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Sport für Entwicklung und friEdEn - Deza - admin.ch

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<strong>Sport</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> Frieden


Herausgeberin<br />

Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit (DEZA) – © 2005<br />

Konzept <strong>und</strong> redaktionelle<br />

Gesamtverantwortung<br />

Waldburger Consulting, Züri<strong>ch</strong><br />

Gestaltung <strong>und</strong> Layout<br />

Meier Media Design, Züri<strong>ch</strong><br />

Druck<br />

Jordi AG – das Medienhaus, Belp<br />

Bezugsadresse<br />

Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />

Freiburgstrasse 130, CH-3003 Bern, S<strong>ch</strong>weiz<br />

info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

Diese Publikation ist in Deuts<strong>ch</strong>, Englis<strong>ch</strong>,<br />

Französis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> Spanis<strong>ch</strong> erhältli<strong>ch</strong>.<br />

Bild Titelseite: Lebensfreude dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel – Frauen-Cricket in Neukaledonien.


Inhaltsverzei<strong>ch</strong>nis<br />

Vorwort<br />

<strong>Sport</strong> ist kein Luxus 4<br />

Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e Kontext 6<br />

<strong>Sport</strong> als Instrument der <strong>Entwicklung</strong> 12<br />

Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale Integration 22<br />

Projekt «Droit au sport» 29<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit 30<br />

Projekt «Kicking AIDS Out!» 37<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden 38<br />

Projekt «Game4Change» 45<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender 46<br />

Projekt «Ishraq» 55<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> 56<br />

Projekt «Olympafrica» 63<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung 64<br />

Projekt «Think and Move» 70<br />

Teil III: Synthese & Perspektiven<br />

S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick 72<br />

Annex<br />

Weiterführende Informationen 80<br />

Über die Autoren/-innen 82<br />

Über die DEZA 84


vorwort<br />

<strong>Sport</strong> ist kein Luxus<br />

«Haben Sie einen Ball mitgebra<strong>ch</strong>t» Bei meinen<br />

Besu<strong>ch</strong>en in unseren Partnerländern im Süden<br />

<strong>und</strong> Osten ist das oft die erste Frage, die<br />

mir von den Kindern gestellt wird. Au<strong>ch</strong> wenn<br />

sie in Armut <strong>und</strong> unter widrigen sozialen Bedingungen<br />

leben, eines haben Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

auf der ganzen Welt gemeinsam: die Lust<br />

am Spiel <strong>und</strong> die Freude an der Bewegung.<br />

Ob in der S<strong>ch</strong>weiz oder in Südafrika, in Russland<br />

oder in Brasilien, <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel sind<br />

zutiefst mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnisse. Si<strong>ch</strong> mit einem<br />

Gegner friedli<strong>ch</strong> messen, mit Sieg <strong>und</strong> Niederlage<br />

umgehen, Regeln akzeptieren, die<br />

Grenzen des eigenen Körpers erfahren oder<br />

si<strong>ch</strong> als Mitglied ins Team einfügen: Dur<strong>ch</strong> den<br />

<strong>Sport</strong> können Kinder diese <strong>und</strong> andere gr<strong>und</strong>legende<br />

soziale Fertigkeiten auf spieleris<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />

lustvolle Weise erlernen <strong>und</strong> üben. Fertigkeiten<br />

notabene, die weit über den <strong>Sport</strong> hinaus eine<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> ein friedli<strong>ch</strong>es Zusammenleben<br />

in jeder Gesells<strong>ch</strong>aft sowie <strong>für</strong> ein selbstbestimmtes<br />

Leben jedes Einzelnen sind.<br />

<strong>Sport</strong> ist <strong>für</strong> eine Gesells<strong>ch</strong>aft deshalb kein<br />

Luxus, ganz im Gegenteil. <strong>Sport</strong> ist eine wi<strong>ch</strong>tige<br />

Investition in die Gegenwart <strong>und</strong> in die Zukunft –<br />

gerade in <strong>Entwicklung</strong>sländern. Dies ni<strong>ch</strong>t nur<br />

wegen seiner erwiesenermassen positiven<br />

Auswirkung auf die körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> geistige<br />

Ges<strong>und</strong>heit. <strong>Sport</strong> hat au<strong>ch</strong> eine unerrei<strong>ch</strong>te<br />

Fähigkeit, Mens<strong>ch</strong>en über Grenzen hinweg zu<br />

verbinden.<br />

Als in Ruanda na<strong>ch</strong> mehrjährigem Bürgerkrieg<br />

1994 die Waffen endli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wiegen, fanden<br />

die ersten zaghaften Kontakte zwis<strong>ch</strong>en den<br />

einstigen Konfliktparteien auf dem <strong>Sport</strong>platz<br />

statt, beim gemeinsamen Fussball- <strong>und</strong> Volleyballspiel.<br />

Das ist kein Zufall. <strong>Sport</strong> kann au<strong>ch</strong><br />

dort Brücken s<strong>ch</strong>lagen, wo andere Mittel versagen<br />

– bei der Überwindung von Konflikten <strong>und</strong><br />

kulturellen Barrieren oder bei der besseren Integration<br />

von Minderheiten <strong>und</strong> Randgruppen.<br />

Diese einzigartigen Eigens<strong>ch</strong>aften ma<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Sport</strong> zu einem idealen Motor <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprozesse<br />

– auf individueller wie auf gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er<br />

Ebene. <strong>Sport</strong> ist in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

deshalb au<strong>ch</strong> kein neues<br />

Thema. Na<strong>ch</strong>dem sein Potenzial aber lange<br />

ni<strong>ch</strong>t gezielt <strong>und</strong> systematis<strong>ch</strong> genutzt wurde,<br />

besteht heute ein s<strong>ch</strong>nell wa<strong>ch</strong>sender Konsens,<br />

dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag<br />

zum Errei<strong>ch</strong>en von globalen <strong>Entwicklung</strong>szielen,<br />

darunter den Millennium Development<br />

Goals (MDGs), leisten können.<br />

Ein Symbol da<strong>für</strong> ist die Erklärung des Jahrs<br />

2005 zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong><br />

der <strong>Sport</strong>erziehung dur<strong>ch</strong> die UNO-Generalversammlung.<br />

Sein Ziel ist es, <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden,<br />

<strong>Entwicklung</strong>, Erziehung <strong>und</strong> Bildung sowie<br />

Ges<strong>und</strong>heit <strong>für</strong> alle fru<strong>ch</strong>tbar zu ma<strong>ch</strong>en – im<br />

Norden ebenso wie im Süden <strong>und</strong> Osten, in<br />

entwickelten Gesells<strong>ch</strong>aften ebenso wie in <strong>Entwicklung</strong>sländern.<br />

Damit dies gelingt, brau<strong>ch</strong>t es vor allem zweierlei:<br />

Zum einen ein no<strong>ch</strong> stärkeres Bewusstsein<br />

bei allen Akteuren – internationalen Organisationen,<br />

Regierungen, <strong>Sport</strong>verbänden, Wirts<strong>ch</strong>aft,<br />

Hilfswerken, Wissens<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> Medien –<br />

<strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s,<br />

zum anderen eine verstärkte Zusammenarbeit<br />

zwis<strong>ch</strong>en allen Akteuren.<br />

Die vorliegende DEZA-Bros<strong>ch</strong>üre will zu beiden<br />

Zielen etwas beitragen. Sie gibt einen Überblick<br />

über zentrale Themen im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong><br />

<strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, zeigt anhand von<br />

konkreten Erfahrungen <strong>und</strong> Beispielen Chancen<br />

<strong>und</strong> Grenzen auf <strong>und</strong> skizziert Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

<strong>für</strong> die Förderung eines globalen Netzwerks <strong>für</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>.<br />

Eines ist unbestritten: Wenn alle Akteure ihre<br />

jeweiligen Stärken einbringen <strong>und</strong> ausspielen,<br />

entsteht ein uns<strong>ch</strong>lagbares Team im Dienst von<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden.<br />

Walter Fust<br />

Direktor, Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit (DEZA)


Teil I<br />

Einführung & GrunDlagen


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> Frieden – der<br />

entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />

Kontext


<strong>Sport</strong> – universelle Spra<strong>ch</strong>e mit<br />

globaler Verbreitung: Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

spielen in den Strassen der kubanis<strong>ch</strong>en<br />

Hauptstadt Havanna Baseball.


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Was hat <strong>Sport</strong> mit <strong>Entwicklung</strong> zu tun No<strong>ch</strong> vor wenigen Jahren wäre bei<br />

dieser Frage selbst man<strong>ch</strong>er Experte ins Grübeln geraten. Das hat si<strong>ch</strong> geändert.<br />

<strong>Sport</strong> nimmt inzwis<strong>ch</strong>en auf der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Agenda einen festen<br />

Platz ein, <strong>und</strong> selbst Skeptiker attestieren dem Berei<strong>ch</strong> «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />

erhebli<strong>ch</strong>es Zukunftspotenzial.<br />

Was ist <strong>Sport</strong><br />

Si<strong>ch</strong>tbarster Ausdruck dieser Veränderung<br />

ist das Internationale Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der<br />

<strong>Sport</strong>erziehung 2005, das von der UNO-Generalversammlung<br />

im November 2003 ausgerufen<br />

wurde. Mit der UNO-Resolution 58/5<br />

werden Regierungen, <strong>Sport</strong>organisationen, die<br />

UNO <strong>und</strong> ihre Agenturen, <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>verbände aufgerufen, die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Förderung von<br />

Erziehung <strong>und</strong> Ausbildung, Ges<strong>und</strong>heit, <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> Frieden zu nutzen. Namentli<strong>ch</strong> sollen<br />

Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> zur Erfüllung der im Jahre 2000<br />

verabs<strong>ch</strong>iedeten Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />

beitragen, die unter anderem die Halbierung<br />

der Armut bis 2015 anstreben.<br />

Als Folge hat das Thema <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

eine eindrückli<strong>ch</strong>e Dynamik entwickelt. Heute<br />

setzen weltweit H<strong>und</strong>erte, wenn ni<strong>ch</strong>t Tausende<br />

von Projekten auf den <strong>Sport</strong> als Mittel zur <strong>Entwicklung</strong>.<br />

Zum Beispiel in Brasilien. Dort hat die Regierung<br />

das Programm «Seg<strong>und</strong>o Tempo» lanciert,<br />

das Jugendli<strong>ch</strong>en mit <strong>Sport</strong>angeboten einen<br />

Ausweg aus Elend <strong>und</strong> Gewalt aufzeigen will.<br />

Auf die morgendli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>ulausbildung <strong>und</strong> das<br />

Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind zutiefst mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnisse <strong>und</strong> spielen in allen<br />

Kulturen eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle. Im <strong>Entwicklung</strong>skontext umfasst <strong>Sport</strong> alle Formen<br />

von körperli<strong>ch</strong>er Aktivität, die zu physis<strong>ch</strong>er Fitness, mentalem Wohlbefinden<br />

<strong>und</strong> sozialem Austaus<strong>ch</strong> beitragen, egal ob organisiert oder unorganisiert.<br />

<strong>Sport</strong> kann au<strong>ch</strong> negative Begleiters<strong>ch</strong>einungen wie Gewalt, Korruption, Diskriminierung,<br />

Hooliganismus, Nationalismus, Doping oder Betrug haben. Damit<br />

er sein positives Potenzial entfalten kann, ist eine Begleitung <strong>und</strong> Steuerung von<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten von grosser Bedeutung.<br />

warme Mittagessen folgt in der «zweiten Halbzeit»,<br />

am Na<strong>ch</strong>mittag, ein <strong>Sport</strong>programm.<br />

Zwei Millionen Kinder will das Projekt bis Ende<br />

Jahr aufnehmen. Au<strong>ch</strong> in den Elendsvierteln<br />

von Medellin in Kolumbien findet ein ähnli<strong>ch</strong>es<br />

Programm statt. Als direkte Konsequenz konnte<br />

dort die Kriminalitätsrate gesenkt werden. In<br />

Indien werden im ganzen Land <strong>Sport</strong>turniere<br />

veranstaltet, in denen gemis<strong>ch</strong>te Muslim- <strong>und</strong><br />

Hindu-Manns<strong>ch</strong>aften gegeneinander antreten.<br />

Auf dem Spielfeld wie au<strong>ch</strong> auf der Zus<strong>ch</strong>auertribüne<br />

kommen si<strong>ch</strong> so Hindu <strong>und</strong> Moslems<br />

wieder näher, na<strong>ch</strong>dem sie über Jahre gewalttätig<br />

aneinander geraten waren.<br />

Universell, spieleris<strong>ch</strong>, einfa<strong>ch</strong> – <strong>und</strong><br />

ein Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t<br />

Alle diese Projekte nutzen die einzigartigen Eigens<strong>ch</strong>aften<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />

<strong>Entwicklung</strong>szielen. So steht <strong>Sport</strong> auf spieleris<strong>ch</strong>e<br />

<strong>und</strong> lustbetonte Weise <strong>für</strong> gr<strong>und</strong>legende<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Werte wie Respekt <strong>für</strong> den Gegner,<br />

Anerkennung von Regeln, Fairplay <strong>und</strong><br />

Teamwork. Glei<strong>ch</strong>zeitig ist er im besten Sinn<br />

universell: Seine Regeln sind einfa<strong>ch</strong>, lei<strong>ch</strong>t<br />

verständli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> überall glei<strong>ch</strong>. Mehr als jede<br />

andere Aktivität kann er damit Mens<strong>ch</strong>en unabhängig<br />

von kulturellen Differenzen miteinander<br />

verbinden.<br />

Dabei ist sein Nutzen ni<strong>ch</strong>t auf einzelne Berei<strong>ch</strong>e<br />

bes<strong>ch</strong>ränkt. <strong>Sport</strong> kann die individuelle<br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung von Kindern, Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>senen ebenso fördern<br />

wie die soziale, kulturelle <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Entwicklung</strong> von Gruppen oder den friedli<strong>ch</strong>en<br />

Austaus<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en Kulturen. <strong>Sport</strong> ist deshalb<br />

<strong>für</strong> eine Gesells<strong>ch</strong>aft kein Luxus, sondern eine


sport <strong>für</strong> entwicklung <strong>und</strong> frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e kontext<br />

wi<strong>ch</strong>tige Investition in die Gegenwart <strong>und</strong> in die<br />

Zukunft – gerade in <strong>Entwicklung</strong>sländern.<br />

Im <strong>Entwicklung</strong>szusammenhang wird <strong>Sport</strong> sehr<br />

weit gefasst. Er umfasst – so die Definition –<br />

jegli<strong>ch</strong>e Formen von körperli<strong>ch</strong>er Aktivität, die<br />

zu physis<strong>ch</strong>er Fitness, mentalem Wohlbefinden<br />

<strong>und</strong> sozialem Austaus<strong>ch</strong> beitragen – egal, ob<br />

organisiert oder unorganisiert. Im Mittelpunkt<br />

steht aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t immer der Breitensport,<br />

ni<strong>ch</strong>t der Spitzensport.<br />

Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

denn au<strong>ch</strong> keine ganz neuen Themen.<br />

Vor allem in der humanitären Hilfe werden<br />

sie s<strong>ch</strong>on seit längerer Zeit <strong>für</strong> die Verbesserung<br />

der Lebensbedingungen der Betroffenen <strong>und</strong><br />

zur Bewältigung von Traumata na<strong>ch</strong> bewaffneten<br />

Konflikten oder Naturkatastrophen eingesetzt<br />

(vgl. Kasten S. 10). Als Teil der Kultur war<br />

<strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> in längerfristig ausgeri<strong>ch</strong>teten Programmen<br />

immer wieder ein Thema. Allerdings<br />

wurde er bis vor kurzem ni<strong>ch</strong>t systematis<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> genutzt.<br />

Dies, obwohl <strong>Sport</strong> von der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft<br />

längst als Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t anerkannt ist.<br />

Als «ein f<strong>und</strong>amentales Re<strong>ch</strong>t <strong>für</strong> alle» bezei<strong>ch</strong>nete<br />

die Unesco den <strong>Sport</strong> bereits 1978. 1989<br />

zogen die Vertragsstaaten der Kinderre<strong>ch</strong>tskonvention<br />

na<strong>ch</strong> <strong>und</strong> anerkannten «das Re<strong>ch</strong>t des<br />

Kindes auf Ruhe <strong>und</strong> Freizeit [...], auf Spiel <strong>und</strong><br />

altersgemässe aktive Erholung [...]». Allerdings<br />

wurde diesen Erklärungen wenig Na<strong>ch</strong>druck<br />

vers<strong>ch</strong>afft, <strong>und</strong> bis vor kurzem wurde das Re<strong>ch</strong>t<br />

auf Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> als «vergessenes<br />

Re<strong>ch</strong>t» bezei<strong>ch</strong>net.<br />

Wa<strong>ch</strong>sende politis<strong>ch</strong>e Dynamik ab 1999<br />

In den letzten Jahren wurden die Anstrengungen<br />

zu seiner Realisierung endli<strong>ch</strong> erhebli<strong>ch</strong><br />

verstärkt. In der <strong>Entwicklung</strong> des Themas lassen<br />

si<strong>ch</strong> einige Meilensteine ausma<strong>ch</strong>en:<br />

1999: UNO-Generalsekretär Kofi Annan<br />

gibt am Weltwirts<strong>ch</strong>aftsforum in Davos den<br />

Starts<strong>ch</strong>uss. Er fordert die <strong>Sport</strong>welt auf, si<strong>ch</strong><br />

zusammen mit Politik, Wirts<strong>ch</strong>aft, Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>und</strong> Religion stärker <strong>für</strong> eine gere<strong>ch</strong>tere <strong>und</strong><br />

friedli<strong>ch</strong>ere Welt einzusetzen.<br />

2001: Kofi Annan ernennt den S<strong>ch</strong>weizer alt<br />

B<strong>und</strong>esrat Adolf Ogi zu seinem Sonderberater<br />

<strong>für</strong> <strong>Sport</strong> im Dienst von <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden.<br />

Ogi gelingt es in der Folge ni<strong>ch</strong>t nur, das Thema<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> auf die globale entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />

Agenda zu setzen, sondern<br />

au<strong>ch</strong> das Bewusstsein aller Akteure – UNO-<br />

Organisationen, Regierungen, <strong>Sport</strong>verbände,<br />

NGOs, Wirts<strong>ch</strong>aft, Medien <strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft –<br />

<strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s zu<br />

s<strong>ch</strong>ärfen.<br />

2002: Unter der Führung von Adolf Ogi <strong>und</strong><br />

der damaligen Unicef-Direktorin Carol Bellamy<br />

wird die «UN-Inter Agency Task Force <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>,<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden» eingesetzt. Sie setzt<br />

si<strong>ch</strong> aus Vertretern/-innen von vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

UNO-Agenturen, darunter ILO, Unesco, WHO,<br />

UNDP, UNEP, UNHCR, Unicef <strong>und</strong> UNAIDS,<br />

zusammen <strong>und</strong> untersu<strong>ch</strong>t, wel<strong>ch</strong>e Rolle der<br />

<strong>Sport</strong> bei der Errei<strong>ch</strong>ung der Millenniums-<strong>Entwicklung</strong>sziele<br />

spielen kann. Der 2003 veröffentli<strong>ch</strong>te<br />

S<strong>ch</strong>lussberi<strong>ch</strong>t der Task Force attestiert<br />

dem <strong>Sport</strong> ein grosses entwicklungspolitis<strong>ch</strong>es<br />

Potenzial <strong>und</strong> ruft dazu auf, <strong>Sport</strong> systematis<strong>ch</strong> in<br />

der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit einzusetzen.<br />

2003: Im Februar findet in der S<strong>ch</strong>weiz die<br />

1. Magglingen Konferenz zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

statt. Getragen vom UNO-Sonderberater<br />

A. Ogi, der Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit (DEZA) <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>esamt<br />

<strong>für</strong> <strong>Sport</strong> (BASPO), bringt sie erstmals Akteure<br />

aus allen Teilen der Gesells<strong>ch</strong>aft zusammen.<br />

Fast 400 ho<strong>ch</strong>rangige Repräsentanten von<br />

Regierungen, UNO-Agenturen, der <strong>Sport</strong>welt,<br />

Eine friedli<strong>ch</strong>ere Welt dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>:<br />

Kofi Annan, Adolf Ogi <strong>und</strong> Roger<br />

Federer (von re<strong>ch</strong>ts) anlässli<strong>ch</strong><br />

der Eröffnungszeremonie des Internationalen<br />

Jahrs des <strong>Sport</strong>s am<br />

5. November 2004 in New York.


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> humanitäre Hilfe<br />

In Flü<strong>ch</strong>tlingslagern <strong>und</strong> Katastrophengebieten<br />

hat si<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> als Mittel zur Bewältigung<br />

ausserordentli<strong>ch</strong>er Lebensumstände<br />

seit langem bewährt. UNO-Organisationen<br />

<strong>und</strong> Hilfswerke bauen diesen traditionellen<br />

Einsatzberei<strong>ch</strong> weiter aus <strong>und</strong><br />

treiben die Einführung von <strong>Sport</strong> in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern<br />

in aller Welt voran.<br />

Das Flü<strong>ch</strong>tlingswerk der Vereinten Nationen<br />

(UNHCR) s<strong>ch</strong>ätzt die Zahl der in Lagern <strong>und</strong> Notunterkünften<br />

lebenden Jugendli<strong>ch</strong>en weltweit auf<br />

r<strong>und</strong> neun Millionen. Entwurzelt, verarmt, ohne<br />

Ausbildung <strong>und</strong> oft ohne ausrei<strong>ch</strong>ende elterli<strong>ch</strong>e<br />

Fürsorge haben diese Jugendli<strong>ch</strong>en kaum Zukunftsaussi<strong>ch</strong>ten.<br />

Sie kämpfen mit Erfahrungen wie<br />

Vertreibung <strong>und</strong> Flu<strong>ch</strong>t, Verlust von Familienangehörigen<br />

oder Ausbeutung. <strong>Sport</strong> bietet ihnen die<br />

Mögli<strong>ch</strong>keit, dem tristen Lagerleben <strong>für</strong> einige St<strong>und</strong>en<br />

zu entfliehen – zu spielen, herumzutollen <strong>und</strong><br />

si<strong>ch</strong> zu vergnügen. Im <strong>Sport</strong> können sie ein Ventil<br />

finden, um angestaute Aggressionen <strong>und</strong> Frustrationen<br />

kontrolliert abzubauen. Er kann minimale<br />

Strukturen in einem reizarmen Alltag s<strong>ch</strong>affen <strong>und</strong><br />

helfen, Traumata zu verarbeiten, Selbstvertrauen<br />

zu s<strong>ch</strong>öpfen <strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erheit zurückzugewinnen.<br />

Das UNHCR hat s<strong>ch</strong>on in den Neunzigerjahren<br />

die vielfältigen Funktionen des <strong>Sport</strong>s erkannt <strong>und</strong><br />

ist Partners<strong>ch</strong>aften mit <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />

wie «Right to Play» eingegangen. «Right to Play»<br />

entsendet seither Freiwillige in Flü<strong>ch</strong>tlingslager in<br />

über 20 Ländern mit dem Ziel, in den meist multinationalen<br />

<strong>und</strong> multiethnis<strong>ch</strong>en Lagern eine Kultur<br />

des friedli<strong>ch</strong>en Zusammenlebens zu s<strong>ch</strong>affen. Dort,<br />

wo <strong>Sport</strong> gefördert wird, beri<strong>ch</strong>ten Flü<strong>ch</strong>tlinge <strong>und</strong><br />

Freiwillige von einer Abnahme der Aggressionsbereits<strong>ch</strong>aft.<br />

In Uganda wurde es beispielsweise<br />

mögli<strong>ch</strong>, dass si<strong>ch</strong> Hutu <strong>und</strong> Tutsi im friedli<strong>ch</strong>en<br />

Wettkampf begegnen. Ents<strong>ch</strong>eidend <strong>für</strong> sol<strong>ch</strong>e Erfolge<br />

ist immer die ri<strong>ch</strong>tige Inszenierung<br />

<strong>und</strong> Vermittlung des <strong>Sport</strong>s.<br />

Viel verspre<strong>ch</strong>end sind die <strong>Sport</strong>projekte<br />

im erdbebenversehrten Bam: R<strong>und</strong> 450<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en im Alter von 6 bis 18 Jahren<br />

werden dort seit Oktober 2004 sportli<strong>ch</strong>e<br />

<strong>und</strong> erholsame Aktivitäten wie Volleyball,<br />

B<strong>admin</strong>ton, Karate, Gymnastik oder Tis<strong>ch</strong>tennis<br />

angeboten. Diese sind als Ergänzung<br />

zur psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>en Betreuung geda<strong>ch</strong>t <strong>und</strong><br />

finden in zwei umgebauten, ges<strong>ch</strong>ützten <strong>und</strong><br />

gut ausgerüsteten Lagerhallen <strong>und</strong> einem ehemaligen<br />

Stadion statt.<br />

Au<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> der verheerenden Flutkatastrophe in<br />

Asien setzen Hilfsorganisationen auf die Karte<br />

<strong>Sport</strong>. Unicef hat allein in Aceh 21 S<strong>ch</strong>utzzentren<br />

<strong>für</strong> Kinder eingeri<strong>ch</strong>tet, in denen 17000 Kinder<br />

psy<strong>ch</strong>osoziale Betreuung erhalten. Je 200 bis<br />

300 Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Jungen können hier an Spiel<strong>und</strong><br />

<strong>Sport</strong>angeboten teilnehmen.<br />

Nationale <strong>und</strong> internationale <strong>Sport</strong>verbände<br />

können viel zum Ausbau sol<strong>ch</strong>er Programme<br />

beitragen. Ihre Hilfe vor Ort<br />

– sei sie materiell, finanziell, organisatoris<strong>ch</strong><br />

oder inhaltli<strong>ch</strong> – ist oft<br />

zentral <strong>für</strong> die Dur<strong>ch</strong>führung von<br />

humanitären Projekten. Auf internationaler<br />

Ebene haben sie zudem<br />

enormes Sensibilisierungs<strong>und</strong><br />

Mobilisierungspotenzial.<br />

Traumabewältigung<br />

na<strong>ch</strong> Naturkatastrophen:<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten in den<br />

Zeltstädten r<strong>und</strong> um die<br />

2003 vom Erdbeben<br />

zerstörte iranis<strong>ch</strong>e<br />

Stadt Bam.<br />

<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen <strong>und</strong> den Medien<br />

treffen si<strong>ch</strong> in Magglingen zu einem Informations-<br />

<strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong>. Das Ergebnis<br />

ist die «Magglingen Deklaration», die <strong>Sport</strong><br />

als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t bekräftigt <strong>und</strong> alle Akteure<br />

aufruft, <strong>Sport</strong> im Dienst der <strong>Entwicklung</strong> einzusetzen<br />

(vgl. Kasten S. 11). Ebenfalls 2003 erklärt<br />

die UNO-Generalversammlung das Jahr<br />

2005 zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong><br />

der <strong>Sport</strong>erziehung.<br />

2005: Vorläufiger Höhepunkt ist das Internationale<br />

Jahr des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der <strong>Sport</strong>erziehung<br />

2005. Eröffnet wird es von Kofi Annan<br />

<strong>und</strong> Adolf Ogi im Beisein des Tennisstars Roger<br />

Federer. Das Jahr bietet eine hervorragende<br />

Gelegenheit, die Aufmerksamkeit der Weltöffentli<strong>ch</strong>keit<br />

auf die Bedeutung des <strong>Sport</strong>s in der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft zu ri<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> die Dynamik weiter<br />

zu verstärken.<br />

Das internationale Umfeld <strong>und</strong><br />

das Engagement der S<strong>ch</strong>weiz<br />

Die Anstrengungen haben auf allen<br />

Ebenen Frü<strong>ch</strong>te getragen. Ni<strong>ch</strong>t nur ist<br />

das Bewusstsein <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

bei allen Akteuren erhebli<strong>ch</strong><br />

gestiegen. Au<strong>ch</strong> die Beziehungen<br />

zwis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>swelt<br />

wurden erhebli<strong>ch</strong> gestärkt.<br />

Als Resultat hat si<strong>ch</strong> die Zahl der<br />

Projekte im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> vervielfa<strong>ch</strong>t.<br />

10


sport <strong>für</strong> entwicklung <strong>und</strong> frieden – der entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e kontext<br />

<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen entdecken den <strong>Sport</strong><br />

zunehmend als wirkungsvolles Instrument, das<br />

komplementär zu anderen Mitteln genutzt werden<br />

kann. So setzen heute vers<strong>ch</strong>iedene UNO-Agenturen,<br />

darunter Unicef, UNDP, ILO oder UNEP,<br />

auf die Karte <strong>Sport</strong>. Dasselbe gilt <strong>für</strong> vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Regierungen <strong>und</strong> bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sagenturen.<br />

Holland, Norwegen, Kanada <strong>und</strong><br />

Grossbritannien verfügen alle über umfassende<br />

Programme <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, die in<br />

enger Zusammenarbeit mit <strong>Sport</strong>organisationen<br />

<strong>und</strong> NGOs entwickelt <strong>und</strong> umgesetzt werden.<br />

Au<strong>ch</strong> die S<strong>ch</strong>weiz zählt zu den Pionieren auf<br />

dem Gebiet. Seit 2003 unterhält sie mit der<br />

«Swiss Working Group for <strong>Sport</strong> and Development»<br />

ein Instrument, um innovative Projekte zu<br />

unterstützen <strong>und</strong> Erfahrungen zu validieren. Der<br />

Gruppe gehören Repräsentanten des UNO-<br />

Sonderberaters <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, der<br />

DEZA, des BASPO <strong>und</strong> von Swiss Olympic an.<br />

Darüber hinaus setzt die DEZA <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t nur<br />

als Instrument in der eigenen <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> der humanitären Hilfe ein.<br />

Zusätzli<strong>ch</strong> zu ihren laufenden Projekten will sie<br />

die <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Friedensdimension des<br />

<strong>Sport</strong>s sowohl auf nationaler wie au<strong>ch</strong> auf internationaler<br />

Ebene stärken.<br />

Zur Bros<strong>ch</strong>üre<br />

Die vorliegende Bros<strong>ch</strong>üre will einen au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

Ni<strong>ch</strong>texperten verständli<strong>ch</strong>en Überblick über<br />

den aktuellen Stand der Diskussion im Berei<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> geben. Sie ist in drei<br />

Teile gegliedert:<br />

Teil 1: Situiert das Thema im grösseren entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en<br />

Zusammenhang (Kapitel 1)<br />

<strong>und</strong> zeigt die Bedeutung von <strong>Sport</strong> als übergreifendes<br />

Instrument <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />

<strong>Entwicklung</strong>szielen auf (Kapitel 2).<br />

Die Magglingen Deklaration<br />

Diese Erklärung steht <strong>für</strong> unser Engagement im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Im Wissen um seine Vielfalt sind wir überzeugt,<br />

dass der <strong>Sport</strong> ein Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> eine ideale Lebenss<strong>ch</strong>ule<br />

ist. Wir anerkennen die Mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>und</strong> Werte<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> erklären:<br />

Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fördern auf kostengünstige Art die<br />

körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> mentale Ges<strong>und</strong>heit des Mens<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

sind wi<strong>ch</strong>tig <strong>für</strong> die <strong>Entwicklung</strong>.<br />

Die Aufnahme von <strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t ins S<strong>ch</strong>ulsystem hilft<br />

Kindern, bessere Leistungen zu erbringen <strong>und</strong> steigert ihre<br />

Lebensqualität.<br />

Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> helfen, seelis<strong>ch</strong>e W<strong>und</strong>en zu heilen <strong>und</strong><br />

Traumata in Zeiten von Konflikten, Krisen <strong>und</strong> sozialen<br />

Spannungen zu überwinden.<br />

<strong>Sport</strong> auf lokaler Ebene ist ein ausgezei<strong>ch</strong>netes Mittel,<br />

Mens<strong>ch</strong>en vers<strong>ch</strong>iedenster Herkunft zusammenzubringen<br />

<strong>und</strong> den Gemeinsinn zu fördern.<br />

<strong>Sport</strong> kann helfen, ethnis<strong>ch</strong>e, religiöse oder soziale S<strong>ch</strong>ranken<br />

zu überwinden wie au<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e gegenüber Behinderten<br />

oder zwis<strong>ch</strong>en den Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tern.<br />

<strong>Sport</strong> ist wirksam, wenn er mit Fairness <strong>und</strong> Respekt, ohne<br />

Drogen oder Doping betrieben <strong>und</strong> niemand ausges<strong>ch</strong>lossen<br />

wird.<br />

Indem si<strong>ch</strong> die <strong>Sport</strong>artikelindustrie ethis<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

verpfli<strong>ch</strong>tet, verleiht sie ihren Produkten einen Mehrwert<br />

<strong>und</strong> trägt dazu bei, die Gesells<strong>ch</strong>aft positiv zu gestalten.<br />

Die Partners<strong>ch</strong>aft von <strong>Sport</strong>, Medien <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sarbeit<br />

fördert das Bewusstsein <strong>für</strong> den Beitrag des <strong>Sport</strong>s zu<br />

einer na<strong>ch</strong>haltigen <strong>Entwicklung</strong>.<br />

All dies kann errei<strong>ch</strong>t werden, indem <strong>Sport</strong> ein wesentli<strong>ch</strong>er<br />

Bestandteil der nationalen <strong>und</strong> internationalen <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

wird. Darum fordern wir Regierungen,<br />

UNO-Da<strong>ch</strong>verbände, <strong>Sport</strong>verbände, ni<strong>ch</strong>tstaatli<strong>ch</strong>e Organisationen,<br />

<strong>Sport</strong>artikelindustrie, Medien, Wirts<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> alle<br />

Mens<strong>ch</strong>en auf, einen Beitrag zu <strong>Sport</strong> im Dienste der <strong>Entwicklung</strong><br />

zu leisten.<br />

Magglingen ist ein erster S<strong>ch</strong>ritt in unserem Engagement <strong>für</strong><br />

eine bessere Welt dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>.<br />

Magglingen, den 18. Februar 2003<br />

Teil 2: Analysiert <strong>und</strong> dokumentiert die Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />

spezifis<strong>ch</strong>en thematis<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>szielen<br />

(Kapitel 3–8).<br />

Teil 3: Zieht eine erste Bilanz der bisherigen<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> unternimmt den Versu<strong>ch</strong> eines<br />

Ausblicks (Kapitel 9).<br />

11


Teil I: Einführung & gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>Sport</strong> als Instrument<br />

der <strong>Entwicklung</strong>


Förderung von Eigenverantwortung,<br />

Selbstwertgefühl <strong>und</strong><br />

sozialen Kompetenzen dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>:<br />

Spiel auf ein improvisiertes Fussballtor<br />

in Bosnien kurz na<strong>ch</strong> Beendigung<br />

des Bürgerkriegs.<br />

13


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>Sport</strong> spielt in unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Berei<strong>ch</strong>e hinein <strong>und</strong> eignet<br />

si<strong>ch</strong> damit als themenübergreifendes <strong>Entwicklung</strong>sinstrument. Er entfaltet<br />

sein positives Potenzial allerdings ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, sondern erfordert eine<br />

professionelle, sozial verantwortli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> auf den jeweiligen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Kontext zuges<strong>ch</strong>nittene Vermittlung.<br />

« <strong>Sport</strong> bietet ein soziales<br />

Lernfeld, das dem/der<br />

Einzelnen die Mögli<strong>ch</strong>keit gibt, auf<br />

spieleris<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> lustvolle Weise<br />

gr<strong>und</strong>legende soziale Kompetenzen<br />

zu erlernen wie Teamwork,<br />

Umgang mit verbindli<strong>ch</strong>en Regeln,<br />

organisatoris<strong>ch</strong>e Fähigkeiten,<br />

strukturierten Umgang mit freier<br />

Zeit oder konstruktiven Umgang<br />

mit starken Emotionen. »<br />

<strong>Sport</strong> bewegt Mens<strong>ch</strong>en – im wörtli<strong>ch</strong>en ebenso<br />

wie im übertragenen Sinn. In allen Teilen der<br />

Welt <strong>und</strong> in allen Kulturen wird gespielt, messen<br />

si<strong>ch</strong> Mens<strong>ch</strong>en im friedli<strong>ch</strong>en Wettstreit, freuen<br />

si<strong>ch</strong> Individuen <strong>und</strong> Teams an der eigenen<br />

Leistung. Ob als Teilnehmer/innen oder als Zus<strong>ch</strong>auer/innen<br />

– keine andere Aktivität zieht so<br />

viele Mens<strong>ch</strong>en weltweit in ihren Bann.<br />

Die Gründe liegen wohl im spieleris<strong>ch</strong>en, lustvollen<br />

Charakter des <strong>Sport</strong>s, der einem gr<strong>und</strong>legenden<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Bedürfnis entgegenkommt.<br />

Man weiss nie, wie das Spiel ausgeht,<br />

man muss etwas wagen, Grenzen überwinden,<br />

<strong>und</strong> man brau<strong>ch</strong>t Mut. Zudem gilt im <strong>Sport</strong> das<br />

Prinzip Hoffnung: Jedes Spiel bietet eine neue<br />

Chance – die Verlierer von gestern sind viellei<strong>ch</strong>t<br />

s<strong>ch</strong>on beim nä<strong>ch</strong>sten Mal die Sieger.<br />

Der <strong>Sport</strong> setzt wie kaum eine andere Aktivität<br />

Kräfte <strong>und</strong> Energien frei. Es ist diese<br />

Fähigkeit, Mens<strong>ch</strong>en auf einer<br />

emotionalen, spieleris<strong>ch</strong>en<br />

Ebene anzuspre<strong>ch</strong>en, zu<br />

mobilisieren <strong>und</strong> über<br />

alle kulturellen, spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en,<br />

Bildungs- <strong>und</strong> Altersbarrieren<br />

hinweg<br />

zusammenzubringen,<br />

wel<strong>ch</strong>e die Einzigartigkeit<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> seinen immanenten Wert<br />

ausma<strong>ch</strong>t. Dabei steht er <strong>für</strong> gr<strong>und</strong>legende<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Werte wie Respekt <strong>für</strong> den Gegner,<br />

das Akzeptieren von verbindli<strong>ch</strong>en Regeln,<br />

Teamwork <strong>und</strong> Fairness – Prinzipien, wie sie<br />

au<strong>ch</strong> in der UNO-Charta postuliert werden.<br />

<strong>Sport</strong> als Wert an si<strong>ch</strong> <strong>und</strong> als <strong>Entwicklung</strong>sinstrument<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel haben deshalb einen Wert<br />

an si<strong>ch</strong>. Der Zugang zu sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten<br />

ist von der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft als<br />

Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t seit langem anerkannt <strong>und</strong><br />

wiederholt bestätigt worden. Unter dem Motto<br />

«Zugang <strong>für</strong> alle» ist dessen Realisierung denn<br />

au<strong>ch</strong> eines der Ziele der internationalen Gemeins<strong>ch</strong>aft.<br />

Mit seinen Eigens<strong>ch</strong>aften bietet si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong><br />

darüber hinaus als Mittel <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> geradezu<br />

an. Die Einsatzmögli<strong>ch</strong>keiten sind äusserst<br />

vielfältig. Ob in der kurzfristig <strong>und</strong> auf Sofortmassnahmen<br />

ausgeri<strong>ch</strong>teten humanitären Hilfe,<br />

in langfristig angelegten Projekten der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> ob im lokalen, regionalen<br />

oder globalen Massstab: <strong>Sport</strong> kann<br />

einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag zur Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen,<br />

darunter den MDGs (Millennium<br />

Development Goals), leisten (vgl. Kasten<br />

S. 16).<br />

Als Teil der Gesells<strong>ch</strong>aft spielt er in vers<strong>ch</strong>iedenste<br />

