strong>ch</strong> über ihr Sexualleben –<br />
bestimmen können. <strong>Sport</strong> kann ausserdem als<br />
Plattform genutzt werden, um Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />
über Sexual- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsthemen zu informieren.<br />
Dies ist besonders <strong>für</strong> junge, unverheiratete<br />
Frauen wi<strong>ch</strong>tig, da sie oft anderweitig keinen<br />
Zugang zu derartigen Informationen haben.<br />
Wegen seiner Beliebtheit <strong>und</strong> seiner Fähigkeit,<br />
Mens<strong>ch</strong>en zusammenzubringen, ist <strong>Sport</strong> ein guter<br />
Türöffner <strong>für</strong> die Beteiligung von Frauen <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en an anderen <strong>Entwicklung</strong>saktivitäten.<br />
Hindernisse verstehen <strong>und</strong> überwinden<br />
<strong>Sport</strong> ist ein sozialer Prozess, in dem kulturelle<br />
Konstruktionen von Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit<br />
eine S<strong>ch</strong>lüsselrolle spielen.<br />
<strong>Sport</strong> wird traditionellerweise mit Werten<br />
der «Männli<strong>ch</strong>keit» assoziiert. In vielen Gesells<strong>ch</strong>aften<br />
gehört es si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
ni<strong>ch</strong>t, <strong>Sport</strong> zu treiben. Jene, die es trotzdem<br />
tun, laufen Gefahr, als «maskulin» wahrgenommen<br />
zu werden. Umgekehrt gelten Männer, die<br />
keinen <strong>Sport</strong> treiben oder kein Talent da<strong>für</strong> haben,<br />
oft als «unmännli<strong>ch</strong>». Die Definitionen von<br />
Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit sind allerdings<br />
alles andere als statis<strong>ch</strong>, <strong>und</strong> der <strong>Sport</strong> könnte<br />
einen Raum bieten, wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen neu<br />
verhandelt statt weiterzementiert werden.<br />
In man<strong>ch</strong>en Regionen der Welt wird es als<br />
stossend empf<strong>und</strong>en, wenn Frauen in der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />
ihren Körper zeigen oder selbstsi<strong>ch</strong>er<br />
auftreten. Im Zusammenhang mit der<br />
Beteiligung an <strong>Sport</strong>programmen sind Frauen<br />
unter Umständen körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> verbalen Belästigungen<br />
oder anderen Unannehmli<strong>ch</strong>keiten<br />
besonders stark ausgesetzt.<br />
<strong>Sport</strong> ist mit einer Reihe von kulturell bedingten<br />
Vorstellungen über «Arbeit» <strong>und</strong> «Freizeit»<br />
verb<strong>und</strong>en – Kategorien, die von Männern<br />
<strong>und</strong> Frauen oft unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> erlebt <strong>und</strong><br />
gelebt werden. «Reproduktive» Tätigkeiten wie<br />
die Pflege von kranken <strong>und</strong> alten Mens<strong>ch</strong>en,<br />
das Aufziehen von Kindern oder Arbeiten im<br />
Haus, die immer no<strong>ch</strong> vorwiegend von Frauen<br />
<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en ausgeführt werden, sind im Allgemeinen<br />
weder sozial no<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> als<br />
«Arbeit» anerkannt. «Produktive» Tätigkeiten,<br />
die ausserhalb des Hauses ausgeübt <strong>und</strong> von<br />
der Gesells<strong>ch</strong>aft als «Arbeit» anerkannt werden<br />
(Letzteres vor allem dann, wenn sie von Männern<br />
ausgeübt werden), bringen hingegen das<br />
Re<strong>ch</strong>t auf Erholung <strong>und</strong> «Freizeit» mit si<strong>ch</strong>.<br />
In man<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aften wird <strong>Sport</strong> als<br />
«produktiv» gewertet, weil er zur Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Erwerbstätigen beiträgt, besonders <strong>für</strong> jene<br />
mit körperli<strong>ch</strong>er Tätigkeit. Zwar nimmt der Anteil<br />
der Frauen an der erwerbstätigen Bevölkerung<br />
50
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />
in vielen Ländern laufend zu. Denno<strong>ch</strong> gilt <strong>Sport</strong><br />
oft nur dann als positiv, wenn er von Männern<br />
betrieben wird. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten von Frauen<br />
werden hingegen als Zeitvers<strong>ch</strong>wendung oder<br />
gar als ges<strong>und</strong>heitss<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong> wahrgenommen.<br />
Frauen <strong>und</strong> Männer neigen zu unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />
Arten der körperli<strong>ch</strong>en Betätigung, <strong>und</strong><br />
au<strong>ch</strong> ihre Einstellung zum <strong>Sport</strong> kann sehr vers<strong>ch</strong>ieden<br />
sein. So liegt <strong>für</strong> man<strong>ch</strong>e der hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />
Reiz des <strong>Sport</strong>s in seinem Wettkampf<strong>ch</strong>arakter,<br />
während <strong>für</strong> andere beim <strong>Sport</strong>treiben<br />
das Zusammensein mit anderen Mens<strong>ch</strong>en im<br />
Vordergr<strong>und</strong> steht. Die Einstellung zum <strong>Sport</strong><br />
wird zudem au<strong>ch</strong> von der Zugehörigkeit zu einer<br />
bestimmten «Kultur», «ethnis<strong>ch</strong>en» Gruppe, sozio-ökonomis<strong>ch</strong>en<br />
Klasse oder Kaste beeinflusst.<br />
Es fehlt im <strong>Sport</strong> an Frauen, die als Rollenvorbilder<br />
dienen können, beispielsweise als Trainerinnen<br />
oder in anderen Führungsrollen.<br />
Frauen – <strong>und</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> Männer – sehen<br />
si<strong>ch</strong> so mit einer ganzen Reihe von praktis<strong>ch</strong>en<br />
Barrieren konfrontiert, die sie daran hindern, aktiv<br />
am <strong>Sport</strong> teilzuhaben. Um diese Hindernisse<br />
aus dem Weg zu räumen, müssen Initiativen im<br />
Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> die spezifis<strong>ch</strong>en<br />
Perspektiven, Rollen <strong>und</strong> Verantwortli<strong>ch</strong>keiten<br />
von Frauen <strong>und</strong> Männern berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />
Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> Projekte<br />
Die Feststellung, dass Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en oft<br />
vom <strong>Sport</strong> ausges<strong>ch</strong>lossen sind, rei<strong>ch</strong>t <strong>für</strong> ein<br />
erfolgrei<strong>ch</strong>es Projekt ni<strong>ch</strong>t aus. Wi<strong>ch</strong>tiger ist zu<br />
erkennen, dass <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terneutral<br />
ist, sondern si<strong>ch</strong> in einem kulturellen Kontext<br />
abspielt. Um die Verstärkung bestehender Unglei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>te<br />
<strong>und</strong> Klis<strong>ch</strong>ees zu vermeiden,<br />
müssen Faktoren wie das spezifis<strong>ch</strong>e Umfeld,<br />
die Ma<strong>ch</strong>tdynamik oder die Hindernisse, mit<br />
denen si<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Gruppen <strong>und</strong> Personen<br />
beim Zugang zum <strong>Sport</strong> konfrontiert sehen,<br />
einbezogen werden. Dabei ist es von zentraler<br />
Bedeutung, dass die betroffenen Gruppen<br />
<strong>und</strong> Individuen ihre Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen<br />
selbst einbringen können. Unter anderem sind<br />
folgende Punkte zu bedenken:<br />
<strong>Sport</strong>arten – Wel<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>arten passen in<br />
wel<strong>ch</strong>e Kontexte Soll zum Beispiel die Teamarbeit<br />
betont werden Oder geht es mehr um<br />
den Aufbau von physis<strong>ch</strong>er Kraft Oder steht<br />
die Ges<strong>und</strong>heit im Vordergr<strong>und</strong>. Je na<strong>ch</strong> Kontext<br />
müssen <strong>Sport</strong>arten man<strong>ch</strong>mal an die spezifis<strong>ch</strong>en<br />
Bedürfnisse angepasst werden. Die<br />
Grösse des Spielfeldes, des Balls oder des Tors<br />
<strong>und</strong> sogar die Regeln eines Spiels können verändert<br />
werden, um bestimmte Gruppen anzuspre<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> zur Teilnahme zu ermutigen.<br />
Veranstaltungsort – Wel<strong>ch</strong>e sozialen<br />
Normen gibt es in Bezug auf<br />
das Verhalten von Frauen <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en an öffentli<strong>ch</strong>en Orten,<br />
<strong>und</strong> wie werden diese<br />
Normen am besten thematisiert<br />
<strong>Sport</strong>anlagen im<br />
Freien, etwa Fussballplätze,<br />
werden eher von Männern<br />
genutzt, während<br />
ges<strong>ch</strong>lossene Anlagen wie<br />
Fitnessräume häufiger von<br />
Frauen aufgesu<strong>ch</strong>t werden.<br />
Das Bereitstellen von lokalen<br />
<strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Gemeindeeinri<strong>ch</strong>tungen<br />
bringt <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
einen besonders grossen Nutzen.<br />
Art der Betätigung – Es sollte ni<strong>ch</strong>t (immer)<br />
nur der Aspekt des Wettkampfs, sondern au<strong>ch</strong><br />
jener der Teilnahme betont werden. Besondere<br />
<strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Spielveranstaltungen können die<br />
ganze Familie miteinbeziehen (soziale Veran-<br />
«<strong>Sport</strong> ist ein<br />
sozialer Prozess, in<br />
dem kulturelle<br />
Konstruktionen von<br />
Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong><br />
Weibli<strong>ch</strong>keit<br />
eine S<strong>ch</strong>lüsselrolle<br />
spielen.»<br />
51
Teil II: Themen & Projekte<br />
Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>: Wi<strong>ch</strong>tige<br />
internationale Konferenzen<br />
Die erste Weltkonferenz zum Thema Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fand 1994 im britis<strong>ch</strong>en Brighton<br />
statt («First World Conference on Women and <strong>Sport</strong>»). Sie führte zur «Brighton Declaration»<br />
<strong>und</strong> zur Gründung der «International Working Group on Women and <strong>Sport</strong>».<br />
1995 wurde das Thema <strong>Sport</strong> in die «Beijing Platform for Action» (Paragraphen 83,<br />
107 <strong>und</strong> 290) aufgenommen; fünf Jahre später fand es au<strong>ch</strong> Eingang ins<br />
«Beijing+5»- S<strong>ch</strong>lussdokument.<br />
Die «Second World Conference on Women and <strong>Sport</strong>» fand 1998 in Windhoek<br />
(Namibia) statt. Der «Windhoek Call for Action» verlangt ni<strong>ch</strong>t nur die vermehrte<br />
Beteiligung von Frauen am <strong>Sport</strong>, sondern darüber hinaus au<strong>ch</strong> die Förderung des<br />
<strong>Sport</strong>s als Mittel zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung weiter gefasster Ziele in den Berei<strong>ch</strong>en Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Erziehung, Gewaltbekämpfung <strong>und</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te – eine Idee, die 2002 an<br />
der «Third World Conference on Women and <strong>Sport</strong>» in Montreal (Kanada) weiterentwickelt<br />
wurde. Sie umfasst die Integration von <strong>Sport</strong> in Projekte zur Gemeindeentwicklung,<br />
in Informationskampagnen zu Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> anderen Themen sowie<br />
in nationale Kampagnen zur Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> zur Förderung<br />
von Frauenre<strong>ch</strong>ten.<br />
Die «Brighton Declaration» verlangt:<br />
Glei<strong>ch</strong>behandlung <strong>und</strong> Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern in der<br />
Gesells<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> im <strong>Sport</strong><br />
Frauengere<strong>ch</strong>te Planung, Gestaltung <strong>und</strong> Verwaltung von <strong>Sport</strong>einri<strong>ch</strong>tungen<br />
Leitende Stellungen <strong>für</strong> Frauen, sowohl als Coa<strong>ch</strong>es wie au<strong>ch</strong> als Beraterinnen<br />
<strong>und</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungsträgerinnen<br />
Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung als Ziel in Programmen in den Berei<strong>ch</strong>en Erziehung,<br />
Ausbildung <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
Information <strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung zum Thema Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong><br />
Bereitstellung von Mitteln <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>lerinnen sowie <strong>für</strong> spezielle Programme zur<br />
Steigerung der Beteiligung von Frauen am <strong>Sport</strong><br />
Nationale <strong>und</strong> internationale Zusammenarbeit <strong>und</strong> Austaus<strong>ch</strong> von Wissen <strong>und</strong><br />
Erfahrungen<br />
Der «Windhoek Call for Action» verlangt:<br />
Bessere Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen Organisationen im Berei<strong>ch</strong><br />
Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sowie zwis<strong>ch</strong>en diesen Organisationen <strong>und</strong> anderen Akteuren<br />
im Berei<strong>ch</strong> Frauenre<strong>ch</strong>te <strong>und</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung<br />
Programme der öffentli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>shilfe sollen Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />
glei<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>s<strong>ch</strong>ancen bieten wie Männern <strong>und</strong> das Potenzial von <strong>Sport</strong><br />
als Instrument zur Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen anerkennen<br />
Montreal 2002 verlangt:<br />
«Investing in <strong>ch</strong>ange»: mehr Mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>für</strong> Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen, weltweit<br />
am <strong>Sport</strong> teilzuhaben <strong>und</strong> leitende Stellungen einzunehmen<br />
Eine na<strong>ch</strong>haltige Infrastruktur <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> die körperli<strong>ch</strong>e Betätigung von<br />
Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
staltungen) <strong>und</strong> Müttern, Vätern <strong>und</strong> Kindern<br />
die Mögli<strong>ch</strong>keit bieten, aktiv bei sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten<br />
mitzuma<strong>ch</strong>en.<br />
Si<strong>ch</strong>erheit – Wel<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>erheitsmassnahmen<br />
gibt es, um den S<strong>ch</strong>utz von Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />
oder von marginalisierten Männern zu gewährleisten<br />
<strong>und</strong> ihre Teilnahme zu erlei<strong>ch</strong>tern<br />
Die Wahl von si<strong>ch</strong>eren Räumen, gute Beleu<strong>ch</strong>tung,<br />
die Wahl der Tageszeit, der Ort der Veranstaltungen<br />
oder die vorhandenen Transportmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
sind einige relevante Faktoren.<br />
Bilder <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> – Wel<strong>ch</strong>es Bild von <strong>Sport</strong><br />
wird innerhalb von <strong>Sport</strong>organisationen <strong>und</strong> in<br />
den Medien vermittelt Eine positive Spra<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />
die Darstellung von <strong>Sport</strong>lerinnen <strong>und</strong> weibli<strong>ch</strong>en<br />
Vorbildern sind unentbehrli<strong>ch</strong>e Massnahmen zur<br />
Überwindung negativer Wahrnehmungsmuster<br />
<strong>und</strong> sozialer Hindernisse in Bezug auf die Beteiligung<br />
von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en am <strong>Sport</strong>.<br />
Führungsrollen – Können Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />
mitents<strong>ch</strong>eiden Viellei<strong>ch</strong>t ist eine gezielte<br />
Ausbildung <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en zu<br />
Coa<strong>ch</strong>es nötig. Die Förderung von Frauen <strong>und</strong><br />
Mäd<strong>ch</strong>en in Führungsrollen muss beispielsweise<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigen, dass man<strong>ch</strong>e Frauen Mühe haben,<br />
si<strong>ch</strong> in der Gegenwart von Männern auszudrücken.<br />
Getrenntges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />
können in Ergänzung zu gemis<strong>ch</strong>tges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />
Aktivitäten einen Rahmen bieten, in dem<br />
Frauen neben ihrem körperli<strong>ch</strong>en Wohlbefinden<br />
au<strong>ch</strong> ihre Selbstsi<strong>ch</strong>erheit stärken können. Dazu<br />
ist eine unterstützende <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />
fördernde Umgebung nötig.<br />
Art der Rekrutierung – Wie wirkungsvoll<br />
<strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tersensitiv sind Rekrutierungsprogramme<br />
Intensive Programme sind notwendig,<br />
die au<strong>ch</strong> Massnahmen wie Besu<strong>ch</strong>e bei Familien<br />
<strong>und</strong> Eltern eins<strong>ch</strong>liessen können. In diesem<br />
52
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />
Zusammenhang ist es unter Umständen wi<strong>ch</strong>tig,<br />
die so genannten «Gatekeepers» – Familienmitglieder<br />
wie etwa Brüder, Väter oder Mütter, die<br />
in bestimmten sozialen <strong>und</strong> kulturellen Umfeldern<br />
die Aktivitäten der Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en kontrollieren<br />
– zu identifizieren <strong>und</strong> gezielt anzuspre<strong>ch</strong>en.<br />
Es sollte versu<strong>ch</strong>t werden, ni<strong>ch</strong>t nur Mäd<strong>ch</strong>en,<br />
sondern Frauen jeden Alters zu integrieren<br />
