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06 |FRISCHLUFT-Magazin #05
ÖLBOHRUNGEN UND LANDFLUCHT. TOURISMUS UND PROSTITUTION.
SCHEINBAR UNZUSAMMENHÄNGEND UND DOCH STARK MITEINANDER
VERBUNDEN. DIE GLOBALISIERUNG ZIEHT IHRE SCHLINGE IMMER ENGER
UM DIE INDIGENEN VÖLKER UNSERER RESSOURCENREICHEN ERDE –
REICH AN ROHSTOFFEN MENSCHLICHER UND FOSSILER ART.
Identitätsverlust
zwischen Sonnen-
und Erdöl
Das Orinoko-Delta im Osten Venezuelas.
Artenvielfalt in Flora und Fauna zeichnen
diesen letzten Abschnitt des längsten
Flusses Südamerikas aus. Mit 40.000 km2 in
etwa so groß wie die Schweiz, bietet dieser –
bis vor kurzem noch weitgehend unberührte
Fleck – den Lebensraum für ca. 20.000
Warao-Indianer. Diese Indianer lebten unter
einfachsten Bedingungen von den Fischen
des Orinoko und dem Wenigen, das Sie aus
Ackerbau ernten.
Wie gesagt: bis vor kurzem. Genau dieses
Delta birgt einen großen Schatz, auf
den die Indianer eigentlich Anspruch aus
erworbenen Landrechten hätten, aber nie
zugreifen können: die mit 300 Milliarden
Barrel größten förderbaren Erdölvorkommen
der Welt.
Geld regiert die Welt
Diese Chance lassen sich die Ölmultis dieser
Welt natürlich nicht entgehen. Als
Gründungsmitglied der OPEC unterhält
Venezuela beste Kontakte mit den führenden
Mineralölkonzernen weltweit.
Petroleos de Venezuela, die staatliche
Erdölgesellschaft dringt in Verbindung mit
internationalen Konzernen immer weiter in
die Unberührtheit des Deltas ein. Dies stellt
eine massive Bedrohung der Warao und des
Ökosystems Orinoko-Delta dar.
Die Landflucht als Ausweg?
Ebenso bedrohlich für die Identität der
Eingeborenen ist der zunehmende Tourismus
in dieser Region. Keiner der Warao hat
vor 20 Jahren eine Kamera, Kühltasche oder
ähnliche Errungenschaften der modernen
Welt gesehen. Erstaunt über diese Dinge, ist
es nur verständlich, dass die Indios dies
alles ebenso besitzen möchten. Deshalb versuchen
sie ihr Glück in der Stadt. Blauäugig,
ohne Schul- und Ausbildung machen
sie sich auf den Weg in urbane Gebiete, um
dort „ihr Glück zu finden“ – das Scheitern
ist vorprogrammiert. Alkohol und Drogen
zerstören die Indianer in den Städten. Falls