Lebensberei<strong>ch</strong>e hinein <strong>und</strong> hat zahlrei<strong>ch</strong>e soziale,<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> kulturelle S<strong>ch</strong>nittstellen<br />

14


sport als instrument der entwicklung<br />

<strong>und</strong> Berührungspunkte. Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />

ist <strong>Sport</strong> deshalb ideal, um als Mittel themenübergreifend<br />

– als so genanntes «cross-cutting»<br />

Instrument – eingesetzt zu werden.<br />

Regelmässig betriebener <strong>und</strong> kompetent angeleiteter<br />

<strong>Sport</strong> trägt beispielsweise ni<strong>ch</strong>t nur zur<br />

Ges<strong>und</strong>heit des/der Einzelnen bei, sondern<br />

fördert au<strong>ch</strong> Eigens<strong>ch</strong>aften wie Selbstwertgefühl,<br />

Eigenverantwortung <strong>und</strong> Körpergefühl.<br />

Er bietet einen ges<strong>ch</strong>ützten Raum, in dem Kinder,<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> junge Erwa<strong>ch</strong>sene soziale<br />

Kompetenzen erlernen <strong>und</strong> üben können.<br />

Er fördert auf diese Weise Eigens<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten, die au<strong>ch</strong> in anderen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Kontexten wi<strong>ch</strong>tig <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> eine ganzheitli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> ein<br />

selbstbestimmtes Leben sind.<br />

Vielfältige Anwendungsberei<strong>ch</strong>e<br />

Im Folgenden wird das erhebli<strong>ch</strong>e Potenzial<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e entwicklungsrelevante<br />

Berei<strong>ch</strong>e kurz skizziert.<br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong><br />

soziale Integration<br />

<strong>Sport</strong> bietet ein soziales Lernfeld, das dem/<br />

der Einzelnen die Mögli<strong>ch</strong>keit gibt, auf spieleris<strong>ch</strong>e<br />

<strong>und</strong> lustvolle Weise gr<strong>und</strong>legende soziale<br />

Kompetenzen zu erlernen wie Teamwork,<br />

Umgang mit verbindli<strong>ch</strong>en Regeln, organisatoris<strong>ch</strong>e<br />

Fähigkeiten, strukturierten Umgang mit<br />

freier Zeit, konstruktiven Umgang mit starken<br />

Emotionen (etwa bei Sieg <strong>und</strong> Niederlage).<br />

<strong>Sport</strong>angebote können dazu beitragen,<br />

dass Randgruppen besser in die Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

integriert werden, z. B. S<strong>ch</strong>ulaussteiger, Strassenkinder,<br />

Kindersoldaten, Behinderte, ethnis<strong>ch</strong>e<br />

Minderheiten, Migranten/-innen, HIV/Aids-<br />

Infizierte.<br />

Friedensförderung / Konfliktprävention<br />

<strong>und</strong> Konfliktbewältigung<br />

<strong>Sport</strong> kann den Austaus<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en Gemeins<strong>ch</strong>aften,<br />

Völkern <strong>und</strong> Kulturen verstärken<br />

<strong>und</strong> dazu beitragen, dass au<strong>ch</strong> in offenen oder<br />

latenten Konfliktsituationen ein Dialog zwis<strong>ch</strong>en<br />

den Parteien aufre<strong>ch</strong>terhalten bleibt.<br />

<strong>Sport</strong> kann Identität <strong>und</strong> Zusammengehörigkeit<br />

von Gemeins<strong>ch</strong>aften fördern <strong>und</strong> die<br />

Bereits<strong>ch</strong>aft der Einzelnen erhöhen, si<strong>ch</strong> in der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft zu engagieren.<br />

In Konflikt- <strong>und</strong> Post-Konfliktsituationen kann<br />

<strong>Sport</strong> helfen, <strong>für</strong> die betroffenen Mens<strong>ch</strong>en eine<br />

strukturierte, konstruktive <strong>und</strong> auf den friedli<strong>ch</strong>en<br />

Abbau von Aggressionen <strong>und</strong> Spannungen<br />

ausgeri<strong>ch</strong>tete Bes<strong>ch</strong>äftigungsmögli<strong>ch</strong>keit zu<br />

s<strong>ch</strong>affen.<br />

Na<strong>ch</strong> bewaffneten Konflikten oder Naturkatastrophen<br />

kann <strong>Sport</strong> einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag<br />

zur Bewältigung von Traumata leisten, beispielsweise<br />

in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern.<br />

Ges<strong>und</strong>heitserhaltung <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Betätigung kann einen wi<strong>ch</strong>tigen<br />

Beitrag zur körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> geistigen Ges<strong>und</strong>heit<br />

der Einzelnen <strong>und</strong> der Gesells<strong>ch</strong>aft leisten.<br />

<strong>Sport</strong> ist ein geeignetes Mittel, um die in ihrer<br />

Ges<strong>und</strong>heit am meisten gefährdeten Gruppen<br />

wie Strassenkinder, in Armut lebende heranwa<strong>ch</strong>sende<br />

Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Knaben oder junge<br />

Erwa<strong>ch</strong>sene zu errei<strong>ch</strong>en.<br />

<strong>Sport</strong> kann einen bewussteren Umgang mit<br />

dem eigenen Körper fördern <strong>und</strong> positive Rollenvorbilder<br />

anbieten.<br />

Gender<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten können dazu beitragen, Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terstereotypen<br />

aufzubre<strong>ch</strong>en, soziokulturelle<br />

Erwartungen an Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />

in Frage zu stellen <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen zu<br />

thematisieren.<br />

<strong>Sport</strong> kann <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en Gelegenheiten<br />

s<strong>ch</strong>affen, um ihre sozialen Kontakte<br />

zu verbessern <strong>und</strong> die Teilnahme am öffentli<strong>ch</strong>en<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Leben zu verstärken.<br />

15


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen können auf<br />

allen Ebenen – lokal, regional <strong>und</strong> national –<br />

Bes<strong>ch</strong>äftigungs- <strong>und</strong> Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

s<strong>ch</strong>affen.<br />

<strong>Sport</strong> kann dur<strong>ch</strong> seine positiven Auswirkungen<br />

auf die allgemeine Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung<br />

zu einer produktiveren Volkswirts<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>und</strong> zu einer Entlastung des Ges<strong>und</strong>heitswesens<br />

beitragen.<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> die Millenniumsziele<br />

1. Ziel: Beseitigung der extremen Armut<br />

<strong>und</strong> des Hungers<br />

<strong>Entwicklung</strong> trägt zur Armutsbekämpfung bei. So<br />

werden zum Bespiel dur<strong>ch</strong> die <strong>Sport</strong>industrie oder<br />

au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Organisation von grossen <strong>Sport</strong>anlässen<br />

Arbeitsplätze ges<strong>ch</strong>affen. <strong>Sport</strong> vermittelt<br />

ausserdem gr<strong>und</strong>legende soziale Fähigkeiten, wel<strong>ch</strong>e<br />

<strong>für</strong> ein produktives Leben in der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

wesentli<strong>ch</strong> sind.<br />

2. Ziel: Gr<strong>und</strong>s<strong>ch</strong>ulbildung <strong>für</strong> alle<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>erziehung sind ein wesentli<strong>ch</strong>er<br />

Bestandteil von qualitativ ho<strong>ch</strong> stehender Bildung.<br />

Sie fördern positive Werte <strong>und</strong> Fähigkeiten, wel<strong>ch</strong>e<br />

einen direkten <strong>und</strong> anhaltenden Einfluss auf junge<br />

Mens<strong>ch</strong>en haben. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>erziehung<br />

ma<strong>ch</strong>en den S<strong>ch</strong>ulunterri<strong>ch</strong>t allgemein<br />

attraktiver <strong>und</strong> erhöhen die Beteiligung.<br />

3. Ziel: Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung der<br />

Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter <strong>und</strong> Ermä<strong>ch</strong>tigung der Frau<br />

Vermehrter Zugang zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>er Tätigkeit<br />

hilft Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, Selbstvertrauen<br />

aufzubauen <strong>und</strong> die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Integration<br />

zu stärken. Der Einbezug von Mäd<strong>ch</strong>en in sportli<strong>ch</strong>e<br />

Tätigkeiten zusammen mit Knaben trägt zur<br />

Überwindung von Vorurteilen bei, wel<strong>ch</strong>e in gewissen<br />

Gesells<strong>ch</strong>aften oft <strong>für</strong> die soziale S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ung<br />

der Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en mitverantwortli<strong>ch</strong><br />

sind.<br />

4. & 5. Ziel: Senkung der Kindersterbli<strong>ch</strong>keit<br />

<strong>und</strong> Verbesserung der Ges<strong>und</strong>heit<br />

von Müttern<br />

<strong>Sport</strong> kann ein wirkvolles Mittel sein, Frauen zu<br />

einem ges<strong>und</strong>en Lebensstil zu verhelfen. Ausserdem<br />

kann er wi<strong>ch</strong>tige Bots<strong>ch</strong>aften vermitteln,<br />

zumal beide Ziele oft mit einem besseren Empowerment<br />

von Frauen <strong>und</strong> mit Zugang zu Bildung<br />

zusammenhängen.<br />

6. Ziel: Bekämpfung von<br />

HIV/Aids, Malaria <strong>und</strong> anderen<br />

Krankheiten<br />

<strong>Sport</strong> erlaubt anderweitig nur s<strong>ch</strong>wer<br />

errei<strong>ch</strong>bare Bevölkerungsteile anzuspre<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> positive Rollenmodelle zu bieten,<br />

die Präventionsbots<strong>ch</strong>aften vermitteln. <strong>Sport</strong><br />

kann dank seinem eins<strong>ch</strong>liessenden Charakter<br />

<strong>und</strong> seiner meist informellen Struktur mithelfen,<br />

Vorurteile, Stigmatisierung <strong>und</strong> Diskriminierung<br />

zu überwinden, indem er eine bessere gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Integration begünstigt.<br />

7. Ziel: Si<strong>ch</strong>erung der ökologis<strong>ch</strong>en<br />

Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />

<strong>Sport</strong> ist ein ideales Instrument, um das Bewusstsein<br />

über die Notwendigkeit von Umwelts<strong>ch</strong>utz zu fördern.<br />

Die We<strong>ch</strong>selbeziehung zwis<strong>ch</strong>en regelmässigen<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten im Freien <strong>und</strong> dem S<strong>ch</strong>utz<br />

der Umwelt sind <strong>für</strong> alle lei<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong>vollziehbar.<br />

8. Ziel: Aufbau einer weltweiten Partners<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>Sport</strong> kann genutzt werden, um Partners<strong>ch</strong>aften<br />

zwis<strong>ch</strong>en Industrie- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern,<br />

Privatsektor, öffentli<strong>ch</strong>en Institutionen, Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />

<strong>und</strong> dem UN-System<br />

zu s<strong>ch</strong>affen <strong>und</strong> zu fördern. <strong>Sport</strong> bietet unzählige<br />

Gelegenheiten <strong>für</strong> innovative Partners<strong>ch</strong>aften<br />

zur Errei<strong>ch</strong>ung von Zielen im<br />

Berei<strong>ch</strong> der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>. <br />

Quelle: «Concept – Education, Health,<br />

Development, Peace» (2005), United<br />

Nations Office for the International<br />

Year of <strong>Sport</strong> and Physical<br />

Education, Geneva 2005<br />

Mobilisierung <strong>und</strong> Kommunikation<br />

<strong>Sport</strong> besitzt eine grosse Anziehungskraft<br />

<strong>und</strong> kann Mens<strong>ch</strong>en zusammenbringen. Er ist<br />

deshalb ein hervorragendes Instrument <strong>für</strong> die<br />

Mobilisierung von Mens<strong>ch</strong>en sowohl <strong>für</strong> gezielte<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten als au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Teilnahme<br />

an anderen entwicklungsrelevanten Projekten<br />

<strong>und</strong> Programmen (<strong>Sport</strong> als «Türöffner»).<br />

Als Kommunikationsinstrument eignet si<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> ideal <strong>für</strong> die Vermittlung von sozialen, ges<strong>und</strong>heitsbezogenen<br />

<strong>und</strong> Friedensbots<strong>ch</strong>aften.<br />

Beispielsweise bieten <strong>Sport</strong>anlässe gute Gelegenheiten<br />

<strong>für</strong> Informationskampagnen <strong>und</strong><br />

Aktionen (z. B. Aids-Präventionskampagnen,<br />

Impfaktionen usw.).<br />

Grosses Potenzial, aber ni<strong>ch</strong>t<br />

unproblematis<strong>ch</strong><br />

Im zweiten Teil der vorliegenden Publikation<br />

wir der potenzielle Beitrag<br />

des <strong>Sport</strong>s zu den einzelnen Themen<br />

genauer untersu<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> dargestellt.<br />

Die Analysen ma<strong>ch</strong>en<br />

deutli<strong>ch</strong>, dass <strong>Sport</strong> in Projekten<br />

der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

vers<strong>ch</strong>iedene miteinander<br />

verknüpfte Rollen hat.<br />

Zum einen steht er selbst im<br />

Mittelpunkt <strong>und</strong> wird als Instrument<br />

unmittelbar <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

oder Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />

genutzt. Ein<br />

typis<strong>ch</strong>es Beispiel da<strong>für</strong> sind<br />

etwa Projekte wie «Kicking<br />

AIDS Out!» in Afrika, in denen<br />

der <strong>Sport</strong> direkt <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

<strong>und</strong> HIV/Aids-<br />

Prävention eingesetzt wird.<br />

16


sport als instrument der entwicklung<br />

Zum anderen wird seine Mobilisierungskraft<br />

als «Türöffner» genutzt, um Mens<strong>ch</strong>en anzuziehen<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> andere entwicklungsrelevante Aktivitäten<br />

<strong>und</strong> Projekte zu sensibilisieren <strong>und</strong> zu<br />

motivieren. So versu<strong>ch</strong>t zum Beispiel die NGO<br />

«<strong>Sport</strong> in Action» in Sambia mit Erfolg, mittels<br />

<strong>Sport</strong> gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Strukturen zu s<strong>ch</strong>affen<br />

<strong>und</strong> diese als Basis <strong>für</strong> weiterführende Aktivitäten<br />

wie etwa den Aufbau von landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Produktionsgemeins<strong>ch</strong>aften zu nutzen<br />

(vgl. dazu Kapitel «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Mobilisierung», S. 64).<br />

So gross sein Potenzial au<strong>ch</strong> ist, <strong>Sport</strong> ist denno<strong>ch</strong><br />

kein unproblematis<strong>ch</strong>es Allheilmittel <strong>für</strong><br />

sämtli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sprobleme. Als kulturelles<br />

Phänomen ist er ein Spiegel der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>und</strong> so komplex <strong>und</strong> widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> wie diese<br />

selbst.<br />

Zum Beispiel spielen Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Konstruktionen, was als «männli<strong>ch</strong>»<br />

bzw. «weibli<strong>ch</strong>» gilt, im <strong>Sport</strong> eine ebenso<br />

wi<strong>ch</strong>tige Rolle wie in anderen Berei<strong>ch</strong>en der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft. Unreflektiert akzeptiert <strong>und</strong> angewendet,<br />

können sol<strong>ch</strong>e Konstruktionen den<br />

Zugang <strong>und</strong> die Teilnahme von Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

Frauen am <strong>Sport</strong> erhebli<strong>ch</strong> behindern. Umgekehrt<br />

kann <strong>Sport</strong> aber au<strong>ch</strong> gezielt als Raum<br />

dienen, wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen thematisiert<br />

<strong>und</strong> neu verhandelt werden (vgl. dazu Kapitel<br />

«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender», S. 46). Ähnli<strong>ch</strong> kann<br />

<strong>Sport</strong> je na<strong>ch</strong> sozialem Kontext zwis<strong>ch</strong>en gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Gruppen Brücken s<strong>ch</strong>lagen <strong>und</strong><br />

Spannungen abbauen. Oder aber er kann zu<br />

einer Verstärkung von Feindseligkeit <strong>und</strong> sogar<br />

zu Gewalt beitragen (vgl. dazu Kapitel «<strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> Frieden», S. 38).<br />

Um erfolgrei<strong>ch</strong> zu sein <strong>und</strong> die gewüns<strong>ch</strong>ten<br />

Wirkungen zu erzielen, müssen <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sprojekte si<strong>ch</strong> dieser Ambivalenz<br />

stellen <strong>und</strong> sie bewusst in die Konzeption <strong>und</strong><br />

Umsetzung einbeziehen. Ges<strong>ch</strong>ieht dies, so<br />

übertreffen die positiven Aspekte des <strong>Sport</strong>s<br />

die negativen bei weitem, wie die UN Inter-<br />

Agency Task Force in ihrem Beri<strong>ch</strong>t «<strong>Sport</strong> for<br />

Development and Peace» festhält (S. 2).<br />

Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> Projekte<br />

Die bisherigen Erfahrungen lassen den S<strong>ch</strong>luss<br />

zu, dass vers<strong>ch</strong>iedene Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e<br />

Projekte auss<strong>ch</strong>laggebend sind:<br />

Vermittlung: Die Vermittlung (Inszenierung)<br />

ist in <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Entwick-<br />

So gross sein «<br />

lungsprojekten von ents<strong>ch</strong>eidender<br />

Potenzial au<strong>ch</strong> ist, <strong>Sport</strong> ist<br />

Bedeutung. <strong>Sport</strong> entfaltet sein<br />

positives Potenzial ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>,<br />

sondern erfordert eine Allheilmittel <strong>für</strong> sämtli<strong>ch</strong>e<br />

kein unproblematis<strong>ch</strong>es<br />

professionelle <strong>und</strong> sozial verantwortli<strong>ch</strong>e<br />

Anleitung sportli<strong>ch</strong>er Als kulturelles Phänomen ist er<br />

<strong>Entwicklung</strong>sprobleme.<br />

<strong>und</strong> spieleris<strong>ch</strong>er Aktivitäten ein Spiegel der Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

dur<strong>ch</strong> ausgebildete Lehrpersonen <strong>und</strong> so komplex <strong>und</strong> widersprü<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong><br />

wie diese.<br />

<strong>und</strong> Coa<strong>ch</strong>es. Wi<strong>ch</strong>tig ist zudem,<br />

dass <strong>Sport</strong>aktivitäten mit Regelmässigkeit<br />

<strong>und</strong> Verbindli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong>ge-<br />

»<br />

führt werden. Die Wahl der <strong>Sport</strong>art<br />

spielt demgegenüber eine untergeordnete<br />

Rolle.<br />

kontextabhängig: <strong>Sport</strong> muss den gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> kulturellen Kontext berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />

<strong>und</strong> situativ eingesetzt werden. Das gilt<br />

sowohl <strong>für</strong> die Wahl der <strong>Sport</strong>arten als au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

ihre Vermittlung. Ausgrenzungsme<strong>ch</strong>anismen<br />

bezügli<strong>ch</strong> Rasse, ethnis<strong>ch</strong>er Herkunft, Religionszugehörigkeit<br />

<strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t sollen aktiv bekämpft<br />

werden.<br />

lokale Verankerung: Der Fokus muss auf der<br />

na<strong>ch</strong>frageorientierten Unterstützung von lokalen<br />

Initiativen liegen. Es darf kein Import von<br />

<strong>Sport</strong>projekten stattfinden. Im Sinn der Na<strong>ch</strong>haltigkeit<br />

muss das Gewi<strong>ch</strong>t auf lokale Trägers<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erung der Finanzierung gelegt<br />

werden. Die wiederkehrenden Infrastrukturkosten<br />

müssen von der lokalen Bevölkerung getragen<br />

werden können.<br />

17


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

U<br />

«Der Zugang zu<br />

<strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ist ein<br />

gr<strong>und</strong>legendes Re<strong>ch</strong>t<br />

<strong>für</strong> alle.»<br />

unesco, International Charter of<br />

Physical Education and <strong>Sport</strong>, 1978<br />

gendersensitiv: Frauen – <strong>und</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong><br />

Männer – sehen si<strong>ch</strong> mit einer ganzen Reihe von<br />

spezifis<strong>ch</strong>en Barrieren konfrontiert, die sie daran<br />

hindern, aktiv am <strong>Sport</strong> teilzuhaben. Um<br />

diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen,<br />

müssen Initiativen im Berei<strong>ch</strong> von <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> die spezifis<strong>ch</strong>en<br />

Perspektiven, Rollen <strong>und</strong> Verantwortli<strong>ch</strong>keiten<br />

von Frauen<br />

<strong>und</strong> Männern berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />

Einbettung in übergreifende<br />

<strong>Entwicklung</strong>sstrategien:<br />

Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />

ist <strong>Sport</strong> ein<br />

komplementäres Instrument,<br />

das zusammen mit<br />

anderen eingesetzt wird<br />

<strong>und</strong> idealerweise in übergreifende<br />

<strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Poverty-<br />

Reduction-Strategien eingebettet ist.<br />

Akteure mit vers<strong>ch</strong>iedenen Interessen<br />

<strong>Sport</strong> ist heute ein globaler Faktor. Die Förderung<br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Sport</strong>s wird denn au<strong>ch</strong> von<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Akteuren vorangetrieben.<br />

Auf der einen Seite steht die <strong>Sport</strong>welt, angeführt<br />

von nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

<strong>Sport</strong>organisationen (z. B. dem internationalen<br />

Fussballverband Fifa oder dem Internationalen<br />

Olympis<strong>ch</strong>en Komitee IOC) sowie der Wirts<strong>ch</strong>aft<br />

(z. B. <strong>Sport</strong>artikelhersteller, Veranstalter<br />

von <strong>Sport</strong>anlässen, Medienunternehmen usw).<br />

Ihr Hauptziel ist die <strong>Entwicklung</strong> des <strong>Sport</strong>s an<br />

si<strong>ch</strong> <strong>und</strong> besonders die Förderung von spezifis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Sport</strong>arten (z. B. Fussball, Lei<strong>ch</strong>tathletik,<br />

Volleyball usw.).<br />

Auf der anderen Seite steht die <strong>Entwicklung</strong>sgemeins<strong>ch</strong>aft<br />

mit Akteuren wie Regierungen<br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen. Sie sehen<br />

den <strong>Sport</strong> vor allem als wirkungsvolles <strong>und</strong><br />

kosteneffizientes Mittel <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung von<br />

<strong>Entwicklung</strong>szielen. Für sie ist <strong>Sport</strong> ein Instrument<br />

unter anderen, das si<strong>ch</strong> komplementär<br />

zu diesen einsetzen lässt. Ihr Interesse ist ni<strong>ch</strong>t<br />

die <strong>Sport</strong>entwicklung als sol<strong>ch</strong>e, sondern die<br />

<strong>Entwicklung</strong> dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>. Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t<br />

steht deshalb au<strong>ch</strong> immer der Breitensport im<br />

Mittelpunkt, ni<strong>ch</strong>t der Spitzensport.<br />

Für die beiden Stossri<strong>ch</strong>tungen haben si<strong>ch</strong> in<br />

der Debatte die Oberbegriffe «<strong>Sport</strong>entwicklung»<br />

bzw. «<strong>Entwicklung</strong> dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>» etabliert.<br />

Na<strong>ch</strong>dem sie anfangs als miteinander unvereinbar<br />

einges<strong>ch</strong>ätzt wurden, hat inzwis<strong>ch</strong>en ein<br />

Umdenken stattgef<strong>und</strong>en. Heute hat si<strong>ch</strong> die<br />

Erkenntnis dur<strong>ch</strong>gesetzt, dass beide Ansätze<br />

aus entwicklungspolitis<strong>ch</strong>er Si<strong>ch</strong>t ihren Wert haben<br />

<strong>und</strong> si<strong>ch</strong> ergänzen. Ni<strong>ch</strong>t zuletzt teilen die<br />

<strong>Sport</strong>welt <strong>und</strong> die <strong>Entwicklung</strong>sgemeins<strong>ch</strong>aft<br />

die glei<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>werte.<br />

Das bedeutet ni<strong>ch</strong>t, dass es ni<strong>ch</strong>t zu Interessenkonflikten<br />

kommen kann. Vor allem im Berei<strong>ch</strong><br />

des Spitzensports gibt es immer wieder Auswü<strong>ch</strong>se<br />

wie Hooliganismus, Nationalismus, Doping,<br />

Korruption, Handel mit <strong>Sport</strong>lern/-innen<br />

usw., die <strong>Entwicklung</strong>szielen zuwiderlaufen.<br />

Au<strong>ch</strong> besteht die Gefahr, dass globale <strong>Sport</strong>disziplinen<br />

wie Fussball oder Basketball lokale<br />

Spiel- <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>arten verdrängen <strong>und</strong> so zu einer<br />

kulturellen Verarmung beitragen.<br />

Dass die <strong>Sport</strong>gemeins<strong>ch</strong>aft im Umgang mit diesen<br />

Problemen eine besondere Verantwortung<br />

hat, wird heute von niemandem mehr bestritten,<br />

am wenigsten von den <strong>Sport</strong>organisationen<br />

selbst. Ebenso klar ist, dass si<strong>ch</strong> im <strong>Sport</strong> allgemeine<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Probleme spiegeln, die<br />

si<strong>ch</strong> nur dur<strong>ch</strong> das Engagement aller beteiligten<br />

Akteure lösen lassen. So etwa im Berei<strong>ch</strong> Doping,<br />

wo erst dur<strong>ch</strong> die Zusammenarbeit aller<br />

Akteure eine Anti-Doping-Konvention ges<strong>ch</strong>affen<br />

werden konnte, die Aussi<strong>ch</strong>t auf Erfolg hat.<br />

18


sport als instrument der entwicklung<br />

Übergreifendes Modell: Dimensionen,<br />

Akteure, Themen<br />

«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>» präsentiert si<strong>ch</strong> so als<br />

ein dynamis<strong>ch</strong>er gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Berei<strong>ch</strong>, indem<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Stossri<strong>ch</strong>tungen, Akteure<br />

<strong>und</strong> Themen zusammenkommen. Bisher existieren<br />

kaum Modelle, die diesen Sa<strong>ch</strong>verhalt konzeptionell<br />

erfassen. Die folgende Grafik ist ein<br />

Versu<strong>ch</strong> eines integrierten Modells, das diese<br />

Multidimensionalität zum Ausdruck bringt. Es ist<br />

als Beitrag zur Formulierung eines analytis<strong>ch</strong>en<br />

Rahmens zu verstehen.<br />

«<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong>» bzw. «<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>»<br />

bezei<strong>ch</strong>net in diesem Modell das<br />

jeweilige Hauptinteresse von <strong>Entwicklung</strong>saktivitäten<br />

<strong>und</strong> gibt einen Hinweis auf die auslösenden<br />

Akteure. Es handelt si<strong>ch</strong> um die Pole<br />

in ein- <strong>und</strong> demselben Kontinuum – einzig die<br />

Akzente werden in den Projekten <strong>und</strong> Programmen<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> gesetzt: Während bei den<br />

einen die <strong>Sport</strong>aspekte überwiegen, stehen bei<br />

den anderen die <strong>Entwicklung</strong>sziele im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Allen Aktivitäten gemeinsam ist, dass sie die<br />

immanenten Werte von <strong>Sport</strong> – Mobilisierungskraft,<br />

Motivationsfähigkeit, Spass, übergreifenden<br />

Charakter – nutzen.<br />

In der Realität sind die Grenzen oft fliessend.<br />

Je na<strong>ch</strong> Gewi<strong>ch</strong>tung <strong>und</strong> Intensität der <strong>Entwicklung</strong>sdimension<br />

nehmen Projekte einen Platz<br />

mehr links oder mehr re<strong>ch</strong>ts auf dem Kontinuum<br />

ein. Ähnli<strong>ch</strong> verhält es si<strong>ch</strong> in Bezug auf die Themen:<br />

Der übergreifende Charakter des <strong>Sport</strong>s<br />

erlaubt, ihn als «cross-cutting» Instrument <strong>für</strong><br />

mehrere Themen einzusetzen.<br />

Die beiden Stossri<strong>ch</strong>tungen lassen si<strong>ch</strong> folgendermassen<br />

kurz <strong>ch</strong>arakterisieren:<br />

<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong>: Ausgangspunkte<br />

<strong>für</strong> diese Projekte sind meist <strong>Entwicklung</strong>sor-<br />

<strong>Entwicklung</strong> plus <strong>Sport</strong><br />

Integration von <strong>Sport</strong> als übergreifendes Werkzeug<br />

in die <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit <strong>und</strong> humanitäre Hilfe<br />

S<strong>ch</strong>lüsselakteure im<br />

<strong>Entwicklung</strong>sberei<strong>ch</strong><br />

– Regierungen<br />

– Multilaterale<br />

Organisationen<br />

– Bilaterale<br />

Organisationen<br />

– Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />

– <strong>Sport</strong>organisationen<br />

– Medien<br />

– Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

Immanente Werte des <strong>Sport</strong>s: Spass, Motivations- <strong>und</strong><br />

Mobilisierungskraft, themenübergreifend<br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung /<br />

Bildung / soziale Integration<br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

Friedensförderung / Konfliktprävention /<br />

Konfliktbewältigung<br />

Gender<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

Kommunikation / Mobilisierung<br />

Immanente Werte des <strong>Sport</strong>s: Spass, Motivations- <strong>und</strong><br />

Mobilisierungskraft, themenübergreifend<br />

S<strong>ch</strong>lüsselakteure<br />

im <strong>Sport</strong>berei<strong>ch</strong><br />

– <strong>Sport</strong>verbände<br />

– Regierungen<br />

– Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisationen<br />

– <strong>Sport</strong>artikelhersteller<br />

– Medien<br />

– Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong><br />

Integration von <strong>Entwicklung</strong>szielen in <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />

«<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>»<br />

<strong>und</strong> «<strong>Entwicklung</strong> plus<br />

<strong>Sport</strong>»: Pole eines Kontinuums,<br />

in dem die Akzente<br />

unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> gesetzt<br />

werden.<br />

Grafik: Direktion <strong>für</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit (DEZA)<br />

19


Teil I: Einführung & Gr<strong>und</strong>lagen<br />

ganisationen, Regierungen <strong>und</strong> NGOs. Sie<br />

setzen <strong>Sport</strong> als Instrument <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung<br />

spezifis<strong>ch</strong>er <strong>Entwicklung</strong>sziele ein, etwa <strong>für</strong> die<br />

Bekämpfung von HIV/Aids oder die Wiedereingliederung<br />

von Strassenkindern usw. Idealerweise<br />

sind diese Projekte in übergreifende <strong>Entwicklung</strong>sprogramme<br />

integriert.<br />

<strong>Sport</strong> plus <strong>Entwicklung</strong>: Typis<strong>ch</strong>erweise werden<br />

diese Projekte von Akteuren aus der <strong>Sport</strong>welt<br />

<strong>und</strong> von Regierungen initiiert. Sie zielen auf<br />

die Förderung des <strong>Sport</strong>s <strong>und</strong> der s<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Sport</strong>erziehung <strong>und</strong> betra<strong>ch</strong>ten den <strong>Sport</strong> als<br />

Wert an si<strong>ch</strong>. Bewusst oder unbewusst können<br />

sie aber au<strong>ch</strong> zur <strong>Entwicklung</strong> beitragen,<br />

etwa dur<strong>ch</strong> die Bildung von gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Strukturen, die Förderung von Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

oder die Bereitstellung von Infrastrukturen.<br />

<strong>und</strong> Ressourcen einbringen, kann <strong>Sport</strong> eine<br />

bedeutende Rolle als Motor von <strong>Entwicklung</strong>sprozessen<br />

spielen.<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> bezieht seine Dynamik<br />

aus der grossen Vielfalt <strong>und</strong> Diversität der laufenden<br />

Projekte <strong>und</strong> der beteiligten Akteure.<br />

Denno<strong>ch</strong> besteht Ausbaupotenzial. Im Mittelpunkt<br />

stehen die <strong>Entwicklung</strong> eines gemeinsamen<br />

konzeptionellen Rahmens, eine bessere<br />

Koordination zwis<strong>ch</strong>en den Akteuren <strong>und</strong> die<br />

Bildung neuer <strong>und</strong> innovativer Partners<strong>ch</strong>aften<br />

über institutionelle <strong>und</strong> Disziplinengrenzen hinweg<br />

(vgl. dazu Kapitel «S<strong>ch</strong>lussfolgerungen<br />

<strong>und</strong> Ausblick», S. 72).<br />

Das Modell zeigt die Komplexität des Berei<strong>ch</strong>s<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> auf. Glei<strong>ch</strong>zeitig ma<strong>ch</strong>t<br />

es zusätzli<strong>ch</strong> eines deutli<strong>ch</strong>: Nur wenn alle Akteure<br />

– Regierungen, <strong>Sport</strong>verbände, internationale<br />

Organisationen, Wirts<strong>ch</strong>aft, NGOs, Medien<br />

<strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft – zusammenarbeiten<br />

<strong>und</strong> ihre jeweiligen spezifis<strong>ch</strong>en Kompetenzen<br />

20


Teil II<br />

Themen & Projekte<br />

21


Teil II: THEMEN & PROJEKTE<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />

<strong>und</strong> soziale<br />

Integration


Ausgrenzung überwinden:<br />

Sudanesis<strong>ch</strong>e Opfer von Landminen<br />

nehmen im Flü<strong>ch</strong>tlingslager<br />

Kakuma (Kenia), an einem Basketballturnier<br />

teil.<br />

23


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> hat über die körperli<strong>ch</strong>e Ertü<strong>ch</strong>tigung <strong>und</strong> den Aufbau sportspezifis<strong>ch</strong>er<br />

Fähigkeiten hinaus ein erhebli<strong>ch</strong>es pädagogis<strong>ch</strong>es Potenzial. Er fördert<br />

die Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> den Aufbau sozialer Kompetenzen <strong>und</strong><br />

trägt damit im weiteren Sinn zur gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Integration <strong>und</strong> zum<br />

sozialen Zusammenhalt bei. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist allerdings, dass er<br />

gezielt eingesetzt <strong>und</strong> kompetent angeleitet wird.<br />

Anton Lehmann<br />

Zur <strong>Entwicklung</strong>saufgabe der Individuation im<br />

Kindes- <strong>und</strong> Jugendalter gehört au<strong>ch</strong>, dass Kinder<br />

<strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e lernen, ihre freie Zeit sinnvoll<br />

<strong>und</strong> selbstbestimmt zu nutzen. Eine zentrale<br />

Rolle kommt dabei der Familie <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>ule<br />

als primären Sozialisationsinstanzen zu.<br />

zuleben sowie Selbstwertgefühl <strong>und</strong> soziale<br />

Kompetenzen in der Gruppe aufzubauen. <strong>Sport</strong><br />

kann aber au<strong>ch</strong> ausgrenzen, zum Beispiel dort,<br />

wo es nur gerade um Talentförderung <strong>und</strong> Selektion<br />

geht oder wo Mäd<strong>ch</strong>en generell ausges<strong>ch</strong>lossen<br />

werden.<br />

Au<strong>ch</strong> Bewegung, Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> können dazu<br />

einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag leisten, insbesondere in<br />

Ländern bzw. Situationen, wo ni<strong>ch</strong>t einges<strong>ch</strong>ulte<br />

Kinder in prekären Familienverhältnissen aufwa<strong>ch</strong>sen<br />

<strong>und</strong> die Familie deshalb diese zentrale<br />

Rolle ni<strong>ch</strong>t oder nur ungenügend wahrnehmen<br />

kann. <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Bewegungsprogramme können<br />

Waisen-, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskindern<br />

die Mögli<strong>ch</strong>keit bieten, ihre Bedürfnisse na<strong>ch</strong><br />

körperli<strong>ch</strong>em <strong>und</strong> geistigem Wohlbefinden aus-<br />

«<strong>Sport</strong> allein fördert die<br />

moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, er bietet aber<br />

ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong><br />

geeignetes Umfeld.»<br />

Studien haben gezeigt, dass <strong>Sport</strong> allein die<br />

moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong> fördert, dass er<br />

aber ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> geeignetes Umfeld<br />

bietet. Soll <strong>Sport</strong>treiben Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

im Lernen von Konfliktfähigkeit, Selbstständigkeit<br />

<strong>und</strong> einem konstruktiven Umgang mit Erfolgen<br />

<strong>und</strong> Enttäus<strong>ch</strong>ungen fördern, müssen sportli<strong>ch</strong>e<br />

Aktivitäten in ein adäquat «vorbereitetes»<br />

Umfeld eingebettet <strong>und</strong> na<strong>ch</strong> pädagogis<strong>ch</strong>en<br />

Gr<strong>und</strong>sätzen konzipiert <strong>und</strong> angeleitetet werden.<br />

«Die Einlösung der Bildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

des <strong>Sport</strong>s (wozu) ist neben den Inhalten<br />

(was) ents<strong>ch</strong>eidend von der Art seiner Inszenierung<br />

(wie) abhängig», halten die<br />

<strong>Sport</strong>wissens<strong>ch</strong>aftler Jeisy <strong>und</strong> Mengisen<br />

in diesem Zusammenhang fest. 1<br />

Pädagogis<strong>ch</strong>e Wirkungen auf<br />

individueller <strong>und</strong> kollektiver<br />

Ebene<br />

Entspre<strong>ch</strong>end eingesetzt kann <strong>Sport</strong> auf<br />

vielfältige Weise zur Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />

sowie zur Erlangung gr<strong>und</strong>legender<br />

sozialer Kompetenzen beitragen.<br />

1<br />

Jeisy E.; Mengisen W., mobile 1/04,<br />

Magglingen, 2004<br />

24


sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />

Trainer/innen <strong>und</strong> Lehrpersonen haben als<br />

Leader, Vorbilder <strong>und</strong> Verantwortungsträger<br />

eine wi<strong>ch</strong>tige Modellfunktion.<br />

Individuelle Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung dur<strong>ch</strong><br />

sportli<strong>ch</strong>e Selbst- <strong>und</strong> Gruppenerfahrung:<br />

Regelmässiges <strong>und</strong> engagiertes <strong>Sport</strong>treiben<br />

fördert Disziplin, Zielstrebigkeit <strong>und</strong> Verlässli<strong>ch</strong>keit.<br />

Dazugehören, si<strong>ch</strong> als wertvoll <strong>und</strong><br />

kompetent erfahren, sind zentrale Motive der<br />

Beteiligung Jugendli<strong>ch</strong>er an <strong>Sport</strong>programmen.<br />

Sol<strong>ch</strong>e Fähigkeitsgefühle können dur<strong>ch</strong> eine<br />

qualitativ ho<strong>ch</strong> stehende Anleitung, emotional<br />

packende Erlebnisse <strong>und</strong> spannende Herausforderungen,<br />

aber au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>endes<br />

Verhalten der Lehrperson, die Forts<strong>ch</strong>ritte <strong>und</strong><br />

Erfolge mit positivem Feedback <strong>und</strong> Ermutigung<br />

begleitet, gefördert werden.<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> eine positive Individuation<br />

<strong>und</strong> den Aufbau von Selbstkompetenz <strong>und</strong><br />

Wohlbefinden in der Gruppe ist, den eigenen<br />

Körper über natürli<strong>ch</strong>e Körperkontakte <strong>und</strong> Bewegung<br />

kennen zu lernen, si<strong>ch</strong> wohl zu fühlen<br />

in der eigenen Haut. Berühren, Halten <strong>und</strong> Tragen<br />

sind mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>bedürfnisse. Der<br />

<strong>Sport</strong> kann da<strong>für</strong> angemessen Raum bieten,<br />

ohne dabei Grenzen zu übers<strong>ch</strong>reiten.<br />

eine realistis<strong>ch</strong>e Eins<strong>ch</strong>ätzung ihrer Fähigkeiten.<br />