<strong>und</strong> ihre Teilnahme aufre<strong>ch</strong>tzuerhalten. Der Einbezug<br />
der Eltern <strong>und</strong> anderer Familienmitglieder<br />
kann hier ebenso helfen wie die Mobilisierung<br />
der Unterstützung seitens der Gemeins<strong>ch</strong>aft.<br />
Informationskampagnen – Werden Gelegenheiten<br />
zur Verbreitung von Information über andere<br />
Belange wie Ges<strong>und</strong>heit oder bürgerli<strong>ch</strong>e<br />
Re<strong>ch</strong>te genutzt Die Dur<strong>ch</strong>führung von <strong>Sport</strong>programmen<br />
zusammen mit anderen Anlässen<br />
am selben Veranstaltungsort kann si<strong>ch</strong> ebenfalls<br />
positiv auf die Beteiligung von Frauen auswirken.<br />
Weil es keine reinen <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />
sind, wird die Teilnahme von Frauen mögli<strong>ch</strong>erweise<br />
eher akzeptiert.<br />
Offene Fragen <strong>und</strong><br />
Handlungspotenzial<br />
Die Frage bleibt offen, inwieweit der <strong>Sport</strong> auf<br />
eine positive Infragestellung bestehender Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />
<strong>und</strong> auf eine von Bevölkerung<br />
<strong>und</strong> Familie akzeptierte Erweiterung des Verhaltensspielraums<br />
von Mäd<strong>ch</strong>en hinzuwirken vermag.<br />
Männli<strong>ch</strong>e Partner <strong>und</strong> Männer in Institutionen<br />
müssen vermehrt <strong>für</strong> die Wi<strong>ch</strong>tigkeit einer<br />
höheren Beteiligung der Frauen sensibilisiert<br />
werden. Ebenso da<strong>für</strong>, wie Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />
<strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>e Arbeitsteilung ihre<br />
Beteiligung ers<strong>ch</strong>weren.<br />
Es sollte untersu<strong>ch</strong>t werden, wie verbreitete Vorstellungen<br />
von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> aggressiver Männli<strong>ch</strong>keit<br />
den Zugang zum <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> bestimmte, den<br />
traditionellen Klis<strong>ch</strong>ees ni<strong>ch</strong>t entspre<strong>ch</strong>ende<br />
Gruppen von Männern beeinträ<strong>ch</strong>tigen.<br />
von Frauen fördern, die Ernährung, Fitness <strong>und</strong><br />
psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ges<strong>und</strong>heit mit eins<strong>ch</strong>liesst, statt si<strong>ch</strong><br />
allein auf Themen wie Fortpflanzung <strong>und</strong> Verhütung<br />
zu konzentrieren.<br />
<strong>Sport</strong> kann eng mit bestimmten Konstruktionen<br />
von Männli<strong>ch</strong>keit wie Aggression <strong>und</strong> Konkurrenz<br />
verb<strong>und</strong>en sein. Es sollte vermehrt reflektiert<br />
werden, wie sol<strong>ch</strong>e Konstruktionen dur<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> oder au<strong>ch</strong> in Konfliktsituationen verstärkt<br />
werden, damit Projekte so konzipiert werden<br />
können, dass sie stattdessen Teamgeist <strong>und</strong> Versöhnung<br />
fördern.<br />
S<strong>ch</strong>lussbemerkungen<br />
Gender Mainstreaming in <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten<br />
heisst verstehen, wel<strong>ch</strong>e Barrieren<br />
Frauen <strong>und</strong> Männer an der Teilnahme<br />
hindern. Erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte handeln auf der<br />
Gr<strong>und</strong>lage dieses Verständnisses, erweitern<br />
oder modifizieren die angebotenen Aktivitäten<br />
entspre<strong>ch</strong>end <strong>und</strong> ergreifen die erforderli<strong>ch</strong>en<br />
zusätzli<strong>ch</strong>en Massnahmen zur Erlei<strong>ch</strong>terung<br />
der Teilnahme aller.<br />
Gender-Mainstreaming sollte von drei Seiten<br />
her angegangen werden:<br />
Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung als ein Transversalthema<br />
(minimale Anforderungen festlegen; Integration<br />
von Gender in die Analyse, Implementierung,<br />
Evaluation <strong>und</strong> das Monitoring aller<br />
Projekte/Programme)<br />
Gender-Programme; Initiativen/Budgets <strong>für</strong><br />
spezifis<strong>ch</strong>e Glei<strong>ch</strong>stellungsbelange<br />
Konsequente Anwendung von Glei<strong>ch</strong>stellungskriterien<br />
in Organisationen; Integration von Gender<br />
in Prozesse, interne Ausbildung, Budgets,<br />
Partners<strong>ch</strong>aften, Organisationskultur; Politik der<br />
Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />
Dieser dreifa<strong>ch</strong>e Ansatz setzt die Erkenntnis voraus,<br />
dass <strong>Sport</strong> mit Vorstellungen von Männli<strong>ch</strong>keit<br />
<strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit verb<strong>und</strong>en ist – sowie<br />
<strong>Sport</strong> kann eine Gelegenheit bieten, Frauen<br />
Zugang zu Information über Fortpflanzung <strong>und</strong><br />
andere ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>e Belange zu vers<strong>ch</strong>affen.<br />
Die Verbindung von Information <strong>und</strong> <strong>Sport</strong><br />
kann eine ganzheitli<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>t der Ges<strong>und</strong>heit<br />
53
Teil II: Themen & Projekte<br />
ein Verständnis der Auswirkungen ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>er<br />
Arbeitsteilung <strong>und</strong> sozio-kultureller<br />
Klis<strong>ch</strong>ees.<br />
Der S<strong>ch</strong>ritt von dieser engeren Ausri<strong>ch</strong>tung<br />
auf Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung in <strong>Sport</strong>projekten<br />
zu einer breiteren Perspektive, bei der das<br />
Potenzial des <strong>Sport</strong>s als Mittel zur generellen<br />
Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong><br />
Männern <strong>und</strong> des Empowerment der Frauen<br />
im Vordergr<strong>und</strong> steht, ist eine Herausforderung<br />
<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>spolitiker wie au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> Praktiker<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>fa<strong>ch</strong>leute. Neue Initiativen müssen<br />
entwickelt werden, die mannigfaltige Lern- <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sgelegenheiten <strong>für</strong> alle Altersgruppen<br />
kombinieren <strong>und</strong> die so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />
Belange wie Frauenges<strong>und</strong>heit, Führungsqualitäten,<br />
Aufklärung über politis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, Empowerment<br />
oder politis<strong>ch</strong>e Organisation anspre<strong>ch</strong>en.<br />
Key Messages<br />
Kulturelle <strong>und</strong> soziale Faktoren führen immer no<strong>ch</strong> zu einer grossen Zahl von<br />
ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>en Barrieren, die Mens<strong>ch</strong>en daran hindern, <strong>Sport</strong> zu treiben.<br />
Die Auseinandersetzung mit Konstruktionen von Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit sowie<br />
mit Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terbeziehungen ist unabdingbar; es rei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t,<br />
ledigli<strong>ch</strong> die vermehrte Beteiligung von Frauen an <strong>Sport</strong>projekten anzustreben.<br />
Neben dem Ziel der Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung in der Welt des <strong>Sport</strong>s wird immer mehr au<strong>ch</strong><br />
das Ziel verfolgt, <strong>Sport</strong> als Instrument zur generellen Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung von<br />
Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> der Ermä<strong>ch</strong>tigung (Empowerment) der Frauen einzusetzen.<br />
Erfolgrei<strong>ch</strong>e Initiativen müssen Faktoren berücksi<strong>ch</strong>tigen wie Art <strong>und</strong> Ort von sportli<strong>ch</strong>en<br />
Aktivitäten, die Si<strong>ch</strong>erheitsbedürfnisse von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, Führungsrollen, der<br />
Bedarf an positiven Bildern oder die Notwendigkeit <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e Rekrutierungsstrategien.<br />
Die Auswirkungen der Beziehungen zwis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> aggressiver Männli<strong>ch</strong>keit auf<br />
<strong>Entwicklung</strong>sprojekte müssen näher untersu<strong>ch</strong>t werden.<br />
<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten können mit weitergehenden Projekten etwa <strong>für</strong> Sensibilisierung,<br />
Ausbildung, <strong>Entwicklung</strong> von Gemeins<strong>ch</strong>aftsstrukturen usw. verb<strong>und</strong>en<br />
werden <strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en willkommene neue Mögli<strong>ch</strong>keiten bieten.<br />
54
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />
«Ishraq» – Eine zweite Chance<br />
<strong>für</strong> junge Frauen<br />
Ort: Vier Dörfer im ägyptis<strong>ch</strong>en Oberland Al-Minya<br />
Zielgruppe: Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> junge Frauen zwis<strong>ch</strong>en 13 <strong>und</strong> 15 Jahren<br />
ohne ausrei<strong>ch</strong>ende S<strong>ch</strong>ulbildung<br />
Organisation: Initiiert wurde das Projekt von Population Council,<br />
Save the Children (USA), Center for Development and Population Activities (CEDPA)<br />
<strong>und</strong> Caritas. Na<strong>ch</strong> der erfolgrei<strong>ch</strong>en Pilotphase wird es heute au<strong>ch</strong> von der<br />
ägyptis<strong>ch</strong>en Regierung mitgetragen.<br />
Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> junge Frauen lernen in<br />
Ägypten in einem dreijährigen Ausbildungsprogramm<br />
ni<strong>ch</strong>t nur Lesen, S<strong>ch</strong>reiben<br />
<strong>und</strong> Mathematik, sondern erlangen<br />
dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>angebote au<strong>ch</strong> ein erhöhtes<br />
Selbstwertgefühl, Si<strong>ch</strong>erheit im Umgang<br />
mit ihrem eigenen Körper <strong>und</strong> ein neues<br />
Verständnis von ihrer Rolle als Frau.<br />
Im Februar 2004 feierten die ersten 200 jungen<br />
Ägypterinnen aus vier Dörfern den erfolgrei<strong>ch</strong>en<br />
Abs<strong>ch</strong>luss des dreijährigen Ausbildungsprogramms<br />
«Ishraq». Die Feierli<strong>ch</strong>keiten fanden im<br />
Beisein von Familienangehörigen, Gemeindeautoritäten<br />
<strong>und</strong> nationalen Regierungsvertretern<br />
statt <strong>und</strong> sind Zei<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> den grossen Rückhalt,<br />
den das Ausbildungsprojekt bei der Bevölkerung<br />
geniesst. In enger Zusammenarbeit mit lokalen<br />
S<strong>ch</strong>ulen <strong>und</strong> Jugendzentren wird «Ishraq» von<br />
ausgebildeten Frauen aus den lokalen Gemeinden<br />
geleitet, die vom Dorfrat gewählt wurden.<br />
Zwei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e versammeln si<strong>ch</strong> die Teilnehmerinnen<br />
auf einem si<strong>ch</strong>eren, von der Umwelt<br />
etwas abges<strong>ch</strong>otteten <strong>Sport</strong>platz. Zu Beginn<br />
des Programms werden sie in traditionelle Spiele<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>arten eingeführt, um si<strong>ch</strong> mit <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
dessen Gr<strong>und</strong>zügen vertraut zu ma<strong>ch</strong>en. Erst im<br />
Ans<strong>ch</strong>luss üben si<strong>ch</strong> die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen<br />
Frauen in Volleyball, Fussball, Handball oder Basketball.<br />
Tis<strong>ch</strong>tennis erweist si<strong>ch</strong> in diesem Zusammenhang<br />
als geeigneter «Übergangssport».<br />
Der <strong>Sport</strong> bringt ni<strong>ch</strong>t nur ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>e Vorteile<br />
<strong>für</strong> die jungen Frauen, sondern trägt au<strong>ch</strong><br />
zu einem besseren Selbstwertgefühl <strong>und</strong> mehr<br />
Si<strong>ch</strong>erheit im Umgang mit ihrem eigenen Körper<br />
bei. Auf dem <strong>Sport</strong>platz können sie Selbstvertrauen,<br />
Führungsqualitäten <strong>und</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungsstärke<br />
entwickeln. Die Veränderungen spiegeln<br />
si<strong>ch</strong> mitunter in der Kleidung: Mit der Zeit getrauen<br />
si<strong>ch</strong> die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen Frauen<br />
immer mehr, neben ihrer traditionellen Kleidung<br />
au<strong>ch</strong> Trainingsanzüge zu tragen.<br />
Im Rahmen des Ausbildungsprogramms arbeiten<br />
die Teilnehmerinnen gemeinsam an Themen<br />
wie Ges<strong>und</strong>heit, Fortpflanzung, Re<strong>ch</strong>t, Familie<br />
oder Identität <strong>und</strong> lernen dabei au<strong>ch</strong> Lesen,<br />
S<strong>ch</strong>reiben <strong>und</strong> Re<strong>ch</strong>nen.<br />
Erfreuli<strong>ch</strong>e Resultate<br />
Das Programm wurde vom Population Council<br />
mit wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Methoden begleitet.<br />
Die international tätige Organisation führte<br />
vor, während <strong>und</strong> na<strong>ch</strong> dem Ausbildungsprogramm<br />
sowohl qualitative als au<strong>ch</strong> quantitative<br />
Untersu<strong>ch</strong>ungen dur<strong>ch</strong>. Die Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse<br />
zeigen einen deutli<strong>ch</strong>en Anstieg des<br />
Bildungsniveaus der jungen Frauen <strong>und</strong> eine<br />
si<strong>ch</strong> verändernde Haltung gegenüber frühen<br />
Heiraten, traditionellen Frauenrollen <strong>und</strong> Genitalbes<strong>ch</strong>neidungen:<br />
Die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen<br />
Frauen wollen ihre Tö<strong>ch</strong>ter ni<strong>ch</strong>t mehr bes<strong>ch</strong>neiden<br />
lassen. Darüber hinaus erlaubt der <strong>Sport</strong><br />
den Absolventinnen, Berei<strong>ch</strong>e des öffentli<strong>ch</strong>en<br />
Raumes vermehrt <strong>für</strong> si<strong>ch</strong> in Anspru<strong>ch</strong> zu nehmen<br />
<strong>und</strong> somit restriktive Verhaltensnormen zu<br />
dur<strong>ch</strong>bre<strong>ch</strong>en.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.popcouncil.org<br />
55
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Entwicklung</strong><br />
56
Einkommens- <strong>und</strong> Arbeitsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>: Herstellung<br />
von Bällen <strong>für</strong> den lokalen Markt in<br />
Teheran (Iran).<br />
57
Teil II: Themen & Projekte<br />
Einst war der <strong>Sport</strong> eine Freizeitbes<strong>ch</strong>äftigung, die nur einigen aufgeklärten<br />
<strong>Sport</strong>begeisterten vorbehalten war. Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hat er si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong><br />
weltweit zu einem Massenphänomen gewandelt. In den entwickelten Ländern<br />
bildet der <strong>Sport</strong> einen eigenen Wirts<strong>ch</strong>aftszweig, der zwei Prozent zum BIP<br />
(Bruttoinlandprodukt) beisteuert. Die Herausforderung besteht heute darin,<br />
den <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> in den weniger entwickelten Ländern so weit zu fördern, dass<br />
er zu einem Faktor <strong>für</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> wird.<br />
Jean-Loup Chappelet<br />
Die ganze Welt wartet gespannt auf dieses<br />
Ereignis. Die Rede ist von der 19. Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft,<br />
die Anfang Juni 2010 im «Soccer<br />
City»-Stadium in Johannesburg in Südafrika angepfiffen<br />
wird. Zum ersten Mal in der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />
des Fussballs wird der neben den Olympis<strong>ch</strong>en<br />
Sommerspielen grösste <strong>Sport</strong>anlass in<br />
Afrika ausgetragen.<br />
H<strong>und</strong>erte von Millionen Dollars werden bis<br />
dann in die Organisation dieses Events geflossen<br />
sein. Viele werden si<strong>ch</strong> fragen, ob dieses<br />
Geld ni<strong>ch</strong>t anderswo besser hätte investiert<br />
werden können. Aber die Organisatoren spre<strong>ch</strong>en<br />
bereits heute von phänomenalen Auswirkungen<br />
auf die Wirts<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>affung<br />
zahlrei<strong>ch</strong>er Arbeitsplätze während der Vorbereitungszeit.<br />
Der Nieders<strong>ch</strong>lag in den Medien<br />
wird no<strong>ch</strong> stärker ausfallen. Während mehr als<br />
eines Monats – im Juni <strong>und</strong> Juli 2010 – werden<br />
alle Medien ihr Augenmerk auf Südafrika ri<strong>ch</strong>ten.<br />
Tausende von Mediens<strong>ch</strong>affenden werden<br />
die Fussballspiele kommentieren, aber au<strong>ch</strong> die<br />
elf Veranstaltungsorte besu<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> vom Land<br />
<strong>und</strong> seinen Leuten beri<strong>ch</strong>ten. Diese Reportagen<br />
werden au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> lange na<strong>ch</strong> den Spielen<br />
Touristen anlocken. Gelingt es Südafrika, diese<br />
Weltmeisters<strong>ch</strong>aft gut zu organisieren, wird es<br />
Unternehmen anziehen, die si<strong>ch</strong> lieber in dieser<br />
Region als in einer anderen niederlassen wollen.<br />
Dies hätte langfristig <strong>für</strong> alle Wirts<strong>ch</strong>aftssektoren<br />
des Landes positive Auswirkungen.<br />
In Bezug auf die <strong>Entwicklung</strong>sprioritäten eines<br />
Landes darf die Angemessenheit eines sol<strong>ch</strong>en<br />
Projekts zu Re<strong>ch</strong>t hinterfragt werden. Gibt es<br />
ni<strong>ch</strong>t andere dringendere Bedürfnisse Wir er-<br />
innern uns an ein Graffiti an einem der Stadien<br />
