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FA-Beschwerde - Unser Hessenreuther Wald

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<strong>Unser</strong> <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> e.V.<br />

92681 Erbendorf<br />

Geschäftsstelle Schlossstraße 104 Erbendorf, 08. April 2013<br />

Landratsamt Tirschenreuth<br />

Mähringer Str. 7<br />

D-95643 Tirschenreuth<br />

Fach- und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen die Stadt Erbendorf<br />

und gegen Herrn 1. Bürgermeister Hans Donko<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

am 31. Juli 2012 machte unser Verein im Rahmen der Bürgerbeteiligung zu der geplanten<br />

Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Erbendorf, mit der Absicht Konzentrationsflächen<br />

für Windkraftanlagen im <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> festzusetzen, Einwände gemäß 3 Abs.<br />

1 BauGB bei der Stadt Erbendorf geltend. Dem Schreiben fügten wir eine aktuelle Expertise<br />

des europaweit anerkannten Fischadler-Experten Dr. Daniel Schmidt zur Situation des Fischadlers<br />

im <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> bei.<br />

Am 11. Februar 2013 erhielten wir eine Antwort der Stadt Erbendorf, in der keiner unserer<br />

Einwände anerkannt wurde. Die sehr kurze Begründung bestand aus meist sinnentleerten,<br />

stereotypen Worthülsen, die auf unsere fachlich fundierten Einwände (meist) keinerlei Bezug<br />

nahmen. Auch das beigefügte Gutachten des Ornithologen Dr. Daniel Schmidt fand keine<br />

Beachtung. Entweder wurde unser Schreiben nur grob durchgelesen oder es wurde absichtlich<br />

ignoriert. Es wurde jedenfalls nicht sorgfältig noch objektiv bearbeitet.<br />

Die Fachaufsichtsbeschwerde über die Stadt Erbendorf und über den 1. Bürgermeister<br />

Herrn Hans Donko ist darin begründet, dass von der Stadt Erbendorf unsere Einwendungen<br />

in einer offensichtlich sehr schlampigen und völlig unzureichenden Weise bearbeitet, geprüft<br />

und beantwortet wurden. Die Begründung der Ablehnung unserer Einwände lässt jegliche<br />

Sorgfaltspflicht vermissen, die an einen Bürgermeister, einen Beamten oder an einen Angestellten<br />

einer öffentlichen Verwaltung gestellt werden. In Teilen wirken die Antworten hämisch<br />

und hanebüchen.<br />

1


Die Dienstaufsichtsbeschwerde über den 1. Bürgermeister Hans Donko ist darin begründet,<br />

dass aus unserer Sicht eine schuldhafte Verletzung seiner Amtspflichten vorliegt: Herr<br />

Donko hat in seinem öffentlichen Bürgermeisteramt die ihm obliegenden Pflichten der gewissenhaften<br />

Pflichterfüllung, der Rechtmäßigkeit und Objektivität seines Handelns grob<br />

verletzt und die erforderliche Sorgfaltspflicht in seinem amtlichen Handeln mindestens fahrlässig<br />

missachtet. Wir haben den begründeten Verdacht, dass eine objektive Prüfung unserer<br />

zahlreichen Einwände und Bedenken erst gar nicht im Interesse des 1. Bürgermeisters lag.<br />

Die o.g. mangelnde Sorgfaltspflicht der Stadtverwaltung und die Amtspflichtverletzungen<br />

des 1. Bürgermeisters führten letztendlich dazu, dass dem kommunalen Beschluss- und Entscheidungsgremium,<br />

dem Stadtrat, nur bruchstückhafte Informationen zu der komplizierten<br />

Thematik vorlagen. Eine vollkommene Ablehnung unserer Einwände, mit unter Umständen<br />

weitreichenden Folgen für Landschaft und Natur, waren die Folge.<br />

<strong>Unser</strong>e Einwände im Original-Wortlaut:<br />

Besondere Bedeutung als ganzjähriges Erholungsgebiet<br />

Das gesamte Gebiet besitzt für Erholungssuchende ganzjährig eine sehr große Bedeutung. Bürger/Innen der<br />