Zu hohe Risikobereits<strong>ch</strong>aft erhöht die Verletzungsgefahr,<br />

zu wenig Risikofreude heisst, si<strong>ch</strong><br />

neuen Erfahrungen vers<strong>ch</strong>liessen <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> die<br />

Befriedigung verbauen, Herausforderungen<br />

zu meistern. Hier sind Lehrpersonen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>pädagogen/-innen<br />

gefordert: Je grösser die<br />

Diskrepanz zwis<strong>ch</strong>en Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung,<br />

desto grösser das Spannungs- <strong>und</strong><br />

Konfliktpotenzial. Gemeinsame Ziel- <strong>und</strong> Dosierungsvereinbarungen<br />

mit den Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

dienen als Leitplanken <strong>für</strong> den Aufbau eines ges<strong>und</strong>en<br />

Selbstvertrauens <strong>und</strong> einer realistis<strong>ch</strong>en<br />

Selbsteins<strong>ch</strong>ätzung.<br />

Das Einüben sozialer Kompetenzen in der<br />

Gruppe fördert die Integration <strong>und</strong> den Gemeinsinn:<br />

Soziale Kompetenzen werden im Lernprozess<br />

mit Glei<strong>ch</strong>altrigen (Peers) <strong>und</strong> mit jüngeren<br />

Die <strong>Sport</strong> Treibenden werden au<strong>ch</strong> mit ihren<br />

Grenzen konfrontiert, üben Selbstkontrolle <strong>und</strong><br />

25


Teil II: Themen & Projekte<br />

Wi<strong>ch</strong>tiger als die Wahl der <strong>Sport</strong>art<br />

ist die Konzipierung <strong>und</strong> Vermittlung<br />

von <strong>Sport</strong>aktivitäten.<br />

<strong>und</strong> älteren Mitgliedern der Familie <strong>und</strong>/oder<br />

des sozialen Netzes erworben. Vielen bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en fehlt beides: die Familie<br />

<strong>und</strong> ein tragfähiges soziales Netz. Sie verfügen<br />

daher über kein oder nur ein sehr rigides System<br />

von Werthaltungen <strong>und</strong> zeigen starre Raster<br />

<strong>für</strong> angemessenes Empfinden <strong>und</strong> Verhalten<br />

in einer Gruppe. Sie brau<strong>ch</strong>en positive aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>und</strong> ausserfamiliäre Erfahrungen, um<br />

in der Auseinandersetzung mit si<strong>ch</strong> selbst, den<br />

Partnern <strong>und</strong> Gegnern <strong>und</strong> mit der Umwelt Fähigkeitsgefühle<br />

<strong>und</strong> Selbstkontrolle aufzubauen<br />

<strong>und</strong> angemessenes, konfliktfähiges Verhalten in<br />

der Gruppe zu lernen.<br />

Die universelle Spra<strong>ch</strong>e des <strong>Sport</strong>s mit seinen<br />

einfa<strong>ch</strong>en Regeln <strong>und</strong> der nonverbal verständli<strong>ch</strong>en<br />

Körperspra<strong>ch</strong>e erlei<strong>ch</strong>tert die Kommunikation,<br />

fördert die Gruppenbildung <strong>und</strong> stärkt<br />

den Zusammenhalt in der Gruppe. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> Gruppenspiele bieten deshalb<br />

ein geeignetes Umfeld zur Einübung sozialer<br />

Kompetenzen wie Verantwortungsgefühl, Respekt,<br />

Teamgeist, Fairplay, Toleranz <strong>und</strong> Konfliktfähigkeit<br />

über Spra<strong>ch</strong>-, Kultur- <strong>und</strong> soziale<br />

Grenzen hinweg. Unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e Traditionen<br />

<strong>und</strong> Minderheiten können in diesem Kontext<br />

als Berei<strong>ch</strong>erung wahrgenommen werden. So<br />

können beispielsweise Jugendli<strong>ch</strong>e, die in anderen<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kontexten aus ethnis<strong>ch</strong>en<br />

Gründen bena<strong>ch</strong>teiligt sind, im <strong>Sport</strong> Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />

erleben <strong>und</strong> Integration erfahren.<br />

Lehrpersonen können all dies fördern dur<strong>ch</strong><br />

geeignete Rituale wie vertrauens- <strong>und</strong> identifikationsstiftende<br />

Begrüssungs- <strong>und</strong> Vorstellungsr<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Einstieghilfen «älterer» Mitglieder.<br />

Selbst- <strong>und</strong> Fremdwahrnehmung wird im Jugendalter<br />

zunehmend über die Peers gesteuert.<br />

<strong>Sport</strong>pädagogen können dur<strong>ch</strong> partizipativ<br />

verhandelte (statt einseitig verordnete) Vereinbarungen<br />

(Commitments, Charta, Kodex) <strong>und</strong><br />

gemeins<strong>ch</strong>aftsbildende Rituale <strong>und</strong> Symbole<br />

Leitplanken setzen <strong>für</strong> die Werte <strong>und</strong> Normen<br />

der Gruppe.<br />

Im übers<strong>ch</strong>aubaren Erfahrungs- <strong>und</strong> Übungsfeld<br />

der <strong>Sport</strong>gruppe entwickeln Jugendli<strong>ch</strong>e so<br />

au<strong>ch</strong> einen über die Gruppe hinaus wirksamen<br />

Gemeins<strong>ch</strong>afts- <strong>und</strong> Bürgersinn (citoyenneté)<br />

mit Modell<strong>ch</strong>arakter. Sie tragen insbesondere<br />

mit ihrer Zeit zum Gedeihen der Gruppe bei,<br />

übernehmen von den Leitern/-innen delegierte<br />

Aufgaben in Eigenverantwortung, sei es als<br />

Peerleader/in, Co-Trainer/in, Organisator/in<br />

oder Helfer/in bei Anlässen, als Redaktor/in<br />

einer Klubzeits<strong>ch</strong>rift usw. <strong>und</strong> qualifizieren si<strong>ch</strong><br />

so <strong>für</strong> Aufgaben in der Zivilgesells<strong>ch</strong>aft.<br />

26


sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />

<strong>Sport</strong> in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />

– pädagogis<strong>ch</strong>e<br />

Wirksamkeit anstreben<br />

Trainer/innen <strong>und</strong> Lehrpersonen<br />

haben als Leader, Vorbilder <strong>und</strong><br />

Verantwortungsträger eine wi<strong>ch</strong>tige<br />

Modellfunktion. Im <strong>Sport</strong> werden<br />

ni<strong>ch</strong>t nur sportte<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Kompetenzen<br />

vermittelt, sondern au<strong>ch</strong><br />

die hier bes<strong>ch</strong>riebenen Selbst- <strong>und</strong> Sozialkompetenzen<br />

gefördert. Es finden individuelle<br />

<strong>und</strong> kollektive Lernprozesse statt,<br />

die <strong>für</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e von ents<strong>ch</strong>eidender Bedeutung<br />

<strong>für</strong> eine befriedigende Lebensgestaltung<br />

sind <strong>und</strong> die der Anleitung <strong>und</strong> Begleitung bedürfen.<br />

Lehrpersonen sind dabei einer Ethik der<br />

sozialen Verantwortung <strong>und</strong> der A<strong>ch</strong>tsamkeit<br />

verpfli<strong>ch</strong>tet. Diese Haltung kann ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong><br />

verordnet werden, sondern wird über Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung <strong>und</strong> in der tägli<strong>ch</strong>en Praxis aufgebaut<br />

<strong>und</strong> verstärkt.<br />

Dass weltweit – <strong>und</strong> somit au<strong>ch</strong> in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />

– <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> ohne Anleitung getrieben<br />

wird (z. B. Fussball spielende Jugendli<strong>ch</strong>e oder<br />

Erwa<strong>ch</strong>sene) ist eine Tatsa<strong>ch</strong>e. Ungea<strong>ch</strong>tet des<br />

Werts dieser Form ni<strong>ch</strong>t angeleiteten <strong>Sport</strong>s<br />

<strong>und</strong> Spiels sind aber von sol<strong>ch</strong> spontanen sportli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten kaum oder nur diffuse pädagogis<strong>ch</strong>e<br />

Wirkungen im Sinne der hier angestrebten<br />

Kompetenzen zu erwarten.<br />

Aus <strong>Entwicklung</strong>ssi<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Realisierung<br />

von <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten sind folgende<br />

Aspekte von besonderer Bedeutung:<br />

Wel<strong>ch</strong>er <strong>Sport</strong> bzw. wel<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>arten <strong>für</strong> die<br />

Förderung der dargestellten Kompetenzen besonders<br />

geeignet sind, kann ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>liessend<br />

beantwortet werden. Mit Si<strong>ch</strong>erheit aber spielt<br />

weniger die Wahl der <strong>Sport</strong>art als vielmehr deren<br />

Konzipierung bzw. Inszenierung eine ents<strong>ch</strong>eidende<br />

Rolle. Diese sollten beispielsweise<br />

auf den jeweiligen Kontext angepasst werden,<br />

ni<strong>ch</strong>t ausgrenzend sein, kulturell bedingte Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigen, mit Regelmässigkeit<br />

<strong>und</strong> Verbindli<strong>ch</strong>keit dur<strong>ch</strong>geführt werden<br />

<strong>und</strong> in der lokalen Gemeins<strong>ch</strong>aft verankert sein.<br />

«Die Einlösung der Bildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

des <strong>Sport</strong>s (wozu)<br />

ist neben den Inhalten (was)<br />

ents<strong>ch</strong>eidend von der Art seiner<br />

Inszenierung (wie) abhängig.»<br />

Ni<strong>ch</strong>t zuletzt sollten die Aktivitäten au<strong>ch</strong> einen<br />

Leistungsaspekt enthalten <strong>und</strong> eine ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />

Wirkung erzielen.<br />

<strong>Sport</strong>immanente Selektionskriterien sollten<br />

äusserst behutsam angewendet werden. Wi<strong>ch</strong>tiger<br />

ist, dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegungsangebote<br />

mögli<strong>ch</strong>st vielen Jugendli<strong>ch</strong>en, insbesondere<br />

au<strong>ch</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, offen stehen. Talentierten <strong>und</strong><br />

ambitionierten Kindern, die si<strong>ch</strong> im Leistungssport<br />

weiterentwickeln wollen, soll vor allem<br />

mittels Weitervermittlung geholfen werden.<br />

Wi<strong>ch</strong>tig ist au<strong>ch</strong>, dass ni<strong>ch</strong>t nur etablierte «globale»<br />

<strong>Sport</strong>arten ausgewählt, sondern au<strong>ch</strong><br />

traditionelle «lokale» <strong>Sport</strong>-, Spiel- <strong>und</strong> Tanzformen<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigt werden.<br />

In heterogenen Gruppen herrs<strong>ch</strong>t in der Regel<br />

ni<strong>ch</strong>t immer nur Harmonie. Kinder lernen,<br />

si<strong>ch</strong> an verbindli<strong>ch</strong> geltende Normen, Regeln,<br />

Leitplanken <strong>und</strong> Massstäbe zu halten bzw. si<strong>ch</strong><br />

damit aktiv auseinander zu setzen. Lehrpersonen<br />

sollten so ausgebildet sein, dass sie mit<br />

Spannungen, Konflikten <strong>und</strong> Krisen umgehen<br />

können (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

Frieden», S. 38).<br />

Besondere Aufmerksamkeit ist auf die Konstituierung<br />

von <strong>Sport</strong>gruppen mit bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en – ni<strong>ch</strong>t (mehr) einges<strong>ch</strong>ulte<br />

Kinder, Strassenkinder, Flü<strong>ch</strong>tlinge, intern Vertriebene,<br />

Kindersoldaten usw. – zu ri<strong>ch</strong>ten. Sie<br />

27


Teil II: Themen & Projekte<br />

sollten mehrmals pro Wo<strong>ch</strong>e gemeinsam unter<br />

Anleitung trainieren <strong>und</strong> spielen können.<br />

In die Ausbildung von <strong>Sport</strong>lehrern/-innen<br />

<strong>und</strong> Trainern/-innen sollten zusätzli<strong>ch</strong> zu<br />

sportspezifis<strong>ch</strong>en Kompetenzen vermehrt au<strong>ch</strong><br />

entwicklungsrelevante Inhalte <strong>und</strong> Vermittlungste<strong>ch</strong>niken<br />

integriert werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig sollten<br />

Dozierende <strong>und</strong> Studenten/-innen stärker da<strong>für</strong><br />

sensibilisiert werden, dass <strong>Sport</strong> im aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en<br />

Berei<strong>ch</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige sozialpädagogis<strong>ch</strong>e<br />

Aufgabe übernehmen kann.<br />

Auf der Gr<strong>und</strong>lage von organisierten sportli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten lassen si<strong>ch</strong> weitergehende<br />

zivile Strukturen (z. B. eine Art Vereinswesen)<br />

aufbauen, wel<strong>ch</strong>e den Zusammenhalt <strong>und</strong> das<br />

friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben von Gemeins<strong>ch</strong>aften<br />

stärken.<br />

Key Messages<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sind zentral <strong>für</strong> die Sozialisation <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

junger Mens<strong>ch</strong>en.<br />

<strong>Sport</strong> allein fördert die moralis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en zwar<br />

ni<strong>ch</strong>t automatis<strong>ch</strong>, er bietet jedo<strong>ch</strong> ein gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> geeignetes Umfeld.<br />

Eine professionelle <strong>und</strong> sozial verantwortli<strong>ch</strong>e Anleitung sportli<strong>ch</strong>er Aktivitäten dur<strong>ch</strong><br />

ausgebildete Coa<strong>ch</strong>es ist von zentraler Bedeutung, damit der <strong>Sport</strong> sein positives Potenzial<br />

<strong>für</strong> Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale Integration entfalten kann.<br />

Ni<strong>ch</strong>t die Wahl der <strong>Sport</strong>art, sondern ihre Konzipierung <strong>und</strong> Inszenierung sind <strong>für</strong><br />

erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte ents<strong>ch</strong>eidend.<br />

Ri<strong>ch</strong>tig angeleiteter <strong>Sport</strong> fördert den konstruktiven Umgang mit Erfolg <strong>und</strong> Misserfolg<br />

<strong>und</strong> erhöht die Konfliktfähigkeit.<br />

<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Regeln, Rituale <strong>und</strong> Symbole können vertrauens- <strong>und</strong> identitätsstiftend<br />

wirken <strong>und</strong> Gemeinsinn <strong>und</strong> Gruppenintegration erhöhen.<br />

Organisierte sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten bilden eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> zivilgesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Strukturen, die den Zusammenhalt <strong>und</strong> das friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben von<br />

Gemeins<strong>ch</strong>aften stärken.<br />

28


sport <strong>für</strong> persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung <strong>und</strong> soziale integration<br />

«Droit au <strong>Sport</strong>» – Bewegung, Spiel<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> bena<strong>ch</strong>teiligte Kinder<br />

Ort: Sozial bena<strong>ch</strong>teiligte Quartiere von Abidjan (z. B. Cocody, Abobo, Port Boué, Joupogon)<br />

<strong>und</strong> von Gemeinden im Landesinnern (z. B. Rubino, Guiglo, Daloa) der Côte d’Ivoire<br />

Zielgruppe: Kinder aus bena<strong>ch</strong>teiligten Quartieren sowie ni<strong>ch</strong>t bzw. ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

einges<strong>ch</strong>ulte Kinder, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskinder<br />

Organisation: «Droit au <strong>Sport</strong>» ist eine Kooperation zwis<strong>ch</strong>en dem B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong><br />

<strong>Sport</strong> Magglingen (BASPO) <strong>und</strong> dem «Institut National de la Jeunesse et des <strong>Sport</strong>s»<br />

(INJS) in Abidjan (Côte d’Ivoire). Finanziert wird das Projekt hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> von der<br />

Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA).<br />

<strong>Sport</strong>studierende des nationalen <strong>Sport</strong>instituts<br />

von Abidjan vermitteln entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> friedensfördernde Elemente<br />

des <strong>Sport</strong>s an lokale <strong>Sport</strong>leitende, die<br />

dieses Wissen in sozial bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Gegenden gezielt anwenden.<br />

Unter «Droit au <strong>Sport</strong>» treiben im westafrikanis<strong>ch</strong>en<br />

Staat Côte d’Ivoire seit 2002 Kinder <strong>und</strong><br />

Jugendli<strong>ch</strong>e unter kompetenter Anleitung zwei<br />

bis drei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>. Waren anfängli<strong>ch</strong><br />

r<strong>und</strong> 650 Kinder in das Projekt einbezogen,<br />

so werden heute 2000 Kinder errei<strong>ch</strong>t, ein<br />

Drittel davon Mäd<strong>ch</strong>en. Es sind in erster Linie<br />

Kinder aus Elendsvierteln, Strassen- <strong>und</strong> Flü<strong>ch</strong>tlingskinder,<br />

denen das Bildungsprojekt den Zugang<br />

zu Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ermögli<strong>ch</strong>en will.<br />

Ein im Lehrplan des Institut National de la Jeunesse<br />

et des <strong>Sport</strong>s (INJS) verankertes Lehrangebot<br />

zur Förderung des sozialpädagogis<strong>ch</strong>en<br />

Potenzials des <strong>Sport</strong>s initiierte <strong>und</strong> ermögli<strong>ch</strong>te<br />

das Engagement der Dozenten/-innen <strong>und</strong><br />

<strong>Sport</strong>studierenden im aussers<strong>ch</strong>ulis<strong>ch</strong>en Berei<strong>ch</strong>.<br />

Ausgerüstet mit Fa<strong>ch</strong>wissen <strong>und</strong> Lehrunterlagen<br />

absolvieren die Studierenden ein dreimonatiges<br />

Praktikum im Berei<strong>ch</strong> «<strong>Sport</strong> mit bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en». Im Verlauf ihres Praktikums<br />

bilden sie lokale Animatoren/-innen zu<br />

<strong>Sport</strong>leitenden aus <strong>und</strong> begleiten diese vor Ort.<br />

Die Quartiere <strong>und</strong> Gemeinden erhalten dur<strong>ch</strong><br />

«Droit au <strong>Sport</strong>» ein pädagogis<strong>ch</strong> wertvolles,<br />

strukturiertes Freizeit- bzw. Bes<strong>ch</strong>äftigungsangebot<br />

<strong>für</strong> die riesige Zahl von bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en, die oft ni<strong>ch</strong>t bzw.<br />

ni<strong>ch</strong>t mehr einges<strong>ch</strong>ult oder arbeitslos sind. Die<br />

sportli<strong>ch</strong>e Aktivität bietet Fixpunkte im Ablauf der<br />

Wo<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> s<strong>ch</strong>afft Zugehörigkeit <strong>und</strong> soziale Integration<br />

über ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse Grenzen<br />

hinweg. Dur<strong>ch</strong> den sportli<strong>ch</strong>-spieleris<strong>ch</strong>en Erwerb<br />

von Sozialkompetenzen sollen sie zudem den oft<br />

s<strong>ch</strong>wierigen Alltag besser bewältigen lernen <strong>und</strong><br />

Zukunftsperspektiven entwickeln.<br />

Erfolg trotz s<strong>ch</strong>wieriger Umstände<br />

Die erfolgrei<strong>ch</strong> angelaufene Pilotphase im<br />

Jahre 2002 erlebte mit dem Ausbru<strong>ch</strong> des<br />

Bürgerkriegs im September 2002 eine ernsthafte<br />

Bewährungsprobe. Trotz ers<strong>ch</strong>werten<br />

Bedingungen konnten aber die ersten Absolventen/-innen<br />

des nationalen <strong>Sport</strong>instituts ihre<br />

Ausbildung beenden <strong>und</strong> ihr Wissen den Animatoren/-innen<br />

von lokalen Hilfswerken <strong>und</strong><br />

von Gemeinden vermitteln.<br />

«Droit au <strong>Sport</strong>» entwickelt si<strong>ch</strong> heute zunehmend<br />

zu einem Aufbauprogramm <strong>für</strong> Gemeinden,<br />

das die individuelle Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />

entwurzelter Kinder fördert <strong>und</strong> über aufgebro<strong>ch</strong>ene<br />

ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse Grenzen hinweg<br />

sozial integrierend wirkt. Das Interesse der Gemeinden<br />

ist gross, insbesondere sind au<strong>ch</strong> jene<br />

Gemeinden interessiert, die vom Bürgerkrieg<br />

stark in Mitleidens<strong>ch</strong>aft gezogen worden sind.<br />

Die Projektarbeit in den Einsatzorten wird jeweils<br />

<strong>für</strong> ein Jahr von «Droit au <strong>Sport</strong>» finanziert;<br />

dana<strong>ch</strong> wird die Arbeit vertragsgemäss<br />

in die Gemeindestrukturen integriert. Jedes Jahr<br />

kommen somit neue Einsatzorte dazu, ohne<br />

dass die Projektkosten explodieren.<br />

29


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit


Körperli<strong>ch</strong>e Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

geistige Ausgegli<strong>ch</strong>enheit dur<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong>: Mens<strong>ch</strong>en in einem Park in<br />

Shanghai (China), beim <strong>ch</strong>inesis<strong>ch</strong>en<br />

Volkssport Tai-Chi, einer Kombination<br />

aus Selbstverteidigung <strong>und</strong> Meditation.<br />

31


Teil II: Themen & Projekte<br />

Die alarmierende Zunahme von so genannten «Zivilisationskrankheiten» in<br />

S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern kann dur<strong>ch</strong> vermehrte körperli<strong>ch</strong>e Bewegung<br />

<strong>und</strong> sportli<strong>ch</strong>e Betätigung kosteneffizient gebremst werden. <strong>Sport</strong> hat jedo<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t nur eine direkte ges<strong>und</strong>heitsfördernde Wirkung. Er bietet au<strong>ch</strong> eine Plattform<br />

<strong>für</strong> die Förderung von ges<strong>und</strong>heitsbewusstem Verhalten <strong>und</strong> die Vermittlung von<br />

Präventionsbots<strong>ch</strong>aften.<br />

Claudia Kessler Bodiang<br />

Weltweit sind laut der Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />

WHO mehr als eine Milliarde Erwa<strong>ch</strong>sene<br />

übergewi<strong>ch</strong>tig. Seit 1980 hat si<strong>ch</strong> dieses<br />

Problem in vielen Ländern – von den rei<strong>ch</strong>sten<br />

bis zu den ärmsten – verdreifa<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> ist mitverantwortli<strong>ch</strong>,<br />

dass ni<strong>ch</strong>tinfektiöse Krankheiten<br />

wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder<br />

Krebs heute gegen 60 Prozent aller Todesfälle<br />

weltweit bewirken.<br />

Immer häufiger <strong>und</strong> gar überproportional sind<br />

au<strong>ch</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e von diesem Phänomen<br />

betroffen – <strong>und</strong> ni<strong>ch</strong>t nur in Industrienationen,<br />

sondern zunehmend au<strong>ch</strong> in S<strong>ch</strong>wellen-<br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern. In städtis<strong>ch</strong>en<br />

Gebieten Chinas sind gegen 20 Prozent der<br />

Bevölkerung übergewi<strong>ch</strong>tig, in Samoa gar 75<br />

Prozent, <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> in Afrika, Asien <strong>und</strong> Lateinamerika<br />

führen die s<strong>ch</strong>nellen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

«Mit <strong>Sport</strong> lassen si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> Zielgruppen errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

mobilisieren, die mit den<br />

herkömmli<strong>ch</strong>en Massnahmen der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung kaum<br />

anzuspre<strong>ch</strong>en sind.»<br />

Veränderungen zu einer rasanten Ausbreitung<br />

dieser «Zivilisationsers<strong>ch</strong>einung».<br />

Hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Ursa<strong>ch</strong>en sind Bewegungsmangel<br />

<strong>und</strong> Fehlernährung. Zunehmende Urbanisierung<br />

<strong>und</strong> Te<strong>ch</strong>nologisierung bewirken au<strong>ch</strong><br />

in den ärmsten Ländern, dass die Mens<strong>ch</strong>en<br />

si<strong>ch</strong> berufli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> in ihrer Freizeit immer weniger<br />

bewegen. Global gesehen haben r<strong>und</strong><br />

60 Prozent aller Mens<strong>ch</strong>en zu wenig Bewegung<br />

– mit fatalen Folgen <strong>für</strong> die Volksges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> enormen negativen Auswirkungen auf<br />

die betroffenen Volkswirts<strong>ch</strong>aften.<br />

<strong>Sport</strong> – kosteneffizientes Mittel zur<br />

Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung der allgemeinen<br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

In diesem Berei<strong>ch</strong> liegt au<strong>ch</strong> das auf den ersten<br />

Blick grösste Potenzial des <strong>Sport</strong>s. Bewegung<br />

<strong>und</strong> Spiel – das belegen zahlrei<strong>ch</strong>e Studien –<br />

haben eine ges<strong>und</strong>heitsfördernde <strong>und</strong> vorbeugende<br />

Wirkung. Die WHO empfiehlt<br />

deshalb ein Mindestmass von 30 Minuten<br />

mässiger körperli<strong>ch</strong>er Bewegung<br />

oder sportli<strong>ch</strong>er Betätigung pro Tag.<br />

F<strong>und</strong>ierte wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Untersu<strong>ch</strong>ungen<br />

belegen, dass si<strong>ch</strong> dadur<strong>ch</strong><br />

bedeutende <strong>und</strong> vielfältige Wirkungen<br />

auf Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Lebensqualität erzielen<br />

lassen.<br />

Studien zeigen zudem, dass insbesondere<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e, wel<strong>ch</strong>e aktiv <strong>Sport</strong><br />

32


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />

treiben, weniger anfällig <strong>für</strong> ges<strong>und</strong>heitss<strong>ch</strong>ädigendes<br />

Verhalten sind. Um die erwarteten<br />

sportli<strong>ch</strong>en Leistungen erbringen zu können,<br />

rau<strong>ch</strong>en junge <strong>Sport</strong>ler/innen weniger <strong>und</strong> sind<br />

Alkohol- <strong>und</strong> Drogensu<strong>ch</strong>t weniger ausgesetzt.<br />

Ausserdem vermeiden junge <strong>Sport</strong>lerinnen öfter<br />

frühe S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften.<br />

Gerade in S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />

sind diese Vorteile von grosser Bedeutung.<br />

Denn indem <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel zu einer gesünderen<br />

<strong>und</strong> aktiveren Bevölkerung beitragen,<br />

entlasten sie das Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong> Sozialwesen.<br />

In Ländern mit s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t funktionierenden<br />

Ges<strong>und</strong>heitsdiensten ist die Prävention von<br />

<strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>en Krankheiten besonders wi<strong>ch</strong>tig, da<br />

sol<strong>ch</strong>e Erkrankungen oft teure <strong>und</strong> langwierige<br />

Behandlungen na<strong>ch</strong> si<strong>ch</strong> ziehen, die in vielen<br />

der ärmsten Länder ni<strong>ch</strong>t breit verfügbar sind.<br />

Für Länder mit bes<strong>ch</strong>ränkten Ressourcen ist <strong>Sport</strong><br />

deshalb au<strong>ch</strong> kein Luxus. Ganz im Gegenteil. Er<br />

hat einen hohen entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Wert,<br />

da er ein kosteneffizientes Mittel zur Erhaltung<br />

<strong>und</strong> Verbesserung des allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitsniveaus<br />

ist.<br />

Aus den USA weiss man, dass jeder Dollar, wel<strong>ch</strong>er<br />

<strong>für</strong> Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ausgegeben wird,<br />

Ges<strong>und</strong>heitskosten von mehr als drei Dollar<br />

spart. Dazu kommen no<strong>ch</strong> die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Gewinne dur<strong>ch</strong> verminderte Krankheitsausfälle<br />

<strong>und</strong> höhere Produktivität.<br />

Obs<strong>ch</strong>on diesbezügli<strong>ch</strong> bisher keine genauen<br />

Zahlen <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer vorliegen, kann<br />

man davon ausgehen, dass in den ärmsten Ländern<br />

die Opportunitätskosten von Krankheiten,<br />

z. B. in Form von entgangener Arbeitsleistung,<br />

no<strong>ch</strong> wesentli<strong>ch</strong> grösser sind, da die existierenden<br />

Ges<strong>und</strong>heitssysteme bereits dur<strong>ch</strong> andere<br />

Herausforderungen wie HIV/Aids überlastet<br />

sind <strong>und</strong> die si<strong>ch</strong> anbahnenden Probleme gar<br />

ni<strong>ch</strong>t auffangen können.<br />

<strong>Sport</strong> als Vermittlungsplattform<br />

<strong>Sport</strong> fördert die Ges<strong>und</strong>heit Einzelner oder von<br />

Bevölkerungen ni<strong>ch</strong>t nur direkt, sondern kann<br />

au<strong>ch</strong> indirekt einen wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag leisten. Im<br />

Mittelpunkt steht hier die Fähigkeit des <strong>Sport</strong>s,<br />

Mens<strong>ch</strong>en zu mobilisieren <strong>und</strong> zusammenzubringen.<br />

Gewissermassen als Türöffner bietet<br />

er eine Plattform, um begleitend zu <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />

ges<strong>und</strong>heitsrelevante Informationen zu<br />

vermitteln <strong>und</strong> entspre<strong>ch</strong>ende Verhaltensweisen<br />

zu thematisieren.<br />

Das Ishraq-Programm in Ägypten zum Beispiel<br />

verbindet <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel mit Bildung <strong>und</strong> der<br />

Förderung so genannter «lifeskills» (Fähigkeiten<br />

<strong>für</strong>s Leben). Es ri<strong>ch</strong>tet si<strong>ch</strong> an ni<strong>ch</strong>t alphabetisierte<br />

Mäd<strong>ch</strong>en auf dem Land. Integriert in<br />

andere Massnahmen, wel<strong>ch</strong>e die Selbstbestimmung<br />

der sozial Verletzbarsten, der Mäd<strong>ch</strong>en,<br />

stärken sollen, sind au<strong>ch</strong> Informationen <strong>und</strong><br />

Diskussionen über Fortpflanzung, Sexualität,<br />

S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aft, Gewalt gegen Mäd<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Beziehungsfragen. Auf diese<br />

Weise wird au<strong>ch</strong> das Verhältnis zum eigenen<br />

Körper thematisiert <strong>und</strong> teilweise au<strong>ch</strong> positiv<br />

verändert (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel «<strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> Gender», S. 46). So haben Evaluationen<br />

gezeigt, dass die Mäd<strong>ch</strong>en als Folge der Teil-<br />

Der Film «Die Gelbe Karte» aus<br />

Simbabwe zeigt anhand der<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te eines lokalen Fussballstars<br />

die Problematik von Teenage-<br />

S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften, HIV-Ansteckung<br />

<strong>und</strong> Vaterpfli<strong>ch</strong>ten auf.<br />

33


Teil II: Themen & Projekte<br />

nahme am Progamm heute wesentli<strong>ch</strong> kritis<strong>ch</strong>er<br />

gegenüber Heirat im Teenageralter <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>enbes<strong>ch</strong>neidung sind.<br />

Ein Basis-Ges<strong>und</strong>heitsprojekt der deuts<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>für</strong> Te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Zusammenarbeit (GTZ)<br />

in Uganda verfolgt einen ähnli<strong>ch</strong>en Ansatz <strong>und</strong><br />

nutzt <strong>Sport</strong> zur Mobilisierung. In örtli<strong>ch</strong>en Ges<strong>und</strong>heitszentren<br />

werden <strong>Sport</strong>aktivitäten <strong>für</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Jungen angeboten. Vor allem<br />

die Mäd<strong>ch</strong>en finden über den <strong>Sport</strong> lei<strong>ch</strong>teren<br />

Zugang zu den übrigen Dienstleistungen <strong>und</strong><br />

Informationen des Zentrums.<br />

Au<strong>ch</strong> der Kampf gegen die Aids-Epidemie verdeutli<strong>ch</strong>t<br />

das Potential des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> indirekte<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung <strong>und</strong> Prävention. Gut angeleitete<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten sind ein ideales Instrument<br />

<strong>für</strong> die Vermittlung von Informationen <strong>und</strong><br />

die Thematisierung von ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />

Verhaltensweisen. Die mediale Aufmerksamkeit,<br />

die etwa dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>anlässe <strong>und</strong> Auftritte von<br />

bekannten <strong>Sport</strong>idolen ges<strong>ch</strong>affen wird, kann<br />

zur Sensibilisierung genutzt <strong>und</strong> mit Präventionsinterventionen<br />

verknüpft werden.<br />

Zahlrei<strong>ch</strong>e Projekte weltweit nutzen <strong>Sport</strong> gezielt<br />

<strong>für</strong> die HIV/Aids-Arbeit:<br />

«Live Safe, Play Safe»: das <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsprogramm<br />

der weltweit tätigen NGO<br />

«Right to Play» zielt darauf ab, die Fähigkeiten<br />

junger Mens<strong>ch</strong>en zu stärken, si<strong>ch</strong> gegen eine<br />

HIV-Ansteckung zu s<strong>ch</strong>ützen. Das Bilden einer<br />

eigenen Meinung in Bezug auf Beziehungs<strong>und</strong><br />

Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terfragen, das Fällen <strong>und</strong> Dur<strong>ch</strong>setzen<br />

von ges<strong>und</strong>heitsfördernden Ents<strong>ch</strong>eiden<br />

wie au<strong>ch</strong> die korrekte Benützung von Präservativen<br />

werden auf spieleris<strong>ch</strong>e Art diskutiert <strong>und</strong><br />

geübt <strong>und</strong> mit sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten verknüpft.<br />

Dabei werden au<strong>ch</strong> traditionelle Spiele eingesetzt,<br />

wel<strong>ch</strong>e den Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

bereits vertraut sind.<br />

Eine Studie, wel<strong>ch</strong>e 2003 mit Unterstützung<br />

des norwegis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong>verbands in Zimbabwe,<br />

Sambia <strong>und</strong> Südafrika dur<strong>ch</strong>geführt wurde,<br />

zeigte, dass in einem Ho<strong>ch</strong>prävalenzland<br />

die Bekämpfung des Stigmas von HIV/Aids ein<br />

Hauptanliegen des Engagements der <strong>Sport</strong>bewegung<br />

sein muss. HIV-infizierte Mens<strong>ch</strong>en<br />

können dur<strong>ch</strong> sportli<strong>ch</strong>e Aktivität ihre Ges<strong>und</strong>heit<br />

länger erhalten <strong>und</strong> sozial besser integriert<br />

bleiben. Als Trainer können HIV-Infizierte einen<br />

wertvollen Beitrag zur Aufklärung der <strong>Sport</strong><br />

Treibenden <strong>und</strong> der Zus<strong>ch</strong>auer leisten. Diesem<br />

Ziel hat si<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> «Kicking AIDS Out!», ein regionales<br />

Netzwerk von Organisationen im südli<strong>ch</strong>en<br />

Afrika, vers<strong>ch</strong>rieben.<br />

Mehrere Aids-Aufklärungsfilme benützen<br />

sportbezogene Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten, um die Bots<strong>ch</strong>aft<br />

einem jugendli<strong>ch</strong>en Publikum näher zu bringen.<br />

Der Film «Die Gelbe Karte» aus Simbabwe zeigt<br />

anhand der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te eines lokalen Fussballstars<br />

die Problematik von Teenage-S<strong>ch</strong>wangers<strong>ch</strong>aften,<br />

HIV-Ansteckung <strong>und</strong> Vaterpfli<strong>ch</strong>ten auf.<br />

Erhebli<strong>ch</strong>er Handlungsbedarf<br />

No<strong>ch</strong> ist die Wirksamkeit von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung<br />

auf die Ges<strong>und</strong>heit der Bevölkerung<br />

hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> in Industrienationen, jedo<strong>ch</strong><br />

kaum <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>wellenländer<br />

dokumentiert <strong>und</strong> belegt. Do<strong>ch</strong> zeigt das Beispiel<br />

des Programms «Agita São Paulo», dass<br />

au<strong>ch</strong> in einem Land wie Brasilien breite städtis<strong>ch</strong>e<br />

Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten von einem auf<br />

wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Erkenntnissen gestützten <strong>und</strong><br />

partizipativen Mobilisierungsprogramm errei<strong>ch</strong>t<br />

werden können. Eine Evaluation belegt, dass<br />

55 Prozent der Bevölkerung (bei den Frauen<br />

sogar 61 Prozent) das empfohlene bewegungsrei<strong>ch</strong>ere<br />

Verhalten annahmen. 1996 initiiert,<br />

gilt «Agita São Paulo» heute als Modell da<strong>für</strong>,<br />

wie ges<strong>und</strong>e körperli<strong>ch</strong>e Betätigung in <strong>Entwicklung</strong>sländern<br />

gefördert werden kann.<br />

34


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />

Die bisherigen Erfahrungen lassen einen Handlungsbedarf<br />

auf operationeller <strong>und</strong> struktureller<br />

Ebene erkennen:<br />

Das Bewusstsein von Politikern <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsverantwortli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>für</strong> das Potenzial<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsförderung muss<br />

verstärkt werden. Sie müssen da<strong>für</strong> sensibilisiert<br />

werden, dass <strong>Sport</strong> gerade au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> arme<br />

Länder kein Luxus ist, sondern einen wi<strong>ch</strong>tigen<br />

Ges<strong>und</strong>heitseffekt hat. Die Förderung von körperli<strong>ch</strong>er<br />

Aktivität <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> muss wegen des<br />

hohen ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Nutzens zu einem wi<strong>ch</strong>tigen Anliegen <strong>für</strong> Regierungen<br />

in <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>wellenländern<br />

werden. Insbesondere in städtis<strong>ch</strong>en Gebieten<br />

soll die Ges<strong>und</strong>heitspolitik eng mit der <strong>Sport</strong>politik<br />

verknüpft werden.<br />

Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> lassen si<strong>ch</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> mit<br />

wenig Zusatzaufwand in bestehende Ges<strong>und</strong>heits-<br />

<strong>und</strong> HIV/Aids-Projekte integrieren. Dies fördert<br />

ni<strong>ch</strong>t nur die eigentli<strong>ch</strong>en Ziele dieser Vorhaben,<br />

sondern trägt au<strong>ch</strong> zu ihrer Attraktivität<br />

<strong>und</strong> Bekanntheit bei. Zudem lassen si<strong>ch</strong> so au<strong>ch</strong><br />

Zielgruppen errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> mobilisieren, die mit<br />

den herkömmli<strong>ch</strong>en Massnahmen der Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung<br />

kaum anzuspre<strong>ch</strong>en sind.<br />

Die Rolle der <strong>Sport</strong>verbände in der ges<strong>und</strong>heitsrelevanten<br />

Aufklärungsarbeit (insbesondere<br />

im Berei<strong>ch</strong> HIV/Aids) ist no<strong>ch</strong> längst ni<strong>ch</strong>t<br />

ausges<strong>ch</strong>öpft. Als wi<strong>ch</strong>tige Partner können sie<br />

das Bewusstsein in der Bevölkerung stärken,<br />

Präventionswissen vermitteln <strong>und</strong> Stigma <strong>und</strong><br />

Diskriminierung wirksam bekämpfen. Dur<strong>ch</strong> den<br />

Einbezug von HIV/Aids-Betroffenen können die<br />

Empfohlene Intensität körperli<strong>ch</strong>er Betätigung<br />

Benefits<br />

Health, ftness benefts<br />

Active living<br />

Activity for health<br />

Excercise for ftness<br />

Training for sport<br />

Risks and harms<br />

Type and amount of activity<br />

Grafik: World Health<br />

Organisation (WHO)<br />

Light, moderate<br />

Daily<br />

Tens of minutes<br />

Moderate<br />

About daily<br />

At least 30 min<br />

Moderate,<br />

vigorous<br />

3 times a week<br />

At least 20 min<br />

Strenuous<br />

Several times<br />

a week<br />

Variable<br />

35


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong>verbände ni<strong>ch</strong>t nur einen Beitrag zu deren<br />