während der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft 1986<br />
in Mexiko: «No queremos goles, queremos frijoles»<br />
(Wir wollen keine Tore, wir wollen Bohnen).<br />
<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Veranstaltungen weisen angesi<strong>ch</strong>ts<br />
der Globalisierung viel Potenzial auf <strong>und</strong><br />
können als Katalysatoren einer na<strong>ch</strong>haltigen<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> wirken. Südafrika<br />
hat kürzli<strong>ch</strong> eine Strategie <strong>für</strong> die Organisation<br />
von internationalen <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />
eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> der Olympis<strong>ch</strong>en Spiele verabs<strong>ch</strong>iedet.<br />
Aufstrebende Wirts<strong>ch</strong>aftsmä<strong>ch</strong>te wie<br />
Japan (Tokio 1964), Korea (Seoul 1988) <strong>und</strong><br />
China (Beijing 2008) haben bereits zuvor den<br />
glei<strong>ch</strong>en Weg einges<strong>ch</strong>lagen.<br />
Die gesamte Jugend Afrikas, aber au<strong>ch</strong> alle Jugendli<strong>ch</strong>en<br />
der übrigen Kontinente werden si<strong>ch</strong><br />
vor die Bilds<strong>ch</strong>irme drängen – vorausgesetzt, sie<br />
haben einen –, um die Übertragung der Weltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />
in Südafrika mitzuverfolgen. Sie<br />
werden si<strong>ch</strong> mit den Fussballstars identifizieren,<br />
die dann aktuell sein werden. Na<strong>ch</strong> den Spielen<br />
werden sie mit ihren Fre<strong>und</strong>en auf improvisierten<br />
Fussballplätzen Fussball spielen. Einige<br />
werden si<strong>ch</strong> lokalen Klubs ans<strong>ch</strong>liessen in der<br />
Hoffnung, eines Tages auf ganz hohem nationalem<br />
oder internationalem Niveau spielen zu<br />
können.<br />
Vom <strong>Sport</strong>anlass über sportli<strong>ch</strong>e<br />
Aktivitäten hin zur <strong>Sport</strong>ausrüstung<br />
Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen wären nur von<br />
bes<strong>ch</strong>ränktem <strong>und</strong> kurzlebigem Interesse, gelänge<br />
es ihnen ni<strong>ch</strong>t, den Breitensport zu fördern.<br />
Dieser kurbelt den Markt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>artikel<br />
58
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> -anlagen an; von den Turns<strong>ch</strong>uhen<br />
<strong>für</strong> den einzelnen <strong>Sport</strong>ler bis hin zu<br />
Gemeins<strong>ch</strong>aftsanlagen <strong>für</strong> die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>sten<br />
Disziplinen. «Damit<br />
zehn <strong>Sport</strong>ler extrem erfolgrei<strong>ch</strong> sein<br />
können, müssen h<strong>und</strong>ert intensiv <strong>Sport</strong><br />
treiben <strong>und</strong> tausend si<strong>ch</strong> sportli<strong>ch</strong> ertü<strong>ch</strong>tigen»,<br />
erklärte bereits Pierre de<br />
Coubertin 1 . «Um Millionen von T-Shirts<br />
<strong>und</strong> Basketballs<strong>ch</strong>uhen zu verkaufen,<br />
müssen einige Millionen Mens<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong><br />
treiben <strong>und</strong> diese Aktivität mit einem positiven<br />
Image verbinden», könnten heute die Hersteller<br />
von <strong>Sport</strong>artikeln beifügen.<br />
Diese wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Dynamik funktioniert in den<br />
entwickelten Ländern. <strong>Sport</strong> treiben ist zu einem<br />
Ges<strong>ch</strong>äft geworden, an dem si<strong>ch</strong> Vereine oder<br />
private Unternehmen beteiligen, indem sie unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>ste<br />
Dienstleistungen anbieten, die<br />
von einer einfa<strong>ch</strong>en Unterri<strong>ch</strong>tsst<strong>und</strong>e in einem<br />
Klub bis zu einem Abonnement in einem Fitnesszentrum<br />
rei<strong>ch</strong>en. Es gibt au<strong>ch</strong> einen Markt <strong>für</strong><br />
<strong>Sport</strong>events, der si<strong>ch</strong> aus den TV-Übertragungsre<strong>ch</strong>ten,<br />
der Vermarktung von Grossanlässen<br />
<strong>und</strong> dem Verkauf von Eintritten speist. Diese<br />
drei Märkte – sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten, <strong>Sport</strong>ausrüstung<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>anlässe – wirken aufeinander<br />
ein <strong>und</strong> bilden zusammen einen eigenen ni<strong>ch</strong>t<br />
unbedeutenden Wirts<strong>ch</strong>aftszweig, der ständig<br />
im Wa<strong>ch</strong>stum begriffen ist. Der <strong>Sport</strong> ist ni<strong>ch</strong>t<br />
nur zu einem Verbrau<strong>ch</strong>sgut geworden, sondern<br />
verbrau<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> selbst Güter. Er s<strong>ch</strong>afft<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Rei<strong>ch</strong>tum <strong>und</strong> neue Arbeitsplätze<br />
<strong>und</strong> wirkt si<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>zeitig positiv auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />
jener aus, die ihn praktizieren.<br />
Wie kann eine sol<strong>ch</strong>e Dynamik au<strong>ch</strong> in den weniger<br />
entwickelten Ländern greifen Eine von<br />
der Unesco im Jahr 1995 dur<strong>ch</strong>geführte Studie<br />
über die Situation des <strong>Sport</strong>s in den weniger<br />
entwickelten Ländern Afrikas (eine der wenigen<br />
verfügbaren Studien auf diesem Gebiet)<br />
ma<strong>ch</strong>t deutli<strong>ch</strong>, dass das Niveau sportli<strong>ch</strong>er Betätigung<br />
sehr niedrig ist. Dies ist insbesondere<br />
auf fehlenden <strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t an den S<strong>ch</strong>ulen,<br />
einen Mangel an <strong>Sport</strong>lehrern <strong>und</strong> Trainern<br />
sowie sportli<strong>ch</strong>en Anlagen – vor allem <strong>für</strong><br />
<strong>Sport</strong>arten, die anspru<strong>ch</strong>svolle Einri<strong>ch</strong>tungen<br />
erfordern – zurückzuführen. Diese Situation ist<br />
ihrerseits bedingt dur<strong>ch</strong> ungenügende Staatsausgaben<br />
<strong>und</strong> eine Bevölkerungsexplosion,<br />
«Zusätzli<strong>ch</strong> zu direkten<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Auswirkungen<br />
wie der S<strong>ch</strong>affung von neuen<br />
Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten hat<br />
der <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e<br />
indirekte ökonomis<strong>ch</strong>e Effekte.»<br />
wel<strong>ch</strong>e die Verfügbarkeit dieser unerlässli<strong>ch</strong>en<br />
mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> materiellen Ressourcen pro<br />
Bewohner no<strong>ch</strong> weiter eins<strong>ch</strong>ränkt.<br />
Die von den <strong>Entwicklung</strong>sagenturen finanzierten<br />
Projekte, die die fehlenden staatli<strong>ch</strong>en<br />
Ausgaben im Berei<strong>ch</strong> der Ausbildung <strong>und</strong> der<br />
<strong>Sport</strong>einri<strong>ch</strong>tungen wettma<strong>ch</strong>en sollen, können<br />
zu einer Förderung des Breitensports <strong>und</strong> zur<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> in diesen Regionen<br />
<strong>und</strong> Ländern beitragen.<br />
Es gibt immer mehr Beispiele, die diese These<br />
untermauern:<br />
In Afrika, insbesondere in Zentralafrika, Kongo,<br />
Ghana, Guinea-Bissau, Lesotho, Mosambik,<br />
Sao Tomé <strong>und</strong> Sambia hat die Stiftung «Olympafrica»,<br />
die unter anderem vom Internationalen<br />
Olympis<strong>ch</strong>en Komitee <strong>und</strong> Daimler Chrysler<br />
finanziell unterstützt wird, einfa<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>anlagen<br />
erri<strong>ch</strong>tet <strong>und</strong> eine Gr<strong>und</strong>ausrüstung zur<br />
Verfügung gestellt, um sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />
zu fördern, insbesondere auf dem Gebiet der<br />
Lei<strong>ch</strong>tathletik. Jede dieser Anlagen s<strong>ch</strong>afft Arbeitsplätze<br />
<strong>und</strong> fördert dadur<strong>ch</strong> die lokale Wirts<strong>ch</strong>aftstätigkeit<br />
(vgl. S. 63).<br />
In der Karibik, insbesondere auf der Insel St.-<br />
Kitts, ist das STRONG-Projekt, das seit se<strong>ch</strong>s Jahren<br />
von der Vereinigung Commonwealth Games<br />
Canada unterstützt wird, erfolgrei<strong>ch</strong>. Es motiviert<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e, im Rahmen des S<strong>ch</strong>ulsystems <strong>Sport</strong>-,<br />
Spra<strong>ch</strong>- <strong>und</strong> Informatikst<strong>und</strong>en zu besu<strong>ch</strong>en,<br />
damit sie si<strong>ch</strong> auf dem Arbeitsmarkt behaupten<br />
können <strong>und</strong> Praktika in den lokalen Unternehmen<br />
finden. Es ist vorgesehen, dieses Projekt auf andere<br />
Inseln der Region auszudehnen.<br />
1<br />
Der französis<strong>ch</strong>e Pädagoge <strong>und</strong><br />
Historiker Pierre Baron de Coubertin<br />
(1863–1937) gilt als Vater der Idee, die<br />
Olympis<strong>ch</strong>en Spiele «in modernisierter<br />
Gestalt, aber unter mögli<strong>ch</strong>ster Annäherung<br />
an die Antike <strong>und</strong> auf internationaler<br />
Gr<strong>und</strong>lage» wieder aufleben zu<br />
lassen.<br />
59
Teil II: Themen & Projekte<br />
«Die sportli<strong>ch</strong>e<br />
Unterentwicklung<br />
der Länder des<br />
Südens geht Hand in<br />
Hand mit ihrer wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Unterentwicklung.»<br />
In Afghanistan, in Südasien, in Bolivien<br />
<strong>und</strong> in anderen Ländern führt die französis<strong>ch</strong>e<br />
Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation «<strong>Sport</strong> sans Frontières»<br />
Projekte dur<strong>ch</strong>, die darauf abzielen, den<br />
Zugang zu sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten <strong>für</strong> alle <strong>und</strong><br />
eine lokale Wirts<strong>ch</strong>aftsentwicklung zu fördern.<br />
Seit r<strong>und</strong> zwanzig Jahren finanzieren internationale<br />
<strong>Sport</strong>verbände wie die Fiba (Basketball),<br />
die Fifa (Fussball) <strong>und</strong> die FIVB (Volleyball)<br />
den Bau von Anlagen <strong>und</strong> stellen die<br />
Ausrüstung <strong>für</strong> ihre <strong>Sport</strong>arten zur Verfügung.<br />
Obwohl die Förderung ihrer Disziplinen im<br />
Vordergr<strong>und</strong> steht, wirken si<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Projekte<br />
au<strong>ch</strong> positiv auf die Wirts<strong>ch</strong>aft der betroffenen<br />
Städte aus.<br />
In den entwickelten Ländern Europas konnten<br />
si<strong>ch</strong> die ländli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> bergigen Regionen<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> wieder auffangen dank einem<br />
neuen Angebot an Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> in der<br />
freien Natur, teilweise verb<strong>und</strong>en mit kulturellen<br />
<strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Anlässen. Es ist ihnen<br />
dadur<strong>ch</strong> gelungen, eine neue Gruppe von Touristen<br />
anzuspre<strong>ch</strong>en. Diese Aktivitäten <strong>und</strong> die<br />
erforderli<strong>ch</strong>e Umgestaltung der Naturräume haben<br />
einen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Mehrwert gebra<strong>ch</strong>t.<br />
Zusätzli<strong>ch</strong> zur S<strong>ch</strong>affung von Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen<br />
kann der <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> indirekte ökonomis<strong>ch</strong>e<br />
Auswirkungen haben.<br />
Beispielsweise kann er<br />
die Leistungsfähigkeit einer<br />
Volkswirts<strong>ch</strong>aft verbessern,<br />
indem er einen Beitrag<br />
zur Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung<br />
der Ges<strong>und</strong>heit<br />
der Bevölkerung leistet.<br />
Die Folgen sind weniger<br />
krankheitsbedingte Produktionsausfälle<br />
<strong>und</strong> geringere<br />
Ausgaben <strong>für</strong> das Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />
Über den <strong>Sport</strong><br />
können Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
zudem gr<strong>und</strong>legende soziale <strong>und</strong> organisatoris<strong>ch</strong>e<br />
Kompetenzen erwerben, die au<strong>ch</strong><br />
im wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Leben wi<strong>ch</strong>tig sind. Vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Beispiele zeigen ausserdem, dass <strong>Sport</strong> ein<br />
gutes Mittel ist, um Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> die Teilnahme<br />
an Ausbildungsprogrammen zu motivieren <strong>und</strong><br />
sie bei der Stange zu halten.<br />
Erfolgsfaktoren<br />
Es gibt nur sehr wenige Studien über die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Auswirkungen von <strong>Sport</strong>projekten<br />
in den weniger entwickelten Ländern. In den<br />
Ländern des Nordens wurden makroökonomis<strong>ch</strong>e<br />
Analysen über die Grösse des <strong>Sport</strong>sektors<br />
angestellt, insbesondere unter der S<strong>ch</strong>irmherrs<strong>ch</strong>aft<br />
der Europäis<strong>ch</strong>en Union. Zahlrei<strong>ch</strong>e<br />
Ma<strong>ch</strong>barkeitsstudien von <strong>Sport</strong>anlässen wurden<br />
oft bereits vor ihrer Dur<strong>ch</strong>führung gema<strong>ch</strong>t, sei<br />
es von Seiten der Be<strong>für</strong>worter oder der Gegner<br />
sol<strong>ch</strong>er Projekte, die beide mit überzeugenden<br />
Argumenten auftrumpfen wollen. In Nordamerika<br />
wurden unabhängige Wirts<strong>ch</strong>aftsstudien<br />
dur<strong>ch</strong>geführt, um herauszufinden, ob die professionellen<br />
Teams <strong>und</strong> ihre <strong>Sport</strong>anlagen einen<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Einfluss auf die Region haben,<br />
in denen sie si<strong>ch</strong> niedergelassen haben. Die Ergebnisse<br />
fielen meist negativ aus.<br />
Es ist also Vorsi<strong>ch</strong>t angebra<strong>ch</strong>t bezügli<strong>ch</strong> der<br />
direkten wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Auswirkungen, die von<br />
einem <strong>Sport</strong>projekt erwartet werden können.<br />
Eine Evaluation ist nur glaubwürdig, wenn sie<br />
alle wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en, sozialen <strong>und</strong> ökologis<strong>ch</strong>en<br />
Faktoren eines Anlasses berücksi<strong>ch</strong>tigt. In den<br />
meisten Fällen fehlt es an ex-post-Studien <strong>und</strong><br />
Kosten-Nutzen-Analysen – au<strong>ch</strong> in den entwickelten<br />
Ländern. Sol<strong>ch</strong>e würden den Behörden<br />
wi<strong>ch</strong>tige Informationen über den Nutzen <strong>und</strong><br />
die Na<strong>ch</strong>haltigkeit von Subventionen <strong>und</strong> Spenden<br />
im <strong>Sport</strong>berei<strong>ch</strong> liefern.<br />
Hinzu kommt, dass der <strong>Sport</strong> heute mit Problemen<br />
konfrontiert wird wie Doping, Gewalt <strong>und</strong><br />
Korruption, die in den Ländern des Nordens<br />
Zweifel aufkommen lassen an seinen sozioökonomis<strong>ch</strong>en<br />
Vorteilen. Diese negativen Seiten<br />
des <strong>Sport</strong>s dürfen ni<strong>ch</strong>t in die Länder des Südens<br />
exportiert werden. Es muss si<strong>ch</strong>ergestellt<br />
werden, dass die Projekte, die in diesen Ländern<br />
dur<strong>ch</strong>geführt werden, auf den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />
des «S.A.F.E»-<strong>Sport</strong>s beruhen. Diese einfa<strong>ch</strong>e<br />
Abkürzung steht <strong>für</strong> folgende Qualitäten<br />
sportli<strong>ch</strong>er Aktivitäten:<br />
Na<strong>ch</strong>haltig (sustainable): Die Projekte vermeiden<br />
die Einführung von Strukturen, wel<strong>ch</strong>e<br />
60
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
die Kultur der Einheimis<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t respektieren<br />
oder den lokalen Bedingungen ni<strong>ch</strong>t gebührend<br />
Re<strong>ch</strong>nung tragen. Sie fördern eine na<strong>ch</strong>haltige<br />
<strong>Entwicklung</strong> der Region.<br />
Ohne Su<strong>ch</strong>tmittel (Addiction-free): Die Projekte<br />
raten von der Einnahme gefährli<strong>ch</strong>er Substanzen<br />
ab, die einzig der Leistungssteigerung dienen<br />
<strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heit der <strong>Sport</strong>ler/innen s<strong>ch</strong>aden.<br />
Sie fördern einen drogenfreien Lebensstil <strong>und</strong> einen<br />
ges<strong>und</strong>en Umgang mit dem Körper.<br />
Fair: Die Projekte verurteilen jegli<strong>ch</strong>e Form<br />
der Diskriminierung <strong>und</strong> der physis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Gewalt. Sie stellen si<strong>ch</strong>er, dass der<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> das faire Spiel als Mittel <strong>für</strong> die ganzheitli<strong>ch</strong>e<br />
Erziehung von Jugendli<strong>ch</strong>en genutzt<br />
werden.<br />
Ethis<strong>ch</strong>: Die Projekte verurteilen jegli<strong>ch</strong>e Form<br />
der Korruption <strong>und</strong> kriminelle Ma<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aften.<br />
Sie tragen zu einer ges<strong>und</strong>en Wirts<strong>ch</strong>aft bei <strong>und</strong><br />
respektieren universelle moralis<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>sätze.<br />
Diese vier Gr<strong>und</strong>sätze sind Bestandteile der<br />
Magglingen Deklaration, die anlässli<strong>ch</strong> der<br />