Städte Pressath, Grafenwöhr, Eschenbach, Erbendorf und Kemnath nutzen das <strong>Wald</strong>gebiet für Sport- und Freizeitaktivitäten.<br />

Zunehmend stellen wir fest, dass auch Bewohner der Metropolregion Nürnberg die vielfältigen<br />

Sommer- und Winterwandermöglichkeiten entdeckt haben. Konsequenterweise hat sich daher die Stadt Erbendorf<br />

entschieden, ein „Vier-Sterne-Radlerhotel“ zu errichten und kalkuliert mit 10.000 Übernachtungen pro<br />

Jahr. Windkraftwerke (im folgenden WEAs genannt) würden dieses wichtige Erholungsgebiet nachhaltig schädigen<br />

und seiner Funktion berauben. WEAs sind technische Bauwerke, von denen aufgrund ihrer Größe, Gestalt,<br />

Rotorbewegung und Rotorreflexen, Eiswurf im Winter, Sicherheitskennzeichnung mit Farbanstrichen und Licht<br />

großräumige Wirkungen ausgehen, welche die Erholungsnutzung wesentlich und weiträumig beeinträchtigen.<br />

Zudem verändern sie das bisherige Erscheinungsbild des gesamten Landschaftsraumes mit großer Fernwirkung<br />

und vermitteln den Charakter einer Industrielandschaft. Die bauhöhenbedingte Dominanz der Anlagen mit Gesamthöhen<br />

von bis zu 200 m wird aufgrund der Bevorzugung dieses exponierten Standortes noch verstärkt. Die<br />

negativen Auswirkungen auf das Landschaftsbild des <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong>es und seines Umfeldes sind umso<br />

schwerwiegender, da es sich um ein sehr naturnahes und bisher unverbautes, nicht durch Infrastruktureinrichtungen<br />

vorgeschädigtes Gebiet handelt. Gerade in diesem bisher technisch nicht beeinflussten großen und beruhigten<br />

<strong>Wald</strong>areal führen Rodungsmaßnahmen und der Bau und Betrieb von WEAs zu einer signifikanten Verminderung<br />

der natürlichen Eigenart des Landschafts- und Erholungsraumes und somit zu einem Verlust an Ungestörtheit,<br />

Ruhe und des Naturgenusses. Hierzu tragen auch die Erschließungen mit überbreiten Wegen und Kurvenradien,<br />

die Anbindung an die Energieleitungsnetze und ganzjährige Wartungsarbeiten bei, die für Bau und<br />

Betrieb von WEAs erforderlich sind.<br />

Besondere Bedeutung für den Natur- und Artenschutz<br />

Das gesamte Gebiet ist eines der noch wenigen großen zusammenhängenden und naturnahen <strong>Wald</strong>gebiete<br />

Nordostbayerns, dementsprechend artenreich ist auch seine Fauna. Insbesondere das Vorkommen von Fischadler,<br />

Schwarzstorch, Roter Milan und Kleiner Abendsegler, haben eine überregionale Bedeutung. Im Gebiet<br />

befindet sich einer von nur sechs bayerischen Brutplätzen des bundes- und europaweit gefährdeten Fischadlers.<br />

Der gesamte <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> wird als Nahrungsgebiet der Adler genutzt (Beobachtungen unseres Vereins<br />

werden seit rund 2 Jahren den Unteren Naturschutzbehörden der Landkreise TIR und NEW gemeldet). Der Bau<br />

und Betrieb von WEAs in Wäldern kann nach Meinung von Experten die Lebensräume bestimmter wildlebender<br />

Tierarten zerstören oder erheblich beeinträchtigen. Für zahlreiche Großvogel- und Fledermausarten (Schwarzstorch,<br />

Fischadler, Milan, Kleiner Abendsegler) besteht überdies die Gefahr, mit den bis zu 260 km/Std. schnell<br />

drehenden Flügeln der Anlagen zu kollidieren. Diese Gefahr ist bei Starkwind oder Sturm und bei den häufig<br />

schlechten Sichtverhältnissen durch Wolken und Nebel in den windhöffigen Hochlagen besonders hoch.<br />