Ges<strong>und</strong>heitserhaltung leisten, sondern au<strong>ch</strong><br />

ihre Aufklärungsarbeit glaubhafter <strong>und</strong> kompetenter<br />

gestalten. Projekte in Mosambik, der<br />

Mongolei <strong>und</strong> anderswo haben Fussballtrainer<br />

erfolgrei<strong>ch</strong> als Multiplikatoren <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsaufklärung<br />

ausgebildet <strong>und</strong> eingesetzt.<br />

Ges<strong>und</strong>heitsförderung dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

körperli<strong>ch</strong>e Bewegung ist kosteneffizient. Allerdings<br />

soll dieser Zusammenhang au<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sländer wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> belegt<br />

werden. Gezielte Studien sollen Auskunft über<br />

die Wirkung auf den allgemeinen Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />

der Bevölkerung <strong>und</strong> auf die Kosten im<br />

Ges<strong>und</strong>heitssektor geben.<br />

Es sollten spezifis<strong>ch</strong>e Programme <strong>für</strong> Gruppen<br />

entwickelt werden, wel<strong>ch</strong>e von vermehrter<br />

körperli<strong>ch</strong>er Aktivität besonders profitieren <strong>und</strong><br />

zu bestehenden Angeboten oft einen ers<strong>ch</strong>werten<br />

Zugang haben, namentli<strong>ch</strong> Frauen <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en, Behinderte <strong>und</strong> Betagte.<br />

Key Messages<br />

Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fördern die körperli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> mentale Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Mangelnde Bewegung ist einer der Hauptrisikofaktoren <strong>für</strong> die weltweit alarmierende<br />

Zunahme an <strong>ch</strong>ronis<strong>ch</strong>en, ni<strong>ch</strong>t infektiösen Krankheiten <strong>und</strong> Todesfällen,<br />

wel<strong>ch</strong>e in zunehmendem Masse au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer betrifft.<br />

Die gezielte Nutzung von Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> ist eine kostengünstige Strategie,<br />

um Ges<strong>und</strong>heitskosten zu sparen <strong>und</strong> die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Produktivität zu fördern.<br />

Gerade deshalb sollen entspre<strong>ch</strong>ende Massnahmen <strong>für</strong> die Regierungen armer<br />

Länder einen wi<strong>ch</strong>tigen Stellenwert einnehmen.<br />

<strong>Sport</strong> bietet eine Plattform, um ges<strong>und</strong>heitsrelevante Informationen zu vermitteln <strong>und</strong><br />

entspre<strong>ch</strong>ende Verhaltensweisen zu thematisieren.<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel lassen si<strong>ch</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> in bestehende Ges<strong>und</strong>heitsangebote integrieren<br />

<strong>und</strong> stärken deren Popularität.<br />

Beim Aufbau von entspre<strong>ch</strong>enden Angeboten in <strong>Entwicklung</strong>sländern soll speziell<br />

darauf gea<strong>ch</strong>tet werden, dass alle Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten, insbesondere die bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

(Frauen, Betagte <strong>und</strong> Behinderte), Zugang haben.<br />

<strong>Sport</strong>persönli<strong>ch</strong>keiten <strong>und</strong> -verbände haben ein wi<strong>ch</strong>tiges Potenzial im Kampf gegen<br />

HIV/Aids. Dieses liegt in der Sensibilisierung, der Wissensvermittlung <strong>und</strong> der<br />

Bekämpfung von Diskriminierung <strong>und</strong> Stigmatisierung von HIV/Aids-Betroffenen.<br />

Der Nutzen von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> vermehrter körperli<strong>ch</strong>er Aktivität <strong>für</strong> die Ges<strong>und</strong>heit<br />

soll dur<strong>ch</strong> wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Studien au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> den Kontext der S<strong>ch</strong>wellen- <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sländer belegt werden.<br />

36


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heit<br />

«Kicking AIDS Out!» – Mit <strong>Sport</strong><br />

gegen Aids<br />

Ort: Europa <strong>und</strong> südli<strong>ch</strong>es Afrika (England, Kanada, Kenia, Namibia, Norwegen,<br />

Südafrika, Tansania, Sambia, Simbabwe)<br />

Zielgruppe: Junge Männer <strong>und</strong> Frauen mit <strong>und</strong> ohne HIV-Infizierung<br />

Organisation: Initiiert wurde das Projekt von der sambis<strong>ch</strong>en Stiftung Edusport.<br />

Mit Unterstützung der staatli<strong>ch</strong>en norwegis<strong>ch</strong>en Agentur <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

(NORAD) entstand aus dem Projekt ein internationales Netzwerk<br />

von insgesamt zwölf Mitgliedorganisationen.<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel erhöhen Ges<strong>und</strong>heit<br />

<strong>und</strong> Integration HIV-infizierter Mens<strong>ch</strong>en.<br />

Au<strong>ch</strong> Präventionsarbeit lässt si<strong>ch</strong><br />

erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> mit wenig Zusatzaufwand<br />

mit <strong>Sport</strong> verbinden. «Kicking<br />

AIDS Out!» zeigt Betroffenen <strong>und</strong><br />

Gefährdeten Wege auf, wie mit der<br />

Krankheit angemessen umgegangen<br />

werden kann.<br />

«Können Moskitos Aids übertragen» Kurzes<br />

S<strong>ch</strong>weigen. Dann ents<strong>ch</strong>eidet si<strong>ch</strong> Lindiwe <strong>für</strong><br />

«FALSCH» <strong>und</strong> springt von einer Fragestation<br />

zur nä<strong>ch</strong>sten. Wird sie zwis<strong>ch</strong>en den zwei Fragestationen<br />

ni<strong>ch</strong>t von einem Spieler der gegneris<strong>ch</strong>en<br />

Manns<strong>ch</strong>aft mit einem Ball getroffen,<br />

errei<strong>ch</strong>t sie na<strong>ch</strong> vier Fragen wieder die Start-<br />

Ziel-Station, <strong>und</strong> ihre Manns<strong>ch</strong>aft erhält einen<br />

Punkt. Antwortet sie fals<strong>ch</strong> oder kann sie dem<br />

Ball ni<strong>ch</strong>t auswei<strong>ch</strong>en, s<strong>ch</strong>eidet sie aus, bis die<br />

zwei Manns<strong>ch</strong>aften die Rollen we<strong>ch</strong>seln.<br />

Mit sol<strong>ch</strong>en sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten verbindet<br />

«Kicking AIDS Out!» Prävention <strong>und</strong> Aufklärung<br />

mit Spiel, Spass <strong>und</strong> körperli<strong>ch</strong>er Bewegung.<br />

Das Netzwerk versteht si<strong>ch</strong> denn au<strong>ch</strong> primär<br />

als Informationsplattform, auf der Spielideen,<br />

Probleme <strong>und</strong> Lösungsansätze ausgetaus<strong>ch</strong>t<br />

<strong>und</strong> diskutiert werden können. Es betreibt Lobbyarbeit<br />

auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen <strong>und</strong> stellt<br />

Unterri<strong>ch</strong>tsmaterialien <strong>für</strong> die Leiter/innen der<br />

lokalen «Kicking AIDS Out!»-Sektionen zusammen.<br />

So ers<strong>ch</strong>ien 2005 zum Beispiel eine<br />

Zusammenstellung von über 70 traditionellen<br />

Spielen aus Sambia.<br />

Für die Spielleiter/innen – 60 Prozent sind junge<br />

Frauen – wurden spezielle Ausbildungsmodule<br />

zusammengestellt, anhand deren sie die<br />

Planung, Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Weitervermittlung<br />

von «Kicking AIDS Out!»-Aktivitäten studieren<br />

können. Darüber hinaus werden die Trainer/innen<br />

zu Fa<strong>ch</strong>personen in Sa<strong>ch</strong>en HIV <strong>und</strong> Aids<br />

ausgebildet – sie sollen in ihrer Funktion zu<br />

Vertrauens- <strong>und</strong> Auskunftspersonen <strong>für</strong> Glei<strong>ch</strong>altrige<br />

<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e werden. Gelegentli<strong>ch</strong> wird<br />

die sportli<strong>ch</strong>e Freizeitgestaltung au<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> Rollenspiele<br />

<strong>und</strong> Theateraufführungen ergänzt.<br />

Der konzeptionelle Rahmen von «Kicking AIDS<br />

Out!» ist breit abgesteckt. Über den <strong>Sport</strong> soll<br />

den Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t nur Aids-spezifis<strong>ch</strong>es<br />

Wissen weitergegeben werden, sondern au<strong>ch</strong><br />

Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein, Körpergefühl,<br />

Respekt gegenüber Mitmens<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Gemeins<strong>ch</strong>aftssinn.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.kickingaidsout.net<br />

37


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden


Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>werte au<strong>ch</strong><br />

in Konfliktsituationen ho<strong>ch</strong>halten:<br />

spielende Waisenkinder in Bagdad<br />

(Irak) während des Irakkriegs.<br />

39


Teil II: Themen & Projekte<br />

Im Spitzensport zählen Beri<strong>ch</strong>te über Gewalt, Hooliganismus <strong>und</strong> Rassismus heute<br />

zum Alltag. Darüber gerät lei<strong>ch</strong>t in Vergessenheit, dass si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong> immer<br />

wieder als Friedensförderer <strong>und</strong> als Brücke <strong>für</strong> den Dialog zwis<strong>ch</strong>en Kulturen <strong>und</strong><br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Gruppierungen beweist.<br />

Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle <strong>und</strong> Rolf S<strong>ch</strong>wery<br />

Dur<strong>ch</strong> Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> Vertrauen<br />

aufbauen: Projekt «<strong>Sport</strong> pour la<br />

Paix» in Côte d’Ivoire.<br />

Die UNO-Blauhelme haben ein Ritual. Wenn<br />

sie in einem Konfliktgebiet ihre Mission antreten,<br />

organisieren sie wenn immer mögli<strong>ch</strong> zuerst<br />

sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten mit der örtli<strong>ch</strong>en Bevölkerung.<br />

Aus Erfahrung wissen sie: Jenseits aller Politik<br />

bietet der <strong>Sport</strong> eine ideale Gelegenheit, um<br />

s<strong>ch</strong>nell <strong>und</strong> unverkrampft mit der Bevölkerung in<br />

Kontakt zu treten. Egal ob beim Fussball, Volleyball<br />

oder anderen Spielen, auf dem <strong>Sport</strong>platz<br />

begegnen si<strong>ch</strong> Friedenstruppen <strong>und</strong> lokale Be-<br />

völkerung gewissermassen auf Augenhöhe –<br />

als glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigte Individuen <strong>und</strong> Partner.<br />

Gemeinsames Spiel markiert so oft den Beginn<br />

eines Prozesses mit dem Ziel, si<strong>ch</strong> gegenseitig<br />

besser kennen zu lernen <strong>und</strong> Spannungen, Vorurteile<br />

<strong>und</strong> Feindbilder auf beiden Seiten abzubauen.<br />

Natürli<strong>ch</strong> kann <strong>Sport</strong> allein in konfliktträ<strong>ch</strong>tigen<br />

Situationen keine langfristig tragfähige<br />

Atmosphäre von gegenseitigem Vertrauen<br />

s<strong>ch</strong>affen. Dazu bedarf es einer ganzen Reihe<br />

von gezielten <strong>und</strong> aufeinander abgestimmten<br />

politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Massnahmen.<br />

Er kann aber als ein Mittel unter anderen einen<br />

wi<strong>ch</strong>tigen Beitrag zu Friedensförderung <strong>und</strong><br />

Konfliktprävention leisten.<br />

Sein erhebli<strong>ch</strong>es Potenzial da<strong>für</strong> bezieht<br />

der <strong>Sport</strong> aus Eigens<strong>ch</strong>aften, die in ihrer<br />

Kombination wohl einzigartig sind:<br />

Die Spra<strong>ch</strong>e des <strong>Sport</strong>s ist einfa<strong>ch</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> alle verständli<strong>ch</strong>. Er kann Mens<strong>ch</strong>en<br />

deshalb über politis<strong>ch</strong>e, spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e, religiöse<br />

<strong>und</strong> kulturelle Grenzen hinweg verbinden.<br />

<strong>Sport</strong> beruht auf Prinzipien wie Fairness,<br />

Respekt <strong>für</strong> den Gegner, Anerkennung von<br />

verbindli<strong>ch</strong>en Regeln <strong>und</strong> Partizipation. Dieselben<br />

Werte sind die Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> jedes<br />

friedli<strong>ch</strong>e Zusammenleben.<br />

40


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />

<strong>Sport</strong> spri<strong>ch</strong>t alle an – arm, rei<strong>ch</strong>,<br />

jung, alt. Er erfüllt das zutiefst<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Bedürfnis na<strong>ch</strong> Spiel<br />

<strong>und</strong> Spass <strong>und</strong> kann wie keine<br />

andere Tätigkeit Mens<strong>ch</strong>en mobilisieren<br />

<strong>und</strong> als Türöffner <strong>für</strong> gemeinsame<br />

Aktivitäten agieren.<br />

<strong>Sport</strong> ist von Natur aus unpolitis<strong>ch</strong>.<br />

Er kann deshalb als eine<br />

unbelastete Plattform <strong>für</strong> Begegnungen<br />

zwis<strong>ch</strong>en Individuen sowie<br />

sozialen <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>en Gruppen<br />

dienen.<br />

«<strong>Sport</strong> kann Begegnungen<br />

auf einem neutralen,<br />

politis<strong>ch</strong> unbelasteten Terrain<br />

ermögli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> so ein Wegbereiter<br />

<strong>für</strong> eine Annäherung <strong>und</strong><br />

Versöhnung zwis<strong>ch</strong>en einstigen<br />

Konfliktparteien sein.»<br />

In der Praxis erweist si<strong>ch</strong> der <strong>Sport</strong> als wirkungsvolles,<br />

wennglei<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> oft fragiles Instrument<br />

der Friedensförderung. Letzteres au<strong>ch</strong> deshalb,<br />

weil bei allen positiven Erfahrungen <strong>Sport</strong><br />

immer Teil einer grösseren gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Realität ist. So besteht gerade in Konfliktsituationen<br />

die Gefahr, dass seine Strukturen <strong>und</strong> Methoden<br />

von politis<strong>ch</strong>en Gruppierungen <strong>für</strong> ihre<br />

Zwecke missbrau<strong>ch</strong>t werden mit negativen Folgen<br />

wie Gewaltanwendung, separatistis<strong>ch</strong>en<br />

Bestrebungen, Nationalismus <strong>und</strong> Rassismus.<br />

Tatsa<strong>ch</strong>e ist, dass <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel einen Wert an<br />

si<strong>ch</strong> haben. Fest steht aber ebenso, dass sie ihr<br />

ganzes Potenzial im Berei<strong>ch</strong> der Konfliktprävention<br />

<strong>und</strong> -bewältigung insbesondere dann voll<br />

entfalten können, wenn dieses im Rahmen von<br />

<strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Friedensprojekten explizit gefördert,<br />

gezielt <strong>und</strong> kompetent vermittelt sowie<br />

in eine auf den spezifis<strong>ch</strong>en Kontext zuges<strong>ch</strong>nittene<br />

Gesamtstrategie eingebettet wird.<br />

Ist dies der Fall, kann der <strong>Sport</strong> auf vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Ebenen <strong>und</strong> in diversen Kontexten eine<br />

friedensfördernde Rolle spielen.<br />

<strong>Sport</strong> als Mittel der Konfliktbewältigung<br />

<strong>und</strong> der Identitätsstiftung<br />

Als in Ruanda na<strong>ch</strong> mehrjährigem Bürgerkrieg<br />

1994 die Waffen wieder s<strong>ch</strong>wiegen, fanden<br />

die ersten Kontakte zwis<strong>ch</strong>en den einstigen Konfliktparteien<br />

auf dem <strong>Sport</strong>platz statt. Dasselbe<br />

ges<strong>ch</strong>ah auf dem Balkan na<strong>ch</strong> dem Zerfall des<br />

jugoslawis<strong>ch</strong>en Staates.<br />

vor allem au<strong>ch</strong> erste Begegnungen auf einem<br />

neutralen, politis<strong>ch</strong> unbelasteten Terrain ermögli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> damit ein Wegbereiter <strong>für</strong> den<br />

s<strong>ch</strong>wierigen Prozess der Annäherung <strong>und</strong> Versöhnung<br />

zwis<strong>ch</strong>en einstmals verfeindeten Gruppen<br />

sein.<br />

Erfahrungsgemäss sind <strong>Sport</strong>programme zum<br />

Abbau von Spannungen auf der gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Ebene besonders wirkungsvoll, da sie die<br />

betroffenen Mens<strong>ch</strong>en direkt anspre<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

einbeziehen. <strong>Sport</strong> bietet hier eine ideale Plattform<br />

<strong>für</strong> die Sensibilisierung <strong>und</strong> die Aufnahme<br />

von konfliktrelevanten Themen.<br />

Aber au<strong>ch</strong> im nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

Kontext hat der <strong>Sport</strong> als Vermittler <strong>und</strong> Brückenbauer<br />

eine Rolle.<br />

In der Vergangenheit hat er in vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Ländern einen Beitrag zur Überwindung von<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Spaltungen <strong>und</strong> zur Bildung<br />

einer nationalen Identität geleistet. Trotz gelegentli<strong>ch</strong>er<br />

Gewaltausbrü<strong>ch</strong>e hat beispielsweise<br />

der Fussball in vers<strong>ch</strong>iedenen afrikanis<strong>ch</strong>en<br />

Staaten wie Eritrea, Zimbabwe, Malawi oder<br />

Nigeria die nationale Einheit gestärkt. Der Sieg<br />

Ni<strong>ch</strong>t zufällig – denn na<strong>ch</strong> gewaltsamen Konflikten<br />

kann der <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t nur dringend benötigte<br />

Momente der Ablenkung bieten. Er kann<br />

41


Teil II: Themen & Projekte<br />

der deuts<strong>ch</strong>en Fussballer über Ungarn an den<br />

Weltmeisters<strong>ch</strong>aften 1954 hat einer ganzen<br />

Nation na<strong>ch</strong> den verheerenden Erfahrungen<br />

des Zweiten Weltkriegs wieder Selbstvertrauen<br />

gegeben.<br />

Auf der internationalen Ebene hat der <strong>Sport</strong> vers<strong>ch</strong>iedentli<strong>ch</strong><br />

ges<strong>ch</strong>afft, was der Politik versagt<br />

blieb. In den 70er-Jahren nutzten die beiden<br />

Grossmä<strong>ch</strong>te USA <strong>und</strong> China Tis<strong>ch</strong>tenniswettbewerbe,<br />

um ihre auf einem Tiefpunkt angelangten<br />

Beziehungen wieder zu beleben – ein<br />

Vorgang, der bis heute unter dem Begriff «Ping-<br />

Pong-Diplomatie» bekannt ist. Die Fussball-WM<br />

von 2002, die von Südkorea <strong>und</strong> Japan gemeinsam<br />

dur<strong>ch</strong>geführt wurde, hat zwei Länder<br />

zusammengeführt, wel<strong>ch</strong>e über Jahrzehnte im<br />

Konflikt standen. Und au<strong>ch</strong> das olympis<strong>ch</strong>e<br />

Dorf ist seit langem ein Symbol <strong>für</strong> den Völker<br />

verbindenden Geist des <strong>Sport</strong>s.<br />

<strong>Sport</strong> als «Trainingscamp<br />

der Demokratie»<br />

Die wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> grösste Wirkung als Instrument<br />

der Friedensförderung hat der <strong>Sport</strong> auf<br />

der lokalen Ebene – im Rahmen der Erziehung<br />

von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en. Indem er gr<strong>und</strong>legende<br />

soziale Werte wie Toleranz, Teamwork,<br />

Fairness <strong>und</strong> einen konstruktiven Umgang<br />

mit Konflikten lehrt, trägt er zu einer auf fried-<br />

«Indem er gr<strong>und</strong>legende<br />

soziale Werte wie Toleranz,<br />

Teamwork, Fairness <strong>und</strong><br />

einen konstruktiven Umgang<br />

mit Konflikten lehrt,<br />

trägt der <strong>Sport</strong> zu einer auf<br />

friedli<strong>ch</strong>en Werten ruhenden<br />

Kultur bei.»<br />

li<strong>ch</strong>en Werten ruhenden Kultur bei <strong>und</strong> stärkt so<br />

au<strong>ch</strong> die zivilen Strukturen. In diesem Sinn ist er<br />

eine Art Trainingscamp <strong>für</strong> die Demokratie.<br />

Die Faszination einer Gruppenidentität – wel<strong>ch</strong>e<br />

von Sekten, re<strong>ch</strong>tsextremen Verbänden,<br />

geheimbündleris<strong>ch</strong>en Vereinigungen gezielt<br />

missbrau<strong>ch</strong>t wird – kann mittels <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel<br />

au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> eine Ethik der sozialen Verantwortung<br />

genutzt werden:<br />

Rituale s<strong>ch</strong>affen Si<strong>ch</strong>erheit, Zugehörigkeit,<br />

Verbindung <strong>und</strong> Identität: Sie können au<strong>ch</strong> neben<br />

dem Spielfeld handlungsanleitend wirken.<br />

Das Training von Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten<br />

fördert den Selbstwert <strong>und</strong> ist identitätsstiftend.<br />

Im <strong>Sport</strong> kann Selbstwirksamkeit (self-efficacy)<br />

si<strong>ch</strong>tbar gema<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> die Erfahrung von Sinn<br />

<strong>und</strong> Kohärenzempfinden ermögli<strong>ch</strong>t werden.<br />

Zu den zentralen sozialen Fertigkeiten zählt der<br />

Umgang mit Aggressionen. Im <strong>Sport</strong> ist Aggressivität<br />

si<strong>ch</strong>tbar <strong>und</strong> deshalb au<strong>ch</strong> gut thematisierbar.<br />

Ein dosierter Umgang mit Aggressivität<br />

gehört zu den Lebensgestaltungskompetenzen<br />

von Kindern <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>en.<br />

Aggressivität wird dur<strong>ch</strong> den <strong>Sport</strong> mobilisiert,<br />

kanalisiert <strong>und</strong> reguliert.<br />

<strong>Sport</strong> bietet si<strong>ch</strong> an als Lernfeld <strong>für</strong> ein friedli<strong>ch</strong>es<br />

Mit- <strong>und</strong> Gegeneinander: Verhaltens<strong>und</strong><br />

Spielregeln bestimmen die Grenzen<br />

zwis<strong>ch</strong>en vereinbarter Aggressivität <strong>und</strong><br />

unerwüns<strong>ch</strong>ter Gewalt. Ein konstruktiver<br />

Umgang mit Regelverstössen bzw. Konflikten<br />

lässt si<strong>ch</strong> exemplaris<strong>ch</strong> üben.<br />

Diese Fähigkeiten des <strong>Sport</strong>s werden<br />

gezielt au<strong>ch</strong> bei der Resozialisierung<br />

von Opfern von bewaffneten Konflikten<br />

genutzt. So etwa in Programmen <strong>für</strong> die<br />

Wiederintegration von Kindersoldaten in<br />

die Gesells<strong>ch</strong>aft. <strong>Sport</strong> hat si<strong>ch</strong> hier als eines<br />

der wirksamsten Mittel erwiesen, um diese<br />

42


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />

überhaupt zu errei<strong>ch</strong>en – die wi<strong>ch</strong>tigste Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> eine Betreuung im Rahmen von<br />

psy<strong>ch</strong>osozialen Programmen. Glei<strong>ch</strong>zeitig ist es<br />

ein Lern- <strong>und</strong> Erlebnisfeld, in dem die einstigen<br />

Soldaten neue soziale Verhaltensformen <strong>und</strong><br />

Verantwortungsprinzipien lernen können.<br />

Ähnli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern: <strong>Sport</strong> bietet<br />

<strong>für</strong> die Bewohner ni<strong>ch</strong>t nur Ablenkung <strong>und</strong><br />

willkommene Tagesstrukturen in einem ereignisarmen<br />

Alltag, sondern au<strong>ch</strong> eine Mögli<strong>ch</strong>keit,<br />

Aggressionen kontrolliert abzubauen. Gerade<br />

in diesem Umfeld kommt dem <strong>Sport</strong> ausserdem<br />

eine grosse Bedeutung als Mittel zur Verarbeitung<br />

von Traumata zu.<br />

Zahlrei<strong>ch</strong>e innovative<br />

Beispiele weltweit<br />

Inzwis<strong>ch</strong>en gibt es weltweit zahlrei<strong>ch</strong>e Beispiele,<br />

in denen <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Friedensförderung<br />

genutzt wird.<br />

Im von Bürgerkriegen zerrissenen westafrikanis<strong>ch</strong>en<br />

Land Côte d’Ivoire setzt das Projekt<br />

«<strong>Sport</strong> pour la Paix» auf die verbindende Kraft<br />

von Spiel <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>, um einstmals verfeindete<br />

ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Gruppen zusammenzubringen,<br />

das gegenseitige Misstrauen<br />

abzubauen <strong>und</strong> einen Beitrag zum Aufbau<br />

von tragfähigen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Strukturen<br />

zu leisten.<br />

In Bur<strong>und</strong>i, Uganda, Sierra Leone <strong>und</strong> Liberia<br />

lernen ehemalige Kindersoldaten mit Hilfe<br />

von <strong>Sport</strong>programmen, ihre traumatis<strong>ch</strong>en Erfahrungen<br />

zu verarbeiten <strong>und</strong> wieder Kinder zu<br />

sein, ihre Aggressionen konstruktiv auszuleben<br />

<strong>und</strong> ein Gefühl der Zugehörigkeit zu entwickeln.<br />

Ziel ist es, sie endgültig zu demobilisieren <strong>und</strong><br />

wieder in die Gesells<strong>ch</strong>aft zu integrieren.<br />

In Bosnien <strong>und</strong> Herzegowina, Mazedonien,<br />

Serbien <strong>und</strong> Montenegro treffen si<strong>ch</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> Jungen aus vers<strong>ch</strong>iedenen ethnis<strong>ch</strong>en<br />

Gruppen in den «Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools».<br />

Beim gemeinsamen Ballspiel kommen sie si<strong>ch</strong><br />

näher <strong>und</strong> lernen so, si<strong>ch</strong> besser zu verstehen<br />

<strong>und</strong> kulturelle Barrieren zu überwinden. Inzwis<strong>ch</strong>en<br />

haben über 70 000 Kinder zwis<strong>ch</strong>en 8<br />

<strong>und</strong> 12 Jahren Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools besu<strong>ch</strong>t.<br />

In Flü<strong>ch</strong>tlingslagern in Aserbaids<strong>ch</strong>an werden<br />

im Rahmen des Projekts <strong>Sport</strong>Works begleitete<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten angeboten. Den von Gewalt<br />

<strong>und</strong> Kriegen geprägten Flü<strong>ch</strong>tlingen sollen<br />

Hoffnung <strong>und</strong> Ablenkung gegeben werden, um<br />

die traumatis<strong>ch</strong>en Erlebnisse besser zu bewältigen.<br />

Zur Unterstützung der IKRK-Kampagne<br />

«S<strong>ch</strong>ützt Kinder im Krieg» hat der Europäis<strong>ch</strong>e<br />

Fussballverband (UEFA) die Europameisters<strong>ch</strong>aften<br />

in Portugal 2004 – das drittgrösste<br />

Medienereignis der Welt – als Plattform angeboten.<br />

Den zahlrei<strong>ch</strong>en positiven Beispielen stehen<br />

au<strong>ch</strong> negative Erfahrungen gegenüber, in denen<br />

<strong>Sport</strong> – insbesondere Spitzensport – Konflikte<br />

begünstigt oder gar ausgelöst hat.<br />

So sind fanatis<strong>ch</strong>e Fanclubs ein fru<strong>ch</strong>tbares<br />

Akquisitionsfeld <strong>für</strong> radikale politis<strong>ch</strong>e Gruppierungen.<br />

Der Konflikt von 1970 zwis<strong>ch</strong>en<br />

El Salvador <strong>und</strong> Guatemala wurde dur<strong>ch</strong> ein<br />

Fussballspiel zusätzli<strong>ch</strong> angeheizt <strong>und</strong> ging<br />

als «Fussballkrieg» in die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te ein. Ein<br />

unrühmli<strong>ch</strong>es Beispiel ist au<strong>ch</strong> der Fanclub des<br />

serbis<strong>ch</strong>en Vereins Roter Stern Belgrad, «Delje»,<br />

wel<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> im Balkankonflikt als ge<strong>für</strong><strong>ch</strong>teter<br />

S<strong>ch</strong>lägertrupp einen Namen ma<strong>ch</strong>te.<br />

Das Potenzial des <strong>Sport</strong>s wird aber insbesondere<br />

gefährdet dur<strong>ch</strong> die versteckte Gewalt im<br />

Hintergr<strong>und</strong>: sexuelle Übergriffe, Rassismus <strong>und</strong><br />

militäris<strong>ch</strong>e Trainingsmethoden.<br />

Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte<br />

Damit der <strong>Sport</strong> sein positives Potenzial <strong>für</strong> die<br />

Überwindung von kulturellen Barrieren <strong>und</strong> die<br />

Friedensförderung einbringen kann, müssen<br />

vers<strong>ch</strong>iedene Voraussetzungen erfüllt sein. Aus<br />

43


Teil II: Themen & Projekte<br />

heutiger Perspektive s<strong>ch</strong>einen folgende Faktoren<br />

ents<strong>ch</strong>eidend:<br />

Einbettung – <strong>Sport</strong> sollte ni<strong>ch</strong>t isoliert betra<strong>ch</strong>tet,<br />

sondern als Instrument in übergreifende<br />

Friedensförderungs- oder Community-Building-Programme<br />

integriert werden.<br />

Zusammenarbeit – Wi<strong>ch</strong>tige lokale Akteure<br />

wie Community-Leaders <strong>und</strong> Rollenvorbilder<br />

(lokale <strong>Sport</strong>ler, kulturelle <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>e Idole<br />

usw.) sollten in die Projekte einbezogen werden,<br />

um die lokale Verankerung <strong>und</strong> Legitimation zu<br />

si<strong>ch</strong>ern.<br />

Anleitung – <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel müssen von da<strong>für</strong><br />

ausgebildeten Personen angeleitet werden.<br />

Sie müssen in der Lage sein, mit Themen wie<br />

Aggressivität umzugehen. Zudem sollten sie da<strong>für</strong><br />

sorgen, dass niemand ausges<strong>ch</strong>lossen wird.<br />

S<strong>ch</strong>wä<strong>ch</strong>ere <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en sind besonders zu<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />

Ma<strong>ch</strong>barkeit – Der <strong>Sport</strong> ist ein wirkungsvolles,<br />

dabei aber au<strong>ch</strong> begrenztes Mittel, das ni<strong>ch</strong>t<br />

überfra<strong>ch</strong>tet werden sollte. Er kann in Konfliktlagen<br />

wieder Bewegung in erstarrte Situationen<br />

bringen <strong>und</strong> als Türöffner <strong>für</strong> weitergehende<br />

Aktionen dienen. Auf si<strong>ch</strong> allein gestellt, muss er<br />

als Friedensinstrument aber versagen.<br />

Key Messages<br />

In Verbindung mit aufeinander abgestimmten politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Massnahmen kann der <strong>Sport</strong> ents<strong>ch</strong>eidend zur Friedensförderung <strong>und</strong> Konfliktbewältigung<br />

beitragen.<br />

Auf si<strong>ch</strong> allein gestellt, muss der <strong>Sport</strong> als Friedensinstrument versagen.<br />

Mit seiner einfa<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e, den Prinzipien Fairness, Respekt <strong>und</strong> Teamwork <strong>und</strong><br />

seinem unpolitis<strong>ch</strong>en Charakter ist der <strong>Sport</strong> ein mögli<strong>ch</strong>er Wegweiser aus s<strong>ch</strong>einbar<br />

ausweglosen Konfliktsituationen.<br />

Der <strong>Sport</strong> fördert den kontrollierten Umgang mit Aggressivität, indem er diese mobilisiert,<br />

kanalisiert <strong>und</strong> reguliert.<br />

In ereignisarmen Alltagssituationen befriedigt der <strong>Sport</strong> das mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>bedürfnis<br />

na<strong>ch</strong> Abwe<strong>ch</strong>slung, Spiel <strong>und</strong> Unterhaltung.<br />

Der <strong>Sport</strong> läuft stets Gefahr, politis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> religiös vereinnahmt zu werden. Nur<br />

auf neutralem Terrain <strong>und</strong> offen gegenüber allen Bevölkerungsgruppen kann er<br />

seine konfliktpräventive <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftsstabilisierende Wirkung entfalten.<br />

44


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />

«Game4Change» – Spielend<br />

Konflikte überwinden<br />

Ort: Indien (u. a. Anakapalli, Bangalore, Halol, Nagpur, New Delhi)<br />

Zielgruppe: Muslimis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> hinduistis<strong>ch</strong>e Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene<br />

Organisation: Initiiert wurde das Projekt von lokalen Basisorganisationen.<br />

Heute wird es von der National Youth Fo<strong>und</strong>ation, der Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA) <strong>und</strong> zehn weiteren Organisationen getragen.<br />

In ganz Indien werden <strong>Sport</strong>turniere<br />

veranstaltet, in denen gemis<strong>ch</strong>te Muslim-<br />

<strong>und</strong> Hindu-Manns<strong>ch</strong>aften gegeneinander<br />

antreten. Dur<strong>ch</strong> sie kommen<br />

si<strong>ch</strong> Hindu <strong>und</strong> Muslime sowohl auf<br />

dem Spielfeld als au<strong>ch</strong> auf der Zus<strong>ch</strong>auertribüne<br />

wieder näher, na<strong>ch</strong>dem sie<br />

2002 wiederholt <strong>und</strong> gewalttätig aneinander<br />

geraten waren.<br />

Seit 1988 kam es im indis<strong>ch</strong>en B<strong>und</strong>esstaat Gujarat<br />

regelmässig zu gewaltsam ausgetragenen<br />

Konflikten zwis<strong>ch</strong>en der hinduistis<strong>ch</strong>en Mehrheit<br />

<strong>und</strong> der muslimis<strong>ch</strong>en Minderheit. Im Februar<br />

2002 eskalierten diese <strong>und</strong> forderten bis Ende<br />

Jahr über 850 Todesopfer.<br />

Um die Spirale der Gewalt zu dur<strong>ch</strong>bre<strong>ch</strong>en,<br />

gründeten 2003 lokale Organisationen den<br />

Jagruti Trust. Respekt <strong>und</strong> Vertrauen als Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> Stabilität <strong>und</strong> Si<strong>ch</strong>erheit sollten insbesondere<br />

unter den Jugendli<strong>ch</strong>en wiederhergestellt<br />

werden. Zu diesem Zweck organisierte der<br />

Jagruti Trust im Januar 2003 ein «Cricket for<br />

Peace»-Turnier, an dem zwölf Teams teilnahmen<br />

<strong>und</strong> dessen Endspiel von r<strong>und</strong> 2000 Zus<strong>ch</strong>auern<br />

verfolgt wurde. Die Teams, die si<strong>ch</strong> aus<br />

elf Spielern zusammensetzten, mussten dabei<br />

immer mindestens je fünf Muslime <strong>und</strong> Hindus<br />

umfassen. Der Kapitän <strong>und</strong> sein Vize durften zudem<br />

ni<strong>ch</strong>t der glei<strong>ch</strong>en Religionsgemeins<strong>ch</strong>aft<br />

angehören.<br />

Was 2003 klein begann, entwickelte si<strong>ch</strong> 2004<br />

zum Grossanlass, <strong>und</strong> zwar in mehrfa<strong>ch</strong>er Hinsi<strong>ch</strong>t:<br />

So wu<strong>ch</strong>s am Jagruti Cup 2004 die Zahl<br />

der teilnehmenden Teams von 12 auf 35 an.<br />

Neu waren au<strong>ch</strong> die Frauen mit drei Teams präsent,<br />

na<strong>ch</strong>dem sie si<strong>ch</strong> ein Jahr zuvor ledigli<strong>ch</strong><br />

an den Eröffnungszeremonien beteiligen konnten.<br />

Insgesamt füllten 40000 Mens<strong>ch</strong>en die Zus<strong>ch</strong>auertribünen,<br />

auf denen nun au<strong>ch</strong> indis<strong>ch</strong>e<br />

Cricket-Stars zu sehen waren. Das Turnier entwickelte<br />

si<strong>ch</strong> zu einem Volksfest, wo zusammen<br />

gebetet, gewonnen <strong>und</strong> verloren wurde <strong>und</strong> wo<br />

die Idee des Friedens aktiv mit T-Shirts, Flyer,<br />

Zeremonien <strong>und</strong> Informationsständen gefördert<br />

wurde.<br />

Aus «Cricket for Peace» wird<br />

«Game4Change»<br />

Der grosse Erfolg veranlasste die Organisatoren,<br />

den geografis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> konzeptionellen<br />

Rahmen der <strong>Sport</strong>anlässe auszudehnen: So<br />

werden heute <strong>Sport</strong>veranstaltungen in vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Landesteilen dur<strong>ch</strong>geführt. An diesen<br />

neu benannten «Game4Change»-Anlässen<br />

können si<strong>ch</strong> Frauen <strong>und</strong> Männer jetzt ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

nur beim Cricket messen, sondern au<strong>ch</strong> in zahlrei<strong>ch</strong>en<br />

anderen meist regionalen <strong>und</strong> ethnospezifis<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Sport</strong>arten wie Kabbadi, Kho-Kho,<br />

Carrom oder Teer-Kamta. Zudem werden die<br />

Spiele ni<strong>ch</strong>t mehr allein mit der Friedensförderung<br />

verknüpft; sie bringen neu au<strong>ch</strong> Themen<br />

wie Ges<strong>und</strong>heit, Erziehung <strong>und</strong> Wasser zur<br />

Spra<strong>ch</strong>e.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.game4<strong>ch</strong>ange.org<br />

45


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender


<strong>Sport</strong> als Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>t:<br />

Afghanis<strong>ch</strong>e Lei<strong>ch</strong>tathletinnen<br />

nehmen kurz na<strong>ch</strong> dem Sturz<br />

des Taliban-Regimes an den<br />

«Spielen <strong>für</strong> Muslimis<strong>ch</strong>e Frauen»<br />

in Teheran (Iran) teil.<br />

47


Teil II: Themen & Projekte<br />

Die Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> die Förderung der Selbstbestimmung<br />

(Empowerment) von Frauen gehören zu den gr<strong>und</strong>legenden Zielen der<br />

<strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit. <strong>Sport</strong> kann viel zu ihrer Errei<strong>ch</strong>ung beitragen,<br />

wobei si<strong>ch</strong> das Hauptanliegen in den letzten Jahren verlagert hat: von «Gender-<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>» zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung». Heutige Initiativen<br />

im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> zielen deshalb ni<strong>ch</strong>t mehr nur auf die vermehrte<br />

Beteiligung von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en im <strong>Sport</strong>, sondern auf ihre Glei<strong>ch</strong>stellung.<br />

Annemarie Sancar <strong>und</strong> Charlie Sever<br />

«Der <strong>Sport</strong> kann<br />

einen Raum bieten,<br />

wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />

neu verhandelt<br />

statt weiterzementiert<br />

werden.»<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> hat ni<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t nur die<br />