1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
im Februar 2003 verabs<strong>ch</strong>iedet wurde<br />
(vgl. S. 11).<br />
Offene Fragen<br />
Im Zusammenhang mit der Nutzung des <strong>Sport</strong>s<br />
als Motor <strong>für</strong> die Wirts<strong>ch</strong>aftsförderung in den<br />
weniger entwickelten Ländern gibt es no<strong>ch</strong> offene<br />
Fragen, die es zu berücksi<strong>ch</strong>tigen gilt.<br />
Die «Abwanderung der Muskeln» («muscledrain»)<br />
analog zur Abwanderung der grauen<br />
Zellen («brain-drain») bedroht zahlrei<strong>ch</strong>e Länder<br />
Afrikas, Lateinamerikas, der Karibik <strong>und</strong><br />
Asiens. Sie sind ni<strong>ch</strong>t in der Lage, ihren besten<br />
Athleten jene wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Bedingungen<br />
zu gewähren, die sie zur Auss<strong>ch</strong>öpfung ihrer<br />
Talente bräu<strong>ch</strong>ten. Diese Athleten bauen ihre<br />
sportli<strong>ch</strong>e Laufbahn meistens in Europa, in Nordamerika<br />
oder in den Golfstaaten auf. Im Fussball<br />
<strong>und</strong> in der Lei<strong>ch</strong>tathletik ist dieses Phänomen<br />
seit längerer Zeit bekannt, do<strong>ch</strong> nun greift<br />
es au<strong>ch</strong> auf andere <strong>Sport</strong>arten über. Dabei werden<br />
zweideutige, ja sogar illegale Ges<strong>ch</strong>äfte<br />
getrieben, wel<strong>ch</strong>e die sportli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> in<br />
den betroffenen Ländern behindern. Es liegen<br />
Vors<strong>ch</strong>läge <strong>für</strong> die Einführung einer «Coubertobin-Steuer»<br />
2 <strong>für</strong> den Transfer sol<strong>ch</strong>er Athleten<br />
<strong>und</strong> Spieler vor. Und langfristig könnte mit Hilfe<br />
der lokalen Sponsoren <strong>und</strong> Medien ein Markt<br />
<strong>für</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen in den Ländern des<br />
Südens aufgebaut werden, der dazu beitragen<br />
würde, dieses Phänomen zu unterbinden.<br />
Heute werden die meisten <strong>Sport</strong>artikel in den<br />
am wenigsten entwickelten Ländern hergestellt.<br />
In diesen Ländern sind die Arbeitskräfte billig<br />
<strong>und</strong> die Arbeitsbedingungen mitunter inakzeptabel.<br />
Renommierte Markenhersteller werden<br />
verdä<strong>ch</strong>tigt, in ihren Fabriken Kinder einzustellen,<br />
um Bälle, Turns<strong>ch</strong>uhe oder <strong>Sport</strong>bekleidung<br />
anzufertigen. Der Weltverband der <strong>Sport</strong>artikelindustrie<br />
hat in diesem Zusammenhang<br />
Kontrollme<strong>ch</strong>anismen <strong>und</strong> ein Label-System<br />
eingeführt. Aufmerksame <strong>und</strong> bewusste Konsumenten/-innen<br />
in den entwickelten Ländern <strong>und</strong><br />
wa<strong>ch</strong>sende lokale <strong>Sport</strong>artikelmärkte können<br />
diesem Problem entgegenwirken.<br />
Seit langem weisen wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Studien<br />
auf einen direkten Zusammenhang hin zwis<strong>ch</strong>en<br />
den sportli<strong>ch</strong>en Leistungen auf internationaler<br />
Ebene <strong>und</strong> der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong><br />
eines Landes <strong>und</strong> seiner Bewohner. Die Wissens<strong>ch</strong>after<br />
können also genau vorhersagen, wie<br />
viele Medaillen jedes Land an den Olympis<strong>ch</strong>en<br />
Spielen gewinnen wird. Es ist zudem bekannt,<br />
dass ungefähr drei Viertel aller Nationen, die<br />
Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />
haben eine positive <strong>Entwicklung</strong>swirkung,<br />
wenn es ihnen gelingt,<br />
den Breitensport zu fördern: Nelson<br />
Mandela (re<strong>ch</strong>ts) <strong>und</strong> Desmond<br />
Tutu feiern die Vergabe der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aften<br />
2010<br />
an Südafrika.<br />
2<br />
Vladimir Andreff, Professor an der<br />
Universität Paris-Sorbonne, entwickelte<br />
2003 die Idee einer Steuer, die <strong>Sport</strong>vereine<br />
in den entwickelten Ländern<br />
<strong>für</strong> den Transfer von <strong>Sport</strong>lern/-innen<br />
aus dem Süden zu entri<strong>ch</strong>ten hätten. In<br />
Anspielung auf Pierre de Coubertin <strong>und</strong><br />
den Ökonomen James Tobin wird sie<br />
«Coubertobin-Steuer» genannt.<br />
61
Teil II: Themen & Projekte<br />
an den Olympis<strong>ch</strong>en Spielen oder anderen<br />
Meisters<strong>ch</strong>aften teilnehmen, keine Medaille<br />
na<strong>ch</strong> Hause bringen. Dieser Umstand könnte<br />
langfristig diese sportli<strong>ch</strong>en Begegnungen, die<br />
<strong>für</strong> die internationale Zusammenarbeit von grosser<br />
Bedeutung sind, gefährden. Einzig eine Zunahme<br />
aller sportli<strong>ch</strong>en Disziplinen in den am<br />
wenigsten entwickelten Ländern könnte diesen<br />
Trend umkehren <strong>und</strong> eine gemeinsame Identität<br />
fördern, eine Identität, die au<strong>ch</strong> einen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> sozialen Wert hat.<br />
Die sportli<strong>ch</strong>e Unterentwicklung der Länder des<br />
Südens geht Hand in Hand mit ihrer wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
Unterentwicklung. Gelingt es, den <strong>Sport</strong><br />
in diesen Ländern auf na<strong>ch</strong>haltige <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e<br />
Weise zu fördern, so besteht die Hoffnung, dass<br />
diese negative Spirale dur<strong>ch</strong>bro<strong>ch</strong>en wird <strong>und</strong><br />
Aktivitäten freigesetzt werden, die zu wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em<br />
<strong>und</strong> sozialem Wa<strong>ch</strong>stum führen, ohne<br />
dadur<strong>ch</strong> die Umwelt zu gefährden.<br />
Südafrika hat si<strong>ch</strong> mit der Organisation der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />
2010 <strong>und</strong> anderer grossen<br />
<strong>Sport</strong>anlässe dieser Herausforderung gestellt.<br />
Wie es sie meistern wird, kann man in den<br />
nä<strong>ch</strong>sten Jahren mitverfolgen. Der Fall Südafrika<br />
könnte andere <strong>Entwicklung</strong>sländer dazu anspornen,<br />
ebenfalls <strong>Sport</strong>projekte zu lancieren, die einen<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Nutzen mit si<strong>ch</strong> bringen. <br />
Key Messages<br />
<strong>Sport</strong>, insbesondere der Breitensport, kann zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> einer<br />
Region beitragen.<br />
Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen sind einer langfristigen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong><br />
vor allem dann dienli<strong>ch</strong>, wenn es ihnen gelingt, den Breitensport zu fördern.<br />
<strong>Sport</strong> ermögli<strong>ch</strong>t die <strong>Entwicklung</strong> von drei vers<strong>ch</strong>iedenen Märkten: <strong>Sport</strong>aktivitäten,<br />
<strong>Sport</strong>ausrüstung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>events. Gemeinsam bilden diese einen viel verspre<strong>ch</strong>enden<br />
Wirts<strong>ch</strong>aftszweig.<br />
Von <strong>Entwicklung</strong>sagenturen finanzierte <strong>Sport</strong>projekte können zu einer Förderung des<br />
Breitensports <strong>und</strong> somit zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> beitragen.<br />
Die umweltverträgli<strong>ch</strong>e Nutzbarma<strong>ch</strong>ung von Naturräumen <strong>für</strong> sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />
belebt den Tourismus, vielfa<strong>ch</strong> die wi<strong>ch</strong>tigste Einnahmequelle einer Region.<br />
Die indirekten ökonomis<strong>ch</strong>en Auswirkungen des Breitensports sind erhebli<strong>ch</strong>: <strong>Sport</strong><br />
fördert die Ges<strong>und</strong>heit, erhöht die Leistungsfähigkeit, vermindert krankheits- <strong>und</strong> motivationsbedingte<br />
Produktionsausfälle <strong>und</strong> entlastet das Ges<strong>und</strong>heitssystem.<br />
<strong>Sport</strong> eignet si<strong>ch</strong> hervorragend, um Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> die Teilnahme an Ausbildungsprogrammen<br />
zu motivieren <strong>und</strong> sie bei der Stange zu halten.<br />
Die negativen Seiten des <strong>Sport</strong>s – Doping, Gewalt <strong>und</strong> Korruption – gefährden die<br />
wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Dynamik. Ihnen kann mit gezielter, auf bewährten Prinzipien <strong>und</strong><br />
Werten aufbauender Projektarbeit begegnet werden.<br />
Der Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> bietet viel Raum <strong>für</strong> weitere<br />
Fors<strong>ch</strong>ungsarbeiten.<br />
62
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
«Olympafrica» – Mit <strong>Sport</strong><br />
gegen die Armut<br />
Ort: Afrika, insbesondere Zentralafrika, Kongo, Burkina Faso, Ghana,<br />
Guinea-Bissau, Lesotho, Mosambik, São Tomé <strong>und</strong> Príncipe, Sambia <strong>und</strong> Südafrika<br />
Zielgruppe: Kinder <strong>und</strong> junge Erwa<strong>ch</strong>sene<br />
Organisation: Initiiert wurde das Projekt vom Internationalen Olympis<strong>ch</strong>en<br />
Komitee (IOC) <strong>und</strong> Daimler Chrysler. Finanzielle Unterstützung erhält es von<br />
der Weltbank <strong>und</strong> dem französis<strong>ch</strong>en Aussenministerium.<br />
Olympis<strong>ch</strong>e Spiele in Afrika In vielen<br />
Ländern werden diese bereits heute<br />
ausgetragen. Dabei gewinnen aber<br />
keine Spitzensportler/innen, sondern<br />
das Kleingewerbe, die Arbeit Su<strong>ch</strong>enden<br />
<strong>und</strong> die lokale Wirts<strong>ch</strong>aft.<br />
Auf die Frage, wie der olympis<strong>ch</strong>e Geist zur <strong>Entwicklung</strong><br />
der ärmsten Weltregionen konkret beitragen<br />
kann, fand der frühere IOC-Präsident Juan<br />
Antonio Samaran<strong>ch</strong> eine überzeugende Antwort:<br />
das Programm «Olympafrica». Erste Gehversu<strong>ch</strong>e<br />
wurden 1990 in Somone unternommen, einem<br />
verarmten Fis<strong>ch</strong>erdorf in der Nähe von Dakar<br />
(Senegal). Heute finden si<strong>ch</strong> in ganz Afrika über<br />
30 «Olympafrica»-Zentren, in denen <strong>Sport</strong>, Spiel,<br />
Kultur <strong>und</strong> Erziehung erfolgrei<strong>ch</strong> zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>Entwicklung</strong> einer Region beitragen.<br />
Die vers<strong>ch</strong>iedenen Zentren zielen primär darauf<br />
ab, die oft abgelegenen <strong>und</strong> verarmten Gebiete<br />
<strong>für</strong> die Jugendli<strong>ch</strong>en attraktiv zu halten <strong>und</strong> so<br />
die Abwanderung in die grossen Städte einzudämmen.<br />
Sie wollen den Zusammenhalt in einer<br />
Region fördern <strong>und</strong> jungen Erwa<strong>ch</strong>senen Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
bieten, si<strong>ch</strong> berufli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />
zu engagieren <strong>und</strong> ihre Talente zu entfalten.<br />
Zu den Prinzipien von «Olympafrica» gehört es,<br />
dass die Initiative zur S<strong>ch</strong>affung eines Zentrums<br />
von der lokalen Bevölkerung ausgehen muss.<br />
Bau <strong>und</strong> Unterhalt werden in enger Zusammenarbeit<br />
mit Jugendorganisationen, den Behörden<br />
<strong>und</strong> dem lokalen Gewerbe konzipiert <strong>und</strong> in<br />
Angriff genommen. Das Baumaterial stammt aus<br />
der Region, <strong>Sport</strong>ausrüstungen <strong>und</strong> -geräte werden<br />
in lokalen Werkstätten hergestellt. Ein mögli<strong>ch</strong>st<br />
breit abgestützter «Lokaler Olympis<strong>ch</strong>er<br />
Klub» übernimmt die Leitung des Zentrums <strong>und</strong><br />
garantiert Unterhalt <strong>und</strong> Kontinuität.<br />
Die «Olympafrica»-Zentren sind multidimensional<br />
angelegt. Sie umfassen typis<strong>ch</strong>erweise eine<br />
einfa<strong>ch</strong> gehaltene <strong>Sport</strong>anlage mit Rennbahn,<br />
Fussballplatz, Ballsportfeld, Garderobe <strong>und</strong><br />
Empfangss<strong>ch</strong>alter. Darüber hinaus bieten sie<br />
S<strong>ch</strong>ul- <strong>und</strong> Unterri<strong>ch</strong>tsräume an, eine Sanitätsstation<br />
<strong>und</strong> ein Gemeindezentrum. Kulturelle<br />
Bedürfnisse werden mit Foyer, Bibliothek, Bühne<br />
sowie mit Ateliers abgedeckt.<br />
Ausdehnung auf andere Kontinente<br />
Ni<strong>ch</strong>t nur im senegalesis<strong>ch</strong>en Somone entwickelte<br />
si<strong>ch</strong> das «Olympafrica»-Zentrum zu einem<br />
wi<strong>ch</strong>tigen <strong>Entwicklung</strong>smotor. Au<strong>ch</strong> im von Armut<br />
<strong>und</strong> Ho<strong>ch</strong>wassers<strong>ch</strong>äden gezei<strong>ch</strong>neten mosambikanis<strong>ch</strong>en<br />
Dorf Boane spielt das «Olympafrica»-<br />
Zentrum bei einem <strong>Entwicklung</strong>sprogramm von<br />
ILO (International Labour Organisation) <strong>und</strong><br />
IOC eine gewi<strong>ch</strong>tige Rolle. Während das IOC<br />
die S<strong>ch</strong>ulgelder von r<strong>und</strong> 600 S<strong>ch</strong>ülern/-innen<br />
finanziert, die im Zentrum ausgebildet werden,<br />
näht eine Kooperative von Frauen die passenden<br />
S<strong>ch</strong>uluniformen. Zudem bietet das Zentrum<br />
<strong>Sport</strong>mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>für</strong> r<strong>und</strong> 1000 Kinder aus<br />
der Umgebung. Auf diesen positiven Erfahrungen<br />
aufbauend, wurden jüngst zwei ähnli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sprogramme,<br />
«OlympAsia» <strong>und</strong> «Olymp-<br />
Oceania», in Angriff genommen.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.olympafrica.org<br />
63
Teil II: Themen & Projekte<br />
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation<br />
<strong>und</strong> Mobilisierung
<strong>Sport</strong> als Kanal <strong>für</strong> die Vermittlung<br />
von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong><br />
die Sensibilisierung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsthemen:<br />
Plakat <strong>für</strong> den Laufwettbewerb<br />
«Rennen gegen Aids» in Indien.<br />
65
Teil II: Themen & Projekte<br />
Dank seiner grossen Popularität <strong>und</strong> medialen Präsenz ist der <strong>Sport</strong> ein wirksames<br />
Instrument <strong>für</strong> die Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften an breite<br />
Bevölkerungskreise. Sein hohes Mobilisierungspotenzial wird allerdings no<strong>ch</strong><br />
wenig systematis<strong>ch</strong> genutzt.<br />
Daniele Waldburger<br />
Die Na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>t ers<strong>ch</strong>ütterte die Welt: Am 7. November<br />
1991 gibt Earvin Magic Johnson, der<br />
beste Basketballer der Welt, an einer Pressekonferenz<br />
in Los Angeles seine Infizierung mit<br />
dem HI-Virus bekannt. Glei<strong>ch</strong>zeitig zieht si<strong>ch</strong><br />
das Idol von Millionen von Jugendli<strong>ch</strong>en weltweit<br />
mit sofortiger Wirkung vom aktiven <strong>Sport</strong><br />
zurück.<br />
Die Ankündigung löst in der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />
weltweit Bestürzung aus. Zuglei<strong>ch</strong> markiert sie<br />
einen Meilenstein im Kampf gegen HIV/Aids:<br />
Mit Magic Johnson bekennt si<strong>ch</strong> erstmals ein<br />
Superstar <strong>und</strong> Jugendidol offen zu seiner Krankheit.<br />
Er trägt damit ents<strong>ch</strong>eidend zur Enttabuisierung<br />
des bis dahin gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> verdrängten<br />
«I<strong>ch</strong> bin HIV-positiv.»<br />
Magic Johnson während<br />
der Pressekonferenz im<br />
November 1991.<br />
Themas <strong>und</strong> zur Entstigmatisierung von HIV-Infizierten<br />
bei – zwei der wi<strong>ch</strong>tigsten Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine wirksame HIV/Aids-Prävention<br />
<strong>und</strong> -Bekämpfung.<br />
Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften<br />
an breite Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten<br />
Das Beispiel illustriert auf eindrückli<strong>ch</strong>e Weise,<br />
dass <strong>Sport</strong> ein hervorragendes Mittel <strong>für</strong> die<br />
Vermittlung von entwicklungsrelevanten Bots<strong>ch</strong>aften<br />
ist. Kaum eine andere Aktivität geniesst<br />
höhere Popularität, erhält grössere mediale<br />
Aufmerksamkeit <strong>und</strong> errei<strong>ch</strong>t damit mehr Mens<strong>ch</strong>en<br />
– auf der globalen ebenso wie auf der<br />
regionalen <strong>und</strong> lokalen Ebene.<br />
Egal ob in Brasilien, Kenia, Bhutan oder der Ukraine,<br />
überall identifizieren si<strong>ch</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
mit lokalen <strong>und</strong> nationalen <strong>Sport</strong>idolen<br />
<strong>und</strong> eifern ihnen na<strong>ch</strong>. Internationale Stars<br />
wie Ronaldinho, David Beckham oder Mi<strong>ch</strong>ael<br />
Jordan sind Idole über alle kulturellen <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>en<br />
Grenzen hinweg. <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />
sind Publikumsmagneten ersten Ranges. Die<br />
Übertragung des Finals der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />
2002 zwis<strong>ch</strong>en Brasilien <strong>und</strong> Deuts<strong>ch</strong>land,<br />
zum Beispiel, lockte über eine Milliarde<br />
Mens<strong>ch</strong>en vor die TV-Bilds<strong>ch</strong>irme – mehr als<br />
jedes andere Ereignis in der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der<br />