Nach Expertise (siehe Anhang) des Ornithologen und europaweit anerkannten Fischadler-Experten Dr. DANIEL<br />

SCHMIDT vom NABU-Vogelschutzzentrum in Mössingen erfordert „die äußerst große Seltenheit von Fischadlern<br />

als Brutvogelart in Bayern bzw. im ganzen südlichen Mitteleuropa und die besondere regionale Verant-<br />

2


wortung der Oberpfalz für die sehr geringe Zahl an Brutpaaren (...) hohe Maßstäbe in der Diskussion um die<br />

Genehmigung von Windkraftanlagen in der Nähe der Brutplätze“.<br />

Er empfiehlt daher dringend, auf die Errichtung von Windkraftanlagen im Radius von 7 km um den<br />

Horststandort zu verzichten.<br />

Nach dem gemeinsam verfassten „Thesenpapier zur Windenergie“ des Landesbund für Vogelschutz, des Deutschen<br />

Naturschutzrings und des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland bedeuten die bau-, anlagen- und<br />

betriebsbedingten Auswirkungen einer Windkraftanlage einen Eingriff und eine Veränderung in Natur und<br />

Landschaft. Dies kann sich unter Umständen in einen Verlust an Biodiversität niederschlagen. Von besonderer<br />

Bedeutung ist daher die sorgfältige Wahl der Standorte für den Bau von Windenergieanlagen. Stärker als bisher<br />

sollten stark vorbelastete Areale genutzt werden, statt neue, vergleichsweise wenig belastete Flächen in Anspruch<br />

zu nehmen (Anmerkung: nach Untersuchungen der LfU ist das Gebiet sehr wenig belastet). Solange die<br />

Gefährdung einer Population nicht ausgeschlossen werden kann, ist gemäß dem Vorsorgeprinzip zu handeln.<br />

Anmerkung: Das Vorsorgeprinzip ist ein wesentlicher Bestandteil der aktuellen Umweltpolitik in Europa und<br />

zielt darauf ab, trotz fehlender Gewissheit bezüglich Art, Ausmaß oder Eintrittswahrscheinlichkeit von Schadensfällen<br />

vorbeugend zu handeln, um diese zu erwartenden Schäden von vornherein zu vermeiden.<br />

Ähnliche Bedenken sind hinsichtlich des Schutzes der im Gebiet vorkommenden Fledermäuse vorzubringen.<br />

Eine Reihe von Arten z. B. der Kleine Abendsegler, eine nur in naturnahen Wäldern vorkommende Art mit einer<br />

kleinen Kolonie im Bereich des Planungsgebietes, jagt bevorzugt regelmäßig oberhalb der Baumkronen und<br />

damit in den Höhen, die von den Rotoren erreicht werden. Im Planungsgebiet muss daher mit enorm hohen Verlusten,<br />

evtl. mit einem lokalen Aussterben dieser streng geschützten und bundesweit gefährdeten Fledermausart<br />

gerechnet werden (mündliche Information des Fledermausexperten Dipl. Forstwirt Univ. RUDOLF LEITL, Amberg).<br />

Erwiderung der Stadt Erbendorf im Original-Wortlaut:<br />

Bezüglich der Bedeutung als Erholungsgebiet wird angeführt, dass durch eine Ausweisung der Standorte für<br />

Windenergieanlagen als Konzentrationsfläche in der vorgesehenen Weise eine Beeinträchtigung der Erholungsfunktion<br />

minimiert wird. Eine Verspargelung der Landschaft kommt somit nicht zustande. Ebenfalls ist das betroffene<br />

Gebiet sowohl durch einen Sendemast am Abspann als auch durch den Windmessmast, gefördert<br />

durch..., bereits erheblich vorbelastet.<br />

Fundierte erhöhte Tötungsfälle von Großvögeln und Fledermausarten durch den Betrieb von Windkraftanlagen<br />

liegen hieramts nicht vor. Eine Besetzung des Brutplatzes des Fischadlers ist ebenfalls nicht bekannt. Die Maßgabe<br />

des Bayer. Winderlasses vom 20.12.2011 sieht für den Schwarzstorch eine Entfernung von 3000 m und für<br />

den Fischadler eine Entfernung von 1000 m zu den Brutvorkommen vor. Beide Abstände werden eingehalten.<br />