Förderung des körperli<strong>ch</strong>en Wohlbefindens im<br />

Auge, sondern ist ein Mittel zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung<br />

von weiter gefassten Zielen wie Frieden oder<br />

die <strong>Entwicklung</strong> von Gemeinwesen (community<br />

development). <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>institutionen sind<br />

heute tendenziell auf die Interessen von Männern<br />

ausgeri<strong>ch</strong>tet, während die oft anders gearteten<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Lebensverhältnisse von<br />

Frauen wenig Bea<strong>ch</strong>tung finden. Als Folge hinkt<br />

die Beteiligung der Frauen am <strong>Sport</strong> in allen<br />

Ländern <strong>und</strong> Regionen der Welt<br />

weit hinter jener der Männer her.<br />

Ein Hauptziel ist daher die<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen<br />

<strong>und</strong> Männern in <strong>Sport</strong>projekten.<br />

Um Letztere besser<br />

auf die besonderen Bedürfnisse<br />

von Frauen <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en (<strong>und</strong> bestimmten<br />

Gruppen von Männern) zuzus<strong>ch</strong>neiden,<br />

müssen die spezifis<strong>ch</strong>en<br />

Randbedingungen <strong>und</strong><br />

Eins<strong>ch</strong>ränkungen berücksi<strong>ch</strong>tigt werden,<br />

mit denen sie konfrontiert sind.<br />

Gegen ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>e Ausgrenzung im<br />

<strong>Sport</strong> vorzugehen, heisst also ni<strong>ch</strong>t bloss, «Frauen<br />

<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en mitspielen zu lassen». Vielmehr<br />

geht es darum, die besonderen Hindernisse <strong>und</strong><br />

Barrieren zu verstehen <strong>und</strong> si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> einen glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigten<br />

Zugang <strong>und</strong> eine sinnvolle Teilhabe<br />

von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en an <strong>Sport</strong>projekten einzusetzen.<br />

Beteiligung von Mäd<strong>ch</strong>en in<br />

<strong>Sport</strong>projekten in Côte d’Ivoire <strong>und</strong><br />

in Kenia<br />

Ein Programm in Côte d’Ivoire tut genau das.<br />

«<strong>Sport</strong> pour la Paix» («<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden») wurde<br />

im Oktober 2003 lanciert. Über 1600 junge<br />

Mens<strong>ch</strong>en haben seither daran teilgenommen,<br />

ein Drittel davon Mäd<strong>ch</strong>en. Das Projekt ist Teil<br />

des Versöhnungsprozesses na<strong>ch</strong> Jahren religiöser<br />

<strong>und</strong> ethnis<strong>ch</strong>er Konflikte. Es vereint Leute<br />

aus vers<strong>ch</strong>iedenen ethnis<strong>ch</strong>en, politis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

religiösen Gruppen, die über wenig oder keine<br />

formale Bildung verfügen. Sie treffen si<strong>ch</strong> in den<br />

Städten Guiglo, Man <strong>und</strong> Duékoué regelmässig<br />

zwei bis drei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e im Freien zum<br />

Training.<br />

Um Mäd<strong>ch</strong>en den Einstieg ins Programm zu erlei<strong>ch</strong>tern,<br />

wird statt mit trockenen Übungen mit<br />

Musik <strong>und</strong> Tanz aufgewärmt. Zusätzli<strong>ch</strong> müssen<br />

Mäd<strong>ch</strong>en einen Teil der «peer leaders» stellen,<br />

die si<strong>ch</strong> um die übrigen Gruppenmitglieder<br />

kümmern. Die Präsidentin des ivoris<strong>ch</strong>en «Frau-<br />

48


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />

Erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte berücksi<strong>ch</strong>tigen<br />

die spezifis<strong>ch</strong>en körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

sozialen Bedingungen von Mäd<strong>ch</strong>en:<br />

<strong>Sport</strong>projekt <strong>für</strong> Mäd<strong>ch</strong>en der Mathare<br />

Youth <strong>Sport</strong>s Association (Mysa) in<br />

Nairobi, Kenia.<br />

enparlaments» – einer zur Friedensbewegung<br />

gehörenden Gruppe von 3000 Frauen – hat<br />

si<strong>ch</strong> auf hoher Ebene <strong>für</strong> das Programm eingesetzt<br />

<strong>und</strong> viel dazu beigetragen, es besser auf<br />

die Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terglei<strong>ch</strong>stellung auszuri<strong>ch</strong>ten.<br />

Ein anderes Beispiel ist das <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprogramm<br />

im Stadtteil Mathare, einem<br />

Armenviertel in Nairobi (Kenia). Es wird von<br />

der Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association (MYSA)<br />

betrieben, die 1987 mit dem Ziel gegründet<br />

wurde, <strong>Sport</strong>, Jugendentwicklung <strong>und</strong> Engagement<br />

<strong>für</strong> Umweltanliegen miteinander zu kombinieren.<br />

Heute verbindet die Organisation ein<br />

Fussballprogramm mit einem Projekt zur HIV/<br />

Aids-Aufklärung sowie vers<strong>ch</strong>iedenen anderen<br />

gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Diensten (z. B. Kehri<strong>ch</strong>tabfuhr)<br />

<strong>und</strong> Bildungsangeboten.<br />

MYSA hat mit ihren Mäd<strong>ch</strong>enprojekten ni<strong>ch</strong>t einfa<strong>ch</strong><br />

die bisherigen, auf Jungen ausgeri<strong>ch</strong>teten<br />

Programme umgemünzt, sondern eigens neue<br />

Projekte entwickelt. Sie berücksi<strong>ch</strong>tigen die spezifis<strong>ch</strong>en<br />

körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> sozialen Bedingungen<br />

<strong>und</strong> Eins<strong>ch</strong>ränkungen, denen si<strong>ch</strong> viele der Mäd<strong>ch</strong>en<br />

in Mathare gegenübersehen. Um in der<br />

Bevölkerung <strong>und</strong> besonders au<strong>ch</strong> bei den Eltern<br />

Unterstützung <strong>für</strong> das Projekt zu gewinnen, besu<strong>ch</strong>ten<br />

MYSA-Vertreter/innen die Mäd<strong>ch</strong>en zu<br />

Hause, führten Gesprä<strong>ch</strong>e mit den Vätern <strong>und</strong><br />

Müttern <strong>und</strong> bezogen sie ins Projekt ein.<br />

Von «Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>»<br />

zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung»<br />

Die Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern<br />

ist ein gr<strong>und</strong>legendes Ziel der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

<strong>und</strong> ein allgemein anerkanntes<br />

ziviles, kulturelles, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es, politis<strong>ch</strong>es<br />

<strong>und</strong> soziales Gr<strong>und</strong>re<strong>ch</strong>t. Frauen nehmen weltweit<br />

weniger an <strong>Sport</strong>aktivitäten teil als Männer<br />

<strong>und</strong> sind au<strong>ch</strong> in den Ents<strong>ch</strong>eidungsgremien von<br />

<strong>Sport</strong>institutionen deutli<strong>ch</strong> unterrepräsentiert.<br />

Eine höhere Frauenbeteiligung im <strong>Sport</strong> muss<br />

daher ein Hauptanliegen von Programmen<br />

im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> sein. In den<br />

vergangenen Jahren hat si<strong>ch</strong> der S<strong>ch</strong>werpunkt<br />

der Anstrengungen allerdings von «Gender-<br />

49


Teil II: Themen & Projekte<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung im <strong>Sport</strong>» zu «<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Gender-<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung» verlagert. Heutige Programme<br />

<strong>und</strong> Projekte begnügen si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t mehr damit,<br />

ledigli<strong>ch</strong> die Beteiligung von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

zu fördern, sondern zielen auf eine Glei<strong>ch</strong>stellung<br />

von Frauen <strong>und</strong> Männern ab.<br />

<strong>Sport</strong> kann auf vielfältige Weise dazu beitragen,<br />

weiter gefasste Glei<strong>ch</strong>stellungsziele wie<br />

etwa die Stärkung von Re<strong>ch</strong>ten <strong>und</strong> Selbstbestimmungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

zu errei<strong>ch</strong>en.<br />

<strong>Sport</strong> kann Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en Zugang zu<br />

öffentli<strong>ch</strong>en Räumen vers<strong>ch</strong>affen, wo sie si<strong>ch</strong> treffen<br />

können, um zusammen zu lernen, si<strong>ch</strong> gegenseitig<br />

zu unterstützen, <strong>und</strong> wo sie ihre Ausdrucks<strong>und</strong><br />

Bewegungsfreiheit geniessen können.<br />

Für das Empowerment von Frauen wi<strong>ch</strong>tige<br />

Eigens<strong>ch</strong>aften wie Bildung, Kommunikationfähigkeit,<br />

Verhandlungsges<strong>ch</strong>ick <strong>und</strong> Führungsqualitäten<br />

können dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> gefördert werden.<br />

<strong>Sport</strong> kann das Selbstwertgefühl von Frauen<br />

<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en sowie das Bewusstsein da<strong>für</strong> stärken,<br />

dass ihr Körper ihnen selbst gehört. Das trägt<br />

dazu bei, dass sie selbstständiger über ihr eigenes<br />

Leben – insbesondere au<strong>ch</strong> über ihr Sexualleben –<br />

bestimmen können. <strong>Sport</strong> kann ausserdem als<br />

Plattform genutzt werden, um Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />

über Sexual- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsthemen zu informieren.<br />

Dies ist besonders <strong>für</strong> junge, unverheiratete<br />

Frauen wi<strong>ch</strong>tig, da sie oft anderweitig keinen<br />

Zugang zu derartigen Informationen haben.<br />

Wegen seiner Beliebtheit <strong>und</strong> seiner Fähigkeit,<br />

Mens<strong>ch</strong>en zusammenzubringen, ist <strong>Sport</strong> ein guter<br />

Türöffner <strong>für</strong> die Beteiligung von Frauen <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en an anderen <strong>Entwicklung</strong>saktivitäten.<br />

Hindernisse verstehen <strong>und</strong> überwinden<br />

<strong>Sport</strong> ist ein sozialer Prozess, in dem kulturelle<br />

Konstruktionen von Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit<br />

eine S<strong>ch</strong>lüsselrolle spielen.<br />

<strong>Sport</strong> wird traditionellerweise mit Werten<br />

der «Männli<strong>ch</strong>keit» assoziiert. In vielen Gesells<strong>ch</strong>aften<br />

gehört es si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

ni<strong>ch</strong>t, <strong>Sport</strong> zu treiben. Jene, die es trotzdem<br />

tun, laufen Gefahr, als «maskulin» wahrgenommen<br />

zu werden. Umgekehrt gelten Männer, die<br />

keinen <strong>Sport</strong> treiben oder kein Talent da<strong>für</strong> haben,<br />

oft als «unmännli<strong>ch</strong>». Die Definitionen von<br />

Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit sind allerdings<br />

alles andere als statis<strong>ch</strong>, <strong>und</strong> der <strong>Sport</strong> könnte<br />

einen Raum bieten, wo Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen neu<br />

verhandelt statt weiterzementiert werden.<br />

In man<strong>ch</strong>en Regionen der Welt wird es als<br />

stossend empf<strong>und</strong>en, wenn Frauen in der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />

ihren Körper zeigen oder selbstsi<strong>ch</strong>er<br />

auftreten. Im Zusammenhang mit der<br />

Beteiligung an <strong>Sport</strong>programmen sind Frauen<br />

unter Umständen körperli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> verbalen Belästigungen<br />

oder anderen Unannehmli<strong>ch</strong>keiten<br />

besonders stark ausgesetzt.<br />

<strong>Sport</strong> ist mit einer Reihe von kulturell bedingten<br />

Vorstellungen über «Arbeit» <strong>und</strong> «Freizeit»<br />

verb<strong>und</strong>en – Kategorien, die von Männern<br />

<strong>und</strong> Frauen oft unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong> erlebt <strong>und</strong><br />

gelebt werden. «Reproduktive» Tätigkeiten wie<br />

die Pflege von kranken <strong>und</strong> alten Mens<strong>ch</strong>en,<br />

das Aufziehen von Kindern oder Arbeiten im<br />

Haus, die immer no<strong>ch</strong> vorwiegend von Frauen<br />

<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en ausgeführt werden, sind im Allgemeinen<br />

weder sozial no<strong>ch</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> als<br />

«Arbeit» anerkannt. «Produktive» Tätigkeiten,<br />

die ausserhalb des Hauses ausgeübt <strong>und</strong> von<br />

der Gesells<strong>ch</strong>aft als «Arbeit» anerkannt werden<br />

(Letzteres vor allem dann, wenn sie von Männern<br />

ausgeübt werden), bringen hingegen das<br />

Re<strong>ch</strong>t auf Erholung <strong>und</strong> «Freizeit» mit si<strong>ch</strong>.<br />

In man<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aften wird <strong>Sport</strong> als<br />

«produktiv» gewertet, weil er zur Ges<strong>und</strong>heit<br />

der Erwerbstätigen beiträgt, besonders <strong>für</strong> jene<br />

mit körperli<strong>ch</strong>er Tätigkeit. Zwar nimmt der Anteil<br />

der Frauen an der erwerbstätigen Bevölkerung<br />

50


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />

in vielen Ländern laufend zu. Denno<strong>ch</strong> gilt <strong>Sport</strong><br />

oft nur dann als positiv, wenn er von Männern<br />

betrieben wird. <strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten von Frauen<br />

werden hingegen als Zeitvers<strong>ch</strong>wendung oder<br />

gar als ges<strong>und</strong>heitss<strong>ch</strong>ädli<strong>ch</strong> wahrgenommen.<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer neigen zu unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Arten der körperli<strong>ch</strong>en Betätigung, <strong>und</strong><br />

au<strong>ch</strong> ihre Einstellung zum <strong>Sport</strong> kann sehr vers<strong>ch</strong>ieden<br />

sein. So liegt <strong>für</strong> man<strong>ch</strong>e der hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>e<br />

Reiz des <strong>Sport</strong>s in seinem Wettkampf<strong>ch</strong>arakter,<br />

während <strong>für</strong> andere beim <strong>Sport</strong>treiben<br />

das Zusammensein mit anderen Mens<strong>ch</strong>en im<br />

Vordergr<strong>und</strong> steht. Die Einstellung zum <strong>Sport</strong><br />

wird zudem au<strong>ch</strong> von der Zugehörigkeit zu einer<br />

bestimmten «Kultur», «ethnis<strong>ch</strong>en» Gruppe, sozio-ökonomis<strong>ch</strong>en<br />

Klasse oder Kaste beeinflusst.<br />

Es fehlt im <strong>Sport</strong> an Frauen, die als Rollenvorbilder<br />

dienen können, beispielsweise als Trainerinnen<br />

oder in anderen Führungsrollen.<br />

Frauen – <strong>und</strong> man<strong>ch</strong>mal au<strong>ch</strong> Männer – sehen<br />

si<strong>ch</strong> so mit einer ganzen Reihe von praktis<strong>ch</strong>en<br />

Barrieren konfrontiert, die sie daran hindern, aktiv<br />

am <strong>Sport</strong> teilzuhaben. Um diese Hindernisse<br />

aus dem Weg zu räumen, müssen Initiativen im<br />

Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> die spezifis<strong>ch</strong>en<br />

Perspektiven, Rollen <strong>und</strong> Verantwortli<strong>ch</strong>keiten<br />

von Frauen <strong>und</strong> Männern berücksi<strong>ch</strong>tigen.<br />

Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> Projekte<br />

Die Feststellung, dass Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en oft<br />

vom <strong>Sport</strong> ausges<strong>ch</strong>lossen sind, rei<strong>ch</strong>t <strong>für</strong> ein<br />

erfolgrei<strong>ch</strong>es Projekt ni<strong>ch</strong>t aus. Wi<strong>ch</strong>tiger ist zu<br />

erkennen, dass <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terneutral<br />

ist, sondern si<strong>ch</strong> in einem kulturellen Kontext<br />

abspielt. Um die Verstärkung bestehender Unglei<strong>ch</strong>gewi<strong>ch</strong>te<br />

<strong>und</strong> Klis<strong>ch</strong>ees zu vermeiden,<br />

müssen Faktoren wie das spezifis<strong>ch</strong>e Umfeld,<br />

die Ma<strong>ch</strong>tdynamik oder die Hindernisse, mit<br />

denen si<strong>ch</strong> vers<strong>ch</strong>iedene Gruppen <strong>und</strong> Personen<br />

beim Zugang zum <strong>Sport</strong> konfrontiert sehen,<br />

einbezogen werden. Dabei ist es von zentraler<br />

Bedeutung, dass die betroffenen Gruppen<br />

<strong>und</strong> Individuen ihre Bedürfnisse <strong>und</strong> Interessen<br />

selbst einbringen können. Unter anderem sind<br />

folgende Punkte zu bedenken:<br />

<strong>Sport</strong>arten – Wel<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>arten passen in<br />

wel<strong>ch</strong>e Kontexte Soll zum Beispiel die Teamarbeit<br />

betont werden Oder geht es mehr um<br />

den Aufbau von physis<strong>ch</strong>er Kraft Oder steht<br />

die Ges<strong>und</strong>heit im Vordergr<strong>und</strong>. Je na<strong>ch</strong> Kontext<br />

müssen <strong>Sport</strong>arten man<strong>ch</strong>mal an die spezifis<strong>ch</strong>en<br />

Bedürfnisse angepasst werden. Die<br />

Grösse des Spielfeldes, des Balls oder des Tors<br />

<strong>und</strong> sogar die Regeln eines Spiels können verändert<br />

werden, um bestimmte Gruppen anzuspre<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> zur Teilnahme zu ermutigen.<br />

Veranstaltungsort – Wel<strong>ch</strong>e sozialen<br />

Normen gibt es in Bezug auf<br />

das Verhalten von Frauen <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en an öffentli<strong>ch</strong>en Orten,<br />

<strong>und</strong> wie werden diese<br />

Normen am besten thematisiert<br />

<strong>Sport</strong>anlagen im<br />

Freien, etwa Fussballplätze,<br />

werden eher von Männern<br />

genutzt, während<br />

ges<strong>ch</strong>lossene Anlagen wie<br />

Fitnessräume häufiger von<br />

Frauen aufgesu<strong>ch</strong>t werden.<br />

Das Bereitstellen von lokalen<br />

<strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Gemeindeeinri<strong>ch</strong>tungen<br />

bringt <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

einen besonders grossen Nutzen.<br />

Art der Betätigung – Es sollte ni<strong>ch</strong>t (immer)<br />

nur der Aspekt des Wettkampfs, sondern au<strong>ch</strong><br />

jener der Teilnahme betont werden. Besondere<br />

<strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> Spielveranstaltungen können die<br />

ganze Familie miteinbeziehen (soziale Veran-<br />

«<strong>Sport</strong> ist ein<br />

sozialer Prozess, in<br />

dem kulturelle<br />

Konstruktionen von<br />

Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong><br />

Weibli<strong>ch</strong>keit<br />

eine S<strong>ch</strong>lüsselrolle<br />

spielen.»<br />

51


Teil II: Themen & Projekte<br />

Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>: Wi<strong>ch</strong>tige<br />

internationale Konferenzen<br />

Die erste Weltkonferenz zum Thema Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> fand 1994 im britis<strong>ch</strong>en Brighton<br />

statt («First World Conference on Women and <strong>Sport</strong>»). Sie führte zur «Brighton Declaration»<br />

<strong>und</strong> zur Gründung der «International Working Group on Women and <strong>Sport</strong>».<br />

1995 wurde das Thema <strong>Sport</strong> in die «Beijing Platform for Action» (Paragraphen 83,<br />

107 <strong>und</strong> 290) aufgenommen; fünf Jahre später fand es au<strong>ch</strong> Eingang ins<br />

«Beijing+5»- S<strong>ch</strong>lussdokument.<br />

Die «Second World Conference on Women and <strong>Sport</strong>» fand 1998 in Windhoek<br />

(Namibia) statt. Der «Windhoek Call for Action» verlangt ni<strong>ch</strong>t nur die vermehrte<br />

Beteiligung von Frauen am <strong>Sport</strong>, sondern darüber hinaus au<strong>ch</strong> die Förderung des<br />

<strong>Sport</strong>s als Mittel zur Verwirkli<strong>ch</strong>ung weiter gefasster Ziele in den Berei<strong>ch</strong>en Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Erziehung, Gewaltbekämpfung <strong>und</strong> Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>te – eine Idee, die 2002 an<br />

der «Third World Conference on Women and <strong>Sport</strong>» in Montreal (Kanada) weiterentwickelt<br />

wurde. Sie umfasst die Integration von <strong>Sport</strong> in Projekte zur Gemeindeentwicklung,<br />

in Informationskampagnen zu Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> anderen Themen sowie<br />

in nationale Kampagnen zur Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> zur Förderung<br />

von Frauenre<strong>ch</strong>ten.<br />

Die «Brighton Declaration» verlangt:<br />

Glei<strong>ch</strong>behandlung <strong>und</strong> Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong> Männern in der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> im <strong>Sport</strong><br />

Frauengere<strong>ch</strong>te Planung, Gestaltung <strong>und</strong> Verwaltung von <strong>Sport</strong>einri<strong>ch</strong>tungen<br />

Leitende Stellungen <strong>für</strong> Frauen, sowohl als Coa<strong>ch</strong>es wie au<strong>ch</strong> als Beraterinnen<br />

<strong>und</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungsträgerinnen<br />

Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung als Ziel in Programmen in den Berei<strong>ch</strong>en Erziehung,<br />

Ausbildung <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

Information <strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung zum Thema Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong><br />

Bereitstellung von Mitteln <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>lerinnen sowie <strong>für</strong> spezielle Programme zur<br />

Steigerung der Beteiligung von Frauen am <strong>Sport</strong><br />

Nationale <strong>und</strong> internationale Zusammenarbeit <strong>und</strong> Austaus<strong>ch</strong> von Wissen <strong>und</strong><br />

Erfahrungen<br />

Der «Windhoek Call for Action» verlangt:<br />

Bessere Zusammenarbeit zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen Organisationen im Berei<strong>ch</strong><br />

Frauen <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> sowie zwis<strong>ch</strong>en diesen Organisationen <strong>und</strong> anderen Akteuren<br />

im Berei<strong>ch</strong> Frauenre<strong>ch</strong>te <strong>und</strong> Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung<br />

Programme der öffentli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>shilfe sollen Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />

glei<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>s<strong>ch</strong>ancen bieten wie Männern <strong>und</strong> das Potenzial von <strong>Sport</strong><br />

als Instrument zur Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen anerkennen<br />

Montreal 2002 verlangt:<br />

«Investing in <strong>ch</strong>ange»: mehr Mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>für</strong> Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen, weltweit<br />

am <strong>Sport</strong> teilzuhaben <strong>und</strong> leitende Stellungen einzunehmen<br />

Eine na<strong>ch</strong>haltige Infrastruktur <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> die körperli<strong>ch</strong>e Betätigung von<br />

Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

staltungen) <strong>und</strong> Müttern, Vätern <strong>und</strong> Kindern<br />

die Mögli<strong>ch</strong>keit bieten, aktiv bei sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten<br />

mitzuma<strong>ch</strong>en.<br />

Si<strong>ch</strong>erheit – Wel<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>erheitsmassnahmen<br />

gibt es, um den S<strong>ch</strong>utz von Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen<br />

oder von marginalisierten Männern zu gewährleisten<br />

<strong>und</strong> ihre Teilnahme zu erlei<strong>ch</strong>tern<br />

Die Wahl von si<strong>ch</strong>eren Räumen, gute Beleu<strong>ch</strong>tung,<br />

die Wahl der Tageszeit, der Ort der Veranstaltungen<br />

oder die vorhandenen Transportmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

sind einige relevante Faktoren.<br />

Bilder <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> – Wel<strong>ch</strong>es Bild von <strong>Sport</strong><br />

wird innerhalb von <strong>Sport</strong>organisationen <strong>und</strong> in<br />

den Medien vermittelt Eine positive Spra<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />

die Darstellung von <strong>Sport</strong>lerinnen <strong>und</strong> weibli<strong>ch</strong>en<br />

Vorbildern sind unentbehrli<strong>ch</strong>e Massnahmen zur<br />

Überwindung negativer Wahrnehmungsmuster<br />

<strong>und</strong> sozialer Hindernisse in Bezug auf die Beteiligung<br />

von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en am <strong>Sport</strong>.<br />

Führungsrollen – Können Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en<br />

mitents<strong>ch</strong>eiden Viellei<strong>ch</strong>t ist eine gezielte<br />

Ausbildung <strong>für</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en zu<br />

Coa<strong>ch</strong>es nötig. Die Förderung von Frauen <strong>und</strong><br />

Mäd<strong>ch</strong>en in Führungsrollen muss beispielsweise<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigen, dass man<strong>ch</strong>e Frauen Mühe haben,<br />

si<strong>ch</strong> in der Gegenwart von Männern auszudrücken.<br />

Getrenntges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />

können in Ergänzung zu gemis<strong>ch</strong>tges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten einen Rahmen bieten, in dem<br />

Frauen neben ihrem körperli<strong>ch</strong>en Wohlbefinden<br />

au<strong>ch</strong> ihre Selbstsi<strong>ch</strong>erheit stärken können. Dazu<br />

ist eine unterstützende <strong>und</strong> die Zusammenarbeit<br />

fördernde Umgebung nötig.<br />

Art der Rekrutierung – Wie wirkungsvoll<br />

<strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tersensitiv sind Rekrutierungsprogramme<br />

Intensive Programme sind notwendig,<br />

die au<strong>ch</strong> Massnahmen wie Besu<strong>ch</strong>e bei Familien<br />

<strong>und</strong> Eltern eins<strong>ch</strong>liessen können. In diesem<br />

52


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />

Zusammenhang ist es unter Umständen wi<strong>ch</strong>tig,<br />

die so genannten «Gatekeepers» – Familienmitglieder<br />

wie etwa Brüder, Väter oder Mütter, die<br />

in bestimmten sozialen <strong>und</strong> kulturellen Umfeldern<br />

die Aktivitäten der Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en kontrollieren<br />

– zu identifizieren <strong>und</strong> gezielt anzuspre<strong>ch</strong>en.<br />

Es sollte versu<strong>ch</strong>t werden, ni<strong>ch</strong>t nur Mäd<strong>ch</strong>en,<br />

sondern Frauen jeden Alters zu integrieren<br />

<strong>und</strong> ihre Teilnahme aufre<strong>ch</strong>tzuerhalten. Der Einbezug<br />

der Eltern <strong>und</strong> anderer Familienmitglieder<br />

kann hier ebenso helfen wie die Mobilisierung<br />

der Unterstützung seitens der Gemeins<strong>ch</strong>aft.<br />

Informationskampagnen – Werden Gelegenheiten<br />

zur Verbreitung von Information über andere<br />

Belange wie Ges<strong>und</strong>heit oder bürgerli<strong>ch</strong>e<br />

Re<strong>ch</strong>te genutzt Die Dur<strong>ch</strong>führung von <strong>Sport</strong>programmen<br />

zusammen mit anderen Anlässen<br />

am selben Veranstaltungsort kann si<strong>ch</strong> ebenfalls<br />

positiv auf die Beteiligung von Frauen auswirken.<br />

Weil es keine reinen <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />

sind, wird die Teilnahme von Frauen mögli<strong>ch</strong>erweise<br />

eher akzeptiert.<br />

Offene Fragen <strong>und</strong><br />

Handlungspotenzial<br />

Die Frage bleibt offen, inwieweit der <strong>Sport</strong> auf<br />

eine positive Infragestellung bestehender Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />

<strong>und</strong> auf eine von Bevölkerung<br />

<strong>und</strong> Familie akzeptierte Erweiterung des Verhaltensspielraums<br />

von Mäd<strong>ch</strong>en hinzuwirken vermag.<br />

Männli<strong>ch</strong>e Partner <strong>und</strong> Männer in Institutionen<br />

müssen vermehrt <strong>für</strong> die Wi<strong>ch</strong>tigkeit einer<br />

höheren Beteiligung der Frauen sensibilisiert<br />

werden. Ebenso da<strong>für</strong>, wie Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen<br />

<strong>und</strong> ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>e Arbeitsteilung ihre<br />

Beteiligung ers<strong>ch</strong>weren.<br />

Es sollte untersu<strong>ch</strong>t werden, wie verbreitete Vorstellungen<br />

von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> aggressiver Männli<strong>ch</strong>keit<br />

den Zugang zum <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> bestimmte, den<br />

traditionellen Klis<strong>ch</strong>ees ni<strong>ch</strong>t entspre<strong>ch</strong>ende<br />

Gruppen von Männern beeinträ<strong>ch</strong>tigen.<br />

von Frauen fördern, die Ernährung, Fitness <strong>und</strong><br />

psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Ges<strong>und</strong>heit mit eins<strong>ch</strong>liesst, statt si<strong>ch</strong><br />

allein auf Themen wie Fortpflanzung <strong>und</strong> Verhütung<br />

zu konzentrieren.<br />

<strong>Sport</strong> kann eng mit bestimmten Konstruktionen<br />

von Männli<strong>ch</strong>keit wie Aggression <strong>und</strong> Konkurrenz<br />

verb<strong>und</strong>en sein. Es sollte vermehrt reflektiert<br />

werden, wie sol<strong>ch</strong>e Konstruktionen dur<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> oder au<strong>ch</strong> in Konfliktsituationen verstärkt<br />

werden, damit Projekte so konzipiert werden<br />

können, dass sie stattdessen Teamgeist <strong>und</strong> Versöhnung<br />

fördern.<br />

S<strong>ch</strong>lussbemerkungen<br />

Gender Mainstreaming in <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten<br />

heisst verstehen, wel<strong>ch</strong>e Barrieren<br />

Frauen <strong>und</strong> Männer an der Teilnahme<br />

hindern. Erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte handeln auf der<br />

Gr<strong>und</strong>lage dieses Verständnisses, erweitern<br />

oder modifizieren die angebotenen Aktivitäten<br />

entspre<strong>ch</strong>end <strong>und</strong> ergreifen die erforderli<strong>ch</strong>en<br />

zusätzli<strong>ch</strong>en Massnahmen zur Erlei<strong>ch</strong>terung<br />

der Teilnahme aller.<br />

Gender-Mainstreaming sollte von drei Seiten<br />

her angegangen werden:<br />

Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung als ein Transversalthema<br />

(minimale Anforderungen festlegen; Integration<br />

von Gender in die Analyse, Implementierung,<br />

Evaluation <strong>und</strong> das Monitoring aller<br />

Projekte/Programme)<br />

Gender-Programme; Initiativen/Budgets <strong>für</strong><br />

spezifis<strong>ch</strong>e Glei<strong>ch</strong>stellungsbelange<br />

Konsequente Anwendung von Glei<strong>ch</strong>stellungskriterien<br />

in Organisationen; Integration von Gender<br />

in Prozesse, interne Ausbildung, Budgets,<br />

Partners<strong>ch</strong>aften, Organisationskultur; Politik der<br />

Chancenglei<strong>ch</strong>heit<br />

Dieser dreifa<strong>ch</strong>e Ansatz setzt die Erkenntnis voraus,<br />

dass <strong>Sport</strong> mit Vorstellungen von Männli<strong>ch</strong>keit<br />

<strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit verb<strong>und</strong>en ist – sowie<br />

<strong>Sport</strong> kann eine Gelegenheit bieten, Frauen<br />

Zugang zu Information über Fortpflanzung <strong>und</strong><br />

andere ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>e Belange zu vers<strong>ch</strong>affen.<br />

Die Verbindung von Information <strong>und</strong> <strong>Sport</strong><br />

kann eine ganzheitli<strong>ch</strong>e Si<strong>ch</strong>t der Ges<strong>und</strong>heit<br />

53


Teil II: Themen & Projekte<br />

ein Verständnis der Auswirkungen ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>er<br />

Arbeitsteilung <strong>und</strong> sozio-kultureller<br />

Klis<strong>ch</strong>ees.<br />

Der S<strong>ch</strong>ritt von dieser engeren Ausri<strong>ch</strong>tung<br />

auf Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung in <strong>Sport</strong>projekten<br />

zu einer breiteren Perspektive, bei der das<br />

Potenzial des <strong>Sport</strong>s als Mittel zur generellen<br />

Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung von Frauen <strong>und</strong><br />

Männern <strong>und</strong> des Empowerment der Frauen<br />

im Vordergr<strong>und</strong> steht, ist eine Herausforderung<br />

<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>spolitiker wie au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> Praktiker<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>fa<strong>ch</strong>leute. Neue Initiativen müssen<br />

entwickelt werden, die mannigfaltige Lern- <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sgelegenheiten <strong>für</strong> alle Altersgruppen<br />

kombinieren <strong>und</strong> die so unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>e<br />

Belange wie Frauenges<strong>und</strong>heit, Führungsqualitäten,<br />

Aufklärung über politis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, Empowerment<br />

oder politis<strong>ch</strong>e Organisation anspre<strong>ch</strong>en.<br />

Key Messages<br />

Kulturelle <strong>und</strong> soziale Faktoren führen immer no<strong>ch</strong> zu einer grossen Zahl von<br />

ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tsspezifis<strong>ch</strong>en Barrieren, die Mens<strong>ch</strong>en daran hindern, <strong>Sport</strong> zu treiben.<br />

Die Auseinandersetzung mit Konstruktionen von Männli<strong>ch</strong>keit <strong>und</strong> Weibli<strong>ch</strong>keit sowie<br />

mit Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terrollen <strong>und</strong> Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terbeziehungen ist unabdingbar; es rei<strong>ch</strong>t ni<strong>ch</strong>t,<br />

ledigli<strong>ch</strong> die vermehrte Beteiligung von Frauen an <strong>Sport</strong>projekten anzustreben.<br />

Neben dem Ziel der Gender-Glei<strong>ch</strong>stellung in der Welt des <strong>Sport</strong>s wird immer mehr au<strong>ch</strong><br />

das Ziel verfolgt, <strong>Sport</strong> als Instrument zur generellen Förderung der Glei<strong>ch</strong>stellung von<br />

Frauen <strong>und</strong> Männern <strong>und</strong> der Ermä<strong>ch</strong>tigung (Empowerment) der Frauen einzusetzen.<br />

Erfolgrei<strong>ch</strong>e Initiativen müssen Faktoren berücksi<strong>ch</strong>tigen wie Art <strong>und</strong> Ort von sportli<strong>ch</strong>en<br />

Aktivitäten, die Si<strong>ch</strong>erheitsbedürfnisse von Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en, Führungsrollen, der<br />

Bedarf an positiven Bildern oder die Notwendigkeit <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e Rekrutierungsstrategien.<br />

Die Auswirkungen der Beziehungen zwis<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> aggressiver Männli<strong>ch</strong>keit auf<br />

<strong>Entwicklung</strong>sprojekte müssen näher untersu<strong>ch</strong>t werden.<br />

<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Aktivitäten können mit weitergehenden Projekten etwa <strong>für</strong> Sensibilisierung,<br />

Ausbildung, <strong>Entwicklung</strong> von Gemeins<strong>ch</strong>aftsstrukturen usw. verb<strong>und</strong>en<br />

werden <strong>und</strong> Frauen <strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en willkommene neue Mögli<strong>ch</strong>keiten bieten.<br />

54


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender<br />

«Ishraq» – Eine zweite Chance<br />

<strong>für</strong> junge Frauen<br />

Ort: Vier Dörfer im ägyptis<strong>ch</strong>en Oberland Al-Minya<br />

Zielgruppe: Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> junge Frauen zwis<strong>ch</strong>en 13 <strong>und</strong> 15 Jahren<br />

ohne ausrei<strong>ch</strong>ende S<strong>ch</strong>ulbildung<br />

Organisation: Initiiert wurde das Projekt von Population Council,<br />

Save the Children (USA), Center for Development and Population Activities (CEDPA)<br />

<strong>und</strong> Caritas. Na<strong>ch</strong> der erfolgrei<strong>ch</strong>en Pilotphase wird es heute au<strong>ch</strong> von der<br />

ägyptis<strong>ch</strong>en Regierung mitgetragen.<br />

Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> junge Frauen lernen in<br />

Ägypten in einem dreijährigen Ausbildungsprogramm<br />

ni<strong>ch</strong>t nur Lesen, S<strong>ch</strong>reiben<br />

<strong>und</strong> Mathematik, sondern erlangen<br />

dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>angebote au<strong>ch</strong> ein erhöhtes<br />

Selbstwertgefühl, Si<strong>ch</strong>erheit im Umgang<br />

mit ihrem eigenen Körper <strong>und</strong> ein neues<br />

Verständnis von ihrer Rolle als Frau.<br />

Im Februar 2004 feierten die ersten 200 jungen<br />

Ägypterinnen aus vier Dörfern den erfolgrei<strong>ch</strong>en<br />

Abs<strong>ch</strong>luss des dreijährigen Ausbildungsprogramms<br />

«Ishraq». Die Feierli<strong>ch</strong>keiten fanden im<br />

Beisein von Familienangehörigen, Gemeindeautoritäten<br />

<strong>und</strong> nationalen Regierungsvertretern<br />

statt <strong>und</strong> sind Zei<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> den grossen Rückhalt,<br />

den das Ausbildungsprojekt bei der Bevölkerung<br />

geniesst. In enger Zusammenarbeit mit lokalen<br />

S<strong>ch</strong>ulen <strong>und</strong> Jugendzentren wird «Ishraq» von<br />

ausgebildeten Frauen aus den lokalen Gemeinden<br />

geleitet, die vom Dorfrat gewählt wurden.<br />

Zwei Mal pro Wo<strong>ch</strong>e versammeln si<strong>ch</strong> die Teilnehmerinnen<br />

auf einem si<strong>ch</strong>eren, von der Umwelt<br />

etwas abges<strong>ch</strong>otteten <strong>Sport</strong>platz. Zu Beginn<br />

des Programms werden sie in traditionelle Spiele<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>arten eingeführt, um si<strong>ch</strong> mit <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

dessen Gr<strong>und</strong>zügen vertraut zu ma<strong>ch</strong>en. Erst im<br />

Ans<strong>ch</strong>luss üben si<strong>ch</strong> die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen<br />

Frauen in Volleyball, Fussball, Handball oder Basketball.<br />

Tis<strong>ch</strong>tennis erweist si<strong>ch</strong> in diesem Zusammenhang<br />

als geeigneter «Übergangssport».<br />

Der <strong>Sport</strong> bringt ni<strong>ch</strong>t nur ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>e Vorteile<br />

<strong>für</strong> die jungen Frauen, sondern trägt au<strong>ch</strong><br />

zu einem besseren Selbstwertgefühl <strong>und</strong> mehr<br />

Si<strong>ch</strong>erheit im Umgang mit ihrem eigenen Körper<br />

bei. Auf dem <strong>Sport</strong>platz können sie Selbstvertrauen,<br />

Führungsqualitäten <strong>und</strong> Ents<strong>ch</strong>eidungsstärke<br />

entwickeln. Die Veränderungen spiegeln<br />

si<strong>ch</strong> mitunter in der Kleidung: Mit der Zeit getrauen<br />

si<strong>ch</strong> die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen Frauen<br />

immer mehr, neben ihrer traditionellen Kleidung<br />

au<strong>ch</strong> Trainingsanzüge zu tragen.<br />

Im Rahmen des Ausbildungsprogramms arbeiten<br />

die Teilnehmerinnen gemeinsam an Themen<br />

wie Ges<strong>und</strong>heit, Fortpflanzung, Re<strong>ch</strong>t, Familie<br />

oder Identität <strong>und</strong> lernen dabei au<strong>ch</strong> Lesen,<br />

S<strong>ch</strong>reiben <strong>und</strong> Re<strong>ch</strong>nen.<br />

Erfreuli<strong>ch</strong>e Resultate<br />

Das Programm wurde vom Population Council<br />

mit wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Methoden begleitet.<br />