Mens<strong>ch</strong>heit.<br />
Dieses riesige Potenzial, das von der kommerziellen<br />
Werbung längst systematis<strong>ch</strong> genutzt<br />
wird, kann <strong>und</strong> wird zusehends au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung<br />
von <strong>Entwicklung</strong>szielen eingesetzt.<br />
Die Mobilisierung von Spenden na<strong>ch</strong> der Tsunami-Katastrophe<br />
vom Dezember 2004 dur<strong>ch</strong><br />
internationale <strong>Sport</strong>verbände, die Sensibilisierung<br />
<strong>für</strong> das Problem der weltweiten Kinderarbeit<br />
anlässli<strong>ch</strong> der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aften<br />
66
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />
2002 in Japan/Südkorea oder gross<br />
angelegte Kampagnen zur Aids-Prävention<br />
im südli<strong>ch</strong>en Afrika mit bekannten<br />
<strong>Sport</strong>lern/-innen sind nur<br />
einige von wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> tausenden<br />
Beispielen, in denen der <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong><br />
als Plattform <strong>für</strong> die Kommunikation<br />
von humanitären, <strong>Entwicklung</strong>s-,<br />
Friedens- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbots<strong>ch</strong>aften<br />
genutzt wird.<br />
Aktive <strong>und</strong> ehemalige <strong>Sport</strong>ler/innen spielen<br />
dabei eine herausragende Rolle. Der Jahrh<strong>und</strong>ertfussballer<br />
Pélé, die Mittelstrecklerin Maria<br />
Mutola, der Ausnahmeläufer Haile Gebrselassie<br />
oder die Tennisstars Roger Federer <strong>und</strong> Boris<br />
Becker, sie alle <strong>und</strong> viele mehr stellen ihre<br />
Popularität immer häufiger in den Dienst von<br />
<strong>Entwicklung</strong> – sei es als Bots<strong>ch</strong>after/innen von<br />
<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen oder mit eigenen<br />
Hilfswerken.<br />
Im Verglei<strong>ch</strong> zu anderen kulturellen Aktivitäten<br />
hat der <strong>Sport</strong> aus kommunikativer Si<strong>ch</strong>t einige<br />
ents<strong>ch</strong>eidende Vorteile. Dies vor allem, weil<br />
er die Mens<strong>ch</strong>en auf einer emotionalen, persönli<strong>ch</strong>en<br />
<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> positiven Ebene<br />
anspri<strong>ch</strong>t. So hat er eine unerrei<strong>ch</strong>te Fähigkeit,<br />
breite S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten der Bevölkerung zu errei<strong>ch</strong>en.<br />
Vor allem kann er au<strong>ch</strong> Randgruppen wie etwa<br />
Strassenkinder, arbeitslose Jugendli<strong>ch</strong>e oder<br />
in ländli<strong>ch</strong>en Gebieten lebende Mens<strong>ch</strong>en<br />
anspre<strong>ch</strong>en, die dur<strong>ch</strong> andere Mittel nur sehr<br />
s<strong>ch</strong>wer zu errei<strong>ch</strong>en sind.<br />
<strong>Sport</strong> als Türöffner <strong>für</strong> andere<br />
Aktivitäten<br />
Die Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Kommunikation<br />
werden heute in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
zunehmend gezielt genutzt. Weniger<br />
systematis<strong>ch</strong> wird er hingegen im Berei<strong>ch</strong> der<br />
Mobilisierung eingesetzt, obwohl sein Potenzial<br />
da<strong>für</strong> ebenfalls beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ist, wie die folgenden<br />
Beispiele zeigen:<br />
Im westafrikanis<strong>ch</strong>en Sierra Leone sind Spiel<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> wi<strong>ch</strong>tige Mittel, um einen ersten<br />
Kontakt zu oft verwahrlosten, ehemaligen Kindersoldaten<br />
herzustellen <strong>und</strong> so die Voraussetzungen<br />
<strong>für</strong> eine weiter gehende psy<strong>ch</strong>osoziale<br />
Betreuung <strong>und</strong> Resozialisierung zu s<strong>ch</strong>affen.<br />
«Kaum eine andere<br />
Aktivität geniesst höhere<br />
Popularität, erhält grössere<br />
mediale Aufmerksamkeit<br />
<strong>und</strong> errei<strong>ch</strong>t mehr Mens<strong>ch</strong>en<br />
als der <strong>Sport</strong>.»<br />
In der bolivianis<strong>ch</strong>en Gemeinde Murumamani<br />
(4200 m ü. M.) treffen si<strong>ch</strong> die lokalen<br />
Bauersfrauen regelmässig zum gemeinsamen<br />
Fussballspiel. Die Gelegenheit nutzen sie zum<br />
Informations- <strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong>, u. a.<br />
über neue landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Methoden oder<br />
die <strong>Entwicklung</strong> der Preise <strong>und</strong> Märkte <strong>für</strong> ihre<br />
Produkte.<br />
Im südli<strong>ch</strong>en Afrika nutzt Unicef mit grossem<br />
Erfolg <strong>Sport</strong>veranstaltungen <strong>für</strong> Impfaktionen<br />
gegen Masern. Bekannte <strong>Sport</strong>ler/innen aus<br />
vers<strong>ch</strong>iedensten Disziplinen werben <strong>für</strong> das Ges<strong>und</strong>heitsprogramm,<br />
in dessen Verlauf r<strong>und</strong> fünf<br />
Millionen Kinder geimpft wurden.<br />
Die sambis<strong>ch</strong>e NGO «<strong>Sport</strong> in Action» nutzt<br />
den <strong>Sport</strong>, um gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Strukturen<br />
aufzubauen. Sie bilden wiederum die Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> weiter gehende Aktivitäten wie etwa die<br />
S<strong>ch</strong>affung von landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Produktionsgemeins<strong>ch</strong>aften.<br />
In den Slums von Nairobi haben Jugendli<strong>ch</strong>e<br />
die Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association (MYSA)<br />
aufgebaut. Neben gemeinsamen <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />
bietet die Organisation au<strong>ch</strong> Ausbildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />
an <strong>und</strong> setzt si<strong>ch</strong> gegen Gewalt,<br />
Korruption <strong>und</strong> Umweltvers<strong>ch</strong>mutzung ein.<br />
In allen diesen Projekten steht der <strong>Sport</strong> im Mittelpunkt.<br />
Die Lust am gemeinsamen Spiel ist die<br />
wi<strong>ch</strong>tigste Motivation <strong>für</strong> die Beteiligten, um<br />
si<strong>ch</strong> regelmässig zu treffen. Glei<strong>ch</strong>zeitig wird<br />
dadur<strong>ch</strong> aber au<strong>ch</strong> eine gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Basis <strong>für</strong> weiter gehende Aktivitäten ges<strong>ch</strong>affen.<br />
Diese ausgeprägte Fähigkeit des <strong>Sport</strong>s,<br />
Kinder, Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene glei<strong>ch</strong>ermassen<br />
zu mobilisieren, zusammenzubringen<br />
67
Teil II: Themen & Projekte<br />
Zahlrei<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>idole engagieren<br />
si<strong>ch</strong> als Bots<strong>ch</strong>after/innen<br />
<strong>für</strong> eine gere<strong>ch</strong>tere Welt:<br />
der S<strong>ch</strong>weizer Tennisstar Roger<br />
Federer, UNO-Bots<strong>ch</strong>after <strong>für</strong><br />
das Internationale Jahr des<br />
<strong>Sport</strong>s 2005, mit Kindern einer<br />
S<strong>ch</strong>ule in New Brighton (Südafrika)<br />
im März 2005.<br />
<strong>und</strong> zu gemeinsamen Aktivitäten zu motivieren,<br />
wird heute in <strong>Entwicklung</strong>sprogrammen no<strong>ch</strong><br />
zu selten gezielt eingesetzt. Dies, obwohl diese<br />
Türöffner-Qualitäten zu den herausragenden<br />
Merkmalen des <strong>Sport</strong>s gehören.<br />
Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte<br />
Trotz der anerkanntermassen grossen Bedeutung<br />
des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Kommunikation von<br />
<strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong> die Mobilisierung<br />
<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sanliegen gibt es bisher nur<br />
wenige systematis<strong>ch</strong>e Auswertungen der Erfahrungen<br />
oder Ri<strong>ch</strong>tlinien <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte.<br />
Einige zumindest vorläufige Erkenntnisse<br />
lassen si<strong>ch</strong> aus der bisherigen Praxis denno<strong>ch</strong><br />
ableiten:<br />
Anknüpfungspunkt <strong>für</strong> Mobilisierung: <strong>Sport</strong><br />
ist unabhängig von der <strong>Sport</strong>art ein idealer<br />
Anknüpfungspunkt, wenn es darum geht, Mens<strong>ch</strong>en<br />
auf einer emotionalen <strong>und</strong> lustbetonten<br />
Ebene anzuspre<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> sie <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sziele<br />
zu mobilisieren.<br />
Positive Rollenbilder: Erste Studien zeigen,<br />
dass <strong>Sport</strong>ler/innen als positive Rollenbilder<br />
wahrgenommen werden <strong>und</strong> das Verhalten von<br />
Jugendli<strong>ch</strong>en günstig beeinflussen können. Bei<br />
der Auswahl der <strong>Sport</strong>ler/innen <strong>für</strong> Informations-<br />
<strong>und</strong> Mobilisierungskampagnen muss si<strong>ch</strong>ergestellt<br />
werden, dass sie die Werte, die sie<br />
vermitteln sollen, tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> verkörpern.<br />
Kohärenz: Der Einsatz von <strong>Sport</strong> muss in eine<br />
kohärente Gesamtstrategie eingebettet sein.<br />
Von <strong>Sport</strong>lern/-innen verbreitete Bots<strong>ch</strong>aften<br />
zur Aids-Prävention, zum Beispiel, können nur<br />
dann na<strong>ch</strong>haltige Wirkungen erzielen, wenn<br />
sie dur<strong>ch</strong> andere Massnahmen wie breit verfügbare<br />
Beratungsdienste, zusätzli<strong>ch</strong>es Informationsmaterial,<br />
Integration der Thematik in den<br />
S<strong>ch</strong>ulunterri<strong>ch</strong>t usw. ergänzt werden. Einmalige<br />
<strong>und</strong> isolierte Aktionen sind dazu verurteilt, wirkungslos<br />
zu verpuffen.<br />
Klare Bots<strong>ch</strong>aften: Gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> können via<br />
<strong>Sport</strong> beliebige Bots<strong>ch</strong>aften verbreitet werden.<br />
Besonders gut geeignet s<strong>ch</strong>eint er jedo<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
die Vermittlung von Ges<strong>und</strong>heitsinformationen<br />
sowie sozialen Werten (Teamwork, Integration<br />
von Aussenseitern usw.) zu sein. In jedem Fall ist<br />
wi<strong>ch</strong>tig, dass die vermittelten Bots<strong>ch</strong>aften klar,<br />
einfa<strong>ch</strong> <strong>und</strong> zielgruppenspezifis<strong>ch</strong> aufbereitet<br />
sind.<br />
Einbezug der Medien: Dur<strong>ch</strong> eine enge Zusammenarbeit<br />
mit den Medien kann bei Sensibilisierungskampagnen<br />
eine grosse Verbreitung<br />
errei<strong>ch</strong>t werden. Bei der Auswahl der <strong>Sport</strong>ler/<br />
innen <strong>und</strong> der Aufbereitung der Bots<strong>ch</strong>aften<br />
sollte deshalb die mediale Verwertbarkeit im<br />
Auge behalten werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig sollten<br />
na<strong>ch</strong> Mögli<strong>ch</strong>keit vers<strong>ch</strong>iedene Kommunikationskanäle<br />
– TV, Radio, Print, Internet – mögli<strong>ch</strong>st<br />
breit ausges<strong>ch</strong>öpft werden.<br />
Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen: <strong>Sport</strong> spri<strong>ch</strong>t Knaben<br />
<strong>und</strong> Männer na<strong>ch</strong> wie vor wesentli<strong>ch</strong> stärker<br />
an als Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen. Dies sollte bei<br />
der Konzeption von Informationskampagnen<br />
berücksi<strong>ch</strong>tigt werden (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel<br />
«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender», S. 46).<br />
Gefragt: übergreifende<br />
Partners<strong>ch</strong>aften<br />
No<strong>ch</strong> wird das grosse Sensibilisierungs- <strong>und</strong><br />
Mobilisierungspotenzial des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t voll ausges<strong>ch</strong>öpft. Damit dies<br />
ges<strong>ch</strong>ieht, brau<strong>ch</strong>t es vor allem zweierlei: Zum<br />
einen ein wesentli<strong>ch</strong> stärkeres Bewusstsein bei<br />
allen Akteuren – internationalen Organisationen,<br />
Regierungen, <strong>Sport</strong>verbänden, Privatwirts<strong>ch</strong>aft,<br />
Hilfswerken <strong>und</strong> Medien – <strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en<br />
Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s als Motor von<br />
<strong>Entwicklung</strong>. Zum anderen vermehrte Partners<strong>ch</strong>aften<br />
zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen Akteuren<br />
im Rahmen von lokalen, regionalen <strong>und</strong> nationalen<br />
<strong>Entwicklung</strong>sstrategien. Denn <strong>Sport</strong> –<br />
so mä<strong>ch</strong>tig er als Kommunikationsinstrument<br />
68
<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />
au<strong>ch</strong> sein mag – kann immer nur ein Element<br />
in einer Palette von aufeinander abgestimmten<br />
Massnahmen sein.<br />
Erhebli<strong>ch</strong>er Na<strong>ch</strong>holbedarf besteht insbesondere<br />
au<strong>ch</strong> hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> einer systematis<strong>ch</strong>en<br />
Aufbereitung <strong>und</strong> Auswertung der bisherigen<br />
Erfahrungen mit <strong>Sport</strong> als Kommunikationsinstrument.<br />
Wel<strong>ch</strong>e Werte <strong>und</strong> Rollenbilder dur<strong>ch</strong><br />
den <strong>Sport</strong> transportiert werden, muss ebenso<br />
no<strong>ch</strong> genauer untersu<strong>ch</strong>t werden wie die Auswirkungen<br />
auf das Verhalten von ausgewählten<br />
Zielgruppen, unter ihnen vor allem au<strong>ch</strong> Frauen<br />
<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en. No<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>liessend<br />
geklärt ist au<strong>ch</strong> die effektivste Weise <strong>für</strong> die<br />
Integration des <strong>Sport</strong>s in lokale, regionale <strong>und</strong><br />
globale <strong>Entwicklung</strong>sprogramme.<br />
Dass der <strong>Sport</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle in der <strong>Entwicklung</strong>skommunikation<br />
spielen kann, ist unbestritten.<br />
Dass er im Wesentli<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> eine<br />
Bots<strong>ch</strong>aft der Hoffnung steht, ebenfalls. Magic<br />
Johnson liefert au<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> das beste Beispiel.<br />
Na<strong>ch</strong> der Ankündigung von 1991 erwarteten<br />
viele den ras<strong>ch</strong>en Niedergang <strong>und</strong> Tod des<br />
Weltstars. Do<strong>ch</strong> es kam anders. Johnson unternahm<br />
ni<strong>ch</strong>t nur vorübergehende Comebacks<br />
als Trainer <strong>und</strong> Spieler. Vor allem als Unternehmer<br />
bewies er, dass die HIV-Infektion ni<strong>ch</strong>t der<br />
Anfang vom Ende sein muss. Im Gegenteil: Mit<br />
unermüdli<strong>ch</strong>em Tatendrang baute si<strong>ch</strong> Johnson<br />
ein weit verzweigtes Ges<strong>ch</strong>äftsimperium auf<br />
<strong>und</strong> gilt heute als einer der einflussrei<strong>ch</strong>sten<br />
s<strong>ch</strong>warzen Unternehmer der USA.<br />
Er ist weiterhin als Bots<strong>ch</strong>after in der Aids-Prävention<br />
tätig. <br />
Key Messages<br />
<strong>Sport</strong> ist ein ideales Mittel, um Mens<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften ni<strong>ch</strong>t nur<br />
zu sensibilisieren, sondern au<strong>ch</strong> zu mobilisieren.<br />
Über den <strong>Sport</strong> können breite Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten angespro<strong>ch</strong>en werden,<br />
insbesondere au<strong>ch</strong> marginalisierte Gruppen wie Strassenkinder, arbeitslose<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e oder Bewohner von ländli<strong>ch</strong>en Regionen.<br />
<strong>Sport</strong>ler/innen können eine wi<strong>ch</strong>tige Funktion als Rollenvorbilder haben <strong>und</strong> eignen<br />
si<strong>ch</strong> deshalb als Bots<strong>ch</strong>after/innen.<br />
Die grösste Wirkung erzielen Kommunikationsmassnahmen mittels <strong>Sport</strong> dann, wenn<br />
sie im Rahmen von übergreifenden <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Kommunikationsstrategien<br />
eingesetzt <strong>und</strong> dur<strong>ch</strong> zusätzli<strong>ch</strong>e soziale, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>e Massnahmen<br />
ergänzt werden.<br />
Die Medien spielen als Partner <strong>und</strong> Multiplikatoren eine ents<strong>ch</strong>eidende Rolle, <strong>und</strong> ihre<br />
Bedürfnisse müssen berücksi<strong>ch</strong>tigt werden.<br />
Bei der <strong>Entwicklung</strong> von sportgestützten Informationsprogrammen muss besondere<br />
Aufmerksamkeit auf die Kommunikation mit Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen gelegt werden,<br />
da sie typis<strong>ch</strong>erweise über den <strong>Sport</strong> weniger angespro<strong>ch</strong>en werden können als<br />
Knaben <strong>und</strong> Männer.<br />
Die Aufbereitung <strong>und</strong> Auswertung von Projekterfahrungen im Rahmen von<br />
gezielten Evaluationen ist vordringli<strong>ch</strong>.<br />
69
Teil II: Themen & Projekte<br />
«Think and Move» – <strong>Sport</strong><br />
zum S<strong>ch</strong>utz der Umwelt <strong>und</strong> <strong>für</strong><br />
Völkerverständigung<br />
Ort: 10 Gemeinden in Bosnien-Herzegowina<br />
Zielgruppe: Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Mittels<strong>ch</strong>üler/innen im Alter zwis<strong>ch</strong>en 13 <strong>und</strong> 18 Jahren<br />