Detaillierte <strong>Beschwerde</strong>begründung:<br />

Durch die Stadt Erbendorf erfolgten keinerlei ernsthafte Aussagen zu der Beeinträchtigung<br />

der ganzjährigen Erholungsfunktion des Gebietes. Wie durch eine flächige Beplanung des<br />

Höhenzuges auf einer Länge von ca. 5 km im <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> eine „Verspargelung“<br />

vermieden und die Beeinträchtigung der Erholungsfunktion minimiert werden soll, erschließt<br />

sich uns nicht. Auf die erforderlichen Rodungen und den Bau und die Verbreiterung von<br />

Wegen wird nicht eingegangen. Das Gebiet wird als „bereits erheblich vorbelastet“ bezeichnet<br />

und hierbei Bezug auf einen einzigen relativ niedrigen kleinen Funk-Sendemast und<br />

einen nur temporär installierten Windmessmast genommen. Diese Entgegnung ist - mit Verlaub<br />

- haarsträubend, unverfroren und unglaublich zynisch. Sie zeigt klar die Intention der<br />

Stadt Erbendorf und des Bürgermeisters, nämlich den Bau von Windrädern unter allen Umständen<br />

zu ermöglichen.<br />

Ebenso verhielt sich die Stadtverwaltung mit unseren naturschutzfachlichen Einwendungen:<br />

die seit einigen Jahren erfolgreichen Bruten des Fischadlers seien der Stadtverwaltung und<br />

Herrn Donko nicht bekannt, antwortete man uns. Selbst wenn man unterstellt, dass die Aussagen<br />

des unabhängigen Gutachters Dr. Daniel Schmidt und die zahlreichen Zeitungsberichte<br />

nicht glaubwürdig sind, hätte man darüber unvoreingenommen und objektiv recherchieren<br />

3


müssen. Ein Telefonat mit der Unteren oder der Oberen Naturschutzbehörde hätte sofort die<br />

Bestätigung der Brutnachweise erbracht. Die Gefährdungen der anderen von uns erwähnten<br />

Arten Schwarzstorch, Rotmilan und der Fledermäuse wurden vollkommen ignoriert. Die<br />

Aussage der Stadt über die Abstandsregelungen von Windrädern zu Horsten von Fischadler<br />

und Schwarzstorch sind offensichtlich erkennbar entweder fahrlässig oder vorsätzlich manipuliert<br />

worden. Der zitierte „Bayerische Winderlass“ führt nämlich auf Seite 52, Anlage 2<br />

auf, dass der Abstand von Windkraftanlagen zu den regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitaten<br />

des Fischadlers 4.000 Meter, des Rotmilans 6.000 Meter und des Schwarzstorches<br />

10.000 Meter betragen muss. Nachdem die regelmäßig aufgesuchten Nahrungshabitate gemäß<br />

dem Gutachten von Dr. Daniel Schmidt über den gesamten <strong>Hessenreuther</strong> <strong>Wald</strong> verstreut<br />

sind, wäre dies allein bereits ein schwerwiegender Ausschlussgrund für Windkraftanlagen<br />

im Gebiet. Die Aussage, beide Abstände würden eingehalten zeigt erneut, dass weder<br />

eine sorgfältige Prüfung erfolgte noch jegliche Sorgfaltspflicht mindestens fahrlässig außer<br />

Acht gelassen wurde.<br />

Wir bitten Sie als unmittelbar zuständige Fach- und Dienstaufsichtsbehörde gegenüber der<br />

Stadt Erbendorf und gegenüber von Herrn 1. Bürgermeister Donko, unsere ausführlich dargestellten<br />

und begründeten <strong>Beschwerde</strong>n zu prüfen und zu beurteilen. Gegebenenfalls fordern<br />

wir eine fachaufsichtliche Rüge, eine erneute Überprüfung unserer Einwände sowie ein<br />

Disziplinarverfahren gegenüber den Verantwortlichen.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Johannes Bradtka<br />

1. Vorsitzender<br />

4

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