Die international tätige Organisation führte<br />

vor, während <strong>und</strong> na<strong>ch</strong> dem Ausbildungsprogramm<br />

sowohl qualitative als au<strong>ch</strong> quantitative<br />

Untersu<strong>ch</strong>ungen dur<strong>ch</strong>. Die Fors<strong>ch</strong>ungsergebnisse<br />

zeigen einen deutli<strong>ch</strong>en Anstieg des<br />

Bildungsniveaus der jungen Frauen <strong>und</strong> eine<br />

si<strong>ch</strong> verändernde Haltung gegenüber frühen<br />

Heiraten, traditionellen Frauenrollen <strong>und</strong> Genitalbes<strong>ch</strong>neidungen:<br />

Die Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> jungen<br />

Frauen wollen ihre Tö<strong>ch</strong>ter ni<strong>ch</strong>t mehr bes<strong>ch</strong>neiden<br />

lassen. Darüber hinaus erlaubt der <strong>Sport</strong><br />

den Absolventinnen, Berei<strong>ch</strong>e des öffentli<strong>ch</strong>en<br />

Raumes vermehrt <strong>für</strong> si<strong>ch</strong> in Anspru<strong>ch</strong> zu nehmen<br />

<strong>und</strong> somit restriktive Verhaltensnormen zu<br />

dur<strong>ch</strong>bre<strong>ch</strong>en.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.popcouncil.org<br />

55


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Entwicklung</strong><br />

56


Einkommens- <strong>und</strong> Arbeitsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

dur<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong>: Herstellung<br />

von Bällen <strong>für</strong> den lokalen Markt in<br />

Teheran (Iran).<br />

57


Teil II: Themen & Projekte<br />

Einst war der <strong>Sport</strong> eine Freizeitbes<strong>ch</strong>äftigung, die nur einigen aufgeklärten<br />

<strong>Sport</strong>begeisterten vorbehalten war. Im 20. Jahrh<strong>und</strong>ert hat er si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong><br />

weltweit zu einem Massenphänomen gewandelt. In den entwickelten Ländern<br />

bildet der <strong>Sport</strong> einen eigenen Wirts<strong>ch</strong>aftszweig, der zwei Prozent zum BIP<br />

(Bruttoinlandprodukt) beisteuert. Die Herausforderung besteht heute darin,<br />

den <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> in den weniger entwickelten Ländern so weit zu fördern, dass<br />

er zu einem Faktor <strong>für</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> wird.<br />

Jean-Loup Chappelet<br />

Die ganze Welt wartet gespannt auf dieses<br />

Ereignis. Die Rede ist von der 19. Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft,<br />

die Anfang Juni 2010 im «Soccer<br />

City»-Stadium in Johannesburg in Südafrika angepfiffen<br />

wird. Zum ersten Mal in der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

des Fussballs wird der neben den Olympis<strong>ch</strong>en<br />

Sommerspielen grösste <strong>Sport</strong>anlass in<br />

Afrika ausgetragen.<br />

H<strong>und</strong>erte von Millionen Dollars werden bis<br />

dann in die Organisation dieses Events geflossen<br />

sein. Viele werden si<strong>ch</strong> fragen, ob dieses<br />

Geld ni<strong>ch</strong>t anderswo besser hätte investiert<br />

werden können. Aber die Organisatoren spre<strong>ch</strong>en<br />

bereits heute von phänomenalen Auswirkungen<br />

auf die Wirts<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>affung<br />

zahlrei<strong>ch</strong>er Arbeitsplätze während der Vorbereitungszeit.<br />

Der Nieders<strong>ch</strong>lag in den Medien<br />

wird no<strong>ch</strong> stärker ausfallen. Während mehr als<br />

eines Monats – im Juni <strong>und</strong> Juli 2010 – werden<br />

alle Medien ihr Augenmerk auf Südafrika ri<strong>ch</strong>ten.<br />

Tausende von Mediens<strong>ch</strong>affenden werden<br />

die Fussballspiele kommentieren, aber au<strong>ch</strong> die<br />

elf Veranstaltungsorte besu<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> vom Land<br />

<strong>und</strong> seinen Leuten beri<strong>ch</strong>ten. Diese Reportagen<br />

werden au<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> lange na<strong>ch</strong> den Spielen<br />

Touristen anlocken. Gelingt es Südafrika, diese<br />

Weltmeisters<strong>ch</strong>aft gut zu organisieren, wird es<br />

Unternehmen anziehen, die si<strong>ch</strong> lieber in dieser<br />

Region als in einer anderen niederlassen wollen.<br />

Dies hätte langfristig <strong>für</strong> alle Wirts<strong>ch</strong>aftssektoren<br />

des Landes positive Auswirkungen.<br />

In Bezug auf die <strong>Entwicklung</strong>sprioritäten eines<br />

Landes darf die Angemessenheit eines sol<strong>ch</strong>en<br />

Projekts zu Re<strong>ch</strong>t hinterfragt werden. Gibt es<br />

ni<strong>ch</strong>t andere dringendere Bedürfnisse Wir er-<br />

innern uns an ein Graffiti an einem der Stadien<br />

während der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft 1986<br />

in Mexiko: «No queremos goles, queremos frijoles»<br />

(Wir wollen keine Tore, wir wollen Bohnen).<br />

<strong>Sport</strong>li<strong>ch</strong>e Veranstaltungen weisen angesi<strong>ch</strong>ts<br />

der Globalisierung viel Potenzial auf <strong>und</strong><br />

können als Katalysatoren einer na<strong>ch</strong>haltigen<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> wirken. Südafrika<br />

hat kürzli<strong>ch</strong> eine Strategie <strong>für</strong> die Organisation<br />

von internationalen <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />

eins<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> der Olympis<strong>ch</strong>en Spiele verabs<strong>ch</strong>iedet.<br />

Aufstrebende Wirts<strong>ch</strong>aftsmä<strong>ch</strong>te wie<br />

Japan (Tokio 1964), Korea (Seoul 1988) <strong>und</strong><br />

China (Beijing 2008) haben bereits zuvor den<br />

glei<strong>ch</strong>en Weg einges<strong>ch</strong>lagen.<br />

Die gesamte Jugend Afrikas, aber au<strong>ch</strong> alle Jugendli<strong>ch</strong>en<br />

der übrigen Kontinente werden si<strong>ch</strong><br />

vor die Bilds<strong>ch</strong>irme drängen – vorausgesetzt, sie<br />

haben einen –, um die Übertragung der Weltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />

in Südafrika mitzuverfolgen. Sie<br />

werden si<strong>ch</strong> mit den Fussballstars identifizieren,<br />

die dann aktuell sein werden. Na<strong>ch</strong> den Spielen<br />

werden sie mit ihren Fre<strong>und</strong>en auf improvisierten<br />

Fussballplätzen Fussball spielen. Einige<br />

werden si<strong>ch</strong> lokalen Klubs ans<strong>ch</strong>liessen in der<br />

Hoffnung, eines Tages auf ganz hohem nationalem<br />

oder internationalem Niveau spielen zu<br />

können.<br />

Vom <strong>Sport</strong>anlass über sportli<strong>ch</strong>e<br />

Aktivitäten hin zur <strong>Sport</strong>ausrüstung<br />

Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen wären nur von<br />

bes<strong>ch</strong>ränktem <strong>und</strong> kurzlebigem Interesse, gelänge<br />

es ihnen ni<strong>ch</strong>t, den Breitensport zu fördern.<br />

Dieser kurbelt den Markt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong>artikel<br />

58


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> -anlagen an; von den Turns<strong>ch</strong>uhen<br />

<strong>für</strong> den einzelnen <strong>Sport</strong>ler bis hin zu<br />

Gemeins<strong>ch</strong>aftsanlagen <strong>für</strong> die unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>sten<br />

Disziplinen. «Damit<br />

zehn <strong>Sport</strong>ler extrem erfolgrei<strong>ch</strong> sein<br />

können, müssen h<strong>und</strong>ert intensiv <strong>Sport</strong><br />

treiben <strong>und</strong> tausend si<strong>ch</strong> sportli<strong>ch</strong> ertü<strong>ch</strong>tigen»,<br />

erklärte bereits Pierre de<br />

Coubertin 1 . «Um Millionen von T-Shirts<br />

<strong>und</strong> Basketballs<strong>ch</strong>uhen zu verkaufen,<br />

müssen einige Millionen Mens<strong>ch</strong>en <strong>Sport</strong><br />

treiben <strong>und</strong> diese Aktivität mit einem positiven<br />

Image verbinden», könnten heute die Hersteller<br />

von <strong>Sport</strong>artikeln beifügen.<br />

Diese wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Dynamik funktioniert in den<br />

entwickelten Ländern. <strong>Sport</strong> treiben ist zu einem<br />

Ges<strong>ch</strong>äft geworden, an dem si<strong>ch</strong> Vereine oder<br />

private Unternehmen beteiligen, indem sie unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>ste<br />

Dienstleistungen anbieten, die<br />

von einer einfa<strong>ch</strong>en Unterri<strong>ch</strong>tsst<strong>und</strong>e in einem<br />

Klub bis zu einem Abonnement in einem Fitnesszentrum<br />

rei<strong>ch</strong>en. Es gibt au<strong>ch</strong> einen Markt <strong>für</strong><br />

<strong>Sport</strong>events, der si<strong>ch</strong> aus den TV-Übertragungsre<strong>ch</strong>ten,<br />

der Vermarktung von Grossanlässen<br />

<strong>und</strong> dem Verkauf von Eintritten speist. Diese<br />

drei Märkte – sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten, <strong>Sport</strong>ausrüstung<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong>anlässe – wirken aufeinander<br />

ein <strong>und</strong> bilden zusammen einen eigenen ni<strong>ch</strong>t<br />

unbedeutenden Wirts<strong>ch</strong>aftszweig, der ständig<br />

im Wa<strong>ch</strong>stum begriffen ist. Der <strong>Sport</strong> ist ni<strong>ch</strong>t<br />

nur zu einem Verbrau<strong>ch</strong>sgut geworden, sondern<br />

verbrau<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> selbst Güter. Er s<strong>ch</strong>afft<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Rei<strong>ch</strong>tum <strong>und</strong> neue Arbeitsplätze<br />

<strong>und</strong> wirkt si<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong>zeitig positiv auf die Ges<strong>und</strong>heit<br />

jener aus, die ihn praktizieren.<br />

Wie kann eine sol<strong>ch</strong>e Dynamik au<strong>ch</strong> in den weniger<br />

entwickelten Ländern greifen Eine von<br />

der Unesco im Jahr 1995 dur<strong>ch</strong>geführte Studie<br />

über die Situation des <strong>Sport</strong>s in den weniger<br />

entwickelten Ländern Afrikas (eine der wenigen<br />

verfügbaren Studien auf diesem Gebiet)<br />

ma<strong>ch</strong>t deutli<strong>ch</strong>, dass das Niveau sportli<strong>ch</strong>er Betätigung<br />

sehr niedrig ist. Dies ist insbesondere<br />

auf fehlenden <strong>Sport</strong>unterri<strong>ch</strong>t an den S<strong>ch</strong>ulen,<br />

einen Mangel an <strong>Sport</strong>lehrern <strong>und</strong> Trainern<br />

sowie sportli<strong>ch</strong>en Anlagen – vor allem <strong>für</strong><br />

<strong>Sport</strong>arten, die anspru<strong>ch</strong>svolle Einri<strong>ch</strong>tungen<br />

erfordern – zurückzuführen. Diese Situation ist<br />

ihrerseits bedingt dur<strong>ch</strong> ungenügende Staatsausgaben<br />

<strong>und</strong> eine Bevölkerungsexplosion,<br />

«Zusätzli<strong>ch</strong> zu direkten<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Auswirkungen<br />

wie der S<strong>ch</strong>affung von neuen<br />

Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten hat<br />

der <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> zahlrei<strong>ch</strong>e<br />

indirekte ökonomis<strong>ch</strong>e Effekte.»<br />

wel<strong>ch</strong>e die Verfügbarkeit dieser unerlässli<strong>ch</strong>en<br />

mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> materiellen Ressourcen pro<br />

Bewohner no<strong>ch</strong> weiter eins<strong>ch</strong>ränkt.<br />

Die von den <strong>Entwicklung</strong>sagenturen finanzierten<br />

Projekte, die die fehlenden staatli<strong>ch</strong>en<br />

Ausgaben im Berei<strong>ch</strong> der Ausbildung <strong>und</strong> der<br />

<strong>Sport</strong>einri<strong>ch</strong>tungen wettma<strong>ch</strong>en sollen, können<br />

zu einer Förderung des Breitensports <strong>und</strong> zur<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> in diesen Regionen<br />

<strong>und</strong> Ländern beitragen.<br />

Es gibt immer mehr Beispiele, die diese These<br />

untermauern:<br />

In Afrika, insbesondere in Zentralafrika, Kongo,<br />

Ghana, Guinea-Bissau, Lesotho, Mosambik,<br />

Sao Tomé <strong>und</strong> Sambia hat die Stiftung «Olympafrica»,<br />

die unter anderem vom Internationalen<br />

Olympis<strong>ch</strong>en Komitee <strong>und</strong> Daimler Chrysler<br />

finanziell unterstützt wird, einfa<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>anlagen<br />

erri<strong>ch</strong>tet <strong>und</strong> eine Gr<strong>und</strong>ausrüstung zur<br />

Verfügung gestellt, um sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />

zu fördern, insbesondere auf dem Gebiet der<br />

Lei<strong>ch</strong>tathletik. Jede dieser Anlagen s<strong>ch</strong>afft Arbeitsplätze<br />

<strong>und</strong> fördert dadur<strong>ch</strong> die lokale Wirts<strong>ch</strong>aftstätigkeit<br />

(vgl. S. 63).<br />

In der Karibik, insbesondere auf der Insel St.-<br />

Kitts, ist das STRONG-Projekt, das seit se<strong>ch</strong>s Jahren<br />

von der Vereinigung Commonwealth Games<br />

Canada unterstützt wird, erfolgrei<strong>ch</strong>. Es motiviert<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e, im Rahmen des S<strong>ch</strong>ulsystems <strong>Sport</strong>-,<br />

Spra<strong>ch</strong>- <strong>und</strong> Informatikst<strong>und</strong>en zu besu<strong>ch</strong>en,<br />

damit sie si<strong>ch</strong> auf dem Arbeitsmarkt behaupten<br />

können <strong>und</strong> Praktika in den lokalen Unternehmen<br />

finden. Es ist vorgesehen, dieses Projekt auf andere<br />

Inseln der Region auszudehnen.<br />

1<br />

Der französis<strong>ch</strong>e Pädagoge <strong>und</strong><br />

Historiker Pierre Baron de Coubertin<br />

(1863–1937) gilt als Vater der Idee, die<br />

Olympis<strong>ch</strong>en Spiele «in modernisierter<br />

Gestalt, aber unter mögli<strong>ch</strong>ster Annäherung<br />

an die Antike <strong>und</strong> auf internationaler<br />

Gr<strong>und</strong>lage» wieder aufleben zu<br />

lassen.<br />

59


Teil II: Themen & Projekte<br />

«Die sportli<strong>ch</strong>e<br />

Unterentwicklung<br />

der Länder des<br />

Südens geht Hand in<br />

Hand mit ihrer wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Unterentwicklung.»<br />

In Afghanistan, in Südasien, in Bolivien<br />

<strong>und</strong> in anderen Ländern führt die französis<strong>ch</strong>e<br />

Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation «<strong>Sport</strong> sans Frontières»<br />

Projekte dur<strong>ch</strong>, die darauf abzielen, den<br />

Zugang zu sportli<strong>ch</strong>en Aktivitäten <strong>für</strong> alle <strong>und</strong><br />

eine lokale Wirts<strong>ch</strong>aftsentwicklung zu fördern.<br />

Seit r<strong>und</strong> zwanzig Jahren finanzieren internationale<br />

<strong>Sport</strong>verbände wie die Fiba (Basketball),<br />

die Fifa (Fussball) <strong>und</strong> die FIVB (Volleyball)<br />

den Bau von Anlagen <strong>und</strong> stellen die<br />

Ausrüstung <strong>für</strong> ihre <strong>Sport</strong>arten zur Verfügung.<br />

Obwohl die Förderung ihrer Disziplinen im<br />

Vordergr<strong>und</strong> steht, wirken si<strong>ch</strong> sol<strong>ch</strong>e Projekte<br />

au<strong>ch</strong> positiv auf die Wirts<strong>ch</strong>aft der betroffenen<br />

Städte aus.<br />

In den entwickelten Ländern Europas konnten<br />

si<strong>ch</strong> die ländli<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> bergigen Regionen<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> wieder auffangen dank einem<br />

neuen Angebot an Bewegung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong> in der<br />

freien Natur, teilweise verb<strong>und</strong>en mit kulturellen<br />

<strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Anlässen. Es ist ihnen<br />

dadur<strong>ch</strong> gelungen, eine neue Gruppe von Touristen<br />

anzuspre<strong>ch</strong>en. Diese Aktivitäten <strong>und</strong> die<br />

erforderli<strong>ch</strong>e Umgestaltung der Naturräume haben<br />

einen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Mehrwert gebra<strong>ch</strong>t.<br />

Zusätzli<strong>ch</strong> zur S<strong>ch</strong>affung von Einkommensmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen<br />

kann der <strong>Sport</strong> au<strong>ch</strong> indirekte ökonomis<strong>ch</strong>e<br />

Auswirkungen haben.<br />

Beispielsweise kann er<br />

die Leistungsfähigkeit einer<br />

Volkswirts<strong>ch</strong>aft verbessern,<br />

indem er einen Beitrag<br />

zur Erhaltung <strong>und</strong> Verbesserung<br />

der Ges<strong>und</strong>heit<br />

der Bevölkerung leistet.<br />

Die Folgen sind weniger<br />

krankheitsbedingte Produktionsausfälle<br />

<strong>und</strong> geringere<br />

Ausgaben <strong>für</strong> das Ges<strong>und</strong>heitswesen.<br />

Über den <strong>Sport</strong><br />

können Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

zudem gr<strong>und</strong>legende soziale <strong>und</strong> organisatoris<strong>ch</strong>e<br />

Kompetenzen erwerben, die au<strong>ch</strong><br />

im wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Leben wi<strong>ch</strong>tig sind. Vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Beispiele zeigen ausserdem, dass <strong>Sport</strong> ein<br />

gutes Mittel ist, um Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> die Teilnahme<br />

an Ausbildungsprogrammen zu motivieren <strong>und</strong><br />

sie bei der Stange zu halten.<br />

Erfolgsfaktoren<br />

Es gibt nur sehr wenige Studien über die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Auswirkungen von <strong>Sport</strong>projekten<br />

in den weniger entwickelten Ländern. In den<br />

Ländern des Nordens wurden makroökonomis<strong>ch</strong>e<br />

Analysen über die Grösse des <strong>Sport</strong>sektors<br />

angestellt, insbesondere unter der S<strong>ch</strong>irmherrs<strong>ch</strong>aft<br />

der Europäis<strong>ch</strong>en Union. Zahlrei<strong>ch</strong>e<br />

Ma<strong>ch</strong>barkeitsstudien von <strong>Sport</strong>anlässen wurden<br />

oft bereits vor ihrer Dur<strong>ch</strong>führung gema<strong>ch</strong>t, sei<br />

es von Seiten der Be<strong>für</strong>worter oder der Gegner<br />

sol<strong>ch</strong>er Projekte, die beide mit überzeugenden<br />

Argumenten auftrumpfen wollen. In Nordamerika<br />

wurden unabhängige Wirts<strong>ch</strong>aftsstudien<br />

dur<strong>ch</strong>geführt, um herauszufinden, ob die professionellen<br />

Teams <strong>und</strong> ihre <strong>Sport</strong>anlagen einen<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Einfluss auf die Region haben,<br />

in denen sie si<strong>ch</strong> niedergelassen haben. Die Ergebnisse<br />

fielen meist negativ aus.<br />

Es ist also Vorsi<strong>ch</strong>t angebra<strong>ch</strong>t bezügli<strong>ch</strong> der<br />

direkten wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Auswirkungen, die von<br />

einem <strong>Sport</strong>projekt erwartet werden können.<br />

Eine Evaluation ist nur glaubwürdig, wenn sie<br />

alle wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en, sozialen <strong>und</strong> ökologis<strong>ch</strong>en<br />

Faktoren eines Anlasses berücksi<strong>ch</strong>tigt. In den<br />

meisten Fällen fehlt es an ex-post-Studien <strong>und</strong><br />

Kosten-Nutzen-Analysen – au<strong>ch</strong> in den entwickelten<br />

Ländern. Sol<strong>ch</strong>e würden den Behörden<br />

wi<strong>ch</strong>tige Informationen über den Nutzen <strong>und</strong><br />

die Na<strong>ch</strong>haltigkeit von Subventionen <strong>und</strong> Spenden<br />

im <strong>Sport</strong>berei<strong>ch</strong> liefern.<br />

Hinzu kommt, dass der <strong>Sport</strong> heute mit Problemen<br />

konfrontiert wird wie Doping, Gewalt <strong>und</strong><br />

Korruption, die in den Ländern des Nordens<br />

Zweifel aufkommen lassen an seinen sozioökonomis<strong>ch</strong>en<br />

Vorteilen. Diese negativen Seiten<br />

des <strong>Sport</strong>s dürfen ni<strong>ch</strong>t in die Länder des Südens<br />

exportiert werden. Es muss si<strong>ch</strong>ergestellt<br />

werden, dass die Projekte, die in diesen Ländern<br />

dur<strong>ch</strong>geführt werden, auf den Gr<strong>und</strong>sätzen<br />

des «S.A.F.E»-<strong>Sport</strong>s beruhen. Diese einfa<strong>ch</strong>e<br />

Abkürzung steht <strong>für</strong> folgende Qualitäten<br />

sportli<strong>ch</strong>er Aktivitäten:<br />

Na<strong>ch</strong>haltig (sustainable): Die Projekte vermeiden<br />

die Einführung von Strukturen, wel<strong>ch</strong>e<br />

60


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

die Kultur der Einheimis<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t respektieren<br />

oder den lokalen Bedingungen ni<strong>ch</strong>t gebührend<br />

Re<strong>ch</strong>nung tragen. Sie fördern eine na<strong>ch</strong>haltige<br />

<strong>Entwicklung</strong> der Region.<br />

Ohne Su<strong>ch</strong>tmittel (Addiction-free): Die Projekte<br />

raten von der Einnahme gefährli<strong>ch</strong>er Substanzen<br />

ab, die einzig der Leistungssteigerung dienen<br />

<strong>und</strong> der Ges<strong>und</strong>heit der <strong>Sport</strong>ler/innen s<strong>ch</strong>aden.<br />

Sie fördern einen drogenfreien Lebensstil <strong>und</strong> einen<br />

ges<strong>und</strong>en Umgang mit dem Körper.<br />

Fair: Die Projekte verurteilen jegli<strong>ch</strong>e Form<br />

der Diskriminierung <strong>und</strong> der physis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Gewalt. Sie stellen si<strong>ch</strong>er, dass der<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> das faire Spiel als Mittel <strong>für</strong> die ganzheitli<strong>ch</strong>e<br />

Erziehung von Jugendli<strong>ch</strong>en genutzt<br />

werden.<br />

Ethis<strong>ch</strong>: Die Projekte verurteilen jegli<strong>ch</strong>e Form<br />

der Korruption <strong>und</strong> kriminelle Ma<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aften.<br />

Sie tragen zu einer ges<strong>und</strong>en Wirts<strong>ch</strong>aft bei <strong>und</strong><br />

respektieren universelle moralis<strong>ch</strong>e Gr<strong>und</strong>sätze.<br />

Diese vier Gr<strong>und</strong>sätze sind Bestandteile der<br />

Magglingen Deklaration, die anlässli<strong>ch</strong> der<br />

1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

im Februar 2003 verabs<strong>ch</strong>iedet wurde<br />

(vgl. S. 11).<br />

Offene Fragen<br />

Im Zusammenhang mit der Nutzung des <strong>Sport</strong>s<br />

als Motor <strong>für</strong> die Wirts<strong>ch</strong>aftsförderung in den<br />

weniger entwickelten Ländern gibt es no<strong>ch</strong> offene<br />

Fragen, die es zu berücksi<strong>ch</strong>tigen gilt.<br />

Die «Abwanderung der Muskeln» («muscledrain»)<br />

analog zur Abwanderung der grauen<br />

Zellen («brain-drain») bedroht zahlrei<strong>ch</strong>e Länder<br />

Afrikas, Lateinamerikas, der Karibik <strong>und</strong><br />

Asiens. Sie sind ni<strong>ch</strong>t in der Lage, ihren besten<br />

Athleten jene wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Bedingungen<br />

zu gewähren, die sie zur Auss<strong>ch</strong>öpfung ihrer<br />

Talente bräu<strong>ch</strong>ten. Diese Athleten bauen ihre<br />

sportli<strong>ch</strong>e Laufbahn meistens in Europa, in Nordamerika<br />

oder in den Golfstaaten auf. Im Fussball<br />

<strong>und</strong> in der Lei<strong>ch</strong>tathletik ist dieses Phänomen<br />

seit längerer Zeit bekannt, do<strong>ch</strong> nun greift<br />

es au<strong>ch</strong> auf andere <strong>Sport</strong>arten über. Dabei werden<br />

zweideutige, ja sogar illegale Ges<strong>ch</strong>äfte<br />

getrieben, wel<strong>ch</strong>e die sportli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> in<br />

den betroffenen Ländern behindern. Es liegen<br />

Vors<strong>ch</strong>läge <strong>für</strong> die Einführung einer «Coubertobin-Steuer»<br />

2 <strong>für</strong> den Transfer sol<strong>ch</strong>er Athleten<br />

<strong>und</strong> Spieler vor. Und langfristig könnte mit Hilfe<br />

der lokalen Sponsoren <strong>und</strong> Medien ein Markt<br />

<strong>für</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen in den Ländern des<br />

Südens aufgebaut werden, der dazu beitragen<br />

würde, dieses Phänomen zu unterbinden.<br />

Heute werden die meisten <strong>Sport</strong>artikel in den<br />

am wenigsten entwickelten Ländern hergestellt.<br />

In diesen Ländern sind die Arbeitskräfte billig<br />

<strong>und</strong> die Arbeitsbedingungen mitunter inakzeptabel.<br />

Renommierte Markenhersteller werden<br />

verdä<strong>ch</strong>tigt, in ihren Fabriken Kinder einzustellen,<br />

um Bälle, Turns<strong>ch</strong>uhe oder <strong>Sport</strong>bekleidung<br />

anzufertigen. Der Weltverband der <strong>Sport</strong>artikelindustrie<br />

hat in diesem Zusammenhang<br />

Kontrollme<strong>ch</strong>anismen <strong>und</strong> ein Label-System<br />

eingeführt. Aufmerksame <strong>und</strong> bewusste Konsumenten/-innen<br />

in den entwickelten Ländern <strong>und</strong><br />

wa<strong>ch</strong>sende lokale <strong>Sport</strong>artikelmärkte können<br />

diesem Problem entgegenwirken.<br />

Seit langem weisen wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Studien<br />

auf einen direkten Zusammenhang hin zwis<strong>ch</strong>en<br />

den sportli<strong>ch</strong>en Leistungen auf internationaler<br />

Ebene <strong>und</strong> der wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong><br />

eines Landes <strong>und</strong> seiner Bewohner. Die Wissens<strong>ch</strong>after<br />

können also genau vorhersagen, wie<br />

viele Medaillen jedes Land an den Olympis<strong>ch</strong>en<br />

Spielen gewinnen wird. Es ist zudem bekannt,<br />

dass ungefähr drei Viertel aller Nationen, die<br />

Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />

haben eine positive <strong>Entwicklung</strong>swirkung,<br />

wenn es ihnen gelingt,<br />

den Breitensport zu fördern: Nelson<br />

Mandela (re<strong>ch</strong>ts) <strong>und</strong> Desmond<br />

Tutu feiern die Vergabe der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aften<br />

2010<br />

an Südafrika.<br />

2<br />

Vladimir Andreff, Professor an der<br />

Universität Paris-Sorbonne, entwickelte<br />

2003 die Idee einer Steuer, die <strong>Sport</strong>vereine<br />

in den entwickelten Ländern<br />

<strong>für</strong> den Transfer von <strong>Sport</strong>lern/-innen<br />

aus dem Süden zu entri<strong>ch</strong>ten hätten. In<br />

Anspielung auf Pierre de Coubertin <strong>und</strong><br />

den Ökonomen James Tobin wird sie<br />

«Coubertobin-Steuer» genannt.<br />

61


Teil II: Themen & Projekte<br />

an den Olympis<strong>ch</strong>en Spielen oder anderen<br />

Meisters<strong>ch</strong>aften teilnehmen, keine Medaille<br />

na<strong>ch</strong> Hause bringen. Dieser Umstand könnte<br />

langfristig diese sportli<strong>ch</strong>en Begegnungen, die<br />

<strong>für</strong> die internationale Zusammenarbeit von grosser<br />

Bedeutung sind, gefährden. Einzig eine Zunahme<br />

aller sportli<strong>ch</strong>en Disziplinen in den am<br />

wenigsten entwickelten Ländern könnte diesen<br />

Trend umkehren <strong>und</strong> eine gemeinsame Identität<br />

fördern, eine Identität, die au<strong>ch</strong> einen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> sozialen Wert hat.<br />

Die sportli<strong>ch</strong>e Unterentwicklung der Länder des<br />

Südens geht Hand in Hand mit ihrer wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

Unterentwicklung. Gelingt es, den <strong>Sport</strong><br />

in diesen Ländern auf na<strong>ch</strong>haltige <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>e<br />

Weise zu fördern, so besteht die Hoffnung, dass<br />

diese negative Spirale dur<strong>ch</strong>bro<strong>ch</strong>en wird <strong>und</strong><br />

Aktivitäten freigesetzt werden, die zu wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em<br />

<strong>und</strong> sozialem Wa<strong>ch</strong>stum führen, ohne<br />

dadur<strong>ch</strong> die Umwelt zu gefährden.<br />

Südafrika hat si<strong>ch</strong> mit der Organisation der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />

2010 <strong>und</strong> anderer grossen<br />

<strong>Sport</strong>anlässe dieser Herausforderung gestellt.<br />

Wie es sie meistern wird, kann man in den<br />

nä<strong>ch</strong>sten Jahren mitverfolgen. Der Fall Südafrika<br />

könnte andere <strong>Entwicklung</strong>sländer dazu anspornen,<br />

ebenfalls <strong>Sport</strong>projekte zu lancieren, die einen<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Nutzen mit si<strong>ch</strong> bringen. <br />

Key Messages<br />

<strong>Sport</strong>, insbesondere der Breitensport, kann zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> einer<br />

Region beitragen.<br />

Grosse <strong>Sport</strong>veranstaltungen sind einer langfristigen wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong><br />

vor allem dann dienli<strong>ch</strong>, wenn es ihnen gelingt, den Breitensport zu fördern.<br />

<strong>Sport</strong> ermögli<strong>ch</strong>t die <strong>Entwicklung</strong> von drei vers<strong>ch</strong>iedenen Märkten: <strong>Sport</strong>aktivitäten,<br />

<strong>Sport</strong>ausrüstung <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>events. Gemeinsam bilden diese einen viel verspre<strong>ch</strong>enden<br />

Wirts<strong>ch</strong>aftszweig.<br />

Von <strong>Entwicklung</strong>sagenturen finanzierte <strong>Sport</strong>projekte können zu einer Förderung des<br />

Breitensports <strong>und</strong> somit zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong> beitragen.<br />

Die umweltverträgli<strong>ch</strong>e Nutzbarma<strong>ch</strong>ung von Naturräumen <strong>für</strong> sportli<strong>ch</strong>e Aktivitäten<br />

belebt den Tourismus, vielfa<strong>ch</strong> die wi<strong>ch</strong>tigste Einnahmequelle einer Region.<br />

Die indirekten ökonomis<strong>ch</strong>en Auswirkungen des Breitensports sind erhebli<strong>ch</strong>: <strong>Sport</strong><br />

fördert die Ges<strong>und</strong>heit, erhöht die Leistungsfähigkeit, vermindert krankheits- <strong>und</strong> motivationsbedingte<br />

Produktionsausfälle <strong>und</strong> entlastet das Ges<strong>und</strong>heitssystem.<br />

<strong>Sport</strong> eignet si<strong>ch</strong> hervorragend, um Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>für</strong> die Teilnahme an Ausbildungsprogrammen<br />

zu motivieren <strong>und</strong> sie bei der Stange zu halten.<br />

Die negativen Seiten des <strong>Sport</strong>s – Doping, Gewalt <strong>und</strong> Korruption – gefährden die<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Dynamik. Ihnen kann mit gezielter, auf bewährten Prinzipien <strong>und</strong><br />

Werten aufbauender Projektarbeit begegnet werden.<br />

Der Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong> bietet viel Raum <strong>für</strong> weitere<br />

Fors<strong>ch</strong>ungsarbeiten.<br />

62


<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

«Olympafrica» – Mit <strong>Sport</strong><br />

gegen die Armut<br />

Ort: Afrika, insbesondere Zentralafrika, Kongo, Burkina Faso, Ghana,<br />

Guinea-Bissau, Lesotho, Mosambik, São Tomé <strong>und</strong> Príncipe, Sambia <strong>und</strong> Südafrika<br />

Zielgruppe: Kinder <strong>und</strong> junge Erwa<strong>ch</strong>sene<br />

Organisation: Initiiert wurde das Projekt vom Internationalen Olympis<strong>ch</strong>en<br />

Komitee (IOC) <strong>und</strong> Daimler Chrysler. Finanzielle Unterstützung erhält es von<br />

der Weltbank <strong>und</strong> dem französis<strong>ch</strong>en Aussenministerium.<br />

Olympis<strong>ch</strong>e Spiele in Afrika In vielen<br />

Ländern werden diese bereits heute<br />

ausgetragen. Dabei gewinnen aber<br />

keine Spitzensportler/innen, sondern<br />

das Kleingewerbe, die Arbeit Su<strong>ch</strong>enden<br />

<strong>und</strong> die lokale Wirts<strong>ch</strong>aft.<br />

Auf die Frage, wie der olympis<strong>ch</strong>e Geist zur <strong>Entwicklung</strong><br />

der ärmsten Weltregionen konkret beitragen<br />

kann, fand der frühere IOC-Präsident Juan<br />

Antonio Samaran<strong>ch</strong> eine überzeugende Antwort:<br />

das Programm «Olympafrica». Erste Gehversu<strong>ch</strong>e<br />

wurden 1990 in Somone unternommen, einem<br />

verarmten Fis<strong>ch</strong>erdorf in der Nähe von Dakar<br />

(Senegal). Heute finden si<strong>ch</strong> in ganz Afrika über<br />

30 «Olympafrica»-Zentren, in denen <strong>Sport</strong>, Spiel,<br />

Kultur <strong>und</strong> Erziehung erfolgrei<strong>ch</strong> zur wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>Entwicklung</strong> einer Region beitragen.<br />

Die vers<strong>ch</strong>iedenen Zentren zielen primär darauf<br />

ab, die oft abgelegenen <strong>und</strong> verarmten Gebiete<br />

<strong>für</strong> die Jugendli<strong>ch</strong>en attraktiv zu halten <strong>und</strong> so<br />

die Abwanderung in die grossen Städte einzudämmen.<br />

Sie wollen den Zusammenhalt in einer<br />

Region fördern <strong>und</strong> jungen Erwa<strong>ch</strong>senen Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

bieten, si<strong>ch</strong> berufli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong><br />

zu engagieren <strong>und</strong> ihre Talente zu entfalten.<br />

Zu den Prinzipien von «Olympafrica» gehört es,<br />

dass die Initiative zur S<strong>ch</strong>affung eines Zentrums<br />

von der lokalen Bevölkerung ausgehen muss.<br />

Bau <strong>und</strong> Unterhalt werden in enger Zusammenarbeit<br />

mit Jugendorganisationen, den Behörden<br />

<strong>und</strong> dem lokalen Gewerbe konzipiert <strong>und</strong> in<br />

Angriff genommen. Das Baumaterial stammt aus<br />

der Region, <strong>Sport</strong>ausrüstungen <strong>und</strong> -geräte werden<br />

in lokalen Werkstätten hergestellt. Ein mögli<strong>ch</strong>st<br />

breit abgestützter «Lokaler Olympis<strong>ch</strong>er<br />

Klub» übernimmt die Leitung des Zentrums <strong>und</strong><br />

garantiert Unterhalt <strong>und</strong> Kontinuität.<br />

Die «Olympafrica»-Zentren sind multidimensional<br />

angelegt. Sie umfassen typis<strong>ch</strong>erweise eine<br />

einfa<strong>ch</strong> gehaltene <strong>Sport</strong>anlage mit Rennbahn,<br />

Fussballplatz, Ballsportfeld, Garderobe <strong>und</strong><br />

Empfangss<strong>ch</strong>alter. Darüber hinaus bieten sie<br />

S<strong>ch</strong>ul- <strong>und</strong> Unterri<strong>ch</strong>tsräume an, eine Sanitätsstation<br />

<strong>und</strong> ein Gemeindezentrum. Kulturelle<br />

Bedürfnisse werden mit Foyer, Bibliothek, Bühne<br />

sowie mit Ateliers abgedeckt.<br />

Ausdehnung auf andere Kontinente<br />

Ni<strong>ch</strong>t nur im senegalesis<strong>ch</strong>en Somone entwickelte<br />

si<strong>ch</strong> das «Olympafrica»-Zentrum zu einem<br />

wi<strong>ch</strong>tigen <strong>Entwicklung</strong>smotor. Au<strong>ch</strong> im von Armut<br />

<strong>und</strong> Ho<strong>ch</strong>wassers<strong>ch</strong>äden gezei<strong>ch</strong>neten mosambikanis<strong>ch</strong>en<br />

Dorf Boane spielt das «Olympafrica»-<br />

Zentrum bei einem <strong>Entwicklung</strong>sprogramm von<br />

ILO (International Labour Organisation) <strong>und</strong><br />

IOC eine gewi<strong>ch</strong>tige Rolle. Während das IOC<br />

die S<strong>ch</strong>ulgelder von r<strong>und</strong> 600 S<strong>ch</strong>ülern/-innen<br />

finanziert, die im Zentrum ausgebildet werden,<br />

näht eine Kooperative von Frauen die passenden<br />

S<strong>ch</strong>uluniformen. Zudem bietet das Zentrum<br />

<strong>Sport</strong>mögli<strong>ch</strong>keiten <strong>für</strong> r<strong>und</strong> 1000 Kinder aus<br />

der Umgebung. Auf diesen positiven Erfahrungen<br />

aufbauend, wurden jüngst zwei ähnli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sprogramme,<br />

«OlympAsia» <strong>und</strong> «Olymp-<br />

Oceania», in Angriff genommen.<br />

Weitere Informationen:<br />

www.olympafrica.org<br />

63


Teil II: Themen & Projekte<br />

<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Mobilisierung


<strong>Sport</strong> als Kanal <strong>für</strong> die Vermittlung<br />

von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong><br />

die Sensibilisierung <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heitsthemen:<br />

Plakat <strong>für</strong> den Laufwettbewerb<br />

«Rennen gegen Aids» in Indien.<br />

65


Teil II: Themen & Projekte<br />

Dank seiner grossen Popularität <strong>und</strong> medialen Präsenz ist der <strong>Sport</strong> ein wirksames<br />

Instrument <strong>für</strong> die Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften an breite<br />