Organisation: Initiiert wurde das Projekt vom Koordinationsbüro der Direktion <strong>für</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA) in Sarajevo unter Mithilfe der lokalen<br />
Organisation RIN Action sowie der Papierfabrik Natron.<br />
Im Sommer 2005 haben in Bosnien-Herzegowina<br />
r<strong>und</strong> 7200 S<strong>ch</strong>ülerinnen <strong>und</strong><br />
S<strong>ch</strong>üler aus allen Landesteilen an Wettbewerben<br />
in den Sparten Fussball, Basketball<br />
<strong>und</strong> Ökologie teilgenommen.<br />
In der ersten Phase des Projekts ging es darum,<br />
das Eintrittspapier <strong>für</strong> die zweite <strong>und</strong> dritte<br />
Phase zu erwerben. Die zehn Gemeinden <strong>und</strong><br />
Städte, deren S<strong>ch</strong>ulklassen am meisten Altpapier<br />
zusammentrugen, qualifizierten si<strong>ch</strong> automatis<strong>ch</strong><br />
<strong>für</strong> die nä<strong>ch</strong>ste R<strong>und</strong>e. Die S<strong>ch</strong>ülerinnen<br />
<strong>und</strong> S<strong>ch</strong>üler sammelten so über 150 Tonnen<br />
Altpapier, mehr, als sonst in einem ganzen Jahr<br />
rezykliert wird.<br />
Na<strong>ch</strong> dieser ersten Hürde kam es in den ausgewählten<br />
Orts<strong>ch</strong>aften zu internen Auss<strong>ch</strong>eidungen<br />
in den Disziplinen Fussball, Basketball<br />
<strong>und</strong> Ökologie. Um zum grossen Finale der Top<br />
Ten in Sarajevo zugelassen zu werden, mussten<br />
si<strong>ch</strong> die Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t nur Ballte<strong>ch</strong>niken<br />
aneignen, sondern au<strong>ch</strong> ein umfassendes ökologis<strong>ch</strong>es<br />
Wissen. In einem internetbasierten<br />
Spiel hatten die Teilnehmenden mögli<strong>ch</strong>st viele<br />
der 170 gestellten Fragen ri<strong>ch</strong>tig zu beantworten.<br />
Die Auss<strong>ch</strong>eidungsspiele begannen am 7. Mai<br />
<strong>und</strong> endeten mit dem grossen Finale am 11. Juni,<br />
u. a. im Beisein von Adolf Ogi, dem Sonderberater<br />
des UNO-Generalsekretärs <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> im<br />
Dienst von <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden. Die Auss<strong>ch</strong>eidungsspiele<br />
<strong>und</strong> das Finale wurden vom<br />
staatli<strong>ch</strong>en Fernsehen in Zusammenarbeit mit<br />
lokalen Fernsehstationen begleitet, zu einem<br />
einstündigen Film zusammenges<strong>ch</strong>nitten <strong>und</strong><br />
s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ausgestrahlt.<br />
Erfolge auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen<br />
«Think and Move» ermögli<strong>ch</strong>te es vielen Jugendli<strong>ch</strong>en,<br />
zum ersten Mal ihren Heimatort zu verlassen.<br />
Für viele war es die erste Gelegenheit,<br />
Glei<strong>ch</strong>altrige aus anderen Gegenden kennen<br />
zu lernen <strong>und</strong> Kontakte über ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse<br />
Grenzen hinweg zu knüpfen. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
bewirkte das Projekt aber au<strong>ch</strong> eine starke Sensibilisierung<br />
im Berei<strong>ch</strong> Umwelts<strong>ch</strong>utz: Vers<strong>ch</strong>iedene<br />
S<strong>ch</strong>ulen sammeln weiterhin Altpapier <strong>und</strong><br />
finanzieren si<strong>ch</strong> dadur<strong>ch</strong> Ausflüge <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>ulreisen.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> motivierte es zahlrei<strong>ch</strong>e<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e, si<strong>ch</strong> vermehrt am Wiederaufbau<br />
eines aktiven Gemeindelebens zu beteiligen.<br />
Es war das erste Mal seit dem Ende der Balkankriege,<br />
dass ein Projekt so stark mobilisierte <strong>und</strong><br />
Jugendli<strong>ch</strong>e aus ganz Bosnien-Herzegowina in<br />
Atem hielt. In einem Land, in dem bis vor kurzem<br />
fast sämtli<strong>ch</strong>e Aspekte des Lebens politis<strong>ch</strong> instrumentalisiert<br />
wurden <strong>und</strong> Umwelts<strong>ch</strong>utz kein<br />
Thema war, s<strong>ch</strong>uf der <strong>Sport</strong> einerseits einen<br />
neutralen Raum, in dem si<strong>ch</strong> die Teilnehmenden<br />
neu <strong>und</strong> unbelastet begegnen konnten, <strong>und</strong> anderseits<br />
einen Anreiz, si<strong>ch</strong> mit den Folgen von<br />
Umweltvers<strong>ch</strong>mutzung zu bes<strong>ch</strong>äftigen. <br />
Weitere Informationen:<br />
www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
70
Teil III<br />
synthese & Perspektiven<br />
71
Teil III: synthese & perspektiven<br />
S<strong>ch</strong>lussfolgerungen<br />
<strong>und</strong> Ausblick
Grosses Zukunftspotenzial<br />
von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Frieden: Jugendli<strong>ch</strong>e beim<br />
abendli<strong>ch</strong>en Cricket-Spiel in der<br />
afghanis<strong>ch</strong>en Stadt Kandahar.<br />
73
Teil III: synthese & perspektiven<br />
In H<strong>und</strong>erten von Projekten weltweit beweisen <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel tägli<strong>ch</strong> ihre<br />
Stärken als Instrument <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Jetzt geht es darum,<br />
die gema<strong>ch</strong>ten Erfahrungen auszuwerten <strong>und</strong> zu dokumentieren. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
müssen Zusammenarbeit <strong>und</strong> Koordination zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen<br />
Akteuren verstärkt <strong>und</strong> verbessert werden, wenn der <strong>Sport</strong> sein riesiges<br />
<strong>Entwicklung</strong>spotenzial voll entfalten soll.<br />
Na<strong>ch</strong> eher zaghaften Anfängen hat der Berei<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> in den letzten Jahren<br />
eine beeindruckende Dynamik entwickelt. Das<br />
zeigt si<strong>ch</strong> zum einen in der s<strong>ch</strong>nell wa<strong>ch</strong>senden<br />
Zahl von Projekten weltweit, in denen <strong>Sport</strong> <strong>für</strong><br />
die Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen eingesetzt<br />
wird. Zum anderen daran, dass si<strong>ch</strong> der<br />
theoretis<strong>ch</strong>e Diskurs erhebli<strong>ch</strong> intensiviert hat<br />
<strong>und</strong> heute eine globale entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />
Debatte unter Einbezug aller Akteure stattfindet –<br />
Regierungen, internationaler Organisationen,<br />
bilateraler <strong>Entwicklung</strong>sagenturen, <strong>Sport</strong>organisationen,<br />
NGOs, Wirts<strong>ch</strong>aft, Medien <strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft.<br />
Die Skepsis, wel<strong>ch</strong>e dem <strong>Sport</strong> in <strong>Entwicklung</strong>skreisen<br />
mitunter entgegengebra<strong>ch</strong>t wurde, hat<br />
si<strong>ch</strong> inzwis<strong>ch</strong>en weitgehend gelegt. Die Erkenntnis<br />
hat si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>gesetzt, dass es die Bündelung<br />
aller gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kräfte brau<strong>ch</strong>t,<br />
wenn global gesteckte <strong>Entwicklung</strong>sziele wie<br />
«Aktuelle Projekte im Berei<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
decken eine breite thematis<strong>ch</strong>e<br />
Palette ab <strong>und</strong> sind auf allen<br />
Ebenen angesiedelt – lokal,<br />
national <strong>und</strong> international.»<br />
die MDGs (Millennium Development Goals)<br />
errei<strong>ch</strong>t werden sollen. Heute wird der <strong>Sport</strong><br />
zunehmend als positive Kraft anerkannt, deren<br />
unausges<strong>ch</strong>öpftes Potenzial es im Interesse von<br />
<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden zu nutzen gilt. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />
drückt si<strong>ch</strong> darin ein verändertes Verständnis<br />
der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit aus:<br />
Wurden in einem spezifis<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>skontext<br />
früher «S<strong>ch</strong>lüsselprobleme» identifiziert <strong>und</strong><br />
dann spezielle Massnahmen <strong>für</strong> ihre Bekämpfung<br />
entwickelt, so identifiziert man heute vermehrt<br />
die positiven gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kräfte,<br />
die zu Lösungen beitragen können, <strong>und</strong> stärkt<br />
diese mit geeigneten Massnahmen. Der <strong>Sport</strong><br />
zählt zu diesen Kräften.<br />
Projekte <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>werpunkte<br />
Weltweit gibt es heute H<strong>und</strong>erte von Projekten,<br />
in denen <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> eingesetzt wird.<br />
Sie sind auf allen Ebenen angesiedelt – lokal,<br />
national <strong>und</strong> international. Eine detaillierte Auswertung<br />
na<strong>ch</strong> Themens<strong>ch</strong>werpunkten gibt es<br />
ni<strong>ch</strong>t. Eine ungefähre Bestandesaufnahme<br />
legt aber folgende Verteilung nahe, wobei<br />
die thematis<strong>ch</strong>e Zuordnung wegen des<br />
übergreifenden («cross-cutting») Charakters<br />
von <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t eindeutig sein kann.<br />
Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung / soziale<br />
Integration bzw. Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />
Der prozentual grösste Teil der Projekte<br />
ist in den Berei<strong>ch</strong>en «Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />
/ soziale Integration» <strong>und</strong><br />
«Ges<strong>und</strong>heit» zu finden. Überregionale In-<br />
74
S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick<br />
Bündelung der Kräfte als Gr<strong>und</strong>lage<br />
des Erfolgs: bena<strong>ch</strong>teiligte<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e aus 20 Ländern am<br />
Jugendcamp «Play for Peace»<br />
in Trogen, S<strong>ch</strong>weiz (August 2005).<br />
itiativen wie «Kicking AIDS Out!» im südli<strong>ch</strong>en<br />
Afrika (vgl. S. 37) oder Projekte <strong>für</strong> bena<strong>ch</strong>teiligte<br />
Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Strassenkinder wie «Droit au<br />
<strong>Sport</strong>» in Côte d’Ivoire (vgl. S. 29) sind gute<br />
Beispiele da<strong>für</strong>.<br />
Das kommt ni<strong>ch</strong>t überras<strong>ch</strong>end. Die S<strong>ch</strong>ulung<br />
von so genannten «life skills» wie Teamwork, Respekt<br />
<strong>für</strong> den Gegner, Fairplay usw. <strong>und</strong> die Förderung<br />
des Selbstwerts <strong>und</strong> des Körpergefühls<br />
sind gewissermassen immanente Bestandteile<br />
des <strong>Sport</strong>s, die dur<strong>ch</strong> kompetente Anleitung realisiert<br />
werden können. Dasselbe gilt <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />
Wirkung. Mens<strong>ch</strong>en in die<br />
Lage zu versetzen, autonome Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />
zu fällen <strong>und</strong> selbst über ihr Leben zu bestimmen<br />
(Empowerment), zählt zu den Hauptzielen<br />
aller <strong>Entwicklung</strong>sprozesse. <strong>Sport</strong>angebote <strong>für</strong><br />
Kinder, Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene können<br />
dazu viel beitragen.<br />
Friedensförderung / Konfliktprävention /<br />
Konfliktbewältigung<br />
Ebenfalls gut vertreten sind Projekte, die im weiteren<br />
Sinn den Berei<strong>ch</strong>en Friedensförderung<br />
<strong>und</strong> Konfliktbewältigung zuzuordnen sind. Im<br />
Mittelpunkt stehen hier die zahlrei<strong>ch</strong>en Projekte<br />
in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern, wie sie etwa von der NGO<br />
«Right to Play» <strong>und</strong> dem UNO-Ho<strong>ch</strong>kommissariat<br />
<strong>für</strong> Flü<strong>ch</strong>tlinge (UNHCR) dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />
Sie tragen sowohl zur Traumabewältigung<br />
als au<strong>ch</strong> zur Wiederannäherung zwis<strong>ch</strong>en einstigen<br />
Konfliktparteien bei. Weitere Beispiele aus<br />
Indien (vgl. S. 45), Rwanda, Israel/Palästina<br />
<strong>und</strong> dem Kosovo zeigen, dass der <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong><br />
Brücken über religiöse, ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />
politis<strong>ch</strong>e Gräben s<strong>ch</strong>lagen kann. Allerdings<br />
birgt er gerade in diesem Berei<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />
Gefahrenpotenziale, da er Spannungen <strong>und</strong><br />
Konflikte au<strong>ch</strong> verstärken kann.<br />
Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />
Ein dritter S<strong>ch</strong>werpunkt des <strong>Sport</strong>s liegt in der<br />
Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung. Vor allem<br />
auf nationaler <strong>und</strong> internationaler Ebene wer-<br />
75
Teil III: synthese & perspektiven<br />
den <strong>Sport</strong>idole <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen oft als<br />
Kanäle <strong>für</strong> die Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong><br />
Friedensbots<strong>ch</strong>aften eingesetzt. Die Sensibilisierung<br />
<strong>für</strong> Kinderre<strong>ch</strong>te dur<strong>ch</strong> Unicef <strong>und</strong> Fifa anlässli<strong>ch</strong><br />
der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft 2002 oder<br />
das Projekt «Football against Racism» in Europa<br />
sind nur einige von Dutzenden Beispielen. Weniger<br />
gezielt <strong>und</strong> systematis<strong>ch</strong> hingegen s<strong>ch</strong>eint<br />
das Mobilisierungspotenzial des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> andere<br />
entwicklungsrelevante Aktivitäten genutzt zu<br />
werden. Beispiele wie etwa «Think and Move» in<br />
Bosnien-Herzegowina (vgl. S. 70), wo <strong>Sport</strong> als<br />
«Türöffner» <strong>für</strong> Umweltprojekte eingesetzt wurde,<br />
oder gezielte Impfaktionen im Rahmen von<br />
<strong>Sport</strong>veranstaltungen, wie sie von Unicef wiederholt<br />
dur<strong>ch</strong>geführt wurden, sind ni<strong>ch</strong>t die Regel.<br />
Gender<br />
Es gibt eine starke globale Bewegung, wel<strong>ch</strong>e<br />
si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Teilnahme von Frauen am <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>für</strong> ihre Glei<strong>ch</strong>stellung innerhalb des <strong>Sport</strong>s<br />
einsetzt. In der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
hat si<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> als Instrument zur Förderung der<br />
Glei<strong>ch</strong>stellung der Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter jedo<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />
ni<strong>ch</strong>t breit etabliert. Vers<strong>ch</strong>iedene Beispiele<br />
wie etwa das Projekt «Ishraq» in Ägypten (vgl.<br />
S. 55), in dem <strong>Sport</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige Komponente<br />
bei der Ausbildung von jungen Frauen bildet,<br />
zeigen aber das erhebli<strong>ch</strong>e Potenzial von <strong>Sport</strong><br />
in diesem Berei<strong>ch</strong> auf.<br />
Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />
Während der <strong>Sport</strong> als Wirts<strong>ch</strong>aftsfaktor auf<br />
der globalen Ebene <strong>und</strong> in Bezug auf die Nationalökonomien<br />
der Industrieländer detailliert<br />
dokumentiert ist, fehlen entspre<strong>ch</strong>ende Studien<br />
<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer. Projekte, in denen der<br />
<strong>Sport</strong> unmittelbar als Instrument <strong>für</strong> Bes<strong>ch</strong>äftigungs-<br />
<strong>und</strong> Einkommensförderung genutzt wird,<br />
sind selten. Dies kann damit zusammenhängen,<br />
dass zuerst gr<strong>und</strong>legende <strong>Sport</strong>strukturen aufgebaut<br />
werden müssen, bevor der <strong>Sport</strong> zu<br />
einem lokalen Wirts<strong>ch</strong>aftsfaktor wird. Über die<br />
Förderung der allgemeinen Ges<strong>und</strong>heit der<br />
Bevölkerung hat der <strong>Sport</strong> aber au<strong>ch</strong> indirekt<br />
einen positiven Effekt auf die Volkswirts<strong>ch</strong>aft,<br />
etwa indem er das Ges<strong>und</strong>heitswesen entlastet<br />
<strong>und</strong> die Produktivität erhöht.<br />
Vom Anekdotis<strong>ch</strong>en zur Evidenz<br />
Es fällt auf, dass <strong>Sport</strong> heute äusserst vielfältig<br />
genutzt wird. Dabei geht die Initiative <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sprojekte von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />
Akteuren aus. NGOs, internationale Organisationen,<br />
<strong>Sport</strong>organisationen <strong>und</strong> bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />
spielen alle eine wi<strong>ch</strong>tige<br />
Rolle. Allerdings wird <strong>Sport</strong> von ihnen nur<br />
in Ausnahmefällen systematis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> gezielt eingesetzt.<br />
Abgesehen von spezialisierten NGOs<br />
wie «Right to Play», «<strong>Sport</strong> sans Frontières» oder<br />
«Streetfootballworld» hat ein Mainstreaming in<br />
den meisten Organisationen bisher ni<strong>ch</strong>t stattgef<strong>und</strong>en.<br />
Das hat vers<strong>ch</strong>iedene Gründe. «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />
ist als entwicklungspolitis<strong>ch</strong>es Thema<br />
no<strong>ch</strong> jung. Der Diskurs ist no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ausgereift<br />