Bevölkerungskreise. Sein hohes Mobilisierungspotenzial wird allerdings no<strong>ch</strong><br />

wenig systematis<strong>ch</strong> genutzt.<br />

Daniele Waldburger<br />

Die Na<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>t ers<strong>ch</strong>ütterte die Welt: Am 7. November<br />

1991 gibt Earvin Magic Johnson, der<br />

beste Basketballer der Welt, an einer Pressekonferenz<br />

in Los Angeles seine Infizierung mit<br />

dem HI-Virus bekannt. Glei<strong>ch</strong>zeitig zieht si<strong>ch</strong><br />

das Idol von Millionen von Jugendli<strong>ch</strong>en weltweit<br />

mit sofortiger Wirkung vom aktiven <strong>Sport</strong><br />

zurück.<br />

Die Ankündigung löst in der Öffentli<strong>ch</strong>keit<br />

weltweit Bestürzung aus. Zuglei<strong>ch</strong> markiert sie<br />

einen Meilenstein im Kampf gegen HIV/Aids:<br />

Mit Magic Johnson bekennt si<strong>ch</strong> erstmals ein<br />

Superstar <strong>und</strong> Jugendidol offen zu seiner Krankheit.<br />

Er trägt damit ents<strong>ch</strong>eidend zur Enttabuisierung<br />

des bis dahin gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> verdrängten<br />

«I<strong>ch</strong> bin HIV-positiv.»<br />

Magic Johnson während<br />

der Pressekonferenz im<br />

November 1991.<br />

Themas <strong>und</strong> zur Entstigmatisierung von HIV-Infizierten<br />

bei – zwei der wi<strong>ch</strong>tigsten Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> eine wirksame HIV/Aids-Prävention<br />

<strong>und</strong> -Bekämpfung.<br />

Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften<br />

an breite Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten<br />

Das Beispiel illustriert auf eindrückli<strong>ch</strong>e Weise,<br />

dass <strong>Sport</strong> ein hervorragendes Mittel <strong>für</strong> die<br />

Vermittlung von entwicklungsrelevanten Bots<strong>ch</strong>aften<br />

ist. Kaum eine andere Aktivität geniesst<br />

höhere Popularität, erhält grössere mediale<br />

Aufmerksamkeit <strong>und</strong> errei<strong>ch</strong>t damit mehr Mens<strong>ch</strong>en<br />

– auf der globalen ebenso wie auf der<br />

regionalen <strong>und</strong> lokalen Ebene.<br />

Egal ob in Brasilien, Kenia, Bhutan oder der Ukraine,<br />

überall identifizieren si<strong>ch</strong> Kinder <strong>und</strong> Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

mit lokalen <strong>und</strong> nationalen <strong>Sport</strong>idolen<br />

<strong>und</strong> eifern ihnen na<strong>ch</strong>. Internationale Stars<br />

wie Ronaldinho, David Beckham oder Mi<strong>ch</strong>ael<br />

Jordan sind Idole über alle kulturellen <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>en<br />

Grenzen hinweg. <strong>Sport</strong>veranstaltungen<br />

sind Publikumsmagneten ersten Ranges. Die<br />

Übertragung des Finals der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft<br />

2002 zwis<strong>ch</strong>en Brasilien <strong>und</strong> Deuts<strong>ch</strong>land,<br />

zum Beispiel, lockte über eine Milliarde<br />

Mens<strong>ch</strong>en vor die TV-Bilds<strong>ch</strong>irme – mehr als<br />

jedes andere Ereignis in der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der<br />

Mens<strong>ch</strong>heit.<br />

Dieses riesige Potenzial, das von der kommerziellen<br />

Werbung längst systematis<strong>ch</strong> genutzt<br />

wird, kann <strong>und</strong> wird zusehends au<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Errei<strong>ch</strong>ung<br />

von <strong>Entwicklung</strong>szielen eingesetzt.<br />

Die Mobilisierung von Spenden na<strong>ch</strong> der Tsunami-Katastrophe<br />

vom Dezember 2004 dur<strong>ch</strong><br />

internationale <strong>Sport</strong>verbände, die Sensibilisierung<br />

<strong>für</strong> das Problem der weltweiten Kinderarbeit<br />

anlässli<strong>ch</strong> der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aften<br />

66


<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />

2002 in Japan/Südkorea oder gross<br />

angelegte Kampagnen zur Aids-Prävention<br />

im südli<strong>ch</strong>en Afrika mit bekannten<br />

<strong>Sport</strong>lern/-innen sind nur<br />

einige von wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> tausenden<br />

Beispielen, in denen der <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong><br />

als Plattform <strong>für</strong> die Kommunikation<br />

von humanitären, <strong>Entwicklung</strong>s-,<br />

Friedens- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsbots<strong>ch</strong>aften<br />

genutzt wird.<br />

Aktive <strong>und</strong> ehemalige <strong>Sport</strong>ler/innen spielen<br />

dabei eine herausragende Rolle. Der Jahrh<strong>und</strong>ertfussballer<br />

Pélé, die Mittelstrecklerin Maria<br />

Mutola, der Ausnahmeläufer Haile Gebrselassie<br />

oder die Tennisstars Roger Federer <strong>und</strong> Boris<br />

Becker, sie alle <strong>und</strong> viele mehr stellen ihre<br />

Popularität immer häufiger in den Dienst von<br />

<strong>Entwicklung</strong> – sei es als Bots<strong>ch</strong>after/innen von<br />

<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen oder mit eigenen<br />

Hilfswerken.<br />

Im Verglei<strong>ch</strong> zu anderen kulturellen Aktivitäten<br />

hat der <strong>Sport</strong> aus kommunikativer Si<strong>ch</strong>t einige<br />

ents<strong>ch</strong>eidende Vorteile. Dies vor allem, weil<br />

er die Mens<strong>ch</strong>en auf einer emotionalen, persönli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> positiven Ebene<br />

anspri<strong>ch</strong>t. So hat er eine unerrei<strong>ch</strong>te Fähigkeit,<br />

breite S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten der Bevölkerung zu errei<strong>ch</strong>en.<br />

Vor allem kann er au<strong>ch</strong> Randgruppen wie etwa<br />

Strassenkinder, arbeitslose Jugendli<strong>ch</strong>e oder<br />

in ländli<strong>ch</strong>en Gebieten lebende Mens<strong>ch</strong>en<br />

anspre<strong>ch</strong>en, die dur<strong>ch</strong> andere Mittel nur sehr<br />

s<strong>ch</strong>wer zu errei<strong>ch</strong>en sind.<br />

<strong>Sport</strong> als Türöffner <strong>für</strong> andere<br />

Aktivitäten<br />

Die Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Kommunikation<br />

werden heute in der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

zunehmend gezielt genutzt. Weniger<br />

systematis<strong>ch</strong> wird er hingegen im Berei<strong>ch</strong> der<br />

Mobilisierung eingesetzt, obwohl sein Potenzial<br />

da<strong>für</strong> ebenfalls beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ist, wie die folgenden<br />

Beispiele zeigen:<br />

Im westafrikanis<strong>ch</strong>en Sierra Leone sind Spiel<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> wi<strong>ch</strong>tige Mittel, um einen ersten<br />

Kontakt zu oft verwahrlosten, ehemaligen Kindersoldaten<br />

herzustellen <strong>und</strong> so die Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> eine weiter gehende psy<strong>ch</strong>osoziale<br />

Betreuung <strong>und</strong> Resozialisierung zu s<strong>ch</strong>affen.<br />

«Kaum eine andere<br />

Aktivität geniesst höhere<br />

Popularität, erhält grössere<br />

mediale Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> errei<strong>ch</strong>t mehr Mens<strong>ch</strong>en<br />

als der <strong>Sport</strong>.»<br />

In der bolivianis<strong>ch</strong>en Gemeinde Murumamani<br />

(4200 m ü. M.) treffen si<strong>ch</strong> die lokalen<br />

Bauersfrauen regelmässig zum gemeinsamen<br />

Fussballspiel. Die Gelegenheit nutzen sie zum<br />

Informations- <strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong>, u. a.<br />

über neue landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Methoden oder<br />

die <strong>Entwicklung</strong> der Preise <strong>und</strong> Märkte <strong>für</strong> ihre<br />

Produkte.<br />

Im südli<strong>ch</strong>en Afrika nutzt Unicef mit grossem<br />

Erfolg <strong>Sport</strong>veranstaltungen <strong>für</strong> Impfaktionen<br />

gegen Masern. Bekannte <strong>Sport</strong>ler/innen aus<br />

vers<strong>ch</strong>iedensten Disziplinen werben <strong>für</strong> das Ges<strong>und</strong>heitsprogramm,<br />

in dessen Verlauf r<strong>und</strong> fünf<br />

Millionen Kinder geimpft wurden.<br />

Die sambis<strong>ch</strong>e NGO «<strong>Sport</strong> in Action» nutzt<br />

den <strong>Sport</strong>, um gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Strukturen<br />

aufzubauen. Sie bilden wiederum die Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> weiter gehende Aktivitäten wie etwa die<br />

S<strong>ch</strong>affung von landwirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Produktionsgemeins<strong>ch</strong>aften.<br />

In den Slums von Nairobi haben Jugendli<strong>ch</strong>e<br />

die Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association (MYSA)<br />

aufgebaut. Neben gemeinsamen <strong>Sport</strong>aktivitäten<br />

bietet die Organisation au<strong>ch</strong> Ausbildungsmögli<strong>ch</strong>keiten<br />

an <strong>und</strong> setzt si<strong>ch</strong> gegen Gewalt,<br />

Korruption <strong>und</strong> Umweltvers<strong>ch</strong>mutzung ein.<br />

In allen diesen Projekten steht der <strong>Sport</strong> im Mittelpunkt.<br />

Die Lust am gemeinsamen Spiel ist die<br />

wi<strong>ch</strong>tigste Motivation <strong>für</strong> die Beteiligten, um<br />

si<strong>ch</strong> regelmässig zu treffen. Glei<strong>ch</strong>zeitig wird<br />

dadur<strong>ch</strong> aber au<strong>ch</strong> eine gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Basis <strong>für</strong> weiter gehende Aktivitäten ges<strong>ch</strong>affen.<br />

Diese ausgeprägte Fähigkeit des <strong>Sport</strong>s,<br />

Kinder, Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene glei<strong>ch</strong>ermassen<br />

zu mobilisieren, zusammenzubringen<br />

67


Teil II: Themen & Projekte<br />

Zahlrei<strong>ch</strong>e <strong>Sport</strong>idole engagieren<br />

si<strong>ch</strong> als Bots<strong>ch</strong>after/innen<br />

<strong>für</strong> eine gere<strong>ch</strong>tere Welt:<br />

der S<strong>ch</strong>weizer Tennisstar Roger<br />

Federer, UNO-Bots<strong>ch</strong>after <strong>für</strong><br />

das Internationale Jahr des<br />

<strong>Sport</strong>s 2005, mit Kindern einer<br />

S<strong>ch</strong>ule in New Brighton (Südafrika)<br />

im März 2005.<br />

<strong>und</strong> zu gemeinsamen Aktivitäten zu motivieren,<br />

wird heute in <strong>Entwicklung</strong>sprogrammen no<strong>ch</strong><br />

zu selten gezielt eingesetzt. Dies, obwohl diese<br />

Türöffner-Qualitäten zu den herausragenden<br />

Merkmalen des <strong>Sport</strong>s gehören.<br />

Faktoren <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte<br />

Trotz der anerkanntermassen grossen Bedeutung<br />

des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> die Kommunikation von<br />

<strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften <strong>und</strong> die Mobilisierung<br />

<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sanliegen gibt es bisher nur<br />

wenige systematis<strong>ch</strong>e Auswertungen der Erfahrungen<br />

oder Ri<strong>ch</strong>tlinien <strong>für</strong> erfolgrei<strong>ch</strong>e Projekte.<br />

Einige zumindest vorläufige Erkenntnisse<br />

lassen si<strong>ch</strong> aus der bisherigen Praxis denno<strong>ch</strong><br />

ableiten:<br />

Anknüpfungspunkt <strong>für</strong> Mobilisierung: <strong>Sport</strong><br />

ist unabhängig von der <strong>Sport</strong>art ein idealer<br />

Anknüpfungspunkt, wenn es darum geht, Mens<strong>ch</strong>en<br />

auf einer emotionalen <strong>und</strong> lustbetonten<br />

Ebene anzuspre<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> sie <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong>sziele<br />

zu mobilisieren.<br />

Positive Rollenbilder: Erste Studien zeigen,<br />

dass <strong>Sport</strong>ler/innen als positive Rollenbilder<br />

wahrgenommen werden <strong>und</strong> das Verhalten von<br />

Jugendli<strong>ch</strong>en günstig beeinflussen können. Bei<br />

der Auswahl der <strong>Sport</strong>ler/innen <strong>für</strong> Informations-<br />

<strong>und</strong> Mobilisierungskampagnen muss si<strong>ch</strong>ergestellt<br />

werden, dass sie die Werte, die sie<br />

vermitteln sollen, tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> verkörpern.<br />

Kohärenz: Der Einsatz von <strong>Sport</strong> muss in eine<br />

kohärente Gesamtstrategie eingebettet sein.<br />

Von <strong>Sport</strong>lern/-innen verbreitete Bots<strong>ch</strong>aften<br />

zur Aids-Prävention, zum Beispiel, können nur<br />

dann na<strong>ch</strong>haltige Wirkungen erzielen, wenn<br />

sie dur<strong>ch</strong> andere Massnahmen wie breit verfügbare<br />

Beratungsdienste, zusätzli<strong>ch</strong>es Informationsmaterial,<br />

Integration der Thematik in den<br />

S<strong>ch</strong>ulunterri<strong>ch</strong>t usw. ergänzt werden. Einmalige<br />

<strong>und</strong> isolierte Aktionen sind dazu verurteilt, wirkungslos<br />

zu verpuffen.<br />

Klare Bots<strong>ch</strong>aften: Gr<strong>und</strong>sätzli<strong>ch</strong> können via<br />

<strong>Sport</strong> beliebige Bots<strong>ch</strong>aften verbreitet werden.<br />

Besonders gut geeignet s<strong>ch</strong>eint er jedo<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

die Vermittlung von Ges<strong>und</strong>heitsinformationen<br />

sowie sozialen Werten (Teamwork, Integration<br />

von Aussenseitern usw.) zu sein. In jedem Fall ist<br />

wi<strong>ch</strong>tig, dass die vermittelten Bots<strong>ch</strong>aften klar,<br />

einfa<strong>ch</strong> <strong>und</strong> zielgruppenspezifis<strong>ch</strong> aufbereitet<br />

sind.<br />

Einbezug der Medien: Dur<strong>ch</strong> eine enge Zusammenarbeit<br />

mit den Medien kann bei Sensibilisierungskampagnen<br />

eine grosse Verbreitung<br />

errei<strong>ch</strong>t werden. Bei der Auswahl der <strong>Sport</strong>ler/<br />

innen <strong>und</strong> der Aufbereitung der Bots<strong>ch</strong>aften<br />

sollte deshalb die mediale Verwertbarkeit im<br />

Auge behalten werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig sollten<br />

na<strong>ch</strong> Mögli<strong>ch</strong>keit vers<strong>ch</strong>iedene Kommunikationskanäle<br />

– TV, Radio, Print, Internet – mögli<strong>ch</strong>st<br />

breit ausges<strong>ch</strong>öpft werden.<br />

Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen: <strong>Sport</strong> spri<strong>ch</strong>t Knaben<br />

<strong>und</strong> Männer na<strong>ch</strong> wie vor wesentli<strong>ch</strong> stärker<br />

an als Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen. Dies sollte bei<br />

der Konzeption von Informationskampagnen<br />

berücksi<strong>ch</strong>tigt werden (vgl. dazu au<strong>ch</strong> Kapitel<br />

«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Gender», S. 46).<br />

Gefragt: übergreifende<br />

Partners<strong>ch</strong>aften<br />

No<strong>ch</strong> wird das grosse Sensibilisierungs- <strong>und</strong><br />

Mobilisierungspotenzial des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t voll ausges<strong>ch</strong>öpft. Damit dies<br />

ges<strong>ch</strong>ieht, brau<strong>ch</strong>t es vor allem zweierlei: Zum<br />

einen ein wesentli<strong>ch</strong> stärkeres Bewusstsein bei<br />

allen Akteuren – internationalen Organisationen,<br />

Regierungen, <strong>Sport</strong>verbänden, Privatwirts<strong>ch</strong>aft,<br />

Hilfswerken <strong>und</strong> Medien – <strong>für</strong> die erhebli<strong>ch</strong>en<br />

Mögli<strong>ch</strong>keiten des <strong>Sport</strong>s als Motor von<br />

<strong>Entwicklung</strong>. Zum anderen vermehrte Partners<strong>ch</strong>aften<br />

zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen Akteuren<br />

im Rahmen von lokalen, regionalen <strong>und</strong> nationalen<br />

<strong>Entwicklung</strong>sstrategien. Denn <strong>Sport</strong> –<br />

so mä<strong>ch</strong>tig er als Kommunikationsinstrument<br />

68


<strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />

au<strong>ch</strong> sein mag – kann immer nur ein Element<br />

in einer Palette von aufeinander abgestimmten<br />

Massnahmen sein.<br />

Erhebli<strong>ch</strong>er Na<strong>ch</strong>holbedarf besteht insbesondere<br />

au<strong>ch</strong> hinsi<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> einer systematis<strong>ch</strong>en<br />

Aufbereitung <strong>und</strong> Auswertung der bisherigen<br />

Erfahrungen mit <strong>Sport</strong> als Kommunikationsinstrument.<br />

Wel<strong>ch</strong>e Werte <strong>und</strong> Rollenbilder dur<strong>ch</strong><br />

den <strong>Sport</strong> transportiert werden, muss ebenso<br />

no<strong>ch</strong> genauer untersu<strong>ch</strong>t werden wie die Auswirkungen<br />

auf das Verhalten von ausgewählten<br />

Zielgruppen, unter ihnen vor allem au<strong>ch</strong> Frauen<br />

<strong>und</strong> Mäd<strong>ch</strong>en. No<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t abs<strong>ch</strong>liessend<br />

geklärt ist au<strong>ch</strong> die effektivste Weise <strong>für</strong> die<br />

Integration des <strong>Sport</strong>s in lokale, regionale <strong>und</strong><br />

globale <strong>Entwicklung</strong>sprogramme.<br />

Dass der <strong>Sport</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle in der <strong>Entwicklung</strong>skommunikation<br />

spielen kann, ist unbestritten.<br />

Dass er im Wesentli<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> eine<br />

Bots<strong>ch</strong>aft der Hoffnung steht, ebenfalls. Magic<br />

Johnson liefert au<strong>ch</strong> da<strong>für</strong> das beste Beispiel.<br />

Na<strong>ch</strong> der Ankündigung von 1991 erwarteten<br />

viele den ras<strong>ch</strong>en Niedergang <strong>und</strong> Tod des<br />

Weltstars. Do<strong>ch</strong> es kam anders. Johnson unternahm<br />

ni<strong>ch</strong>t nur vorübergehende Comebacks<br />

als Trainer <strong>und</strong> Spieler. Vor allem als Unternehmer<br />

bewies er, dass die HIV-Infektion ni<strong>ch</strong>t der<br />

Anfang vom Ende sein muss. Im Gegenteil: Mit<br />

unermüdli<strong>ch</strong>em Tatendrang baute si<strong>ch</strong> Johnson<br />

ein weit verzweigtes Ges<strong>ch</strong>äftsimperium auf<br />

<strong>und</strong> gilt heute als einer der einflussrei<strong>ch</strong>sten<br />

s<strong>ch</strong>warzen Unternehmer der USA.<br />

Er ist weiterhin als Bots<strong>ch</strong>after in der Aids-Prävention<br />

tätig. <br />

Key Messages<br />

<strong>Sport</strong> ist ein ideales Mittel, um Mens<strong>ch</strong>en <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sbots<strong>ch</strong>aften ni<strong>ch</strong>t nur<br />

zu sensibilisieren, sondern au<strong>ch</strong> zu mobilisieren.<br />

Über den <strong>Sport</strong> können breite Bevölkerungss<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten angespro<strong>ch</strong>en werden,<br />

insbesondere au<strong>ch</strong> marginalisierte Gruppen wie Strassenkinder, arbeitslose<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e oder Bewohner von ländli<strong>ch</strong>en Regionen.<br />

<strong>Sport</strong>ler/innen können eine wi<strong>ch</strong>tige Funktion als Rollenvorbilder haben <strong>und</strong> eignen<br />

si<strong>ch</strong> deshalb als Bots<strong>ch</strong>after/innen.<br />

Die grösste Wirkung erzielen Kommunikationsmassnahmen mittels <strong>Sport</strong> dann, wenn<br />

sie im Rahmen von übergreifenden <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Kommunikationsstrategien<br />

eingesetzt <strong>und</strong> dur<strong>ch</strong> zusätzli<strong>ch</strong>e soziale, wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> politis<strong>ch</strong>e Massnahmen<br />

ergänzt werden.<br />

Die Medien spielen als Partner <strong>und</strong> Multiplikatoren eine ents<strong>ch</strong>eidende Rolle, <strong>und</strong> ihre<br />

Bedürfnisse müssen berücksi<strong>ch</strong>tigt werden.<br />

Bei der <strong>Entwicklung</strong> von sportgestützten Informationsprogrammen muss besondere<br />

Aufmerksamkeit auf die Kommunikation mit Mäd<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> Frauen gelegt werden,<br />

da sie typis<strong>ch</strong>erweise über den <strong>Sport</strong> weniger angespro<strong>ch</strong>en werden können als<br />

Knaben <strong>und</strong> Männer.<br />

Die Aufbereitung <strong>und</strong> Auswertung von Projekterfahrungen im Rahmen von<br />

gezielten Evaluationen ist vordringli<strong>ch</strong>.<br />

69


Teil II: Themen & Projekte<br />

«Think and Move» – <strong>Sport</strong><br />

zum S<strong>ch</strong>utz der Umwelt <strong>und</strong> <strong>für</strong><br />

Völkerverständigung<br />

Ort: 10 Gemeinden in Bosnien-Herzegowina<br />

Zielgruppe: Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Mittels<strong>ch</strong>üler/innen im Alter zwis<strong>ch</strong>en 13 <strong>und</strong> 18 Jahren<br />

Organisation: Initiiert wurde das Projekt vom Koordinationsbüro der Direktion <strong>für</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA) in Sarajevo unter Mithilfe der lokalen<br />

Organisation RIN Action sowie der Papierfabrik Natron.<br />

Im Sommer 2005 haben in Bosnien-Herzegowina<br />

r<strong>und</strong> 7200 S<strong>ch</strong>ülerinnen <strong>und</strong><br />

S<strong>ch</strong>üler aus allen Landesteilen an Wettbewerben<br />

in den Sparten Fussball, Basketball<br />

<strong>und</strong> Ökologie teilgenommen.<br />

In der ersten Phase des Projekts ging es darum,<br />

das Eintrittspapier <strong>für</strong> die zweite <strong>und</strong> dritte<br />

Phase zu erwerben. Die zehn Gemeinden <strong>und</strong><br />

Städte, deren S<strong>ch</strong>ulklassen am meisten Altpapier<br />

zusammentrugen, qualifizierten si<strong>ch</strong> automatis<strong>ch</strong><br />

<strong>für</strong> die nä<strong>ch</strong>ste R<strong>und</strong>e. Die S<strong>ch</strong>ülerinnen<br />

<strong>und</strong> S<strong>ch</strong>üler sammelten so über 150 Tonnen<br />

Altpapier, mehr, als sonst in einem ganzen Jahr<br />

rezykliert wird.<br />

Na<strong>ch</strong> dieser ersten Hürde kam es in den ausgewählten<br />

Orts<strong>ch</strong>aften zu internen Auss<strong>ch</strong>eidungen<br />

in den Disziplinen Fussball, Basketball<br />

<strong>und</strong> Ökologie. Um zum grossen Finale der Top<br />

Ten in Sarajevo zugelassen zu werden, mussten<br />

si<strong>ch</strong> die Jugendli<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t nur Ballte<strong>ch</strong>niken<br />

aneignen, sondern au<strong>ch</strong> ein umfassendes ökologis<strong>ch</strong>es<br />

Wissen. In einem internetbasierten<br />

Spiel hatten die Teilnehmenden mögli<strong>ch</strong>st viele<br />

der 170 gestellten Fragen ri<strong>ch</strong>tig zu beantworten.<br />

Die Auss<strong>ch</strong>eidungsspiele begannen am 7. Mai<br />

<strong>und</strong> endeten mit dem grossen Finale am 11. Juni,<br />

u. a. im Beisein von Adolf Ogi, dem Sonderberater<br />

des UNO-Generalsekretärs <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> im<br />

Dienst von <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden. Die Auss<strong>ch</strong>eidungsspiele<br />

<strong>und</strong> das Finale wurden vom<br />

staatli<strong>ch</strong>en Fernsehen in Zusammenarbeit mit<br />

lokalen Fernsehstationen begleitet, zu einem<br />

einstündigen Film zusammenges<strong>ch</strong>nitten <strong>und</strong><br />

s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> ausgestrahlt.<br />

Erfolge auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen<br />

«Think and Move» ermögli<strong>ch</strong>te es vielen Jugendli<strong>ch</strong>en,<br />

zum ersten Mal ihren Heimatort zu verlassen.<br />

Für viele war es die erste Gelegenheit,<br />

Glei<strong>ch</strong>altrige aus anderen Gegenden kennen<br />

zu lernen <strong>und</strong> Kontakte über ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> religiöse<br />

Grenzen hinweg zu knüpfen. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

bewirkte das Projekt aber au<strong>ch</strong> eine starke Sensibilisierung<br />

im Berei<strong>ch</strong> Umwelts<strong>ch</strong>utz: Vers<strong>ch</strong>iedene<br />

S<strong>ch</strong>ulen sammeln weiterhin Altpapier <strong>und</strong><br />

finanzieren si<strong>ch</strong> dadur<strong>ch</strong> Ausflüge <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>ulreisen.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> motivierte es zahlrei<strong>ch</strong>e<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e, si<strong>ch</strong> vermehrt am Wiederaufbau<br />

eines aktiven Gemeindelebens zu beteiligen.<br />

Es war das erste Mal seit dem Ende der Balkankriege,<br />

dass ein Projekt so stark mobilisierte <strong>und</strong><br />

Jugendli<strong>ch</strong>e aus ganz Bosnien-Herzegowina in<br />

Atem hielt. In einem Land, in dem bis vor kurzem<br />

fast sämtli<strong>ch</strong>e Aspekte des Lebens politis<strong>ch</strong> instrumentalisiert<br />

wurden <strong>und</strong> Umwelts<strong>ch</strong>utz kein<br />

Thema war, s<strong>ch</strong>uf der <strong>Sport</strong> einerseits einen<br />

neutralen Raum, in dem si<strong>ch</strong> die Teilnehmenden<br />

neu <strong>und</strong> unbelastet begegnen konnten, <strong>und</strong> anderseits<br />

einen Anreiz, si<strong>ch</strong> mit den Folgen von<br />

Umweltvers<strong>ch</strong>mutzung zu bes<strong>ch</strong>äftigen. <br />

Weitere Informationen:<br />

www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

70


Teil III<br />

synthese & Perspektiven<br />

71


Teil III: synthese & perspektiven<br />

S<strong>ch</strong>lussfolgerungen<br />

<strong>und</strong> Ausblick


Grosses Zukunftspotenzial<br />

von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Frieden: Jugendli<strong>ch</strong>e beim<br />

abendli<strong>ch</strong>en Cricket-Spiel in der<br />

afghanis<strong>ch</strong>en Stadt Kandahar.<br />

73


Teil III: synthese & perspektiven<br />

In H<strong>und</strong>erten von Projekten weltweit beweisen <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel tägli<strong>ch</strong> ihre<br />

Stärken als Instrument <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Jetzt geht es darum,<br />

die gema<strong>ch</strong>ten Erfahrungen auszuwerten <strong>und</strong> zu dokumentieren. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

müssen Zusammenarbeit <strong>und</strong> Koordination zwis<strong>ch</strong>en den vers<strong>ch</strong>iedenen<br />

Akteuren verstärkt <strong>und</strong> verbessert werden, wenn der <strong>Sport</strong> sein riesiges<br />

<strong>Entwicklung</strong>spotenzial voll entfalten soll.<br />

Na<strong>ch</strong> eher zaghaften Anfängen hat der Berei<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> in den letzten Jahren<br />

eine beeindruckende Dynamik entwickelt. Das<br />

zeigt si<strong>ch</strong> zum einen in der s<strong>ch</strong>nell wa<strong>ch</strong>senden<br />

Zahl von Projekten weltweit, in denen <strong>Sport</strong> <strong>für</strong><br />

die Errei<strong>ch</strong>ung von <strong>Entwicklung</strong>szielen eingesetzt<br />

wird. Zum anderen daran, dass si<strong>ch</strong> der<br />

theoretis<strong>ch</strong>e Diskurs erhebli<strong>ch</strong> intensiviert hat<br />

<strong>und</strong> heute eine globale entwicklungspolitis<strong>ch</strong>e<br />

Debatte unter Einbezug aller Akteure stattfindet –<br />

Regierungen, internationaler Organisationen,<br />

bilateraler <strong>Entwicklung</strong>sagenturen, <strong>Sport</strong>organisationen,<br />

NGOs, Wirts<strong>ch</strong>aft, Medien <strong>und</strong> Wissens<strong>ch</strong>aft.<br />

Die Skepsis, wel<strong>ch</strong>e dem <strong>Sport</strong> in <strong>Entwicklung</strong>skreisen<br />

mitunter entgegengebra<strong>ch</strong>t wurde, hat<br />

si<strong>ch</strong> inzwis<strong>ch</strong>en weitgehend gelegt. Die Erkenntnis<br />

hat si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong>gesetzt, dass es die Bündelung<br />

aller gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kräfte brau<strong>ch</strong>t,<br />

wenn global gesteckte <strong>Entwicklung</strong>sziele wie<br />

«Aktuelle Projekte im Berei<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

decken eine breite thematis<strong>ch</strong>e<br />

Palette ab <strong>und</strong> sind auf allen<br />

Ebenen angesiedelt – lokal,<br />

national <strong>und</strong> international.»<br />

die MDGs (Millennium Development Goals)<br />

errei<strong>ch</strong>t werden sollen. Heute wird der <strong>Sport</strong><br />

zunehmend als positive Kraft anerkannt, deren<br />

unausges<strong>ch</strong>öpftes Potenzial es im Interesse von<br />

<strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden zu nutzen gilt. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

drückt si<strong>ch</strong> darin ein verändertes Verständnis<br />

der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit aus:<br />

Wurden in einem spezifis<strong>ch</strong>en <strong>Entwicklung</strong>skontext<br />

früher «S<strong>ch</strong>lüsselprobleme» identifiziert <strong>und</strong><br />

dann spezielle Massnahmen <strong>für</strong> ihre Bekämpfung<br />

entwickelt, so identifiziert man heute vermehrt<br />

die positiven gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Kräfte,<br />

die zu Lösungen beitragen können, <strong>und</strong> stärkt<br />

diese mit geeigneten Massnahmen. Der <strong>Sport</strong><br />

zählt zu diesen Kräften.<br />

Projekte <strong>und</strong> S<strong>ch</strong>werpunkte<br />

Weltweit gibt es heute H<strong>und</strong>erte von Projekten,<br />

in denen <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> eingesetzt wird.<br />

Sie sind auf allen Ebenen angesiedelt – lokal,<br />

national <strong>und</strong> international. Eine detaillierte Auswertung<br />

na<strong>ch</strong> Themens<strong>ch</strong>werpunkten gibt es<br />

ni<strong>ch</strong>t. Eine ungefähre Bestandesaufnahme<br />

legt aber folgende Verteilung nahe, wobei<br />

die thematis<strong>ch</strong>e Zuordnung wegen des<br />

übergreifenden («cross-cutting») Charakters<br />

von <strong>Sport</strong> ni<strong>ch</strong>t eindeutig sein kann.<br />

Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung / soziale<br />

Integration bzw. Ges<strong>und</strong>heitsförderung<br />

Der prozentual grösste Teil der Projekte<br />

ist in den Berei<strong>ch</strong>en «Persönli<strong>ch</strong>keitsentwicklung<br />

/ soziale Integration» <strong>und</strong><br />

«Ges<strong>und</strong>heit» zu finden. Überregionale In-<br />

74


S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick<br />

Bündelung der Kräfte als Gr<strong>und</strong>lage<br />

des Erfolgs: bena<strong>ch</strong>teiligte<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e aus 20 Ländern am<br />

Jugendcamp «Play for Peace»<br />

in Trogen, S<strong>ch</strong>weiz (August 2005).<br />

itiativen wie «Kicking AIDS Out!» im südli<strong>ch</strong>en<br />

Afrika (vgl. S. 37) oder Projekte <strong>für</strong> bena<strong>ch</strong>teiligte<br />

Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Strassenkinder wie «Droit au<br />

<strong>Sport</strong>» in Côte d’Ivoire (vgl. S. 29) sind gute<br />

Beispiele da<strong>für</strong>.<br />

Das kommt ni<strong>ch</strong>t überras<strong>ch</strong>end. Die S<strong>ch</strong>ulung<br />

von so genannten «life skills» wie Teamwork, Respekt<br />

<strong>für</strong> den Gegner, Fairplay usw. <strong>und</strong> die Förderung<br />

des Selbstwerts <strong>und</strong> des Körpergefühls<br />

sind gewissermassen immanente Bestandteile<br />

des <strong>Sport</strong>s, die dur<strong>ch</strong> kompetente Anleitung realisiert<br />

werden können. Dasselbe gilt <strong>für</strong> die ges<strong>und</strong>heitsfördernde<br />

Wirkung. Mens<strong>ch</strong>en in die<br />

Lage zu versetzen, autonome Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />

zu fällen <strong>und</strong> selbst über ihr Leben zu bestimmen<br />

(Empowerment), zählt zu den Hauptzielen<br />

aller <strong>Entwicklung</strong>sprozesse. <strong>Sport</strong>angebote <strong>für</strong><br />

Kinder, Jugendli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> Erwa<strong>ch</strong>sene können<br />

dazu viel beitragen.<br />

Friedensförderung / Konfliktprävention /<br />

Konfliktbewältigung<br />

Ebenfalls gut vertreten sind Projekte, die im weiteren<br />

Sinn den Berei<strong>ch</strong>en Friedensförderung<br />

<strong>und</strong> Konfliktbewältigung zuzuordnen sind. Im<br />

Mittelpunkt stehen hier die zahlrei<strong>ch</strong>en Projekte<br />

in Flü<strong>ch</strong>tlingslagern, wie sie etwa von der NGO<br />

«Right to Play» <strong>und</strong> dem UNO-Ho<strong>ch</strong>kommissariat<br />

<strong>für</strong> Flü<strong>ch</strong>tlinge (UNHCR) dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />

Sie tragen sowohl zur Traumabewältigung<br />

als au<strong>ch</strong> zur Wiederannäherung zwis<strong>ch</strong>en einstigen<br />

Konfliktparteien bei. Weitere Beispiele aus<br />

Indien (vgl. S. 45), Rwanda, Israel/Palästina<br />

<strong>und</strong> dem Kosovo zeigen, dass der <strong>Sport</strong> erfolgrei<strong>ch</strong><br />

Brücken über religiöse, ethnis<strong>ch</strong>e <strong>und</strong><br />

politis<strong>ch</strong>e Gräben s<strong>ch</strong>lagen kann. Allerdings<br />

birgt er gerade in diesem Berei<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong><br />

Gefahrenpotenziale, da er Spannungen <strong>und</strong><br />

Konflikte au<strong>ch</strong> verstärken kann.<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung<br />

Ein dritter S<strong>ch</strong>werpunkt des <strong>Sport</strong>s liegt in der<br />

Kommunikation <strong>und</strong> Mobilisierung. Vor allem<br />

auf nationaler <strong>und</strong> internationaler Ebene wer-<br />

75


Teil III: synthese & perspektiven<br />

den <strong>Sport</strong>idole <strong>und</strong> <strong>Sport</strong>veranstaltungen oft als<br />

Kanäle <strong>für</strong> die Vermittlung von <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong><br />

Friedensbots<strong>ch</strong>aften eingesetzt. Die Sensibilisierung<br />

<strong>für</strong> Kinderre<strong>ch</strong>te dur<strong>ch</strong> Unicef <strong>und</strong> Fifa anlässli<strong>ch</strong><br />

der Fussballweltmeisters<strong>ch</strong>aft 2002 oder<br />

das Projekt «Football against Racism» in Europa<br />

sind nur einige von Dutzenden Beispielen. Weniger<br />

gezielt <strong>und</strong> systematis<strong>ch</strong> hingegen s<strong>ch</strong>eint<br />

das Mobilisierungspotenzial des <strong>Sport</strong>s <strong>für</strong> andere<br />

entwicklungsrelevante Aktivitäten genutzt zu<br />

werden. Beispiele wie etwa «Think and Move» in<br />

Bosnien-Herzegowina (vgl. S. 70), wo <strong>Sport</strong> als<br />

«Türöffner» <strong>für</strong> Umweltprojekte eingesetzt wurde,<br />

oder gezielte Impfaktionen im Rahmen von<br />

<strong>Sport</strong>veranstaltungen, wie sie von Unicef wiederholt<br />

dur<strong>ch</strong>geführt wurden, sind ni<strong>ch</strong>t die Regel.<br />

Gender<br />

Es gibt eine starke globale Bewegung, wel<strong>ch</strong>e<br />

si<strong>ch</strong> <strong>für</strong> die Teilnahme von Frauen am <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> ihre Glei<strong>ch</strong>stellung innerhalb des <strong>Sport</strong>s<br />

einsetzt. In der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

hat si<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> als Instrument zur Förderung der<br />

Glei<strong>ch</strong>stellung der Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>ter jedo<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t breit etabliert. Vers<strong>ch</strong>iedene Beispiele<br />

wie etwa das Projekt «Ishraq» in Ägypten (vgl.<br />

S. 55), in dem <strong>Sport</strong> eine wi<strong>ch</strong>tige Komponente<br />

bei der Ausbildung von jungen Frauen bildet,<br />

zeigen aber das erhebli<strong>ch</strong>e Potenzial von <strong>Sport</strong><br />

in diesem Berei<strong>ch</strong> auf.<br />

Wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>Entwicklung</strong><br />

Während der <strong>Sport</strong> als Wirts<strong>ch</strong>aftsfaktor auf<br />

der globalen Ebene <strong>und</strong> in Bezug auf die Nationalökonomien<br />

der Industrieländer detailliert<br />

dokumentiert ist, fehlen entspre<strong>ch</strong>ende Studien<br />

<strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong>sländer. Projekte, in denen der<br />

<strong>Sport</strong> unmittelbar als Instrument <strong>für</strong> Bes<strong>ch</strong>äftigungs-<br />

<strong>und</strong> Einkommensförderung genutzt wird,<br />

sind selten. Dies kann damit zusammenhängen,<br />

dass zuerst gr<strong>und</strong>legende <strong>Sport</strong>strukturen aufgebaut<br />

werden müssen, bevor der <strong>Sport</strong> zu<br />

einem lokalen Wirts<strong>ch</strong>aftsfaktor wird. Über die<br />

Förderung der allgemeinen Ges<strong>und</strong>heit der<br />

Bevölkerung hat der <strong>Sport</strong> aber au<strong>ch</strong> indirekt<br />

einen positiven Effekt auf die Volkswirts<strong>ch</strong>aft,<br />

etwa indem er das Ges<strong>und</strong>heitswesen entlastet<br />

<strong>und</strong> die Produktivität erhöht.<br />

Vom Anekdotis<strong>ch</strong>en zur Evidenz<br />

Es fällt auf, dass <strong>Sport</strong> heute äusserst vielfältig<br />

genutzt wird. Dabei geht die Initiative <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sprojekte von unters<strong>ch</strong>iedli<strong>ch</strong>en<br />

Akteuren aus. NGOs, internationale Organisationen,<br />

<strong>Sport</strong>organisationen <strong>und</strong> bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />

spielen alle eine wi<strong>ch</strong>tige<br />

Rolle. Allerdings wird <strong>Sport</strong> von ihnen nur<br />

in Ausnahmefällen systematis<strong>ch</strong> <strong>und</strong> gezielt eingesetzt.<br />

Abgesehen von spezialisierten NGOs<br />

wie «Right to Play», «<strong>Sport</strong> sans Frontières» oder<br />

«Streetfootballworld» hat ein Mainstreaming in<br />

den meisten Organisationen bisher ni<strong>ch</strong>t stattgef<strong>und</strong>en.<br />

Das hat vers<strong>ch</strong>iedene Gründe. «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />

ist als entwicklungspolitis<strong>ch</strong>es Thema<br />

no<strong>ch</strong> jung. Der Diskurs ist no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t ausgereift<br />

<strong>und</strong> weist diverse Lücken auf. So hat eine systematis<strong>ch</strong>e<br />

Aufarbeitung <strong>und</strong> Auswertung von<br />

Erfahrungen erst begonnen, <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> der konzeptionelle<br />

Referenzrahmen ist no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t endgültig<br />

gefestigt. In vielen Organisationen mangelt<br />

es an Bewusstsein <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Spiel <strong>und</strong> au<strong>ch</strong> an spezifis<strong>ch</strong>em<br />

Wissen <strong>und</strong> praktis<strong>ch</strong>er Erfahrung.<br />

Um dies zu ändern, müssen unter anderem die<br />

theoretis<strong>ch</strong>en <strong>und</strong> operativen Gr<strong>und</strong>lagen systematisiert<br />

<strong>und</strong> ausgebaut sowie die Bewusstseinsbildung<br />

weiter verstärkt werden. Handlungsbedarf<br />

besteht dabei auf vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen:<br />

Validierung: Die systematis<strong>ch</strong>e Aufarbeitung<br />

von Erfahrungen aus konkreten <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>sprojekten muss verstärkt werden.<br />

Heute werden positive Auswirkungen oft eher<br />

behauptet als belegt. Projekte müssen evaluiert<br />

<strong>und</strong> ihre positiven (<strong>und</strong> negativen) Effekte dokumentiert<br />

werden. Voraussetzung da<strong>für</strong> ist die<br />

<strong>Entwicklung</strong> von wirksamen Instrumenten <strong>für</strong><br />

Monitoring <strong>und</strong> Evaluation.<br />

Systematisierung: Die analytis<strong>ch</strong>en Konzepte<br />

<strong>und</strong> der theoretis<strong>ch</strong>e Referenzrahmen <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> müssen weiterentwickelt <strong>und</strong><br />

ges<strong>ch</strong>ärft werden. Glei<strong>ch</strong>zeitig müssen die<br />

Anwendungsmögli<strong>ch</strong>keiten von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> spezifis<strong>ch</strong>e<br />

<strong>Entwicklung</strong>sprobleme herausgearbeitet<br />

werden. Was kann <strong>Sport</strong>, was andere Instrumente<br />

ni<strong>ch</strong>t können Wie muss <strong>Sport</strong> vermittelt<br />

<strong>und</strong> verankert werden, damit er grösstmögli<strong>ch</strong>e<br />

76


S<strong>ch</strong>lussfolgerungen <strong>und</strong> Ausblick<br />

Wirkung erzielt Wie lassen si<strong>ch</strong> negative<br />

Effekte minimieren Dies einige<br />

der mögli<strong>ch</strong>en Leitfragen.<br />

Operationalisierung: Die <strong>Entwicklung</strong><br />

von Policies <strong>für</strong> die Einbettung<br />

von <strong>Sport</strong> in übergreifende<br />

<strong>Entwicklung</strong>sstrategien ist vordringli<strong>ch</strong>.<br />

Zudem brau<strong>ch</strong>t es aus operativer<br />

Si<strong>ch</strong>t Instrumente (Ri<strong>ch</strong>tlinien,<br />

Toolkits, Checklisten, Websites usw.), wel<strong>ch</strong>e<br />

Standards definieren <strong>und</strong> die Realisierung<br />

von Projekten erlei<strong>ch</strong>tern.<br />

Sensibilisierung <strong>und</strong> Dokumentation: Die<br />

Sensibilisierung von Ents<strong>ch</strong>eidungsträgern/-innen<br />

<strong>und</strong> Praktikern/-innen <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

des <strong>Sport</strong>s muss bei allen relevanten Akteuren<br />

fortgesetzt <strong>und</strong> verstärkt werden. Dazu sollte<br />

vermehrt Informations- <strong>und</strong> Ans<strong>ch</strong>auungsmaterial<br />

(Case Studies, Factsheets usw.) aufbereitet<br />

werden.<br />

Diese Systematisierung ist gegenwärtig im<br />

Gang, wobei das Internationale Jahr des <strong>Sport</strong>s<br />

<strong>und</strong> der <strong>Sport</strong>erziehung 2005 eine wi<strong>ch</strong>tige<br />

Katalysatorfunktion wahrgenommen hat. Ein<br />

Ausdruck davon sind die zahlrei<strong>ch</strong>en nationalen<br />

<strong>und</strong> internationalen Konferenzen, die zu<br />

zentralen Themen wie «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit»,<br />

«<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden» oder «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bildung»<br />

dur<strong>ch</strong>geführt werden.<br />

Scaling up: globales Netzwerk <strong>für</strong><br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

Mögli<strong>ch</strong>st vielen Mens<strong>ch</strong>en den Zugang zu<br />

<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung zu eröffnen <strong>und</strong> das <strong>Entwicklung</strong>spotenzial<br />

des <strong>Sport</strong>s mögli<strong>ch</strong>st breit<br />

zu nutzen, ist <strong>und</strong> bleibt das oberste Ziel. Bei<br />

den meisten heutigen <strong>Sport</strong>- <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>sprojekten<br />

handelt es si<strong>ch</strong> jedo<strong>ch</strong> um Insellösungen,<br />

die in der Regel ledigli<strong>ch</strong> eine eng<br />

bes<strong>ch</strong>ränkte Zahl von Mens<strong>ch</strong>en errei<strong>ch</strong>en <strong>und</strong><br />

über ihre unmittelbare Umgebung hinaus kaum<br />

breitere Wirkung erzielen. Um dies zu ändern,<br />

müssen die Aktivitäten erhebli<strong>ch</strong> ausgedehnt<br />

<strong>und</strong> auf eine neue politis<strong>ch</strong>e Ebene gehoben<br />

werden.<br />

Für ein sol<strong>ch</strong>es «Upscaling» ist einerseits eine<br />

verstärkte Sensibilisierung <strong>und</strong> Mobilisierung der<br />

«Mit Ausnahme von<br />

spezialisierten NGOs hat ein<br />

Mainstreaming in den meisten<br />

<strong>Entwicklung</strong>sorganisationen<br />

no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t stattgef<strong>und</strong>en.»<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Akteure notwendig, andererseits<br />

ein Ausbau der Kooperation <strong>und</strong> Koordination<br />

im Rahmen einer internationalen Allianz.<br />

Die Bildung eines globalen Netzwerks <strong>für</strong> <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> wurde an der 1. Magglingen<br />

Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> im Februar<br />

2003 erstmals postuliert. Seither wurden auf<br />

vers<strong>ch</strong>iedenen Ebenen Forts<strong>ch</strong>ritte erzielt (vgl.<br />

«Weiterführende Informationen», S. 80), <strong>und</strong><br />

es zei<strong>ch</strong>nen si<strong>ch</strong> erste Konturen einer internationalen<br />

Allianz ab. Sie folgt einem Multi-<br />

Stakeholder-Ansatz <strong>und</strong> zielt darauf ab, dass<br />

die einzelnen Akteure ihre spezifis<strong>ch</strong>en Stärken<br />

<strong>und</strong> Interessen optimal einbringen können.<br />

Die Aufgaben <strong>und</strong> Rollen der vers<strong>ch</strong>iedenen Akteure<br />

präsentieren si<strong>ch</strong> dabei folgendermassen:<br />

Internationale <strong>Entwicklung</strong>sorganisationen:<br />

Führungsrolle im Policy-Dialog auf strategis<strong>ch</strong>er<br />

<strong>und</strong> globaler Ebene; Sensibilisierung der internationalen<br />

Akteure; Netzwerkbildung <strong>und</strong> Koordination;<br />

Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Aufbereitung von<br />

exemplaris<strong>ch</strong>en Projekten, Programmen <strong>und</strong><br />

Ansätzen; Mainstreaming<br />

<strong>Sport</strong>organisationen: Stärkere Gewi<strong>ch</strong>tung<br />

von <strong>Entwicklung</strong>szielen in <strong>Sport</strong>projekten; Aufnahme<br />

von <strong>Entwicklung</strong>sthemen in die Ausbildung<br />

von Coa<strong>ch</strong>es<br />

Regierungen: <strong>Entwicklung</strong> von kohärenten<br />

sportpolitis<strong>ch</strong>en Konzepten <strong>und</strong> Programmen<br />

sowie ihre berei<strong>ch</strong>sübergreifende Koordination<br />

<strong>und</strong> Implementierung (u. a. Förderung von S<strong>ch</strong>ulsport,<br />

Einbezug von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Bewegung in die<br />

Ges<strong>und</strong>heitspolitik; Koordination der Akteure<br />

usw.)<br />

77


Teil III: synthese & perspektiven<br />

Bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sagenturen: Integration<br />

von <strong>Sport</strong> in bilaterale <strong>Entwicklung</strong>sprogramme;<br />

Dur<strong>ch</strong>führung <strong>und</strong> Aufbereitung von<br />

exemplaris<strong>ch</strong>en Projekten, Programmen <strong>und</strong><br />

Ansätzen; Mainstreaming<br />

NGOs: Beweisführung auf der Praxisebene<br />

dur<strong>ch</strong> Pilotprojekte; Sammlung <strong>und</strong> Weitergabe<br />

von Erfahrungen<br />

Wirts<strong>ch</strong>aft: Si<strong>ch</strong>erstellen von fairen Produktionsbedingungen;<br />

Sponsoring von entwicklungsorientierten<br />

<strong>Sport</strong>aktivitäten<br />

Medien: Beri<strong>ch</strong>terstattung über den <strong>Sport</strong><br />

als gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Thema jenseits der reinen<br />

«Die Verständigung aller<br />

Akteure auf eine gemeinsame<br />

Vision, gemeinsame Ziele<br />

<strong>und</strong> einen gemeinsamen Handlungsrahmen<br />

ist ein<br />

wi<strong>ch</strong>tiges Ziel des laufenden<br />

Policy-Dialogs.»<br />

<strong>Sport</strong>aktualität; Sensibilisierung <strong>für</strong> die Mögli<strong>ch</strong>keiten<br />

von <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Frieden<br />

Wissens<strong>ch</strong>aft <strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung: S<strong>ch</strong>ärfung der<br />

analytis<strong>ch</strong>en Konzepte; Analyse von Erfahrungen;<br />

Unterstützung der Praktiker bei der <strong>Entwicklung</strong><br />

von Evaluationsmethoden <strong>und</strong> -instrumenten<br />

In einer nä<strong>ch</strong>sten Phase geht es jetzt darum,<br />

die bereits angelegten Strukturen des globalen<br />

Netzes zu festigen <strong>und</strong> zu erweitern.<br />

Ein wi<strong>ch</strong>tiges Mittel dazu ist unter anderem die<br />

Weiterführung des Policy-Dialogs. Er hat zum<br />

Ziel, dass si<strong>ch</strong> alle Stakeholder auf eine gemeinsame<br />

Vision, gemeinsame Ziele <strong>und</strong> einen gemeinsamen<br />

Handlungsrahmen verständigen.<br />

Ebenso wi<strong>ch</strong>tig ist die Förderung von Strukturen<br />

<strong>und</strong> Instrumenten, wel<strong>ch</strong>e den Wissens-<br />

<strong>und</strong> Erfahrungsaustaus<strong>ch</strong> sowie die<br />

Koordination zwis<strong>ch</strong>en den Akteuren erlei<strong>ch</strong>tern.<br />

S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> <strong>und</strong> vor allem geht<br />

es um die Förderung innovativer Partners<strong>ch</strong>aften<br />

auf allen Ebenen – lokal,<br />

national <strong>und</strong> international. Sie sind der<br />

beste Garant da<strong>für</strong>, dass die angelaufene<br />

Dynamik weiter verstärkt wird <strong>und</strong> der<br />

<strong>Sport</strong> sein riesiges Potenzial <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

<strong>und</strong> Frieden na<strong>ch</strong>haltig realisieren<br />

kann. <br />

78


Annex<br />

79


Annex<br />

Weiterführende Informationen<br />

Die Zusammenstellung der ausgewählten Initiativen,<br />

Toolkits, Informationsquellen <strong>und</strong> Dokumente erhebt<br />

keinen Anspru<strong>ch</strong> auf Vollständigkeit.<br />

Initiativen<br />

International Platform «<strong>Sport</strong> and Development»:<br />

www.sportanddev.org<br />

International Working Group on <strong>Sport</strong> for<br />

Development and Peace:<br />

www.sportanddev.org/en/sdpiwg.htm<br />

International Working Group on Women and <strong>Sport</strong>:<br />

www.iwg-gti.org<br />

Swiss Working Group on <strong>Sport</strong> and Development:<br />

www.sportanddev.org<br />

International Toolkit Team:<br />

www.toolkitsportdevelopment.org<br />

Toolkits<br />

Coalter F. (2002): <strong>Sport</strong> and community<br />

development: A manual, www.sportdevelopment.org.<br />

uk/html/sportcomdevman2002.html<br />

International Paralympic Committee (2004):<br />

Disability Rights Toolkit, www.paralympic.org/release/<br />

Main_Sections_Menu/Development/Development_<br />

Programmes/Symposium/Disability_Rights_Toolkit.pdf<br />

International Working Group on Women and<br />

<strong>Sport</strong> (2002): The Montreal Toolkit. A legacy of 2002<br />

World Conference, www.canada2002.org/e/toolkit/<br />

<strong>Sport</strong> for Development,<br />

www.toolkitsportdevelopment.org<br />

Policy-Dokumente<br />

1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong><br />

(2003): Magglingen Deklaration, S<strong>ch</strong>lusserklärung<br />

der 1. Magglingen Konferenz <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Entwicklung</strong>, 16.–18. Februar 2003<br />

Australian <strong>Sport</strong>s Commission (2004): Pacific<br />

<strong>Sport</strong>ing Needs Assessment<br />

DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />

(2004): <strong>Sport</strong> <strong>für</strong> Frieden <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>. Das<br />

Engagement der DEZA <strong>und</strong> das internationale Jahr<br />

des <strong>Sport</strong>s 2005<br />

DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit,<br />

BASPO – B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> (2003): <strong>Sport</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>, Konzept<br />

Netherlands Ministry of Foreign Affairs (1998):<br />

<strong>Sport</strong> in Development – Teamwork Scores. Policy<br />

Memorandum on <strong>Sport</strong> in the Context of Development<br />

Cooperation<br />

Norwegian Ministry of Foreign Affairs (2005):<br />

Norway’s culture and sports co-operation with<br />

countries in the South<br />

PMP in partnership with the Institute of <strong>Sport</strong> and<br />

Leisure Policy, Loughborough University / European<br />

Commission (2004): <strong>Sport</strong> and Multiculturalism<br />

(Lot 3). Final Report<br />

Right to Play (2004): Harnessing the Power of<br />

<strong>Sport</strong> for Development and Peace. Report from the<br />

Athens Ro<strong>und</strong>table Forum<br />

UNESCO (1999): MINEPS III. Final Report. Third<br />

International Conference of Ministers and Senior<br />

Officials Responsible for Physical Education and<br />

<strong>Sport</strong>, Punta del Este – Uruguay,<br />

30. November – 3. Dezember<br />

UNICEF – The United Nations Children’s F<strong>und</strong><br />

(2004): <strong>Sport</strong>, Recreation and Play<br />

UN Inter-Agency Task Force on <strong>Sport</strong> for Development<br />

and Peace (2003): <strong>Sport</strong> for Development and<br />

Peace: Towards A<strong>ch</strong>ieving the Millennium Development<br />

Goals<br />

UN (2005): Concept of the International Year of<br />

<strong>Sport</strong> and Physical Education 2005<br />

UN Resolution 58/5 of 17 November 2003:<br />

<strong>Sport</strong> as a means to promote health, education,<br />

development and peace<br />

UN-Resolution 59/10 of 27 October 2004:<br />

<strong>Sport</strong> as a means to promote education, health,<br />

development and peace<br />

Weblinks<br />

2 nd Magglingen Conference on <strong>Sport</strong> and<br />

Development 2005: www.magglingen2005.org<br />

Australian <strong>Sport</strong>s Commission:<br />

www.ausport.gov.au/international/index.asp<br />

Canadian International Development Agency:<br />

www.acdi-cida.gc.ca<br />

Council of Europe, The Europe of cultural co-operation:<br />

www.coe.int/T/E/Cultural_co-operation/sport<br />

Department of Canadian Heritage: www.p<strong>ch</strong>.gc.ca<br />

DEZA – Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit, Dossier zu <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>:<br />

www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>/sport<br />

ILO – International Labour Organisation,<br />

Universitas: www.ilo.org/public/english/<br />

universitas/index.htm<br />

IOC – International Olympic Committee:<br />

www.olympic.org<br />

80


IPC – International Paralympic Committee,<br />

Development: www.paralympic.org/release/<br />

Main_sections_Menu/Development<br />

Commonwealth Games Canada,<br />

International Development through <strong>Sport</strong>:<br />

www.commonwealthgames.ca/site/index_<br />

e.aspxDetailID=12<br />

Norwegian Agency for Development Cooperation:<br />

www.norad.no<br />

Norwegian Olympic Committee and Confederation<br />

of <strong>Sport</strong>s: www.nif.idrett.no/t2.aspxp=26797<br />

Platform <strong>Sport</strong> & Development:<br />

www.sportdevelopment.org<br />

Population Council: www.popcouncil.org<br />

Right to Play: www.righttoplay.com<br />

S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es Komitee zum Internationalen Jahr<br />

des <strong>Sport</strong>s 2005: www.sport2005.<strong>ch</strong><br />

Special Olympics: www.specialolympics.org<br />

<strong>Sport</strong> and the European Union:<br />

europa.eu.int/comm/sport/index_en.html<br />

“<strong>Sport</strong> – Globales Spiel”, Bildungskampagne:<br />

www.sport2005bildung.<strong>ch</strong><br />

<strong>Sport</strong> sans Frontières: www.sportsansfrontieres.org<br />

Stiftung Kinderdorf Pestalozzi: www.pestalozzi.<strong>ch</strong><br />

Streetfootballworld: www.streetfootballworld.org<br />

UK <strong>Sport</strong>, International Development Assistance<br />

Programme: www.uksport.gov.uk/generic_template.<br />

aspid=12325<br />

UNEP – United Nations Environment Programme,<br />

<strong>Sport</strong> and Environment: www.unep.org/sport_env<br />

UNICEF – The United Nations Children’s F<strong>und</strong>:<br />

www.unicef.org/sports<br />

UN, International Year of <strong>Sport</strong> and Physical<br />

Education: www.un.org/sport2005<br />

UN, <strong>Sport</strong> for Development and Peace:<br />

www.un.org/themes/sport<br />

WHO – World Health Organisation, Move<br />

for Health: www.who.int/moveforhealth<br />

Women<strong>Sport</strong> International:<br />

www.sportsbiz.bz/womensportinternational/index.htm<br />

CDDS (Committee for the Development of <strong>Sport</strong>)<br />

(1995): The Significance of <strong>Sport</strong> in Society. Health,<br />

Socialisation, Economy<br />

Gasser P., Levinson A. (2004): “Brea<strong>ch</strong>ing Postwar<br />

Ice: Open Fun Football S<strong>ch</strong>ools in Bosnia and<br />

Herzegovina”, in: McArdle D., Giulianotti R. (eds.):<br />

<strong>Sport</strong> and Human Rights in the Global Society<br />

Hardman K., Marshall J. (1999): World-wide<br />

Survey of the State and Status of S<strong>ch</strong>ool Physical<br />

Education – Summary Findings<br />

International Council of <strong>Sport</strong> Science and Physical<br />

Education (ICSSPE) (1999): Women, <strong>Sport</strong> and<br />

Physical Activity. Sharing Good Practice<br />

Jeisy E., Mengisen W. (2004): Tatsa<strong>ch</strong>en statt<br />

Meinungen, mobile 1/04, Magglingen<br />

Lehmann A., S<strong>ch</strong>aub Reisle M. (2003): Mehr-<br />

Werte im <strong>Sport</strong>. Strategien zu präventivem Handeln<br />

<strong>und</strong> zur Ges<strong>und</strong>heitsförderung, in: S<strong>ch</strong>riftenreihe des<br />

BASPO (81), Magglingen<br />

Mwaanga O. (no date): Kicking AIDS out through<br />

Movement Games and <strong>Sport</strong>s Activities<br />

Population Council (2002): Letting Girls Play.<br />

The Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association’s Football<br />

Program for Girls<br />

S<strong>ch</strong>mid J. (2004): Aktive Kindheit – ges<strong>und</strong> dur<strong>ch</strong>s<br />

Leben, Magglingen<br />

S<strong>ch</strong>wery R. (2003): “The Potential of <strong>Sport</strong> for Development<br />

and Peace”, in: ICSSPE-Bulletin (39): 15–25<br />

Task Force on Education and Gender Equality,<br />

UN Millennium Project (2005): Taking Action:<br />

A<strong>ch</strong>ieving Gender Equality and Empowering Women<br />

The Value of <strong>Sport</strong> Monitor,<br />

www.sportengland.org/vsm/vsm_intro.asp<br />

Ausgewählte Literatur<br />

Armstrong G., Giulianotti R. (2004): Football in<br />

Africa. Conflict, Conciliation and Community<br />

Andreff W. (2006): “<strong>Sport</strong> in developing countries”,<br />

in: Andreff W., Szymanski S. (eds.): Handbook On The<br />

Economics Of <strong>Sport</strong><br />

Beneforti M., Cunningham J. (2002): Investigating<br />

Indicators for Measuring the Health and Social Impact<br />

of <strong>Sport</strong> and Recreation Programs in Indigenous<br />

Communities<br />

Brady M. (1998): “Laying the Fo<strong>und</strong>ation for Girls”<br />

Healthy Futures. Can <strong>Sport</strong>s Play a Role’: Studies in<br />

Family Planning 29 (1): 79–82<br />

Burnett C., Uys T. (2000): “<strong>Sport</strong> Development<br />

Impact Assessment: Towards a Rationale and Tool”, in:<br />

S.A. Journal for Resear<strong>ch</strong> in <strong>Sport</strong>, Physical Education<br />

and Recreation, 22 (1): 27–40<br />

81


Annex<br />

Über die Autoren/-innen<br />

Die Beiträge in Teil I <strong>und</strong> Teil III stammen<br />

von Daniele Waldburger, Lukas<br />

Frey <strong>und</strong> Ulri<strong>ch</strong> Lutz. Ebenso die Projektbeispiele<br />

in Teil II.<br />

Jean-Loup Chappelet, Prof. Dr., Professor <strong>für</strong> Public<br />

Management an der S<strong>ch</strong>weizer Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule<br />

<strong>für</strong> öffentli<strong>ch</strong>e Verwaltung (IDHEAP), die der<br />

Universität Lausanne angegliedert ist. Er lehrt<br />

unter anderem <strong>Sport</strong>management im Non-Profit-Berei<strong>ch</strong><br />

<strong>und</strong> bes<strong>ch</strong>äftigt si<strong>ch</strong> mit den na<strong>ch</strong>haltigen<br />

Wirkungen von <strong>Sport</strong>veranstaltungen.<br />

Lukas Frey, lic. phil. nat., mitverantwortli<strong>ch</strong> <strong>für</strong><br />

das DEZA-Spezialprogramm zum Internationalen<br />

Jahr des <strong>Sport</strong>s 2005 <strong>und</strong> Mitglied der<br />

S<strong>ch</strong>weizer Arbeitsgruppe <strong>Sport</strong> & <strong>Entwicklung</strong><br />

(WG S&D). Er hat mehrjährige Erfahrung in der<br />

<strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit, insbesondere in<br />

angewandter Fors<strong>ch</strong>ung in Afrika <strong>und</strong> in multilateralen<br />

Initiativen.<br />

Claudia Kessler Bodiang, Dr. med., Spezialistin<br />

<strong>für</strong> Public Health am S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Zentrum<br />

<strong>für</strong> Internationale Ges<strong>und</strong>heit des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en<br />

Tropeninstituts. Sie hat langjährige Erfahrung<br />

im Berei<strong>ch</strong> humanitäre Hilfe <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit,<br />

speziell in Afrika,<br />

<strong>und</strong> ist Expertin auf den Gebieten HIV/Aids<br />

<strong>und</strong> reproduktive Ges<strong>und</strong>heit.<br />

Anton Lehmann, lic. rer. pol., Dozent <strong>für</strong> Sonderpädagogik<br />

<strong>und</strong> <strong>Sport</strong> mit Sondergruppen an<br />

der Eidg. Ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> Magglingen<br />

(EHSM). Er ist Mitglied der S<strong>ch</strong>weizer Arbeitsgruppe<br />

<strong>Sport</strong> & <strong>Entwicklung</strong> (WG S&D) <strong>und</strong><br />

leitet das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Bildungsprojekt «Droit<br />

au <strong>Sport</strong>» in Côte d’Ivoire, eine Kooperation<br />

zwis<strong>ch</strong>en dem B<strong>und</strong>esamt <strong>für</strong> <strong>Sport</strong> Magglingen<br />

<strong>und</strong> dem Institut National de la Jeunesse et<br />

des <strong>Sport</strong>s (INJS) in Abidjan. Zudem ist er Co-<br />

Autor des Konzepts «<strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong>»<br />

der DEZA.<br />

Ulri<strong>ch</strong> Lutz, Dr. phil., Senior Executive, seit 30<br />

Jahren <strong>für</strong> die DEZA tätig. Er hat langjährige<br />

Erfahrung in bilateralen Programmen in Asien<br />

sowie im Umwelt- <strong>und</strong> Bildungsberei<strong>ch</strong> <strong>und</strong> ist<br />

gegenwärtig Koordinator des DEZA-Spezialprogramms<br />

zum Internationalen Jahr des <strong>Sport</strong>s<br />

2005.<br />

Annemarie Sancar, Dr. phil., Sozialanthropologin,<br />

Genderbeauftragte bei der DEZA, Sektion<br />

Gouvernanz. Zu ihren Spezialgebieten zählen<br />

Selbst- <strong>und</strong> Fremdzus<strong>ch</strong>reibungen (labelling processes)<br />

sowie die Konstruktion von kollektiver<br />

Identität, insbesondere im Zusammenhang mit<br />

Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>terdifferenz <strong>und</strong> ihrer Bedeutung <strong>für</strong><br />

die gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Integration bzw. Ausgrenzung.<br />

82


Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle, lic. phil., Mitglied der<br />

Ges<strong>ch</strong>äftsleitung der Lungenliga S<strong>ch</strong>weiz, Lehrbeauftragte<br />

an der «Fa<strong>ch</strong>ho<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>ule Aargau<br />

Nordwests<strong>ch</strong>weiz Soziale Arbeit» <strong>und</strong> Konsulentin<br />

im Berei<strong>ch</strong> <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Frieden <strong>für</strong> die DEZA.<br />

Sie hat in Côte d’Ivoire Aids-Präventionsprojekte<br />

aufgebaut, das s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>e Bildungsprojekt<br />

«Droit au <strong>Sport</strong>» mitinitiiert <strong>und</strong> leitet dort das<br />

DEZA-Projekt «<strong>Sport</strong> pour la Paix». Als Spezialistin<br />

<strong>für</strong> Su<strong>ch</strong>t <strong>und</strong> Prävention hat sie zusammen<br />

mit Anton Lehmann (siehe oben) vers<strong>ch</strong>iedene<br />

Bros<strong>ch</strong>üren <strong>und</strong> Flyers zu Su<strong>ch</strong>tprävention <strong>und</strong><br />

<strong>Sport</strong> publiziert.<br />

Rolf S<strong>ch</strong>wery, Dr. phil., Ges<strong>ch</strong>äftsleiter der<br />

Swiss Academy for Development (SAD), einer<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Ni<strong>ch</strong>tregierungsorganisation,<br />

die si<strong>ch</strong> im Berei<strong>ch</strong> der angewandten <strong>Entwicklung</strong>sfors<strong>ch</strong>ung<br />

etabliert hat. Unter seiner Leitung<br />

hat die SAD vers<strong>ch</strong>iedene Pilotprojekte im<br />

Berei<strong>ch</strong> von <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> im mittleren<br />

Osten, in Osteuropa <strong>und</strong> der S<strong>ch</strong>weiz lanciert.<br />

Seine Fors<strong>ch</strong>ungss<strong>ch</strong>werpunkte sind <strong>Sport</strong> <strong>und</strong><br />

Gewalt sowie <strong>Sport</strong> <strong>und</strong> Anomie.<br />

Charlie Sever, BA, MA, MSc, «Resear<strong>ch</strong> and<br />

Communications Officer» bei Bridge, einem<br />

auf Gender-Fragen spezialisierten Fors<strong>ch</strong>ungs<strong>und</strong><br />

Informationsdienst mit Sitz in England. Sie<br />

verfügt über Studienabs<strong>ch</strong>lüsse in den Fä<strong>ch</strong>ern<br />

Englis<strong>ch</strong>e Literatur, Women’s Studies <strong>und</strong> Sozialwissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Fors<strong>ch</strong>ungsmethodik <strong>und</strong> hat<br />

im Berei<strong>ch</strong> Gender <strong>und</strong> <strong>Entwicklung</strong> breit gefors<strong>ch</strong>t<br />

<strong>und</strong> publiziert, unter anderem zu Themen<br />

wie Sexualität, politis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>te, Frauenbewegungen<br />

sowie Handel. Sie ist Mitautorin<br />

<strong>und</strong> Herausgeberin von zahlrei<strong>ch</strong>en Artikeln<br />

<strong>und</strong> Fa<strong>ch</strong>bü<strong>ch</strong>ern.<br />

Daniele Waldburger, selbstständiger Kommunikationsberater<br />

mit eigener Firma, ist auf die<br />

Erarbeitung, Aufbereitung <strong>und</strong> Vermittlung von<br />

komplexen Inhalten spezialisiert. Neben nationalen<br />

<strong>und</strong> internationalen Mandaten in den Berei<strong>ch</strong>en<br />

Informationste<strong>ch</strong>nologie, Wissens<strong>ch</strong>aft<br />

<strong>und</strong> Fors<strong>ch</strong>ung bes<strong>ch</strong>äftigt er si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>werpunktmässig<br />

mit entwicklungspolitis<strong>ch</strong>en Themen.<br />

Er verfügt über langjährige journalistis<strong>ch</strong>e Erfahrung<br />

<strong>und</strong> hat afrikanis<strong>ch</strong>e Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te <strong>und</strong><br />

Sozialanthropologie studiert.<br />

83


ANNEX<br />

Über die DEZA<br />

Die Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit<br />

(DEZA) ist die Agentur <strong>für</strong> internationale<br />

Zusammenarbeit im Eidgenössis<strong>ch</strong>en Departement<br />

<strong>für</strong> auswärtige Angelegenheiten (EDA).<br />

Die DEZA ist zuständig <strong>für</strong> die Gesamtkoordination<br />

der <strong>Entwicklung</strong>s- <strong>und</strong> Ostzusammenarbeit<br />

mit andern B<strong>und</strong>esämtern sowie <strong>für</strong> die humanitäre<br />

Hilfe der S<strong>ch</strong>weiz.<br />

Die DEZA erbringt ihre Leistungen mit r<strong>und</strong> 550<br />

Mitarbeiterinnen <strong>und</strong> Mitarbeitern im In- <strong>und</strong><br />

Ausland <strong>und</strong> einem Jahresbudget von 1,3 Milliarden<br />

Franken (2004). Sie arbeitet in direkten<br />

Aktionen, unterstützt Programme multilateraler<br />

Organisationen <strong>und</strong> finanziert Programme<br />

s<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>er <strong>und</strong> internationaler Hilfswerke<br />

mit, <strong>und</strong> zwar in den Berei<strong>ch</strong>en<br />

bilaterale <strong>und</strong> multilaterale <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit<br />

humanitäre Hilfe, inklusive S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>es<br />

Korps <strong>für</strong> humanitäre Hilfe (SKH)<br />

Zusammenarbeit mit Osteuropa<br />

Ziel der <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit ist die Armutsreduktion<br />

im Sinne der Hilfe zur Selbsthilfe<br />

in den Partnerländern. Sie fördert namentli<strong>ch</strong><br />

die wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e <strong>und</strong> staatli<strong>ch</strong>e Eigenständigkeit,<br />

trägt zur Verbesserung der Produktionsbedingungen<br />

bei, hilft bei der Bewältigung von<br />

Umweltproblemen <strong>und</strong> sorgt <strong>für</strong> besseren Zugang<br />

zur Bildung, ges<strong>und</strong>heitli<strong>ch</strong>en Gr<strong>und</strong>versorgung<br />

<strong>und</strong> Kultur der am meisten bena<strong>ch</strong>teiligten<br />

Bevölkerung.<br />

Die bilaterale <strong>Entwicklung</strong>szusammenarbeit konzentriert<br />

si<strong>ch</strong> auf 17 S<strong>ch</strong>werpunktländer <strong>und</strong><br />

7 Sonderprogramme in Afrika, Asien <strong>und</strong><br />

Lateinamerika. R<strong>und</strong> 750 Projekte sind in Arbeit.<br />

Ziel der humanitären Hilfe ist es, Leben zu retten<br />

<strong>und</strong> Leiden zu lindern. Sie leistet na<strong>ch</strong> Naturkatastrophen<br />

<strong>und</strong> im Umfeld von Konflikten direkte<br />

Hilfe dur<strong>ch</strong> Einsätze des S<strong>ch</strong>weizeris<strong>ch</strong>en Korps<br />

<strong>für</strong> humanitäre Hilfe (SKH) <strong>und</strong> unterstützt humanitäre<br />

Partnerorganisationen au<strong>ch</strong> finanziell.<br />

Die humanitäre Hilfe wird bedarfsbezogen<br />

dort erbra<strong>ch</strong>t, wo sie am notwendigsten ist, <strong>und</strong><br />

zwar in den Kernberei<strong>ch</strong>en Prävention, Not<strong>und</strong><br />

Überlebenshilfe, Wiederaufbau <strong>und</strong> Anwalts<strong>ch</strong>aft.<br />

Die humanitäre Hilfe wird weltweit<br />

geleistet <strong>und</strong> ist im Jahr 2005 in 8 Regionen besonders<br />

stark engagiert. Die humanitäre Hilfe<br />

entsandte im Jahr 2004 335 Expertinnen <strong>und</strong><br />

Experten des SKH in Einsätze.<br />

Die Zusammenarbeit mit Osteuropa <strong>und</strong> der<br />

Gemeins<strong>ch</strong>aft Unabhängiger Staaten (GUS)<br />

unterstützt Partnerländer auf dem Weg zu<br />

pluralistis<strong>ch</strong>er Demokratie <strong>und</strong> sozialer Marktwirts<strong>ch</strong>aft.<br />

Zentrale Anliegen sind die Aus- <strong>und</strong><br />

Weiterbildung von Fa<strong>ch</strong>kräften, der Aufbau<br />

bürgernaher, demokratis<strong>ch</strong>er Institutionen ebenso<br />

wie der s<strong>ch</strong>onende Umgang mit natürli<strong>ch</strong>en<br />

Ressourcen <strong>und</strong> Reformen im Ges<strong>und</strong>heits- <strong>und</strong><br />

Sozialberei<strong>ch</strong>. Geografis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>werpunkte<br />

sind die Länder Südosteuropas (ca. 70% der<br />

Mittel) <strong>und</strong> die GUS (30%, v. a. Südkaukasus<br />

<strong>und</strong> Zentralasien). In 14 Partnerländern sind<br />

derzeit über 200 Projekte <strong>und</strong> 2 Spezialprogramme<br />

in Arbeit. Umgesetzt werden die Ostprojekte<br />

in enger Zusammenarbeit mit dem<br />

Staatssekretariat <strong>für</strong> Wirts<strong>ch</strong>aft (seco).<br />

Weiterführende Informationen sind zu finden<br />

unter www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

Multilateral arbeitet die DEZA insbesondere<br />

mit den Organisationen des UNO-Systems, der<br />

Weltbank <strong>und</strong> den regionalen <strong>Entwicklung</strong>sbanken<br />

zusammen.<br />

84


Bildna<strong>ch</strong>weis<br />

Titelseite: Christine Osborne, Copix<br />

S. 6: Gregory Bull, AP/Keystone<br />

S. 9: Bebeto Matthews, AP/Keystone<br />

S. 10: Niklaus Eggenberger, Swiss Academy for Development (SAD)<br />

S. 12: Amel Emric, AP/Keystone<br />

(Second prize in the “<strong>Sport</strong>s singles” category of the 1998 World Press Photo)<br />

S. 22: Simon Maina, AFP/Getty Images<br />

S. 26: Money Sharma, EPA/Keystone<br />

S. 29: Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle<br />

S. 30: Serge Attal, Time Life Pictures/Getty Images<br />

S. 33: Trigon-Film<br />

S. 38: Marco Di Lauro, Stringer/Getty Images<br />

S. 40: Maja S<strong>ch</strong>aub Reisle<br />

S. 45: Jean-Pierre Paratore<br />

S. 46: Behrouz Mehri, EPA AFP/Keystone<br />

S. 49: Mathare Youth <strong>Sport</strong>s Association Shootback Project<br />

S. 55: Population Council/Nadia Zibani<br />

S. 56: Hasan Sarbakhshian, AP/Keystone<br />

S. 61: STR, FIFA/Keystone<br />

S. 64: Robert Nickelsberg, Time Life Pictures/Getty Images<br />

S. 66: Mike Nelson, AFP/Getty Images<br />

S. 68: Reg Caldecott, EPA/Keystone<br />

S. 70: Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong> Zusammenarbeit (DEZA)<br />

S. 73: Charles Rex Arbogast, AP/Keystone<br />

S. 75: Play for Peace, Stiftung Kinderdorf Pestalozzi


«<strong>Sport</strong> ist eine universelle Spra<strong>ch</strong>e, die Mens<strong>ch</strong>en<br />

zusammenbringen kann – unabhängig von Herkunft,<br />

Hintergr<strong>und</strong>, religiöser Überzeugung oder wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>em<br />

Status. (…) Er kann eine wi<strong>ch</strong>tige Rolle<br />

<strong>für</strong> die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen<br />

spielen, ja ni<strong>ch</strong>t nur jedes Einzelnen, sondern von<br />

ganzen Gemeins<strong>ch</strong>aften.»<br />

Kofi Annan, UNO-Generalsekretär<br />

Direktion <strong>für</strong> <strong>Entwicklung</strong> <strong>und</strong><br />

Zusammenarbeit (DEZA)<br />

Freiburgstrasse 130<br />

CH-3003 Bern, S<strong>ch</strong>weiz<br />

E-Mail: info@deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong><br />

www.deza.<strong>admin</strong>.<strong>ch</strong>

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