<strong>und</strong> weist diverse Lücken auf. So hat eine systematis<strong>ch</strong>e<br />
Aufarbeitung <strong>und</strong> Auswertung von<br />
Erfahrungen erst begonnen, <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> der konzeptionelle<br />
Referenzrahmen ist no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t endgültig<br />
gefestigt. In vielen Organisationen mangelt<br />
es an Bewusstsein <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> an spezifis<strong>ch</strong>em<br />
Wissen <strong>und</strong> praktis<strong>ch</strong>er Erfahrung.<br />
Um dies zu ändern, müssen unter anderem die<br />
theoretis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> operativen Gr<strong>und</strong>lagen systematisiert<br />
<strong>und</strong> ausgebaut sowie die Bewusstseinsbildung<br />
weiter verstärkt werden. Handlungsbedarf<br />
besteht dabei auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen:<br />
Validierung: Die systematis<strong>ch</strong>e Aufarbeitung<br />
von Erfahrungen aus konkreten <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>sprojekten muss verstärkt werden.<br />
Heute werden positive Auswirkungen oft eher<br />
behauptet als belegt. Projekte müssen evaluiert<br />
<strong>und</strong> ihre positiven (<strong>und</strong> negativen) Effekte dokumentiert<br />
werden. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist die<br />
<strong>Entwicklung</strong> von wirksamen Instrumenten <strong>für</strong><br />
Monitoring <strong>und</strong> Evaluation.<br />
Systematisierung: Die analytis<strong>ch</strong>en Konzepte<br />
<strong>und</strong> der theoretis<strong>ch</strong>e Referenzrahmen <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> müssen weiterentwickelt <strong>und</strong><br />
ges<strong>ch</strong>ärft werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig müssen die<br />
Anwendungsmögli<strong>ch</strong>keiten von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e<br />
<strong>Entwicklung</strong>sprobleme herausgearbeitet<br />
werden. Was kann <strong>Sport</strong>, was andere Instrumente<br />
ni<strong>ch</strong>t können Wie muss <strong>Sport</strong> vermittelt<br />
<strong>und</strong> verankert werden, damit er grösstmögli<strong>ch</strong>e<br />
76
S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick<br />
Wirkung erzielt Wie lassen si<strong>ch</strong> negative<br />
Effekte minimieren Dies einige<br />
der mögli<strong>ch</strong>en Leitfragen.<br />
Operationalisierung: Die <strong>Entwicklung</strong><br />
von Policies <strong>für</strong> die Einbettung<br />
von <strong>Sport</strong> in übergreifende<br />
<strong>Entwicklung</strong>sstrategien ist vordringli<strong>ch</strong>.<br />
Zudem brau<strong>ch</strong>t es aus operativer<br />
Si<strong>ch</strong>t Instrumente (Ri<strong>ch</strong>tlinien,<br />
Toolkits, Checklisten, Websites usw.), wel<strong>ch</strong>e<br />
Standards definieren <strong>und</strong> die Realisierung<br />
von Projekten erlei<strong>ch</strong>tern.<br />
Sensibilisierung <strong>und</strong> Dokumentation: Die<br />
Sensibilisierung von Ents<strong>ch</strong>eidungsträgern/-innen<br />
<strong>und</strong> Praktikern/-innen <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
des <strong>Sport</strong>s muss bei allen relevanten Akteuren<br />
fortgesetzt <strong>und</strong> verstärkt werden. Dazu sollte<br />
vermehrt Informations- <strong>und</strong> Ans<strong>ch</strong>auungsmaterial<br />
(Case Studies, Factsheets usw.) aufbereitet<br />
werden.<br />
Diese Systematisierung ist gegenwärtig im<br />
Gang, wobei das Internationale Jahr des <strong>Sport</strong>s<br />
<strong>und</strong> der <strong>Sport</strong>erziehung 2005 eine wi<strong>ch</strong>tige<br />
Katalysatorfunktion wahrgenommen hat. Ein<br />
Ausdruck davon sind die zahlrei<strong>ch</strong>en nationalen<br />
<strong>und</strong> internationalen Konferenzen, die zu<br />
zentralen Themen wie «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit»,<br />
«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden» oder «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bildung»<br />
dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />
Scaling up: globales Netzwerk <strong>für</strong><br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
Mögli<strong>ch</strong>st vielen Mens<strong>ch</strong>en den Zugang zu<br />
<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung zu eröffnen <strong>und</strong> das <strong>Entwicklung</strong>spotenzial<br />
des <strong>Sport</strong>s mögli<strong>ch</strong>st breit<br />
zu nutzen, ist <strong>und</strong> bleibt das oberste Ziel. Bei<br />
den meisten heutigen <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten<br />
handelt es si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> um Insellösungen,<br />
die in der Regel ledigli<strong>ch</strong> eine eng<br />
bes<strong>ch</strong>ränkte Zahl von Mens<strong>ch</strong>en errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />
über ihre unmittelbare Umgebung hinaus kaum<br />
breitere Wirkung erzielen. Um dies zu ändern,<br />
müssen die Aktivitäten erhebli<strong>ch</strong> ausgedehnt<br />
<strong>und</strong> auf eine neue politis<strong>ch</strong>e Ebene gehoben<br />
werden.<br />
Für ein sol<strong>ch</strong>es «Upscaling» ist einerseits eine<br />
verstärkte Sensibilisierung <strong>und</strong> Mobilisierung der<br />
«Mit Ausnahme von<br />
spezialisierten NGOs hat ein<br />
Mainstreaming in den meisten<br />
<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />
no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t stattgef<strong>und</strong>en.»<br />
vers<strong>ch</strong>iedenen Akteure notwendig, andererseits<br />
ein Ausbau der Kooperation <strong>und</strong> Koordination<br />
im Rahmen einer internationalen Allianz.<br />
Die Bildung eines globalen Netzwerks <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> wurde an der 1. Magglingen<br />
Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> im Februar<br />
2003 erstmals postuliert. Seither wurden auf<br />
vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt (vgl.<br />
«Weiterführende Informationen», S. 80), <strong>und</strong><br />
es zei<strong>ch</strong>nen si<strong>ch</strong> erste Konturen einer internationalen<br />
Allianz ab. Sie folgt einem Multi-<br />
Stakeholder-Ansatz <strong>und</strong> zielt darauf ab, dass<br />
die einzelnen Akteure ihre spezifis<strong>ch</strong>en Stärken<br />
<strong>und</strong> Interessen optimal einbringen können.<br />
Die Aufgaben <strong>und</strong> Rollen der vers<strong>ch</strong>iedenen Akteure<br />
präsentieren si<strong>ch</strong> dabei folgendermassen:<br />
Internationale <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen:<br />
Führungsrolle im Policy-Dialog auf strategis<strong>ch</strong>er<br />
<strong>und</strong> globaler Ebene; Sensibilisierung der internationalen<br />
Akteure; Netzwerkbildung <strong>und</strong> Koordination;<br />
Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Aufbereitung von<br />
exemplaris<strong>ch</strong>en Projekten, Programmen <strong>und</strong><br />
Ansätzen; Mainstreaming<br />
<strong>Sport</strong>organisationen: Stärkere Gewi<strong>ch</strong>tung<br />
von <strong>Entwicklung</strong>szielen in <strong>Sport</strong>projekten; Aufnahme<br />
von <strong>Entwicklung</strong>sthemen in die Ausbildung<br />
von Coa<strong>ch</strong>es<br />
Regierungen: <strong>Entwicklung</strong> von kohärenten<br />
sportpolitis<strong>ch</strong>en Konzepten <strong>und</strong> Programmen<br />
sowie ihre berei<strong>ch</strong>sübergreifende Koordination<br />
<strong>und</strong> Implementierung (u. a. Förderung von S<strong>ch</strong>ulsport,<br />
Einbezug von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung in die<br />
Ges<strong>und</strong>heitspolitik; Koordination der Akteure<br />
usw.)<br />
77
Teil III: synthese & perspektiven<br />
Bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sagenturen: Integration<br />
von <strong>Sport</strong> in bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sprogramme;<br />
Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Aufbereitung von<br />
exemplaris<strong>ch</strong>en Projekten, Programmen <strong>und</strong><br />
Ansätzen; Mainstreaming<br />
NGOs: Beweisführung auf der Praxisebene<br />
dur<strong>ch</strong> Pilotprojekte; Sammlung <strong>und</strong> Weitergabe<br />
von Erfahrungen<br />
Wirts<strong>ch</strong>aft: Si<strong>ch</strong>erstellen von fairen Produktionsbedingungen;<br />
Sponsoring von entwicklungsorientierten<br />
<strong>Sport</strong>aktivitäten<br />
Medien: Beri<strong>ch</strong>terstattung über den <strong>Sport</strong><br />
als gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Thema jenseits der reinen<br />
«Die Verständigung aller<br />
Akteure auf eine gemeinsame<br />
Vision, gemeinsame Ziele<br />
<strong>und</strong> einen gemeinsamen Handlungsrahmen<br />
ist ein<br />
wi<strong>ch</strong>tiges Ziel des laufenden<br />
Policy-Dialogs.»<br />
<strong>Sport</strong>aktualität; Sensibilisierung <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />
von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />
Wissens<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung: S<strong>ch</strong>ärfung der<br />
analytis<strong>ch</strong>en Konzepte; Analyse von Erfahrungen;<br />
Unterstützung der Praktiker bei der <strong>Entwicklung</strong><br />
von Evaluationsmethoden <strong>und</strong> -instrumenten<br />
In einer nä<strong>ch</strong>sten Phase geht es jetzt darum,<br />
die bereits angelegten Strukturen des globalen<br />
Netzes zu festigen <strong>und</strong> zu erweitern.<br />
Ein wi<strong>ch</strong>tiges Mittel dazu ist unter anderem die<br />
Weiterführung des Policy-Dialogs. Er hat zum<br />
Ziel, dass si<strong>ch</strong> alle Stakeholder auf eine gemeinsame<br />
Vision, gemeinsame Ziele <strong>und</strong> einen gemeinsamen<br />
Handlungsrahmen verständigen.<br />
Ebenso wi<strong>ch</strong>tig ist die Förderung von Strukturen<br />
<strong>und</strong> Instrumenten, wel<strong>ch</strong>e den Wissens-<br />
<strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong> sowie die<br />
Koordination zwis<strong>ch</strong>en den Akteuren erlei<strong>ch</strong>tern.<br />
S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> vor allem geht<br />
es um die Förderung innovativer Partners<strong>ch</strong>aften<br />
auf allen Ebenen – lokal,<br />
national <strong>und</strong> international. Sie sind der<br />
beste Garant da<strong>für</strong>, dass die angelaufene<br />
Dynamik weiter verstärkt wird <strong>und</strong> der<br />
<strong>Sport</strong> sein riesiges Potenzial <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
<strong>und</strong> Frieden na<strong>ch</strong>haltig realisieren<br />
kann. <br />
78
Annex<br />
79
Annex<br />
Weiterführende Informationen<br />
Die Zusammenstellung der ausgewählten Initiativen,<br />
Toolkits, Informationsquellen <strong>und</strong> Dokumente erhebt<br />
keinen Anspru<strong>ch</strong> auf Vollständigkeit.<br />
Initiativen<br />
International Platform «<strong>Sport</strong> and Development»:<br />
www.sportanddev.org<br />
International Working Group on <strong>Sport</strong> for<br />
Development and Peace:<br />
www.sportanddev.org/en/sdpiwg.htm<br />
International Working Group on Women and <strong>Sport</strong>:<br />
www.iwg-gti.org<br />
Swiss Working Group on <strong>Sport</strong> and Development:<br />
www.sportanddev.org<br />
International Toolkit Team:<br />
www.toolkitsportdevelopment.org<br />
Toolkits<br />
Coalter F. (2002): <strong>Sport</strong> and community<br />
development: A manual, www.sportdevelopment.org.<br />
uk/html/sportcomdevman2002.html<br />
International Paralympic Committee (2004):<br />
Disability Rights Toolkit, www.paralympic.org/release/<br />
Main_Sections_Menu/Development/Development_<br />
Programmes/Symposium/Disability_Rights_Toolkit.pdf<br />
International Working Group on Women and<br />
<strong>Sport</strong> (2002): The Montreal Toolkit. A legacy of 2002<br />
World Conference, www.canada2002.org/e/toolkit/<br />
<strong>Sport</strong> for Development,<br />
www.toolkitsportdevelopment.org<br />
Policy-Dokumente<br />
1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />
(2003): Magglingen Deklaration, S<strong>ch</strong>lusserklärung<br />
der 1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>Entwicklung</strong>, 16.–18. Februar 2003<br />
Australian <strong>Sport</strong>s Commission (2004): Pacific<br />
<strong>Sport</strong>ing Needs Assessment<br />
DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
(2004): <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Das<br />
Engagement der DEZA <strong>und</strong> das internationale Jahr<br />
des <strong>Sport</strong>s 2005<br />
DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit,<br />
BASPO – B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> (2003): <strong>Sport</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, Konzept<br />
Netherlands Ministry of Foreign Affairs (1998):<br />
<strong>Sport</strong> in Development – Teamwork Scores. Policy<br />
Memorandum on <strong>Sport</strong> in the Context of Development<br />
Cooperation<br />
Norwegian Ministry of Foreign Affairs (2005):<br />
Norway’s culture and sports co-operation with<br />
countries in the South<br />
PMP in partnership with the Institute of <strong>Sport</strong> and<br />
Leisure Policy, Loughborough University / European<br />
Commission (2004): <strong>Sport</strong> and Multiculturalism<br />
(Lot 3). Final Report<br />
Right to Play (2004): Harnessing the Power of<br />
<strong>Sport</strong> for Development and Peace. Report from the<br />
Athens Ro<strong>und</strong>table Forum<br />
UNESCO (1999): MINEPS III. Final Report. Third<br />
International Conference of Ministers and Senior<br />
Officials Responsible for Physical Education and<br />
<strong>Sport</strong>, Punta del Este – Uruguay,<br />
30. November – 3. Dezember<br />
UNICEF – The United Nations Children’s F<strong>und</strong><br />
(2004): <strong>Sport</strong>, Recreation and Play<br />
UN Inter-Agency Task Force on <strong>Sport</strong> for Development<br />
and Peace (2003): <strong>Sport</strong> for Development and<br />
Peace: Towards A<strong>ch</strong>ieving the Millennium Development<br />
Goals<br />
UN (2005): Concept of the International Year of<br />
<strong>Sport</strong> and Physical Education 2005<br />
UN Resolution 58/5 of 17 November 2003:<br />
<strong>Sport</strong> as a means to promote health, education,<br />
development and peace<br />
UN-Resolution 59/10 of 27 October 2004:<br />
<strong>Sport</strong> as a means to promote education, health,<br />
development and peace<br />
Weblinks<br />
2 nd Magglingen Conference on <strong>Sport</strong> and<br />
Development 2005: www.magglingen2005.org<br />
Australian <strong>Sport</strong>s Commission:<br />
www.ausport.gov.au/international/index.asp<br />
Canadian International Development Agency:<br />
www.acdi-cida.gc.ca<br />
Council of Europe, The Europe of cultural co-operation:<br />
www.coe.int/T/E/Cultural_co-operation/sport<br />
Department of Canadian Heritage: www.p<strong>ch</strong>.gc.ca<br />
DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit, Dossier zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>:<br />
www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/sport<br />
ILO – International Labour Organisation,<br />
Universitas: www.ilo.org/public/english/<br />
universitas/index.htm<br />
IOC – International Olympic Committee:<br />
www.olympic.org<br />
80
IPC – International Paralympic Committee,<br />
Development: www.paralympic.org/release/<br />
Main_sections_Menu/Development<br />
Commonwealth Games Canada,<br />
International Development through <strong>Sport</strong>:<br />
www.commonwealthgames.ca/site/index_<br />
e.aspxDetailID=12<br />
Norwegian Agency for Development Cooperation:<br />
www.norad.no<br />
Norwegian Olympic Committee and Confederation<br />
of <strong>Sport</strong>s: www.nif.idrett.no/t2.aspxp=26797<br />
Platform <strong>Sport</strong> & Development:<br />
www.sportdevelopment.org<br />
Population Council: www.popcouncil.org<br />
Right to Play: www.righttoplay.com<br />
S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Komitee zum Internationalen Jahr<br />
des <strong>Sport</strong>s 2005: www.sport2005.<strong>ch</strong><br />
Special Olympics: www.specialolympics.org<br />
<strong>Sport</strong> and the European Union:<br />
europa.eu.int/comm/sport/index_en.html<br />
“<strong>Sport</strong> – Globales Spiel”, Bildungskampagne:<br />
www.sport2005bildung.<strong>ch</strong><br />
<strong>Sport</strong> sans Frontières: www.sportsansfrontieres.org<br />
Stiftung Kinderdorf Pestalozzi: www.pestalozzi.<strong>ch</strong><br />
Streetfootballworld: www.streetfootballworld.org<br />
UK <strong>Sport</strong>, International Development Assistance<br />
Programme: www.uksport.gov.uk/generic_template.<br />
aspid=12325<br />
UNEP – United Nations Environment Programme,<br />
<strong>Sport</strong> and Environment: www.unep.org/sport_env<br />
UNICEF – The United Nations Children’s F<strong>und</strong>:<br />
www.unicef.org/sports<br />
UN, International Year of <strong>Sport</strong> and Physical<br />
Education: www.un.org/sport2005<br />
UN, <strong>Sport</strong> for Development and Peace:<br />
www.un.org/themes/sport<br />
WHO – World Health Organisation, Move<br />
for Health: www.who.int/moveforhealth<br />
Women<strong>Sport</strong> International:<br />
www.sportsbiz.bz/womensportinternational/index.htm<br />
CDDS (Committee for the Development of <strong>Sport</strong>)<br />
(1995): The Significance of <strong>Sport</strong> in Society. Health,<br />
Socialisation, Economy<br />
Gasser P., Levinson A. (2004): “Brea<strong>ch</strong>ing Postwar<br />
Ice: Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools in Bosnia and<br />
Herzegovina”, in: McArdle D., Giulianotti R. (eds.):<br />
<strong>Sport</strong> and Human Rights in the Global Society<br />
Hardman K., Marshall J. (1999): World-wide<br />
Survey of the State and Status of S<strong>ch</strong>ool Physical<br />
Education – Summary Findings<br />
International Council of <strong>Sport</strong> Science and Physical<br />
Education (ICSSPE) (1999): Women, <strong>Sport</strong> and<br />
Physical Activity. Sharing Good Practice<br />
Jeisy E., Mengisen W. (2004): Tatsa<strong>ch</strong>en statt<br />
Meinungen, mobile 1/04, Magglingen<br />
Lehmann A., S<strong>ch</strong>aub Reisle M. (2003): Mehr-<br />
Werte im <strong>Sport</strong>. Strategien zu präventivem Handeln<br />
<strong>und</strong> zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung, in: S<strong>ch</strong>riftenreihe des<br />
BASPO (81), Magglingen<br />
Mwaanga O. (no date): Kicking AIDS out through<br />
Movement Games and <strong>Sport</strong>s Activities<br />
Population Council (2002): Letting Girls Play.<br />
The Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association’s Football<br />
Program for Girls<br />
S<strong>ch</strong>mid J. (2004): Aktive Kindheit – ges<strong>und</strong> dur<strong>ch</strong>s<br />
Leben, Magglingen<br />
S<strong>ch</strong>wery R. (2003): “The Potential of <strong>Sport</strong> for Development<br />
and Peace”, in: ICSSPE-Bulletin (39): 15–25<br />
Task Force on Education and Gender Equality,<br />
UN Millennium Project (2005): Taking Action:<br />
A<strong>ch</strong>ieving Gender Equality and Empowering Women<br />
The Value of <strong>Sport</strong> Monitor,<br />
www.sportengland.org/vsm/vsm_intro.asp<br />
Ausgewählte Literatur<br />
Armstrong G., Giulianotti R. (2004): Football in<br />
Africa. Conflict, Conciliation and Community<br />
Andreff W. (2006): “<strong>Sport</strong> in developing countries”,<br />
in: Andreff W., Szymanski S. (eds.): Handbook On The<br />
Economics Of <strong>Sport</strong><br />
Beneforti M., Cunningham J. (2002): Investigating<br />
Indicators for Measuring the Health and Social Impact<br />
of <strong>Sport</strong> and Recreation Programs in Indigenous<br />
Communities<br />
Brady M. (1998): “Laying the Fo<strong>und</strong>ation for Girls”<br />
Healthy Futures. Can <strong>Sport</strong>s Play a Role’: Studies in<br />
Family Planning 29 (1): 79–82<br />
Burnett C., Uys T. (2000): “<strong>Sport</strong> Development<br />
Impact Assessment: Towards a Rationale and Tool”, in:<br />
S.A. Journal for Resear<strong>ch</strong> in <strong>Sport</strong>, Physical Education<br />
and Recreation, 22 (1): 27–40<br />
81
Annex<br />
Über die Autoren/-innen<br />
Die Beiträge in Teil I <strong>und</strong> Teil III stammen<br />
von Daniele Waldburger, Lukas<br />
Frey <strong>und</strong> Ulri<strong>ch</strong> Lutz. Ebenso die Projektbeispiele<br />
in Teil II.<br />
Jean-Loup Chappelet, Prof. Dr., Professor <strong>für</strong> Public<br />
Management an der S<strong>ch</strong>weizer Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule<br />
<strong>für</strong> öffentli<strong>ch</strong>e Verwaltung (IDHEAP), die der<br />
Universität Lausanne angegliedert ist. Er lehrt<br />
unter anderem <strong>Sport</strong>management im Non-Profit-Berei<strong>ch</strong><br />
<strong>und</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit den na<strong>ch</strong>haltigen<br />
Wirkungen von <strong>Sport</strong>veranstaltungen.<br />
Lukas Frey, lic. phil. nat., mitverantwortli<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />
das DEZA-Spezialprogramm zum Internationalen<br />
Jahr des <strong>Sport</strong>s 2005 <strong>und</strong> Mitglied der<br />
S<strong>ch</strong>weizer Arbeitsgruppe <strong>Sport</strong> & <strong>Entwicklung</strong><br />
(WG S&D). Er hat mehrjährige Erfahrung in der<br />
<strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit, insbesondere in<br />
angewandter Fors<strong>ch</strong>ung in Afrika <strong>und</strong> in multilateralen<br />
Initiativen.<br />
Claudia Kessler Bodiang, Dr. med., Spezialistin<br />
<strong>für</strong> Public Health am S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Zentrum<br />
<strong>für</strong> Internationale Ges<strong>und</strong>heit des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />
Tropeninstituts. Sie hat langjährige Erfahrung<br />
im Berei<strong>ch</strong> humanitäre Hilfe <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit,<br />
speziell in Afrika,<br />
<strong>und</strong> ist Expertin auf den Gebieten HIV/Aids<br />
<strong>und</strong> reproduktive Ges<strong>und</strong>heit.<br />
Anton Lehmann, lic. rer. pol., Dozent <strong>für</strong> Sonderpädagogik<br />
<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> mit Sondergruppen an<br />
der Eidg. Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> Magglingen<br />
(EHSM). Er ist Mitglied der S<strong>ch</strong>weizer Arbeitsgruppe<br />
<strong>Sport</strong> & <strong>Entwicklung</strong> (WG S&D) <strong>und</strong><br />
leitet das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Bildungsprojekt «Droit<br />
au <strong>Sport</strong>» in Côte d’Ivoire, eine Kooperation<br />
zwis<strong>ch</strong>en dem B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> Magglingen<br />
<strong>und</strong> dem Institut National de la Jeunesse et<br />
des <strong>Sport</strong>s (INJS) in Abidjan. Zudem ist er Co-<br />
Autor des Konzepts «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />
der DEZA.<br />
Ulri<strong>ch</strong> Lutz, Dr. phil., Senior Executive, seit 30<br />
Jahren <strong>für</strong> die DEZA tätig. Er hat langjährige<br />
Erfahrung in bilateralen Programmen in Asien<br />
sowie im Umwelt- <strong>und</strong> Bildungsberei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> ist<br />
gegenwärtig Koordinator des DEZA-Spezialprogramms<br />
zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s<br />
2005.<br />
Annemarie Sancar, Dr. phil., Sozialanthropologin,<br />
Genderbeauftragte bei der DEZA, Sektion<br />
Gouvernanz. Zu ihren Spezialgebieten zählen<br />
Selbst- <strong>und</strong> Fremdzus<strong>ch</strong>reibungen (labelling processes)<br />
sowie die Konstruktion von kollektiver<br />
Identität, insbesondere im Zusammenhang mit<br />
Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terdifferenz <strong>und</strong> ihrer Bedeutung <strong>für</strong><br />
die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Integration bzw. Ausgrenzung.<br />
82
Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle, lic. phil., Mitglied der<br />
Ges<strong>ch</strong>äftsleitung der Lungenliga S<strong>ch</strong>weiz, Lehrbeauftragte<br />
an der «Fa<strong>ch</strong>ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule Aargau<br />
Nordwests<strong>ch</strong>weiz Soziale Arbeit» <strong>und</strong> Konsulentin<br />
im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden <strong>für</strong> die DEZA.<br />
Sie hat in Côte d’Ivoire Aids-Präventionsprojekte<br />
aufgebaut, das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Bildungsprojekt<br />
«Droit au <strong>Sport</strong>» mitinitiiert <strong>und</strong> leitet dort das<br />
DEZA-Projekt «<strong>Sport</strong> pour la Paix». Als Spezialistin<br />
<strong>für</strong> Su<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> Prävention hat sie zusammen<br />
mit Anton Lehmann (siehe oben) vers<strong>ch</strong>iedene<br />
Bros<strong>ch</strong>üren <strong>und</strong> Flyers zu Su<strong>ch</strong>tprävention <strong>und</strong><br />
<strong>Sport</strong> publiziert.<br />
Rolf S<strong>ch</strong>wery, Dr. phil., Ges<strong>ch</strong>äftsleiter der<br />
Swiss Academy for Development (SAD), einer<br />
s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation,<br />
die si<strong>ch</strong> im Berei<strong>ch</strong> der angewandten <strong>Entwicklung</strong>sfors<strong>ch</strong>ung<br />
etabliert hat. Unter seiner Leitung<br />
hat die SAD vers<strong>ch</strong>iedene Pilotprojekte im<br />
Berei<strong>ch</strong> von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> im mittleren<br />
Osten, in Osteuropa <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>weiz lanciert.<br />
Seine Fors<strong>ch</strong>ungss<strong>ch</strong>werpunkte sind <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />
Gewalt sowie <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Anomie.<br />
Charlie Sever, BA, MA, MSc, «Resear<strong>ch</strong> and<br />
Communications Officer» bei Bridge, einem<br />
auf Gender-Fragen spezialisierten Fors<strong>ch</strong>ungs<strong>und</strong><br />
Informationsdienst mit Sitz in England. Sie<br />
verfügt über Studienabs<strong>ch</strong>lüsse in den Fä<strong>ch</strong>ern<br />
Englis<strong>ch</strong>e Literatur, Women’s Studies <strong>und</strong> Sozialwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />
Fors<strong>ch</strong>ungsmethodik <strong>und</strong> hat<br />
im Berei<strong>ch</strong> Gender <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> breit gefors<strong>ch</strong>t<br />
<strong>und</strong> publiziert, unter anderem zu Themen<br />
wie Sexualität, politis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, Frauenbewegungen<br />
sowie Handel. Sie ist Mitautorin<br />
<strong>und</strong> Herausgeberin von zahlrei<strong>ch</strong>en Artikeln<br />
<strong>und</strong> Fa<strong>ch</strong>bü<strong>ch</strong>ern.<br />
Daniele Waldburger, selbstständiger Kommunikationsberater<br />
mit eigener Firma, ist auf die<br />
Erarbeitung, Aufbereitung <strong>und</strong> Vermittlung von<br />
komplexen Inhalten spezialisiert. Neben nationalen<br />
<strong>und</strong> internationalen Mandaten in den Berei<strong>ch</strong>en<br />
Informationste<strong>ch</strong>nologie, Wissens<strong>ch</strong>aft<br />
<strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung bes<strong>ch</strong>äftigt er si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>werpunktmässig<br />
mit entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Themen.<br />
Er verfügt über langjährige journalistis<strong>ch</strong>e Erfahrung<br />
<strong>und</strong> hat afrikanis<strong>ch</strong>e Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te <strong>und</strong><br />
Sozialanthropologie studiert.<br />
83
ANNEX<br />
Über die DEZA<br />
Die Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />
(DEZA) ist die Agentur <strong>für</strong> internationale<br />
Zusammenarbeit im Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departement<br />
<strong>für</strong> auswärtige Angelegenheiten (EDA).<br />
Die DEZA ist zuständig <strong>für</strong> die Gesamtkoordination<br />
der <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Ostzusammenarbeit<br />
mit andern B<strong>und</strong>esämtern sowie <strong>für</strong> die humanitäre<br />
Hilfe der S<strong>ch</strong>weiz.<br />
Die DEZA erbringt ihre Leistungen mit r<strong>und</strong> 550<br />
Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern im In- <strong>und</strong><br />
Ausland <strong>und</strong> einem Jahresbudget von 1,3 Milliarden<br />
Franken (2004). Sie arbeitet in direkten<br />
Aktionen, unterstützt Programme multilateraler<br />
Organisationen <strong>und</strong> finanziert Programme<br />
s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er <strong>und</strong> internationaler Hilfswerke<br />
mit, <strong>und</strong> zwar in den Berei<strong>ch</strong>en<br />
bilaterale <strong>und</strong> multilaterale <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />
humanitäre Hilfe, inklusive S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es<br />
Korps <strong>für</strong> humanitäre Hilfe (SKH)<br />
Zusammenarbeit mit Osteuropa<br />
Ziel der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit ist die Armutsreduktion<br />
im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe<br />
in den Partnerländern. Sie fördert namentli<strong>ch</strong><br />
die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> staatli<strong>ch</strong>e Eigenständigkeit,<br />
trägt zur Verbesserung der Produktionsbedingungen<br />
bei, hilft bei der Bewältigung von<br />
Umweltproblemen <strong>und</strong> sorgt <strong>für</strong> besseren Zugang<br />
zur Bildung, ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>versorgung<br />
<strong>und</strong> Kultur der am meisten bena<strong>ch</strong>teiligten<br />
Bevölkerung.<br />
Die bilaterale <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit konzentriert<br />
si<strong>ch</strong> auf 17 S<strong>ch</strong>werpunktländer <strong>und</strong><br />
7 Sonderprogramme in Afrika, Asien <strong>und</strong><br />
Lateinamerika. R<strong>und</strong> 750 Projekte sind in Arbeit.<br />
Ziel der humanitären Hilfe ist es, Leben zu retten<br />
<strong>und</strong> Leiden zu lindern. Sie leistet na<strong>ch</strong> Naturkatastrophen<br />
<strong>und</strong> im Umfeld von Konflikten direkte<br />
Hilfe dur<strong>ch</strong> Einsätze des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Korps<br />
<strong>für</strong> humanitäre Hilfe (SKH) <strong>und</strong> unterstützt humanitäre<br />
Partnerorganisationen au<strong>ch</strong> finanziell.<br />
Die humanitäre Hilfe wird bedarfsbezogen<br />
dort erbra<strong>ch</strong>t, wo sie am notwendigsten ist, <strong>und</strong><br />
zwar in den Kernberei<strong>ch</strong>en Prävention, Not<strong>und</strong><br />
Überlebenshilfe, Wiederaufbau <strong>und</strong> Anwalts<strong>ch</strong>aft.<br />
Die humanitäre Hilfe wird weltweit<br />
geleistet <strong>und</strong> ist im Jahr 2005 in 8 Regionen besonders<br />
stark engagiert. Die humanitäre Hilfe<br />
entsandte im Jahr 2004 335 Expertinnen <strong>und</strong><br />
Experten des SKH in Einsätze.<br />
Die Zusammenarbeit mit Osteuropa <strong>und</strong> der<br />
Gemeins<strong>ch</strong>aft Unabhängiger Staaten (GUS)<br />
unterstützt Partnerländer auf dem Weg zu<br />
pluralistis<strong>ch</strong>er Demokratie <strong>und</strong> sozialer Marktwirts<strong>ch</strong>aft.<br />
Zentrale Anliegen sind die Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung von Fa<strong>ch</strong>kräften, der Aufbau<br />
bürgernaher, demokratis<strong>ch</strong>er Institutionen ebenso<br />
wie der s<strong>ch</strong>onende Umgang mit natürli<strong>ch</strong>en<br />
Ressourcen <strong>und</strong> Reformen im Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />
Sozialberei<strong>ch</strong>. Geografis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>werpunkte<br />
sind die Länder Südosteuropas (ca. 70% der<br />
Mittel) <strong>und</strong> die GUS (30%, v. a. Südkaukasus<br />
<strong>und</strong> Zentralasien). In 14 Partnerländern sind<br />
derzeit über 200 Projekte <strong>und</strong> 2 Spezialprogramme<br />
in Arbeit. Umgesetzt werden die Ostprojekte<br />
in enger Zusammenarbeit mit dem<br />
Staatssekretariat <strong>für</strong> Wirts<strong>ch</strong>aft (seco).<br />
Weiterführende Informationen sind zu finden<br />
unter www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
Multilateral arbeitet die DEZA insbesondere<br />
mit den Organisationen des UNO-Systems, der<br />
Weltbank <strong>und</strong> den regionalen <strong>Entwicklung</strong>sbanken<br />
zusammen.<br />
84
Bildna<strong>ch</strong>weis<br />
Titelseite: Christine Osborne, Copix<br />
S. 6: Gregory Bull, AP/Keystone<br />
S. 9: Bebeto Matthews, AP/Keystone<br />
S. 10: Niklaus Eggenberger, Swiss Academy for Development (SAD)<br />
S. 12: Amel Emric, AP/Keystone<br />
(Second prize in the “<strong>Sport</strong>s singles” category of the 1998 World Press Photo)<br />
S. 22: Simon Maina, AFP/Getty Images<br />
S. 26: Money Sharma, EPA/Keystone<br />
S. 29: Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle<br />
S. 30: Serge Attal, Time Life Pictures/Getty Images<br />
S. 33: Trigon-Film<br />
S. 38: Marco Di Lauro, Stringer/Getty Images<br />
S. 40: Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle<br />
S. 45: Jean-Pierre Paratore<br />
S. 46: Behrouz Mehri, EPA AFP/Keystone<br />
S. 49: Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association Shootback Project<br />
S. 55: Population Council/Nadia Zibani<br />
S. 56: Hasan Sarbakhshian, AP/Keystone<br />
S. 61: STR, FIFA/Keystone<br />
S. 64: Robert Nickelsberg, Time Life Pictures/Getty Images<br />
S. 66: Mike Nelson, AFP/Getty Images<br />
S. 68: Reg Caldecott, EPA/Keystone<br />
S. 70: Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA)<br />
S. 73: Charles Rex Arbogast, AP/Keystone<br />
S. 75: Play for Peace, Stiftung Kinderdorf Pestalozzi
«<strong>Sport</strong> ist eine universelle Spra<strong>ch</strong>e, die Mens<strong>ch</strong>en<br />
zusammenbringen kann – unabhängig von Herkunft,<br />
Hintergr<strong>und</strong>, religiöser Überzeugung oder wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em<br />
Status. (…) Er kann eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle<br />
<strong>für</strong> die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen<br />
spielen, ja ni<strong>ch</strong>t nur jedes Einzelnen, sondern von<br />
ganzen Gemeins<strong>ch</strong>aften.»<br />
Kofi Annan, UNO-Generalsekretär<br />
Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />
Zusammenarbeit (DEZA)<br />
Freiburgstrasse 130<br />
CH-3003 Bern, S<strong>ch</strong>weiz<br />
E-Mail: info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />
www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>